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Masarykova univerzita

Filozofická fakulta

Ústav germanistiky, nordistiky a nederlandistiky

Magisterská diplomová práce

2013 Bc. Petra Vaclíková

Masarykova univerzita

Filozofická fakulta

Ústav germanistiky, nordistiky a nederlandistiky

Překladatelství německého jazyka

Bc. Petra Vaclíková

Rückübersetzung am Beispiel der Tragikomödie von Leo Birinski:

Narrentanz - Mumraj - Mummenschanz

Magisterská diplomová práce

Vedoucí práce: PhDr. Jaroslav Kovář, CSc.

2013

Prohlášení

Prohlašuji, že jsem diplomovou práci vypracovala samostatně s využitím uvedených pramenů a literatury.

Erklärung

Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig schrieb und nur die im Quellenverzeichnis angeführten Quellen verwendete.

Brünn, den 28. 6. 2013

…………………………………………

Bc. Petra Vaclíková

An dieser Stelle möchte ich mich bei dem Leiter dieser Diplomarbeit Herrn PhDr. Jaroslav Kovář, CSc., für seine wertvollen Ratschläge und Empfehlungen herzlich bedanken.

Weiter möchte ich Herrn Dušan Hübl für seine fachliche Konsultation und seine Zeit, die er mir widmete, meinen Dank ausdrücken.

Und schließlich möchte ich auch Herrn Stephan Stroux für seine Antworten auf meine zahl- reiche Fragen und seine Zeit danken.

INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung ...... 7

2 Rückübersetzung ...... 8

2.1 Übersetzung als Experiment ...... 8

2.2 Merkmale der Rückübersetzung ...... 8

2.3 Rückübersetzung in der Praxis ...... 11

3 Leo Birinski und sein Narrentanz ...... 16

3.1 Biografie von Leo Birinski ...... 16

3.2 Der Übersetzer und die Rückübersetzer ...... 17

3.3 Narrentanz- Mumraj- Mummenschanz ...... 19

4 Dramenübersetzung ...... 23

4.1 Dramenübersetzung und Bühnenübersetzung ...... 23

4.2 Problematik der Übersetzung von Dramen ...... 23

5 Drama im Allgemeinen ...... 27

5.1 Methode der Analyse ...... 27

5.2 Formale Seiten vom Drama ...... 29

5.3 Titel und Untertitel ...... 30

5.4 Grammatische Fehler und Tippfehler ...... 32

6 Arbeit und Wortschatz ...... 40

6.1 Arbeit und Wortschatz des Übersetzers ...... 40

6.2 Arbeit und Wortschatz der Rückübersetzer ...... 46

6.3 Direkter Einfluss der Übersetzung auf die Rückübersetzung ...... 50

7 Verschiebungen von Bedeutungen ...... 55

7.1 Verschiebungen im Stil ...... 55

7.2 Intellektualisierung ...... 74

7.3 Fehlerhafte und ungenaue (Rück)Übersetzung ...... 82

7.4 Personennamen ...... 90

7.5 Übersetzung der Interjektionen ...... 92

7.6 Nullverschiebungen ...... 94

8 Übersetzung des Dramentextes ...... 98

8.1 Dialog und Sprechbarkeit ...... 98

8.2 Stilisierung der Theatersprache ...... 99

8.3 Bedeutungsbeziehungen ...... 101

8.4 Charakterisierung der Figuren ...... 101

8.5 Prinzip der differenzierten Genauigkeit ...... 103

8.6 Redetext und Nebentext ...... 108

9 Ergebnisse der Analyse ...... 111

10 Zusammenfassung ...... 122

11 Quellenverzeichnis ...... 123

12 Anlagen ...... 129

12.1 Johann Wolfgang von Goethe: Wanderers Nachtlied ...... 129

12.2 Email Korrespondenz ...... 130

12.3 Ausschnitte der Originaltexte ...... 135

1 EINLEITUNG

Eine Rückübersetzung ist die Übersetzung der Übersetzung in die Originalsprache zurück. Es sieht ziemlich klar und einfach aus, aber man muss in Betracht ziehen, dass in der Original- sprache und in der Zielsprache andere sprachliche Mittel verwendet werden, um denselben Gedanken auszudrücken. Und wenn man diesen Gedanken zurück in die Originalsprache übertragen will, kann zur Verzerrung des originellen Gedankens kommen.

Früher wurde die Rückübersetzung benutzt, um die Qualität der vor allem literarischen Über- setzungen festzustellen. Diese Methode wird aber heutzutage für nicht relevant gehalten. Wo- zu kann also heute eine Rückübersetzung ausgenutzt werden?

Diese Diplomarbeit setzt sich zum Ziel, Grundprinzipien der Rückübersetzung und Möglich- keiten deren heutigen Ausnutzung vorzustellen. Weiter soll eine Analysenmethode der aus- gewählten Rückübersetzung entworfen werden. Die Analyse soll zeigen, wie und auf welchen Ebenen eine in diesem Fall literarische Rückübersetzung das Original verändern kann, und ob die ursprüngliche Intention des Autors in der Rückübersetzung nicht verzerrt wurde. Es soll noch bestätigt werden, dass es sich um eine wirkliche Rückübersetzung handelt.

Für die Analyse wurde das Drama Narrentanz: Tragikomödie in vier Akten ausgewählt. Die- ses Drama wird mit seiner tschechischen Übersetzung Mumraj: Tragikomedie o čtyrech děj- stvích von Vincenc Červinka und seiner Rückübersetzung Mummenschanz: Groteske in vier Akten von Jiří Vrba und Stephan Stroux verglichen.

Im theoretischen Teil werden Prinzipien und Merkmale der Rückübersetzung beschrieben und auch Möglichkeiten der Verwendung von Rückübersetzung in Praxis aufgezählt. Dann wird der Dramenautor vorgestellt und die Entstehung der ausgewählten Rückübersetzung erläutert. Weiter werden die Probleme, die in einer Dramaübersetzung entstehen können, genannt.

Der praktische Teil widmet sich der Analyse aller drei ausgewählten Texte. Das Drama wird im Allgemeinen charakterisiert und es werden hier formale Seiten vom Drama, Titel und Un- tertitel und grammatische Fehler und Tippfehler besprochen. Weiter werden die Arbeitsme- thode des Übersetzers und der Rückübersetzer und auch der Einfluss der Übersetzung auf die Rückübersetzung beschrieben. Dann werden die Verschiebungen von Bedeutungen ausführ- lich analysiert, wo zum Beispiel Intellektualisierung und Verarmung des Wortschatzes (nach Jiří Levý) die Hauptrolle spielen. Außerdem wird noch gezeigt, ob auch die literarische Gat- tung Drama die Rückübersetzung beeinflusste. Zum Schluss werden die Analysenergebnisse ausgewertet.

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2 RÜCKÜBERSETZUNG

In diesem Kapitel werden Grundprinzipien und Merkmale der Rückübersetzung sowie Mög- lichkeiten deren Nutzung in Praxis beschrieben.

2.1 Übersetzung als Experiment

Schaffen einer Übersetzung ist ein kreatives Experiment, dessen Ziel ist, einen Text zu über- setzen. Es kann aber auch interessante Fakten über die jeweiligen Sprachen zeigen. Man kann erfahren, was für sprachliche Mittel in welcher Sprache fehlen, und wie diese Mittel kompen- siert werden.

Die Rückübersetzung ist eine Sonderform des Serienexperiments, und zwar eine Kombination der direkten Übersetzung, d. h. der ersten Übersetzung des Originals, und der Rücküberset- zung, d. h. der Übersetzung der ersten Übersetzung zurück in die Originalsprache (A B A‘). Zu weiteren Serienexperimenten gehört z. B. die sogenannte indirekte Übersetzung. Der Originaltext wird in eine andere Sprache übersetzt und aus dieser Sprache wird er wieder in eine andere Sprache übersetzt (A B C). Dann wird noch einmal der Originaltext direkt übersetzt (A C‘) und die Ergebnisse (C und C‘) werden verglichen.

Es ist nicht möglich, dass A und A‘ (sowie C und C‘) identisch sind, weil es bei jeder Über- setzung zu semantischen und Ausdrucksverschiebungen infolge zwischensprachlicher Asymmetrie kommt. Dieses Experiment kann uns aber helfen, die typologischen Eigenschaf- ten in der Ausgangssprache und in der Zielsprache zu entdecken, indem die Verschiebungen analysiert und inventarisiert werden. Dann stellt die Rückübersetzung ein gutes Mittel des Konfrontationsstudiums der Sprachen sowie der Theorie und Praxis der Übersetzung.1

2.2 Merkmale der Rückübersetzung

Wenn man das Original und seine durchschnittliche (d. h. nicht schlechte, aber auch nicht gute) Übersetzung nebeneinander liest, kann ein aufmerksamer Leser gewisse Unterschiede im Stil beobachten. Sehr oft ist dieser Stil arm und farblos. Es wäre möglich, in einem gewis- sen Maß die Ursachen dieser Verarmung festzustellen, wenn man das Original und seine

1 KUFNEROVÁ, Z. et al. Překládání a čeština. 1. Auflage. Jinočany: H & H, 1994, S. 204-210.

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Übersetzung in derselben Sprache analysieren könnte. Genau das ermöglicht die Rücküber- setzung.

Nach Levý2 kann man experimental mithilfe der Rückübersetzung konkret feststellen, wie die Übersetzung das Original veränderte. Levý spricht über die stilistische Verarmung des Wort- schatzes und über die sogenannte Intellektualisierung.

2.2.1 Stilistische Verarmung des Wortschatzes

Nach Levý gibt es drei Typen stilistischer Verarmung des Wortschatzes:

a) Benutzen allgemeiner Begriffe anstatt konkreter Begriffe b) Benutzen stilistisch neutraler Wörter anstatt emotionell gefärbter Wörter c) Seltenes Benutzen von Synonymen

Jeder Übersetzer wählt beim Übersetzen zuerst einen allgemeinen Begriff. Der stilistisch be- gabte Übersetzer ist aber damit nicht zufrieden und sucht nach einem präziseren Begriff, weil sonst sein Stil grau und wenig bildhaft bliebe.

Diese Problematik ist in Ivan Olbrachts erster Regel für die Schriftsteller gut dargestellt. Der Schriftsteller soll nicht schreiben, dass „auf einem Baum ein Vogel sitzt“, sondern dass „auf einer Erle eine Ammer sitzt.“ 3 Wenn über eine Erle, auf der eine Ammer sitzt, gesprochen wird, bekommt man eine konkrete Vorstellung. Man kann sich die Farbe der Ammer oder die Blätterform der Erle vorstellen. Wenn über einen Baum und einen Vogel gesprochen wird, versteht es zwar jeder Fremde, der die Sprache lernt, trotzdem ist die Vorstellung zu generell und künstlerisch wirkungslos.

Manchmal ist die Verallgemeinerung trotzdem nötig. Es geht hauptsächlich um die Fälle, wenn es in der Zielsprache einen Begriff nicht gibt. In der deutschen Sprache wird zum Bei- spiel Bein von Fuß unterschieden, während im Tschechischen nur ein Begriff (noha) zur Ver- fügung steht. In einigen Fällen müssen einige Ausdrücke verallgemeinert werden oder die lokalen Ausdrücke müssen durch die nationalen ersetzt werden, weil der Rezipient die fremde Umgebung nicht kennt.

2 LEVÝ, J. und HAUSENBLAS, K. Umění překladu. 3. Auflage, bearbeitete und erweiterte Fassung. Praha: I. Železný, 1998. S. 137-151. 3 Übersetzung aus dem Original „…na stromě seděl pták, na olši seděl strnad…“ Zitiert nach: OLBRACHT, I. O umění a společnosti. 1. Auflage. Praha: Československý spisovatel, 1958. S. 193.

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Emotionell gefärbte Wörter verlieren beim Übersetzen ihren stilistischen Wert, weil sie sehr oft stilistisch neutral übersetzt werden. Levý führt als Beispiel die Rückübersetzung einiger Texte von Karel Čapek an. Er sagt, dass Čapeks genaue Schallvorstellungen ihre typische Zärtlichkeit verlieren. Beispiel: Die Bezeichnung „schnurrende Autos“ wurde als „brummen- de“, „summende“ oder „knurrende“ 4 übersetzt.

Beim Übersetzen kommt es nicht nur zur Abschwächung feiner ästhetischer Werte des Werks, sondern im Gegensatz dazu werden die gröberen stilistischen Werte des Werks oft noch verstärkt. Beispiel: Die Bezeichnung „ein hässlicher Brunnen“ von Karel Čapek wird als „abscheulich“, „ekelhaft“ oder „schrecklich“ 5 übersetzt.

Die Synonymen, die uns eine Sprache anbietet, werden beim Übersetzen nicht genug ausge- nutzt. Maxim Gorki machte darauf aufmerksam, dass die russischen Übersetzer oft die direkte Rede mit dem Wort „govoriť“ 6 anfangen, anstatt noch andere Synonyme zu benutzen, ob- wohl es im Russischen (genauso im Deutschen und im Tschechischen) eine ganze Reihe von Synonymen gibt.

Man muss aber aufpassen, weil die Wiederholung im Text manchmal eine gewisse Funktion haben kann. Zum Beispiel die Schriftsteller F. Kafka oder B. Johnson haben sog. Leitmotive benutzt, und wenn diese Motive mit einem Synonym ersetzt werden, wird die Funktion der Wiederholung gebrochen.

2.2.2 Intellektualisierung

Der Übersetzer macht oft den Originaltext für die potenziellen Leser verständlicher. Das heißt, dass er den Text nicht nur übersetzt, sondern auch interpretiert. Levý nennt diese Prob- lematik Intellektualisierung und gibt drei Typen an:

a) Der Übersetzer macht den Text logisch b) Der Übersetzer interpretiert die nicht zu Ende gesagten Sachen c) Der Übersetzer äußert formal die syntaktischen Beziehungen

In künstlerischen Texten findet oft der Leser zwischen dem Gedanken und dessen Ausdruck eine absichtliche Spannung. Viele Übersetzer neigen dazu, diese Spannung zu brechen, indem

4 Übersetzung aus dem Original „předoucí auta“ „bručící“, „bzučící“ oder „vrčící“. 5 Übersetzung aus dem Original „ošklivá studně“, „ohavná“, „odporná“, „hrozná“. 6 „govoriť“ heißt „sagen“

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sie diese Ausdrücke logisch machen. Beispiel: bildhafter Ausdruck von K. Čapek „er ver- steckt die Augen auf dem bespuckten Boden“ wurde als „er starrt den bespuckten Boden an“ oder „er guckt auf den bespuckten Boden“ 7 übersetzt. Aus einem bildhaften Ausdruck ent- stand ein konkreter Ausdruck.

Der Übersetzer interpretiert oft direkt die Gedanken, die im Text nur angedeutet sind. Am häufigsten verwandelt beim Übersetzen bildhafter Texte eine Metapher in einen Vergleich. Beispiel: in Čapeks Hordubal wurde „das Hämmern der Maschinen“ als „der Lärm des Zu- ges“ oder „der Lärm der Fahrt“ 8 interpretiert.

Auch in der Syntax neigt der Übersetzer zur Erklärung der nicht völlig ausgesprochenen Ge- danken. In künstlerischen Werken werden die logischen Beziehungen zwischen Gedanken nur angedeutet oder überhaupt nicht ausgedrückt. Der Übersetzer drückt aber diese Beziehungen formal aus, indem er anstatt einer Satzverbindung ein Satzgefüge benutzt. Ein Satzgefüge wird in der Übersetzung öfter verwendet als im Originaltext und gibt der Übersetzung einen leblosen Charakter.

Die Übersetzer verwenden auch sog. fließenden Stil, um formale Beziehungen zwischen den Gedanken auszudrücken. Sie bemühen sich darum, die Gedanken miteinander mit Hilfe von Bindewörtern zusammenzubinden, damit der Absatz fließend von einem Satz zu anderem übergeht. In Originaltexten werden aber die logischen Beziehungen zwischen den Sätzen grammatisch meistens nicht ausgedrückt, damit der Stil lebendig und überraschend bleibt.

2.3 Rückübersetzung in der Praxis

An dieser Stelle werden Möglichkeiten der Verwendung von Rückübersetzung sowie konkre- te ausgewählte Beispiele aus Praxis vorgestellt. Dieses Unterkapitel soll zeigen, ob die Rück- übersetzung als ein Mittel der Linguistik auch heutzutage und in welchen Bereichen nutzbrin- gend sein kann.

7 Übersetzung aus dem Original „schovává oči na poplivané podlaze“, „upírá zrak na poplivanou podlahu“, „kouká na poplivanou podlahu“. 8 Übersetzung aus dem Original „bušení mašin“, „hluk vlaku“, „hluk jízdy“.

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2.3.1 Zu Möglichkeiten der Verwendung von Rückübersetzung

Früher wurde die Rückübersetzung zur Feststellung der Qualität von Übersetzungen fremd- sprachiger, vor allem literarischer, Werke benutzt. Je größer der Unterschied zwischen dem Original und der Rückübersetzung war, desto negativer wurde die Übersetzung des Originals beurteilt. Diese Methode wird heute nicht mehr verwendet, weil sie aufgrund falscher Voraus- setzungen gebildet wurde. Man glaubte, dass sprachliche Mittel verschiedener Sprachen pa- rallel und miteinander vergleichbar sind. Die wichtigsten Bereiche, in denen die Rücküberset- zung heute Vorteile bringen kann, sind nach Formánková9 pädagogische Praxis, Theorie der Übersetzung und Sprachwissenschaft.

Formánková arbeitete mit Studenten in ihrem Seminar mit der Methode der Rückübersetzung. Hier sind ein paar Bemerkungen, die sie in der Praxis feststellte:

 Die Rückübersetzung ist nie dem Original gleich.

 Reichtum an Formulierungen einzelner Rückübersetzungen ist möglich, weil man den sachlichen Inhalt auf verschiedene Art und Weise ausdrücken kann.

 Aufgrund der Rückübersetzung kann die Übersetzungsmethode festgestellt werden (ob die Übersetzung wortgetreu oder frei ist).

 Mithilfe der Rückübersetzung ist es möglich, einige inhärente Eigenschaften der Übersetzung und auch der Rückübersetzung zu beobachten, wie z. B. Nivellierung, In- tellektualisierung, Erklärung der Bedeutung oder Kompensation.

 Am wenigsten exakt (äquivalent) sind bei der Übersetzung die emotionellen und ex- pressiven Mittel, weil jeder Mensch ihre Intensität anders wahrnimmt. Einige Mittel können sogar ihre Expressivität verlieren, andere wieder gewinnen.

 Die Rückübersetzung ermöglicht, die strukturellen Unterschiede zwischen einzelnen Sprachen zu beobachten, indem man die Funktion der Äquivalente im Text vergleicht.

 Was die tschechische Sprache konkret betrifft, in tschechischen Werken werden weni- ger Satzgefüge und Satzverbindung als in anderen kulturellen Sprachen benutzt. Auch in Übersetzungen ins Tschechische werden die Sätze in einfachere Ganzen geteilt.

9 FORMÁNKOVÁ, V. Konfrontace na základě zpětného překladu. In: Acta Universitatis Carolinae. Praha: Universita Karlova, 1983, Slavica Pragensia, Nr. 26. S. 91-94.

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2.3.2 Konkrete Beispiele der Verwendung

In diesem Unterkapitel werden konkrete ausgewählte Beispiele der Verwendung von Rück- übersetzung in Praxis erwähnt.10 Die Beispiele können in folgende Bereiche geteilt werden: Überprüfung der Übersetzung, internationale Umfragen, Rekonstruktion eines literarischen Werks und Pädagogik. Am Ende wird noch ein besonderer Fall genannt, und zwar zufällige Entstehung der Rückübersetzung.

Überprüfung der Übersetzung

Viele Übersetzungsagenturen bieten die Rückübersetzung als eine andere Möglichkeit der Überprüfung von Übersetzung an. Diese Methode wird gelegentlich als eine Alternative zum Korrekturlesen benutzt. Es ist wichtig, dass die Rückübersetzung ein anderer unabhängiger Übersetzer durchführt.

Die Rückübersetzung wird beispielsweise zur Überprüfung der Korrektheit von sehr wichti- gen Dokumenten11 (wie z.B. Verträge), von kreativen Marketingtexten12 (z. B. Werbeslogans oder Werbespots) oder von medizinischen Übersetzungen13 (z. B. Fragebögen oder Patienten- informationen) verwendet.

Internationale Umfragen

Wer eine internationale Forschung machen will, muss auch solche Umfragen erstellen, die in mehreren Sprachen sind, damit sie von möglichst vielen Menschen und möglichst treu erfüllt werden konnten. Deswegen braucht man sehr oft eine Rückübersetzung der Befragungen, um festzustellen, ob in der übersetzten Umfrage nicht zu Sinnveränderungen in einzelnen Aussa- gen kam.14

10 Die Beispiele wurden aufgrund der Internetrecherche ausgewählt, da in keiner anderen gelesenen Fachpublika- tion Beispiele der heutigen Verwendung der Rückübersetzung gefunden wurden. 11 Korektury a kontroly správnosti. In: Spěváček [Online]. 2011 [Stand: 2012-10-10]. URL: http://www.preklady-spevacek.info/ korektury/ 12 Nedovolte, aby se vaše marketingové nápady ztratily v překladu! In: Abiturient.cz. [Online]. 2008-2012 [Stand: 2012-10-10]. URL: http://www.abiturient.cz/preklad-marketingoveho-textu 13 Medizinische Übersetzungen. In: Context Talen [Online]. 2012 [Stand: 2012-10-10]. URL: http://www.contexttalen.nl/de/ubersetzungsdienste/ubersetzungen/medizinische-ubersetzungen 14 FRIEPOERTNER, I. Mehrsprachigkeit: Internationale Umfragen online erstellen. In: Online Fragebogen [Online]. [Stand: 2012-10-10]. http://www.online-fragebogen.com/19/internationale-online-fragebogen- erstellen-mit-utf8.html

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Rekonstruktion eines literarischen Werks

Wenn ein Werk sehr alt ist und dessen Original nicht bewahrt wurde, ist es noch möglich, das Werk in der Originalsprache zu rekonstruieren, indem man dessen Übersetzung in die Origi- nalsprache rückübersetzt. Ein solches Beispiel ist die Bibel.

Sir 24, das ein Kapitel des Sirasbuches im alten Testament15 ist, wurde bisher im hebräischen Original nicht entdeckt.16 Das Kapitel wurde von Robert Lowth unter dem Titel De Sacra Poesi Hebraeorum aus dem Griechischen zurück ins Hebräische übersetzt und so wurde das Sirachbuch für die auf Hebräisch sprechenden Leser rekonstruiert und ergänzt.

Ein weiteres Beispiel der Rekonstruktion eines Werks ist das Buch Umění překladu von Jiří Levý, das im Jahre 1963 erschien. Dieses Buch wurde im Jahre 1969 aus dem Tschechischen ins Deutsche von dem Autor selbst unter dem Titel Die literarische Übersetzung. Theorie einer Kunstgattung übersetzt. Levý veränderte den Text an einigen Stellen für das deutsche Publikum. Er ersetzte tschechische Textbeispiele durch deutsche, vertiefte und verbreitete die Theorie, fügte neue Fachliteraturquellen hinzu oder benannte einige Kapitel um.

Für eine neue Auflage wurden sowohl die deutsche Übersetzung als auch die ursprüngliche tschechische Version benutzt. Der Editor Karel Hausenblas kombinierte die beiden Versionen so, dass er die tschechische Version mit einigen neuen Fakten aus der deutschen Version er- gänzte, indem er die wichtigen Stellen aus dem Deutschen ins Tschechische rückübersetzte. Levý benutzte nämlich als Unterlage der deutschen Version seinen tschechischen Text, den es aber nicht zur Verfügung gab.17

Pädagogik

Die Rückübersetzung kann auch beim Erlernen einer Fremdsprache ausgenutzt werden. Bei dieser Methode wird der größte Wert auf die Grammatik gelegt. Man wählt einen fremd- sprachlichen Text aus und übersetzt ihn in die Muttersprache. Später übersetzt man den Text aus der Muttersprache zurück in die Fremdsprache, ohne den Originaltext dabei anzuschauen.

15 Das Buch Jesus Sirach. In: Die-Bibel.de [Online]. 2011 [Stand: 2012-10-10]. URL: http://www.die- bibel.de/bibelwissen/inhalt-und-aufbau/spaetschriften-des-at/das-buch-jesus-sirach/ 16 BÖHMISCH, F. Robert Lowth, De Sacra Poesi Hebraeorum. Sir 24, Rückübersetzung aus dem Griechi- schen. In: Bibelwissenschaft [Online]. 1995-2005 [Stand: 2012-10-10]. URL: http://www.animabit.de/quarterly/ lowth. html 17 LEVÝ, J. und HAUSENBLAS, K. Umění překladu. 3. Auflage, bearbeitete und erweiterte 2. Fassung. Praha: I. Železný, 1998. S. 6, 12, 13.

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Schließlich wird der Originaltext mit der Rückübersetzung verglichen und die Fehler werden korrigiert.18

Diese Methode hilft dem Studenten, über die Fremdsprache nicht durch die Formen der Mut- tersprache nachzudenken, sondern es zwingt ihn, gleich in der Fremdsprache zu denken.19

Zufall

Eine Rückübersetzung kann auch zufällig entstehen, wenn der Übersetzer das Original nicht kennt. Es kann z. B. passieren, wenn aus zweiter Hand übersetzt wird, ohne zu wissen, in welcher Sprache das Original geschrieben wurde.

Zu einem solchen Fall kam am Anfang des 20. Jahrhunderts. Das Gedicht Wanderers Nacht- lied von Johann Wolfgang Goethe20 wurde im Jahre 1902 ins Japanische übersetzt. Neun Jah- re später wurde sie aus dem Japanischen ins Französische übertragen und kurz danach wurde sie aus dem Französischen wieder zurück ins Deutsche unter dem Titel Japanisches Nachtlied übersetzt, weil man dachte, dass es sich um ein japanisches Gedicht handele.21

Ein weiteres Beispiel von solchem Zufall ist das deutsche Drama Narrentanz von Leo Birins- ki, das aus der tschechischen Übersetzung Mumraj wieder ins Deutsche unter dem Titel Mummenschanz rückübersetzt wurde. Da sich diese Diplomarbeit mit dieser Rückübersetzung beschäftigt, wird im nächsten Kapitel die Entstehung der Rückübersetzung beschrieben. Es werden auch die Hauptakteure, d.h. der Autor des Originals und die Übersetzer, erwähnt.

18 БОДРОВ Н.В. Прямой и обратный перевод текстов-как метод исправления своих ошибок. In: Филолингвия [Online]. 2007 [Stand: 2012-10-20]. URL://filolingvia.com/publ/8-1-0-717- 19 ЕРМАКОВ, А. Упражнение “ОБРАТНЫЙ ПЕРЕВОД”. In: Английский язык. Учить английский онлайн бесплатно.: Английский для всех [Online]. 2011-2012 [Stand: 2012-10-20]. URL: http://tonail.com/blog/упражнение-обратный-перевод/ 20 Den Originaltext und seine Rückübersetzung siehe in der Anlage unter 12.1. Johann Wolfgang von Goethe: Wanderers Nachtlied. 21 WEIKOPF, O. Übersetzen. In: Welt der Sprachen, Sprachen der Welt [Online]. [Stand: 2012-10-10]. URL: http://www.weikopf.de/index.php?article_id=102

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3 LEO BIRINSKI UND SEIN NARRENTANZ

Leo Birinski, Lev Birinskij, Leo Gottesmann, Leo G. Birinski, Leo Birinsky, Lev G. Birinski, Lav Birinski, Birinszki Leó, Lev Birinszkij, Leon Birinski und so weiter. Unter allen diesen Rechtschreibungs- und Sprachvarianten versteckt sich immer dieselbe Person. Leo Birinski war ein Übersetzer, Dramatiker, Drehbuchautor und Filmregisseur, der in Österreich, Deutschland und schließlich in den USA tätig war.

Dieses Kapitel soll sein Leben näher vorstellen und sich hauptsächlich auf das Werk Narren- tanz konzentrieren. Es werden auch der Übersetzer Červinka und die Rückübersetzer Jiří Vrba und Stephan Stroux, ihre Arbeit am Drama Narrentanz und vor allem ihre Beteiligung auf der Entstehung der Rückübersetzung beschrieben. Dieses Kapitel soll demonstrieren, was alles bewirkte, dass diese analysierte Rückübersetzung zufällig entstand.

3.1 Biografie von Leo Birinski

Leo Birinski wurde höchstwahrscheinlich am 8. Juli 1884 in Lysjanka in der gebo- ren. Er stammte aus einer jüdischen Familie, sein Vater hieß Hermann Gottesmann und seine Mutter Carna Gottesmann, geboren Berinska oder Birinska, und er hatte mehrere Geschwis- ter. Zuerst benutzte Leo den Familiennamen seines Vaters, später zwischen den Jahren 1906 und 1908 übernahm er den Familiennamen seiner Mutter und unter diesem Namen publizierte er auch seine späteren Werke.

Angaben über seine Ankunft in Wien sind unterschiedlich. Den tschechischen Quellen nach kam er nach Wien schon im Jahre 1901, aber laut Meldezettel seines Bruders übersiedelte seine Familie nach Wien erst im Jahre 1904. Zwischen den Jahren 1906 und 1908 verließ er kurz Wien um „nach Hause“ (wahrscheinlich in die Ukraine) zu fahren. Den tschechischen Quellen nach sollte er schon im Jahre 1905 nach Russland fahren und dort die Revolution erleben.

Dann begann er in Wien in einem Buchhandel als Handelsgehilfe zu arbeiten. Er befreundete sich mit berühmten Schauspielern (wie z.B. mit Josef Kainz, für den er als persönlicher Sek- retär arbeitete) und trat in Kontakt mit Künstlerkreisen. Dann begann er zu übersetzen und auch eigene dramatische Werke zu schreiben. Er schrieb z. B.: Moloch, aufgeführt 1910 in Wien und herausgegeben 1910 in und Wien; Raskolnikoff, herausgegeben 1912 in

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München, aufgeführt 1913 in Gera; Nur Ruhe, aufgeführt und herausgegeben in 1914 in Wien.

Im Jahre 1914 veränderte er seine Identität. Er meldete sich zur russischen Staatsbürgerschaft (bisher war er als ein österreichischer Bürger aus Galizien, dem Geburtsort seines Vaters, an- gemeldet) und wurde dann als ein Ausländer registriert. Dadurch ist er zum Bürger eines Feindstaats geworden und es drohte ihm nicht, in die Armee berufen zu werden (es ist eine Hypothese von Dušan Hübl22).

Im Jahre 1920 verübte Leon Gottesmann, ein Namensvetter und vielleicht auch Verwandter von Leo Birinski, den Selbstmord. Die Presse verwechselte ihre Identitäten und obwohl dann ein Widerruf veröffentlicht wurde, war Leo Birinski für viele Lexika schon tot.

Leo übersiedelte in Wirklichkeit im Jahre 1921 nach Berlin. In Deutschland heiratete er die Klavierspielerin Felicia Aschkenas und arbeitete nur für den Film. Er schrieb Drehbücher zu Filmen wie z. B. Tragödie der Liebe (1923, Deutschland) oder Varieté (1925, Deutschland).

Im Jahre 1927 zog er nach Amerika um. Er wies sich hier als Leon Birinski mit einem nicara- guanischen Reisepass aus, d.h., jetzt täuschte er vor, dass er ein amerikanischer Bürger sei. Er setzte seine Filmarbeiten fort, schrieb Drehbücher (Mata Hari, 1931, USA oder The Song of Songs, 1933, USA), war tätig als Regisseur (Das große Glück, 1929, USA) und schrieb noch ein paar Bühnenstücke (Nowhere Bound, aufgeführt in 1935 in ; The Day Will Come, aufgeführt in 1944 in New York).

Er starb am 23. Oktober 1951 im Krankenhaus in , ganz allein, ohne Verwand- te oder Erbfolger (er ließ sich in den dreißiger Jahren scheiden), und wurde in einem Massen- grab in Bronx begraben.23

3.2 Der Übersetzer und die Rückübersetzer

Vincenc Červinka, der Übersetzer von Narrentanz ins Tschechische, lebte in den Jahren 1877-1942. Er war ein tschechischer Journalist, Übersetzer (vor allem aus dem Russischen)

22 Dušan Hübl ist ein Mitglied des Amateurtheaters Esence. Als im Jahre 2002 schon die dritte Aufführung von Mumraj im Theater Esence vorbereitet wurde, entschied er, mehr über Leo Birinski zu erfahren. Er forschte nach Schicksal und Werken von Birinski und gab schon drei Sammelbände darüber heraus: Lev Birinskij: (životopisný mumraj), Lev Birinskij 1: (životopisný mumraj končí) und Lev Birinskij 2: (životopisný mumraj končí). Dodatky. (Quelle: HÜBL, Dušan. Lev Birinskij. In: Esence.mbox.cz [Online]. 13.2.2003 - 19.7.2011 [Stand: 2012-11-24]. URL: http://esence.mbox.cz/html/Sources/Birinskij1%20Source.htm 23 Ebenda.

17

und literarischer Kritiker. Im Jahre 1915 wurde er zur Todesstrafe wegen Hochverrat verur- teilt, im Jahre 1917 wurde er aber entlassen. Nach dem Krieg besuchte er die USA und auch Russland und seine Erfahrungen nutzte er z. B. in Reisebeschreibungen.

Er unterschrieb seine Übersetzungen mit seinem Namen, aber kleinere Stücke publizierte er unter einem Pseudonym bzw. Zeichen, wie z.B.: E. Adámek, Ervín Kačer, Viki, Vikentij Osi- povič Červinka oder nur Č. Er brachte als Erster die Stücke von Birinski auf die tschechischen Bühnen. Er übersetzte nicht nur Narrentanz, sondern auch Moloch. Dank ihm erschienen die Stücke auch in der BuchAuflage.24

Jiří Vrba, einer der Übersetzer von Mumraj ins Deutsche, lebte in den Jahren 1924-1993. Er war tätig in vielen Theatern und im Fernsehen: 1958-1962 in Paravan und Semafor in Prag, 1962-1968 im slowakischen Fernsehen in , 1968-1971 im Stadttheater Trier und 1972-1986 im Theater von Oldřich Stibor in Olmütz. Die Zeit, die er in Trier verbrachte, ent- spricht der Zeit, als Mummenschanz in Wien herausgegeben und aufgeführt wurde.25

Stephan Stroux, einer der Übersetzer von Mumraj ins Deutsche, wurde 1945 in Bad Peterstal in Schwarzwald geboren und heute lebt in Berlin. Seit dem Jahre 1966 ist er tätig als Schau- spieler, Übersetzer (aus dem Englischen, Französischen, Polnischen, Russischen und Spani- schen) und vor allem als Regisseur. In den Jahren 1966-1980 führte er mehr als 60 Inszenie- rungen über ganz Deutschland auf.

In den Jahren 1980-2000 führte er Auslandsinszenierungen in fünf verschiedenen Landes- sprachen (z. B. in Portugal, Chile oder Namibia) auf. In den Jahren 1987 -1992 arbeitete er als Dozent für die Ausbildung von Regisseuren an der Universität München. Die letzten zehn Jahre beteiligte er sich an internationalen Projekten, die sich vor allem auf deutsch-polnische Beziehungen bezogen.26

Zusammenarbeit der Rückübersetzer

Stephan Stroux und Jiří Vrba arbeiteten an der Übersetzung des Dramas zusammen, denn Stephan Stroux die Absicht hatte, das Drama selbst aufzuführen und damals nicht Russisch

24 HÜBL, Dušan: Lev Birinskij : (životopisný mumraj). 1. Auflage. Praha: Amatérské divadlo Esence, 2004. S. B 113. 25 HÜBL, Dušan: Lev Birinskij 2: (životopisný mumraj končí). Dodatky. 1. Auflage. Praha: Amatérské divadlo Esence, 2010. S. 48. 26 STROUX, Stephan: Biographie. In: Stephan Stroux. Quem come quem [Online]. [Stand: 2013-05-24]. URL: http://www.stephanstroux.de/stroux/stroux_biographie.html

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konnte. Seiner Erinnerung nach sollten sie das Stück aus dem Russischen übersetzen, weil sie das Russische für das Original hielten. Dem Regisseur gelang es aber bis heute nicht, selbst das Stück aufzuführen.27

Der Regisseur wusste über das Drama Narrentanz, aber er hielte es für eine deutsche Überset- zung. Warum überarbeitete er aber diese deutsche „Übersetzung“ nicht?

„Ich habe es eigentlich immer wieder gemacht, weil mir die Vorlagen nicht genau genug wa- ren. Inzwischen habe ich aus dem Englischen, Französischen, Spanischen, Portugiesischen und Polnischen übersetzt, nicht, weil ich für mich die Profession des Übersetzers suche, son- dern weil ich für die Theaterarbeit den Atem eines Textes, die präzise Vorstellung von Figu- ren und Situationen brauche.“ 28

Jiří Vrba sollte nach Worten von Stephan Stroux nicht gut deutsch sprechen und ihre Zusam- menarbeit sah folgend aus:

„J.V. hat mir zuerst das Stück, dann einzelne Szenen erzählt. Dann versuchte er, mit seinen Worten den Sinn des Textes zu vermitteln. Natürlich habe ich nachgefragt, vor allem nach der Figur und der jeweiligen Situation, dann habe ich ihm Vorschläge gemacht, wie ich mir die deutsche Version vorstellen könnte. Auch wenn er die Worte und Sätze selbst nicht direkt finden konnte, verstand er aber sofort, wenn die deutsche Version den Ausdruck so traf wie er es sich in der Originalsprache vorstellte. Die Arbeit fand also als direkter Dialog statt.“ 29

Aus der oben erwähnten Aussage kann abgeleitet werden, dass Stephan Stroux den zu über- setzenden Text nicht gesehen hatte und dass er sich auf Jiří Vrba verließ. Jiří Vrba hatte höchstwahrscheinlich zur Verfügung die tschechische Übersetzung von Vincenc Červinka, jedoch in der Rückübersetzung wurde keine Quelle, aus der sie übersetzten, angegeben.30

3.3 Narrentanz- Mumraj- Mummenschanz

Das Drama Narrentanz ist das erfolgreichste Bühnenstück von Leo Birinski und wurde im September 1912 in elf europäischen Städten auf einmal uraufgeführt (einschließlich Prag und

27 Email Korrespondenz mit Stephan Stroux [Online]. 5. 3. 2013. [email protected] 28 Email Korrespondenz mit Stephan Stroux [Online]. 22. 3. 2013. [email protected] 29 Ebenda. 30 HÜBL, Dušan. Lev Birinskij 2: (životopisný mumraj končí). Dodatky. 1. Auflage. Praha: Amatérské divadlo Esence, 2010. S. 77.

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Ostrava). Das Stück wurde ins Tschechische, Slowenische, Ungarische, Dänische, Niederlän- dische, Französische und später auch in viele andere Sprachen übersetzt.

Im damaligen Königreich Böhmen tauchten mit Aufführung von diesem Stück viele Unklar- heiten auf. Es war nicht sicher, in welcher Sprache das Original geschrieben wurde: Russisch oder Deutsch? Im damaligen Königreich Böhmen wollte man die Zuschauer glauben lassen, dass es sich um ein auf Russisch geschriebenes Drama von einem russischen Autor handle.

Wer trug zu dieser Mystifikation bei? Sollte es sich vielleicht um ein Marketingspiel des Na- tionaltheaters handeln, das Vincenc Červinka unterstützte? Das kann nur eine Analyse der damaligen Ereignisse zeigen. Dušan Hübl versuchte, diese Analyse durchzuführen und ent- deckte folgende interessante Tatsachen, die Vieles erklären können:

 Es wurde keine russische Auflage von diesem Drama gefunden.

 In den deutschen Auflagen von Narrentanz gab es keine Angaben darüber, dass es aus dem Russischen übersetzt wurde.

 Vincenc Červinka schrieb im Vorwort zu den Übersetzungen der Dramen von Birins- ki, dass Lev Birinskij ein russischer Schriftsteller war, der in Kiew geboren wurde und ab 1901 in Wien lebte. Lev Birinskij ist dabei eine russifizierte Form von Leo Birins- ki.

 Červinka gab in BuchAuflagen seiner Übersetzungen von Birinski nicht an, aus wel- cher Sprache er übersetzte. Er benutzte nur die Formel „aus dem Manuskript übersetz- te.“

 Červinka war in der ersten Reihe Übersetzer aus der russischen Sprache. Er konnte die deutsche Sprache auch, aber es waren keine literarischen Übersetzungen aus dem Deutschen von ihm bekannt.

 Auf dem Plakat des Nationaltheaters, das das Stück aufführte, stand der Satz „Auf Russisch schrieb Lev Birinkij.“

 In der tschechischen Presse gab es unterschiedliche Mitteilungen, was die Original- sprache des Stücks betrifft. Nur die deutsche Prager Zeitung teilte richtig mit, dass Leo Birinki ein auf Deutsch schreibender russischer Autor sei. Ein Teil der Zeitungen

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übernahm den Satz vom Plakat des Nationaltheaters. Der Rest der Zeitungen gab die Originalsprachen gar nicht an.

Die oben genannten Tatsachen sind die Ursache, warum man im Jahre 1912 und auch in den späteren Jahren glaubte, dass es sich um ein russisches Werk von einem russischen Autor handle. Dušan Hübl gelang es, diese Behauptungen zu widerlegen, indem er im Jahre 2003 im Nachlass von Vincenc Červinka die Beweise der Mystifikation entdeckte. Im Nachlass gab es ein paar Dramen, die Červinka aus dem Deutschen übersetzte und unter einem Pseudonym herausgab. Es wurde also bestätigt, dass Červinka auch aus dem Deutschen übersetzte und dass das Drama auf Deutsch geschrieben sein konnte. Später wurde noch im Nachlass von Červinka eine Reihe von Rezensionen gefunden, in den über die Mystifikation der Original- sprache von Mumraj geschrieben wurde.

Diese Mystifikation trug höchstwahrscheinlich zur Entstehung von zwei Besonderheiten bei. Im Jahre 2009 gelang es den russischen Text von Mumraj zu entdecken. Er wurde unter dem Namen Chorovod masok im Jahre 2004 in Sankt Petersburg herausgegeben. Ein russischer Bohemist sah die Vorstellung von Mumraj in den neunziger Jahren im Theater „Činoherní klub“ und übersetzte das Spiel aus dem Tschechischen ins Russische. Und so entstand eine Übersetzung aus zweiter Hand.31

Es ist aber nicht die einzige Übersetzung aus zweiter Hand, was dieses Drama betrifft, son- dern es gibt noch weitere, die aus dem Tschechischen übersetzt wurden, wie z. B.: die maze- donische (Бркотница / Brkotnica, 1980, Übersetzer: Vladimir Milčin), kroatische (Maskerada, 1982, Übersetzer: Tomislav Lipljin) oder slowakische (Chaos, 1991, Übersetzer: Martin Porubjak) Übersetzung.32

In demselben Jahr wurde die Rückübersetzung von Mumraj entdeckt: Mummenschanz: Gro- teske in vier Akten. Das Drama wurde von Jiří Vrba und Stephan Stroux neu übertragen und eingerichtet. Die Rückübersetzung ist im Jahre 1969 in Wien erschienen und wurde im Jahre 1971 im Volkstheater in Wien aufgeführt.33 Die Rückübersetzung bekam Lev Berinski (wahr-

31 HÜBL, Dušan. Lev Birinskij. In: Esence.mbox.cz [Online]. 13. 2. 2003- 19. 7. 2011 [Stand: 2012-11-24]. URL: http://esence.mbox.cz/html/Sources/Birinskij1%20Source.htm 32 HÜBL, Dušan. Lev Birinskij 2: (životopisný mumraj končí). Dodatky. 1. Auflage. Praha: Amatérské divadlo Esence, 2010. S. 123-124. 33 HÜBL, Dušan. Lev Birinskij. In: Esence.mbox.cz [Online]. 13. 2. 2003- 19. 7. 2011 [Stand: 2012-11-24]. URL: http://esence.mbox.cz/html/Sources/Birinskij1%20Source.htm

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scheinlich ein in lebender Verwandte von Leo Birinski) im Jahre 1995 direkt von Ste- phan Stroux.34

Es ist sehr interessant, die Rezensionen dieses Dramas in den Zeitungen aus dem Jahre 1971 zu lesen. Die Mystifikation aus dem Jahre 1912 blieb auch hier erhalten. Die Rezensenten wussten aus dem Programmzettel, dass Leo Birinski ein russischer Autor war, der in Kiew im Jahre 1894 geboren wurde. Diese Angaben würden heißen, dass er den Narrentanz mit sech- zehn Jahren schrieb. Einige glaubten diese Information und hielten das Drama für ein schlech- tes Gymnasiastenstück.35 Andere Autoren glaubten es nicht und waren überzeugt, dass Bi- rinski das Milieu der Revolution im Jahre 1905 und die Ideologie sowie kommunistische Tak- tik kannte.36

Viele Rezensenten schrieben, dass Birinski sein Drama selbst ins Deutsche übersetzte und dass seine Übersetzung schlecht war,37 und sie hielten die Neufassung für gelungen.38 Eine Rezensentin vermutete sogar, dass Jiří Vrba und Stephan Stroux das Drama aus dem Russi- schen übersetzten.39 An dieser Stelle trugen zu der Mystifikation die Autoren der Neufassung selbst, indem sie die tschechische Quelle, aus der sie übersetzten, nicht zugaben.40

Das Schicksal von Leo Birinski war verwickelt und reich an Unklarheiten. Sein Drama Nar- rentanz hatte auch eine ziemlich komplizierte Geschichte, an der nicht nur das Nationalthea- ter, Vincenc Červinka, Jiří Vrba und Stephan Stroux und ihre Mystifikation der Originalspra- che ihren Anteil hatten, sondern in der ersten Reihe Leo Birinski mit seiner Identitätswechsel selbst.

34 HÜBL, Dušan. Lev Birinskij 2: (životopisný mumraj končí). Dodatky. 1. Auflage. Praha: Amatérské divadlo Esence, 2010. S. 44. 35 Ebenda S. 57. Zitiert nach: KOSELKA, Fritz. Ein Jugendstück-was soll es uns? In: Wiener Zeitung. 7.9.1971, Wien. Wienbibliothek im Rathaus, Wien. 36 Ebenda S. 58. Zitiert nach: RISMONDO, Piero. Der Jud zahlt drauf. In: Die Presse, 7.9.1971, Wien. Wienbib- liothek im Rathaus, Wien. 37Ebenda S. 74. Zitiert nach: FELDMANN, Christian. Noch kein „Volkstanz.“ In: Neue Wege. September 1971, Wien. Wienbibliothek im Rathaus, Wien. 38 Ebenda S. 73. Zitiert nach: FREUNDLICH, Elisabeth. Eine russische Revolutionskomödie von 1912. In: Mannheimer Morgen. 24. 9.1971, Mannheim. Wienbibliothek im Rathaus, Wien. 39 Ebenda S. 68. Zitiert nach: WIESEL, Vera. Wiener Volkstheater: Persiflage der Revolution. In: Südost Tages- post Graz. 9.9.1971, Graz. Wienbibliothek im Rathaus, Wien. 40 Ebenda S. 77.

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4 DRAMENÜBERSETZUNG

In diesem Kapitel wird die Dramenübersetzung näher beschrieben. Es wird der Unterschied zwischen Dramen- und Bühnenübersetzung erklärt und die Problematik der Übersetzung von Dramentexten vorgestellt. Dieses Kapitel wird einen wichtigen Teil der beabsichtigten Analy- se bilden und soll die Analyse vervollständigen.

4.1 Dramenübersetzung und Bühnenübersetzung

Ein Dramentext gehört zu fiktiven literarischen Texten und kennzeichnet sich in der ersten Reihe durch Dialoge. Es können aber auch Monologe vorkommen.

Grundsätzlich kann zwischen zwei Einstellungen zum Dramentext unterschieden werden. Im ersten Fall geht es um eine direkte Übersetzung (sog. Dramenübersetzung), die für die Leser bestimmt wird. Die meisten klassischen Texte von der Antike bis zum 19. - 20. Jahrhundert wurden für die Leser philologisch treu übersetzt. Die Übersetzer bemühten sich darum, den Lesern einen authentischen Text mit allen Spezifika des Autors vorzustellen.

Im zweiten Fall handelt es sich um eine Bühnenübersetzung, d. h. um eine Übersetzung für eine konkrete Bühne bzw. für einen Regisseur mit spezifischer Poetik. In diesem Fall entsteht eine Übersetzung, in der der Ausgangstext im Hintergrund steht und der Hauptwert auf eine konkrete Inszenierung und Intention des Regisseurs gelegt wird. Heutzutage wird immer öfter die Bühnenübersetzung ausgenutzt.41

4.2 Problematik der Übersetzung von Dramen

Die Problematik der Übersetzung von Dramen ist umfassend, weil ein Drama, als ein literari- scher Text betrachtet, noch weitere Übersetzungsprobleme betreffen, wie z. B. Übersetzung von Wortspielen, Metaphern oder Phraseologismen.42 In folgenden Absätzen werden nur die Übersetzungsprobleme besprochen, die für einen Dramentext typisch sind.

41 KUFNEROVÁ, Z. et al. Překládání a čeština. 1. Auflage. Jinočany: H & H, 1994. S. 138-144. 42 GREINER, N. und JENKINS, A. Sprachwissenschaftliche Aspekte der Theaterübersetzung. In: KITTEL, Harald. Übersetzung: ein internationales Handbuch zur Übersetzungsforschung. Berlin: Walter de Gruyter, 2004. S. 670.

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Dialog und Sprechbarkeit

Ein Dialog ist nach Levý43 ein gesprochener Text, dessen Zweck ist, vorgetragen und gehört zu werden. Um den Zweck zu erfüllen, sollten es im Text vor allem gut aussprechbare und nicht überhörbare Wortverbindungen geben. Der Zuschauer wird am besten die Wortverbin- dungen verstehen, die nebeneinander öfter vorkommen. Wichtiger ist aber der Satzbau der Replik, weil in der gesprochenen Sprache gilt: je kürzer die Sätze sind, desto besser werden sie wahrgenommen.

Zur „Sprechbarkeit“ der Bühnensprache äußerten sich noch andere Autoren, deren Anweisun- gen für Übersetzer nicht so klar wie bei Levý sind. Zum Beispiel Hartung schreibt, dass die Sprache mundgerecht, sprechbar und spielbar sein soll, aber er schreibt nicht mehr, was genau mundgerecht heißt. Wellwarth behauptet, dass die Aussprache eines Textes leicht sein sollte, was den zahlreichen Beispielen aus der Praxis widerspricht und darüber hinaus ein guter Schauspieler kann doch auch schwierig aussprechbare Stellen überwinden.44

Stilisierung der Theatersprache

Zu den Konventionen des Theaters gehört die Stilisierung der Theatersprache, wie z.B. die Bühnenaussprache oder Verschiebung der Funktionsschichten.45 Gerade auf die Verschiebung der Funktionsschichten sollte ein guter Übersetzer achten. Die Figuren sprechen nämlich kei- nen Slang oder Vulgärsprache, sondern sie benutzen die Volkssprache, die der Umgangsspra- che der gebildeten Schichten ähnelt. Und die gebildeten Schichten benutzen die gesprochene Schriftsprache.46

Bedeutungsbeziehungen

Eine Replik kann in mehrere Bedeutungsbeziehungen treten. Erstens ist es die Beziehung zu Gegenständen auf der Bühne, auf die mittels eines Demonstrativpronomens oder eines Ad-

43 LEVÝ, J. und HAUSENBLAS, K. Umění překladu. 3. Auflage, bearbeitete und erweiterte 2. Fassung. Praha: I. Železný, 1998. S. 161- 164. 44 GREINER, N. und JENKINS, A. Sprachwissenschaftliche Aspekte der Theaterübersetzung. In: KITTEL, Harald. Übersetzung: ein internationales Handbuch zur Übersetzungsforschung. Berlin: Walter de Gruyter, 2004. S. 671-672. 45 LEVÝ, J. und HAUSENBLAS, K. Umění překladu. 3. Auflage, bearbeitete und erweiterte 2. Fassung. Praha: I. Železný, 1998. S. 165. 46 BEČKA, J. V. Úvod do české stylistiky. Praha, 1948. S. 377. 1. Auflage. Praha: R. Mikuta, 1948. S. 469.

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verbiums gezeigt wird. Der Übersetzer sollte hier aufpassen, denn wenn er die Gegenstände völlig benennt, kann der Dialog von der Situation auf der Bühne abgerissen werden.

Zweitens kann eine Replik sowohl für die Zuschauer als auch für die Figuren auf der Bühne eine unterschiedliche Bedeutung haben. Genau dank diesem Prinzip können viele Theatermit- tel gestaltet werden, wie Ironie oder Veröffentlichen versteckter Absichten. Der Übersetzer muss solche Stellen so übersetzen, damit sie auf eine verschiedene Art und Weise begriffen werden können.

Drittens heißt die Replik nicht nur gesprochene Worte, sondern es ist auch Worthandlung, denn Drama ist Handlung. Die Figuren auf der Bühne geraten in Konflikte und mit ihrer phy- sischen Handlung und Worthandlung wirken auf andere Figuren, um ihr eigenes Ziel zu errei- chen. Die Replik muss deswegen auf eine bestimmte Art und Weise ausgesprochen werden, um wirksam zu sein. Die suprasegmentalen Bedeutungseinheiten wie Tempo, Intonation oder Rhythmus sind schwer aus der Schrift zu lesen, sie können dennoch teilweise durch Satzauf- bau angedeutet werden.

Charakterisierung der Figuren

Eine Replik ist auch wichtig für Charakterisierung einzelner Figuren. Die Figuren entwickeln sich und einige ihre Charakterzüge dürfen nicht gleich gezeigt werden. Der Übersetzer, der alle Charakterzüge der Figuren schon kennt, sollte deswegen nicht gleich am Anfang alles verraten. Es ist auch wichtig, die Figuren am Anfang stilistisch sorgfältig zu bearbeiten, weil die Rezipienten sich schon nach den ersten Repliken ein Bild von den Figuren machen und dieses Bild ist dann schwierig zu verändern.

Prinzip der differenzierten Genauigkeit

In einem Dramentext stellt der Text nicht das Ziel vor, sondern es ist nur ein Mittel. Der Übersetzer muss den ganzen Text bearbeiten und übersetzen, obwohl es sehr oft passiert, dass die Dramentexte vom Regisseur oder Dramaturg durchgestrichen werden. Der Übersetzer muss den Dramentext gut lesen und überlegen, welche Stellen auf welche Art und Weise übersetzt werden sollen. Manchmal ist es wichtig, die Bedeutung genau zu übertragen (wie z. B. beim Übersetzen der Figurencharakteristik oder des Nebentextes) und ein andermal ist

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wieder nötig den Stil und die Intonation einzuhalten.47 Levý nennt diesen Prinzip „Prinzip der differenzierten Genauigkeit.“ 48

Redetext und Nebentext

Der ganze Dramentext besteht im Grunde genommen aus zwei Texttypen: aus einem Redetext (d.h. aus der dialogischen Figurenrede) und aus einem Nebentext. Der Übersetzer sollte nicht vergessen, auch den Nebentext zu übersetzen. Erstens können es dort wichtige Angaben über Kostüm, Requisiten oder Frisur der Figuren geben und zweitens kann der Nebentext die im Redetext angeführten sprachlichen Mitteilungen ergänzen (wie Mimik oder Gestik). Diese Angaben können für den ganzen Dramentext eine wichtige Funktion vorstellen.49

47 LEVÝ, J. und HAUSENBLAS, K. Umění překladu. 3. Auflage, bearbeitete und erweiterte 2. Fassung. Praha: I. Železný, 1998. S. 173-196. 48 GREINER, N. und JENKINS, A. Bühnensprache als Übersetzungsproblem. In: KITTEL, Harald. Überset- zung: ein internationales Handbuch zur Übersetzungsforschung. Berlin: Walter de Gruyter, 2004. S. 1010. Zi- tiert nach: LEVÝ, J. Literarische Übersetzung. Theorie einer Kunstgattung. am Main, Athenäum 1969. S. 153. 49 SCHULTZE, B. Übersetzen für das Theater: Redetext und Nebentext. In: KITTEL, Harald. Übersetzung: ein internationales Handbuch zur Übersetzungsforschung. Berlin: Walter de Gruyter, 2004. S. 1027-1028.

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5 DRAMA IM ALLGEMEINEN

In diesem Kapitel werden die Methode der Analyse und das Drama im Allgemeinen beschrie- ben.

5.1 Methode der Analyse

Für die Analyse wurde nur der erste Akt des Dramas50 ausgewählt, weil es in diesem Teil des Werks genug Beispiele für die Analyse gab und weil sich die Beispiele immer wieder wieder- holten. In der Analyse werden die Übersetzung und die Rückübersetzung vor allem aus der semantischen und stilistischen Sicht untersucht.

Das Ziel der Analyse ist, alle drei Texte ausführlich und komplex zu analysieren und zu be- schreiben. Die Analyse konzentriert sich nicht nur auf die Unterschiede, sondern in einigen Fällen auch auf die Ähnlichkeiten. Es werden vor allem das Original Narrentanz und die Rückübersetzung Mummenschanz verglichen, in einigen Fällen wird auch die Übersetzung Mumraj einbezogen.

Ein Dramentext besteht nicht nur aus Dialogen (d. h. aus dem Redetext), sondern auch aus dem Nebentext. In der Analyse werden der Redetext und der Nebentext für gleichwertig ge- halten und es werden in beiden Texten die Mängel untersucht.

Die Methode der Analyse gründet auf einigen Kapiteln, die im theoretischen Teil vorkom- men, aber die Analyse wird auch dem Text konkret angepasst, und deswegen werden theore- tisch noch einige Teile im praktischen Teil ergänzt. Die Autorin dieser Diplomarbeit versucht, die einzelnen analysierten Merkmale logisch in an sich anschließende Kapitel und Unterkapi- tel zu sortieren, wobei einerseits einige Kapitel der Theorie nach gegliedert werden, anderer- seits spielt dabei auch eine gewisse Rolle die subjektive Ansicht der Autorin.

Die Analyse wird in vier Kapitel geteilt: 5 Drama im Allgemeinen, 6 Arbeit und Wortschatz, 7 Verschiebungen von Bedeutungen und 8 Übersetzung des Dramentextes, wobei der Hauptwert auf den Kapiteln 6 Arbeit und Wortschatz und 7 Verschiebungen von Bedeutungen liegt.

Was die allgemeine Seite des Dramas betrifft, es werden näher beschrieben: formale Seiten vom Drama, Titel und Untertitel und grammatische Fehler und Tippfehler, die im Drama vor- kommen. Diese Unterkapitel sind wichtig für das Grundverstehen vom Drama und die Über-

50 Narrentanz: Seite 9- 74. Mumraj: Seite 13-59. Mummenschanz: Seite 1-22.

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sicht der formalen Probleme im Drama. Die Theorie, die es in diesen Unterkapiteln gibt, wur- de nicht in dem theoretischen Teil erwähnt, weil es sich um spezifische Probleme handelt (hauptsächlich im Fall der grammatischen Fehler) und es wäre in diesem Fall zu unübersicht- lich und auch unlogisch den theoretischen Teil von den Beispielen abzutrennen.

Im sechsten Kapitel Arbeit und Wortschatz werden die Arbeitsmethoden des Übersetzers und der Rückübersetzer näher beschrieben. Dieses Kapitel zeigt auch den Stil des Übersetzers und der Rückübersetzer und hilft dem Gesamtvergleich der Verschiebungen, zu denen während des Übersetzungsprozesses kam. Es wird hier auch bewiesen, dass Mummenschanz eine Rückübersetzung zurück ins Deutsche ist, obwohl einer der Rückübersetzer glaubt, dass Mummenschanz aus dem russischen Original übersetzt gewesen sei. Dieses Kapitel wurde gemäß der Erwähnung im Kapitel 2.3.1 Zu Möglichkeiten der Verwendung von Rücküberset- zung herausgearbeitet, dass aufgrund der Rückübersetzung die Übersetzungsmethode festge- stellt werden kann.

Im siebten Kapitel Verschiebungen von Bedeutungen werden mehrere Merkmale analysiert. Zwei große Unterkapitel beschäftigen sich mit Verschiebungen in der Stilschicht und mit sti- listischer Verarmung des Wortschatzes und der Intellektualisierung, die in dem theoretischen Teil im Kapitel 2.2 Merkmale der Rückübersetzung beschrieben wurden. Unter anderem wer- den auch Element der Wiederholung oder erdachte Repliken in der Rückübersetzung analy- siert. Weitere Unterkapitel erläutern die Fehler und Ungenauigkeiten in der Übersetzung und der Rückübersetzung oder Veränderungen in Personennamen. Dann gibt es hier noch Beispie- le der Übersetzung der Interjektionen, die nur selten richtig übersetzt wurden, und Beispiele, bei denen im Gegensatz zu den Interjektionen zu keinen Verschiebungen kam.

Im letzten praktisch orientierten Kapitel wurde die konkrete literarische Gattung, d.h. in die- sem Fall das Drama, aus der Sicht der Übersetzungsprobleme, die in einem Dramentext vor- kommen können, untersucht. Die Gliederung und die analysierten Probleme entsprechen den Tatsachen, die im vierten Kapitel Dramenübersetzung erklärt wurden.

Die Analyse sieht folgend aus: Es wird das analysierte Problem vorgestellt, dann werden im- mer konkrete Beispiele aus dem Original, der Übersetzung und der Rückübersetzung (wenn es sie gibt) zitiert und darunter (in manchen Fällen auch davor) werden diese Beispiele kom- mentiert. Die Beispiele, die zitiert werden, sind immer grafisch von ihrem Kommentar geteilt. In einigen Beispielen werden noch die analysierten Merkmale für bessere Anschaulichkeit und schnellere Orientierung im Text hervorgehoben.

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Die Texte werden auch bibliografisch bezeichnet. Es wird immer die Abkürzung mit Be- zeichnung des Werks und der konkreten Seite in Klammern hinter dem zitierten Text angege- ben:

Autor Quelle Abkürzung

Original BIRINSKI, L. Narrentanz: Autor: Tragikomödie in vier Akten. [B, S. x] Leo Birinski Praha: Amatérské divadlo Esence, 2002. S. 209.

Übersetzung BIRINSKI, L. Mumraj: Tra- Übersetzer: gikomedie o čtyrech děj- [Č, S. x] Vincenc Červinka stvích. Praha: Otto, 1912. S. 155. Rückübersetzung BIRINSKI, L. Mummen- Rückübersetzer: schanz: Groteske in vier Ak- Jiří Vrba ten. 1. Auflage. Praha: Ama- [VS, 1. Akt, S. x]

Stephan Stroux térské divadlo Esence, 2009. S. 70.

Die konkreten Ergebnisse werden dann im neunten Kapitel Ergebnisse der Analyse vorge- stellt und zusammengefasst.

5.2 Formale Seiten vom Drama

Das Original ist in der Frakturschrift51 gedruckt, die im deutschsprachigen Raum vom 16. Jahrhundert bis ungefähr 1940 benutzt wurde.52 Es hat 209 Seiten (im Format A5). Die Über- setzung ist auch in der gedruckten Form53 (in Lateinschrift) erschienen und es hat 155 Seiten (im Format A5). Die Rückübersetzung ist nicht in der gedruckten Form erschienen, sondern es wurde auf der Schreibmaschine54 geschrieben. Es hat 70 Seiten (im Format A4).

51 Siehe Anlage 12.3.1 Narrentanz. 52 DELBANCO, H. Schriftgeschichte I. In: Bund für deutsche Schrift und Sprache e.V. [Online]. 1990 [Stand: 2013-04-21]. URL: http://www.bfds.de/bfds.php?s=schriftgeschichte1 53 Siehe Anlage 12.3.2 Mumraj. 54 Siehe Anlage 12.3.3 Mummenschanz.

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Das Drama wird in vier Akten geteilt. Im Original werden die Akten „Aufzüge“ genannt, was ein älterer Begriff55 für einen Akt ist, der mit dem Kulissenwechsel und dem Öffnen und Schließen des Bühnenvorhangs zusammenhängt. In der Übersetzung werden die „Aufzüge“ „dějství“ (Akten) und in der Rückübersetzung „Akten“ genannt.

Am Anfang des Dramentextes gibt es im Original und in der Übersetzung eine Liste aller Per- sonen, die im Drama vorkommen, und auch wann und wo sich die Handlung abspielt. In der Rückübersetzung fehlen diese Liste und auch die Angaben über Zeit und Ort.

5.3 Titel und Untertitel

Originaltitel: Narrentanz: Tragikomödie in vier Akten.

Übersetzung: Mumraj: Tragikomedie o čtyrech dějstvích.

Rückübersetzung: Mummenschanz: Groteske in vier Akten.

Bei der Titelübersetzung ist es wichtig, mehrere Faktoren zu berücksichtigen. Bevor der Titel übersetzt wird, muss feststellt werden, ob es im Titel sprachliche Elemente gibt, deren Funk- tion übersetzt sein soll (z.B. Polysemie, rhetorische Figuren, Anspielungen oder Rätsel), und ob der Titel überhaupt in die Zielsprache übertragbar ist, d.h., ob der Titel für die Empfänger in der Zielkultur verständlich ist. Man muss auch darauf achten, dass der Zieltitel in der Ziel- kultur unverwechselbar ist.56

Narrentanz wurde ins Tschechische als Mumraj übersetzt. Eine treuere Übersetzung wäre ganz sicher „Tanec bláznů“ (Tanz der Narren). Červinka benutzte einen einwortigen Titel, der aber abstrakter als der Originaltitel wirkt. Es ist schwieriger, sich bei „Mumraj“ vorzustellen, worüber das Drama eigentlich sein wird. Es klingt jedoch einzigartig und mysteriös. Das Wort Mumraj heißt nämlich: Wirrwarr bzw. Maskerade oder Maskenfest.

Bei Vorstellung von Narrentanz kann schon ein mehr konkretes Bild hervorgerufen werden. Wenn der Titel aus der grafischen und phonetischen Sicht angesehen wird, stellt man fest, dass im Narrentanz dreimal „N“ vorkommt. Die drei „N“ stehen am Anfang, in der Mitte und fast am Ende des Wortes und sie bilden so ein schön lautendes Ganzes. Im Gegensatz dazu gibt es im Wortverbindung „Tanec bláznů“ zwar zweimal „N,“ aber die zwei „N“ bilden kein

55 HUBER, M. und BÖHM, E. Akt. In: Literaturwissenschaftliche Grundbegriffe online [Online]. 9.9.2007 [Stand: 2013-04-21]. URL: http://www.li-go.de/prosa/drama/akt.html 56 NORD, Ch. Buchtitel und Überschriften. In: SNELL-HORNBY, M. et al. Handbuch Translation. 2. Auflage. Tübingen: Stauffenburg Verlag Brigitte Narr GmbH, 2006. S. 292-294.

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sichtbares Ganzes. Im Wort Mumraj gibt es zwei „M“ (am Anfang und in der Mitte), die auch ein Ganzes bilden. Aus der phonetischen bzw. grafischen Sicht ist Mumraj im Tschechischen eine bessere Übersetzung als „Tanec bláznů“ wäre.

Schon bei Titelübersetzung kam es zu der ersten Verschiebung von Bedeutung. Mumraj wur- de als Mummenschanz rückübersetzt, was eine wörtliche Übersetzung aus dem Tschechischen ins Deutsche ist. Das Wort Mummenschanz ist aus der phonetisch-grafischen Sicht noch inte- ressanter: drei „M“ und zwei „N“ bilden auch ein schönes Ganzes. Einige Rezensenten der ersten Aufführung von Mummenschanz in Wien hatten aber eine andere Ansicht. Ihrer Mei- nung nach würde der ursprüngliche Titel besser zu dem Dramenstück passen und sei bildhaf- ter.57 Welcher Titel besser ist, ist schwer zu sagen. Es ist eine Geschmacksfrage.

Der Untertitel beschreibt das Dramagenre und gibt die Anzahl der Akten an. Im Original und in Červinkas Übersetzung soll das Drama eine Tragikomödie sein, aber in der Rücküberset- zung heißt es schon eine Groteske. Wenn man dann an die Rezensionen zurückgeht, stellt man fest, dass fast eine Hälfte von ihnen das Drama für eine Satire hält.58 Welche Genrebe- zeichnung ist also die richtige?

Eine Tragikomödie besteht aus tragischen und komischen Elementen: das Komische mildert das Tragische und umgekehrt kann auch die Komik die tragischen Elemente vertiefen. Zu den Grenzformen gehören unter anderem auch die oben genannten Satire und Groteske.59

Eine Satire soll sich spöttisch und indirekt durch Imitation der Wirklichkeit über die Wirk- lichkeit ausdrücken.60 Eine Groteske soll das Reale verzerren und deformieren und teilweise auch skurril wirken. Sie setzt sich zum Ziel, bei den Rezipienten zugleich Lachen und Entset- zen hervorzurufen.61

Nach dem Lesen des Dramas kann gesagt werden, dass das Drama Elemente aller drei er- wähnten Genres beinhaltet. Weiter werden Beispiele zu jedem Genre angeführt.

57 HÜBL, D. Lev Birinskij 2: (životopisný Mumraj končí). Dodatky. 1. Auflage. Praha: Amatérské divadlo Esen- ce, 2010. S. 62, 66. Zitiert nach: ZELENY, W. Wiedererweckung im Volkstheater. In: Salzburger Volksblatt. 8.9.1971, Salzburg. Wienbibliothek im Rathaus, Wien. BERGER, H. Das Theater schlägt zurück. In: Niederös- terreichisches Volksblatt. 7.9.1971, Linz. Wienbibliothek im Rathaus, Wien. 58 Ebenda S. 58, 62, 69. Zitiert nach: BERGER, H. Das Theater schlägt zurück. In: Niederösterreichisches Volksblatt. 7.9.1971, Linz. Wienbibliothek im Rathaus, Wien. RISMONDO, P. Der Jud zahlt drauf. In:. Sep- tember 1971,. Wienbibliothek im Rathaus, Wien. BEER. O. F. Wiener Nachsommer mit politischem Mummen- schanz. In: Süddeutsche Zeitung. 9.9.1971, München. Wienbibliothek im Rathaus, Wien. 59 SCHWEIKLE, G. und SCHWEIKLE, I. Metzler Literatur Lexikon: Begriffe und Definitionen. 2., überarbeite- te Aufl. Stuttgart: J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, 1990. S. 469. 60 Ebenda S. 408. 61 SCHNEILIN, G. Groteske. In: Theaterlexikon: Begriffe und Epochen, Bühnen und Ensembles. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 1986. S. 383.

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Die Satire kann man zum Beispiel im Benehmen des Gouverneurs finden. Er bemüht sich darum, so viel Geld, wie es möglich ist, vom Staat für den Kampf mit der Revolution zu be- kommen. Er will sie aber für persönliche Zwecke benutzen und sich bereichern. Seine Figur soll einen typischen russischen bestechlichen Beamten vorstellen.

Die Groteske ist zum Beispiel hier zu finden: der Gouverneur möchte eine Revolution in sei- nem Gouvernement haben, aber die Revolutionäre wollen gerade sein Gouvernement revolu- tionsfrei halten, damit sie sich hier verstecken können. Dank dessen entstehen groteske Situa- tionen, die absurd und skurril wirken, wie zum Beispiel, dass der Gouverneur auf sich selbst ein Attentat verübt. Oder ein anderes Beispiel ist, dass Elisaweta, die Frau des Gouverneurs, betrügt den Gouverneur mit Kosakow, einem jungen Revolutionär. Der Gouverneur weiß da- von und ist damit zufrieden, weil er seine Ruhe hat, und bemüht sich darum, damit Elisaweta nicht weiß, dass er den jungen Mann nur aus dem Grunde im eigenen Haus wohnen lässt, da- mit sie jemanden zum „Spielen“ hat.

Das Drama stellt eine Komödie vor, die auch tragische Elemente beinhaltet. Tragische Szenen sind zum Beispiel die, in denen sich Nikola, ein alter Bauer, darum bemüht, mit dem Gouver- neur zu sprechen, wird aber jedes Mal hinausgeworfen. Tragisch wirkt auch das Ende des Dramas, als der Sekretär, die rechte Hand des Gouverneurs, alle betrügt, indem er den Gou- verneur für das Attentat auf sich selbst und alle versteckten Revolutionäre anzeigt, und wird so zum Gouverneur des Gouvernements.

5.4 Grammatische Fehler und Tippfehler

In der Rückübersetzung gibt es einige grammatische Fehler, die manchmal sogar das Verste- hen erschweren. Es wurden Tippfehler, Fehler in Höflichkeitsanreden, in Kommasetzung und in Pronominaladverbien für Interrogativpronomen gefunden.

Da das Original im Jahre 1912 und die Rückübersetzung im Jahre 1969 entstanden, werden die Fehler, die der Rechtschreibungsreform aus dem Jahre 1996 unterliegen, nicht einbezo- gen, wie z.B. die Schreibung ss für ß nach kurzem Vokal:62

62 HELLE, K. Rechtschreibreform. In: SPRACHREPORT: Informationen und Meinungen zur deutschen Spra- che [Online]. 2004. S. 2. [Stand: 2012-04-24]. URL: http://pub.ids-mannheim.de/laufend/sprachreport/pdf/sr04- extra.pdf

32

Kolja: Daß du sehr freiheitlich bist. [B, S. 48]

Kolja: Že jsi náramně svobodomyslný. [Č, S. 40]

Kolja: Daß du sehr freisinnig bist. [VS, 1. Akt, S. 13]

5.4.1 Höflichkeitsanreden

Sekretär: Was haben Sie denn heute? Freuen Sie sich gar nicht, daß Ihr Liebling Kolja zu- rückgekehrt ist? [B, S. 11]

Sekretář: Co je vám dnes? Nemáte radost, že se váš miláček Kolja vrátil? [Č, S. 14]

Sekretär: Was haben sie, Anfisa? Ich dachte sie wären heute besonders gut aufgelegt. Nun, da ihr Liebling Kolja zurückgekommen ist. [VS, 1. Akt, S. 1]

Červinka ließ sich wahrscheinlich in seiner Übersetzung von der deutschen Wortfolge beein- flussen. Anstatt Co je vám dnes? wäre besser das Verb auf Ende des Satzes zu stellen (Co vám dnes je?). Sonst blieb seine Übersetzung ohne Verschiebungen oder Veränderungen.

Die Rückübersetzer machten in ihrer Übersetzung immer denselben Fehler. In der deutschen Sprache soll beim Siezen das Personalpronomen Sie und das Possessivpronomen Ihr mit der Majuskel geschrieben werden. Sie schrieben es aber klein. Genauso ist es in den weiteren Beispielen:

Sekretär: […]gehen sie hinein und holen sie die Zeitungen heraus. [VS, 1. Akt, S. 1]

Gouverneur: Hören sie auf. Ihnen wird das Lachen gleich vergehen. Haben sie das schon gelesen? […] [VS, 1. Akt, S. 18]

Dank diesem Fehler entstehen dann im Text Kollisionssituationen, denn man weiß nicht, ob es um Siezen geht, oder ob über eine weibliche Person gesprochen wird, wie im folgenden Beispiel: Kozakov: Ich kann ohne sie nicht leben. [VS, 1. Akt, S. 5]

Man würde sagen, dass hier über eine weibliche Person gesprochen wird, aber es geht um das Siezen, wie es sich aus der Replik zuvor ergibt:

Jelizaveta: Sagen sie mir, daß sie ohne mich nicht leben können. [VS, 1. Akt, S. 5]

33

Frau Lapkin: […] du betrügst deinen Mann! [B, S. 23]

Pí. Lapkinová: […] Ty podvádíš svého muže! [Č, S. 23]

Lapkin: […] du betrügst Deinen Mann! [VS, 1. Akt, S. 7]

______

Gouverneur: (erschrickt) Was hast du? [B, S. 41]

Gubernátor: (ulekne se). Co že jsi? [Č, S. 35]

Gouverneur: (erschrocken) Was hast Du? [VS, 1. Akt, S. 11]

Aus der heutigen Sicht würde man sagen, dass in der Rückübersetzung das mit einer Majuskel geschriebenes Personalpronomen dein und du unkorrekt ist, da es sich um keinen Brief han- delt, sondern nur um einen literarischen Text geht. Aber den Informationen über die Recht- schreibreform63 nach konnte man vor dem Jahre 1996 das Personalpronomen du und seine weitere Formen (dir, dein) großschreiben. Es ist interessant, dass dieses Pronomen im Origi- nal immer kleingeschrieben wird, und in der Rückübersetzung wurde dieses Pronomen in den meisten Fällen auch kleingeschrieben (siehe Beispiele unten). In den obigen Beispielen kann es sich also nur um einen Tippfehler handeln.

Lapkin: Vor deinem Mann. [VS, 1. Akt, S. 7]

Kolja: Ich warte bis du fertig bist. [VS, 1. Akt, S. 10]

Gouverneur: […] wenn es dir Spaß macht. [VS, 1. Akt, S. 12]

5.4.2 Kommasetzung

Frau Lapkin: Nun ja, aber er ist nur einmal jung. [B, S. 34]

Pí. Lapkinová: Inu ano, ale je zkrátka mladý. [Č, S. 31]

Lapkin: Sicher aber er ist noch so jung. [VS, 1. Akt, S. 9]

63 HELLE, K. Rechtschreibreform. In: SPRACHREPORT: Informationen und Meinungen zur deutschen Spra- che [Online]. 2004. S. 7 [Stand: 2012-04-24]. URL: http://pub.ids-mannheim.de/laufend/sprachreport/pdf/sr04- extra.pdf

34

Die Rückübersetzer machten sehr oft Fehler in der Kommasetzung. Im folgenden Satz soll ein Komma vor dem entgegensetzenden Konjunktiv aber stehen:64 Sicher aber er ist noch so jung.

Weitere Fehler in der Kommasetzung:

Frau Lapkin: […] Jetzt mußt du mich entschuldigen, ich komme gleich wieder. Ich mache nur einen Sprung zur Sabinskaja und komme gleich wieder. […] [B, S. 37]

Pí. Lapkinová: […] Ale teď mě omluvíš, přijdu hnedle zase. Zaskočím jenom k Sabinské, jsem tu hnedle. […] [Č, S. 33]

Lapkin: […]Entschuldige ich muß noch schnell auf einen Sprung zur Sabinska. […] [VS, 1. Akt, S. 10]

Nach Entschuldige muss ein Komma geschrieben werden, denn es handelt sich um zwei Hauptsätze mit asyndetischer adversativer Satzverbindung.65

Frau Lapkin: […] Liebster Kolja. […] [B, S. 37]

Pí. Lapkinová: […] Koljo, holoubku! […] [Č, S. 33]

Lapkin: Kolja Täubchen […] [VS, 1. Akt, S. 10]

Nach einer Anrede muss ein Komma geschrieben werden,66 denn ohne das Komma kann der Ausdruck etwas anderes heißen. Kolja Täubchen könnte dann zum Beispiel für einen Vorna- men und einen Nachnamen gehalten werden.

Kolja: Ich mußte doch wissen, zu wem ich ins Haus komme. [B, S. 41]

Kolja: Musil jsem přece věděti, ke komu přicházím domů. [Č, S. 35]

Kolja: Ich mußte doch wissen was mich zu Hause erwartet. [VS, 1. Akt, S. 11]

64 Komma. Duden online. In: DUDENREDAKTION. Duden [Online]. 2012 [Stand: 2013-01-13]. URL: http://www.duden.de/sprachwissen/rechtschreibregeln/komma#K111 65 HELBIG, G. und BUSCHA, J. Deutsche Grammatik: ein Handbuch für den Ausländerunterricht. Berlin: Langenscheidt, 2001. S. 563. 66 Komma. Duden online. In: DUDENREDAKTION. Duden [Online]. 2012 [Stand: 2013-01-13]. URL: http://www.duden.de/sprachwissen/rechtschreibregeln/komma#K129

35

Auch in diesem Beispiel trat ein Fehler auf. Zwischen einem Hauptsatz und einem Nebensatz muss ein Komma stehen.67 Das ist aber nicht der Fall in der Rückübersetzung, wo ein Komma vor der Subjunktion was nicht steht: Ich mußte doch wissen was mich zu Hause erwartet.

Weitere Beispiele, wo ein Komma zwischen einem Hauptsatz und einem Nebensatz fehlt:

Kolja: Ich warte, bis du den Akt weglegst. [B, S. 39]

Kolja: Čekám, až ten akt odložíš. [Č, S. 34]

Kolja: Ich warte bis du fertig bist. [VS, 1. Akt, S. 10]

Vor bis muss ein Komma stehen.

Kolja: Ja, Vater, ich will sehen, ob sich unsere Weltanschauungen miteinander vertragen können, und ob ein Zusammenleben uns beiden möglich ist. […] [B, S. 40]

Kolja: Ano, otče, chci věděti, zda-li se naše světové názory mohou navzájem snášeti, a zda-li je možno soužití nás dvou. [Č, S. 35]

Kolja: Ich muß wissen wie du zu meinen Ideen stehst. […] [VS, 1. Akt, S. 11]

Vor wie muss ein Komma stehen.

Gouverneur: Aber mir gestattest du doch, weiter zu sitzen, ich bin es auch so gewohnt. [B, S. 46]

Gubernátor: Ale mně dovolíš laskavě abych směl zůstat seděti, jsem tomu také zvyklý. [Č, S. 38-39]

Es wurde ein Fehler dieser Art auch in Červinkas Übersetzung gefunden. Zwischen dem ers- ten Hauptsatz und dem ersten Nebensatz fehlt das Komma vor abych.

67 Komma. Duden online. In: DUDENREDAKTION. Duden [Online]. 2012 [Stand: 2013-01-13]. URL: http://www.duden.de/sprachwissen/rechtschreibregeln/komma#K118

36

Kolja: Man hat mir vier vollgeschriebene Bogen eingeschickt. [B, S. 48]

Kolja: Poslali mi čtyři hustě popsané archy. [Č, S. 40]

Kolja: Sie haben mir vier, eng beschriebene Bögen geschickt. [VS, 1. Akt, S. 13]

In den oben genannten Beispielen gab es immer ein fehlendes Komma. In diesem Fall ist das Komma in der Rückübersetzung überflüssig. Bei einer subordinierenden Verbindung von At- tributen soll zwischen den einzelnen Attributen kein Komma geschrieben werden, wobei das untergeordnete Glied vor dem übergeordneten steht.68 In der Rückübersetzung wurde trotz- dem ein Komma zwischen vier und eng gestellt: Sie haben mir vier, eng beschriebene Bögen geschickt.

5.4.3 Pronominaladverbien für Interrogativpronomen

Kolja: […] Vater, ich will mit dir über meine Weltanschauung reden.

Gouverneur: Worüber?

Kolja: (w. o.) Ueber meine und deine Weltanschauung.

Gouverneur: Sonst nichts? [B, S. 40]

Kolja: […] Otče, chci s tebou mluviti o svém názoru světovém.

Gubernátor: O čem?

Kolja: (jako nahoře). O svém a tvém názoru světovém.

Gubernátor: (s ulehčením). A nic víc? [Č, S. 34]

Kolja: Vater, ich muß mit dir sprechen.

Gouverneur: Über was?

Kolja: Über meine und deine Weltanschauung.

Gouverneur: (nicht ohne Erleichterung) Nur darüber? [VS, 1. Akt, S. 11]

Im Satz Worüber? machten die Rückübersetzer einen Fehler, da sie es als Über was? über- setzten. Pronominaladverbien für Interrogativpronomen müssen jedoch unabhängig von Ge- nus oder Kasus, wenn es sich um Nicht-Lebewesen handelt, immer in der Form wo + Präposi-

68 HELBIG, G. und BUSCHA, J. Deutsche Grammatik: ein Handbuch für den Ausländerunterricht. Berlin: Langenscheidt, 2001, S. 506-507.

37

tion gebildet werden. Es ist interessant, dass die Rückübersetzer das Pronominaladverb für Interrogativpronomen in der weiteren Übersetzung richtig benutzten:69 Nur darüber?

5.4.4 Tippfehler

Sekretär: […]daß das Gouvernement so wenig Nebeneinkünfte abwirft […] [B, S. 66]

Sekretář: […] že gubernátorství dává tak málo vedlejších příjmů[…] [Č, S. 53]

Sekretär: […] daß ihm das Gouverbenebt so wenig Nebenverdienst einbringt. [VS, 1. Akt, S. 18]

Das Gouvernement wurde ins Tschechische mit der russifizierten Form gubernátorství äqui- valent übersetzt, aber zurück ins Deutsche wurde es als Gouverbenebt rückübersetzt. Es ist wahrscheinlich ein Tippfehler, weil dieses Wort keinen Sinn macht und in keinem Wörter- buch zu finden ist.

Weitere Tippfehler traten zum Beispiel hier auf:

Sekretär: […] Wir haben nur alles schon Debkbare gemeldet.[…] [VS, 1. Akt, S. 19]

Debkbare sollte Denkbare heißen.

Kozakov: […] Herrund Frau Lapkin mit Kindern […] [VS, 1. Akt, S. 19]

Herrund Frau soll Herr und Frau heißen.

Gouverneur: […]wenn ich es sehr nidrig ansetze[…] [VS, 1. Akt, S. 19]

Nidrig sollte niedrig heißen.

Jelizaveta: (esklingelt) Jemand hat geläutet. [VS, 1. Akt, S. 6]

Esklingelt sollte es klingelt heißen.

69 HELBIG, G. und BUSCHA, J. Deutsche Grammatik: ein Handbuch für den Ausländerunterricht. Berlin: Langenscheidt, 2001, S. 537-538.

38

Kolja: Marxismus ist die Religion der Zugkunft. [VS, 1. Akt, S. 12]

Zugkunft sollte es Zukunft heißen.

39

6 ARBEIT UND WORTSCHATZ

In diesem Kapitel werden Arbeitsmethoden des Übersetzers und der Rückübersetzer anhand zahlreicher Beispiele näher beschrieben. Einige Absätze werden auch dem Wortschatz, das der Übersetzer und die Rückübersetzer verwendeten, gewidmet. Unter anderem wird auch der direkte Einfluss der Übersetzung auf die Rückübersetzung erwähnt.

6.1 Arbeit und Wortschatz des Übersetzers

Die Übersetzungen von Červinka sind in den meisten Fällen treu. Er hielt sich am Original fest, aber trotzdem neigte er zur Intellektualisierung des Textes, indem er einige Sachen zu erklären versuchte: také s blahopřáním ke Koljovu příjezdu… (Auch mit dem Glückwunsch zur Koljas Ankunft) steht nicht im Original. Es wird aber darüber in der nächsten Handlung gesprochen.

Frau Lapkin: […] Höre, Elisaweta! Ich bin mit einer bestimmten Absicht zu dir gekommen… Ich bin absichtlich früher hergekommen… um mit dir zu reden… ich mische mich nicht gerne in fremde Familienangelegenheiten, aber… man hat Pflichten. […] [B, S. 23]

Pí. Lapkinová: […] Poslyš, Jelizaveto! Přišla jsem k tobě s určitým úmyslem, také s blaho- přáním ke Koljovu příjezdu … Ale přišla jsem schválně dříve … abych s tebou promluvila … nerada se pletu do cizích rodinných záležitostí, ale… máme přece povinnosti. […] [Č, S. 22- 23]

Lapkin: Ich mische mich ungern in fremde Familienangelegenheiten, aber wir haben doch Pflichten. […] [VS, 1. Akt, S. 7]

Červinka versuchte seine Übersetzung sprachlich zu differenzieren und benutzte viele Syno- nymen, um den Text besonders zu machen. Dort, wo Birinski zum Beispiel kein Adjektiv hatte oder dasselbe Adjektiv im vorigen Satz benutzte, versuchte Červinka die Übersetzung auszuschmücken.

Červinka benutzte im folgenden Beispiel anstatt des Pronomens kein, dass im Original und auch in der Rückübersetzung ist, das Adjektiv žádoucí (wünschenswert):

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Kolja: (beleidigt, daß er auf den Vater keinen Eindruck macht) Ja. [B, S. 44]

Kolja: (uražen, že neučinil na otce žádoucí dojem). Ano. [Č, S. 37]

Kolja: (getroffen, daß er keinen Eindruck gemacht hat) Ja. [VS, 1. Akt, S. 12]

Červinkas Übersetzung ist schon 101 Jahre alt. Es ist selbstverständlich, dass seine tschechi- sche Sprache viele gehobene oder veraltete Ausdrücke beinhalten wird. Hier sind ein paar Beispiele:

Kosakow: […] Sie verschwenden Ihre edelsten Gefühle an einen, der es nicht verdient. Ich sehe es ein. [B, S. 19]

Kozakov: […] Marníte svoje nejušlechtilejší city pro člověka, který toho nezaslouží, nahlížím to. [Č, S. 20]

Kozakov: […] Sie verschenken ihre kostbarsten Gefühle an einen Menschen, der sie nicht verdient. [VS, 1. Akt, S. 6]

Červinka übersetzte den Text ziemlich treu, er lenkte in diesem Fall an einer Stelle von der stilistischen Schicht ab: Ich sehe es ein wurde ins Tschechische als nahlížím to übertragen, was eine gute und treue Übersetzung ist, wirkt jedoch im heutigen Tschechischen gehoben.70

Gouverneur: Du willst den Leuten zeigen, daß du einflußreich bist, daß du und nicht ich das Gouvernement beherrschst, daß du Beamten aufnehmen und entlassen kannst, daß du eine „Individualität“ bist. [B, S. 13]

Gubernátor: Chceš lidem ukázati, jak jsi vlivuplná, že ty ovládáš gubernii a nikoliv já, že ty můžeš přijímati a propouštěti úředníky, že jsi individualita. [Č, S. 16]

Gouverneur: Du willst den Leuten nur beweisen, wie groß dein Einfluß im Gouvernement ist. Alle sollen wissen, daß du die Beamten einstellen und hinauswerfen kannst, daß du der Herr im Hause bist. [VS, 1. Akt, S. 3]

70 Stichwort: nahlížeti. Slovník spisovného jazyka českého. In: LEXIKOGRAFICKÝ KOLEKTIV ÚSTAVU PRO JAZYK ČESKÝ ČSAV. Ústav pro jazyk český Akademie věd ČR, v. v. i. [Online] 2011. [Stand: 2013-01- 30]. URL: http://ssjc.ujc.cas.cz/search.php

41

Auf diesem Beispiel kann man die veraltete Sprache von Červinka sehen. Er benutzte sehr oft Infinitive auf –ti:71 ukázati, přijímati, propouštěti (zeigen, aufnehmen, entlassen). Noch seine Übersetzung von einflußreich als vlivuplná wird im Tschechischen heute als gehoben72 be- trachtet.

Kosakow: (nachdem er sich überzeugt hat, daß sie draußen ist, ernst)[…] [B, S. 58]

Kozakov: (když se byl přesvědčil, že je Jelizaveta venku; vážně)[…] [Č, S. 47]

Když se byl přesvědčil (nachdem er sich überzeugt hat) wird im heutigen Tschechischen nicht mehr benutzt, es geht um eine veraltete Form der Vergangenheitsbildung.

Sekretär: […] in Atem halten. [B, S. 67]

Sekretář: […] držet v napjetí. [Č, S. 54]

Sekretär: […] in Spannung halten. [VS, 1. Akt, S. 19]

In diesem Beispiel držet v napjetí73 (in Spannung halten) würde man im heutigen Tschechi- schen das Wort napjetí als napětí schreiben. Napjetí ist eine veraltete Form.

Červinka benutzte auch ziemlich viele Diminutive im Unterschied zum Original oder zur Rückübersetzung. Hier sind ein paar Beispiele:

Frau Lapkin: Aber nichts. Elisaweta macht ihre Späße. […] [B, S. 27]

Pí. Lapkinová: Ale o nic. Jelizaveta si tropí své žertíky. […] [Č, S. 25]

Lapkin: Aber nichts. Elisaweta macht nur ihre üblichen Scherze. […] [VS, 1. Akt, S. 8]

Im Original steht das Wort Späße, aber Červinka übersetzte es als žertíky (Späßchen), wäh- rend die Rückübersetzer ein neutrales Synonym Scherze benutzten.

71 Internetová jazyková příručka. Ústav pro jazyk český Akademie věd ČR, v. v. i. [Online]. 2008–2012 [Stand: 2013-01-20]. URL: http://prirucka.ujc.cas.cz/?id=778&dotaz=slovesa%20na%20ti#nadpis23 72 Stichwort: vlivuplný. Slovník spisovného jazyka českého. In: LEXIKOGRAFICKÝ KOLEKTIV ÚSTAVU PRO JAZYK ČESKÝ ČSAV. Ústav pro jazyk český Akademie věd ČR, v. v. i. [Online] 2011. [Stand: 2013-01- 13]. URL: http://ssjc.ujc.cas.cz/search.php 73 Stichwort: napjetí. Příruční slovník jazyka českého (1935–1957). In: LEXIKOGRAFICKÝ KOLEKTIV ÚSTAVU PRO JAZYK ČESKÝ ČSAV. Ústav pro jazyk český Akademie věd ČR, v. v. i. [Online] 2007-2008. [Stand: 2013-03-13]. URL: http://bara.ujc.cas.cz/psjc/search.php

42

Gouverneur: Ich werde den Alexiejewitsch unter gar keinen Bedingungen anstellen. Auf den kleinsten Posten nicht. [B, S. 12]

Gubernátor: Nedám Aleksěvičovi místa za žádnou cenu. Ani nejmenšího místečka. [Č, S. 15]

Gouverneur: Auf keinen Fall bekommt Alexandrewitsch von mir eine Stellung.

Jelizaveta: Das werden wir sehen.

Gouverneur: Nicht die kleinste. [VS, 1. Akt, S. 2]

Der Ausdruck Auf den kleinsten Posten nicht wurde im Tschechischen noch verkleinert: Ani nejmenšího místečka (Nicht den kleinsten Pöstchen), aber im Deutschen kehrte es wieder zu- rück und wurde es in zwei Repliken geteilt: Auf keinen Fall bekommt Alexandrewitsch von mir eine Stellung und Nicht die kleinste.

Russismen

Wie schon erwähnt wurde, Vincenc Červinka übersetzte vor allem aus dem Russischen und er kannte deswegen sehr gut das russische Milieu. In seiner Übersetzung wendete er diese Kenntnisse an, denn er viele russische Realien in die tschechische Übersetzung übertrug. Er wollte dadurch ganz sicher die russischen Realien den Rezipienten näher bringen.

Vestibül beim Gouverneur [B, S.9]

Vestibul v domě gubernátorově [Č, S. 13]

Vorhalle im Haus des Gouverneurs [VS, 1. Akt, S. 1]

Das Wort Gouverneur wurde ins Tschechische nicht als guvernér, sondern als gubernátor (der Gubernator) übersetzt. Červinka wusste, dass ein Gouverneur in damaligen russischen Umständen eigentlich Gubernator74 hieß. In der Rückübersetzung wurde das ursprüngliche Wort Gouverneur verwendet.

74 Stichwort: gubernátor. Slovník spisovného jazyka českého. In: LEXIKOGRAFICKÝ KOLEKTIV ÚSTAVU PRO JAZYK ČESKÝ ČSAV. Ústav pro jazyk český Akademie věd ČR, v. v. i. [Online] 2011. [Stand: 2013-01- 13]. URL: http://ssjc.ujc.cas.cz/search.php

43

Sekretär: Der gnädige Herr darf sie nicht lesen. Es würde ihn etwas drin sehr ärgern. [B, S. 10]

Sekretář: Barin je nesmí číst. Je tam něco, co by ho velmi rozzlobilo. [Č, S. 14]

Sekretär: Der Gouverneur darf sie auf keinen Fall in die Hand bekommen. Er wird sich fürchterlich aufregen. [VS, 1. Akt, S. 1]

Červinka übersetzte den gnädigen Herrn als barin, was in Russland Gutsherr oder Gutsbesit- zer heißt.75 Er brachte wieder die russischen Realien den Rezipienten näher. Die Rücküberset- zer übersetzten es neutral mit Gouverneur.

Anfissa: …was der mit der Gnädigen treibt. [B, S. 11]

Anfisa: …co ten s milostpaní tropí. [Č, S. 14]

Anfisa: Was dieser Kerl mit der gnädigen Frau treibt. [VS, 1. Akt, S. 2]

Was die Frau des Gouverneurs betrifft, wurde ihre Benennung in der Übersetzung von Červinka behalten: milostpaní (die Gnädige). Die Rückübersetzer übersetzten es auch treu, jedoch benutzten sie kein substantiviertes Adjektiv, sondern ein Adjektiv und ein Substantiv: die gnädige Frau.

Gouverneur: … daß du und nicht ich das Gouvernement beherrschst…[B, S. 13]

Gubernátor: … že ty ovládáš gubernii a nikoliv já… [Č, S. 16]

Gouverneur: … wie groß dein Einfluß im Gouvernement ist. [VS, 1. Akt, S. 3]

Červinka übersetzte wieder die russischen Realien anders: das Gouvernement als gubernie (die Provinz).76 Die Rückübersetzer blieben bei Gouvernement.

75 Stichwort: барин. Большой немецко-русский и русско-немецкий словарь. In: Словари и энциклопедии на Академике. [Online] 2000-2010. [Stand: 2013-01-30]. URL: http://dic.academic.ru/dic.nsf/ger_rus/ 176930/барин 76 Stichwort: gubernie. Slovník spisovného jazyka českého. In: LEXIKOGRAFICKÝ KOLEKTIV ÚSTAVU PRO JAZYK ČESKÝ ČSAV. Ústav pro jazyk český Akademie věd ČR, v. v. i. [Online] 2011. [Stand: 2013-01- 30]. URL: http://ssjc.ujc.cas.cz/search.php

44

Kolja: […] Papa, ich suchte dich, ich habe mit dir was zu reden. [B, S. 37]

Kolja: […] Papášo, hledal jsem tě, mám s tebou co mluvit. [Č, S. 33]

Kolja: […] Papascha, ich muß dringend mit dir sprechen, aber allein. [VS, 1. Akt, S. 10]

Červinka setzte auch hier die russischen Realien ein. Er benutzte das Wort Papáša, was eine Anrede des Vaters ist, die aus dem Russischem herkommt.77 Die Rückübersetzer versuchten es dann ins Deutsche als Papascha zu transkribieren.

Sekretär: […]Exzellenz haben sich doch anderweitig entschädigt[…] [B, S. 67]

Sekretář: […]Vaše Prevoschoditělstvo si vždycky stěžovalo […] [Č, S. 53]

Sekretär:[…] euer Gnaden hat sich immer darüber beklagt […] [VS, 1. Akt, S. 18]

Das Wort Exzellenz wurde ins Tschechische als Vaše Prevoschoditělstvo78 übersetzt, was wieder eine russifizierte Form ist. Sie wurde aber leider in der Rückübersetzung nicht be- wahrt, sondern durch euer Gnaden ersetzt.

Kosakow: Damit die Polizei und die Beamten hier beunruhigt sind […]. [B, S. 60]

Kozakov: Aby policie i činovnictvo tady byly naprosto uklidněny […] [Č, S. 49]

Kozakov: Damit die Polizei und Funktionäre keinen Verdacht schöpfen […] [VS, 1. Akt, S. 16]

Die Übersetzung von Beamten als činovnictvo ist wieder ein Russismus,79 das ins Deutsche nicht transkribiert, sondern der Bedeutung nach als Funktionäre rückübersetzt wurde.80

77 Stichwort: papáša. Slovník spisovného jazyka českého. In: LEXIKOGRAFICKÝ KOLEKTIV ÚSTAVU PRO JAZYK ČESKÝ ČSAV. Ústav pro jazyk český Akademie věd ČR, v. v. i. [Online] 2011. [Stand: 2013-01-30]. URL: http://ssjc.ujc.cas.cz/search.php 78 Stichwort: превосходительство. Большой немецко-русский и русско-немецкий словарь. In: Словари и энциклопедии на Академике. [Online] 2000-2010. [Stand: 2013-03-30]. URL: http://dic.academic.ru/dic.nsf/ger_rus/231982/превосходительство 79 Stichwort: činovnictvo. Slovník spisovného jazyka českého. In: LEXIKOGRAFICKÝ KOLEKTIV ÚSTAVU PRO JAZYK ČESKÝ ČSAV. Ústav pro jazyk český Akademie věd ČR, v. v. i. [Online] 2011. [Stand: 2013-01- 30]. URL: http://ssjc.ujc.cas.cz/search.php 80 Stichwort: чиновник. Большой немецко-русский и русско-немецкий словарь. In: Словари и энциклопедии на Академике. [Online] 2000-2010. [Stand: 2013-03-30]. URL: http://dic.academic.ru/dic.nsf/ger_rus/ 210092/чиновник

45

6.2 Arbeit und Wortschatz der Rückübersetzer

Gouverneur: (jovial) Na, wie kannst du noch fragen, Alte.

Elisaweta: (zuckt zusammen)

Gouverneur: Wie wir jung waren, haben wir auch süß geträumt, zwar wenig geschlafen. In früheren Jahren hat man sehr wenig geschlafen. Hahaha. Lang ist´s her, sehr lang. Nicht wahr, Alte.

Elisaweta: (will auf ihn losfahren, beherrscht sich aber; süß) Aber ich bitte dich, Iwan! [B, S. 14]

Gubernátor: (žoviálně.) Nu, že se ptáš, staroušku. (Jelizaveta sebou trhne.) Když jsme byli mladí, také jsme sladce snili, třeba že jsme málo spali. Za mladých let jsme vůbec málo spali. Hahaha! Ale to už je dávno, moc dávno. Je-liž pravda, staroušku?

Jelizaveta: (chce na něho vyjeti, ale ovládne se: sladce) Ale prosím tě, Ivane! [Č, S. 16-17]

Gouverneur: (jovial) Ist sie nicht reizend… dieses Interesse für die süßen Träume eines jun- gen Mannes. Nun ja, wir haben ja auch einmal süß geträumt. Wenn wir auch wenig geschla- fen haben. Und eigentlich haben wir sehr wenig geschlafen. Aber das ist schon lange her. Nicht wahr, Liebling? Viele, viele Jahre.

Jelizaveta: (unterdrück mit Mühe eine scharfe Reaktion) [VS, 1. Akt, S. 3]

Auf diesem Beispiel ist gut die Methode der Rückübersetzer zu sehen. Man kann da aber kei- ne Logik erwarten. An einigen Stellen ließen sie einige Repliken ganz aus, wie z. B. folgende:

Gouverneur: (jovial) Na, wie kannst du noch fragen, Alte.

Elisaweta: (zuckt zusammen)

Elisaweta: Aber ich bitte dich, Iwan!

An anderen Stellen fügten sie ein paar Sätze hinzu, um die Umstände näher zu beschreiben:

Gouverneur: (jovial) Ist sie nicht reizend… dieses Interesse für die süßen Träume eines jun- gen Mannes. […] Viele, viele Jahre.

Frau Lapkin: (nimmt mit Wichtigkeit Anlauf zu einer großen Auseinandersetzung) Höre, Eli- saweta! Ich bin mit einer bestimmten Absicht zu dir gekommen… Ich bin absichtlich früher hergekommen… um mit dir zu reden… ich mische mich nicht gerne in fremde Familienange-

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legenheiten, aber… man hat Pflichten. Dein Stiefsohn ist jetzt zurückgekehrt… kurz… (bleibt stehen, bohrt ihre Blicke in Elisawetas Gesicht, mit schicksalsschwerer Stimme) du betrügst deinen Mann! [B, S. 23]

Pí. Lapkinová: (chystá se důležitě k dlouhému výkladu). Poslyš, Jelizaveto! Přišla jsem k tobě s určitým úmyslem, také s blahopřáním ke Koljovu příjezdu… Ale přišla jsem schválně dří- ve… abych s tebou promluvila … nerada se pletu do cizích rodinných záležitostí, ale… máme přece povinnosti. Tvůj nevlastní syn se teď vrátil… Zkrátka… (Zastaví se, zavrtávajíc pohled do tváře Jelizavetiny, svrchovaně vážným hlasem). Ty podvádíš svého muže! [Č, S. 22-23]

Lapkin: Ich mische mich ungern in fremde Familienangelegenheiten, aber wir haben doch Pflichten. Dein Stiefsohn ist zurück… kurz… du betrügst Deinen Mann. [VS, 1. Akt, S. 7]

Auch hier zum Beispiel ließen die Rückübersetzer diesen Teil der Replik aus:

Frau Lapkin: (nimmt mit Wichtigkeit Anlauf zu einer großen Auseinandersetzung) Höre, Eli- saweta! Ich bin mit einer bestimmten Absicht zu dir gekommen… Ich bin absichtlich früher hergekommen… um mit dir zu reden…

Die Rückübersetzer gehen direkt zur Sache, sie machen keine lange Einleitung und erklären die Sachen nicht so tief, wie es im Original ist. Sie ließen auch den ganzen Nebentext aus, wie sie es sehr oft machten. Im Allgemeinen muss aber gesagt werden, dass sie in den meisten Fällen wortgetreu übersetzten.

Kolja: Ja, Vater, ich will sehen, ob sich unsere Weltanschauungen miteinander vertragen können, und ob ein Zusammenleben uns beiden möglich ist. Ich bin gewohnt, den Tatsachen ins Gesicht zu sehen. Die Zeiten sind vorüber, wo man die Jugend mit zusammengeschweißten Ideologien über die Realität des Lebens hinwegtäuschte. Wir wollen das Leben nehmen so wie es ist. [B, S. 40]

Kolja: Ano, otče, chci věděti, zda-li se naše světové názory mohou navzájem snášeti, a zda-li je možno soužití nás dvou. [Č, S. 35]

Kolja: Ich muß wissen wie du zu meinen Ideen stehst. Ich bin gewohnt den Tatsachen ins Au- ge zu sehen. Die Zeiten sind vorbei wo man die Jugend mit konfusen Ideologien über die Rea- lität des Lebens hinweg täuschte. Wir müssen das Leben so nehmen wie es ist. [VS, 1. Akt, S. 11]

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Dieses Beispiel verrät, dass die Rückübersetzer nicht nur aus der tschechischen Quelle über- setzten, sondern dass sie auch das Original von Birinski benutzen konnten oder dass sie noch eine andere Variante der tschechischen Übersetzung hatten bzw. noch andere Übersetzungen (in anderen Sprachen als Tschechisch oder Deutsch) zur Verfügung hatten. Stephan Stroux, einer der Rückübersetzer, schreibt in seinem Email, dass er den deutschen Text Narrentanz kennt, obwohl er ihn nicht als Vorlage benutzte.81 Das schließt aber nicht die Möglichkeit aus, dass die Rückübersetzer es an dieser Stelle zur Hilfe nahmen.

Die drei Sätze, die es beweisen, gibt es in der Übersetzung von Červinka gar nicht. Er musste vergessen, sie zu übersetzten, da er sonst jedes Wort übersetzte. Die Sätze haben eine identi- sche Struktur, nur einige Wörter wurden durch Synonyme ersetzt (die Rückübersetzer ver- suchten die Sätze durch Synonyme zu vereinfachen):

Ich bin gewohnt, den Tatsachen ins Gesicht zu sehen. [B, S. 40]

Ich bin gewohnt den Tatsachen ins Auge zu sehen. [VS, 1. Akt, S. 11]

Die Zeiten sind vorüber, wo man die Jugend mit zusammengeschweißten Ideologien über die Realität des Lebens hinwegtäuschte. [B, S. 40]

Die Zeiten sind vorbei wo man die Jugend mit konfusen Ideologien über die Realität des Lebens hinweg täuschte. [VS, 1. Akt, S. 11]

Wir wollen das Leben nehmen so wie es ist. [B, S. 40]

Wir müssen das Leben so nehmen wie es ist. [VS, 1. Akt, S. 11]

Modernisierung der Sprache

Die Rückübersetzung beinhaltet selbstverständlich modernere Sprache als das Original. Wei- ter werden Beispiele angeführt, die zur Modernisierung beitrugen und manchmal auch das Verstehen des Textes vereinfachten.

81 Email Korrespondenz mit Stephan Stroux [Online]. 22. 3. 2013. [email protected]

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Elisaweta: […] du läufst ganz einfach davon. [B, S. 12]

Jelizaveta: […]Zcela jednoduše utečeš. [Č, S. 15]

Jelizaveta: […] Läufst einfach weg. [VS, 1. Akt, S. 2]

______

Frau Lapkin: […]Ich mache nur einen Sprung zur Sabinskaja und komme gleich wieder. […] [B, S. 37]

Pí. Lapkinová: […]Zaskočím jenom k Sabinské, jsem tu hnedle. […] [Č, S. 33]

Lapkin: […]Entschuldige ich muß noch schnell auf einen Sprung zur Sabinska. Bin gleich zurück! […] [VS, 1. Akt, S. 10]

In der Rückübersetzung gibt es eine Ellipse: Läufst einfach weg. Es fehlt das Personalprono- men, was ein Zeichen der Mündlichkeit82 ist. Die Mündlichkeit bringt die Rezipienten dem Drama näher und der Dialog wirkt auch realistischer. Ein weiteres Beispiel vom fehlenden Personalpronomen in der Rückübersetzung ist hier zu finden: Bin gleich zurück!

Elisaweta: […] ein Gedicht, in einem Kahne auf einem von Bergen umsäumten See bei Son- nenaufgang vorgetragen. [B, S. 22]

Jelizaveta: […] byla by to báseň, přednášená za slunce východu, s člunu na jezeře, obklope- ném horskými velikány… [Č, S. 22]

Jelizaveta: […] ein Gedicht, das man bei Sonnenaufgang deklamiert, in einem Boot auf einem See, umringt von Berggiganten... [VS, 1. Akt, S. 7]

Die Rückübersetzer trugen an dieser Stelle zur Modernisierung der syntaktischen Ebene der Sprache im Drama bei. Anstatt einer vorangestellten Partizipialkonstruktion (in einem Kahne auf einem von Bergen umsäumten See) benutzten sie eine nachgestellte (in einem Boot auf einem See, umringt von Berggiganten...), dank der der Satz besser zu verstehen ist, was bei der mündlichen Kommunikation und der Bühnenkommunikation wichtig ist.

82 FREUNEK, S. Literarische Mündlichkeit und Übersetzung: am Beispiel deutscher und russischer Erzähltexte. Berlin: Frank & Timme, 2007. S. 62.

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Kolja: […] indem ich bereits von Petersburg aus Erkundigungen über dich eingezogen habe. [B, S. 41]

Kolja: […] zjednav si o tobě již informace z Petrohradu. [Č, S. 35]

Kolja: […] und mir deshalb in Petersburg Informationen über dich verschafft. [VS, 1. Akt, S. 11]

Der Ausdruck Erkundigungen einziehen gehört zur Amtssprache,83 es wurde aber stilistisch neutral als zjednat si informace (sich Informationen verschaffen) übersetzt und als sich Infor- mationen verschaffen rückübersetzt. Die Rückübersetzung wurde also auch auf der lexikali- schen Ebene modernisiert.

Auch die Bezeichnung der Akten, die schon unter 5.2 Formale Seiten vom Drama erwähnt wurde, kann man zur Modernisierung der Sprache zählen. Im Original werden die Akten „Aufzüge“ [B, S. 9] genannt, was ein älterer Begriff84 für einen Akt ist. In der Übersetzung werden die „Aufzüge“ „dějství“ (Akten) [Č, S. 13] und in der Rückübersetzung „Akten“ [VS, 1. Akt, S. 1] genannt.

6.3 Direkter Einfluss der Übersetzung auf die Rückübersetzung

Dieses Unterkapitel soll bestätigen, dass die Übersetzung Mummenschanz wirklich eine Rückübersetzung aus der tschechischen Sprache ist. Es werden hier zahlreiche Beispiele an- geführt, die beweisen, dass die Übersetzung direkt die Rückübersetzung beeinflusste.

Sekretär: Ist der Herr Gouverneur schon auf? [B, S. 10]

Sekretář: Pan gubernátor již vzhůru? [Č, S. 13]

Sekretär: Herr Gouverneur schon auf? [VS, 1. Akt, S. 1]

Auf diesem Beispiel ist der Einfluss der Übersetzung auf die Rückübersetzung gut zu sehen. In der Übersetzung fiel das Verb aus und es fehlt auch in der Rückübersetzung.

83 Stichwort: einziehen. Duden online. In: DUDENREDAKTION. Duden [Online]. 2012 [Stand: 2013-01-13]. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/einziehen 84 HUBER, M. und BÖHM, E. Akt. In: Literaturwissenschaftliche Grundbegriffe online [Online]. 9.9.2007 [Stand: 2013-04-21]. URL: http://www.li-go.de/prosa/drama/akt.html

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Gouverneur: […] Ihr Zimmer gehörte früher Kolja, und er hatte keine Ahnung, daß Sie jetzt drin wohnen. [B, S. 17]

Gubernátor: […] Váš pokoj náležel dříve Koljovi, a on neměl ani tušení, že tam spíte. [Č, S. 18]

Gouverneur: […] Ihr Zimmer gehörte früher Kolja, und er ahnte nicht, daß sie dort schlafen. [VS, 1. Akt, S. 5]

Genauso ist der Einfluss der Übersetzung auch in diesem Beispiel zu beobachten, wo das Verb wohnen in der Übersetzung als spát (schlafen) erschien und in der Rückübersetzung wurde auch schlafen benutzt.

Frau Lapkin: […] aber… man hat Pflichten. […] [B, S. 23]

Pí. Lapkinová: […] ale… máme přece povinnosti. […] [Č, S. 22-23]

Lapkin: […] aber wir haben doch Pflichten. […] [VS, 1. Akt, S. 7]

Anstatt Allgemeinem man hat Pflichten wurde im Tschechischen eine konkrete Person máme přece povinnosti (wir haben doch Pflichten) benutzt, da die Tschechische Sprache das Indefi- nitpronomen z.B. mit einem Substantiv, Personalpronomen bzw. Interrogativpronomen (je nach dem Kontext) übersetzen kann. Die Rückübersetzer übernahmen diese Satzkonstruktion und übersetzten sie wortgetreu zurück. Derselbe Fall ist auch im nächsten Beispiel:

Frau Lapkin: […] man hat doch Augen […] [B, S. 34]

Pí. Lapkinová: […] lidé mají přece oči… […] [Č, S. 31]

Lapkin: […] die Leute haben doch Augen… […] [VS, 1. Akt, S. 9]

Frau Lapkin: […] (Kolja befreit sich aus ihren Armen) […] [B, S. 37]

Pí. Lapkinová: […] (Kolja vymyká se jí z objetí.)[…] [Č, S. 33]

Lapkin: […] (Kolja entzieht sich ihrer Umarmung) […] [VS, 1. Akt, S. 10]

In diesem Fall ist Červinkas Einfluss auf die Rückübersetzung auch ziemlich deutlich. Červinka übersetzte den Satz mit Hilfe von Synonymen: sich befreien als vymykat se (sich entziehen) und aus ihren Armen als z objetí (aus ihrer Umarmung). Die Rückübersetzer über- setzten es diesmal treu nach Červinka: entzieht sich ihrer Umarmung.

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Frau Lapkin: […] Liebster Kolja. […] [B, S. 37]

Pí. Lapkinová: […] Koljo, holoubku! […] [Č, S. 33]

Lapkin: Kolja Täubchen […] [VS, 1. Akt, S. 10]

Liebster Kolja übersetzte Červinka als Koljo, holoubku (Kolja, Täubchen). Er benutzte anstatt eines Adjektivs ein Substantiv, das eine zärtliche liebevolle Anrede einer Person auch gut ausdrückt. Die Rückübersetzer übernahmen dann wortgetreu die Übersetzung von Červinka.

Kolja: Vater, du übersiehst nicht die ganze Tragweite.[…] [B, S. 45]

Kolja: Otče, nevidíš, jak je to dalekosáhlé. […] [Č, S. 38]

Kolja: Aber, Vater, siehst du nicht, welche weitreichenden Konsequenzen das hat? [VS, 1. Akt, S. 12]

Červinka übersetzte das Verb übersiehst als nevidíš (du siehst nicht), was Vrba und Stroux wortgetreu übersetzten: siehst du nicht. Weiter übersetzte Červinka das Substantiv Tragweite mit einem Adjektiv dalekosáhlé (weitreichend) und die Rückübersetzer benutzten dieses Ad- jektiv in der Rückübersetzung, sie fügten jedoch noch ein abstraktes Substantiv hinzu, das es näher erklärt: welche weitreichenden Konsequenzen.

Kolja:[…] wir sind doch Männer unter uns. [B, S. 49]

Kolja: […]mluvíme přece muž k muži. [Č, S. 41]

Kolja: […]Wir sprechen doch Mann zu Mann. [VS, 1. Akt, S. 14]

Im Original wurde das Verb sein benutzt, Červinka übersetzte es aber mit dem Verb mluvit (sprechen) und veränderte dann auch den Rest der Aussage: aus Männer unter uns wurde muž k muži (Mann zu Mann). Červinkas Übersetzung wurde in der Rückübersetzung treu übertra- gen.

Gouverneur: (mit Humor) Sei so gut. [B, S. 51]

Gubernátor: (s humorem). Prosím tě! [Č, S. 42]

Gouverneur: (mit Humor) Ich bitte dich. [VS, 1. Akt, S. 14]

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Die ursprüngliche Aussage Sei so gut veränderte Červinka auf Prosím tě (Ich bitte dich). Die Rückübersetzer übersetzten es genauso: Ich bitte dich.

Kolja: Du hast doch hoffentlich das Geld zu wohltätigen Zwecken… [B, S. 52]

Kolja: Doufám, žes použil těch peněz k dobročinným účelům- ? [Č, S. 43]

Kolja: Ich hoffe, du hast das Geld für wohltätige Zwecke verwendet. [VS, 1. Akt, S. 15]

Červinka ließ den Satz nicht geöffnet, wie es im Original ist, sondern er beendete ihn mit dem unausgesprochenen Verb použil jsi (du hast verwendet). In der Rückübersetzung wurde der Satz auch zu Ende gebracht.

Malachow: […] ist es doch dem Exekutivkomitee gelungen […] [B, S. 59]

Malachov: […] se přece ústřednímu komitétu podařilo […] [Č, S. 48]

Malachov: […] ist es dem ZK doch noch gelungen […] [VS, 1. Akt, S. 16]

Das Exekutivkomitee wurde ins Tschechische als ústřední komitét (Zentralkomitee) übersetzt und das wurde auch in der Rückübersetzung in der Form der Abkürzung ZK verwendet.

Kosakow: […] hast du die Frau des Gouverneurs gesehen? [B, S. 62]

Kozakov: […] Viděl jsi ji, paní gubernátorovou? [Č, S. 49]

Kozakov: […] Du kennst die Frau Gouverneur nicht. [VS, 1. Akt, S. 17]

Červinka benutzte den Genitiv der Zugehörigkeit85 nicht, sondern er kam mit einer anderen Lösung. Er benutzte den ursprünglichen Genitiv des Gouverneurs als einen Nachnamen: paní gubernátorovou (Frau Gouverneur), was die Rückübersetzer übernahmen.

Sekretär: […] Fallen Sie rasch um[…] [B, S. 71]

Sekretář: […] Račte jen rychle padnouti. […] [Č, S. 57]

Sekretär: […]Belieben Sie bitte rasch zu fallen. […] [VS, 1. Akt, S. 21]

85 HELBIG, G. und BUSCHA, J. Deutsche Grammatik: ein Handbuch für den Ausländerunterricht. Berlin: Langenscheidt, 2001. S. 498.

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______

Sekretär: Halten sich Exzellenz die Ohren zu. [B, S. 71]

Sekretář: Račiž si Vaše Prevoschoditělstvo zacpati uši. [Č, S. 57]

Sekretär: Belieben euer Gnaden sich die Ohren zu zuhalten. [VS, 1. Akt, S. 21]

Im Original wurde eine Imperativform benutzt: Fallen Sie um und Halten sich Exzellenz die Ohren zu. In der Übersetzung fügte Červinka eine höfliche Anforderung hinzu, die im Tsche- chischen heutzutage schon veraltet ist: Račte padnouti (Fallen Sie bitte um) und Račiž si za- cpati (Halten Sie sich bitte zu). Die Rückübersetzer übertrugen diese höfliche Bitte mit Hilfe des Verbs belieben.

Kosakow: […] aus dem Garten stürmen Kolja, Elisaweta, Frau Lapkin, mehrere Gäste […] [B, S. 73]

Kozakov: […] ze zahrady přikvapí sem skleněnými dveřmi Kolja, Jelizaveta, pán a paní Lap- kinovi s dětmi a všichni hosté[…] [Č, S. 58]

Kozakov: […] aus dem Garten: Kolja, Jelizaveta, Herrund Frau Lapkin mit Kindern und alle Gäste […] [VS, 1. Akt, S. 21]

Im Original gibt es nur Frau Lapkin, aber in der Übersetzung hat sie noch Mann und Kinder. Genauso wurde es in der Rückübersetzung übernommen.

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7 VERSCHIEBUNGEN VON BEDEUTUNGEN

Dieses Kapitel soll verschiedene Typen der Verschiebungen von Bedeutungen vorstellen. Sie wurden in folgende Unterkapitel thematisch geteilt: 7.1 Verschiebungen im Stil, 7.2 Intellek- tualisierung, 7.3 Fehlerhafte und ungenaue (Rück)Übersetzung, 7.4 Personennamen, 7.5 Übersetzung der Interjektionen und 7.6 Nullverschiebungen.

7.1 Verschiebungen im Stil

Es gab viele Verschiebungen auf der stilistischen Ebene und sie wurden in folgende Unterka- pitel gegliedert: 7.1.1 Benutzen allgemeiner Begriffe anstatt konkreter Begriffe, 7.1.2 Benut- zen stilistisch neutraler Wörter anstatt emotionell gefärbter Wörter, 7.1.3 Seltenes Benutzen von Synonymen und 7.1.4 Verschiebungen in der Stilschicht.

7.1.1 Benutzen allgemeiner Begriffe anstatt konkreter Begriffe

In diesem Unterkapitel werden die Beispiele gezeigt, in denen konkrete Begriffe durch verall- gemeinernde ersetzt wurden. Der Hauptwert wird dabei auf den Unterschied zwischen dem Original und der Rückübersetzung gelegt.

Im Text wurden keine Beispiele gefunden, die nötig wäre, zu verallgemeinern. Das heißt, dass es hier keine für den Zielempfänger unbekannte Begriffe oder keine Begriffe ohne Äquivalent in der Zielsprache gab, und der Stil wurde verarmt.

Sekretär: War nicht auch eine mit einer grünen Schleife darunter? [B, S. 10]

Sekretář: Nebyly mezi nimi jedny se zelenou páskou? [Č, S. 14]

Sekretär: War eine mit einem grünen Umschlag darunter? [VS, 1. Akt, S. 1]

Červinka machte aus einer grünen Schleife ein grünes Band. Es ist nicht klar, ob die grüne Schleife auf der Zeitung gedruckt war, oder ob die Zeitung mit ihr umbunden wurde, aber die Rückübersetzer verallgemeinerten es auf einen grünen Umschlag.

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Nikita:…sich hinter dem Ohr kraut…[B, S.9]

Nikita:…poškrábaje se za uchem…[Č, S. 13]

Nikita:…kratzt sich am Schädel…[VS, 1. Akt, S. 1]

Nikita kratzt sich im Original und in der Übersetzung hinter dem Ohr, was in der Rücküber- setzung nicht eingehalten wurde, denn dort kratzt er sich am Schädel. Schädel ist in diesem Fall ein artgleiches Element, der für einen Oberbegriff zum Ohr gehalten werden kann.

Elisaweta: […]Sie sind nur so schüchtern. (fährt ihm mit der Hand durchs Haar) […] [B, S. 20]

Jelizaveta: […] Jste jenom tak nesmělý! (projíždí mu vlasy prsty) […] [Č, S. 20]

Jelizaveta: Übertreiben Sie nicht, sie sind nur zu bescheiden. (Sie streicht ihm durch die Haare.) […] [VS, 1. Akt, S. 6]

Červinka übersetzte die folgende Stelle mit einem Unterbegriff: fährt ihm mit der Hand durchs Haar wurde zum projíždí mu vlasy prsty (fährt ihm mit den Fingern durchs Haar). Die Rückübersetzer ließen aus, womit genau Elisaweta die Haare durchfährt: Sie streicht ihm durch die Haare.

Kolja: Ja, Vater, ich will sehen, ob sich unsere Weltanschauungen miteinander vertragen können, und ob ein Zusammenleben uns beiden möglich ist. [B, S. 40]

Kolja: Ano, otče, chci věděti, zda-li se naše světové názory mohou navzájem snášeti, a zda-li je možno soužití nás dvou. [Č, S. 35]

Kolja: Ich muß wissen wie du zu meinen Ideen stehst. [VS, 1. Akt, S. 11]

In diesem Beispiel wurde Koljas Aussage verallgemeinert. Die Rückübersetzer benutzten eine allgemeine, nichts Konkretes sagende Aussage: wie du zu meinen Ideen stehst anstatt einer detaillierten Beschreibung, ob Koljas und Gouverneurs Weltanschauungen ähnlich sind und ob Kolja bei seinem Vater bleiben kann. Die Rückübersetzer hatten aber sicher ein Grund dafür, denn diese zwei Tatsachen wurden schon in der Aussage davor erwähnt. Sie wollten wahrscheinlich die Aussage, wie auch immer, nicht mehr wiederholen und den Text so ver- kürzen.

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Kolja: (entgeistert) Vater, du hast es nur des Geldes wegen getan? [B, S. 52]

Kolja: (pozbaven všeho nadšení). Otče, tys to učinil pouze pro peníze? [Č, S. 42]

Kolja: (unsicher) Du hast es für das Geld getan? [VS, 1. Akt, S. 15]

Das Adjektiv entgeistert wurde ins Tschechische beschreibend als pozbaven všeho nadšení (von aller Begeisterung befreit) übersetzt, weil der Übersetzer wahrscheinlich die Bedeutung des Wortes nicht kannte (es heißt erstaunt, schockiert oder entsetzt). Es wurde ins Deutsche als unsicher rückübersetzt, was ziemlich verallgemeinernd ist.

Gouverneur: (klopft auf die Tischdecke, wütend)[…] [B, S. 66]

Gubernátor: (klepá na desku stolu; vztekle) […] [Č, S. 54]

Gouverneur: (klopft auf den Tisch- abergläubisch-, wütend)[…] [VS, 1. Akt, S. 18]

Im Original klopft der Gouverneur auf eine Tischdecke, aber in der Übersetzung klopft er auf eine Tischplatte (na desku stolu). In der Rückübersetzung wurde es wieder verallgemeinert, denn hier klopft er auf den Tisch.

7.1.2 Benutzen stilistisch neutraler Wörter anstatt emotionell gefärbter Wörter

Hier werden einerseits die Beispiele erwähnt, in denen es zur Abschwächung feiner ästheti- scher Werte des Werks kam, und andererseits auch die Beispiele, in denen die gröberen stilis- tischen Werte des Werks noch verstärkt wurden. Die (Rück)Übersetzung von emotionell ge- färbten Wörtern war am wenigsten exakt, genau wie Formánková86 behauptet.

Gouverneur: (plötzlich ernst und streng) Es ist mein bitterer Ernst! (er blickt die beiden zornfunkelnd an) [B, S. 16]

Gubernátor: (pojednou vážně a přísně). Myslím to co nejvážněji. (Měří si oba zrakem pla- noucím zlostí). [Č, S. 18]

Gouverneur: Ich meine es sehr ernst (wütender Blick von einem zum andern) [VS, 1. Akt, S. 4]

86 Für Einzelheiten siehe die Kapitel 2.3.1 Zu Möglichkeiten der Verwendung von Rückübersetzung.

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An diesem Beispiel ist gut, die schwächende Tendenz der emotionell gefärbten Wörter zu sehen. Es ist mein bitterer Ernst! wurde im Tschechischen als Myslím to co nejvážněji (Ich meine es am ernsten) übersetzt, was ein schwächerer Ausdruck ist. Ich meine es sehr ernst in der Rückübersetzung ist noch schwächer. Aus dem einwortigen Ausdruck zornfunkelnd ent- standen drei Wörter zrakem planoucím zlostí (vor Zorn glühender Blick). Die Größe der Wut wurde in der Rückübersetzung auf einen wütenden Blick verkleinert.

Weitere Beispiele der schwächenden Tendenz sind in folgenden Repliken zu sehen:

Gouverneur: Stürmt von links ganz echauffiert herein. [B, S. 11]

Gouverneur: Vrazí sem z leva celý rozlícený, po sporu v domácnosti. [Č, S. 14]

Gouverneur: Tritt erregt ein. [VS, 1. Akt, S. 2]

Im Original stürmt der Gouverneur echauffiert herein und in der Übersetzung wurde es mit gleicher Intensität übertragen: vrazí sem celý rozlícený (stürzt/stürmt ganz wütend herein). In der Rückübersetzung ist der Gouverneur nur noch erregt und anstatt zu stürmen, tritt er nur ein.

Gouverneur: Wir haben beide was Dringendes zu erledigen.(macht verstohlen dem Sekretär Zeichen, dazubleiben) [B, S. 12]

Gubernátor: Máme spolu cosi naléhavého vyříditi (Dává potají sekretáři znamení, aby zů- stal.) [Č, S. 15]

Gouverneur: (bedeutet dem Sekretär mit unauffälliger Geste zu bleiben) Wir haben noch ei- niges zu besprechen. [VS, 1. Akt, S. 2]

Der Gouverneur wollte im Original und auch in der Übersetzung mit dem Sekretär etwas Dringendes erledigen, aber in der Rückübersetzung will er nur einiges besprechen. Die Rück- übersetzer neutralisierten diese Ausdrücke und benutzten im Nebentext sogar das Wort bedeu- ten87 in gehobener Bedeutung (im Original und in der Übersetzung standen alltäglich benutzte Verben machen und geben).

87 Stichwort: bedeuten. Duden online. In: DUDENREDAKTION. Duden [Online]. 2012 [Stand: 2013-01-13]. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/bedeuten

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Gouverneur: (gar nicht entsetzt) […] [B, S. 44]

Gubernátor: (nejsa pranic ohromen). […] [Č, S. 37]

Gouverneur: (nicht überrascht) […] [VS, 1. Akt, S. 12]

Im Original steht entsetzt, in der Übersetzung ist es ein schwächerer Ausdruck ohromen (er- staunt) und in der Rückübersetzung kommt ein neutraler Ausdruck überrascht vor.

Elisaweta: Nun, Kolja hat doch in der Nacht so laut an der Türe vom Herrn Kosakow gerüt- telt. [B, S. 17]

Jelizaveta: Ale Kolja bouřil v noci tak hlučně na dveře pana Kozakova. [Č, S. 18]

Jelizaveta: Kolja wollte in das Zimmer von Herren Kozakov. [VS, 1. Akt, S. 5]

Die Übersetzung von an der Türe rütteln wirkt im Tschechischen ziemlich ungewöhnlich: bouřit na dveře (an der Tür toben) und entspricht dem Original nicht. Der Rückübersetzter benutzte einen neutralen Ausdruck: Kolja wollte in das Zimmer. Die Grundbedeutung blieb behalten, aber der Wortschatz wurde stilistisch verarmt.

Elisaweta: Iwan, deine Schwägerin hat dir was Besonderes mitzuteilen. [B, S. 27]

Jelizaveta: Ivane, tvoje švakrová ti chce pověděti něco obzvláštního. [Č, S. 24]

Jelizaveta: Ivan, deine Schwägerin möchte dir etwas Wichtiges sagen […] [VS, 1. Akt, S. 8]

Vrba und Stroux machten aus der Mitteilung was Besonderes mitteilen, was im Tschechi- schen treu übersetzt wurde, eine allgemeine Aussage etwas Wichtiges sagen.

Frau Lapkin: (w.o.) Nicht im geringsten!! [B, S. 31]

Pí. Lapkinová: (jako nahoře). Ale kdež! [Č, S. 28]

Lapkin: Sicher nicht. [VS, 1. Akt, S. 9]

In diesem Beispiel ist die sinkende Tendenz der emotionellen Färbung gut zu beobachten. Nicht im geringsten ist ein starker Ausdruck, der die Rezipienten über das Gegenteil überzeu- gen soll. In der Übersetzung wurde der Ausdruck schwächer: Ale kdež (Aber keineswegs) und in der Rückübersetzung ist er neutral: Sicher nicht. Die Rolle spielen dabei auch die Inter-

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punktionszeichen, denn im Original gibt es zwei Ausrufezeichen und in der Rückübersetzung nur noch ein Punkt.

Gouverneur: Lang ist´s her, sehr lang. Nicht wahr, Alte.

Elisaweta: (will auf ihn losfahren, beherrscht sich aber; süß) Aber ich bitte dich, Iwan! [B, S. 14]

Gubernátor: Ale to už je dávno, moc dávno. Je-liž pravda, staroušku?

Jelizaveta: (chce na něho vyjeti, ale ovládne se: sladce) Ale prosím tě, Ivane! [Č, S. 16-17]

Gouverneur: Aber das ist schon lange her. Nicht wahr, Liebling? Viele, viele Jahre.

Jelizaveta: (unterdrückt mit Mühe eine scharfe Reaktion) [VS, 1. Akt, S. 3]

Červinka übersetzte diesen Abschnitt wieder treu, war aber expressiver bei Übersetzung von: Nicht wahr, Alte. Er übersetzte Alte mit einer Verkleinerungsform. Die Rückübersetzer igno- rierten diese Anspielung auf das Alter von Elisaweta (Gouverneur wollte auf den Unterschied im Alter zwischen Elisaweta und dem jungen Kosakow aufmerksam machen) und übersetzten es stilistisch neutral als Liebling. Auch Elisawetas Reaktion darauf wurde milder und nicht so exakt übertragen: unterdrückt mit Mühe eine scharfe Reaktion anstatt will auf ihn losfahren, beherrscht sich aber.

Im Original sprach der Gouverneur über Elisaweta noch einmal als über seine Alte [B, S. 16]. Červinka übersetzte es diesmal genau: moje stará (meine Alte) [Č, S. 18], aber die Rücküber- setzer übersetzten es wieder ihrer Meinung nach als: meine liebe, gute Jelizaveta [VS, 1. Akt, S. 4].

Kosakow: […] Ah! Freund, wie kommst du her (stürzt ihm entgegen; sehr warme Begrü- ßung)[…] [B, S. 58]

Kozakov: […] Ach! Příteli, jak ty sem přicházíš (Vrhne se mu v ústrety, a obejme ho velmi vřele) […] [Č, S. 46]

Kozakov: Malachov!! (geht ihm entgegen und umarmt ihn) Wie kommst du hierher? [VS, 1. Akt, S. 15]

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In der Rückübersetzung ist folgende sinkende Tendenz der emotionellen Färbung zu beobach- ten: stürzt ihm entgegen wurde wortgetreu übersetzt, aber die Rückübersetzung ist neutral: geht ihm entgegen.

Kolja: Aber Papa, warum regst du dich so auf […] [B, S. 49]

Kolja: Ale, tatínku, proč se rozčiluješ […] [Č, S. 41]

Kolja: Vater. Wir sprechen doch […] [VS, 1. Akt, S. 14]

Papa wurde familiär als tatínku (Papa) übersetzt.88 In der Rückübersetzung wurde aber ein neutrales Wort Vater benutzt.

Gouverneur: […] Ist das wahr? Wer erlaubt sich das zu sagen? […] [B, S. 33]

Gubernátor: […] Je to pravda? Kdo se to opovažuje říkat?[…] [Č, S. 30]

Gouverneur: Ist das wahr, wer hat den Mut das zu behaupten? [VS, 1. Akt, S. 7]

Auf diesem Beispiel wird umgekehrt die steigende Tendenz der negativen emotionellen Fär- bung gezeigt. Wer erlaubt sich das zu sagen? ist ziemlich neutral, dann kommt in der Über- setzung von Červinka ein stärkeres Verb Kdo se to opovažuje říkat? (Wer wagt sich das zu sagen?) und schließlich in der Rückübersetzung ist das Verb (in diesem Fall Verbgefüge) am stärksten wer hat den Mut das zu behaupten? Dazu kommt noch der Infinitiv behaupten an- statt eines neutralen Wortes sagen. Das gibt dem Ausdruck in der Rückübersetzung eine mehr konkrete Vorstellung als dem Ausdruck im Original.

Sekretär: Der gnädige Herr darf sie nicht lesen. Es würde ihn etwas drin sehr ärgern. [B, S. 10]

Sekretář: Barin je nesmí číst. Je tam něco, co by ho velmi rozzlobilo. [Č, S. 14]

Sekretär: Der Gouverneur darf sie auf keinen Fall in die Hand bekommen. Er wird sich fürchterlich aufregen. [VS, 1. Akt, S. 1]

88 Stichwort: Papa. Duden online. In: DUDENREDAKTION. Duden [Online]. 2012 [Stand: 2013-02-20]. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/Papa_Vater

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Auf diesem Beispiel ist gut die Verstärkung der gröberen stilistischen Werte zu sehen: der Herr sollte sich im Original und in der Übersetzung nur sehr ärgern, in der Rückübersetzung ärgert er sich aber fürchterlich.

Kolja: […]daß die meisten Kinder zu ihren Vätern so wenig Vertrauen haben nur darin[…] [B, S. 40]

Kolja: […]proč většina dětí má tak málo důvěry ke svým otcům[…] [Č, S. 36]

Kolja: […] verlieren viele Väter das Vertrauen ihrer Kinder. [VS, 1. Akt, S. 11]

Genauso werden in diesem Beispiel gröbere stilistische Werte verstärkt. Aus wenig Vertrauen haben (im Original und in der Übersetzung) entsteht in der Rückübersetzung Vertrauen ver- lieren.

Kosakow: […] die ich da mit dieser verdammten Alten auszustehen habe. [B, S. 62]

Kozakov: […] které já tady s tou proklatou bábou zakouším! [Č, S. 50]

Kozakov: […]die ich wegen der verliebten Vettel erdulden muß. [VS, 1. Akt, S. 17]

In diesem Beispiel ist auch die Stärkung der negativen emotionellen Färbung zu beobachten: Alten (salopp)89 - bábou (altes Weib, abwertend)90 - Vettel (abwertend).91 Es wurde auch ein anderes Adjektiv benutzt: verdammten- proklatou (verflucht)- verliebten.

Kosakow: […] wie lange du dich in Gefängnissen und in Sibirien abgequält hast […] [B, S. 62]

Kozakov: […] jak dlouho jsi se mučil v žalářích i v Sibiři […] [Č, S. 50]

Kozakov: […] Wie lange man dich gefoltert hat, in den Gefängnissen und in Sibirien. […] [VS, 1. Akt, S. 17]

89 Stichwort: Alte. Duden online. In: DUDENREDAKTION. Duden [Online]. 2012 [Stand: 2013-01-13]. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/Alte 90 Stichwort: bába. Slovník spisovného jazyka českého. In: LEXIKOGRAFICKÝ KOLEKTIV ÚSTAVU PRO JAZYK ČESKÝ ČSAV. Ústav pro jazyk český Akademie věd ČR, v. v. i. [Online] 2011. [Stand: 2013-01-13]. URL: http://ssjc.ujc.cas.cz/search.php 91 Stichwort: Vettel. Duden online. In: DUDENREDAKTION. Duden [Online]. 2012 [Stand: 2013-01-13]. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/Vettel

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Auch hier wird die negative emotionelle Färbung gestärkt: abgequält - mučil (du hast gequält) - gefoltert.

Gouverneur: Nun, es wird ja wohl nicht so etwas Arges sein. [B, S. 45]

Gubernátor: Nu, snad to není tak strašné. [Č, S. 38]

Gouverneur: Es wird schon nicht so schlimm sein. [VS, 1. Akt, S. 12]

Dieses Beispiel bildet eine Ausnahme, da es zu keiner Stärkung der negativen emotionellen Färbung kam, sondern der Ausdruck wurde hier gemildert. Aus nicht so etwas Arges wurde není tak strašné (nicht so schrecklich) und davon entstand nicht so schlimm.

Gouverneur: Da im Alter, wo man sich tagsüber mit einer alten Schabracke abquälen muß… [B, S. 14-15]

Gubernátor: Ale ve stáří, když se člověk po celý den moří se starým harampádím… [Č, S. 17]

Gouverneur: Aber später, wenn man sich mit dem Alter und (mit deutlichem Bezug auf Jeliza- veta) den Alten herumschlagen muß…[VS, 1. Akt, S. 4]

Auch dieses Beispiel bildet eine Ausnahme. Mit einer alten Schabracke wurde ins Tschechi- sche als se starým harampádím (mit altem Gerümpel) übersetzt, was nicht genau ist. Červinka wies hier nämlich nicht exakt auf Elisaweta hin und diese Anspielung wurde mit dem Benut- zen vom Wort Gerümpel verallgemeinert. Die Rückübersetzer wiesen auf Elisaweta schon deutlicher, aber sie benutzten keine salopp vulgäre Schicht92 wie im Original oder abwertende Schicht93 wie in der Übersetzung, sondern blieben neutral mit den Alten und ergänzten dieses Ausdruck noch mit dem Nebentext, indem auf Elisaweta gezeigt wird (mit deutlichem Bezug auf Jelizaveta).

92 Stichwort: Schabracke. Duden online. In: DUDENREDAKTION. Duden [Online]. 2012 [Stand: 2013-01-20]. http://www.duden.de/rechtschreibung/Schabracke 93 Stichwort: harampádí. Slovník spisovného jazyka českého. In: LEXIKOGRAFICKÝ KOLEKTIV ÚSTAVU PRO JAZYK ČESKÝ ČSAV. Ústav pro jazyk český Akademie věd ČR, v. v. i. [Online] 2011. [Stand: 2013-01- 20]. URL: http://ssjc.ujc.cas.cz/search.php

63

7.1.3 Seltenes Benutzen von Synonymen

Hier werden ein paar Beispiele angeführt, die das seltene Benutzen der Synonymen zeigen sollen. Was Červinka betrifft, für ihn gilt das seltene Benutzen der Synonymen nicht. Er be- nutzte im Nebentext sogar mehr Synonyme als der Autor selbst, um den Text zu bereichern. Die Rückübersetzer dagegen benutzten nur wenig Synonyme. In diesem Unterkapitel wird aber auch das Element der Wiederholung behandelt, wo es wiederum wichtig ist, der Vorlage nachzufolgen.

Frau Lapkin: (mit Beziehung) Ja, Kosakow. [B, S. 31]

Pí. Lapkinová: (s důrazem). Ano, Kozakov. [Č, S. 28]

Lapkin: Ja, Kosakow. […] [VS, 1. Akt, S. 9]

______

Frau Lapkin: (mit Beziehung) O ja. [B, S. 31]

Pí. Lapkinová: (posměšně). Ó ano, to je. [Č, S. 28]

Lapkin: O ja, das ist er. [VS, 1. Akt, S. 9]

In diesem Beispiel ist Červinkas Reichtum an Synonymen gut zu sehen. Im Original steht im Nebentext jedes Mal mit Beziehung, was Červinka immer anders als s důrazem (mit Beto- nung) und posměšně (spöttisch) übersetzt. Vrba und Stroux übersetzten den Nebentext nicht.

Kolja: (beleidigt, daß es auf den Vater keinen Eindruck macht) Ja. [B, S. 44]

Kolja: (uražen, že neučinil na otce žádoucí dojem). Ano. [Č, S. 37]

Kolja: (getroffen, daß er keinen Eindruck gemacht hat). [VS, 1. Akt, S. 12]

Auch in diesem Beispiel war Červinka bildhafter. Er übersetzte keinen Eindruck mit einem Synonym als žádoucí dojem (wünschenswerten Eindruck). In der Rückübersetzung wurde aber wieder das neutrale Pronomen kein benutzt.

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Anfissa: (kurz) Nein. [B, S. 10]

Anfisa: (úsečně). Není. [Č, S. 14]

Anfisa: Nein. [VS, 1. Akt, S. 1]

______

Anfissa: (kurz) Nein. In diese Wirtschaft! […] [B, S. 11]

Anfissa: (suše). Ne. Do tohohle hospodářství… […] [B, S. 10]

Anfisa: In dieser Wirtschaft? [VS, 1. Akt, S. 1]

Genauso in diesem Beispiel benutzte Červinka einen reicheren Wortschatz. Im Original wur- de im Nebentext immer das Wort kurz benutzt. Červinka übersetzte es jedes Mal anders: im ersten Beispiel als úsečně (lakonisch) und im zweiten als suše (trocken). Die Rückübersetzer ließen den Nebentext wieder aus.

Frau Lapkin: […]Nicht im geringsten!! [B, S. 31]

Pí. Lapkinová: […] Ale kdež! [Č, S. 28]

Lapkin: Sicher nicht. [VS, 1. Akt, S. 9]

______

Frau Lapkin: Gewiß…aber…[…] [B, S. 34]

Pí. Lapkinová: Zajisté… Ale…[…] [Č, S. 30]

Lapkin: Sicher, aber... [VS, 1. Akt, S. 9]

______

Frau Lapkin: Nun ja, aber […] [B, S. 34]

Pí. Lapkinová: Inu ano, ale […] [Č, S. 30]

Lapkin: Sicher aber […] [VS, 1. Akt, S. 9]

Hier benutzten die Rückübersetzer in allen drei Beispielen das Wort sicher. Sowohl im Origi- nal als auch in der Übersetzung wurde immer in jedem Beispiel ein anderer Ausdruck benutzt: Nicht im geringsten und Ale kdež (Aber keineswegs); Gewiß und Zajisté (sicher); Nun ja als Inu ano (Nun ja).

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Gouverneur: Und wie noch? Das ist doch auch meine Weltanschauung […] [B, S. 47]

Gubernátor: Jak pak by ne? Toť přece i můj světový názor[…] [Č, S. 39]

Gouverneur: Selbstverständlich. […] [VS, 1. Akt, S. 13]

______

Gouverneur: Und ob. [B, S. 47]

Gubernátor: Jak pak by ne! [Č, S. 39]

Gouverneur: Selbstverständlich. [VS, 1. Akt, S. 13]

______

Gouverneur: Selbstverständlich, selbstverständlich! […] [B, S. 52]

Gubernátor: Toť se ví, toť se ví! […] [Č, S. 43]

Gouverneur: Selbstverständlich. […] [VS, 1. Akt, S. 15]

______

Kosakow: Und wie. […] [B, S. 61]

Kozakov: Jak pak by ne! […] [Č, S. 49]

Kozakov: Selbstverständlich. […] [VS, 1. Akt, S. 16]

______

Gouverneur: Freilich. Sobald wie möglich. […] [B, S. 70]

Gubernátor: Ovšem. Co možná nejdřív […] [Č, S. 56]

Gouverneur: Selbstverständlich, möglichst bald. [VS, 1. Akt, S. 20]

Auch in diesen Beispielen ist die Verarmung des Wortschatzes aus der Seite der Rücküberset- zer gut zu sehen. Sie benutzten in allen Beispielen das Wort Selbstverständlich, um das Zu- stimmen auszudrücken. Červinka war etwas einfallsreicher, da er nur einmal das Wort Ovšem (Selbstverständlich) benutzte, sonst dachte er noch zwei Ausdrücke aus: Jak pak by ne (Wie denn nicht) und Toť se ví (Das weiß man doch). In diesem Fall wurden die meisten Synonyme im Original benutzt, und zwar in jedem Beispiel ein anderer Ausdruck. Um die Unterschiede besser vergleichen zu können, wurde für die Anschaulichkeit eine Tabelle der oben erwähnten Ausdrücke gemacht:

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Birinski Červinka (mit Übersetzung ins Deutsche) Vrba und Stroux

Und wie noch Jak pak by ne (Wie denn nicht) Selbstverständlich

[B, S. 47] [Č, S. 39] [VS, 1. Akt, S. 13]

Und ob Jak pak by ne (Wie denn nicht) Selbstverständlich

[B, S. 47] [Č, S. 39] [VS, 1. Akt, S. 13]

Selbstverständlich Toť se ví (Das weiß man doch) Selbstverständlich [B, S. 52] [Č, S. 43] [VS, 1. Akt, S. 15]

Und wie Jak pak by ne (Wie denn nicht) Selbstverständlich

[B, S. 61] [Č, S. 49] [VS, 1. Akt, S. 16]

Freilich Ovšem (Natürlich/ Selbstverständlich) Selbstverständlich

[B, S. 70] [Č, S. 56] [VS, 1. Akt, S. 20]

Element der Wiederholung

Das Element der Wiederholung spielt auch bei Birinski eine gewisse Rolle, denn er verwendet dieses Element hauptsächlich in komischen Szenen, um das Komische bzw. Groteske dadurch noch hervorzuheben.

Elisaweta: […] Sie lieben mich nicht mehr.

Kosakow: […] O ja.

Elisaweta: Sie haben meine Liebe schon satt.

Kosakow: […] O nein.

Elisaweta: Sie haben mich nie geliebt!

Kosakow: […] O ja.

Elisaweta: Sie sind meiner schon überdrüssig.

Kosakow: O nein.

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Elisaweta: O ja! […] [B, S. 18]

Jelizaveta: […] Vy mne už nemilujete?

Kozakov: […] Ó ano.

Jelizaveta: Jste již syt mé lásky.

Kozakov: […] Ó ne!

Jelizaveta: Nikdy jste mne nemiloval!

Kozakov: […] Ó ano!

Jelizaveta: Omrzela jsme vás již?

Kozakov: Ó ne!

Jelizaveta: Ó ano! […] [Č, S. 19]

Jelizaveta: […] Sie lieben mich nicht mehr?

Kozakov: O ja.

Jelizaveta: Sie sind meiner überdrüssig.

Kozakov: O nein.

Jelizaveta: Sie haben mich nie geliebt.

Kozakov: O ja.

Jelizaveta: Ich falle ihnen auf die Nerven.

Kozakov: O nein.

Jelizaveta: O ja. […] [VS, 1. Akt, S. 5]

In diesem Beispiel wurde das Element der Wiederholung sowohl in der Übersetzung als auch in der Rückübersetzung eingehalten. Elisaweta stellt Fragen und Kosakow antwortet abwech- selnd O ja und O nein. Nach vier Fragen beendet Elisaweta diese Reihe der Wiederholungen mit O ja.

Kolja: […] gestatte, daß ich ein wenig auf und ab gehe, ich bin es gewohnt.

Gouverneur: Bitte.

Kolja: Danke.

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Gouverneur: Aber mir gestattest du doch, weiter zu sitzen, ich bin es auch so gewohnt.

Kolja: Bitte.

Gouverneur: Danke. [B, S. 46]

Kolja: […] dovol, budu se trochu procházeti sem a tam, jsem tomu zvyklý.

Gubernátor: Prosím.

Kolja: Děkuji.

Gubernátor: Ale mně dovolíš laskavě abych směl zůstat seděti, jsem tomu také zvyklý.

Kolja: Prosím.

Gubernátor: Děkuji. [Č, S. 38-39]

Kolja: […] verzeih, wenn ich ein wenig auf- und abgehe, ich bin daran gewöhnt.

Gouverneur: Bitte.

Kolja: Danke. [VS, 1. Akt, S. 12-13]

Das Element der Wiederholung wurde hier in der Rückübersetzung nicht eingehalten. Die Wiederholung hat an dieser Stelle eine gewisse humorvolle Funktion, die eingehalten sein sollte. Kolja fragt den Gouverneur, ob er wenig auf- und abgehen kann, der Gouverneur ge- stattet es und Kolja bedankt sich bei ihm. Dann fragt der Gouverneur, ob er sitzen bleiben kann, und jetzt wurden die Rollen verwechselt: Kolja gestattet es und der Gouverneur dankt dafür. In der Rückübersetzung wurde leider die Replik mit der wiederholenden Funktion aus- gelassen.

Frau Lapkin: […] Er weiß alles.

Gouverneur: […] Glaubst du?

[…]

Gouverneur: […] Ist es etwas Ernstes?

Kolja: Ja, Papa, sehr Ernstes.

Frau Lapkin: […] Er weiß alles.

Gouverneur: Es hat doch sicherlich keine Eile.

Kolja: […] Doch, Papa, […]

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Frau Lapkin: […] Er weiß alles.

[…]

Frau Lapkin: […] Ich will nicht stören. [B, S. 38]

Pí. Lapkinová: […] Ví všecko.

Gubernátor: […] Myslíš?

[…]

Gubernátor: […] Je to něco vážného?

Kolja: Ano, papášo, něco velmi vážného.

Pí. Lapkinová: […]Ví všecko.

Gubernátor: Přec to snad nespěchá?

Kolja: […] Spěchá, papášo, […]

Pí. Lapkinová: […]Ví všecko.

[…]

Pí. Lapkinová: Nebudu vás rušiti. [Č, S. 33-34]

Lapkin: […] Dann will ich euch nicht stören. [VS, 1. Akt, S. 10]

In diesem Dialog geht es darum, dass Kolja mit dem Gouverneur über etwas Ernstes sprechen will und der Gouverneur und Frau Lapkin glauben, dass er über Elisawetas Untreue mit Ko- sakow weiß. Frau Lapkin ist schadenfroh und sagt dem Gouverneur dreimal während des Ge- sprächs, dass Kolja alles wisse. Es handelt sich wieder um ein komisches Element, der in der Rückübersetzung nicht eingehalten wurde, weil die ganze Replik ausgelassen wurde.

7.1.4 Verschiebungen in der Stilschicht

Es gab auch Verschiebungen in der Stilschicht. Es wurden meistens neutrale Ausdrücke durch regionale verwechselt. In der Rückübersetzung gab es auch öfter umgangssprachliche Aus- drücke.

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Kolja: […] (spricht apodiktisch, mit wirklichem Ernst, nicht übertrieben. Hie und da bricht seine Jugend sonnig, naiv durch.) [B, S. 37]

Kolja: […] (mluví apodikticky, s opravdovou vážností, nikoli přehnaně. Tu a tam pronikne však jeho mládí slunným, naivním tónem) [Č, S. 33]

Kolja: […] (spricht apodiktisch, mit wirklicher Ernsthaftigkeit, nur hier und da kommt ein naiver Ton durch) [VS, 1. Akt, S. 10]

Die Rückübersetzung kommt ein naiver Ton durch ist in diesem Fall nicht völlig klar. Vrba mit Stroux vergaßen zu erwähnen, dass das, was durchbricht, ist Koljas Jugend. Auch die Wahl des Verbs durchkommen war in diesem Fall nicht besonders glücklich, weil dieses Verb nur umgangssprachlich94 mit der ursprünglichen Bedeutung des Verbs durchbrechen und des- sen Übersetzung proniknout (durchdringen) zusammenhängt.

Kolja: Ich warte, bis du den Akt weglegst.

Gouverneur: (blickt ihn rasch von der Seite an und legt den Akt weg) So? [B, S. 39]

Kolja: Čekám, až ten akt odložíš.

Gubernátor: (podívá se naň bystře se strany a odloží akt). Tak. [Č, S. 34]

Kolja: Ich warte bis du fertig bist.

Gouverneur: (schaut ihn scharf an und legt die Akte weg) So? [VS, 1. Akt, S. 10]

Der Akt heißt in diesem Fall ein Dokument, aber in dieser Form und mit Maskulinum wird es vor allem regional (in Süddeutschland und Österreich)95 benutzt. Die Rückübersetzer verwen- deten in ihrer Übersetzung das stilistisch neutrale Wort die Akte, was eine bessere und mehr eindeutige Lösung ist.

[…] Fenster auf Straße […] [B, S. 9]

[…] okno na ulici […] [Č, S. 13]

[…] gassenseitiges Fenster[…] [VS, 1. Akt, S. 1]

94 Stichwort: durchkommen. Duden online. In: DUDENREDAKTION. Duden [Online]. 2012 [Stand: 2013-04- 13]. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/durchkommen 95 Ebenda. Stichwort: Akt. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/Akt_Handlung_Tat

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Der stilistisch neutrale Ausdruck Fenster auf Straße wurde ins Tschechische ebenso wortge- treu übersetzt. Es wurde aber ins Deutsche dialektisch rückübersetzt: es wurde das österrei- chische Wort gassenseitig96 benutzt.

Anfissa: Sie sind es? In aller Frühe schon! Sehen Sie, dass Sie fortkommen! [B, S. 9]

Anfisa: To jste vy? Už tak časně? Strkejte se! [Č, S. 13]

Anfisa: Ach Du bist´s! Mach, dass Du fortkommst. [VS, 1. Akt, S. 1]

Aus einem unbekannten Grund übersetzten die Rückübersetzer das Siezen mit dem Duzen. Vielleicht wollten sie betonen, dass Anfissa und Nikita auf dem gleichen sozialen Niveau sind, oder andeuten, dass sie sich gut kennen. Es geht aber um eigene Interpretation der Rückübersetzer.

Gouverneur: […]daß du und nicht ich das Gouvernement beherrschst, daß du Beamten auf- nehmen und entlassen kannst […] [B, S. 13]

Gubernátor: […] že ty ovládáš gubernii a nikoliv já, že ty můžeš přijímati a propouštěti úřed- níky[…]. [Č, S. 16]

Gouverneur: […] Alle sollen wissen, daß du die Beamten einstellen und hinauswerfen kannst […] [VS, 1. Akt, S. 3]

In der Rückübersetzung entspricht stilistisch das Wort hinauswerfen der Übersetzung pro- pouštěti (entlassen) nicht. Hinauswerfen wird nämlich umgangssprachlich benutzt.97

Elisaweta: […] (es klingelt, zu Anfissa) Es hat geklingelt. [B, S. 21]

Jelizaveta: […] (Zvoní se, k Anfise). Někdo zvonil. [Č, S. 21]

Jelizaveta: (esklingelt) Jemand hat geläutet. [VS, 1. Akt, S. 6]

Das Wort läuten ist synonymisch zum Wort klingeln. Aber sie sind nicht auf der gleichen

96 Stichwort: gassenseitig. Duden online. In: DUDENREDAKTION. Duden [Online]. 2012 [Stand: 2013-01-13]. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/gassenseitig 97 Ebenda. Stichwort: hinauswerfen. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/ hinauswerfen

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stilistischen Ebene, da läuten in der Bedeutung „an der Tür klingeln“ nur regional (süd- deutsch, österreichisch, schweizerisch)98 benutzt wird und sonst gehoben ist.

Gouverneur: (ruhig) Werfen Sie den Mann hinaus. [B, S. 28]

Gubernátor: (klidně) Vyhoďte toho člověka! [Č, S. 28]

Gouverneur: (ruhig) Schmeißt ihn heraus. [VS, 1. Akt, S. 8]

Die Rückübersetzung ist stilistisch inkorrekt: das Wort schmeißen wird in der Jägersprache99 benutzt und es ist kein neutrales Wort wie im Original oder in der Übersetzung (werfen und vyhodit).

Frau Lapkin: […]Die Leute schwatzen es bloß. […] [B, S. 34]

Pí. Lapkinová: […] Lidé jenom tak žvatlají. […] [Č, S. 30]

Lapkin: Die Leute reden nur so. [VS, 1. Akt, S. 9]

Das Verb schwatzen im Original gehört zur abwertenden Sticht und wird vor allem im nord- deutschen Raum benutzt.100 Červinkas Übersetzung žvatlat (plappern, schwatzen) ins Tsche- chische ist auch expressiv, trotzdem wurde in der Rückübersetzung die stilistische Färbung nicht eingehalten und das Verb reden ist hier neutral.

Kolja: Man hat mir vier vollgeschriebene Bogen eingeschickt. [B, S. 48]

Kolja: Poslali mi čtyři hustě popsané archy. [Č, S. 40]

Kolja: Sie haben mir vier, eng beschriebene Bögen geschickt. [VS, 1. Akt, S. 13]

Das Wort Bogen wurde als Bögen rückübersetzt, was eine regionale Variante101 (besonders süddeutsche, österreichische und schweizerische) ist.

98 Stichwort: läuten. Duden online. In: DUDENREDAKTION. Duden [Online]. 2012 [Stand: 2013-01-13]. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/ läuten 99 Ebenda. Stichwort: schmeißen. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/ schmeißen 100 Ebenda. Stichwort: schwatzen. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/schwatzen 101 Ebenda. Stichwort: Bogen. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/Bogen

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Kolja: Daß du sehr freiheitlich bist. [B, S. 48]

Kolja: Že jsi náramně svobodomyslný. [Č, S. 40]

Kolja: Daß du sehr freisinnig bist. [VS, 1. Akt, S. 13]

Während im Original und in der Übersetzung ein neutrales Wort freiheitlich und svobodomy- slný (freiheitlich) benutzt wurde, wurde in der Rückübersetzung ein gehobener Ausdruck102 benutzt: freisinnig.

7.2 Intellektualisierung

Der Übersetzer und auch die Rückübersetzer vermieden die Intellektualisierung in der (Rück)Übersetzung nicht. Sie machten den Text logisch und interpretierten die nicht zu Ende gesagten Sachen.

Vestibül beim Gouverneur. [B, S. 9]

Vestibul v domě gubernátorově. [Č, S. 13]

Vorhalle im Haus des Gouverners. [VS, 1. Akt, S. 1]

Schon im ersten Satz des Dramentextes benutzte der Übersetzer das Prinzip der Intellektuali- sierung. Vestibül beim Gouverneur wurde mit dem Wort im Haus ergänzt, was auch in der Rückübersetzung behalten blieb.

Frau Lapkin: Nun ja, aber er ist nur einmal jung. [B, S. 34]

Pí. Lapkinová: Inu ano, ale je zkrátka mladý. [Č, S. 31]

Lapkin: Sicher aber er ist noch so jung. [VS, 1. Akt, S. 9]

Weder der Übersetzer noch die Rückübersetzer übersetzten die Wortverbindung nur einmal jung richtig: zkrátka mladý (kurz gesagt jung) und noch so jung geben dem ganzen Satz im- mer einen verschieden Ton. Jeder von ihnen verstand den Text auf eine andere Art und Weise und sie interpretierten es auch anders.

102 Stichwort: freisinnig. Duden online. In: DUDENREDAKTION. Duden [Online]. 2012 [Stand: 2013-01-13]. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/freisinnig

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Elisaweta: Sehen Sie! Die Luft wird Ihnen sicher gut tun. [B, S. 12]

Jelizaveta: Jděte! Čerstvý vzduch vám poslouží. [Č, S. 15]

Jelizaveta: Das hat später auch noch Zeit. [VS, 1. Akt, S. 2]

Červinka veränderte das erste Verb sehen auf gehen und erweiterte das Substantiv Luft (vzduch) um das Adjektiv čerstvý (frisch), damit den Lesern alles klar ist. Vrba mit Stroux erdachten die Replik ganz aus.

Sekretär: Was haben Sie denn heute? Freuen Sie sich gar nicht, daß Ihr Liebling Kolja zu- rückgekehrt ist? [B, S. 11]

Sekretář: Co je vám dnes? Nemáte radost, že se váš miláček Kolja vrátil? [Č, S. 14]

Sekretär: Was haben sie, Anfisa? Ich dachte sie wären heute besonders gut aufgelegt. Nun, da ihr Liebling Kolja zurückgekommen ist. [VS, 1. Akt, S. 1]

Die Rückübersetzer interpretierten die Replik etwas tiefer und versuchten den Text logisch zu machen. Anstatt Freuen Sie sich gar nicht erläutern sie den Kontext mit dem Satz Ich dachte sie wären heute besonders gut aufgelegt.

Gouverneur: Stürmt von links ganz echauffiert herein. [B, S. 11]

Gubernátor: Vrazí sem z leva celý rozlícený, po sporu v domácnosti. [Č, S. 14]

Gouverneur: Tritt erregt ein. [VS, 1. Akt, S. 2]

Červinka fügte eine Erklärung der Wut des Gouverneurs hinzu: po sporu v domácnosti (nach einem Streit im Haushalt), was im Original nicht vorkommt. Die Rückübersetzer übersetzten es nur kurz und stilistisch neutral mit den Worten: Tritt erregt ein.

Elisaweta: In der Hauptstadt sagt man, hat noch jede anständige Frau ihren Skandal gehabt. […] [B, S. 26]

Jelizaveta: V Petrohradě má prý každá pořádná paní svůj skandál. […] [Č, S. 24]

Jelizaveta: […] In Petersburg soll jede anständige Frau ihren Skandal haben. […] [VS, 1. Akt, S. 7]

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Červinka konkretisierte in diesem Beispiel den Namen der Hauptstadt. Er ließ aus, dass es um eine Hauptstadt geht, und nannte direkt den Ortsnamen. Die Rückübersetzer übernahmen in der Rückübersetzung auch den konkreten Namen (Petersburg).

Kosakow: […] Ah! Freund, wie kommst du her (stürzt ihm entgegen; sehr warme Begrü- ßung)[…] [B, S. 58]

Kozakov: […] Ach! Příteli, jak ty sem přicházíš (Vrhne se mu v ústrety, a obejme ho velmi vřele) […] [Č, S. 46]

Kozakov: Malachov!! (geht ihm entgegen und umarmt ihn) Wie kommst du hierher? [VS, 1. Akt, S. 15]

In der Übersetzung wurde die Intellektualisierung benutzt: sehr warme Begrüßung wurde als obejme ho velmi vřele (er umarmt ihn sehr warm) übersetzt. Das Wort Begrüßung muss aber nicht unbedingt eine Umarmung vorstellen. In der Rückübersetzung wurde die Umarmung übernommen.

Sekretär: […] Exzellenz müssen sich schon so bequemen. […] [B, S. 72]

Sekretář: […] Vaše Prevoschoditělstvo račiž se již namáhati jen tak… […] [Č, S. 57]

Sekretär: […] Sollen Sie sich nur so, ohne Kissen bemühen. […] [VS, 1. Akt, S. 21]

Der Gouverneur soll sich im Original und in der Rückübersetzung schon so bequemen. In der Rückübersetzung wurde aber ohne Kissen zugegeben, was wieder eine Intellektualisierung ist.

Gouverneur: Du…Du siehst doch, daß wir nicht allein sind. [B, S. 11]

Gubernátor: Vi…Vidíš přece, že nejsme sami. [Č, S. 15]

Gouverneur: (deutet auf den Sekretär) Nicht jetzt. [VS, 1. Akt, S. 2]

Diese Replik wurde in der Rückübersetzung teilweise durch Gestik (deutet auf den Sekretär), die den Teil des Satzes im Original Du…Du siehst doch beschreibt, ersetzt. Der andere Teil des Satzes könnte in der Rückübersetzung für Intellektualisierung gehalten werden, denn der Satz Du…Du siehst doch, daß wir nicht allein sind heißt eigentlich: jetzt will ich mit dir nicht sprechen, störe mich jetzt nicht, also gekürzt: Nicht jetzt.

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Kolja: Ich habe dir die Aufgabe erleichtert […] [B, S. 41]

Kolja: Usnadnil jsem ti tento úkol […] [Č, S. 35]

Kolja: Ich habe mich auf dieses Gespräch vorbereitet […] [VS, 1. Akt, S. 11]

Die Rückübersetzer drückten die originale Replik Ich habe dir die Aufgabe erleichtert mit anderen Worten aus: Ich habe mich auf dieses Gespräch vorbereitet. Sie haben wieder das Ungesagte logisch gemacht.

Gouverneur: (froh, daß er Gesellschaft bekommt) Bitte, bitte, nur herein. [B, S. 13]

Gubernátor: (rád, že někdo přichází) Prosím, račte jen dále. [Č, S. 16]

Gouverneur: (froh, daß jemand kommt und dem Streit ein Ende macht) Bitte, bleiben sie doch! [VS, 1. Akt, S. 3]

In diesem Beispiel wurde in der Rückübersetzung die Freude des Gouverneurs ganz ausführ- lich erklärt. Im Original und in der Übersetzung ist er froh, dass jemand kommt, aber in der Rückübersetzung ist er noch deswegen froh, dass jemand dem Streit ein Ende macht. Es ist wieder ein Fall der Interpretation des Ungesagten.

Gouverneur: (schleppt ihn herein) [B, S. 14]

Gubernátor: (vtáhne ho dovnitř.) [Č, S. 16]

Gouverneur: (zieht Kozakov am Arm und führt ihn weiter.) [VS, 1. Akt, S. 3]

In diesem Beispiel wurde in der Rückübersetzung die Bewegung des Gouverneurs detaillier- ter als im Original und in der Übersetzung beschrieben. Der Satz schleppt ihn herein wurde logisch gemacht und Kosakow wurde am Arm gezogen und dann weiter geführt.

Kosakow: […] Lassen Sie ihn bitte herein. [B, S. 57]

Kozakov: […] Prosím, pozvete ho, ať vstoupí. [Č, S. 46]

Kozakov: Ich komme gleich, führen sie ihn herein. [VS, 1. Akt, S. 15]

Auch hier wurde in der Rückübersetzung logisch gemacht, indem der Satz Ich komme gleich zugegeben wurde.

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Kosakow: (wütend) Herr!... Ich… Wir hätten doch irgendwelche Maßnahmen ergreifen kön- nen. […] [B, S. 65]

Kozakov: (zuří). Pane!… Já vás… Byli bychom mohli učinit aspoň nějaká opatření![…] [Č, S. 52]

Kozakov: (tobt)…ich werde sie… wir hätten etwas unternehmen müssen.[…] [VS, 1. Akt, S. 18]

Auch hier wurde der Text näher interpretiert als im Original, jedoch wurde die Ellipse, die eine nicht zu Ende gesagte Bedrohung ausdrücken soll, eingehalten. Im Original steht Ich und in der Übersetzung und der Rückübersetzung wurde noch ein paar Wörter hinzugefügt, damit die Bedrohung klarer ist: Já vás… (Ich werde sie) und ich werde sie …

Gouverneur: (klopft auf die Tischdecke, wütend)[…] [B, S. 66]

Gubernátor: (klepá na desku stolu; vztekle) […] [Č, S. 54]

Gouverneur: (klopft auf den Tisch- abergläubisch-, wütend)[…] [VS, 1. Akt, S. 18]

Auch hier wurde der Text interpretiert und in der Rückübersetzung wurde eine Erklärung des inneren Zustands von Gouverneur (abergläubisch) hinzugefügt.

Gouverneur:[…] Aber kann ich mich denn nicht früher auf den Fußboden legen […] [B, S. 71]

Gubernátor: […] Jenom ještě- nemohl bych si snad lehnout dříve na podlahu […] [Č, S. 57]

Gouverneur: […] Noch eins… könnte ich mich nicht vorher hinlegen? [VS, 1. Akt, S. 21]

Auch in diesem Fall wurde der Text logisch gemacht. Die Übersetzung knüpfte mit anderen Worten auf den davorstehenden Satz an, und zwar mit jenom ještě (nur noch) anstatt aber und in der Rückübersetzung wurde es als noch eins übernommen.

Gouverneur: (von seinem Platze aus) Aufgeregter! Mehr Verzweiflung! […] [B, S. 72]

Gubernátor: (se svého místa) Rozčileněji! Víc zoufalosti! […] [Č, S. 58]

Gouverneur: (richtet sich auf) Mehr Verzweiflung. […] [VS, 1. Akt, S. 21]

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Auch in diesem Beispiel interpretierten die Rückübersetzer von seinem Platze aus und se své- ho místa (aus seinem Platz) ganz anders. Sie übersetzten es als richtet sich auf, was mit der originellen Bedeutung nichts zu tun hat. Die Hauptsache war, dass der Gouverneur auf dem Boden liegen sollte, was behalten blieb.

Kolja: Du hast doch hoffentlich das Geld zu wohltätigen Zwecken… [B, S. 52]

Kolja: Doufám, žes použil těch peněz k dobročinným účelům - ? [Č, S. 43]

Kolja: Ich hoffe, du hast das Geld für wohltätige Zwecke verwendet. [VS, 1. Akt, S. 15]

In diesem Beispiel wurde der erste Satz nicht beendet und das Vollverb wurde nicht genannt. In der Übersetzung wurde aber das Verb völlig ausgedrückt: použil jsi (du hast verwendet). In der Rückübersetzung wurde es selbstverständlich übernommen und das Vollverb wurde ge- nannt: du hast das Geld für wohltätige Zwecke verwendet.

Kolja: Aber Papa, ich rede dir doch gar nichts drein. Ich bin überzeugt, daß das Fräulein Marie deiner Liebe würdig ist. [B, S. 49- 50]

Kolja: Ale tatínku, já ti do toho přec nemluvím. Jsem přesvědčen, že slečna Marie je hodna tvojí lásky. [Č, S. 41]

Kolja: Ich bin überzeugt, daß das Frl. Maria deiner Liebe wert ist. Du brauchst dich deswe- gen nicht zu schämen. [VS, 1. Akt, S. 14]

Auch in dieser Replik wurde der Text in der Rückübersetzung verändert. Der Satz ich rede dir doch gar nichts drein, der wortgetreu übersetzt wurde, wurde als du brauchst dich deswegen nicht zu schämen rückübersetzt. Die Rückübersetzer interpretierten diese Stelle wieder etwas anders.

Erdachte Repliken

Zu der Kategorie der Intellektualisierung kann man auch die völlig erdachten Repliken zäh- len. Hier werden also die Repliken erwähnt, die neu vom Übersetzer oder von den Rücküber- setzern erdacht wurden. Die Initiative des Übersetzers und der Rückübersetzer war in diesem Fall größer und sie bezogen ihre eigenen Ideen in den Text ein.

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Kosakow: […] aus dem Garten stürmen Kolja, Elisaweta, Frau Lapkin, […] [B, S. 73]

Kozakov: […] ze zahrady přikvapí sem skleněnými dveřmi Kolja, Jelizaveta, pán a paní Lap- kinovi s dětmi[…] [Č, S. 58]

Kozakov: […] aus dem Garten: Kolja, Jelizaveta, Herrund Frau Lapkin mit Kindern […] [VS, 1. Akt, S. 21]

Červinka dachte eine neue Figur aus: Herrn Lapkin, den Mann von Frau Lapkin, und ihre Kinder, die einen Teil der Gäste bilden sollten. In der Rückübersetzung blieb dieses bewahrt. Im Original soll die unten erwähnte Replik einer der Gäste sagen. Červinka ließ auch hier seine neue Figur sprechen. Die Rückübersetzer übernahmen wahrscheinlich diese Figur, aber es ist nicht völlig sicher. Sie schrieben nämlich nicht, ob es sich um Frau oder Herrn Lapkin handelt, denn schon davor wurde die Bezeichnung für Frau Lapkin nur Lapkin benutzt:

Ein Gast: (kommandierend) Wir müssen ihn ins Bett bringen, bis der Arzt kommt. […] [B, S. 73]

Lapkin: (velitelsky) Musíme ho dopravit do postele, než přijde lékař. […] [Č, S. 58]

Lapkin: (befehlend) Wir müssen ihn ins Bett bringen […] [VS, 1. Akt, S. 22]

Elisaweta: (zum Sekretär) Bitte, gehen Sie ein wenig in den Garten spazieren. [B, S. 12]

Jelizaveta: (sekretáři) Prosím, jděte se projít trochu do zahrady. [Č, S. 15]

Jelizaveta: (zum Sekretär) Sie haben doch sicher zu tun. [VS, 1. Akt, S. 2]

Anstatt im Garten zu spazieren, soll der Sekretär in der Rückübersetzung sicher doch zu tun haben. Die Replik hängt mit dem Original und mit der Übersetzung, die treu übertragen wur- de, nicht mit.

Elisaweta: Sehen Sie! Die Luft wird Ihnen sicher gut tun. [B, S. 12]

Jelizaveta: Jděte! Čerstvý vzduch vám poslouží. [Č, S. 15]

Jelizaveta: Das hat später auch noch Zeit. [VS, 1. Akt, S. 2]

Wie schon oben erwähnt wurde, Červinka intellektualisierte diese Replik in seiner Überset- zung. Vrba und Stroux dachten die weitere Replik ganz aus.

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Gouverneur: Du bist ein grüner Junge und hast dich in solche Dinge nicht hineinzumischen. [B, S. 49]

Gubernátor: Tys holobrádek, a do takových věcí se mi nepleť. [Č, S. 41]

Gouverneur: Für dein Alter bist du erstaunlich fortschrittlich. Gehört das auch zu dieser neuen Ideologie? [VS, 1. Akt, S. 14]

Die Rückübersetzter folgten auch an dieser Stelle nicht der Vorlage. Der Gouverneur soll sich darüber ärgern, dass Kolja sich in seine Dinge einmischt, und sagt ihm, dass er ein grüner Junge sei, und genauso steht es in der Übersetzung. In der Rückübersetzung spielt sich aber die Situation ganz im Gegenteil ab: Kolja wird hier als fortschrittlich bezeichnet und der Gouverneur fragt ihn noch, ob diese Fortschrittlichkeit zur Koljas neuen Ideologie gehöre, obwohl er sich ärgern soll.

Gouverneur: (zu Kolja) Sei so gut, geh´ein wenig in den Garten (Kolja ab, drängend). […] [B, S. 54]

[…]

Elisaweta: […] (ab mit einem schmachtenden Blick zu Kosakow) [B, S. 58]

Gubernátor: (Koljovi). Buď tak laskav, jdi na chvíli do zahrady. (Po Koljovu odchodu nalé- havě.) […] [Č, S. 44]

[…]

Jelizaveta: […] (Odejde s nyjícím pohledem směrem ke Kozakovu.) [Č, S. 47]

Jelizaveta: Komm Kolja, wir werden die Gäste im Garten empfangen (Beide ab). [VS, 1. Akt, S. 15]

Da die Rückübersetzer eine ganze Szene ausließen, mussten Sie dann an dieser Stelle impro- visieren und auf die weitere Handlung logisch anknüpfen. So geht Kolja mit Elisaweta zu- sammen ab, obwohl im Original sie nicht zusammen sondern jeder von ihnen selbst wegge- hen.

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Kosakow: […] tausende von Rubeln zur Bekämpfung der Revolution anweisen, […] für Witwenpensionen gefallener Offiziere […] [B, S. 65]

Kozakov: […] poukazovati tisíce rublů k boji proti revoluci, […] na pense pro vdovy po pad- lých důstojnících […] [Č, S. 52]

Kozakov: […] zehntausende Rubel überweisen, für den Kampf gegen die Revolution, […] die Pensionen der Witwen und Waisen der gefallenen Offiziere […] [VS, 1. Akt, S. 18]

Die Rückübersetzer wurden in diesem Absatz freigebiger als der Autor oder der Übersetzer. Aus Tausenden von Rubeln sind in der Rückübersetzung Zehntausende entstanden und die Pensionen bekamen nicht nur Witwen, sondern auch die Waisen.

7.3 Fehlerhafte und ungenaue (Rück)Übersetzung

In diesem Unterkapitel wird die Problematik der Bedeutungsfehler oder der Ungenauigkeiten in der (Rück)Übersetzung näher erläutert. Am Ende werden noch drei Beispiele der ungenau- en Übersetzung von Phraseologismen erwähnt.

7.3.1 Fehlerhafte (Rück)Übersetzung

Sekretär: Was haben Sie denn heute? Freuen Sie sich gar nicht, daß Ihr Liebling Kolja zu- rückgekehrt ist?

Anfissa: In diese Wirtschaft! Sagen Sie, wird Kosakow auch weiter hier wohnen? [B, S. 11]

Sekretář: Co je vám dnes? Nemáte radost, že se váš miláček Kolja vrátil?

Anfisa: Do tohohle hospodářství… Řekněte mi, bude tu Kozakov i na dále bydlet? [Č, S. 14]

Sekretär: Was haben sie, Anfisa? Ich dachte sie wären heute besonders gut aufgelegt. Nun, da ihr Liebling Kolja zurückgekommen ist.

Anfisa: In dieser Wirtschaft? Sagen sie, Herr Sekretär, wie lange soll denn dieser Kozakov noch hier wohnen? [VS, 1. Akt, S. 1]

In diese Wirtschaft! ist Anfissas Antwort auf die Replik Freuen Sie sich gar nicht, daß Ihr Liebling Kolja zurückgekehrt ist? Darauf sollte ein Akkusativ folgen, aber die Rückübersetzer benutzten ein Dativ In dieser Wirtschaft? und dank dessen gibt die Replik einen anderen Sinn. Es sieht so aus, dass es eine Antwort auf Bemerkung von Sekretär ich dachte sie wären heute

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besonders gut aufgelegt ist, also dass Anfissa in dieser Wirtschaft nicht gut aufgelegt sein kann.

Vrba und Stroux übersetzten auch den weiteren Satz anders. Im Original steht, ob Kosakow noch weiter dort wohnen wird, aber in der Rückübersetzung steht wie lange. Das verursachte, dass auch die Bedeutung in der darauf folgenden Replik ziemlich viel verändert sein musste:

Sekretär: Höchstwahrscheinlich. [B, S. 11]

Sekretář: To asi ano. [Č, S. 14]

Sekretär: Ich nehme an, noch eine ganze Weile. [VS, 1. Akt, S. 2]

Gouverneur: (erleichtert) Sonst nichts? [B, S. 40]

Gubernátor: (s ulehčením). A nic víc? [Č, S. 34]

Gouverneur: (nicht ohne Erleichterung) Nur darüber? [VS, 1. Akt, S. 11]

Vrba und Stroux übersetzten falsch den Nebentext. Der Gouverneur sollte seine Replik er- leichtert bzw. s ulehčením (mir Erleichterung) sagen, aber in der Rückübersetzung wurde nicht ohne Erleichterung benutzt, also eine gegensätzliche Mitteilung.

Gouverneur: […] (sich tröstend). Na, wenn es ihnen aber Spaß macht. [B, S. 45]

Gubernátor: […] (Útěšně). Nu, těší-li je to... [Č, S. 38]

Gouverneur: […] (er möchte ihn trösten). Na ja, wenn es dir Spaß macht. [VS, 1. Akt, S. 12]

An dieser Stelle kam zu zwei größeren Verschiebungen von Bedeutungen. Im Original sagt der Gouverneur wenn es ihnen aber Spaß macht. Die Rede ist dabei über die Marxisten. In der Übersetzung wurde die Bedeutung eingehalten: těší-li je to... (wenn es ihnen Spaß macht), aber in der Rückübersetzung steht: wenn es dir Spaß macht, was die Bedeutung ändert. Der Gouverneur wendet sich hier auf Kolja, anstatt über die Marxisten zu sprechen. Dazu sagt der Gouverneur diese Replik im Original sich tröstend, in der Übersetzung sagt er es útěšně (trös- tend), aber in der Rückübersetzung möchte er Kolja trösten.

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Gouverneur: […] Also, die materialistische Geschichtsauffassung behauptet, daß alle unsere Kulturwerte an erster Stelle aus den materiellen Interessen herauswachsen. […] [B, S. 46]

Gubernátor: […] Tedy materialistické pojímání dějin tvrdí, že všecka naše kulturní díla vy- růstají v první řadě ze zájmů materiálních. […] [Č, S. 39]

Gouverneur: […] Also die materialistische Betrachtung der Geschichte legt allen Werken unserer Kultur materielle Interessen zugrunde. [VS, 1. Akt, S. 13]

In diesem Abschnitt ist höchstwahrscheinlich zu einem Übersehen seitens des Übersetzers gekommen. Červinka übersetzte alle unsere Kulturwerte als všecka naše kulturní díla (alle unsere Kulturwerke), was heißt, dass er das Wort Wert mit dem Wort Werk verwechselte. Die Rückübersetzer lösten diese Situation ziemlich elegant, indem sie das Verb vyrůstat (heraus- wachsen) durch das Verb zugrundelegen ersetzten. Dank dieser Lösung gibt dieser Abschnitt in der Rückübersetzung mehr Sinn als in der Übersetzung.

Gouverneur: […]Über meinen Marxismus und den Kampf gegen die bürgerliche Ehe will ich mit dir nicht streiten[…] [B, S. 51]

Gubernátor: […]O svém marxismu a o svém boji proti občanskému sňatku se s tebou příti nebudu […] [Č, S. 42]

Gouverneur: […] über den Marxismus und über deinen Kampf gegen die bürgerliche Ehe werde ich mich nicht mit dir streiten […] [VS, 1. Akt, S. 14]

Gouverneur spricht in dieser Replik über seinen Marxismus und den Kampf gegen die bürger- liche Ehe, was ins Tschechische richtig als o svém marxismu a o svém boji proti občanskému sňatku (über meinen Marxismus und meinen Kampf gegen die bürgerliche Ehe) übertragen wurde. In der Rückübersetzung wird aber über den Marxismus und über deinen Kampf ge- sprochen. Das würde aber heißen, dass Kolja gegen die bürgerliche Ehe kämpft, was er nicht macht.

Gouverneur: (ruhig) Werfen Sie den Mann hinaus. (es geschieht wie vorhin, ohne daß ein Wort gesprochen wird und ohne Widerstand von seiten Nikitas. Anfissa dann ab, von wo sie eingetreten) [B, S. 28]

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Gubernátor: (klidně) Vyhoďte toho člověka! (Stane se zcela tak jako předešle, aniž by jedi- ného slova promluveno, a aniž by Nikita kladl sebe menší odpor. Anfisa potom odejde týmiž dveřmi, kterými sem vstoupila.) [Č, S. 26]

Gouverneur: (ruhig) Schmeißt ihn heraus. (Es geschieht das selbe wie früher, wortlos ohne, daß sich Nikita wehrt.) (Anfisa ab) [VS, 1. Akt, S. 8]

Die Rückübersetzer machten in der Rückübersetzung zwei grammatische Fehler. Der erste Fehler: Schmeißt ihn heraus. Hier wird die zweite Person Singular benutzt, was heißt, dass zu einer Gruppe von Leuten gesprochen wird, denen geduzt wird.103 Aber in diesem Fall sprach der Gouverneur zu Anfissa, der er siezt. Die Rückübersetzer ließen sich vielleicht von der tschechischen Übersetzung beeinflussen, in der die zweite Person Singular (vyhoďte) nicht nur zum Siezen, aber auch zum Duzen einer Gruppe von Leuten benutzt wird.

Der zweite Fehler: Es geschieht das selbe wie früher, wortlos ohne, daß sich Nikita wehrt. Hier wird die Form der Subjunktion ohne dass getrennt. Es handelt sich aber um eine unge- trennt mehrteilige Subjunktion und das Komma soll davor stehen,104 wie es im Original ist: es geschieht wie vorhin, ohne daß ein Wort gesprochen wird.

Gouverneur: (während er weiterordnet) Ist schon möglich… zwanzig… einundzwanzig… zweiundzwanzig… […] [B, S. 33]

Gubernátor: (pořádaje dále svoje akta). To je možná!... dvacet… jeden a dvacet… Třiadva- cet…[…] [Č, S. 30]

Červinka machte hier einen kleinen Fehler: er übersetzte zweiundzwanzig als třiadvacet (dreiundzwanzig). Vrba und Stroux ließen diese Szene völlig aus.

7.3.2 Ungenaue (Rück)Übersetzung

Gouverneur: […]aber freiheitliche Absichten in meiner Amtsführung lasse ich mir nicht nachsagen. [B, S. 51]

Gubernátor: […]ale ze svobodomyslných záměrů při vykonávání svého úřadu se podezřívati nedám. [Č, S. 42]

103 HELBIG, G. und BUSCHA, J. Deutsche Grammatik: ein Handbuch für den Ausländerunterricht. Berlin: Langenscheidt, 2001. S. 28. 104 Ebenda S. 409.

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Gouverneur: […] aber, freisinnige Ansichten in der Ausübung meines Amtes, lasse ich mir nicht unterschieben. [VS, 1. Akt, S. 14]

In dieser Replik kam zu einigen Ungenauigkeiten. Das Wort Absichten wurde richtig als záměry (Absichten, Vorhaben) übersetzt, aber als Ansichten rückübersetzt, was Meinung oder Überzeugung heißt, und sich der originalen Bedeutung entfernt.

Kosakow: […] jede revolutionäre Bewegung seitens der Bevölkerung im Keim zu ersticken […] [B, S. 60]

Kozakov: […]abychom každé revoluční hnutí se strany obyvatelstva v zárodku udusili […] [Č, S. 48]

Kozakov: […] jede revolutionäre Bemühung im Keim zu ersticken. [VS, 1. Akt, S. 16]

Die Wörter Bewegung/ hnutí (Bewegung) und Bemühung sind nicht äquivalent, aber die Be- deutung wurde im Kontext nicht verändert.

Kosakow: […]Sie verschwenden Ihre edelsten Gefühle an einen, der es nicht verdient. […] [B, S. 19]

Kozakov[…]Marníte svoje nejušlechtilejší city pro člověka, který toho nezaslouží […] [Č, S. 20]

Kozakov: […] Sie verschenken ihre kostbarsten Gefühle an einen Menschen, der sie nicht verdient. [VS, 1. Akt, S. 6]

Eine weitere Abweichung in der Rückübersetzung vom Original ist folgend: die edelsten Ge- fühle wurden im Tschechischen wortgetreu als nejušlechtilejší city übersetzt, aber sie wurden als die kostbarsten Gefühle rückübersetzt, was semantisch nicht entspricht. Eine andere Situa- tion ist die Übersetzung vom Verb verschwenden, das ins Tschechische wieder wortgetreu als marníte und zurück ins Deutsche mit einem Antonym als verschenken übertragen wurde. In diesem Fall geht es um keine Abweichung von Bedeutung.

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Kosakow: […] und wir ohne alle Gefahr unsere verfolgtesten Revolutionäre […] halten kön- nen. [B, S. 60]

Kozakov: […] a abychom tady beze všeho nebezpečenství mohli přechovávati svoje nejvíce pronásledované bratry […] [Č, S. 49]

Kozakov: […] und wir ohne jede Gefahr unsere verfolgten Genossen […] verstecken können. [VS, 1. Akt, S. 16]

In dieser Replik kam zu einer kleinen Bedeutungsverschiebung, denn anstatt des Superlativs unsere verfolgtesten (wortgetreu übersetzt als nejvíce pronásledované) wurde in der Rück- übersetzung das Positiv unsere verfolgten benutzt, was die Menge der Revolutionäre ändert.

Es wurden auch verschiedene Substantive benutzt: im Original sind es Revolutionäre, in der Übersetzung sind es bratři (Brüder) und in der Rückübersetzung Genossen. Alle diese drei Ausdrücke sind in diesem Fall benutzbar, da sie die Bedeutung nicht ändern. Auf diesem Bei- spiel ist auch der Reichtum an Möglichkeiten gut zu beobachten.

Elisaweta: (schmollend) […] [B, S. 19]

Jelizaveta: (uražena). […] [Č, S. 20]

Jelizaveta: (verstimmt) […] [VS, 1. Akt, S. 5]

Hier wurden die Übersetzung und auch die Rückübersetzung unpassend übertragen. Elisaweta sollte schmollend sein bzw. sich ärgern, und anstatt dessen ist sie im Tschechischen beleidigt und bei Vrba und Stroux ist sie nur noch verstimmt.

Malachow: (lacht) Allerdings. Aber wie hast du es zustande gebracht?

Kosakow: Ich habe mich vor dem Gouverneur als der Sohn eines Jugendfreundes von ihm ausgegeben und zahle fünfhundert Rubel monatlich für Wohnung und Kost. [B, S. 61]

Malachov: (směje se). Nu, to rozhodně. Ale jak jsi to dokázal?

Kozakov: Vydával jsem se před gubernátorem za syna jeho přítele z mládí, a platím mu pět set rublů měsíčně za byt a stravu. [Č, S. 49]

Malachov: Klar. Wie war das möglich?

Kozakov: Nur als Sohn des Jugendfreundes vom Gouverneur. [VS, 1. Akt, S. 17]

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In vielen Fällen war der Verkürzungsstil der Rückübersetzung verständlich und übersichtlich. In diesem Fall kann man aber nur ahnen, was damit gesagt werden sollte: Nur als Sohn des Jugendfreundes vom Gouverneur. In dem Satz fehlt das Verb, das die Situation genauer erklä- ren würde, und auch die Frage davor bietet keine nähere Erklärung an. Im Original und in der Übersetzung wurde die Situation näher erklärt.

Kosakow: […] vor den Dienerschaft, vor allen, allen Menschen schäme ich mich. […] [B, S. 63]

Kozakov: […] Stydím se již […] před služebnictvem a přede všemi lidmi! […] [Č, S. 50]

Kozakov: […]Ich schäme mich vor […] den Bediensteten. [VS, 1. Akt, S. 17]

Dienerschaft105 heißt die Gesamtheit aller Diener (weiblich, sowie männlich) und genauso wurde es ins Tschechische als služebnictvo106 übersetzt. Aber zurück ins Deutsche wurde es schon selektiert übersetzt: Bediensteten107 heißen nämlich nur weibliche Dienerinnen.

Gouverneur: […] Soviel Polizisten sind, glaube ich, in ganz Rußland nicht umgebracht wor- den, als wir gemeldet haben. [B, S. 67]

Gubernátor: […] Tolik policistů nebylo, myslím, povražděno ani v celém Rusku, co jsme jich už my ohlásili. [Č, S. 54]

Gouverneur: […] In ganz Rußland gibt es nicht soviel Polizisten, wie nach unseren Angaben hier ermordet wurden. [VS, 1. Akt, S. 19]

Im Original steht, dass sie mehr toter Polizisten meldeten, als es in ganz Russland umgebracht wurde. Genauso steht es auch in der Übersetzung, aber in der Rückübersetzung wurde die Tatsache verändert: es sollte mehr Polizisten umgebracht werden, als es im ganzen Russland gibt. Hier wurde über allen (lebenden und toten) Polizisten gesprochen, während im Original nur über den toten gesprochen wurde. Die Menge der Polizisten veränderte sich rasant.

105 Stichwort: Dienerschaft. Duden online. In: DUDENREDAKTION. Duden [Online]. 2012 [Stand: 2013-03- 13]. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/Dienerschaft 106 Stichwort: služebnictvo. Slovník spisovného jazyka českého. In: LEXIKOGRAFICKÝ KOLEKTIV ÚSTA- VU PRO JAZYK ČESKÝ ČSAV. Ústav pro jazyk český Akademie věd ČR, v. v. i. [Online] 2011. [Stand: 2013-03-13]. URL: http://ssjc.ujc.cas.cz/search.php 107 Stichwort: Bedienstete. Duden online. In: DUDENREDAKTION. Duden [Online]. 2012 [Stand: 2013-03- 13]. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/Bedienstete

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Anfissa: (erscheint, mißt beide mit finstrem Blick) […] [B, S. 20]

Anfisa: (objeví se a měří oba zamračeně) […] [Č, S. 21]

Anfisa: (kommt und schaut muffig) […] [VS, 1. Akt, S. 6]

Červinka übersetzte den Satz mißt beide mit finstrem Blick sehr treu als měří oba zamračeně (misst beide finster), er ließ nur das Wort Blick aus, was aber keine Rolle in dieser Bedeutung spielt. Anfissa misst aber niemanden mit ihrem Blick in der Rückübersetzung, sondern sie kommt und schaut muffig, was semantisch dem Wort finster nicht völlig entspricht. Niemand würde es mit ihrer Feindseligkeit gegen Kosakow verbinden, sondern nur mit ihrer Laune. Hier weicht die Übersetzung ab.

Gouverneur: […] Ich bringe jeden um, der das behauptet und keine Beweise hat! […] [B, S. 33]

Gubernátor: […] Zničím každého, kdo to tvrdí a nemá důkazů.[…] [Č, S. 30]

Červinka übersetzte an dieser Stelle unkorrekt den Satz Ich bringe jeden um. Er übertrug es als Zničím každého, was auf Deutsch ich vernichte jeden hieße. Vrba und Stroux ließen diese Replik völlig aus.

Phraseologismen

Bei Phraseologismen ist es wichtig, sie nicht wortgetreu, sondern adäquat mit einem in der Zielsprache entsprechenden Äquivalent zu übersetzen. Das gelang dem Übersetzer Červinka aber nicht.

Gouverneur: […] Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht. [B, S. 54]

Gubernátor: […]Nevím, kde mám hlavu. [Č, S. 44]

Nevím, kde mám hlavu (Ich weiß nicht, wo mein Kopf ist) ist im Tschechischen kein Phraseo- logismus. Eine äquivalente Übersetzung wäre im Tschechischen: Nevím, kde mi hlava stojí 108 (Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht) In der Rückübersetzung wurde es gar nicht übersetzt.

108 Stichwort: kde mi hlava stojí. Český národní korpus - SYN2010. In: Ústav Českého národního korpusu FF UK [Online]. Praha 2010. [Stand: 2013-04-13]. URL: http://www.korpus.cz

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Malachow: […] Den sucht doch die Polizei wie eine Stecknadel. [B, S. 60]

Malachov: […] Toho přece hledá policie jako špendlík. [Č, S. 48]

Malachov: […]Den sucht die Polizei wie eine Stecknadel. [VS, 1. Akt, S. 16]

Hledá jako špendlík (sucht wie eine Stecknadel) ist im Tschechischen wieder kein Phraseolo- gismus, sondern es wurde wortgetreu übersetzt. Im Tschechischen sollte der Satz richtig sein: hledá jako jehlu v kupce sena (wie eine Nadel im Heuhaufen suchen).109 Die Rücküberset- zung war richtig.

Malachow: […] mit beiden Füßen im Leben steht. […] [B, S. 44]

Malachov: […] stojí oběma nohama v životě. […] [Č, S. 37]

Stojí oběma nohama v životě (er steht mit beiden Füßen im Leben) ist auch kein völlig korrek- ter Phraseologismus und sollte im Tschechischen stát nohama na zemi110 (mit Füßen auf dem Boden stehen) heißen. In der Rückübersetzung wurde es wieder gar nicht übersetzt.

7.4 Personennamen

In diesem Unterkapitel werden in der folgenden Tabelle Personennamen der Figuren vergli- chen. Es werden nur die Namen, die im ersten Akt vorkommen, erwähnt.

Original Übersetzung Rückübersetzung

Anfissa [B, S. 9] Anfisa [Č, S. 13] Anfisa [VS, 1. Akt, S. 1]

Nikita [B, S. 9] Nikita [Č, S. 13] Nikita [VS, 1. Akt, S. 1]

Alexiejewitsch [B, S. 12] Aleksěvič [Č, S. 15] Alexandrewitsch [VS, 1. Akt, S. 2]

Elisaweta [B, S. 11] Jelizaveta [Č, S. 15] Jelizaveta [VS, 1. Akt, S. 2]

Kolja [B, S. 12] Kolja [Č, S. 33] Kolja [VS, 1. Akt, S. 2]

109 HEŘMAN, K.., BLAŽEJOVÁ, M. und GOLDHAHN, H. Deutsch-tschechisches Wörterbuch der Phraseolo- gismen und festgeprägten Wendungen. 1. Auflage. Praha: C.H. Beck, 2010. S. 1442. 110 Stichwort: stát nohama na zemi. Český národní korpus - SYN2010. In: Ústav Českého národního korpusu FF UK [Online]. Praha 2010. [Stand: 2013-04-13]. URL: http://www.korpus.cz

90

Kosakow [B, S. 13] Kozakov [Č, S. 16] Kozakov [VS, 1. Akt, S. 3]

Paní Lapkinová [Č, S. 22] Frau Lapkin [VS, 1. Akt, S. 7]

Frau Lapkin [B, S. 22] Fr. Lapkin [VS, 1. Akt, S. 7] Pí. Lapkinová [Č, S. 22] Lapkin [VS, 1. Akt, S. 7]

Petrovská [Č, S. 24] Petrovska [VS, 1. Akt, S. 7] Sabinskaja [B, S. 24] Sabinská [Č, S. 33] Sabinska[VS, 1. Akt, S. 10]

Iwan [B, S. 27] Ivan [Č, S. 25] Ivan [VS, 1. Akt, S. 8]

Marie [B, S. 49] Marie [Č, S. 41] Maria [VS, 1. Akt, S. 13]

Malachow [B, S. 58] Malachov [Č, S. 47] Malachov [VS, 1. Akt, S. 15]

Lenskij [B, S. 60] Lenskij [Č, S. 48] Lenskij [VS, 1. Akt, S. 16]

Pawlow [B, S. 60] Pavlov [Č, S. 48] Pavlov [VS, 1. Akt, S. 16]

Mascha [B, S. 60] Máša [Č, S. 48] Mascha [VS, 1. Akt, S. 16]

Wie es aus der Tabelle anschaulich zu sehen ist, der Autor wählte für seine Figuren russisch lautende Vor- und Nachnamen und transkribierte sie ins Deutsche, das heißt, dass er nicht nur die Namen mit lateinischen Buchstaben umschrieb, sondern auch die Aussprache berücksich- tigte.

Genauso auf diese Problematik wurde in der Rückübersetzung keine Rücksicht genommen. Die Namen wurden nur so, wie sie sind, aus der tschechischen Übersetzung übernommen. Die einzigen Unterschiede gab es nur bei den Namen, wo es Unterschiede zwischen der tschechi- schen und deutschen Rechtschreibung gibt. So wurde aus Máša Mascha und aus Sabinská Sabinska. Und die Namen Marie und Paní Lapkinová wurden dem Deutschen als Maria und Frau Lapkin angepasst.

Es kamen auch einige größere Fehler vor. Der Name Alexiejewitsch wurde zurück ins Deut- sche falsch transkribiert als Alexandrewitsch, obwohl es im Tschechischen richtig wurde:

Gouverneur: Ich werde den Alexiejewitsch unter gar keinen Bedingungen anstellen. [B, S. 12]

Gubernátor: Nedám Aleksěvičovi místa za žádnou cenu. [Č, S. 15]

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Gouverneur: Auf keinen Fall bekommt Alexandrewitsch von mir eine Stellung. [VS, 1. Akt, S. 2]

Červinka ersetzte den Namen Sabinskaja durch den Namen Petrovska und Vrba mit Stroux übernahmen es. Falls man noch auf Červinkas Übersetzung von dem Namen Sabinskaja als Petrovska zurückgeht, stellt man im Dramentext weiter fest, dass zum zweiten Mal der Name als Sabinská und bei Vrba und Stroux als Sabinska übersetzt wurde. Červinka vergaß viel- leicht, dass er den Namen veränderte. Vrba und Stroux konnten davon gar nicht wissen und mussten Sabinska für eine neue Figur halten.

Elisaweta: […] Das Gerücht hat sicher die Sabinskaja verbreitet. […] [B, S. 24]

Jelizaveta: […] To jistě roztrušuje Petrovská. […] [Č, S. 24]

Jelizaveta: […] Das hat mir wahrscheinlich die Petrovska angedichtet. […] [VS, 1. Akt, S. 7]

______

Frau Lapkin: […]Ich mache nur einen Sprung zur Sabinskaja […] [B, S. 37]

Pí. Lapkinová: […]Zaskočím jenom k Sabinské […] [Č, S. 33]

Fr. Lapkin: […]ich muß noch schnell auf einen Sprung zur Sabinska. […] [VS, 1. Akt, S. 10]

7.5 Übersetzung der Interjektionen

Die Interjektionen bilden ein breites Spektrum in jeder Sprache und es ist schwierig, sie treu oder äquivalent zu übersetzen, wie die Beispiele unten deutlich zeigen. Was die Rücküberset- zung betrifft, in manchen Beispielen entstand aus einem Ausruf bzw. aus einer Interjektion etwas ganz anderes (zum Beispiel ein Adjektiv). Wegen der großen Menge der Überset- zungsmöglichkeiten kann nicht gesagt werden, dass es beim Übersetzen der Interjektionen zu Verschiebungen von Bedeutungen oder zu Verschiebungen im Stil kam, aber es ist ziemlich interessant die Unterschiede in der Übersetzung und der Rückübersetzung zu beobachten. In den folgenden Absätzen werden ein paar Beispiele genannt.

92

Elisaweta: Ah, der ahnt nie etwas. […] [B, S. 18]

Jelizaveta: Á, ten netuší nikdy nic. […] [Č, S. 19]

Jelizaveta: Ach der… […] [VS, 1. Akt, S. 5]

______

Elisaweta: Eh! [B, S. 25]

Jelizaveta: Eh! [Č, S. 24]

Jelizaveta: Pah… [VS, 1. Akt, S. 7]

In den ersten zwei Beispielen geht es um einwortige Interjektionen, die immer anders in der Rückübersetzung aussehen bzw. lauten. Aus Ah wurde Ach und aus Eh wurde Pah.

Gouverneur: So? (mitleidsvoll) Tun Sie das? Ta ta ta. […] [B, S. 45]

Gubernátor: Tak? (Soucitně). Skutečně? Hm, vida, vida… […] [Č, S. 38]

Gouverneur: So? (mit Mitleid) interessant…[…] [VS, 1. Akt, S. 12]

In diesem Beispiel wurde die Interjektion Ta ta ta mit Hilfe einer anderen Interjektion als Hm, vida, vida (Hm, sieh mal) übersetzt, aber in der Rückübersetzung gibt es keine Interjektion mehr, sondern ein Adjektiv: interessant.

Gouverneur: […] Um Gottes willen! – Und was stand darin? [B, S. 48]

Gubernátor: […] Pane na nebesích! – A co tam bylo? [Č, S. 40]

Gouverneur: Ach- und was stand drin? [VS, 1. Akt, S. 13]

______

Sekretär: […] Um Gottes Willen, ein Attentat! [B, S. 72]

Sekretář: […] Proboha, Hospodine, atentát! [Č, S. 58]

Sekretär: […] Oh Gott, oh mein Gott, Attentat, Attentat. [VS, 1. Akt, S. 21]

Um Gottes Willen! gibt es im Original an zwei verschiedenen Stellen, es wurde aber sowohl in der Übersetzung als auch in der Rückübersetzung immer anders übertragen. Červinka ver- suchte die Interjektion immer so zu übersetzen, damit der Gott in der Aussage behalten blieb, und es gelang ihm: Pane na nebesích! (Gott in Himmel!); Proboha, Hospodine! (Um Gottes

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Willen! Herrgott!). In der Rückübersetzung wurde der Gott nur in einer Aussage behalten (Oh Gott, oh mein Gott), die andere Aussage wurde durch die Interjektion Ach ersetzt. Da es sich um einen starken Ausruf in beiden Fällen handelt, sollte am Ende der Sätze mit der Interjekti- on ein Ausrufezeichen stehen, genau wie es im Original oder in der Übersetzung ist.

Kosakow: Allmächtiger Himmel! Ein Attentat. […] [B, S. 72]

Kozakov: Nebesa! Atentát! […] [Č, S. 58]

Kozakov: Um Himmels Willen, Attentat. […] [VS, 1. Akt, S. 21]

______

Gouverneur: Kreuzhimmeldonnerwetter! [B, S. 49]

Gubernátor: U všech hromů! [Č, S. 41]

Gouverneur: Verdammt. [VS, 1. Akt, S. 14]

In diesen zwei Beispielen gibt es Interjektionen, die die Naturkräfte im Ausruf beinhalten. Das erste Beispiel Allmächtiger Himmel! wurde dementsprechend als Nebesa! (Himmel!) übersetzt und als Um Himmels Willen rückübersetzt, aber es fehlt wieder ein Ausrufezeichen am Ende des Satzes. Im zweiten Beispiel, wo es um Fluchen geht, übersetzte Červinka thema- tisch Kreuzhimmeldonnerwetter als U všech hromů! (Donnerwetter! / alle Wetter!). In der Rückübersetzung wurde es nur als verdammt und wieder ohne das Ausrufezeichen übersetzt.

7.6 Nullverschiebungen

In diesem Unterkapitel werden die Beispiele angeführt, in denen das Original und die Rück- übersetzung identisch sind.

Gouverneur: Hoffen wir das Beste. [B, S. 41]

Gubernátor: Doufejme, že to dopadne co nejlíp! [Č, S. 36]

Gouverneur: Hoffen wir das Beste. [VS, 1. Akt, S. 11]

In diesem Beispiel ließen sich die Rückübersetzer nicht von der tschechischen Satzkonstruk- tion beeinflussen.

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Auch folgende Beispiele sind völlig identisch:

Kolja: […]Du darfst nicht denken, daß ich sentimental bin. […] [B, S. 42-43]

Kolja: […]Nemysli si, že jsem sentimentální. […] [Č, S. 36]

Kolja: Du darfst nicht denken, daß ich sentimental bin. […] [VS, 1. Akt, S. 12]

______

Gouverneur: […] Haben Sie den Verstand verloren?[…] [B, S. 64]

Gubernátor: […] Přišel jste o rozum? […] [Č, S. 51]

Gouverneur: […] Haben sie den Verstand verloren? [VS, 1. Akt, S. 17]

______

Kolja: Der Marxismus hat die ganze Wissenschaft auf den Kopf gestellt. [B, S. 45]

Kolja: Marxismus zvrátil veškeru vědu vzhůru nohama. [Č, S. 38]

Kolja: Der Marxismus hat die ganze Wissenschaft auf den Kopf gestellt. [VS, 1. Akt, S. 12]

Folgende Beispiele sind nicht mehr völlig identisch, die Unterschiede sind jedoch winzig:

Elisaweta: […] Wie kann ein moderner Mansch so abergläubisch sein. [B, S. 15]

Jelizaveta: […] Jak může být moderní člověk tak pověrčivý. [Č, S. 17]

Jelizaveta: […]Wie kann ein moderner Mansch nur so abergläubisch sein? [VS, 1. Akt, S. 4]

Hier wurde der Partikel nur in der Rückübersetzung hinzugefügt.

Gouverneur: […]Erstens ist es eine Frechheit, zweitens ist das Kind zwei Jahre und nicht drei Jahre alt und drittens ist es gar nicht wahr!!! [B, S. 49]

Gubernátor: […]Předně je to drzost, za druhé jsou tomu dítěti dvě a nikoli tři léta, a za třetí to není vůbec pravda!!! [Č, S. 41]

Gouverneur: […]Erstens ist es eine Frechheit, zweitens ist das Kind zwei und nicht drei Jahre alt und drittens ist es garnicht wahr. [VS, 1. Akt, S. 14]

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In dem Satz ist das Kind zwei Jahre und nicht drei Jahre alt fiel in der Rückübersetzung nur das Wort Jahre aus: ist das Kind zwei und nicht drei Jahre alt. Weiter wurde gar nicht zu- sammengeschrieben.

Gouverneur: (belustigt) Wenn das so weiter geht, machst du ja bald aus mir einen Anarchis- ten. [B, S. 51]

Gubernátor: (rozveseleně). Půjde-li to tak dále, uděláš ze mne za chvíli anarchistu. [Č, S. 42]

Gouverneur: (belustigt) Wenn das so weitergeht, machst du aus mir noch einen Anarchisten. [VS, 1. Akt, S. 14]

In diesem Beispiel unterscheiden sich das Original und die Rückübersetzung nur an einer Stelle: anstatt ja bald (im Tschechischen wurde es als bald übersetzt) wurde das Partikel noch benutzt.

Gouverneur: Du hast vor kurzem erst zwei Revolutionären zur Freiheit verholfen. [B, S. 51]

Gubernátor: Pomohl jsi teprve nedávno dvěma revolucionářům na svobodu. [Č, S. 42]

Gouverneur: Du hast doch zwei Revolutionären zur Freiheit verholfen. [VS, 1. Akt, S. 14]

Hier wurde vor kurzem erst (im Tschechischen wurde es als erst vor Kurzem übersetzt) durch doch ersetzt.

Kosakow: Ja, wo könnte es sicherer sein? [B, S. 61]

Kozakov: Ano, kde by mohl být bezpečněji uložen? [Č, S. 49]

Kozakov: Wo könnte es sicherer sein? [VS, 1. Akt, S. 17]

Hier wurde in der Rückübersetzung nur das Wort ja am Anfang des Satzes ausgelassen.

Kosakow: Sie verfolgt mich auf Schritt und Tritt, bei Tag und Nacht […] [B, S. 62]

Kozakov: Pronásleduje mne na každém kroku, ve dne i v noci […] [Č, S. 50]

Kozakov: Sie verfolgt mich auf Schritt und Tritt. Tag und Nacht. […] [VS, 1. Akt, S. 17]

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Auch hier ließen sich die Rückübersetzer von Červinka nicht beeinflussen und übersetzten die Stelle na každém kroku (auf jedem Schritt) idiomatisch111 als auf Schritt und Tritt genauso, wie es im Original ist. Die einzige Veränderung ist das Auslassen der Präposition bei am En- de des Satzes (bei Tag und Nacht).

Malachow: […] Den sucht doch die Polizei wie eine Stecknadel. [B, S. 60]

Malachov: […] Toho přece hledá policie jako špendlík. [Č, S. 48]

Malachov: […]Den sucht die Polizei wie eine Stecknadel. [VS, 1. Akt, S. 16]

In der Rückübersetzung fehlt nur der Partikel doch.

111 SCHÖNOVÁ, Ludmila. Jak se to řekne německy. 3. Auflage. Praha: Státní pedagogické nakladatelství, 1975. S. 292.

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8 ÜBERSETZUNG DES DRAMENTEXTES

In diesem Kapitel werden nicht mehr stilistische und semantische (bzw. lexikalische) Elemen- te beobachtet, sondern es wird überprüft, ob die Übersetzungsprobleme, die in einem Dra- mentext vorkommen können, von dem Übersetzer und von den Rückübersetzern richtig be- wältigt wurden. Dieses Kapitel wurde der Theorie nach in sechs Unterkapitel 8.1 Dialog und Sprechbarkeit, 8.2 Stilisierung der Theatersprache, 8.3 Bedeutungsbeziehungen, 8.4 Charak- terisierung der Figuren, 8.5 Prinzip der differenzierten Genauigkeit und 8.6 Redetext und Nebentext gegliedert.

8.1 Dialog und Sprechbarkeit

Komplizierte lange Sätze und ungewöhnliche Wortverbindungen stellen in gesprochenen Texten Hindernisse vor. Im Narrentanz gibt es vor allem lange Dialoge, die in der Überset- zung treu übertragen wurden. Die Rückübersetzer verkürzten aber den Text sehr oft, haupt- sächlich dort, wo sich die Rede der Figuren wiederholte, und dank dessen kann der Text von den Rezipienten besser wahrgenommen werden. Sie verlieren sich nicht so leicht in der In- formationsmenge.

Weiter wird ein Beispiel angeführt, wie die Rückübersetzer aus der Informationsmenge kurz und bündig nur das Wichtigste auswählten. Die Sätze, die übersetzt wurden, sind fett hervor- gehoben:

Frau Lapkin: So? Dann wird er sicher seiner Mutter, deiner ersten Frau nachgeraten. (seufzt auf) Ja, das war eine ernste Frau. (seufzt wieder)

Gouverneur: (blickt sie forschend von der Seite an, so sie hinaus will und beschließt abzuwar- ten. Beschäftigt sich mit seinen Akten)

Frau Lapkin: (seufzt wieder) Ja, wenn ich bedenke. (bricht ab und seufzt wieder) Es gibt heutzutage keine solche Frauen (seufzt) das war eine wirkliche Frau. (mit innerem Ärger, daß er auf das Thema nicht eingeht) Die hatte nur Sinn für ihren Mann und ihr Kind. Kein ro- mantischer Springinsfeld. (bemerkt, daß sie aus ihrem Ton herausgekommen ist, wieder seuf- zend) Ja, ich glaube nicht, es hätte ihr jemals einfallen können, daß es außer ihrem Manne noch andere Männer auf der Welt gibt. (seufzt) Ja, das war eine ernste Frau. Aber du hörst ja gar nicht zu. [B, S. 28-29]

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Pí. Lapkinová: To se jistě zvedl po své matce, po tvé první ženě. (Vzdychne.) Ano, to byla vážná žena. (Vzdychne opět.)

Gubernátor: (podívá se na ni se strany, kam má zamířeno, a rozhodne se vyčkati. Zabývá se svými akty).

Pí. Lapkinová: (vzdychne opětovně). Ano, když povážím… (Učiní přestávky a vzdychne opět.) Za dnešních dnů takových žen není… (vzdychá) to byla skutečná žena. (Zlobíc se uvnitř, že se gubernátor nepouští do řeči.) Ta měla smysl pouze pro svého muže a pro své dítě. Žádné ro- mantické třeštidlo. (Pozoruje, že vybočuje ze svého tonu, i vzdychne opět.) Ano, ano, myslím, že jí ani nikdy nemohlo napadnouti, že by kromě jejího muže byli na světě vůbec muži jiní… (Vzdychá.) Ano, to byla vážná žena. Ale ty mne vůbec neposloucháš. [Č, S. 26]

Lapkin: Dann schlägt er ganz seiner Mutter nach, deiner ersten Frau. Die hatte keinen romantischen Tick, das war eine ernsthafte Frau. Du hörst mir ja garnicht zu. [VS, 1. Akt, S. 8]

Was die Länge und Kompliziertheit der Sätze betrifft, es wurden sowohl im Original als auch in der Übersetzung und in der Rückübersetzung vor allem kürzere Sätze und wenig Nebensät- ze im Redetext benutzt.

Zum Beispiel im vorherigen Beispiel gibt es im Original im Redetext nur drei Nebensätze, die nicht lange sind: Ja, wenn ich bedenke. (1.) Ja, ich glaube nicht, es hätte ihr jemals einfallen können (2.), daß es außer ihrem Manne noch andere Männer auf der Welt gibt.(3.)

Die gleiche Menge der Nebensätze im Redetext gibt es auch in der Übersetzung Ano, když povážím…(1.) Ano, ano, myslím, že jí ani nikdy nemohlo napadnouti (2.), že by kromě jejího muže byli na světě vůbec muži jiní…(3.)

In der Rückübersetzung gibt es dann keine Nebensätze.

8.2 Stilisierung der Theatersprache

In diesem Drama kam nicht zur Verschiebung der Funktionsschichten. Die Figuren, sowohl die Adeligen (Gouverneur, seine Frau usw.) als auch die Untertanen bzw. die Diener (Anfissa, Nikita, Sekretär) benutzten die Standardsprache und ab und zu erschien in ihrer Rede um-

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gangssprachliche bzw. regionale Lexik (siehe die Unterkapitel 3.1.4 Verschiebungen in der Stilschicht) oder Merkmale der Mündlichkeit.112

Beispiele der Mündlichkeit kann man sowohl im Original als auch in der Rückübersetzung finden. In der Übersetzung wurden keine Beispiele der Mündlichkeit gefunden, oder wenigs- tens nicht an den Stellen, wo es die Mündlichkeit im Original gibt. Hauptsächlich deswegen gibt es die Mündlichkeit in der Rückübersetzung nicht an den Stellen, wo es im Original ist, sondern sie wurde unabhängig davon benutzt:

Elisaweta: Denk´mal, da steht in der Zeitung […] [B, S. 53]

Jelizaveta: Pomysli, tady v novinách stojí […] [Č, S. 43]

Jelizaveta: Hör mal zu. In den Zeitungen steht […] [VS, 1. Akt, S. 15]

Beim Ausdruck Denk´mal (im Original) wurde die Endung – e im Imperativ reduziert.

Anfissa: Wird schon warten. […] [B, S. 21]

Anfisa: Však on počká […] [Č, S. 22]

Anfisa: (tut so als ob es sie überhaupt nicht angeht.) [VS, 1. Akt, S. 6]

Hier gibt es die Ellipse, denn im Satz fehlt das Personalpronomen: Wird schon warten.

Elisaweta: […] du läufst ganz einfach davon. [B, S. 12]

Jelizaveta: […]Zcela jednoduše utečeš. [Č, S. 15]

Jelizaveta: […] Läufst einfach weg. [VS, 1. Akt, S. 2]

Hier gibt es eine Ellipse in der Rückübersetzung: Läufst einfach weg.

112 FREUNEK, S. Literarische Mündlichkeit und Übersetzung: am Beispiel deutscher und russischer Erzähltexte. Berlin: Frank & Timme, 2007. S. 60-63.

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8.3 Bedeutungsbeziehungen

Es ist wichtig, dass der Dialog von der Situation auf der Bühne nicht abgerissen wurde und dass Ironie behalten blieb oder dass versteckte Absichten in dem richtigen Moment veröffent- licht wurden. Trotzdem wurde in der Übersetzung der Dialog an einer Stelle abgerissen und zugleich wurde auch die Ironie gebrochen (den Beispiel siehe unten). Sonst wurden keine Verstöße gegen die Bedeutungsbeziehungen festgestellt.

Gouverneur: Da im Alter, wo man sich tagsüber mit einer alten Schabracke abquälen muß… [B, S. 14-15]

Gubernátor: Ale ve stáří, když se člověk po celý den moří se starým harampádím… [Č, S. 17]

Gouverneur: Aber später, wenn man sich mit dem Alter und (mit deutlichem Bezug auf Jeliza- veta) den Alten herumschlagen muß…[VS, 1. Akt, S. 4]

Mit einer alten Schabracke wurde ins Tschechische als se starým harampádím (mit altem Gerümpel) übersetzt, was unkorrekt ist. Eine alte Schabracke kann nämlich entweder eine alte Sache oder auch eine alte hässliche Frau heißen.113 Der Gouverneur benutzte gerade dieses Wort, weil er mit der alten Schabracke auf Elisawetas Alter anspielen wollte. Diese Anspie- lung wurde aber mit dem Benutzen des Wortes Gerümpel verallgemeinert. Die Rücküberset- zer verstanden trotzdem die Anspielung und wiesen auf Elisaweta schon deutlicher mit dem Alter und den Alten und ergänzten es noch mit dem Nebentext mit deutlichem Bezug auf Jeli- zaveta, wo auf Elisaweta gezeigt wird. Die Ironie ist aber auch in diesem Fall nicht so schön versteckt.

8.4 Charakterisierung der Figuren

Beim Übersetzen der Charakterzüge kam bei drei Figuren zu kleinen Verschiebungen. Sonst wurde die Charakterisierung der Figuren eingehalten und es wurden keine Charakterzüge frü- her, als es nötig war, verraten.

113 Stichwort: Schabracke. Duden online. In: DUDENREDAKTION. Duden [Online]. 2012 [Stand: 2013-01-20]. http://www.duden.de/rechtschreibung/Schabracke

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Anfissa: Eine alte, aber noch rüstige Bäuerin räumt auf- ärgerlich. [B, S.9]

Anfisa: Stará, ale dosud statná selka, zlostně uklízí. [Č, S. 13]

Anfisa: Eine alte Frau vom bäuerlichen Aussehen räumt gerade mürrisch auf. [VS, 1. Akt, S. 1]

In Červinkas Übersetzung entstand aus einer noch rüstigen Bäuerin eine noch stattliche. Diese Beschreibung verändert deutlich die Vorstellung über die Bäuerin: jemand kann sich anstatt einer vitalen Frau eine starke, hochgewachsene Frau vorstellen. Statný kann im Tschechi- schen aber auch veraltet heißen, dass sie tüchtig ist und noch viel aushalten kann.114 In diesem Fall wäre also die Übersetzung nicht so weit von der Wahrheit. In der Rückübersetzung wur- den aber die Charakterzüge von Anfissa verändert. Anfissa soll eine alte Frau vom bäuerli- chen Aussehen sein, aber über ihre Vitalität wird nichts angegeben. Man stellt sich also eine alte Frau (älter als im Original), die wahrscheinlich als eine Bäuerin gekleidet ist, die aber keine Bäuerin ist oder als keine Bäuerin handelt. Dazu räumt sie noch mürrisch anstatt ärger- lich auf, was ihre weitere Handlung im Drama verzerren kann. Zusammenfassend entstand aus einer alten rüstigen Bäuerin, die sich ärgert, eine alte Frau, die mürrisch ist.

Nikita: Ein altes graues Bäuerlein in einem zerrissenen Pelz macht langsam und devot die Glastüre auf, tritt ein. Er verneigt sich sehr tief vor Anfissa. [B, S.9]

Nikita: Starý, šedivý mužíček v roztrhaném kožichu otvírá pomalu a pokorně skleněné dveře, a vstupuje. Před Anfisou se hluboce ukloní. [Č, S. 13]

Nikita: Ein alter schmächtiger Mann, verwahrlost und mit einem abgerissenem Mantel be- kleidet tritt zaghaft durch die Glastüre ein und verbeugt sich unterwürfig vor Anfissa. [VS, 1. Akt, S. 1]

Červinka übersetzte das Bäuerlein als das Männchen und dank dessen fehlt in der Überset- zung die Angabe über den Beruf. Jetzt entstand aus einem Bauer nur ein Mann und als er mit Anfissa, der Bäuerin, spricht, spricht mit ihr kein Bauer mehr. Die Rückübersetzung bietet keine Verkleinerungsform, sondern einen schmächtigen, verwahrlosten Mann und es fehlt beliebige Erwähnung darüber, dass er grau ist, also graues Haar hat.

114 Stichwort: statný. Slovník spisovného jazyka českého. In: LEXIKOGRAFICKÝ KOLEKTIV ÚSTAVU PRO JAZYK ČESKÝ ČSAV. Ústav pro jazyk český Akademie věd ČR, v. v. i. [Online] 2011. [Stand: 2013-01-13]. URL: http://ssjc.ujc.cas.cz/search.php

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Weiter wurde in der Rückübersetzung der zerrissene Pelz auf einen abgerissenen Mantel ver- ändert. Man kann sagen, dass beide Wortverbindungen synonymisch sind, jedoch kann man dazwischen gewisse Unterschiede finden. Erstens sind es die Adjektive: wenn etwas zerrissen ist, ist es mehr kaputt, als wenn es nur abgerissen wäre. Zweitens sind es die Substantive: ein Pelz sollte dicker und warmer als ein Mantel sein. Darüber hinaus kann man auch Verände- rungen in Nikitas Charakterzügen beobachten. Im Original und auch in Červinkas Überset- zung tritt Nikita langsam und devot ein und verneigt sich tief vor Anfissa. In der Rücküber- setzung tritt er aber zaghaft ein und verbeugt sich unterwürfig vor ihr.

Zusammenfassend gibt es im Original einen alten Bauer mit grauen Haaren, der einen zerris- senen Pelz trägt, und der Demut zeigt. In der Rückübersetzung ist Nikita ein dünner, verwahr- loster Mann, der einen abgerissenen Mantel trägt und der schmeichlerisch handelt.

Sekretär: 35 Jahre alt, schlank, trägt kleinen blonden Bart, phlegmatisch, spricht, in welcher Situation auch immer, mit schläfriger, tonloser Stimme. [B, S. 10]

Sekretář: Je pětatřicetiletý, štíhlý, s malým, plavým vousem, flegmatický a mluví v každé situ- aci ospalým, bezbarvým hlasem. [Č, S. 13]

Sekretär: Ungefähr 35 Jahre alt, schlank, klein, heller Bart. Schläfrige, farblose Stimme. [VS, 1. Akt, S. 1]

Červinkas Übersetzung ist ziemlich treu, nur die tonlose Stimme (also eine stimmlose, leise Stimme) wurde ins Tschechische als farblose Stimme (d.h. eine einförmige oder monotone Stimme) übertragen. Die farblose Stimme blieb in der Rückübersetzung bewahrt. Die Rück- übersetzung in diesem Abschnitt ist stichwortartig und nicht genau. Zusätzlich wurde zum Sekretärs Alter noch das Wort ungefähr hinzugefügt und der Sekretär soll nicht klein sein, sondern er soll einen kleinen Bart haben.

8.5 Prinzip der differenzierten Genauigkeit

Es gelang dem Übersetzer Červinka, das Prinzip der differenzierten Genauigkeit zu behalten. Er übersetzte treu sowohl die Bedeutung als auch die stilistische Ebene des Dramas. Er be- mühte sich um eine Dramenübersetzung mit allen Spezifika des Autors. Er wich nur in ein paar Kleinigkeiten ab, und zwar an einigen Stellen versuchte er den Text zu intellektualisieren

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oder auszuschmücken, indem er im Unterschied zum Original mehr Synonymen, Diminutive und Russismen benutzte.115

Die Rückübersetzer im Unterschied zu Červinka bemühten sich um eine Bühnenübersetzung. Der Regisseur Stroux hatte wahrscheinlich eine konkrete Vorstellung über die Inszenierung und mit dieser Absicht wurden schon einige Passagen bearbeitet und verkürzt. Der Inhalt und die Bedeutung blieben auch in der Bühnenübersetzung behalten, hauptsächlich dank guter und treuer Übersetzung von Červinka.

Verkürzungen und Auslassungen des Textes

In den folgenden Absätzen werden nur ein paar Beispiele der Verkürzungen und Auslassun- gen des Textes angeführt, da es im ganzen Drama viele solche Stellen gibt und einige Beispie- le wurden schon im Kapitel 6.2. Arbeit und Wortschatz der Rückübersetzer erwähnt. Allge- mein kann gesagt werden, dass das, was ausgelassen oder verkürzt wurde, nicht wichtig für die Handlung und Entwicklung des Dramas war. An einigen Stellen wurde der Text sogar verändert, damit ein Teil des Textes ausgelassen sein konnte.

Elisaweta: (schmollend) Ja. Sie haben mich um das Wunderbare betrogen. – Ich habe ganz bestimmt erwartet, daß Sie vortreten und ihm eingestehen werden, daß Sie mich lieben.

[…]

Kosakow: Ich… Ich…

Elisaweta: Ja, ja, Sie haben sich vor mir eingesperrt. Ach, auch Sie sind meiner Liebe nicht würdig.

Kosakow: (freudig) Wahrhaftig, Sie haben recht. (mit gespieltem Selbstvorwurf) Ich bin Ihrer Liebe nicht würdig.

Elisaweta: Verzeihen Sie, ich habe es nicht ernst gemeint.

Kosakow: (düster) Sie sollen es aber ernst nehmen. Ich bin dieser großen reinen Liebe nicht würdig. Sie verschwenden Ihre edelsten Gefühle an einen, der es nicht verdient. Ich sehe es ein.

115 Für die Einzelheiten siehe die Unterkapitel 2.1 Arbeit und Wortschatz des Übersetzers.

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Elisaweta: (versöhnt, kokett) Na, na nur nicht übertreiben. Das mag ich nicht. Sie tun sich unrecht. Sie sind nur so schüchtern. (fährt ihm mit der Hand durchs Haar) Sie werden sich schon bessern, nicht wahr? [B, S. 19-20]

Jelizaveta: (uražena). Ano. Připravil jste mne o to nejzázračnější… Očekávala jsem zcela určitě, že předstoupíte a vyznáte mu, že mne milujete.

[…]

Kozakov: Já… já…

Jelizaveta: Ano, ano, zavřel jste se přede mnou. Ach, ani vy mne nejste hoden.

Kozakov: (radostně) Ano, máte pravdu! (Se strojeným sebepohrdáním.) Nejsem hoden vaší lásky.

Jelizaveta: Odpusťte, nemyslila jsem to vážně.

Kozakov: (temně). Ale měla byste to bráti vážně. Nejsem hoden této veliké čisté lásky. Marníte svoje nejušlechtilejší city pro člověka, který toho nezaslouží, nahlížím to.

Jelizaveta: (usmířena, koketně). Nu, nu, jenom nepřepínat. To nemám ráda! Jste k sobě ne- spravedlivý. Jste jenom tak nesmělý! (projíždí mu vlasy prsty) Však vy se polepšíte, je-liž pravda? [Č, S. 20]

Jelizaveta: (verstimmt) Ja. Ich habe fest mit dem Bekenntnis Ihrer Liebe gerechnet.

[…]

Kozakov: Ich… ich… bin ihrer Liebe nicht würdig. Sie verschenken ihre kostbarsten Gefühle an einen Menschen, der sie nicht verdient.

Jelizaveta: Übertreiben Sie nicht, sie sind nur zu bescheiden. (Sie streicht ihm durch die Haa- re.) Aber sie werden sich bessern, nicht wahr? [VS, 1. Akt, S. 5-6]

Die Übersetzung von Červinka ist treu. Er übersetzte jedes Wort. Vrba mit Stroux fassten diesen ganzen Abschnitt nur in drei Repliken zusammen. Sie ließen den meisten Nebentext aus (freudig, mit gespieltem Selbstvorwurf, düster, versöhnt, kokett) und ließen so den Schau- spielern und dem Regisseur einen größeren Raum für die Arbeit mit dem Text. Sie ließen auch die Vorwürfe und Verzeihung von Elisaweta aus: Sie haben mich um das Wunderbare betrogen. Ja, ja, Sie haben sich vor mir eingesperrt. Ach, auch Sie sind meiner Liebe nicht würdig. Verzeihen Sie, ich habe es nicht ernst gemeint. Auch Kosakow spricht nicht so viel und seine Repliken wurden gekürzt und in eine Replik zusammengefügt:

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Original:

Kosakow: Ich… Ich…

Kosakow: (freudig) Wahrhaftig, Sie haben recht. (mit gespieltem Selbstvorwurf) Ich bin Ihrer Liebe nicht würdig.

Kosakow: (düster) Sie sollen es aber ernst nehmen. Ich bin dieser großen reinen Liebe nicht würdig. Sie verschwenden Ihre edelsten Gefühle an einen, der es nicht verdient. Ich sehe es ein.

Rückübersetzung:

Kozakov: Ich… ich… bin ihrer Liebe nicht würdig. Sie verschenken ihre kostbarsten Gefühle an einen Menschen, der sie nicht verdient.

Frau Lapkin: So? Dann wird er sicher seiner Mutter, deiner ersten Frau nachgeraten. (seufzt auf) Ja, das war eine ernste Frau. (seufzt wieder)

Gouverneur (blickt sie forschend von der Seite an, so sie hinaus will und beschließt abzuwar- ten. Beschäftigt sich mit seinen Akten)

Frau Lapkin: (seufzt wieder) Ja, wenn ich bedenke. (bricht ab und seufzt wieder) Es gibt heutzutage keine solche Frauen (seufzt)das war eine wirkliche Frau. (mit innerem Ärger, daß er auf das Thema nicht eingeht) Die hatte nur Sinn für ihren Mann und ihr Kind. Kein roman- tischer Springinsfeld. (bemerkt, daß sie aus ihrem Ton herausgekommen ist, wieder seufzend) Ja, ich glaube nicht, es hätte ihr jemals einfallen können, daß es außer ihrem Manne noch andere Männer auf der Welt gibt. (seufzt) Ja, das war eine ernste Frau. Aber du hörst ja gar nicht zu. [B, S. 28-29]

Pí. Lapkinová: To se jistě zvedl po své matce, po tvé první ženě. (Vzdychne.) Ano, to byla váž- ná žena. (Vzdychne opět.)

Gubernátor: (podívá se na ni se strany, kam má zamířeno, a rozhodne se vyčkati. Zabývá se svými akty).

Pí. Lapkinová: (vzdychne opětovně). Ano, když povážím… (Učiní přestávky a vzdychne opět.) Za dnešních dnů takových žen není… (vzdychá) to byla skutečná žena. (Zlobíc se uvnitř, že se gubernator nepouští do řeči.) Ta měla smysl pouze pro svého muže a pro své dítě. Žádné ro- mantické třeštidlo. (Pozoruje, že vybočuje ze svého tonu, i vzdychne opět.) Ano, ano, myslím,

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že jí ani nikdy nemohlo napadnouti, že by kromě jejího muže byli na světě vůbec muži jinni… (Vzdychá.) Ano, to byla vážná žena. Ale ty mne vůbec neposloucháš. [Č, S. 26]

Lapkin: Dann schlägt er ganz seiner Mutter nach, deiner ersten Frau. Die hatte keinen ro- mantischen Tick, das war eine ernsthafte Frau. Du hörst mir ja garnicht zu. [VS, 1. Akt, S. 8]

Die Rückübersetzer ließen in der Rückübersetzung wieder viele Sachen aus: den ganzen Ne- bentext (Seufzen von Frau Lapkin und Gedanken von Gouverneur) und den Lobgesang auf die erste Frau des Gouverneurs. Sie betonten wieder nur die wichtigsten Sachen, jedoch machten sie wieder einen Tippfehler: garnicht (es soll getrennt geschrieben werden: gar nicht).

Das Gespräch von Frau Lapkin und Gouverneur wird auch weiter gekürzt. Frau Lapkin wie- derholt wieder und wieder ihre Behauptung, dass die erste Frau des Gouverneurs eine ernste Frau war, und seufzt dabei. Der Gouverneur tut so, als ob er ihr nicht zuhört. Das wurde ent- lassen. Weiter ist die Rückübersetzung ziemlich genau, was die Rede über Kosakow und die Gründe, warum ihn der Gouverneur bei sich braucht, betrifft. Dann sagt Frau Lapkin dem Gouverneur, dass seine Frau ihn betrügt. Im Original und auch in der Übersetzung ins Tsche- chische wirft der Gouverneur die Akten, die er in der Hand hält, auf den Boden. Er ist darüber unglücklich und beginnt die Akten zusammenzusuchen. Nachdem spricht er über einem Pro- zess und erst dann geht er an die Rede über seine Frau zurück. Er will jeden, der das sagt, umbringen. Dieses Moment fehlt völlig in der Rückübersetzung. Die Rückübersetzer machten es aber höchstwahrscheinlich absichtlich, weil es für die nächste Handlung unwichtig war, jedoch ließen sie eine witzige Szene aus.

Elisaweta: (sich in Wut hineinredend) Das Gerücht hat sicher die Sabinskaja verbreitet. Ganz sicher. Das soll sie mir büßen. Ihr Neffe wird noch heute von seinem Posten als Sekretär ent- hoben. Das werde ich schon bei meinem Mann durchsetzen. [B, S. 24]

Jelizaveta: (s rostoucí zuřivostí) To jistě roztrušuje Petrovská. Docela jistě. Ale to odpyká. Její synovec přijde ještě dnes o místo sekretáře. Však já toho u svého muže dosáhnu. [Č, S. 24]

Jelizaveta: So eine Frechheit. Das hat mir wahrscheinlich die Petrovska angedichtet. Na war- te! Ihr Sohn kommt heute, um sich für die Stelle als Sekretär zu bewerben. Da kann er lange warten. [VS, 1. Akt, S. 7]

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In der Rückübersetzung wurde in dieser Replik aus dem als Sekretär angestellten Neffen von Sabinskaja ihr Sohn gemacht, der sich um die Stelle erst bewerben wird. Diese Übersetzung war kein Fehler, sondern es wurde absichtlich gemacht, da die Rückübersetzer später im Text eine ganze Szene, in der Elisaweta die Entlassung des Sekretärs durchsetzen will und die nach dem Gespräch von Gouverneur und Kolja über die Weltanschauung folgt, ausließen. Auch in der danach folgenden Szene, wo sich Kosakow mit Malachow trifft, wurde Elisaweta und alle ihre Repliken ausgelassen.

Es wurden schon viele Beispiele der Auslassung von Repliken in der Rückübersetzung ange- führt, aber man muss sagen, dass auch der Übersetzter Červinka ab und zu etwas ausließ, wie z.B. die folgenden Repliken (es gibt sie auch in der Rückübersetzung nicht):

Kolja: (enthusiastisch) Vater, es freut mich, daß wir uns offen darüber ausgesprochen. Es war stets mein Glaubensfaß, den Tatsachen ins Gesicht zu sehen.

Gouverneur: Ja, ja. [B, S. 52]

Elisaweta: Hier ist doch auch keine Revolution! [B, S. 53]

Sekretär: (bleibt allein und lacht in seiner schläfrigen Art vor sich hin) [B, S. 64]

Sekretär: […] Solche Dinge geraten am besten, wenn man sie nicht allzulange vorbereitet. Außerdem ist der heutige Tag besonders günstig, da doch jetzt mehrere Besucher kommen, um Ihnen zu Koljas Ankunft gratulieren. […] [B, S. 70-71]

8.6 Redetext und Nebentext

Wie schon mehrmals in vorherigen Kapiteln erwähnt wurde, Červinka übersetzte jedes Wort egal ob Redetext oder Nebentext. Die Rückübersetzer übersetzten aber nicht immer den Ne- bentext. Sie haben ihn mehrmals ausgelassen. Hier sind einige Beispiele der Auslassung:

Gouverneur: Stürmt von links ganz echauffiert herein. [B, S. 11]

Gouverneur: Vrazí sem z leva celý rozlícený, po sporu v domácnosti. [Č, S. 14]

Gouverneur: Tritt erregt ein. [VS, 1. Akt, S. 2]

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Červinka übersetzte diesen Nebentext (der Gouverneur stößt wütend ein) ziemlich treu, aber er fügte noch eine Erklärung hinzu: po sporu v domácnosti (nach einem Streit im Haushalt), was im Original nicht vorkommt. Die Rückübersetzer übersetzten es nur kurz und stilistisch neutral mit den Worten: Tritt erregt ein.

Kosakow: (freudig) Wahrhaftig, Sie haben recht. (mit gespieltem Selbstvorwurf) Ich bin Ihrer Liebe nicht würdig.

Elisaweta: Verzeihen Sie, ich habe es nicht ernst gemeint.

Kosakow: (düster) Sie sollen es aber ernst nehmen. Ich bin dieser großen reinen Liebe nicht würdig. Sie verschwenden Ihre edelsten Gefühle an einen, der es nicht verdient. Ich sehe es ein. [B, S. 19-20]

Kozakov: (radostně) Ano, máte pravdu! (Se strojeným sebepohrdáním.) Nejsem hoden vaší lásky.

Jelizaveta: Odpusťte, nemyslila jsem to vážně.

Kozakov: (temně). Ale měla byste to bráti vážně. Nejsem hoden této veliké čisté lásky. Marníte svoje nejušlechtilejší city pro člověka, který toho nezaslouží, nahlížím to. [Č, S. 20]

Kozakov: Ich… ich… bin ihrer Liebe nicht würdig. Sie verschenken ihre kostbarsten Gefühle an einen Menschen, der sie nicht verdient.

Jelizaveta: Übertreiben Sie nicht, sie sind nur zu bescheiden. (Sie streicht ihm durch die Haa- re.) Aber sie werden sich bessern, nicht wahr? [VS, 1. Akt, S. 5-6]

Vrba mit Stroux ließen den Nebentext in diesem Abschnitt völlig aus: freudig, mit gespieltem Selbstvorwurf, düster.

Frau Lapkin: (nimmt mit Wichtigkeit Anlauf zu einer großen Auseinandersetzung) Höre, Eli- saweta! Ich bin mit einer bestimmten Absicht zu dir gekommen… Ich bin absichtlich früher hergekommen… um mit dir zu reden… ich mische mich nicht gerne in fremde Familienange- legenheiten, aber… man hat Pflichten. Dein Stiefsohn ist jetzt zurückgekehrt… kurz… (bleibt stehen, bohrt ihre Blicke in Elisawetas Gesicht, mit schicksalsschwerer Stimme) du betrügst deinen Mann! [B, S. 23]

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Pí. Lapkinová: (chystá se důležitě k dlouhému výkladu). Poslyš, Jelizaveto! Přišla jsem k tobě s určitým úmyslem, také s blahopřáním ke Koljovu příjezdu… Ale přišla jsem schválně dří- ve… abych s tebou promluvila … nerada se pletu do cizích rodinných záležitostí, ale… máme přece povinnosti. Tvůj nevlastní syn se teď vrátil… Zkrátka… (Zastaví se, zavrtávajíc pohled do tváře Jelizavetiny, svrchovaně vážným hlasem). Ty podvádíš svého muže! [Č, S. 22-23]

Lapkin: Ich mische mich ungern in fremde Familienangelegenheiten, aber wir haben doch Pflichten. Dein Stiefsohn ist zurück… kurz… du betrügst Deinen Mann. [VS, 1. Akt, S. 7]

Die Rückübersetzer ließen auch hier den ganzen Nebentext aus.

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9 ERGEBNISSE DER ANALYSE

An dieser Stelle werden die Analysenergebnisse im praktischen Teil vorgestellt und zusam- mengefasst. Aufgrund der Analyse sollte demonstriert werden, was für Unterschiede und Ähnlichkeiten es in einer Rückübersetzung im Vergleich zum Original geben können, wo überall die Probleme entstehen können und wovon dieses abhängt. Es sollte auch die Auswahl der lexikalischen und stilistischen Mittel des Übersetzers und der Rückübersetzer kommen- tiert werden.

Die formalen Seiten des Originals unterscheiden sich von der Übersetzung und der Rücküber- setzung ziemlich viel. Erstens ist es das Format (A5 im Original und in der Übersetzung × A4 in der Rückübersetzung), zweitens ist es Seitenumfang (Original: 209 S., Übersetzung: 155 S., Rückübersetzung: 70 S.) und drittens ist es das Fehlen der Figurenliste und der Angaben über Zeit und Ort in der Rückübersetzung.

Bei der Titelübersetzung kann man nicht sagen, ob der Titel richtig oder falsch ist, weil so- wohl das Original Narrentanz als auch die Übersetzung Mumraj und dessen wortgetreue Rückübersetzung Mummenschanz gut den Inhalt des Werks ausdrücken. Was die phonetisch- grafische Seite betrifft, alle drei Ausdrücke bilden ein einwortiges verbundenes Ganzes.

Man kann auch Unterschiede im Untertitel finden: im Original und in der Übersetzung wird über eine Tragikomödie gesprochen und in der Rückübersetzung wird das Drama als eine Groteske bezeichnet. Da es im Drama sowohl tragikomische als auch groteske Elemente gibt und eine Groteske eine Grenzform der Tragikomödie ist, kann gesagt werden, dass beide Genres richtig sind, wobei die Rückübersetzung das Genre vielleicht zu eng konkretisiert.

Im Drama wurden ein paar Fehler in der Übersetzung und ziemlich viele Fehler in der Rück- übersetzung festgestellt. Es waren folgende Fehler:

Fehler in Höflichkeitsanreden: Sekretär: […]gehen sie hinein und holen sie die Zeitungen heraus. [VS, 1. Akt, S. 1];

Fehler in der Kommasetzung: Kolja: Ich muß wissen wie du zu meinen Ideen stehst. […] [VS, 1. Akt, S. 11];

Fehler in Pronominaladverbien für Interrogativpronomen: Kolja: Vater, ich muß mit dir spre- chen. Gouverneur: Über was? [VS, 1. Akt, S. 11]; und Tippfehler: Kolja: Marxismus ist die Religion der Zugkunft. [VS, 1. Akt, S. 12].

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Alle diese Fehler zeugen davon, dass es beim Ausarbeiten der (Rück)Übersetzung nicht ge- nug Zeit für die Kontrolle gab.

Die Arbeitsmethode von Červinka war in den meisten Fällen, wortgetreu zu übersetzen. Červinka hielt sich am Original fest, aber trotzdem neigte er in einigen Fällen zur Intellektua- lisierung des Textes, indem er einige Sachen zu erklären versuchte:

[…] Ich bin mit einer bestimmten Absicht zu dir gekommen… Ich bin absichtlich früher her- gekommen… […] [B, S. 23]

[…] Přišla jsem k tobě s určitým úmyslem, také s blahopřáním ke Koljovu příjezdu… Ale přišla jsem schválně dříve… […] [Č, S. 22-23]

Er benutzte viele Synonyme, um den Text sprachlich zu bereichern. In einigen Fällen diffe- renzierte er seine Übersetzung mehr als der Autor selbst:

Kolja: (beleidigt, daß er auf den Vater keinen Eindruck macht) Ja. [B, S. 44]

Kolja: (uražen, že neučinil na otce žádoucí dojem). Ano. [Č, S. 37]

Da Červinkas Übersetzung schon 101 Jahre alt ist, erschienen in seiner Sprache ab und zu gehobene oder veraltete Ausdrücke:

Kosakow: (nachdem er sich überzeugt hat, […]) [B, S. 58]

Kozakov: (když se byl přesvědčil, […]) [Č, S. 47]

Červinka benutzte auch ziemlich viele Diminutive im Unterschied zum Original oder zur Rückübersetzung:

Frau Lapkin: Aber nichts. Elisaweta macht ihre Späße. […] [B, S. 27]

Pí. Lapkinová: Ale o nic. Jelizaveta si tropí své žertíky. […] [Č, S. 25]

Lapkin: Aber nichts. Elisaweta macht nur ihre üblichen Scherze. […] [VS, 1. Akt, S. 8]

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In Červinkas Übersetzung tauchten viele Russismen auf. Er übersetzte vor allem aus dem Russischen und er wendete die Kenntnisse des russischen Milieus in der Übersetzung an. Er wollte dadurch wahrscheinlich die russischen Realien den Rezipienten näher bringen.

Liste der in der Übersetzung benutzten Russismen:

Original Übersetzung Rückübersetzung

Gouverneur [B, S.9] gubernátor [Č, S. 13] Gouverneur [VS, 1. Akt, S. 1]

Gnädige [B, S. 11] milostpaní [Č, S. 14] die gnädige Frau [VS, 1. Akt, S. 2]

Gouvernement [B, S. 13] gubernie [Č, S. 16] Gouvernement [VS, 1. Akt, S. 3]

Papa [B, S. 37] papášo [Č, S. 33] Papascha [VS, 1. Akt, S. 10]

Exzellenz [B, S. 67] Vaše Prevoschoditělstvo euer Gnaden [VS, 1. Akt, S. 18] [Č, S. 53]

Beamten [B, S. 60] činovnictvo [Č, S. 49] Funktionäre [VS, 1. Akt, S. 16]

Die Arbeitsmethode der Rückübersetzer war abwechslungsreicher als die des Übersetzers. Sie sowohl ließen ziemlich viele Repliken oder sogar ganze Szenen aus, als auch fügten neue er- klärende Tatsachen hinzu. Was den Nebentext betrifft, der wurde meistens nicht übersetzt. Sonst aber übersetzten sie meistens auch wortgetreu.116

Die Rückübersetzung verrät an einer Stelle, dass die Rückübersetzer als Quelle nicht nur die Übersetzung von Červinka sondern auch das Original Narrentanz bzw. eine andere Variante der tschechischen Übersetzung oder noch andere Übersetzungen (in anderen Sprachen als Tschechisch oder Deutsch) zur Verfügung hatten.117

Die Rückübersetzer modernisierten auch das Original, indem sie zum Beispiel Mündlichkeit eingliederten oder keine veraltete Lexik benutzten.

 Mündlichkeit:

Elisaweta: […] du läufst ganz einfach davon. [B, S. 12]

Jelizaveta: […] Läufst einfach weg. [VS, 1. Akt, S. 2]

116 Für die Beispiele siehe die Unterkapitel 6.2 Arbeit und Wortschatz der Rückübersetzer. 117 Ebenda.

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 Modernisierung der lexikalischen Ebene:

Erster Aufzug [B, S. 9]

1. Akt [VS, 1. Akt, S. 1]

Der direkte Einfluss der Übersetzung auf die Rückübersetzung beweist, dass Mummenschanz eine wirkliche Rückübersetzung ist, bzw. aus dem Tschechischen übersetzt wurde. Und da Mummenschanz eine Übersetzung von Mumraj ist und da Mumraj, wie es sich aus der Theo- rie ergibt, aus dem deutschen Original übersetzt wurde, ist Mummenschanz eine Rücküberset- zung von Narrentanz.

Der Einfluss der Übersetzung auf die Rückübersetzung ist besonders an den Stellen sichtbar, wo Červinka zwar treu übersetzte, aber eine kleine lexikalische oder syntaktische Verände- rung machte, und diese Veränderung wurde dann in die Rückübersetzung treu übertragen:

Frau Lapkin: […] Liebster Kolja. […] [B, S. 37]

Pí. Lapkinová: […] Koljo, holoubku! […] [Č, S. 33]

Lapkin: Kolja Täubchen […] [VS, 1. Akt, S. 10]

In der Rückübersetzung kam in mehreren Beispielen zur Verallgemeinerung der Begriffe und die Rückübersetzung wurde so stilistisch verarmt:

Kolja: (entgeistert) Vater, du hast es nur des Geldes wegen getan? [B, S. 52]

Kolja: (pozbaven všeho nadšení). Otče, tys to učinil pouze pro peníze? [Č, S. 42]

Kolja: (unsicher) Du hast es für das Geld getan? [VS, 1. Akt, S. 15]

Die öfteste stilistische Verarmung zeigte sich beim Rückübersetzen emotionell gefärbter Wör- ter. Diese Ausdrücke waren am wenigsten exakt. In vielen Beispielen kam es zur Abschwä- chung feiner ästhetischer Werte des Werks. Einige Beispiele bezogen sich aber dagegen auf die Verstärkung gröberer stilistischer Werte des Werks, was auch eine häufige Erscheinung beim Übersetzen ist.

114

Es ist interessant, dass es zur Verarmung feiner ästhetischer Werte bzw. zur Verstärkung grö- berer stilistischer Werte in der Übersetzung nicht so oft kam. Das kann nur genauer Arbeit des Übersetzers zugeschrieben werden.

 Verarmung emotionell gefärbter Wörter:

Gouverneur: Stürmt von links ganz echauffiert herein. [B, S. 11]

Gouverneur: Vrazí sem z leva celý rozlícený, po sporu v domácnosti. [Č, S. 14]

Gouverneur: Tritt erregt ein. [VS, 1. Akt, S. 2]

 Verstärkung gröberer stilistischer Werte:

Sekretär: Der gnädige Herr darf sie nicht lesen. Es würde ihn etwas drin sehr ärgern. [B, S. 10]

Sekretář: Barin je nesmí číst. Je tam něco, co by ho velmi rozzlobilo. [Č, S. 14]

Sekretär: Der Gouverneur darf sie auf keinen Fall in die Hand bekommen. Er wird sich fürchterlich aufregen. [VS, 1. Akt, S. 1]

In der Rückübersetzung wurden nur wenig Synonyme verwendet und die benutzten Ausdrü- cke waren sehr oft stilistisch neutral (siehe die Tabelle unten). In der Übersetzung gab es im Unterschied dazu an einigen Stellen mehrere Synonyme als im Original und der Übersetzer wagte sich, auch stilistisch gefärbte Ausdrücke zu verwenden.

Tabelle der benutzten Synonyme (in der Rückübersetzung wurde immer nur ein Wort ver- wendet):

Birinski Červinka (mit Übersetzung ins Deutsche) Vrba und Stroux

Und wie noch Jak pak by ne (Wie denn nicht) Selbstverständlich

[B, S. 47] [Č, S. 39] [VS, 1. Akt, S. 13]

Und ob Jak pak by ne (Wie denn nicht) Selbstverständlich

[B, S. 47] [Č, S. 39] [VS, 1. Akt, S. 13]

Selbstverständlich Toť se ví (Das weiß man doch) Selbstverständlich [B, S. 52] [Č, S. 43] [VS, 1. Akt, S. 15]

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Und wie Jak pak by ne (Wie denn nicht) Selbstverständlich

[B, S. 61] [Č, S. 49] [VS, 1. Akt, S. 16]

Freilich Ovšem (Natürlich/ Selbstverständlich) Selbstverständlich

[B, S. 70] [Č, S. 56] [VS, 1. Akt, S. 20]

Das Element der Wiederholung spielte auch im Birinskis Narrentanz eine gewisse Rolle. Die- ses Element wurde hauptsächlich in komischen Szenen ausgenutzt, um das Komische bzw. Groteske dadurch noch hervorzuheben. In der Übersetzung wurde es eingehalten, aber in der Rückübersetzung wurden einige Szenen, in denen es dieses Element gab, sogar ausgelas- sen.118

Die Verschiebungen in der Stilschicht gab es in beiden Richtungen. Es wurden meistens neut- rale Ausdrücke im Original durch regionale in der Rückübersetzung verwechselt und umge- kehrt, wobei in der Rückübersetzung Wörter typisch für Süddeutschland bzw. Österreich verwendet wurden. In der Rückübersetzung gab es auch öfter umgangssprachliche Ausdrücke.

 Regionale Variante:

Elisaweta: […] (es klingelt, zu Anfissa) Es hat geklingelt. [B, S. 21]

Jelizaveta: (esklingelt) Jemand hat geläutet. [VS, 1. Akt, S. 6

 Umgangssprache:

Gouverneur: […]daß du und nicht ich das Gouvernement beherrschst, daß du Beamten auf- nehmen und entlassen kannst […] [B, S. 13]

Gouverneur: […] Alle sollen wissen, daß du die Beamten einstellen und hinauswerfen kannst […] [VS, 1. Akt, S. 3]

Sowohl in der Übersetzung als auch in der Rückübersetzung wurde der Text logisch gemacht und die nicht zu Ende gesagten Sachen wurden interpretiert. An einigen Stellen fügten der Übersetzer und die Rückübersetzer nur ein Wort, an anderen Stellen dann mehrere erklärende Worte hinzu, oder der Text wurde auf eine andere Art und Weise erklärt.

118 Für die Beispiele siehe die Seiten 67-70 (Element der Wiederholung).

116

Sekretär: […] Exzellenz müssen sich schon so bequemen. […] [B, S. 72]

Sekretář: […] Vaše Prevoschoditělstvo račiž se již namáhati jen tak… […] [Č, S. 57]

Sekretär: […] Sollen Sie sich nur so, ohne Kissen bemühen. […] [VS, 1. Akt, S. 21]

Der Übersetzer und auch die Rückübersetzer äußerten beim Übersetzen auch ihre eigene Initi- ative, indem sie etwas Neues in den Text hinzufügten. Červinka fügte zum Beispiel eine neue Figur hinzu und die Rückübersetzer übernahmen es. Die Rückübersetzer dachten dann sehr oft eine neue Replik anstatt der originellen aus.

Kosakow: […] aus dem Garten stürmen Kolja, Elisaweta, Frau Lapkin, […] [B, S. 73]

Kozakov: […] ze zahrady přikvapí sem skleněnými dveřmi Kolja, Jelizaveta, pán a paní Lap- kinovi s dětmi[…] [Č, S. 58]

Kozakov: […] aus dem Garten: Kolja, Jelizaveta, Herrund Frau Lapkin mit Kindern […] [VS, 1. Akt, S. 21]

Der Übersetzer und auch die Rückübersetzer machten in ihren Übersetzungen Fehler, die dem Original widersprachen oder ihn verzerrten. Es handelte sich meistens um solche Kleinigkei- ten, die wahrscheinlich aus Versehen entstanden. Sehr oft gab es die Fehler in Personalpro- nomina oder im Kasus und die Rolle spielte dabei auch die Ähnlichkeit der Wörter.

Gouverneur: […] (sich tröstend). Na, wenn es ihnen aber Spaß macht. [B, S. 45]

Gubernátor: […] (Útěšně). Nu, těší-li je to... [Č, S. 38]

Gouverneur: […] (er möchte ihn trösten). Na ja, wenn es dir Spaß macht. [VS, 1. Akt, S. 12]

Die Rückübersetzer und der Übersetzer übertrugen die Bedeutung einiger Ausdrücke nicht immer genau, sondern sie benutzten ein anderes ungenaues Wort, das nicht völlig dem Origi- nal entsprach. Die meisten Fälle betrafen die lexikalische Bedeutung der Ausdrücke:

Kosakow: […] jede revolutionäre Bewegung seitens der Bevölkerung […] [B, S. 60]

Kozakov: […]každé revoluční hnutí se strany obyvatelstva […] [Č, S. 48]

Kozakov: […] jede revolutionäre Bemühung […] [VS, 1. Akt, S. 16]

117

Was die Übersetzung der Phraseologismen, die sich im analysierten Abschnitt befunden, be- trifft, die wurden von Červinka nicht völlig korrekt übertragen. Er übersetzte sie immer wort- getreu und deswegen verloren sie im Tschechischen ihre phraseologische Funktion. In der Rückübersetzung, falls sie im Drama rückübersetzt wurden, wurden die Phraseologismen richtig übersetzt.

Malachow: […] Den sucht doch die Polizei wie eine Stecknadel. [B, S. 60]

Malachov: […] Toho přece hledá policie jako špendlík. [Č, S. 48]

Malachov: […]Den sucht die Polizei wie eine Stecknadel. [VS, 1. Akt, S. 16]

Birinski wählte für seine Figuren russisch lautende Vor- und Nachnamen und transkribierte sie ins Deutsche, das heißt, dass er nicht nur die Namen mit lateinischen Buchstaben um- schrieb, sondern auch die Aussprache berücksichtigte. Genauso auf diese Problematik wurde in der Rückübersetzung keine Rücksicht genommen. Die Namen wurden so, wie sie sind, aus der tschechischen Übersetzung übernommen. Richtig waren nur die Namen, wo es Unter- schiede zwischen der tschechischen und der deutschen Rechtschreibung gab. So wurde z. B. aus Máša Mascha. Es kamen auch einige größere Fehler vor. Beispielsweise der Name Alexiejewitsch wurde zurück ins Deutsche falsch transkribiert als Alexandrewitsch, obwohl es im Tschechischen richtig war.

Gouverneur: Ich werde den Alexiejewitsch unter gar keinen Bedingungen anstellen. [B, S. 12]

Gubernátor: Nedám Aleksěvičovi místa za žádnou cenu. [Č, S. 15]

Gouverneur: Auf keinen Fall bekommt Alexandrewitsch von mir eine Stellung. [VS, 1. Akt, S. 2]

Es ist schwierig, die Interjektionen treu oder äquivalent zu übersetzen, da es in jeder Sprache ein breites Spektrum davon gibt. Es gab keine treue oder genaue (Rück)Übersetzung, aber bei einigen Interjektionen wurde der thematische Bereich eingehalten (wie z. B. bei Naturkräf- ten).

118

Kosakow: Allmächtiger Himmel! Ein Attentat. […] [B, S. 72]

Kozakov: Nebesa! Atentát! […] [Č, S. 58]

Kozakov: Um Himmels Willen, Attentat. […] [VS, 1. Akt, S. 21]

Es gab nicht nur fast identische Sätze im Original und in der Rückübersetzung, die sich in der Wortfolge bzw. in einem Partikel unterschieden, sondern es wurden auch völlig identische Sätze gefunden. Das Vorkommen der Nullverschiebungen widerlegt die Behauptung von Formánková,119 dass die Rückübersetzung nie dem Original gleich ist. Obwohl hinsichtlich der im Unterkapitel 6.2 Arbeit und Wortschatz der Rückübersetzer angeführten Tatsache, dass die Rückübersetzer auch Narrentanz kannten und ihn als Hilfe zur Übersetzung benutzen konnten, soll das Unterkapitel 7.6 Nullverschiebungen nicht völlig für relevant gehalten wer- den.

Kolja: Der Marxismus hat die ganze Wissenschaft auf den Kopf gestellt. [B, S. 45]

Kolja: Der Marxismus hat die ganze Wissenschaft auf den Kopf gestellt. [VS, 1. Akt, S. 12]

Im gesprochenen alltäglichen Dialog werden meistens unkomplizierte kürzere Sätze benutzt. Im Narrentanz gab es vor allem lange Dialoge, die in der Übersetzung treu übertragen wur- den. Das ist nicht der Fall in der Rückübersetzung, denn hier wurde der Text sehr oft verkürzt. Die Verkürzungen gab es hauptsächlich dort, wo sich die Rede der Figuren wiederholte. Dank dessen kann der Text von den Rezipienten leichter wahrgenommen werden.

Was die Länge und Kompliziertheit der Sätze betrifft, es wurden sowohl im Original als auch in der Übersetzung und in der Rückübersetzung vor allem kürzere Sätze und wenig Nebensät- ze im Redetext benutzt.

In diesem Drama kam nicht zur Verschiebung der Funktionsschichten. Die Figuren, sowohl die Adeligen als auch die Untertanen bzw. die Diener, benutzten die Standardsprache und ab und zu erschien in ihrer Rede umgangssprachliche bzw. regionale Lexik oder Merkmale der Mündlichkeit. Beispiele der Mündlichkeit gab es sowohl im Original als auch in der Rück- übersetzung. In der Übersetzung wurden aber keine Beispiele der Mündlichkeit gefunden.

119 Für Einzelheiten siehe die Unterkapitel 2.3.1 Zu Möglichkeiten der Verwendung von Rückübersetzung.

119

Der Dialog soll von der Situation auf der Bühne nicht abgerissen werden. Trotzdem wurde in der Übersetzung der Dialog an einer Stelle abgerissen und zugleich wurde auch die Ironie gebrochen. Sonst wurden aber keine Verstöße gegen die Bedeutungsbeziehungen festgestellt. Hier ist der Dialog, der von der Situation abgerissen wurde:

Gouverneur: Da im Alter, wo man sich tagsüber mit einer alten Schabracke abquälen muß… [B, S. 14-15]

Gubernátor: Ale ve stáří, když se člověk po celý den moří se starým harampádím… [Č, S. 17]

Gouverneur: Aber später, wenn man sich mit dem Alter und (mit deutlichem Bezug auf Jeliza- veta) den Alten herumschlagen muß…[VS, 1. Akt, S. 4]

Beim Übersetzen der Charakterzüge kam bei drei Figuren zwar zu kleinen, jedoch nicht be- deutungslosen Verschiebungen. Die Verschiebungen bezogen sich auf das äußere Aussehen oder Laune der Figuren. Sonst wurde die Charakterisierung der Figuren eingehalten und es wurden keine Charakterzüge früher, als es nötig war, verraten. Hier ist ein Beispiel:

Anfissa: Eine alte, aber noch rüstige Bäuerin räumt auf- ärgerlich. [B, S.9]

Anfisa: Stará, ale dosud statná selka, zlostně uklízí. [Č, S. 13]

Anfisa: Eine alte Frau vom bäuerlichen Aussehen räumt gerade mürrisch auf. [VS, 1. Akt, S. 1]

Červinka gelang es, das Prinzip der differenzierten Genauigkeit zu behalten. Er übersetzte treu sowohl die Bedeutung als auch die stilistische Ebene des Dramas. Er bemühte sich um eine Dramenübersetzung mit allen Spezifika des Autors. Er wich nur in ein paar Kleinigkeiten ab, und zwar an einigen Stellen versuchte er den Text zu intellektualisieren oder auszuschmü- cken.120

Die Rückübersetzer im Unterschied zu Červinka versuchten, eine Bühnenübersetzung zu ma- chen. Der Regisseur Stroux hatte wahrscheinlich eine konkrete Vorstellung über die Inszenie- rung und mit dieser Absicht wurden schon einige Passagen bearbeitet und verkürzt. Der Inhalt und die Bedeutung blieben auch in der Bühnenübersetzung behalten, hauptsächlich dank guter und treuer Übersetzung von Červinka.

120 Für die Einzelheiten siehe die Unterkapitel 2.1 Arbeit und Wortschatz des Übersetzers.

120

Auf einer Seite wurde der Dramentext durch Verkürzungen oder Auslassungen des Textes verarmt, auf der anderen Seite muss gesagt werden, dass das, was ausgelassen oder verkürzt wurde, nicht wichtig für die Handlung und Entwicklung des Dramas war. An einigen Stellen wurde der Text sogar verändert, damit ein Teil des Textes ausgelassen sein konnte.

Červinka übersetzte jedes Wort egal ob Redetext oder Nebentext. Die Rückübersetzer über- setzten aber nicht immer den Nebentext. Sie haben ihn mehrmals ausgelassen oder wenigsten verkürzt. Hier ist ein Beispiel:

Gouverneur: Stürmt von links ganz echauffiert herein. [B, S. 11]

Gouverneur: Vrazí sem z leva celý rozlícený, po sporu v domácnosti. [Č, S. 14]

Gouverneur: Tritt erregt ein. [VS, 1. Akt, S. 2]

121

10 ZUSAMMENFASSUNG

Diese Diplomarbeit setzte sich zum Ziel, Grundprinzipien der Rückübersetzung und Mög- lichkeiten deren heutigen Ausnutzung vorzustellen, Methode der Analyse der ausgewählten Rückübersetzung zu entwerfen und zu zeigen, auf welchen Ebenen die Rückübersetzung das Original verändern kann. Weiter sollte die Frage beantwortet werden, ob die ursprüngliche Intention des Autors in der Rückübersetzung nicht verzerrt wurde und ob es sich in diesem Fall um eine wirkliche Rückübersetzung handelt.

Im theoretischen Teil konzentrierte sich die Arbeit auf die Erklärung, was alles eine Rück- übersetzung im Vergleich zum Original verändern kann, und diese Kenntnisse wurden dann in der Analyse ausgenutzt. Weiter wurde zusammengefasst, wie die Rückübersetzung heutzu- tage ausgenutzt wird: für Überprüfung der Fachübersetzungen, für Vereinigung andersspra- chiger Übersetzungen in internationalen Umfragen, für Rekonstruktion eines literarischen Werks und in der Pädagogik.

Im praktischen Teil wurde zusammenfassend festgestellt, dass die meisten Unterschiede vor allem auf der stilistischen und semantischen Ebene waren. Es handelte sich hauptsächlich um Intellektualisierung und Benutzen stilistisch neutraler Wörter anstatt emotionell gefärbter Wörter. Weiter wurde festgestellt, dass die literarische Gattung Drama auf die Übersetzung und die Rückübersetzung nur einen kleinen Einfluss hatte, denn dadurch nur geringe Abwei- chungen entstanden, die für unerheblich gehalten werden können. Es wurde auch bestätigt, dass der analysierte Text Mummenschanz wirklich eine Rückübersetzung von Narrentanz ist.

Selbstverständlich hatten die Intention des Übersetzers und der Rückübersetzer und ihre ver- wendete Arbeitsmethode den größten Anteil an den konstatierten Abweichungen. Der Über- setzer übersetzte wortgetreu, benutzte oft Diminutive, Russismen und viele Synonyme. Die Rückübersetzer übersetzten dagegen nicht alles, ließen hier eine Replik und da eine Szene aus, ab und zu fügten etwas Erdachtes hinzu und benutzten nicht so viele Synonyme. Sonst aber übersetzten sie auch wortgetreu.

Wenn man aber berücksichtigt, dass es sich um eine Übersetzung der Übersetzung handelt, d. h. um eine doppelte Möglichkeit der Verzerrung des Originals, dann muss gesagt werden, dass das Drama in dieser konkreten Rückübersetzung aus der allgemeinen Sicht nicht an sei- nem Wert verlor. Sowohl der Inhalt als auch die tragikomischen (bzw. grotesken) und ironi- schen Elemente blieben erhalten. Die Rückübersetzung war sogar an einigen Stellen für die Rezipienten verständlicher als das Original.

122

11 QUELLENVERZEICHNIS

Primärliteratur:

BIRINSKI, L. Mummenschanz: Groteske in vier Akten. 1. Auflage. Praha: Amatérské divadlo Esence, 2009. S. 70. Fotokopie der Maschinenschrift aus dem Vermögen: Lev Birinski, Akko, Izrael.

BIRINSKI, L. Mumraj: Tragikomedie o čtyrech dějstvích. Praha: Otto, 1912. S. 155.

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Sekundärliteratur:

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HELBIG, G. und BUSCHA, J. Deutsche Grammatik: ein Handbuch für den Ausländerunter- richt. Berlin: Langenscheidt, 2001. S. 654.

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HÜBL, D. Lev Birinskij 1: (životopisný mumraj končí). 1. Auflage. Praha: Amatérské divadlo Esence, 2008. S. 442.

HÜBL, D. Lev Birinskij 2: (životopisný mumraj končí). Dodatky. 1. Auflage. Praha: Amatér- ské divadlo Esence, 2010. S. 143.

KITTEL, H. Übersetzung: ein internationales Handbuch zur Übersetzungsforschung. Berlin: Walter de Gruyter, 2004. S. 1061.

KUFNEROVÁ, Z. et al. Překládání a čeština. 1. Auflage. Jinočany: H & H, 1994. S. 260.

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LEVÝ, J. České teorie překladu. 2. Auflage. Praha: I. Železný, 1996. S. 273.

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Email Korrespondenz

Email Korrespondenz mit Stephan Stroux [Online]. 5.3.2013. [email protected]

Email Korrespondenz mit Stephan Stroux [Online]. 22.3.2013. [email protected]

128

12 ANLAGEN

12.1 Johann Wolfgang von Goethe: Wanderers Nachtlied121

Wanderers Nachtlied (Originaltext)

Über allen Gipfeln

Ist Ruh´

In allen Wipfeln

Spürest du

Kaum einen Hauch;

Die Vögelein schweigen im Walde.

Warte nur, balde

Ruhest du auch.

Japanisches Nachtlied (Rückübersetzung)

Stille ist im Pavillon aus Jad

Krähen fliegen stumm

Zu beschneiten Kirschbäumen im Mondlicht.

Ich sitze

Und weine.

(Nach D. Matthen-Gohdes, 1982)

121 GOETHE, J. W.: Wanderers Nachtlied. In: WEIKOPF, Otto. Übersetzen. In: Welt der Sprachen, Sprachen der Welt [Online]. [Stand: 2012-10-10]. URL: http://www.weikopf.de/index.php?article_id=102

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12.2 Email Korrespondenz

12.2.1 Email Korrespondenz mit S. Stroux vom 5. 3. 2013

Von: Petra Vaclikova [[email protected]], an: [email protected] Gesendet: Dienstag, 5. März 2013 10:35 Betreff: Mummenschanz von Lev Birinskij

Sehr geehrter Herr Stroux,

ich bin auf das Drama Mummenschanz (im Original Narrentanz) von Leo Birinski gestoßen, das von Ihnen und Jiří Vrba neu übertragen und eingerichtet wurde, 1969 in Wien erschienen ist und 1971 im Volkstheater in Wien aufgeführt wurde. Ich schreibe auf dieses Thema meine Diplomarbeit und möchte Sie deswegen fragen, aus welcher Quelle es übersetzt wurde. Mittels der von mir durchgeführten Textanalyse stellte ich fest, dass Sie die tschechische Übersetzung Mumraj von Vincenc Červinka als Hauptquelle benutzten. Aber benutzten Sie auch den Narrentanz als Vorlage? Ich fand nämlich einen Abschnitt, der es andeutet. Und wussten Sie, dass es sich eigentlich um die Originalversion von Leo Birinski handelt, oder hielten Sie es für eine Übersetzung? Ich würde Ihnen sehr dankbar und es würde mir sehr helfen, wenn Sie mir diese zwei Fragen beantworten könnten.

Mit freundlichen Grüßen Petra Vaclíková (Studentin der Germanistik in Brünn, Tschechische Republik)

130

Von: Stephan Stroux [[email protected]], an: [email protected]

Gesendet: 5. 3. 2013 Betreff: AW: Mummenschanz von Lev Birinskij

Hallo Petra Vaclikova,

Ich freue mich über Ihre Nachricht und darüber, dass "Mummenschanz" Beachtung findet. Ich habe es damals als junger Regisseur zusammen mit Jiri Vrba übersetzt in der Absicht, es auch selbst aufzuführen. Leider ist es nicht zustande gekommen. Aber immer noch liegt es bei mir in dem Bereich der offenen Wünsche. Es interessiert mich sehr, was Sie alles über das Stück herausfinden und hoffe, es später in einer mir zugänglichen Sprache lesen zu können. Bitte informieren Sie mich. Wir haben da- mals zusammengearbeitet, weil J.V. nicht gut in der deutschen Sprache war und ich nicht Russisch konnte. Meiner Erinnerung nach haben wir es aus dem Russischen übertragen. Es war uns klar und ein entscheidender Aspekt, dass wir von der Originalversion( russisch) ausgegangen sind. Es ist aber möglich, dass wir auch die tschechische Übersetzung miteinbezogen haben. Ich habe lange keinen Kontakt mehr mit J. Vrba gehabt und weiß auch nicht, ob er noch lebt.

Berinskij war zeitweise Assistent von Max Reinhardt. Über Berinskij gibt es - ich glaube im Scleswig – Holsteinischen Landesmuseum/ Rendsburger Mikwe / eine Forschungsstelle. Er ist wohl später nach Israel gezogen????. Aber da muß ich meine Unterlagen suchen. 2009 habe ich schon eine Anfrage aus Tschechien bekommen, der ich leider bisher nicht geantwor- tet habe, da ich in vielen internationalen Projekten stecke. Ihnen antworte ich gleich, damit ich etwas gegen mein schlechtes Gewissen tue bzw. aufpasse, dass nicht wieder ein neues entsteht. Ich schicke Ihnen das Schreiben von Dusan Hübl. Vielleicht macht es für Sie Sinn, ihn zu kontaktieren. Wenn Sie es tun, bitte erwähnen Sie meine Initiative und sagen Sie ihm herzliche Grüße von mir. Ihnen noch einmal Danke für Ihr Schreiben. Wenn ich Ihnen irgendwie behilflich sein kann, bigtte fragen Sie. Es kann sein, dass es einen Moment dauert, aber es ist ein Thema, dass mich brennend interessiert – vielleicht kommt es ja noch zu einer Aufführung. Sollten Sie nach Berlin kommen, werde ich mich sehr freuen, Sie kennenzulernen.

131

Beste Grüße Stephan Stroux Richard-Wagner-Str. 16 14621 Schönwalde

0049 3322 421460 +49 171 414 79 15 [email protected]

Aus der e-mail von Dusan Hübl.... Konnte ich dazu einige Fragen haben? Im Katalog wird geschrieben, daß es von Jiri Vrba neu übersetzt wurde. Wer ist Jiri Vrba? Theaterregisseur zum Beispiel vom Prager Theater Sema- for (za. 1960)? Hat er das Schauspiel vom Tschechischen übersetzt? Haben Sie den ursprunglichen (ich meine: tschechischen) Text gesehen? Haben Sie nicht irgendeinen aktuel- len Kontakt auf Herr Vrba? Wurde Mummenschanz mehrmalig eingeführt? Falls ja, wo und wann es war? Wäre es nicht möglich den Text des Mummenschanzes gewinnen? Ich habe in meiner Sammlung verschiedene Versionen dieses Schauspieles, aber deutsche Übersetzung von der tschechischen Übersetzung des deutschen Originals errichtet, das wäre die wirkliche Kuriosität!! Entschuldigen Sie mich, bitte, für meine riesige Neugier, aber alles ist für mich sehr wichtig und interessant. Sie können eventuell weitere Auskunft zum Birinski finden: http://en.wikipedia.org/wiki/Leo_Birinski (englisch) http://cs.wikipedia.org/wiki/Leo_Birinski (tschechisch) http://cs.wikipedia.org/wiki/Mumraj_(divadeln%C3%AD_hra)

Dušan Hübl Londýnská 18 120 00 Praha 2 Tschechien [email protected]

132

12.2.2 Email Korrespondenz mit S. Stroux vom 10. 3. 2013 und 22. 3. 2013

Von: Petra Vaclikova [[email protected]], an: [email protected] Gesendet: Sonntag, 10. März 2013 14:50 Betreff: Re: AW: Mummenschanz von Lev Birinskij

Sehr geehrter Herr Stroux,

vielen Dank für Ihre schnelle E-Mail und Beantwortung meiner Fragen. Ich schätze es sehr. Mit Dušan Hübl habe ich schon vorher den Kontakt aufgenommen und er hat mir eigentlich den Kontakt auf Sie gegeben. Ich habe ihm Ihre Grüße schon erledigt und es hat ihn gefreut, dass Sie das Schreiben von ihm nicht vergessen haben. Ich hätte noch zwei Fragen: 1) In der Anlage schicke ich Ihnen einen Teil des Textes "Narrentanz" von Leo Birinski. Es interessiert mich, ob Sie auch diesen Text bei Übersetzung benutzt haben oder ob Sie den Text überhaupt kennen. 2) Die zweite Frage stelle ich Ihnen nur aus Neugier: wie haben Sie an der Übersetzung mit Jiří Vrba zusammengearbeitet? Sie, als ein Muttersprachler, haben die Korrekturen des über- setzten Textes gemacht? Oder Herr Vrba hat Ihnen den Inhalt gesagt und Sie haben dem Text die Form gegeben? Es interessiert mich, wie Sie es gemacht haben (wie so eine Zusammenar- beit in der Praxis aussieht), da ich die Übersetzungswissenschaft der deutschen und russischen Sprache studiere. Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass Jiří Vrba schon gestorben ist. Nach Angaben, die es ge- lungen ist, Herrn Hübl festzustellen, ist er schon vor 10 Jahren gestorben. Allerdings hoffe ich, dass noch zu einer Aufführung von "Mummenschanz" kommt, denn ich würde das Stück sehr gerne sehen. Ich danke Ihnen noch einmal für Ihre Zeit und werde mich auf Ihre Antwort freuen.

Mit freundlichen Grüßen Petra Vaclíková

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Von: Stephan Stroux [[email protected]], an: [email protected]

Gesendet: 22. 3. 2013, 15:16:01

Betreff: Re: AW: Mummenschanz von Lev Birinskij.

Hallo Petra Vaclikova,

1.) Ich weiß, dass es diesen Text gibt. Wir hatten ihn aber nicht als Vorlage. Wir wollten uns auf den Originaltext konzentrieren.

2.) Übersetzen ist ja eine eigene Profession. Ich habe es eigentlich immer wieder gemacht, weil mir die Vorlagen nicht genau genug waren. Inzwischen habe ich aus dem Englischen, Französischen, Spanischen, Portugiesischen und Polnischen übersetzt, nicht, weil ich für mich die Profession des Übersetzers suche, sondern weil ich für die Theaterarbeit den Atem eines Textes, die präzise Vorstellung von Figuren und Situationen brauche. J.V. hat mir zuerst das Stück, dann einzelne Szenen erzählt. Dann versuchte er, mit seinen Worten den Sinn des Tex- tes zu vermitteln. Natürlich habe ich nachgefragt, vor allem nach der Figur und der jeweiligen Situation, dann habe ich ihm Vorschläge gemacht, wie ich mir die deutsche Version vorstel- len könnte. Auch wenn er die Worte und Sätze selbst nicht direkt finden konnte, verstand er aber sofort, wenn die deutsche Version den Ausdruck so traf wie er es sich in der Original- sprache vorstellte. Die Arbeit fand also als direkter Dialog statt. Und hat Spass gemacht. Ich habe den Text aus meiner heutigen Sicht und Erfahrung noch nicht überprüft, aber damals war es eine gute Erfahrung.

Es tut mir leid, dass es keine Chance mehr gibt, mit J.V. zu sprechen, ihn zu treffen, freue mich aber, dass unser gemeinsames Projekt durch Sie eine neue Aufmerksamkeit bekommt. Wie ich es schon andeutete hat mich dieses Stück in seiner Ironie und radikalen Wirklichkeit immer begleitet. Vielleicht gelingt es ja noch, es notwendig mit einem Moment unserer Zeit zu verbinden und aufzuführen.

Vielen Dank, dass Sie mit Herrn Hübl Kontakt aufgenommen haben und mir so helfen, diesen Punkt im schlechten Gewissen loslassen zu können. Ich würde Sie gerne bei Gelegenheit ken- nenlernen. Bitte informieren Sie mich über die weitere Entwicklung.

Herzlichen Gruß

Stephan Stroux

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12.3 Ausschnitte der Originaltexte

12.3.1 Narrentanz122

122 BIRINSKI, L. Narrentanz: Tragikomödie in vier Akten. Praha: Amatérské divadlo Esence, 2002. S. 24-25. Fotokopie des Nachdrucks der ersten Auflage des Dramas im Verlag Georg Müller Verlag, München und Leip- zig, 1912.

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12.3.2 Mumraj123

123 BIRINSKI, L. Mumraj: Tragikomedie o čtyrech dějstvích. Praha: Otto, 1912. S. 22-23.

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12.3.3 Mummenschanz124

124 BIRINSKI, L. Mummenschanz: Groteske in vier Akten. 1. Auflage. Praha: Amatérské divadlo Esence, 2009. S. 7. Fotokopie der Maschinenschrift aus dem Vermögen: Lev Birinski, Akko, Izrael.

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