Mentaufnahmen Aus Der Weimarer Republik 1918- 1933

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Mentaufnahmen Aus Der Weimarer Republik 1918- 1933 KLAUS-DIETER WEBER (HG.) Verwaltete Kultur oder künstlerische Freiheit? Mo- mentaufnahmen aus der Weimarer Republik 1918- 1933 Verwaltete Kultur oder künstlerische Freiheit? Momentaufnahmen aus der Weimarer Republik 1918-1933 herausgegeben von KLAUS-DIETER WEBER Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsschutzgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt besonders für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspei- cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. ISBN 3-89958-005-2 Cover: Agitprop-Theatertruppe bei einem Arbeitersportfest aus dem Brecht-Film Kuhle Wampe, 1932, © Cinemathèque Française Cover, Satz und Layout: Søren Drews/Sven Kamin Schrift: Book Antiqua/ChelthmITC Bk BT © für die Beiträge bei den Autorinnen und Autoren © für den Band bei kassel university press kassel university press GmbH, Kassel 2002 www.upress.uni-kassel.de Inhalt Vorwort ....................................................................................................................... 7 Klaus-Dieter Weber Die Weimarer Republik zwischen Kulturstaatlichkeit und gesellschaftlicher Kulturautonomie oder verfassungsrechtliche Widersprüchlichkeit als kulturbildendes Prinzip. Eine Einleitung.................... 9 Sonja Stuhrmann Edwin Redslob – Blasser Ästhet und Revolutionspflanze? Person und Amt des Reichskunstwarts zwischen Anspruch und Möglichkeit..................................................................................... 39 Jennifer Bennefeld Auf der Suche nach neuen Wegen – Kirche, Staat und Schule in der Weimarer Republik .......................................... 69 Reimar Bendix „Sie repräsentieren eine ganze Zeitepoche“ – Dix‘ Bildnis der Journalistin Sylvia von Harden als Leitfigur einer neuen Kultur?......................................... 99 Sven Kamin „Contra Rückwärtserei und Ichpfeifdraufismus“ - Alfred Kerr und das Theater der Weimarer Republik...................................... 135 Anne Teichler Die Weimarer Republik – eine Zeit der freien Presse? ..................................... 167 Søren Drews Wehrhaftigkeit dank Körperkultur! Die „bürgerliche“ Turn- und Sportvereinslandschaft in Kassel...................... 201 Adam Winnicki Gedanken zur Kulturpolitik und politischen Kultur der Weimarer Republik......................................................................................... 275 Francois Beilecke Intellektuelle, Kultureliten und Kulturzeitschriften in der Weimarer Republik. Konzepte und Forschungsperspektiven ........................ 289 Florian Cebulla Der Rundfunk in der Weimarer Republik – „Kulturfaktor“ und Politikum.............................................................................. 307 Wolfgang Gruner Alfred Kantorovicz und die Weimarer Republik .............................................. 325 Abbildungsnachweis ................................................................................................. 347 Vorwort Der Band „Verwaltete Kultur oder kulturelle Freiheit? – Momentaufnahmen aus der Weimarer Republik 1918-1933“ ist entstanden aus dem Seminar Kul- turpolitik in der Weimarer Republik, das – angeregt durch Kasseler Ge- schichtsstudenten – im Wintersemester 2000/01 an der Universität Kassel stattgefunden hat. Das Seminar wurde neben den Referaten der Teilnehmer durch die drei Gastvorträge der Doktoranden François Beilecke, Florian Ce- bulla und Wolfgang Gruner bereichert. Aus diesem Seminar ging durch Engagement und Eigeninitiative der Studen- ten ein Projekt hervor, das sich unter dem gleichnamigen Titel wie das Semi- nar formierte. Ziel des Projektes sollte es sein, über die wissenschaftliche Be- schäftigung mit dem Thema hinaus, sich in einer Art Schreib- und Redakti- onswerkstatt an der Herstellung und Veröffentlichung von eigenen Texten zur Kulturpolitik in der Weimarer Republik zu erproben. Dabei nahmen neben der Auseinandersetzung mit den eigenen Texten das Lesen und Redigieren der Beiträge der anderen Teilnehmer einen wichtigen Raum ein. Begleitend zu diesem Arbeitsprozeß fanden regelmäßige Sitzungen statt, in denen die Autoren Werkstattberichte vortrugen sowie Fragen und Probleme inhaltlicher und organisatorischer Art lebhaft und auch kontrovers diskutier- ten. Höhepunkte der Projektarbeit bildeten die Vorbereitung und Durchfüh- rung einer Exkursion nach Hannover mit dem Besuch der Ausstellung „Der stärkste Ausdruck unserer Tage“ – Neue Sachlichkeit in Hannover sowie die hochschulöffentliche Vorführung des Films „Der Neue Mensch“ (BA Filmar- chiv-Berlin) von 1928 mit anschließender Diskussion. Mit der Herausgabe dieses Sammelbandes wollen die Teilnehmer des Projek- tes nicht nur die Ergebnisse ihrer Bemühungen dokumentieren und festhalten, sondern auch auf die vielfältigen Möglichkeiten hinweisen, die das Gebiet der Kulturwissenschaft, das – jedenfalls für die Weimarer Republik – in vielen Bereichen bisher kaum erforscht ist, auch für Historiker/-innen und die Ge- schichtswissenschaft bietet. Neben dem Fachbereich Gesellschaftswissenschaften hat die Universität Kas- sel über die zentrale Förderung für studentische Projekte diese Publikation finanziell unterstützt. Dafür ist dem Fachbereich 05, dem studentischen Pro- jektrat beim AStA und der Hochschulleitung hier zu danken. Das vorliegende Ergebnis soll auch andere Studierende dazu motivieren, von der Möglichkeit des Projektstudiums Gebrauch zu machen. KLAUS-DIETER WEBER Die Weimarer Republik zwischen Kulturstaatlichkeit und gesellschaftlicher Kulturautonomie oder verfas- sungsrechtliche Widersprüchlichkeit als kulturbilden- des Prinzip Eine Einleitung „Wir stehen vor der ungeheuer schwierigen Aufgabe, ein neues einigendes Band zu suchen, das uns über unseren Stammespartikularismus, über unsere konfessionelle Spaltung und über unsere berufsständische und soziale Gliederung hinaus zum Ein- heitsvolk werden läßt. Nötiger wie je braucht Deutschland jetzt eine bewußte Kultur- politik.“1 Aus dieser Erkenntnis leitete Carl Heinrich Becker2 1919 – zu diesem Zeitpunkt hoher Beamter im preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung – seine Vorstellungen über die zukünftige Kulturpo- litik im nachrevolutionären Deutschland ab, die weiterführend in einem scheinbar recht rigiden Bekenntnis zur Kulturhoheit des Staates ihren Aus- druck fanden: „Wenn der Deutsche seiner Natur nach nicht von selbst danach greift, so muß er eben erzogen werden. Unser ganzes Erziehungs- und Bildungsprob- lem muß unter diesen Gedanken gestellt werden.“3 Doch so einfach war dieses Pos- 1 Carl Heinrich Becker: Kulturpolitische Aufgaben des Reiches. Leipzig 1919, S. 5. 2 Carl Heinrich Becker (1876-1933), Professor für Orientalistik, seit 1916 Vortragender Rat in der Hochschulabteilung des preußischen Kultusministeriums, ab Februar 1919 Unterstaats- sekretär, ab 1920 Staatssekretär, 21. 4. bis 1. 11. 1921 Kultusminister in Preußen, 1921-1925 erneut Staatssekretär, dann vom 18. 2. 1925 bis 30. 1. 1930 als parteiloser Kultusminister (der DDP nahestehend) im Amt und danach ordentlicher Professor an der Universität Berlin. 3 Becker [wie Anm. 1], S. 5. Weniger scharfzüngig beschrieb Becker schon im September 1918 seine kulturpolitischen Zielvorstellungen in einem Brief an seinen engsten Mitarbeiter im Ministerium Erich Wende: „Wir müssen erst einmal ideell zur Nation werden. Die Erziehung des 10 Klaus-Dieter Weber tulat Beckers – mal ganz abgesehen davon, ob es sinnvoll gewesen wäre – nicht umzusetzen, obwohl er auch hierfür eine Lösung zu haben schien: „Idea- le nicht nur zu haben, sondern sie mit dem vielgestaltigen kulturpolitischen Apparat bewußt dem deutschen Volke als Lebensideale einzuhämmern – das ist die eigentliche Aufgabe der Kulturpolitik.“4 Diese zunächst radikal anmutende Forderung Beckers resultierte aus der zu- nehmenden Orientierungslosigkeit und Niedergeschlagenheit, die sich in der Öffentlichkeit und der Politik immer mehr ausgebreitet hatte. Sie waren in erster Linie ein Ergebnis aus dem institutionellen und kulturellen Legitimi- tätsvakuum des Staates und dem Verlust der nationalen Würde und Identität Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg mit seinen einschneidenden Folgen für die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Topographie des Rei- ches. In der Rückbesinnung auf die ideellen Werte der Kulturnation Deutsch- land sah Becker den Ausgangspunkt und die Basis für die Bewältigung der anstehenden Probleme und wies der Kulturpolitik damit eine wirkungsmäch- tige Rolle zu. Ihrer Verortung im parlamentarisch-demokratischen Verfas- sungsstaat war jedoch nicht unproblematisch, denn sowohl die Kulturpolitik selbst als auch ihre Gegenstandsfelder wie Bildung, Wissenschaft, Kunst, Re- ligion und Erziehung waren nicht erst seit der Weimarer Republik Gegens- tand kontroverser Diskussionen gewesen.5 Der moderne Staat hatte sich zwar seit dem 19. Jahrhundert als Kulturstaat begriffen, einer der wenigen Punkte, in denen die großen miteinander kon- kurrierenden politischen Ideen jenes Jahrhunderts übereinstimmten, aber über die inhaltliche Ausgestaltung und Umsetzung des von allen Seiten anerkann- ten staatlichen Kulturauftrages herrschten grundsätzliche, kaum überbrück- bare Meinungsverschiedenheiten. Während die Vertreter des traditionellen
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