Ahse-Projekt

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Europäische Wasserrahmenrichtlinie

„Wasser ist keine übliche Handels- ware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entspre- chend behandelt werden muss.“

(Erster Erwägungsgrund der Europäischen Wasser- rahmenrichtlinie)

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00498_870_Broschuere_Titel_210x210.indd 2 29.08.2014 09:40:24 Wünsche für das Projekt

Ich wünsche dem Ahse-Projekt „Lebendige Bördebäche“ …

Eva Irrgang Landrätin des Kreises Soest

„… viele ‚Lebendige Bördebäche‘, die zur Bereicherung unserer Bördelandschaft beitragen und Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen sind. Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit mit der Stadt Hamm, allen Gewässerunterhaltern und Projekt- beteiligten.“

Thomas Hunsteger-Petermann Oberbürgermeister der Stadt Hamm

„… viele engagierte Mitstreiter, gute Maßnahmen, die eine na- turnahe Entwicklung der Gewässer und der angrenzenden Le- bensräume ermöglichen und ein gutes Miteinander mit Gewäs- seranliegern und -nutzern, Anglern, Naturschützern und allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern.“

Dr. Gerd Bollermann Regierungspräsident

„… dass sich die Bäche zu artenreichen Lebensadern der Natur entwickeln können, die das Bild der Landschaft prägen und be- reichern. Dabei gilt es auch, Nutzungen der Wasserkraft zu be- rücksichtigen und gleichzeitig die ökologische Durchgängigkeit der Gewässer zu erreichen. Den beteiligten Menschen wünsche ich eine kooperative Zusammenarbeit und einen guten Erfolg.“

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Unsere Gewässer müssen geschützt werden

Unsere Flüsse, Bäche und Auen unterliegen aufgrund von wech- selnden Niederschlags- und Trockenphasen natürlicherweise einer hohen Dynamik mit ständig schwankenden Wasserstän- den. Hoch- und Niedrigwasser prägen die Landschaft und lassen eine Vielzahl von unterschiedlichen Lebensräumen entstehen. Dieses reich strukturierte Lebensraummosaik bietet vielen Tieren und Pflanzen eine Heimat und zeichnet sich daher durch eine besonders hohe Artenvielfalt aus. Unsere Auenlandschaften gehören aber auch zu den am stärksten bedrohten Lebensräumen in Deutschland. Mehr als drei Viertel aller Auen- bzw. Gewässer- lebensräume sind als gefährdet eingestuft und damit auch viele der in ihnen lebenden Arten.

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Ein naturnaher Abschnitt der Ahse bei Bad Sassendorf

Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL)

Mit der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie und Flüsse sollen wieder zu Lebensadern für (EG-WRRL) haben sich sämtliche Mitglieds- Natur und Mensch werden. Als Referenz für den staaten der Europäischen Union verpflichtet, guten Zustand gilt die natürliche Vielfalt an ihre oberirdischen Gewässer und das Grund- Pflanzen und Tieren in den Bächen und Flüssen, wasser zu schützen. Bis spätestens 2027 soll in die unverfälschte Gestalt und Wasserführung allen Gewässern ein guter ökologischer und sowie die natürliche Qualität des Oberflächen- chemischer Zustand erreicht werden. Die Bäche und Grundwassers. 6

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Das Ahse-Projekt „Lebendige Bördebäche“

Um die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie zu er- reichen, hat die Landesregierung das Programm „Lebendige Gewässer in Nordrhein-Westfalen“ aufgestellt. Das Programm wird seit 2009 an der Ahse und ihren Nebengewässern mit dem Projekt „Lebendige Bördebäche“ gemeinschaft- lich vom Kreis Soest und der Stadt Hamm um- gesetzt. Durch gezielte Maßnahmen soll den Bördebächen wieder ihr natürlicher Charakter und eine gute Wasserqualität zurückgegeben werden. Dazu wurden in einem Umsetzungs- fahrplan zahlreiche Maßnahmenvorschläge erarbeitet. Gefördert wird das Projekt über die Bezirksregierung Arnsberg durch das Förder- programm „Lebendige Gewässer“ des Landes Nordrhein-Westfalen. Der Fördersatz beträgt in der Regel 80 % der Maßnahmenkosten. Den Restbetrag übernehmen die Projektträger aus Eigenmitteln.

Verantwortlich für die Umsetzung der ver- schiedenen Maßnahmen sind neben der Stadt Hamm und dem Kreis Soest auch die im Kreis Soest für die Gewässerunterhaltung zuständi- gen Kommunen und Wasser- und Bodenver- bände. Ideen von Angelvereinen, Fischerei­ genossenschaften und interessierten Bürgern werden gerne aufgenommen und, wenn möglich, über geeignete Maßnahmen umge- setzt. 7

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Die Bördebäche

Das Hauptgewässer der Börde­ Ursprung in der unteren Hell- bäche ist die etwa 50 km wegbörde. Diese Bäche führen lange Ahse. Sie entspringt im hingegen ständig Wasser. Kreis Soest in der Gemeinde Die Bördebäche sind durch die Bad Sassendorf und mündet in sehr alte Besiedlungsgeschichte der Stadt Hamm in die . der Hellwegregion schon lange Ihr ca. 440 km² großes Einzugs- von menschlichen Einflüssen gebiet liegt in der Hellwegbör- geprägt. Die fruchtbaren Böden de. Ebenso wie Ihre Zuflüsse führen dazu, dass die Flächen Kützelbach, Rosenaue, Schledde, oftmals bis an die Gewässer- Soestbach, Blögge, Amper Bach, böschung heran intensiv land- Mühlenbach, Uffelbach, Salz- wirtschaftlich genutzt werden. bach und Feldbach hat auch Zur besseren Bewirtschaftbar- die Ahse ihren Ursprung auf keit der Flächen sind die Ge- dem Haarstrang. Hier auf dem wässer zum Großteil wasser- klüftigen Kalkgestein führen baulich verändert worden. die Gewässer nur nach starken Regenfällen Wasser und wer- den als Schledden bezeichnet. Die Einzugsgebiete von Be- werbach, Geithebach, Hünd- lingser Bach, Lake und Borg- hauser Graben haben ihren 9

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Karte des Einzugsgebiets der Bördebäche Geithe Hamm Uentrop

Ahse

Oestinghausen Ahse Lake Die Farben kennzeichnen Rosenau Salzbach Borghauser die unterschiedlichen Rhynern Graben Fließgewässertypen. Welver

Bewerbach Sandgeprägtes Soestbach Fließgewässer Bad Sassendorf Salzbach Kützelbach Lehmgeprägter Fluss Klaggesgraben Schledde des Tieflandes Ahse Amper Soest Mühlenbach Bach Werl Uffelbach Löß-Lehmgeprägtes Feldbach Fließgewässer der

Bördelandschaften Blögge

Karstbach

Leitbilder der Bördebäche

Ein Leitbild beschreibt das natürliche Idealbild Karstbäche, sogenannte Schledden, finden sich eines Gewässers. Es wird beeinflusst von der im Kreis Soest am Haarstrang. Sie führen nur geologischen Geländeform, der Bodenbeschaf- nach Niederschlägen Wasser und sind in der fenheit und der für die Region typischen Vege- überwiegenden Zeit trocken. Nach starken tation. Im Einzugsgebiet der Ahse finden sich Regenereignissen kann eine Schledde zu einem Karstbäche, löss-lehmgeprägte Fließgewässer reißenden Bach anschwellen. Der Gewässer- der Bördelandschaften und lehmgeprägte lauf ist gestreckt bis gewunden und die Sohle Flüsse des Tieflandes. Ein Gewässer kann in sei- besteht aus plattigen Kalksteinen. nem Verlauf von der Quelle bis zur Mündung je nach Gegebenheit verschiedene Leitbilder Im weiteren Verlauf werden sie zu den löss- haben. lehmgeprägten Fließgewässern der Bördeland- 10

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schaften, wie der Oberlauf der Ahse, die Rosen­ Eine Schledde, aue, die Schledde, der Soestbach, die Blögge, die nach starken Regenfällen der Salzbach und der Bewerbach. sehr schnell zu Natürlicherweise schlängeln sie sich in unre- einem reißen- gelmäßigen Bögen durch die Landschaft und den Fluss wer- sind sehr tief in das Gelände eingeschnitten. den kann. Sie besitzen fast senkrechte Ufer und ein typi- sches Kastenprofil. Durch sich ständig ablösen- des Feinsubstrat haben diese Bäche häufig eine milchige Wassertrübung. Charakteristische Fischarten, die hier leben, sind Forelle, Groppe, Die Blögge Stichling, Elritze, Schmerle und Gründling. gehört zu den löss-lehmge- prägten Fließ- Der Unterlauf der Ahse ab Lippetal – Oesting- gewässern der hausen und der Unterlauf des Salzbachs nach Bördeland- dem Zufluss des Mühlenbachs zählen aufgrund schaften. ihrer Wassermenge und des Bodensubstrats zu den lehmgeprägten Tieflandflüssen. Diese haben einen gewundenen bis geschlängelten Verlauf mit einem Löss-Lehm-Substrat. Weitere wichtige Strukturen sind Totholz, Wurzeln, Wasserpflan- Die Ahse ist in zen und Falllaub. In den benachbarten Auenbe- diesem Bereich reichen finden sich Altarme und Rinnensysteme ein lehmge- ehemaliger Flussläufe. In Gebieten mit einem prägter Fluss des Tieflandes. hohen Lehmanteil, wie der Soester Börde, besit- zen sie natürlicherweise ein tief eingeschnitte- nes Kastenprofil und haben eine ruhig fließen- de Strömung. Fischarten wie Barbe, Döbel, Gründling, Forelle, Nase, Schmerle und Elritze fühlen sich in die- sen Gewässerabschnitten wohl. Eine Sonderstellung nimmt die Geithe ein. Sie fließt von Norden in die Ahse und zählt auf- grund des sie umgebenden Substrates zu den sandgeprägten Bächen. 11

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Köcherfliegenlarve

Köcherfliegenlarven leben meist an der Unterseite von im Wasser liegenden Stei- nen oder Holzstücken. Zu ihrem Schutz bauen die Larven Köcher aus Steinchen, Sandkörnern oder Zweigstücken als Be- hausung. In der durch den Gewässeraus- bau ausgeräumten Sohle finden sie keine Unterschlupfmöglichkeiten mehr.

Der Zustand der Bördebäche heute

In der Mitte des 20. Jahrhunderts sollten unsere den Verlust von Bewirtschaftungsflächen ver- Fließgewässer vor allem den störungsfreien und meiden. Begradigungen, Laufverkürzungen und schnellen Abfluss des Niederschlagswassers Uferbefestigungen führen aber zu immer gewährleisten. Ziel war es, trockene, gut zu be- „schnelleren“ Fließgewässern. Deren Strömungs- wirtschaftende Flächen zu erhalten und Hoch- energie kann sich durch den Gewässerausbau wasserereignisse vor der eigenen Haustür zu nicht mehr auf die Uferbereiche auswirken. verhindern. Daher wurden besonders in intensiv Stattdessen wird in der Fließgewässersohle landwirtschaftlich geprägten Regionen viele stetig Sediment aufgenommen und mit der Gewässer begradigt und ehemalige Gewässer- Strömung abtransportiert, so dass sich die läufe und Altarme verfüllt. Steinschüttungen Gewässer im Laufe der Jahre immer tiefer in entlang der Ufer sollen Uferabbrüche und damit die Landschaft eingegraben haben. 12

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Folgen des Gewässerausbaus

Durch die erhöhte Strömungsgeschwindigkeit der Gewässer müs- sen Fische ständig eine höhere Energie bei ihren Wanderungen aufbringen. Gerade schwächere Gewässerbewohner, wie Jung- fische, finden keine Ruhebereiche zum Verweilen und werden abgetrieben. Tief in der Landschaft liegende Gewässer führen zudem zur Absenkung der Grundwasserstände und damit zum Verlust von artenreichen, feuchten Grünlandstandorten. Die Bäche verlassen seltener ihr Bett, so dass Hochwasser kaum noch die Auen überschwemmen. Zusätzlich wurden Wiesen drainiert und in Acker umgewandelt. Als Folge wurden Bäche und Auen – ehemals eine Einheit – voneinander getrennt.

Alte Karten geben einen Eindruck, wie unsere Gewässer in ihrem ursprünglichen Zustand ausgesehen haben Querbauwerke und Staustufen könnten. Oben: Preußische Uraufnahme (1836 – 1850) Zur Nutzung des Wassers wurden viele Gewässer im Laufe der Unten: heutiger Kartenausschnitt desselben Soest- Jahrhunderte aufgestaut. Gründe für den Aufstau sind die Nut- bachabschnitts zung der Wasserkraft zum Antrieb von Turbinen, Flößwehre zur Wiesenbewirtschaftung, Wehre zur Speisung von Gräften oder Sohlschwellen zur Reduzierung der Fließgeschwindigkeit. Im Ein- zugsgebiet der Ahse befinden sich zahlreiche solcher Querbau- werke. Der Aufstau eines Fließgewässers durch Wehre oder Stau- stufen ist ein unüberwindbares Hindernis für wandernde Gewässerlebewesen. Für Bachforellen, die zum Laichen gewässer- aufwärts in Regionen mit Kies- und Schotterbänken wandern, ist ein Aufstieg dadurch nicht möglich. Der Anstau wirkt sich zudem auf die Gestalt des Gewässers aus – aufgestaute Bäche ähneln eher Stillgewässern. Das Wasser kommt in diesen Berei- chen zur Ruhe, mitgeführte Sedimente sinken auf die Bachsohle Aufstau bei Haus Düsse in Bad Sassendorf – Ostinghausen, der und führen zum Verschlammen des Baches. Es fehlt die wichtige zur Speisung der Gräfte genutzt Fließbewegung, die für den Transport von Kies, Schotter, Tot- wird. Hier soll in naher Zukunft holz und für die Entstehung von Uferabbrüchen, Kolken oder die Passierbarkeit für Fische her- Kiesbänken erforderlich ist. gestellt werden. 13

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Strahlursprung: Trittsteine: Ökologisch gut entwickelter Ökologisch gut entwickelte „Oasen“ Bereich mit Strahlwirkung auf benachbarte Bereiche

Funktionselemente des Strahlwirkungs- und Trittsteinkonzeptes

Rückkehr zu naturnahen Gewässern

Die Rückkehr zu einem naturnahen Zustand schlecht entwickelten Bereichen oberhalb und unserer Gewässer und Auen braucht Zeit. Zu- unterhalb aus. Solche ökologisch gut entwi- nächst müssen die Renaturierungsmaßnahmen ckelten Bereiche werden Strahlursprünge ge- geplant und umgesetzt werden. Nach Abschluss nannt und müssen eine bestimmte Mindest- der Baumaßnahmen benötigt die Natur Zeit, länge aufweisen. um die neu geschaffenen Strukturen wieder zu beleben. Die Bereiche zwischen den Strahlursprüngen, die sich noch in einem schlechten Zustand be- finden, sind die sogenannten Strahlwege. Je Das Strahlwirkungs- und Trittsteinkonzept länger ein Strahlweg ist, desto schwieriger ist es für Fische und andere Gewässerorganismen Als Leitfaden für eine naturnahe Umgestaltung sich bis zum nächsten Strahlursprung zu be- dient das Strahlwirkungs- und Trittsteinkon- wegen. Die positive Wirkung eines Strahlur- zept. Demnach wirkt sich ein ökologisch gut sprungs verbessert sich, je mehr Trittsteine im entwickelter Gewässerbereich positiv auf Fi- Strahlweg liegen. Trittsteine sind kleinräumi- sche und andere Gewässerorganismen in noch ge, ökologisch bereits gut entwickelte „Oasen“ 14

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Ausgebauter, begradigter Gewässerab- schnitt und naturnahe Abschnitte von Blögge und Rosenaue

in den noch schlecht entwickelten Bereichen. gungen, Verrohrungen oder Wanderhindernisse, Wasserlebewesen können sich über ungünsti- wie Wehre oder Sohlabstürze, vorhanden sein. gere Abschnitte bis zum nächsten Strahlur- sprung oder Trittstein in angemessener Entfer- Insgesamt wurden sechs Strahlursprünge an der nung verbreiten. Durch Schaffung zusätzlicher Ahse identifiziert. Mit Hilfe der auf Grundlage naturnaher Strukturen im Fließgewässer kann des Strahlwirkungs- und Trittsteinkonzeptes so trotz einzelner schlecht entwickelter Ab- entwickelten Umsetzungsfahrpläne sollen in schnitte, ein guter ökologischer Zustand er- den nächsten Jahren bis zu 40 weitere Strahlur- reicht werden. sprünge geschaffen werden. Dazu wurden Maßnahmen, wie die Beseitigung von Wander- hindernissen für Gewässerlebewesen, die Umsetzungsfahrplan für die Ahse Schaffung von Laufverlängerungen und Ge- wässerschleifen an oftmals verkürzten und be- Die Ahse soll im Rahmen der EG-WRRL einen gradigten Gewässerabschnitten oder auch die guten ökologischen Zustand erreichen. Dazu Anreicherung der Gewässer mit naturnahen wurden vorhandene Strahlursprünge im gesam- Strukturen wie Totholz oder Uferbewuchs, ent- ten Einzugsgebiet gesucht. Sohle, Ufer und Um- wickelt. Durch die Erfolgskontrolle einzelner land müssen dort auf ausreichender Länge gute Maßnahmen wird dokumentiert, ob das Kon- Strukturen für typische Gewässerarten aufwei- zept die erwünschte Wirkung zeigt oder zu- sen. So dürfen z. B. keine künstlichen Uferbefesti- künftig angepasst werden muss. 15

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Kooperation von Landwirtschaft und Naturschutz

Die landwirtschaftliche Nut- gleich zwischen den Belangen barung ist eine Handlungsan- zung der fruchtbaren Auenbö- der Gewässerentwicklung (Öko- weisung zur Vorgehensweise den der Bördebäche hat eine logie) und der Landwirtschaft bei der Umsetzung von Maß- sehr lange Tradition. Genutzt (Ökonomie) kann keine sozial nahmen. werden die Flächen zu etwa gerechte Lösung gefunden 27 % als Grünland und zu 73 % werden. als Acker. Die Nutzflächen bil- Grundsatz der Vereinbarung den die Existenzgrundlage der dort wirtschaftenden Betriebe. Die Landwirtschaftskammer Alle Maßnahmen des Ahse- als Vermittler Projektes werden auf freiwilli- ger Basis, nach umfassender Nutzungskonflikte von Die Landwirtschaftskammer Information aller betroffenen Ökologie und Ökonomie Nordrhein-Westfalen (LWK Eigentümer und Bewirtschaf- NRW) als Fachinstitution hat in ter, durchgeführt. Die Maß- Um den guten ökologischen dieser Situation die Aufgabe, so- nahmen dürfen nicht zu einer Zustand unserer Gewässer er- wohl die in den Auen planenden Existenzgefährdung für die reichen zu können, werden Behörden, als auch die beteilig- betroffenen Betriebe führen. landwirtschaftlich genutzte ten Landwirte zu beraten, um Flächen für die Umsetzung zu einer einvernehmlichen Lö- Entstandene wirtschaftliche von Renaturierungsmaßnah- sung zu kommen. Gemeinsam Nachteile der Betroffenen men benötigt. Manche Maß- mit der Interessenvertretung werden finanziell ausgeglichen. nahmen, wie z. B. Laufverlän- der Landwirte, dem Westfälisch- Zudem muss sichergestellt gerungen der Fließgewässer, Lippischen Landwirtschaftsver- werden, dass durch die Maß- führen zu Flächenverlusten band e. V. (WLV), hat sie daher nahmen keine zusätzlichen Flä- für die Landwirtschaft. Andere eine Vereinbarung zur Umset- chen außerhalb der Maßnah- schränken die Bewirtschaf- zung der Maßnahmen der EG- menfläche beansprucht werden. tungsintensität durch die Um- Wasserrahmenrichtlinie im Rah- Um dies zu vermeiden, ist in wandlung von Acker in ex­ men des Projektes „Lebendige die Vereinbarung eine ent- tensives, also naturschonend Bördebäche“ mit dem Kreis sprechende Beweissicherungs­ genutztes Grünland, ein. Ohne Soest und der Stadt Hamm regelung aufgenommen wor- einen fairen Interessenaus- getroffen. Inhalt dieser Verein- den. Demnach werden z. B. der 16

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Unterzeichnung der Vereinbarung zur Umsetzung der Maßnahmen der EG-Wasserrahmenrichtlinie für das Ahse-Projekt „Lebendige Bördebäche“ zwischen dem Kreis Soest, der Stadt Hamm und Vertretern der Landwirtschaft am 06.05.2011 in Dinker (von links nach rechts: Frank Herbst (Stadtrat Stadt Hamm), Heinrich Glitz (Kreislandwirt LWK NRW), Karl-Heinz Schulze zur Wiesch (Kreisverbandsvorsitzender WLV), Franz-Josef Graskemper (Kreislandwirt LWK NRW), Eva Irrgang (Landrätin Kreis Soest), Winfried von Schröder (Dezernent Kreis Soest), Thomas Hunsteger-Petermann (Oberbürgermeister Stadt Hamm), Reinhard Döring (Kreisverbandsvorsitzender WLV)

Abfluss der Gewässer und die Flächen durch die Behörden rung der Maßnahmen weiter- Entwicklung des Grundwas- gekauft oder gegen wertglei- hin naturschonend landwirt- serstandes, dort wo es not- che Flächen außerhalb der Aue schaftlich genutzt werden. wendig ist, beobachtet und getauscht werden. Dieses Dies grenzt die Landwirte zwar dokumentiert. Kauf- und Tauschverfahren, die in ihrer Bewirtschaftungsweise sogenannte Bodenordnung, ein, die Wiederverpachtung wird über das Dezernat „Länd- an ortsansässige Landwirte si- Konfliktlösung liche Entwicklung und Boden- chert aber die Existenz der Be- ordnung“ der Bezirksregierung triebe und die Pflege der Au- Eine Lösung dieser Nutzungs- Arnsberg abgewickelt. enlandschaft und damit den konflikte kann vor allem da- Ein Großteil der umgestalteten Naturschutz. durch erreicht werden, dass die Flächen soll nach Durchfüh- 17

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Ohne Fläche keine Maßnahme – Bodenordnung als Konfliktlösung

Die Wasserwirtschaft und der Naturschutz auf Aus diesem Grund hat der Kreis Soest zusam- der einen Seite und die Landwirtschaft auf der men mit der Stadt Hamm bereits frühzeitig bei anderen haben unterschiedliche Interessen an der Bezirksregierung Arnsberg als zuständige der Nutzung der sowohl ökologisch als auch Flurbereinigungsbehörde die Einleitung eines ökonomisch wertvollen Auenflächen. Bodenordnungsverfahrens zur Unterstützung der erforderlichen Maßnahmen beantragt. Das Flurbereinigungsverfahren „Bördebäche Soest / Nutzungskonflikte durch Bodenordnung Hamm“ wurde daraufhin im Jahr 2011 eingelei- auflösen tet. Seither laufen Kauf- und Tauschverhand- lungen. Zug um Zug sollen diejenigen Flächen Die entstandenen Nutzungskonflikte aufzulösen zum Verfahren zugezogen werden, bei denen und die unterschiedlichen Interessen aller Betei- Einigkeit erzielt werden konnte. ligten zu wahren oder sinnvoll gegeneinander ab- zuwägen, gelingt oft nur durch Bodenordnung. Bodenordnung, die im ländlichen Bereich auch Privater Nutzen steht im Vordergrund als Flurbereinigung bezeichnet wird, ist verein- – Konsens wird angestrebt facht dargestellt ein Grundstückstauschver- fahren. Von besonderer Wichtigkeit ist hierbei der pri- vate Nutzen, den solch ein Flurbereinigungsver- fahren für die Teilnehmer haben muss. Denn Neuordnung des ländlichen Grundbesitzes nicht jeder Landwirt möchte seine für den landwirtschaftlichen Betrieb wertvollen Flä- Ziel des Verfahrens ist die Neuordnung des chen für die geplanten Maßnahmen zur Verfü- ländlichen Grundbesitzes unter Berücksichti- gung stellen oder gar verkaufen. Das private gung der Belange der Landwirtschaft sowie die Interesse steht bei der hier gewählten Verfah- Überführung der benötigten Privatgrundstücke rensart vor dem öffentlichen Interesse der ins öffentliche Eigentum. Dies ist erforderlich, Maßnahmenumsetzung. Eine Existenzgefähr- da sich Maßnahmen zur naturnahen Umge- dung landwirtschaftlicher Betriebe soll ebenso staltung der Gewässer auf Privatflächen oft wie agrarstrukturelle Nachteile vermieden nur schwer realisieren lassen. werden. Durch Landmanagement im Rahmen 18

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Flächenbereitstellung für die Ge- wässerentwicklung an der Rosen­ aue, einem Bach in der Soester Börde: Die verschiedenen Farben zeigen die Eigentumsverhältnisse vor und nach der Flurbereinigung. Vorher wirtschafteten zahlreiche Eigentümer bis ans Gewässer. Die grün dargestellten Flächen konn- ten ins Eigentum der öffentlichen Hand überführt und dann vom Kreis Soest naturnah umgestaltet werden. Auch der private Grund- besitz wurde neu geordnet.

der Flurbereinigung kann es gelingen, dass für tur. Die Wegstrecken werden verkürzt und aus diejenigen Eigentümer der benötigten Flächen, mehreren kleinen Flächen werden größere Ein- die nicht verkaufen möchten, wertgleiche Er- heiten. Das hat den Vorteil, dass die Bewirt- satzflächen an anderer Stelle gefunden wer- schaftung der Flächen effizienter wird. Man den. Gegebenenfalls können sogar Flächen be- spart Zeit und Energie. Gleichzeitig kann im reitgestellt werden, die näher am jeweiligen Idealfall die Zielkulisse für die Umsetzung der landwirtschaftlichen Betrieb liegen oder an Maßnahmen zum Gewässerschutz bereitge- andere Flächen des Eigentümers heran gelegt stellt werden. Da die Maßnahmen im Konsens werden können. Hierdurch erreicht man oft- mit allen Beteiligten durchgeführt werden mals sogar eine Verbesserung der Agrarstruk- sollen, profitieren am Ende alle. 19

00498_870_Broschuere_210x210.indd 19 02.09.2014 16:17:17 Laufverlänge- rungen in der Ahse. Die beiden Ahseschlingen im vorderen Bereich des Bildes wurden in den Jahren 2009 und 2011 angelegt. Die hinteren Schlingen be- finden sich im Bereich der Fuhrbachmün- dung und sind im Jahre 2013 entstanden. Das Luftbild wurde kurz nach Umsetzung der Maßnahme er- stellt. 20

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Auf dem Weg zu lebendigen Gewässern

Im Projekt „Lebendige Bördebäche“ sollen verschiedenste Maß- nahmen zum Schutz und Erhalt dieser wertvollen Landschaft umgesetzt werden. Ganz wesentlich ist hierbei, die gesamten Bördebäche wieder in lebendige Gewässer zu verwandeln, die in Verbindung mit ihrer Aue stehen. Dabei sind die geplanten Maßnahmen lediglich „Initialmaßnahmen“ – den Rest erledigt die Natur dann ganz von allein!

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Bachforelle

Flüsse werden von ihrer Quelle bis zur Mündung in verschiedene Fischregionen gegliedert. Charakteristisch für die schnell fließenden, sauerstoffreichen Abschnitte der Bördebäche ist die Bachforelle. Sie hat dieser Region ihren Namen gegeben: Forellenregion.

1 Laufverlängerung Durch den Gewässerausbau in den 1970er Jah- ren hat die Ahse ca. 25 % ihrer ursprünglichen Länge verloren. In der Folge kam es zu einem unnatürlichen Abflussverhalten des Flusses und zu einer Absenkung des Grundwasserspie- gels in der angrenzenden Aue. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, werden heute an geeigneten Abschnitten wie- der Laufverlängerungen hergestellt, das heißt es werden neue Flussschlingen ausgebaggert und an den Flusslauf angebunden. Der alte, Laufverlängerung in der Ahse. Das ehemals begradigte Bereich wird zumeist ver- Flussbett wurde nach historischen Vorbild höher als das alte begra- füllt. Mit den neu entstandenen Flussabschnit- digte Bett angelegt. In den strö- ten soll das langfristige Ziel erreicht werden, mungsarmen Bereichen haben die ursprüngliche Lauflänge und damit das sich durch Sedimentablagerungen natürliche Strömungsverhalten des Flusses Bänke gebildet. 22

00498_870_Broschuere_210x210.indd 22 02.09.2014 16:17:33 Lebendige Bördebäche

Eine neu ange- legte Laufver- längerung wird an die Ahse an- geschlossen.

wieder herzustellen. Die Fließgeschwindigkeit verringert sich in den neu angelegten Fluss- schlingen und das Wasser verweilt länger in den strömungsberuhigten Bereichen. Dadurch können sich wieder Feinsedimente im Gewäs- serbett ablagern und es kann sich eine natürli- che Zusammensetzung der Flusssohle aus­ bilden. Hier können sich wieder aquatische Kleinlebewesen, wie z. B. Schnecken, Muscheln, Insektenlarven, Strudelwürmer und Krebse ansiedeln. 23

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Eisvogel

Durch die Kraft des Wassers bricht immer wieder Bodenmaterial am Ufer der Gewäs- ser ab, so dass Steilwände entstehen. Hier können Eisvögel sicher vor Fressfeinden ihre Brutröhren anlegen. Sie ernähren sich überwiegend von Fischen, Wasser­ insekten und anderen Kleintieren, die sie stoßtauchend unter der Wasseroberfläche erbeuten.

2 Uferentfesselung Von Natur aus sind Gewässer sehr dynamische Lebensräume. Viele Bördebäche wurden jedoch mit Steinschüttungen in ein starres Gewässer- Bachabschnitt mit Uferbefestigung bett gezwungen. An geeigneten Stellen werden die Wasserbau- steine nun wieder entfernt. So können sich die Bäche wieder frei in der Landschaft verlagern. Boden bricht von den Uferbereichen ab und la- gert sich an anderer Stelle wieder an. Inseln, Steilwände, Flachwasserzonen und tiefe Kolke entstehen. Dadurch bilden sich vielfältige Lebens- räume für Tiere und Pflanzen. In Steilwänden

legen Eisvögel ihre Brutröhren an und in den Natürlicher Ufer­abschnitt, an dem strömungsberuhigten Flachwasserzonen halten sich durch die Strömung ein Steil- sich besonders Jungfische gern auf. ufer gebildet hat. 24

00498_870_Broschuere_210x210.indd 24 02.09.2014 16:17:48 Lebendige Bördebäche

Groppe

Groppen oder auch (Mühl-)Koppen genannt, gehören zu den Kurzdistanzwanderfischen. Auf ihren Wanderungen stellen Barrieren wie Verrohrungen, Sohlschwellen oder Wehre im Gewässer ein großes Problem dar. Groppen können als bodengebundene Fischart ohne Schwimmblase, die Fischen sonst den nötigen Auftrieb gibt, selbst geringe Hindernisse nicht überwinden.

3 Freie Bahn für Fisch & Co Fischwanderhindernisse in Form von Wehren oder Sohlschwellen können nicht immer besei- tigt werden, weil sie zum Beispiel Teil einer Wasserkraftanlage sind oder weil das Gefälle im Bach durch Laufverkürzungen sehr hoch ist. Sohlschwellen sind Stein- oder Betonriegel in der Gewässersohle. Sie wurden vielfach in die begradigten Bäche eingebaut, um die Fließge- schwindigkeit des Wassers zu reduzieren, die zu Erosionen in der Bachsohle führt. 25

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Umgehungsgerinne

Im Idealfall können solche Hindernisse mit Hilfe eines sogenannten Umgehungsgerinnes um- gangen werden, wie in der Ahse bei Bad Sassen- dorf Humbrechting. Hier findet sich eine ca. 50 cm hohe Sohlschwelle. Ein ebenfalls in diesem Bereich liegender Altarm wurde wieder an die Ahse angeschlossen und dient heute Fischen als Umgehungsgerinne zur Überwindung des Hindernisses. Diese Maßnahme konnte reali- Maßnahmenplan: In dem grau dargestellten Bereich siert werden, da der Eigentümer der Fläche be- befindet sich der Absturz in der Ahse. Durch den An- reitwillig der Umsetzung der Maßnahme zu- schluss des östlich gelegenen Altarmes an die Ahse können Fische das Hindernis umgehen. stimmte. Zudem wurde die Maßnahme vom ansässigen Angelverein unterstützt.

Ahse-Absturz bei Bad Sassendorf Humbrechting

Der hier vorhandene Altarm wurde an die Ahse angeschlossen, so dass Fische über diese Umleitung den Absturz umgehen können. 26

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Raue Rampen und Gleiten

Für den Bau eines Umgehungsgerinnes steht die Rampen durch ihre stärkere Neigung von Gleiten. erforderliche Fläche jedoch nicht immer zur Ver- Große, zusätzlich eingebrachte Störsteine helfen, fügung. Raue Rampen und Gleiten sind weitere die Strömung zu lenken. In den Bereichen hinter Möglichkeiten, Wanderhindernisse für Fische den Steinen verlangsamt sie sich, so dass Fische und andere Gewässerlebewesen zu beseitigen. hier kurz verweilen und neue Kraft für den Auf- Diese bestehen aus Steinschüttungen innerhalb stieg sammeln können. Für strömungsliebende des Gewässers, mit denen langsam das Gefälle Arten, wie z. B. die Bachforelle, stellt dieser Ab- abgebaut wird. Dabei unterscheiden sich Raue schnitt einen attraktiven Lebensraum dar.

Diese Sohlschwelle im Soestbach im Bereich der Borgeler Mühle war für die sich am Boden bewegenden Groppen unüberwindbar.

Seit Herstellung einer Rauen Gleite im August 2014 können hier auch die Groppen wieder bachaufwärts wandern. 27

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Neu geschaffene Sohlgleite in der Ahse auf Höhe der Grönebergstraße. Gut zu erkennen sind die einge- brachten Störsteine.

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Quappe

Die Quappe ist eine stark gefährdete Fischart, die auf Laichmöglichkeiten in der Aue angewiesen ist. Quappen können bis zu 80 cm lang und 8 kg schwer wer- den.

4 Auengewässer Bis ins 19. Jahrhundert hinein waren in den Vor allem für stark gefährdete Arten, wie die Auen natürlicherweise viele kleinere und größere Quappe ist die Wiederherstellung der Auenge- Auengewässer, wie Blänken und Stillgewässer, wässer besonders wichtig. Diese Fischart ist vorhanden. Hier fanden viele Wasser- und Röh- ein sogenannter Aulaicher, der während eines richtpflanzen sowie Wat- und Wiesenvögel, Hochwassers im Winter aus den Flüssen und Amphibien, Fische und Libellen ein Zuhause. Bächen in die Auengewässer wandert, um hier Doch als der Mensch begann die Auenflächen seine Eier abzulegen. Die Larven der Quappe wirtschaftlich zu nutzen, wurde ein Großteil können sich in diesem ruhigen und nahrungs- der Auengewässer verfüllt und viele Auenbe- reichen, aber räuberarmen Gewässer optimal reiche durch Drainagen trocken gelegt. Damit entwickeln. Sobald die Jungfische groß genug verschwanden diese wertvollen Lebensräume. sind, werden sie mit dem Hochwasser in den Fluss wandern und als erwachsenes Tier mit Ziel des Projektes „Lebendige Bördebäche“ ist den nächsten Überflutungen zum Ablaichen in es, an geeigneten Stellen wieder viele dieser die Stillgewässer in der Aue zurückkehren. Auengewässer herzustellen. Dazu reicht es meist schon, eine Senke mit tieferen und fla- cheren Bereichen auszugraben. Die Natur er- obert sich den neu geschaffenen Lebensraum schnell wieder zurück. 29

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Totholz in der Blögge bei Schwefe 30

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Gewässerrenaturierung durch eine naturnahe Gewässerunterhaltung

In der Vergangenheit sollte fen, wurde regelmäßig bis an neben den weitreichenden Aus- die Uferböschung heran ge- baumaßnahmen der Gewässer mäht und von Gehölzbewuchs eine umfassende Gewässer­ frei gehalten. Dadurch sollten unterhaltung den störungs- die Flächen landwirtschaftlich freien Abtransport des Nieder- nutzbar bleiben. Doch es hat schlagswassers gewährleisten. ein Umdenken stattgefunden. Ins Wasser gefallenes Totholz, Es wurde erkannt, dass Ele- wie umgefallene Baumstäm- mente wie Totholz und ein na- me, abgebrochene Äste, Wur- turnaher Gewässerrandstrei- zeln und Zweige sowie starker fen wichtige und natürliche Pflanzenwuchs in der Gewäs- Bestandteile des Ökosystems sersohle wurden wegen ihrer „Fließgewässer“ sind. Erhält und aufstauenden Wirkung ent- fördert man diese Elemente, fernt. Die unmittelbar an ein kann das Erreichen des guten Gewässer angrenzende Land- ökologischen Zustandes unter- fläche, der Gewässerrandstrei- stützt werden. 31

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Der Gewässerrandstreifen

Für viele Tier- und Pflanzenarten stellt der Ge- wässerrandstreifen einen wichtigen Lebens- raum dar. In intensiv vom Menschen genutzten Gebieten bietet er wandernden Tierarten im Längsverlauf oft die einzige Chance, in andere Gebiete zu gelangen. Fließgewässer werden in natürlich erhaltenen Abschnitten in der Regel von Uferbewuchs, wie Hochstauden, Röh­ richten und Gehölzen begleitet. Die Ufergehölze stabilisieren die Böschungen und schützen die Gewässer bei Hochwassern vor Erosion. Der Pflanzenbewuchs spendet zudem Schatten, wodurch eine übermäßige Erwärmung des Ein natürlicher Gewässerrandstreifen stabilisiert das Wassers verhindert wird. Dies ist wichtig, weil Ufer. viele Bachbewohner, wie die Bachforelle auf niedrige Wassertemperaturen angewiesen sind. Ausreichend breite Gewässerrandstreifen sind zudem wertvolle Pufferflächen, die Dün- ge- und Pflanzenschutzmittel aus angrenzen- den intensiv genutzten Flächen filtern und da- mit deren Eintrag in die Gewässer verhindern.

Totholz schafft neue Strukturen

Ins Wasser gefallenes Totholz wird von vielen Tieren als Nahrungsquelle, Besiedlungsfläche oder Versteckmöglichkeit für sich oder ihre Brut genutzt. Zudem verändern größere, im Wasser liegende Stämme oder Äste, kleinräu- Ins Wasser gefallenes Totholz kann dort belassen mig das Abflussverhalten und das Strömungs- werden, wenn von ihm keine Gefahr ausgeht. Es muster des Wassers. Es bilden sich neue Struk- schafft neue Strukturen im Gewässer und somit viel- turen wie Vertiefungen im Gewässerbett fältige Lebensräume. 32

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Schwarz-Erle

Schwarz-Erlen besiedeln vorwiegend feuch- te Standorte und sind besonders entlang von Fließgewässern zu finden. Sie bilden ein tiefreichendes Wurzelsystem und schützen damit die Uferbereiche vor Erosionen.

(Kolke), Auflandungen und Uferabbrüche. In soll gefördert und so viel Totholz wie möglich einigen Fällen verlagert sich sogar der gesamte im Gewässer belassen werden. In Abschnitten, Verlauf des Gewässers und es bilden sich wie- in denen Totholz natürlicherweise fehlt, sollte der eigenständig neue Flussschlingen. Totholz es nach Möglichkeit aktiv in das Gewässer ein- ist somit ein wichtiges Element, das die eigen- gebracht werden. Damit kann für den Unter- dynamische Entwicklung des Gewässers fördert haltungspflichtigen jedoch ein Zwiespalt ent- und vielfältige Lebensräume für Wasser be- stehen. Zum einen soll er den gefahrlosen wohnende Tiere und Pflanzen entstehen lässt. Abfluss des Wassers garantieren, zum anderen ist es wichtig das Gewässer so naturnah wie möglich zu gestalten. In der Praxis heißt das, Die schonende Gewässerunterhaltung dass an jedem Gewässerabschnitt genau ge- prüft werden muss, ob eine Unterhaltungs- Die heutige Gewässerunterhaltung soll im Sin- maßnahme wirklich durchgeführt werden ne der EG-Wasserrahmenrichtlinie schonender muss. Die Erfahrungen an renaturierten Ge- durchgeführt werden und die Bedeutung der wässerabschnitten haben jedenfalls gezeigt, Gewässer für den Naturhaushalt in den Vor- dass hier deutlich weniger Aufgaben der Ge- dergrund stellen. Ziel ist es, möglichst viele na- wässerunterhaltung anfallen und damit auch türliche Gewässerrandstreifen zu erhalten und Kosten eingespart werden können. neu zu schaffen. Die Entstehung von Totholz 33

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Ausblick

Bis 2027 sollen die Ahse und ihre Nebengewäs- Gewässeranlieger und Landwirte. Sie alle sind ser einen guten ökologischen und chemischen aufgefordert, sich zu engagieren und sich für Zustand erreicht haben. die Gewässer stark zu machen. Diese große Aufgabe erfordert die Unterstüt- Ergreifen Sie die Chance und bringen Sie sich zung aller Menschen, denen die vitalen Gewäs- mit ein! Helfen Sie mit Ihren Ideen, Vorschlä- ser unserer Landschaft ein besonderes Anliegen gen und Planungen an der naturnahen Ent- sind: Angler, Fischereigenossen, Naturschützer, wicklung unserer Gewässer mit! 34

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Impressum

Herausgeber · Kreis Soest Internet Kreis Soest · Stadt Hamm www.flussgebiete.nrw.de Umwelt · Stefan Prott, Wasserwirtschaft EnergieAgentur.NRW Hoher Weg 1 – 3 Gestaltung 59494 Soest cognitio www.kreis-soest.de Karten Kommunikation & Planung, Verlag · Bezirksregierung Arnsberg, Andreas Hoffmann Stadt Hamm Dezernat 33 – Ländliche Ent­ Westendstraße 23 Umweltamt wicklung, Bodenordnung 34305 Niedenstein Untere Wasserbehörde · Geobasis NRW www.cognitio.de Technisches Rathaus · Kreis Soest Liegenschaftskataster Gustav-Heinemann-Straße 10 59065 Hamm Druck www.hamm.de/ahse-projekt Grafik Althoff Druck, Soest Froschgrafik: MKULNV NRW / apel-medien Darmstadt 1. Auflage August 2014 Redaktion · Andreas Barden (Bezirksregierung Arnsberg, Literatur Dezernat 33 – Ländliche Ent- · Arbeitshilfe Strahlwirkungs- wicklung, Bodenordnung) und Trittsteinkonzept in der · Annette Kühlmann Planungspraxis (Kreis Soest, Wasserwirtschaft) (LANUV-Arbeitsblatt 16, 2011) · Jessica Knoblauch · Blaue Richtlinie. Richtlinie für (Stadt Hamm, die Entwicklung naturnaher Untere Wasserbehörde) Fließgewässer in Nordrhein- · Volker Stelzig Westfalen (MUNLV NRW, 2010) (Büro Stelzig) · Erste Überarbeitung Steckbriefe · Wilhelm Lenzen der deutschen Fließgewässer­ (Landwirtschaftskammer typen (T. Pottgießer & M. Som- Nordrhein-Westfalen) merhäuser, 2008) · Fließgewässertypenatlas Nordrhein-Westfalen Fotos (Landesumweltamt NRW, 2002) · Büro Stelzig · Umsetzungsfahrplan Ahse-Projekt · Dr. Bernd Stemmer „Lebendige Bördebäche“ · Hans Blossey (Büro Stelzig, 2011)

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