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DIPLOMARBEIT Titel der Diplomarbeit „Die Entdeckung der optisch-chemischen Wirklichkeit“ Zur historischen Praxis der Daguerreotypie verfasst von Günter Rosenbichler angestrebter akademischer Grad Magister der Philosophie (Mag.phil.) Wien, 2014 Studienkennzahl lt. Studienblatt: A 317 Studienrichtung lt. Studienblatt: Theater-, Film- und Medienwissenschaften Betreut von: Univ.-Prof. Dr. Rainer-Maria Köppl D i e E n t d e c k u n g d e r o p t i s c h - c h e m i s c h e n W i r k l i c h k e i t Zur historischen Praxis der Daguerreotypie 2 1. Vorwort ................................................................................................................. 4 2. Einleitung.............................................................................................................. 9 3. Ausgangspunkt "Daguerreotypomanie"............................................................. 19 4. Entwicklungsgeschichte der ersten photo-chemischen Bildtechniken 4.1. Ein naturwissenschaftlicher Marathon: Die Héliographie (1827)........ 26 4.1.1. Exkurs I: Camera obscura oder Notizen über ein kleines Loch, das die Welt Kopf stehen ließ ............................................................... 27 4.1.2. Exkurs II: Lithographie......................................................................... 33 4.1.3. Exkurs III: Silbersalze........................................................................... 35 4.2. Eine innovative Kurzstrecke: Die Daguerreotypie (1835/38/39) ......... 45 4.2.1. Vermarktungsversuche und daguerreotypische Gesellschaftspolitik.... 47 4.2.2. Exkurs IV: Diorama − ein Nachruf (1822-1835) ................................. 48 4.2.3. Protektion, Indiskretion, Grand Nation ................................................ 52 4.3. Exkurs V: Die britische Kalotypie (1840/41)........................................ 61 5. Praxisgeschichte 5.1. Die prä-petzvalsche Zeit (1839-1840/41) ............................................. 73 5.1.1. Der "exklusive" Daguerreotype............................................................ 73 5.1.2. Die Herstellung einer Daguerreotypie.................................................. 78 5.1.3. Machbarkeit vor Brauchbarkeit: Erste Ergebnisse................................ 85 5.2. Porträts mit offenen Augen ................................................................. 105 5.3. Das Geschäft mit den Gesichtern: Im Daguerreotypie-Atelier........... 122 5.4. Die Plackerei in Stadt und Land: Außenaufnahmen........................... 137 5.5. Stereomanie......................................................................................... 149 6. Resümee............................................................................................................ 167 7. Literaturverzeichnis .......................................................................................... 169 8. Bildnachweis..................................................................................................... 172 9. Anhang: Größenvergleich von frühen Daguerreotypien .................................. 174 3 1. Vorwort Das mir vom Zufall unterbreitete Angebot, meinen Lebensunterhalt als Filmschaffender zu verdienen, konnte ich − trotz gehegter Zweifel − nicht ablehnen. Mit der gleichen Leidenschaft, mit der ich bislang mein Studium am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft betrieben hatte, widmete ich mich nun der professionellen Bildherstellung. Diesen abwechslungsreichen und kompromisslosen Beruf habe ich als Produktions- assistent von der Pieke auf erlernt. Pragmatisch veranlagt versuchte ich einige Jahre lang, meine begonnene wissenschaftliche Ausbildung mit meinem Beruf bestmöglich zu kombinieren. Als Aufnahmeleiter hatte ich mir nach einigen Jahren ein großes Maß an Routine und einen guten Namen erarbeiten können, und es galt nun zu entscheiden, ob ich mein Studium aufgeben oder abschließen will. Lange Zeit grübelte ich in der Folge darüber nach, mit welcher Thematik ich in die akademische Welt zurückkehren könnte. Während der Vorbereitung eines aufwendigen Filmprojekts unterhielt ich mich mit einem noch recht unerfahrenen Produktions- assistenten, der sich seinen Kopf allzu sehr über die Mühen und Tücken der Filmpro- duktion zerbrach. Ich versuchte ihm klar zu machen, dass der Reiz dieses Berufes aber gerade darin liegt, der bunten Vielfalt an Schwierigkeiten selbstbewusst zu begegnen und dass es für fast jedes Problem eine entsprechende Lösung gibt. Sollte er sich ernst- haft der Filmwelt verschreiben, werde seine Belastbarkeit in intellektueller, psychischer und physischer Hinsicht unter Umständen auf eine harte Probe gestellt werden, aber mit einer tatsächlich nur durch Zauberkraft zu lösenden Aufgabe habe er nicht zu rechnen. Sein Lohn wird sein, dass er in Allianz mit der gesamten Crew berechtigterweise stolz auf seinen Beitrag zur Herstellung dieser für die Zeit der Dreharbeiten realen Kamera- Momente, die wir als Endprodukt Film nennen, sein kann. Abschließend erzählte ich ihm von meiner eigenen Zeit als P.A. (production assistent), in der man noch mit einer Handvoll Filmrollen zu einem ganz bestimmten Photolabor zu fahren hatte, um durch eine kostspielige Express-Entwicklung über Nacht gewähr- leisten zu können, dass jene während der Motivbegehung geschossenen Location-Bilder am nächsten Tag auf dem Schreibtisch zur Besprechung bereit lagen. Dass man inzwischen photographische Bilder auch digital erzeugen konnte − wenn auch noch in vergleichsweise bescheidener Qualität −, ermöglichte es technisch unbegabten, aber interessierten Laien zu photographieren. Für den professionellen Filmbereich war 4 die frühe Digitalphotographie zunächst eher ein Arbeitsmedium und kam etwa bei der Locationsuche und -begehung oder für das Making-of zum Einsatz. Durch dieses Gespräch wurde mir klar, dass ich während meiner bisherigen beruflichen Laufbahn selbst einen medialen Wandel erlebt habe. Dieser Aspekt gab mir nun die Möglichkeit, meine berufliche mit der akademischen Welt zu verbinden, nämlich mit der Fragestellung, wie (mühsam und aufwendig) man sich eigentlich die historische Bildherstellung in der Praxis vorzustellen hat. Mir gefiel diese Idee, meine praktische Berufserfahrung mit der wissenschaftlichen Theorie zu konfrontieren, von Anfang an. Umso länger ich auf dem Gebiet der Film- geschichte recherchierte, desto weiter bewegte ich mich − auf der Spurensuche nach dem "Anfang" − in die Vergangenheit zurück. Bald zeigte sich nämlich, dass man den monumentalen Begriff "Film" nur dann wirklich umfassend verstehen kann, wenn man sich eingehend mit dem ebenfalls weiten Gebiet der Photographie beschäftigt. Durch diese Vorarbeiten kristallisierte sich das nun vorliegende Diplomarbeitsthema heraus, nämlich die Beschreibung des ersten photographischen Verfahrens von einem praxisbezogenen Standpunkt aus. Ich habe mich bewusst für die alte Schreibweise von "Photographie" und "Camera" entschieden, da es sich hier um eine historische Arbeit handelt und sich dies allein aus Gründen der Authentizität anbietet. Die subjektive Bevorzugung in ästhetischer Hin- sicht sei nicht verschwiegen. Der Begriff "Photographie" selbst stammte vom englischen Astronomen und Gelehrten Sir John Frederick William HERSCHEL (1792-1871), der ihn am 28. Februar 1839 zur Verwendung vorschlug.1 In aller Genauigkeit habe ich versucht, die Lebensdaten von sämtlichen, hier genannten Personen zu recherchieren und anzuführen. Diese Zusatzinformation erschien mir inso- fern als wichtig, weil der Leser damit die Möglichkeit erhält zu erfahren, wie alt die Protagonisten waren, als sie ihre jeweiligen Leistungen erbrachten. 1 FRIZOT, Michel (Hg.): Neue Geschichte der Fotografie. Die ersten hundert Jahre. Köln: Könemann 1998, S. 27. 5 Mein Vorhaben gelang mir trotz der uns zur Verfügung stehenden Informations- techniken leider nicht zur Gänze. Um eine bestmögliche Lesbarkeit zu gewährleisten, wurden alle Nachnamen in vielleicht unkonventioneller, aber sinnvoller Weise in BLOCKBUCHSTABEN geschrieben. Der englische Erfinder und Autor Thomas SUTTON (1819-1875) erkundigte sich einst bei einem Londoner Daguerreotypisten, also einem Anwender dieser frühen photo- graphischen Technik, was es denn brauche, um diesen Beruf auszuüben, und hat uns eine Schilderung dieses Gesprächs hinterlassen: "Als ich mich mit Mr. CLAUDET über die von ihm ausgeübte wunderbare Kunst unterhielt, wies er mich in äußerst gewichtigem Ton darauf hin, daß man, um es zu Erfolg und Ansehen zu bringen, des chemischen Wissens eines FARADAY, des optischen Wissens eines HERSCHEL, des künstlerischen Talents eines REYNOLDs oder eines REMBRANDTs und der grenzenlosen Kühnheit und Schaffenskraft eines HANNIBAL bedürfe."2 Dass diese Anforderungen zumindest teilweise auch an den Verfasser einer wissen- schaftlichen Abschlussarbeit über die Daguerreotypie gestellt werden, musste selbiger bald erkennen. SUTTON zeigte sich von dieser Beschreibung beeindruckt, ließ sich aber dennoch nicht davon abhalten, die Daguerreotypie in den 1840er-Jahren selbst zu praktizieren.3 Die größte Aufgabe für den Leser wird es sein, sich während der Lektüre dieser Diplomarbeit seiner media literacy (mediale Belesenheit) im besten Falle gänzlich zu entledigen. Er möge versuchen, sämtliche Bilder, die er zeit seines Lebens erblickt hat, auszublenden bzw. temporär zu vergessen. Damit würde er nämlich eine Art "visuelle Jungfräulichkeit bzw. Unverdorbenheit" erlangen, die ihm die Wirkung und damit die Bedeutung der ersten "Maschinenbilder" tatsächlich nachvollziehbar und verständlich machen würde.