Bericht

Exkursion des WWA Donauwörth zur Hochwasserrückhaltung Wörth/ am 18. Oktober 2017

Bearbeitet durch: M. Sc. Corinna Gall

Uniwasser GmbH Schumannstraße 1 67655 Kaiserslautern

Im Auftrag von: Bündnis „Hochwasserschutz für unsere Heimat“

Stand: Oktober 2017

Exkursion des WWA Donauwörth zur Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim am 18. Oktober 2017

Inhaltsverzeichnis

Organisatorischer Ablauf der Exkursion ...... 3 Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim ...... 5 Hintergrund ...... 5 Technischer Aufbau ...... 5 Nutzungen ...... 8 Akzeptanzfördernde Maßnahmen ...... 9 Fazit ...... 10

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Organisatorischer Ablauf der Exkursion Am 18. Oktober 2017 fand die Exkursion des Wasserwirtschaftsamtes (WWA) Donauwörth zur Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim in Rheinland.Pfalz statt. Insgesamt nahmen an der Exkursion 39 Personen teil. Dazu zählten vor allem Teilnehmer mit landwirtschaftlichem Hintergrund, aber auch Teilnehmer aus der kommunalen Verwaltung sowie die Verantwortli- chen aus dem WWA Donauwörth. Die Exkursion verlief nach folgendem Programm:

7:00 Abfahrt 7:00 Uhr Abfahrt in Donauwörth 7:30 Uhr Abfahrt in Höchstädt am Bahnhof 8:10 Uhr Abfahrt in Günzburg

11:00 Ankunft am Rheinauen- und Hochwasserschutz-Informationszentrum in der Gemeinde • Vorstellung der Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim • Vorstellung der anwesenden Ansprechpartner • Brotzeit

12:00 – 15:30 Fahrt zum Standort Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim Besichtigung des Schöpfwerkes und des Ein- und Auslassbauwerks

15:30 – 17:00 Rückfahrt zum Rheinauen- und Hochwasserschutz-Informationszentrum • Diskussion mit den anwesenden Ansprechpartnern • Besichtigung des Rheinauen- und Hochwasserschutz-Informati- onszentrums • Brotzeit

17:00 Rückfahrt 20:00 Uhr in Günzburg 20:30 Uhr in Höchstädt 21:00 Uhr in Donauwörth

Pünktlich um 11 Uhr erreichte der Bus das Rheinauen- und Hochwasserschutz-Informations- zentrum in der Gemeinde Neupotz. Dort wurden die Exkursionsteilnehmer zunächst von Orts- bürgermeister Roland Bellaire begrüßt. Dieser stellte anschließend kurz das Projekt „Hoch- wasserrückhaltung Wörth/Jockgrim“ vor und erläuterte seine damalige Rolle in der Bürgerini- tiative „Kein Polder Neupotz“ sowie seine persönliche Betroffenheit als Landwirt. Weiterhin stellte sich die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD Süd) vor, die als obere Was- serbehörde des Landes Rheinland-Pfalz für Planung, Bau und Betrieb der Hochwasserrück- haltung Wörth/Jockgrim zuständig ist.

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Die folgenden Ansprechpartner standen vor Ort für Rückfragen und Diskussionen zur Hoch- wasserrückhaltung Wörth/Jockgrim zur Verfügung:

Roland Bellaire Ortsbürgermeister der Gemeinde Neupotz (seit Mai 2014) Landwirt Damals aktiv in der Bürgerinitiative „Kein Polder Neupotz“

Gerfried Sand Erster Ortsbeigeordneter der Gemeinde Neupotz Experte für Entwässerung

Susanne Gronimus Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, Dienststelle Neustadt an der Weinstraße Zuständigkeitsbereich: Kreis und Südliche Wein- straße, Stadt Landau

Wolfgang Koch Leiter der Deichmeisterei / Neubaugruppe Hochwasserschutz Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd in Speyer

Jürgen Decker Referatsleiter der Regionalstelle Abfallwirtschaft, Wasserwirtschaft, Bodenschutz Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd in Neustadt an der Wein- straße

Heinz Peter Wierig Naturschutz im Projekt „Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim“ Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd in Speyer

Achim Baumann Grundstücksmanagement im Projekt „Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim“ Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd in Speyer

Nach der Begrüßung sowie der Einführung zum Projekt „Hochwasserrückhaltung Wörth/Jock- grim“ durch Ortsbürgermeister Roland Bellaire und die Verantwortlichen der SGD Süd wurden die Exkursionsteilnehmer zum Standort der Hochwasserrückhaltung gebracht. Dort wurden die Exkursionsteilnehmer in zwei Gruppen aufgeteilt, wobei eine Gruppe zunächst das Schöpf- werk und die andere Gruppe das Ein- und Auslassbauwerk besichtigte. Am Schöpfwerk erläu- terte Herr Koch von der SGD Süd den technischen Aufbau der Hochwasserrückhaltung, die Flächennutzung im Rückhaltebereich sowie die Funktion des Schöpfwerks. Für spezielle Fra- gen zur Entwässerung, zum Naturschutz und zur Landwirtschaft standen ebenso Herr Sand, Frau Gronimus und Herr Wierig zur Verfügung. Am Standort des Ein- und Auslassbauwerks wurde die Funktion dieses Bauwerks sowie der Grunderwerb für die Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim von Herrn Baumann und Herrn Decker von der SGD Süd erläutert. Zwischen- fragen von Seiten der Exkursionsteilnehmer konnten jederzeit gestellt werden.

Im Anschluss wurden die Exkursionsteilnehmer zurück zum Rheinauen- und Hochwasser- schutz-Informationszentrum gebracht, welches bis zur Abfahrt besichtigt werden konnte. Au- ßerdem standen die Ansprechpartner für weitere Rückfragen der Exkursionsteilnehmer zur Verfügung.

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Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim Hintergrund Durch die Rheinbegradigung sowie den Staustufenausbau am Rhein wurde die Hochwasser- situation am Oberrhein deutlich verschlechtert. Während der technische Hochwasserschutz am Oberrhein vor dem Staustufenausbau auf ein 200-jährliches Hochwasser ausgelegt war, wurde dieser danach auf ein ca. 60-järhliches Hochwasser reduziert. Bei einem Hochwasser am Rhein wären heute ca. 700.000 Menschen betroffen und es wäre mit rund 13 Mrd. € Schä- den zu rechnen.

Um das Schutzniveau des 200-jährlichen Hochwassers am Oberrhein wiederherzustellen, wurde unter anderem eine länderübergreifende Hochwasserschutzkonzeption zwischen Frankreich, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz getroffen. In dieser Hochwasserschutz- konzeption wurde festgelegt, dass gemeinsam ein Hochwasserrückhalteraum von 287 Mio. m³ geschaffen werden soll.

Davon entfallen 61 Mio m³ Rückhalteraum auf Rheinland-Pfalz. Dazu werden in Rheinland- Pfalz 10 Standorte für gesteuerte Flutpolder realisiert. Inzwischen sind 52 Mio. m³ fertiggestellt. Die Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim ist einer dieser Standorte, die bereits vollständig umgesetzt wurden. Technischer Aufbau Die Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim ist in Rheinland-Pfalz mit einem Rückhaltevolu- men von 18,05 Mio. m³ und einer Rückhaltefläche von 448 ha die größte Rückhaltung am rheinland-pfälzischen Oberrhein. Sie ist aufgebaut als Kombination aus ungesteuerter Deich- rückverlegung und gesteuerter Rückhaltung, wobei die beiden Bereiche von einem Trenndeich abgegrenzt werden. Von den insgesamt 448 ha Rückhalteflächen werden 145 ha natürlich geflutet, während 303 ha gesteuert geflutet werden können (vgl. Abbildung 1).

Zur Herstellung des gesteuerten Flutpolders wurde der Rheinhauptdeich ins Hinterland verlegt und der gesteuerte vom ungesteuerten Rückhalteraum durch einen Trenndeich abgegrenzt. Insgesamt wurden durch die Deichbaumaßnahmen 50 ha Aufstandsfläche in Anspruch ge- nommen, wozu 25 ha Ausgleichfläche geschaffen werden musste. Der Rheinhauptdeich ist aus verschiedenen bindigen Erdmaterialien aufgebaut und weist die folgenden Bemessungen auf: Deichkrone von 3 m Breite, 5,5 m Höhe über dem umliegenden Gelände, Deichfuß von ca. 100 m Breite. Da der Rheinhauptdeich nun einen Altarm des Rheins durchquert, wurde in den Deich an diesem Standort zusätzlich eine Stahl-Spundwand bis in eine Tiefe von 26-28 m verbaut.

Der vom Rheinhauptdeich durchschnittene Altarm des Rheins ist über eine Freileitung durch den Deich immer noch verbunden. Bei einem Einsatz der Hochwasserrückhaltung muss je- doch der Wasserstand des Altarms zum Schutz der umliegenden Gemeinden reguliert werden. Aus diesem Grund wurde ein Schöpfwerk am Rheinaltarm gebaut, welches dafür sorgt, dass der Wasserstand des Altarms sowie die damit gekoppelten Grundwasserstände in der Umge- bung während des Betriebs der Rückhaltung auf einer Höhe gehalten werden (vgl. Abbildung 2). Dazu wird das Wasser aus dem Altarm mit drei Pumpen zurück in den Rückhalteraum gepumpt (vgl. Abbildung 3). Auf diese Weise werden die umliegenden Gemeinden wie z.B. die Gemeinde Neupotz vor zu hohen Grundwasserständen geschützt. Die Grundwasserverhält- nisse im Großraum der Hochwasserrückhaltung werden weiterhin im Rahmen eines langfris- tigen Grundwassermonitorings dokumentiert.

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Abbildung 1: Übersicht über die Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim (Quelle: SGD Süd 2013: Broschüre zur Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim)

Abbildung 2: Schöpfwerk am Altarm des Rheins

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Abbildung 3: Pumpen im Schöpfwerk

Im Trenndeich befindet sich das Ein- und Auslassbauwerk der gesteuerten Rückhaltung, welches zur Befüllung und Entleerung der Rückhaltung eingesetzt wird. Bei Hochwasser war- den die Klappen des Bauwerks geöffnet, sodass das Wasser in den Rückhalteraum fließt (vgl. Abbildung 5). Zur Vermeidung von Bodenerosion hinter dem Ein- und Auslaussbauwerk wurde ein Kolksee angelegt, der die Energie des einströmenden Wassers umwandelt (vgl. Abbildung 4).

Abbildung 4: Ein- und Auslassbauwerk mit Kolksee

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Abbildung 5: Eine der Fischbauchklappen des Ein- und Auslassbauwerks

Mit der Planung dieses Projektes wurde bereits 1995 begonnen. Der für die Hochwasserrück- haltung Wörth/Jockgrim am 29.06.2001 erlassene Planfeststellungbeschluss wurde am 02.02.2005 rechtskräftig. Im November 2005 wurde mit den Baumaßnahmen begonnen. Fer- tiggestellt wurde das Projekt im Sommer 2013. Insgesamt beliefen sich die Kosten für den Standort auf 48 Mio. €. Nutzungen Die Flächen innerhalb der gesamten Hochwasserrückhaltung werden zu 70 % landwirtschaft- lich genutzt (54 % Körnermais, 20 % Winterweizen, jeweils unter 5 % Silomais, Tabak, Kartof- feln, Kräuter, usw.). Auf der übrigen Fläche wird Kiesabbau betrieben.

Derzeit wird auch der Bereich der ungesteuerten Rückhaltung noch landwirtschaftlich genutzt. Da es in diesem Gebiet jedoch natürlicherweise einmal jährlich zu Überflutungen kommt, soll im Rahmen des noch laufenden Flurbereinigungsverfahrens dieses Gebiet zukünftig aus- schließlich für ökologische Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen eingesetzt werden.

Im gesteuerten Flutpolder wird es statistisch gesehen ca. vier Mal in hundert Jahren zu einer Überflutung kommen, d.h. durchschnittlich ist mit einer Überflutung einmal in 25 Jahren zu rechnen. Tritt ein Hochwasser ein, erfolgt für die landwirtschaftlichen Flächen eine wertgleiche Entschädigung von ca. 20 % des Grundstückswertes. Darüber hinaus werden auch eventuelle Folgeschäden, die sich auch noch in den Folgejahren auswirken, entschädigt. Insgesamt wur- den für alle möglichen Schadensfälle Vereinbarungen getroffen, die beim Betrieb der Hoch- wasserrückhaltung eingesetzt werden.

Bisher wurde die Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim nicht eingesetzt. Aus den Erfahrun- gen mit den übrigen Rückhaltungen am Oberrhein ist jedoch zu schließen, dass am Rhein nicht mit Folgeschäden durch Schwermetallbelastungen zu rechnen ist. Dies wurde aufgrund von Bodenuntersuchungen in den in Rheinland-Pfalz bereits eingesetzten Rückhaltebereichen geschlossen.

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Akzeptanzfördernde Maßnahmen Im Rahmen des Projektes „Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim“ wurde eine Reihe soge- nannter „Akzeptanzfördernder Maßnahmen“ umgesetzt. Diese Maßnahmen sollen dazu die- nen, die Akzeptanz der Betroffenen für die Hochwasserrückhaltung zu steigern, indem positive Anreize geschaffen werden. Unter anderem wurden die folgenden Maßnahmen realisiert:

• Einrichtung des Rheinauen- und Hochwasserschutz-Informationszentrums in Neupotz • Ausweisung eines Polder-Infopfad Wörth/Jockgrim • Aufbau von Beregnungsbrunnen in der Hochwasserrückhaltung • Bau einer Umgehungsstraße für die Kieslaster, sodass diese nicht mehr durch die Ge- meinde Neupotz fahren müssen

Darunter besonders hervorzuheben ist das Rheinauen- und Hochwasserschutz-Informations- zentrums in Neupotz, das im Haus „Leben am Strom“ eingerichtet wurde. Das alte Fachwerk- haus wurde vom Land Rheinland-Pfalz erworben und renoviert (vgl. Abbildung 6). Im Haus „Leben am Strom“ können sich Interessierte mit verschiedenen Mitteln wie z.B. interaktiven Bildschirmen, Karten und Hörstationen ein Bild davon machen, wie die Menschen früher und heute mit dem Hochwasser umgegangen sind. Dazu gibt es auch eine Ausstellung zur Hoch- wasserrückhaltung Wörth/Jockgrim (vgl. Abbildung 7). Außerdem wird die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt in den Rheinauen nachvollziehbar erläutert.

Abbildung 6: Das Haus “Leben am Strom” in Neupotz

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Abbildung 7: Ausstellung zur Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim im Haus “Leben am Strom”

Fazit Insgesamt ist die Exkursion des WWA Donauwörth zur Hochwasserrückhaltung Wörth/Jock- grim sehr gut gelungen. Die Vorträge der Ansprechpartner zur Hochwasserrückhaltung waren sehr interessant und sie standen jederzeit auch für Zwischenfragen zur Verfügung und beant- worteten diese umfassend und kompetent. Dadurch konnte man einen guten Einblick über die Planung, den Bau und den zukünftig geplanten Betrieb der Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim gewinnen.

Obwohl verschiedene Hochwasserrückhaltungen aufgrund von unterschiedlichen örtlichen Randbedingungen nicht unmittelbar miteinander verglichen werden können, zeigt das Projekt “Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim” dennoch, dass es möglich ist, einen Kompromiss zu erzielen, mit dem alle Betroffenen leben können.

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