Quintessenz

Bibliothek der Psychoanalyse Raul Päramo-Ortega

Freud in Mexiko

Ein Essay zur Geschichte der Psychoanalyse in Mexiko

Aus dem mexikanischen Spanisch übersetzt von Ramön Leon und

H. Jürgen Kagelmann

Quilltessenz Anschrift des Autors Dr. Raul Päramo-Ortega Justo Sierra 2135, Guadalajara 44650 (Mexico)

Anschriften der Übersetzer Dr. Ramön Leon, Eduardo Terry 1589, Lima 1 (Peru); Dr. H. Jürgen Kagelmann, Veilchenstr. 41, 8000 München 21

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Päramo-Ortega, Raul: Freud in Mexiko : ein Essay zur Geschichte der Psychoanalyse in Mexiko / Raul Päramo-Ortega. Aus dem mexikanischen Span, übers, von Ramön Leon und H. Jürgen Kagelmann. - München: Quintessenz, 1992 (Quintessenz-Bibliothek der Psychoanalyse) ISBN 3-86128-135-X

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung au- ßerhalb der engeren Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt ins- besondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikrover- filmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektroni- schen Geräten. Copyright © 1992 Quintessenz Verlags GmbH München Umschlaggestaltung: Dieter Vollendorf, München, unter Ver- wendung eines Motivs von Diego Rivera (Sonntagsträumerei im Alameda-Park) Satz:KAVW Druck und Bindung: WB-Druck, Rieden Printed in Germany , _. UniversJiSisblöilothsk

. ISBN 3-86128-135-X . fegaroru i . Verlagsbestellnummer 5135 I Inhalt Vorwort

Vorwort 7 Die Idee zu diesem Buch tauchte erstmals im Sommer 1988 auf, Erstes Kapitel: Einführung 13 als ich mich während einer Vortragsreise in München aufhielt und mit Dr. Kagelmann, dem Verleger meines ersten Buches: Zweites Kapitel: Die Rezeption Freuds in Mexiko 19 Das Unbehagen an der Kultur, zusammentraf. Während dieser Gespräche wurde die Idee geboren, eine Publikation zu verfas- Drittes Kapitel: Ein unbekannter Wegbereiter: sen, die sich speziell der wechselvollen Geschichte der Psycho- Jose Torres Orozco (1890-1925) 44 analyse in Mexiko widmen sollte. Dieses Buch sollte zum wich- tigen Datum 1992 vorliegen und zu allererst in deutscher Spra- Viertes Kapitel: Eine große Lücke: che publiziert werden. Ich betrachte es auch als kritische An- Die Jahre von 1922 bis 1955 53 merkung zu einem Fragment der Kulturgeschichte Mexikos.

Fünftes Kapitel: Die ausländischen Einflüsse 55 Sicherlich ist das Buch, das wir jetzt vorlegen, in dem Sinne un- vollständig, daß es mit vielen Details ergänzt werden könnte. Sechstes Kapitel: Einige Bemerkungen zur Ich glaube und hoffe aber, daß es gelungen ist, eine vernünftige psychoanalytischen Literatur in Mexiko 64 Ausgewogenheit zu erreichen, was die notwendigerweise zu er- wähnenden Fakten, Personen, Vereinigungen und Kontexte an- Siebtes Kapitel: Die Mexikanische Psychoanalytische betrifft. Vereinigung (Asociacion Psicoanal f tica Mexicana) 71 Ich freue mich, dieses Buch geschrieben haben zu können, ohne

" Achtes Kapitel: Gregorio Lemercier und sein Versuch, an eine offizielle mächtige Schule oder Institution gebunden Psychoanalyse und Religion zu vereinigen 102 zu sein und daß ich bei der Arbeit an diesem Buch auch nicht auf Stipendien, Forschungsgelder u.ä. angewiesen war, sondern Neuntes Kapitel: Gruppentherapie. Die Asociacion ökonomische und geistige Freiheit hatte, das zu schreiben, was Mexicana de Psicoterapia Anal f tica de Grupo (AMPAG).. 110 ich schreiben wollte. Diese Form persönlicher Freiheit ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Ich möchte damit aber auch Zehntes Kapitel: Einige abschließende Überlegungen.... 113 ausdrücken, daß ich eben von Verpflichtungen und Abhängig- keiten gegenüber den verschiedenen, in diesem Buch mehr oder Literaturverzeichnis 116 weniger ausführlich erwähnten psychoanalytischen Gesell- schaften und Vereinigungen frei bin. Aus meiner Sicht wären Verzeichnis der Personen- und Institutionen 125 aber auch noch andere Vergünstigungen zu erwähnen, wie etwa die Möglichkeit, immer auch nichtmexikanische Patienten be- handeln zu dürfen, und mit vielen ausländischen Analytikern - nicht nur als Kollege, auch als Analysand - in Kontakt zu sein. Unter den Personen, die mir wertvolle Informationen zur Verfü-

6 7 gung gestellt hatten oder Daten ve r ifiziert haben - fast alle Psy- Die ganze Geschichte der Psychoanalyse in Mexiko (wie in je- dem anderen Land) ist die Geschichte ihrer wiederholten Brüche, choanalytiker verschiedener Schulen und Gruppen -, sind unbe- dingt folgende Namen zu erwähnen; Rodolfo Alvarez del Ca- Konflikte, Abspaltungen, und sie ist durchzogen von dem Fak-

stillo, Nestor Braunstein, Isabel tum, daß die Psychoanalytiker (und ihre Institutionen) immer Andres Alejandro Cuevas Sosa, direkten Sinn Di'az Portillo, Mario C. Estrada Espinoza, Gladys Faha Beau- unter den gesteckten Zielen bleiben. In diesem in

mont, Teöfilo de la Garza, Jose ist die Psychoanalyse (die nie Utopien herstellt) gewisserma- Jose Luis Gonzalez Chagoyän,

Hernändez Luna, Jose Silva Garcfa, Maria Antonieta Torres ßen in ihrer radikalen Unvollkommenheit selber eine Utopie:

Arlas, Enrique Torres Acevedo, Felix Velazco Alba und Stephan der Psychoanalytiker selbst kann nie adäquat sein eigenes Vav r ik. Ihnen sei an dieser Stelle mein herzlicher Dank ausge- Unbewußtes steuern, oder etwas vorsichtiger ausgedrückt: die sprochen. Formen der sozialen Organisation unserer Zivilisation - über die Tätigkeit des Unbewußten - sind immer weiter davon ent-

Darüber hinaus verdanke ich viel meinen persönlichen Bezie- fernt, ein weniger konfliktreiches Zusammenleben zwischen ih- hungen - die sich von einem bloßen kollegialen Kontakt bis ren Mitgliedern zu begünstigen.

hin zu engen freundschaftlichen Banden erstreckten - zu folgen- den, für die Geschichte der Psychoanalyse in Mexiko zentralen In Einklang mit einer Empfehlung des indisch-englischen Psy- Personen: Manuel Fernändez Villanueva der , Avelino Gonzalez choanalytikers Wilf r ied R. Bion darf man bei der Eroberung ,

Maria Langer, Santiago Ramfrez und Armando Suärez. Alle diese Psychoanalyse diese nicht als eine ahistorische Abstraktion leider schon verstorbenen Persönlichkeiten - gleichfalls in al- betrachten. Mit Bezug auf ein anderes lateinamerikanisches phabetischer Reihe erwähnt - waren wertvolle Informanten Land, Brasilien, sagte Bion einmal zu einem Inlcrviewpartner, ,

ohne daß ihnen das bewußt war. dem mexikanischen Analytiker Marco Antonio Dupont: Es ist absolut notwendig, daß es eine klare brasilianische [mexika- d Kultur Die vorletzte Fassung des Textes wurde auch von meinen Freun- nische etc.] Psychoanalyse gibt, die die Geschichte un den und Kollegen der Studiengruppe «» (Grupo de ihres Landes umfaßt. Die Gruppe muß ihre eigene phylogeneti- sche Entwicklung durchmachen, um eine solide Basis zu bekom- Estudios Sigmund Freud) in Guadalajara diskutiert, und zwar Mi-

" guel Mendez, Javier Perez und Emma Ruiz. Von ihnen erhielt men (Dupont 1987). Die Entwicklung und die Praxis der Psy- ich viele freundliche Hinweise und Verbesserungsvorschlage. choanalyse vermengen die kulturellen Elemente des Landes, in

Die letzte, jetzt vorliegende Version sollte ganz bewußt neu für dem sie entstand, mit den kulturellen Elementen des Landes, in sie sein. In einigen Abschnitten werden sie zweifellos die Dis- das sie eingeführt wird, was den histo r ischen Kontext in wei- kussionen wieder erinnerlich testen Sinn des Wortes meint. Diese Perspektive ist die, die ich , die sie mit mir geführt haben, und immer durchzuhalten versucht habe. Darüber hinaus möchte ich die mich dazu gebracht haben, einige Dinge zu ergänzen oder wegzulassen. Dafür danke ich ihnen noch einmal muß aber hin- für die deutschsprechenden Leser dieses Buches einige notwen- , zufügen, daß letztlich nur ich alleine für den Text und seine dige Daten zur Geschichte Mexikos und einige Ansichten von

Aussagen verantwortlich bin. Ich möchte dabei auch nicht ver- Nichtmexikanem über dieses Land der Vulkane anfügen. gessen, meiner Assistentin Mary Fors für die enorme Arbeit zu danken , die sie mit der letzten Überarbeitung des Manuskriptes Antonin Artaud (1896-1948), der scharfsinnige und wahnsinni- Von Ih- .a hatte. Die deutsche Fassung lasen u . H. Dieter Rossacker und ge französische Poet, sagte 1947 einmal über Mexiko: ben, der Fort- Brigitte Milkau. rem Land ist vermutlich kaum etwas übriggeblie schritt und die Indust r ialisierung werden alles verdorben haben.

8 9 Das Mexiko, das ich kennengelernt habe, war noch lebendig, rialen Drang der Nordamerikaner. Dieses Mal sogar mit multina- auch wenn man schon sah , daß es nicht mehr lange so bleiben tionalen Bürgschaften. "' würde. Alle Quellen sind versiegt.. . Artaud weist damit auf die negativen Auswirkungen der Modernisierungsanstrengungen In der mexikanischen Innenpolitik muß man nach wie vor die des herrschenden Kapitalismus für das Bewußtsein der damals absolute Dominanz einer Staatspartei notieren. Sie allerdings Juli 1988, als die vornehmlich bäuerlichen Bevölkerung hin. Dazu gehörte auch erlitt einen bemerkenswerten Einbruch am 6. de offenbar- die Unterdrückung der indianischen Bevölkerung. ausgeleerten Stimmurnen den Anfang von ihrem En ten. In dem heterogenen nationalen Panorama entsteht eine Auf der anderen Seite hatte der russische Cineast Sergej Eisen- neue politische Kultur um die Person von Cuauhtemoc Cärdenas stein den folgenden Eindruck von Mexiko während seines Besu- (dem Sohn des früheren Präsidenten Läzaro Cärdenas, der 1939 ches in den zwanziger Jahren: Etwas vom Garten Eden steht die Verstaatlichung der Ölindustrie durchsetzte). Läzaro Cär- "

, intuiti- vor dem geistigen Auge derer, die irgendwann die mexikani- denas stellt einen kuriosen Fall eines angeborenen ird, viele Jahr- schen Weiten gesehen haben. Und mit Hartnäckigkeit verfolgt ven, ephemeren Sozialismus dar. Sein Sohn w einen der Gedanke Kopf einer , daß Eden durchaus nicht irgendwo zwischen zehnte später, unter großen Schwierigkeiten zum hen Kultur Euphrat und Tigris gelegen hat, sondern natürlich irgendwo hier neuen Partei, die für die Zerschlagung einer politisc zwischen dem Golf von Mexiko und Tehuantepec!" - Und weiter kämpft, die auf einem festen Fundament jahrelang erprobter Lü- unten kommt dann der Kontrapunkt: Und nichts kann diesen gen aufgebaut ist. Seitdem hat die Staatspartei (sollen wir lieber Gedanken verdrängen: weder der Schmutz der Essenkessel die , Regierung sagen?) großes Interesse, die neue Partei in jeder er- von räudigen Hunden beleckt werden die sich in der Nähe her- denklichen Hinsicht und ganz offensichtlich mit undemokrati- , schen Mitteln zu sabotieren. umtreiben, noch die allgemeine Korruption, [weder] die entner- vende Verantworlungslosigkeit schwerfälliger Trägheit noch Die amerikanische Historikerin Barbara Tuchman, die sich mit die zum Himmel schreiende soziale Ungerechtigkeit, weder die zügellose Polizeiwillkür noch die mittelalterliche Rückständig- den Divergenzen zwischen politischen Anschauungen und 2 tatsächlicher Praxis befaßte, bemerkte einmal zur spanischen keit neben modernsten Formen sozialer Ausbeutung". Invasion der Conquista auf dem Boden der Mexica: Warum hat sich Moctezuma, immerhin der Souverän eines riesigen Heeres Seit dem Krieg mit den Vereinigten Staaten, als dessen Folge Mexiko 1848 fast die Hälfte seines damaligen Territoriums ver- kampferprobter und kampfhungriger Krieger und einer Stadt von lor, ist der mexikanische Nationalismus deutlich durch einen 300.000 Einwohnern, einer Gruppe zusammengewürfelter aus- Kampf um Autonomie und Identität gegen seinen mächtigen ländischer Landsknechte ergeben, und das sogar dann noch, als

Nachbarn im Norden geprägt. Dies war auch in den neunziger längst alle gesehen hatten, daß diese keine Götter, sondern nur

Jahren dieses Jahrhunderts der Fall. Ja, es scheint sogar noch an Menschen waren?"-' Wer auf diese Frage eine Antwort parat hat, " zu Schärfe zugenommen zu haben. Was nicht heißt der hat auch einen Schlüssel, um das mexikanische Volk , daß der Mexi- kaner sich nicht jedes Mal ein bißchen mehr an den imperiali- verstehen, und weiß ungefähr, was es heißt, Psychoanalytiker stischen Nachbarstaat gewöhnt. Andererseits zeigen die zurück- in Mexiko zu sein. liegenden Ereignisse am Persischen Golf den wachsenden impe-

1 zit. n. Paz 1988.

2 Eisenstein 1984, S. 484 ff. 3 Tuchman , 1989, S. 61.

10 11 Erstes Kapitel

Einführung

Zwischen dem, was Sigmund Freud seinerzeit als Psychoanalyse bezeichnete (also die Theorie) und wie er diese selber prakti- zierte (also die Praxis), einerseits und dem, was heutzutage prak- tiziert und theoretisiert wird, sei es in Frankfurt, in New York, in Paris oder in Mexiko-City, gibt es große Differenzen. Es sind unvermeidliche Unterschiede, die mit den Idiosynkrasien verschiedener Völker und verschiedener Epochen zu tun haben, von den individuellen, persönlichkeitsgebundenen Unter- schieden einmal ganz abgesehen. Da spielen die Sprache, die Geschichte, die wirtschaftliche Entwicklung, Traditionen und andere Faktoren eine beträchtliche Rolle und nicht zuletzt die Wir können die verschiede nen psychoanalytischen Schulen Rezeptionsgeschichte von Freud im jeweiligen Lande und die mit den unterschiedlichen sozial en, nationalen Kulturen spätere Weitergabe an die nachfolgenden Generationen. Zusam- vergleichen , in denen sie sich entwickelten" mengefaßt in einem Schlagwort handelt es sich um das gesell- Robert D. Hinshelwood (1987) " schaftliche Unbewußte . So bezeichnete Mario Erdheim alles das, was die Gesellschaft so bedroht, daß sie es verdrängen Die Psychoanalyse ist sozial empfindlicher 4 muß .

" als viele andere Wissenschaften Paul Parin (1989) Deswegen halte ich eine Präzisierung, das Hinzufügen topogra- phischer Adjektive für unumgänglich, wenn über Psychoanaly- se gesprochen wird. Wir haben also von einer englischen Psy- choanalyse, einer skandinavischen Psychoanalyse, usf. zu reden. Diese nationalen Psychoanalysen" sind voneinander mehr oder weniger deutlich abgrenzbare Einheiten; haben eine beträchtliche Anzahl von Elementen gemein, sie fühlen sich einer bestimmten Tradition verpflichtet und haben theoretische Entwicklungen produziert, die von der Geschichte der Psycho- analyse gerade in ihrem jeweiligen Lande beeinflußt sind, und

(...) diese den Individuen gemeinsamen unbewußten Inhalte" (Erdheim 1982, S. 220 ff.; vgl. auch S. 221: Das gesellschaft- lich Unbewußte ist also jener Teil des Unbewußten eines Indivi- duums, den es gemeinsam mit der Mehrzahl der Mitglieder seiner "

sozialen Klasse hat .)

12 13 von dort, nur von dort Anreize und eigentlich Unmögliches kon- , geistige Nahrung" bekom- seine Anstrengungen auf etwas men haben. zentriert, nämlich das Trennen von Methode und Lehre, von Theorie und Praxis. Das heißt, er versuchte die organische Ein- " Se- Seit den Ursprüngen der Psychoanalyse war diese Gegenstand heit aufzulösen, die zwischen den Schriften Die kulturelle ität (1908) und Die Zukunft von heftigen Diskussionen. Man denke nur an den Versuch xualmoral und die moderne Nervos ß nicht besonders miß- Freuds, durch die Gründung der Internationalen Psychoanalyti- einer Illusion (1927) besteht. Man mu schen Vereinigung in Nürnberg 1910 und die Inthronisation trauisch sein, um in diesem Vorgehen einen klaren Versuch der von lung das Schicksal der Psychoanalyse von der jüdischen Akklimatisierung" von Freud an ein katholisch geprägtes kul-

!, wie man es Rasse zu trennen . turelles Milieu zu erkennen: La France Catholique

nannte.

Wenig später, im Frankreich des Jahres 1926 , gab es wieder Schon von Anfang an war die Psychoanalyse logischerweise eine der vielen Zerreißproben, als ein beträchtlicher Teil der le Kämpfe und in Diskussio- damals 12 Mitglieder der Societe Ps und auch unwiderruflich in kulturel ychanalytique de Paris des geistigen Erbes ver- (Louis-Angelo-Marie Hesnard nen über die wahren Bannerträger , Rene Allendy, Adrien Borel, strickt. Bisher hat sie allerdings alle diese Kämpfe, Konflikte Henri Codet, Edouard Pichon, Rene Laforgue) durch eine ausge- falls scheint die Psychoana- prägte faschistoide Tendenz (Action Frangaise) und einen deut- und Zerreißproben überlebt. Jeden lich chauvinistischen Akzent von sich rede lyse als Methode dialektisch genug angelegt zu sein, oder, an- n machte . Ihnen ders formuliert, sie trägt in sich den Keim für ihre eigene stän- war das Freudsche Gedankengut zu germanisch, zu dunkel, zu ir- dige wissenschaftliche Weiterentwicklung: Die Psychoanalyse rational, zu barbarisch und pansexualistisch7. Die Gallisie- rung" der Psychoanalyse sei notwendi (...) ist immer unfertig, immer bereit, ihre Lehren zurechtzurüc- g, sagten sie, damit die ken oder abzuändern" . Freudschen Ideen in Frankreich voll adaptiert werden könnten.

Roudinesco meint übrigens, daß sich sogar Lacan von der Ein- Obwohl das so ist, versteckt sich heutzutage hinter dem wohl- stellung und den Schriften dieser Fraktion der Französischen klingenden Namen der Psychoanalyse eine ganze Reihe von

Gesellschaft für Psychoanalyse habe inspirieren lassen. Eklektizismen und vordergründigen Anpassungsleistungen an die herrschenden ideologischen Werte. Außerdem bekommt die Auch ein französischer Jesuit , Roland Dalbiez , verdient hier er- Psychoanalyse im Laufe ihrer histo r ischen Entwicklung einen wähnt zu werden. Er publizierte 1947 zwei Bände - La Methode geistigen Stempel, eine Prägung durch das jeweilige Land und Psychanalytique et la Doctrine Freudienm - in denen er alle , die Kultur, in die sie transferiert wird.

Um 1910 war er [Freud] von zwei Dingen überzeugt. Er glaubte, Hier müssen wir offen einen Punkt ansprechen, der sonst nur in die Gefahr, daß die Psychoanalyse als eine jüdische Idee vertraulichen Gesprächen von Psychoanalytikern in den Cafete-

betrachtet werde, sei ebenso groß wie die, daß man sie als Por- r ien auf den üblichen Kongressen behandelt wird. Es gibt zwei- nographie ansah. Und er glaubte außerdem, daß sie nun eine Re- präsentationsfigur brauchte, die nicht belastet war mit dem Ge- fellos einige nationale Idiosynkrasien, spezielle Eigenheiten, wicht all der K r itik, die er sich während des ersten Jahrzehnts des besonders ausgeprägte Nationalcharakterzüge, die der Praxis der

neuen Jahrhunderts zugezogen hatte [..] das war Jung" (Clark, 1985 Psychoanalyse überhaupt nicht förderlich sind. Wer hätte etwa , S. 335-336). Jung sprach sogar von der arischen Seele als tischen Einstellung der einer von der germanischen verschiedenen. noch nie etwas von der zutiefst pragma Daher die Bezeichnung chauvinistische Fraktion" innerhalb der SPP (Roudinesco 1988 , S. 1041).

Vgl. Roudinesco 1988, S. 1042; 1080 Freud, 1923 [a], GW XIII, S. 229.

14 15 Nordame r ikaner gehört oder von dem übersteigerten Narzismus nationaler Charakter" und Mentalität" sind, obwohl sie eng der Argentinier? Wer hätte sich noch nicht über die so sehr eu- beieinander stehen, nicht identisch. Trotz aller Diskussionen ropäisch geprägte, ethnozentrische Weltanschauung der West- herrscht heute zweifellos allgemeiner Konsens, daß unser Ver- europäer beklagt? Und wer noch nicht über die sprichwörtliche halten zuerst und zuvorderst ein Ergebnis unserer Stellung in

" Unzuverlässigkeit der Mexikaner? . einem sozialen System 11 ist. In diesem Zusammenhang stimme ich mit Christian Schneider überein, wenn er schreibt: Es ist klar, daß nicht jeder Mexikaner oder Argentinier solche Es gibt keine kontextneutrale, keine zeitneutrale Rezeption

"1 Charakterzüge aufweist, und es ist auch klar, daß Begriffe wie einer Theorie. sozialer Charakter" oder nationaler Charakter" von höchst fragwürdiger Natur überhaupt sind. Besser kommt man viel- Die Freudsche Psychoanalyse (wenn man mir ausnahmsweise als eines Sammel- leicht mit dem Beg r iff der mentalite zurecht, diesen Pleonasmus gestattet) ist, ob man will oder nicht, in ih- beg r iffes für die Art und Weise, wie man in einer Kultur oder in rem Ursprung eng mit Mitteleuropa, dem Judentum1- und der 10 einer bestimmten sozialen Gruppe denkt . Gewiß: die Beg r iffe deutschen Sprache14 verknüpft. Als sie in andere Länder und kulturelle Umgebungen transferiert wurde, hat die Psychoanaly- Unter den ausländischen Autoren die diese Charakteristika her- , se zwar in einigen Fällen auch interessante Bereicherungen er- vorheben, ist z.B. der englische Sch r iftsteller Graham Greene, fahren, oft genug aber auch schlimme Deformationen hinneh- der in seinem Buch Caminos sin Ley (The Lawless roads; London 1939, in der amerikanischen Ausgabe unter dem Titel Another men müssen, nicht zuletzt wegen der unglücklichen Übersetzun- 15 .. es ist wahr, was ihre Mexiko erschienen) schreibt: gen ins Englische, Französische und Spanische . Alle diese Bewunderer von den Mexikanern schreiben sie sind immer lu- , drei genannten Übersetzungen haben für die Entwicklung der stig, wie auch ihre Umstände beschaf en sein mögen; doch diese Lustigkeit hat etwas furchtbar Unreifes: keine Spur von Verant- Psychoanalyse in Mexiko ihre Bedeutung gehabt, da diese drei zum schnellen Griff nach wortungsgefühl; sie paßt zur Gewalttat, Sprachen die wichtigsten sprachlichen" Kanäle für die Einfüh- der Pistole." (zit. n. der deutschen Ausgabe: Gesetzlose Strossen. rung der Psychoanalyse in Mexiko waren. Der direkte Weg - et- Aufzeichnungen aus Mexiko. Wien: Thomas-Morus-Presse im was von der Psychoanalyse mittels der originalen deutschen Verlag Herder 1949; übers, v. Hubert Greifeneder, S. 241). An

anderer Stelle schreibt Graham Greene weiter: .Ich merkte, daß Fassung (als notwendiger Grundlage) zu erfahren oder zu ver- der Führer beunruhigt war. Er hatte das Gefühl der Verant- breiten - war für Mexikaner sehr mühsam und geschah nur sel- wortlichkeit, und davon will kein Mexikaner etwas wissen. Es ten, eigentlich erst in den sechziger Jahren. Darauf werde ich ist für sie wie ein ungebrauchtes Körperglied, sie haben gelernt, es nicht zu vermissen" (ebda., S. 208). - In bezug auf Mexika- später noch zurückkommen. ner, die mit Pessimismus und Düsternis ihr eigenes Dasein

schildern, hat ein gütiger Mann, Luis Gonzalez y Gonzalez (der wohl nicht zufällig auf dem Land herangewachsen ist) bemerkt Bevor 1923 die erste spanische Fassung der Freudschen Werke (1989): .. es gibt viele Federfuchser, die die Porträts Mexikos bewußt entstellen, aus politischen-propagandistischen Zielen heraus oder einfach, um ihre Haßgefühle zu stillen." Man muß 11 So formulierte es in einem anderen Kontext (-mit Bezug auf den wohl nicht extra erwähnen, daß die Psychoanalytiker sich genau Beitrag der Kriminalsoziologie auf die Kriminologie) Sveri,

wie die Historiker immer der Realität nähern müssen, so schwarz 1981, S. 430. diese auch aussehen kann. 12 Christian Schneider (1989). Die Psychoanalyse als Wissen- vor allem Der Begriff mentalite" hat sich durchaus durchgesetzt, schaft - revisited. Werkblatt (Salzburg), Nr. 18, S. 8. die of- 13 V dank der Bemühungen der französischen Historiker, gl. dazu Marthe Robert 1975.

fensichtlich viel weniger Probleme oder Widerstände haben, 14 Vgl. z.B. Federn 1978, S. 34; Blum 1986, Anzieu 1986; Ticho Denkstrukturen, Strukturen des Denkens" (und zwar einer Na- 1986. Char- tion oder eines Volkes) im Gegensatz zu (individuellen) 15 Zur Problematik der spanischen Übersetzungen vgl. insbes. " akterstrukturen zu akzeptieren. Päramo Ortega et al. 1982; Päramo und Perez 1987.

16 17 16 war anscheinend Jose Torres Orozco, ein Arzt und Zweites Kapitel erschien , Philosoph, der in der Provinz lebte, der erste und einzige Mexi- kaner, der sich damals direkt, sozusagen original auf deutsch Die Rezeption Freuds in Mexiko mit Freud beschäftigte. Er veröffentlichte 1922 den vermutlich ersten Artikel über Freudin Mexiko - La doctrina de Freud en la patologia mental , und dies muß als zentrales Ereignis hin- Eine kulturelle Verpflanzung sichtlich der Rezeption Freuds in Mexiko eingeordnet werden. Die Entwicklung der Psychoanalyse in Mexiko ist nichts weni- ger als das Ergebnis einer ganz besonderen kulturellen Ver- pflanzung. Das Empfängerland, also Mexiko, war damals eine agrarische Kultur mit einem ausgeprägten ethnischen Mosaik und einer ebenso ausgeprägten westlichen (präziser gesagt spa- nisch geprägten) und dezidiert christlich-katholischen Kultur, die den indigenen Religionen aufgestülpt wurde - wie ein Palimpsest. Die Freudsche Saat, die letzte Repräsentanz der Aufklärung, ist ohne Zweifel atheistisch und zudem sehr wiene- risch, hatte sich in Wien entwickelt, einer Stadt, die als Schmelztiegel par excellence vieler Kulturen gilt. Noch zu Leb- zeiten Freuds, genauer: in den Jahren 1926 bis 1929, hatte sich in Mexiko ein blutiger Bürgerkrieg entwickelt, der sogenannte Cristeros-Aufstand, ein Kampf, in dem es darum ging, daß zwei mächtige Institutionen ihre Einflußbereiche abgrenzen bzw. erweitern wollten, nämlich der laizistische Staat und die katho- lische Kirche. Der Krieg zwischen diesen beiden Mächten ko- stete 90.000 Menschen das Leben.

Abgesehen von dieser ersten Ausgabe in der Biblioteca Nueva (Madrid) existiert auch eine Ausgabe bei Editorial Americana Das neue kulturelle Produkt, das in dieser Zeit in Mexiko gerade (Buenos Aires) mit einem Vorwort von niemand Geringerem als bekannt wurde, die Psychoanalyse, sollte nachdrücklich die Ortega y Gasset, in dem Löpez Ballesteros seine Arbeit als Übersetzer der 1923 erschienenen Werke fortsetzt. Biblioteca Wechselfälle des neuen historischen und kulturellen Kontextes Nueva publizierte 1948 zwei luxuriös ausgestattete Bände, die erfahren. Hat der spezifische soziale Kontext die Entwicklung 1968 wieder neu aufgelegt und um einen weiteren Band ergänzt der nordamerikanischen Psychoanalyse beeinflußt, ja bis zur worden sind. In Mexiko gab es femer eine Edition des Verlags Editorial Ixtaccfhuatl zu einem akzeptablen Preis. Schließlich Unkenntlichkeit verändert oder verwässert", wie es Eissler be- publizierte der argentinische Verlag Ediciones Amorrortu in hauptet?1 Die Aufgabe, die ich mir im folgenden stelle, wird es Buenos Aires die Übersetzung von Luis Etcheverry. Für eine sein, dieses Zusammentreffen historisch-sozialer und kultureller Kritik der Übersetzungen ins Kastellanische siehe die No. 3 un- serer Zeitschrift Cuademos Psicoanah'ticos" und besonders den Faktoren zu analysieren. Meine These lautet, daß wir, wann im- Artikel Nuevos errores de traducciön en la obra de Sigmund Freud mer wir den Terminus Psychoanalyse" benutzen, um eine Präzi- von Raul Päramo und Javier Perez Pobles in der No. 7 der ge- nannten Zeitschrift. Die Lehre Freuds in der Psychopathologie] Eissler 1977.

18 19 sierung nicht herumkommen, um ein Adjektiv, das auf das spe- Selbstverständlich wird in der einen oder anderen Weise der Be- zielle Land hinweist, in dem sich eine Psychoanalyse entwic- ruf des Psychoanalytikers immer eine Angelegenheit sein, bei kelt hat, wenn wir sicher gehen wollen, verstanden zu werden. dem die, die diesen Beruf ausüben , seine Anforderungen nicht oder nicht vollständig erfüllen werden; Das Freudsche Erbe wird Donnet sagte einmal zu Recht: Es ist schon lange her, daß die schließlich nicht einfach wie ein Geschenk " son- empfangen , vielbeschworene Einheit der psychoanalytischen Bewegung et- dern man muß darum kämpfen, man muß die Psychoanalyse er- was von der Art des Turms zu Babel überdecken konnte; heute " obern , d.h., man muß viele Widerstände überwinden, genauso (...) haben die Psychoanalytiker nicht mehr die Möglichkeit, wie seinerzeit Freud viele und unterschiedliche Widerstände zu ihre Grenzen zu kontrollieren". Obwohl Donnet hier über die überwinden hatte, als er seine Theorie aufbaute. Und natürlich Politik einer Vereinigung, nämlich der Internationalen Psycho- werden solche Widerstände auch nicht alle auf einmal überwun- analytischen Vereinigung, spricht, hat sein Statement auch den. Gültigkeit für die Psychoanalyse in einem Lande der Dritten Welt, das, wie Mexiko, in den letzten Jahrzehnten sehr schwere Diese besonderen Charakteristika sind es, die den Beruf des Psy- soziale und wirtschaftliche Krisen erlebt hat. Die Versuche der " choanalytikers zu einem unmöglichen Beruf machen, wobei IPA, der International Psychoanalytical Association, eine Kon- diese Formulierung keinesfalls bloße Rhetorik ist. Man muß trolle über die Praxis der Psychoanalyse weltweit auszuüben, sich nur an eine Begebenheit erinnern, die Martin Grotjahn sind erfolglos geblieben, nicht nur in Mexiko, sondern auch in vom Psychoanalytischen Kongreß 1922 in Berlin beschreibt: vielen anderen lateinamerikanischen Ländern. Ein Beispiel da- Freud zeigte damals - im Gespräch mit - auf die für ist die offizielle Politik dieser Vereinigung, die nach wie vor Menge der anwesenden Analytiker und fragte ihn: Sehen Sie darauf hinausläuft, die Existenz von Psychoanalytikern, die diese Menge hier? Wie viele von ihnen, glauben Sie, können keine Mitglieder der Association sind, zu negieren. Die IPA und analysieren, wirklich analysieren?" Und er gab selbst die Ant- ihre nationalen Ableger, die früher einmal die Psychoanalyse - wort, indem er die fünf Finger seiner Hand ausstreckte . mit guten und auch schlechten Folgen - monopolisiert hatten, mußten allmählich erkennen (wenn dies auch nicht offiziell zu- gegeben wurde), daß nicht alle wahren Analytiker in der IPA sind, und andersherum keineswegs alle Mitglieder der Associa- Geschichtliche Voraussetzungen. tion echte Psychoanalytiker sind, geschweige denn, daß alle diese Verbandsmitglieder wirklich so geeignet für die psycho- Österreich-Ungarn, im Jahre 1856, das Land, das die Psycho- analytische Praxis sind, wie sie es von sich behaupten. " analyse schenkt : Sigmund Freud kommt im Mai 1856 in Frei- berg, Mähren, zur Welt (heute eine Stadt in der Tschechoslowa- In Mexiko ist es zur zwingenden Notwendigkeit geworden, zwi- kei). Freiberg hatte 628 Häuser und 4596 Einwohner, von denen schen dem, der Psychoanalyse praktiziert, und dem, der Psycho- an die 100 Juden waren. Wenige Jahre nach der Geburt des klei- analytiker ist, zu unterscheiden, weil diese Unterschiede im nen Sigmund zieht die Familie Freud nach Wien um, in das kul- Laufe der Zeit mehr als evident geworden sind. turelle Zentrum der Alten Welt , eine Stadt i r isierender Endzeit- stimmung, aus derem Boden das Neue immer wieder emporbrach (...). Viele Werke, Ideen und Bewegungen, die das kulturelle Le-

19 Donnet 1981.

20 Grotjahn 1976/ 982, S. 93.

20 21 sind in Reich war eine europäische Großmacht von Rang, die sich ge- ben des 20. Jahrhunde r ts befruchtet und gefördert haben, rade am Beginn der Indust r ialisierung befand. Als Freud in Wien ihren Ursprüngen im Boden dieser Stadt verwurzelt. In Dichtung und bildenden Künsten ankam, lebten dort 500.000 Menschen, es war also schon eine , Musik, Kunstgewerbe, Oper und Schau- spiel, aber auch in Medizin und Psychologie erwuchsen in echte Metropole; 20 Jahre später hatte die Stadt etwas mehr als 700.000 Einwohner24. Es soll dabei nicht verschwiegen wer- knappem Zeitraum Leistungen von ungewöhnlichem Rang"21. den, daß das geistige Milieu den Juden gegenüber wahrlich nicht

der die - kei- besonders günstig war. Diese hatten erst 1867 das Wahlrecht er- Die Bedeutung Wiens wird jedem schlagartig klar, halten neswegs umfassende - eindrucksvolle Liste von Künstlern be-

, trachtet: Alban Berg Hermann Broch, Theodor Gomperz, Hugo " Mexiko 1856, das Land, das die Psychoanalyse empfängt : von Hofmannsthal, Franz Kafka, Gustav Klimt , Oskar Ko- koschka Ungefähr zur selben Zeit, als Freud auf die Welt kam, erlebte , Karl Kraus, Robert Musil , Gustav Mahler, Ernst Mexiko eine Phase sehr bewegter politischer Umwälzungen. Mach, Joseph Roth, Egon Schiele, Arnold , Man stand gerade vor einer neuen Verfassung, die 1857 verab- Schönberg, Otto Weininger, Ludwig Wittgenstein. Ferner na- schiedet wurde. Sie sollte Mexiko als eine junge Nation mit ei- türlich Sigmund Freud. Ganz zu schweigen von der Gruppe der nem ausgeprägten liberalen Geist verfestigen. Diese Verfassung Austromarxisten" (Karl Kautsky, Otto Bauer, Rudolf Hilfer- ding) und dem sogenannten Wiener Kreis" des logischen Neo- - die bei der nordamerikanischen viele Anleihen genommen positivismus, in dem die Philosophen Rudolf Carnap, Moritz hatte - stellte den Höhepunkt der liberalen Reform dar, die Schlick und Otto Neurath versuchten Benito Juärez, der Zapoteken-Indio, in Gang gebracht hatte. , alle Metaphysik durch die rigorose Anwendung der Logik und der Erfahrung zu über- Und diesem Juärez verdankt Mexiko wahrlich sehr viel. 22 winden . Man sagt von Juärez, daß mit ihm die mexikanische Nation ihre Identität bekommen habe. Sogar sein heftigster Widersacher, Als Freud geboren wurde, hatte das Östereichisch-Ungarische Kaiserreich unter Kaiser Franz Josef I ungefähr 35 Millionen Bulnes, erkannte dies an: Seit dem Tag, an dem die Reformver- fassung (Reforma) eingeführt wurde, sind wir echte Mexikaner Einwohner auf einer Fläche von ca. 620.000 qkm23. Dieses und - soziologisch gesehen - von den Spaniern verschie- den"25. Mexiko begann 1810 seinen Befreiungskampf und er- Glaser 1976, S. 92. In diesem so charakteristischen Wiener (oder besser gesagt: mit- reichte 1821 die Unabhängigkeit. Weitere drei Jahre später war teleuropäischen) Milieu lebte bekanntlich eine große Anzahl es schon eine Republik geworden. Allerdings brauchte es noch

wichtiger Protagonisten der Psychoanalyse, die später auf der beträchtlich Zeit, bis sich das Land auch in geistiger Hinsicht Flucht vor dem Nationalsozialismus das Freudsche Gedankengut nach Amerika mitbringen sollten: Therese Benedek (aus befreit und gefestigt hatte; ein vorläufiger Endpunkt dieser Ent-

Budapest), Siegfried Hemfeld (Wien), Bruno Bettelheim (Wien); wicklung ist etwa um die Jahre 1856, 1857 anzusetzen.

Edith Bauschbaum (Wien), Ludwig Eidelberg (Galizien), Erik

Homburger Erikson (Frankfurt), Kurt Eissler (Wien), Ruth

Eissler-Selke (Wien), Rudolf Ekstein (Wien), sehen Reiches hat Österreich beträchtliche Gebietsverluste (Wien), (Deutschland), (Wien), erlitten. Wer sich intensiver mit der kulturellen und politischen (Wien), Ernst Kris (Wien), Theodor Reik Atmosphäre in Wien zu Zeiten Freuds befassen will, sei auf das (Wien), Hans Sachs (Wien), -Schönberger ' ausgezeichnete Buch von Bruno Bettelheim Freud s Viema and (Deutschland), Max Schur (Wien), Rene Spitz (Wien), Robert Wälder (Wien). other Essays (1991) hingewiesen. 24 ciark 1981 S. 26. ,

Zum Vergleich: Österreich hat heute eine Oberfläche von 83.835 qkm. Nach dem Zusammenbruch des k.u.k. Österreich-Ungari- 25 Vgl. Roeder 1972.

22 23 " Außerdem hatte sich der Positivis- stischen Naturwissenschaft , h nicht aus ei- Am 15. Mai 1856, mus, der sich in Mexiko ausbreitete, dort auc fast genau am Geburtstag Freuds also, wurde kelt, sondern als eine in Mexiko der Estatuto Orgdnico Provisional de la Repüblica genem intellektuellen Impetus entwic

Mexicana verabschiedet. Nur wenige Tage später legte die Theorie, deren Protagonisten vor allem vom französischen Li- Kommission , beralismus und dem Jakobinismus fasziniert waren (wie der Phi- die mit der Ausarbeitung der Verfassung, der Carta

2 ). Magna, beauftragt war, ihren Vorschlag vor. Die darauffolgen- losoph Samuel Ramos hervorhebt den Jahrzehnte waren von den Bestrebungen Dr. Gabino Bar-

redas (1820-1881) geprägt, eines Beraters des Erziehungsmini- Freud vertrat einige Postulate, die denen der Positivisten ähn- sters , der in Mexiko die Philosophie des Positivismus einfüh- lich waren; z.B. war er von der Notwendigkeit empirischer Be- ren und eine angestrebte Gallisierung"2 der Kultur auf breiter weisführung überzeugt. Er sah aber auch die Gefahr, die darin

Fläche durchsetzen sollte. Barreda hatte ein Jurastudium begon- liegt, wenn man diese Forderung bis ins Extrem betreibt. Dann nen hlossen, deren Er- , dies aber abgebrochen, um Chemie und Medizin zu studie- würde die Tür zu anderen Wissenschaften gesc ren. Er war Schüler Auguste Comtes und entschlossen, seinem kenntnisobjekt nicht kompatibel mit der Methodologie und der Land die französische Kultur und die Naturwissenschaften nahe- Philosophie des Positivismus war. Freud schätzte die Naturwis- ftigte sich intensiv zub r ingen. Es ist bekannt, daß Freud - ohne ein Positivist zu senschaften immer sehr hoch ein und beschä sein - durchaus den Positivismus unterstützte mit ihren Problemen. Er schrieb bekanntlich aus dieser Per- , oder genauer das, was die mitteleuropäischen (Neu-)Positivisten (die im Wiener spektive heraus 1895 den Entwurf einer Psychologie?- ' Kreis" zusammengeschlossen waren) 1929 in einem Pamphlet Wissenschaftliche Weltauffassung" publiziert hatten. Da Freud Wenn man das ebenso renommierte wie umfangreiche Werk La am subjektiven Moment im kognitiven Prozeß festhielt, geriet ciencia en la historia de Mexico von Eli de Gortari (1963) liest, er natürlich in logischen Gegensatz zu den Positivisten. wird man vergeblich nach einem Hinweis auf Freud suchen und nicht einmal im Namensregister fündig werden, obwohl zur Zeit Auf der anderen Seite gestanden die Positivisten ihrerseits der der Publikation dieses Buches schon zwei Institutionen exi- Psychoanalyse keinen wissenschaftlichen Wert zu. Das stierten, die sich explizit auf Freud beriefen, die Asociaciön " geistige Milieu Mexikos, das vom Positivismus französischer Psicoanalüica Mexicana (APM), eine Filiale der

Provenienz sehr geprägt war, konnte also für die Psychoanalyse Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPA) und die nicht besonders günstig sein. Sie gilt dort auch nicht als Wis- Sociedad PsicoanaUtica Mexicana (SPM). Daß Freud nicht nur senschaft lt hatte, sondern , jedenfalls nicht nach den Kriterien einer positivi- ein psychotherapeutisches Verfahren entwicke daß er auch revolutionäre Beiträge zur Psychologie, aber auch Die sogenannte zur Erkenntnistheorie geleistet hatte, lag offensichtlich Gallisierung", deren Ausgangspunkt die Fran- zösische Revolution von 1789 war , hat in Mexiko einige ver- jenseits der Vorstellungskraft oder Einsicht des Wissen- einzelte Echos gehabt, z.B. das 1831 erschienene (und vor dem schaftshistorikers de Gortari. Hintergrund der so seltenen Eigenwertschätzung der Mexikaner bedeutende) Theaterstück A ninguna de los tres" des mexikani-

schen Romantikers Fernando Calderön (1809-1845). Er Wie niemand vorher zeigte Freud die Fehler und Schwächen un- schreibt darin (Mexico D.F.: UNAM , , 1978; 2. Aufl., S. 44, [Orig. 1831]) folgendes: Man findet keine Nation , die zurück- gebliebener als Mexiko ist; es ist zum Schämen Vgl. Samuel Ramos 1982. , denn hier gibt es nichts: keinen Geschmack Freud (1895) in: Freud 1950[a]; auch bekanntgeworden als Eine , keine Aufklärung (...), keine Feinheit, keine Fröhlichkeit , keine Schönheit - Psychologie für [den] Neurologen (vgl. Jones 1962/1984, S. , keine Eleganz, " alles das gibt es nur in Frankreich. ) 438, 444).

24 25 seres kognitiven Apparates auf; seine Überzeugung formulierte Kollegen Luis Farah und Juan Mechaca die Sch r iften Freuds er z.B. in einem B r ief an den holländische n Frederic Van Eeden: gelesen zu haben. (...) daß unser Intellekt ein schwächliches und abhängiges iger Ding ist, ein Spielball und Werkzeug unserer Triebneigungen Für Mexiko begann die Psychoanalyse erst in den zwanz idener und Affekte, Jahren zu existieren. Das geschah in höchst besche daß wir uns alle scharfsinnig oder schwachsinnig Weise, als ein Arzt aus der Provinz, aus Morelia, Freud ent- gebärden müssen, je nachdem unsere Einstellungen und inneren 22

Widerstände es gebieten"29. deckte: Jose Torres Orozco. Er war es, der sich im Jahre 19 als erster Mexikaner (soweit wir wissen) mit den Schriften Sig- Möglicherweise gab sich de Gortari einfach mit der Tatsache zu- mund Freuds befaßte. frieden , daß sich die wichtigsten Persönlichkeiten der Psychia- " Ich nenne diese Rezeption bescheiden , da sie eigentlich kei- trie in Mexiko (Salazar Viniegra, Gonzalez Enrfquez, Guevara nen Widerhall in der akademischen oder kulturellen Szene Mexi- Oropeza, Mario Fuentes, Alfonse Millän , Falcön und später Ra- den mön de la Fuente und Dionisio Niet kos fand und eher als singuläres Phänomen betrachtet wer o) in den vierziger und fünf- de Erklärung anzubieten ha- ziger Jahren nicht mit Freud beschäfti muß, für das wir keine befriedigen gten, sondern sich für die ben. Eine nicht minder eigenartige und singuläre Tatsache stellt Werke von Charcot, Bernheim, Janet , Kretschmer, Schneider eine kleine Nachricht dar, die 1938 in einer Tageszeitung in

und Jaspers interessierten. Und das war natürlich nicht ohne de Grund Merida erschien, dem Diario de Yucatän. Die Leserschaft wur , da die Psychoanalyse die Grundlagen der Psychiat r ie die- darüber informiert, daß eine angesehene lokale Gruppe, das ser Zeit in Frage gestellt hatte - die sich mit einer Psychiat r ie, Centro Yucateco", die sich intensiv mit der internationalen der Katalogisierung von Symptomen und Krankheiten befaßte und nicht mit dem Verstehen der U Kultur beschäftigte, bekanntgab, sie habe dem Präsidenten rsachen bestimmter psychi- von Mexiko eine Bitte übermittelt, wonach die Regierung scher Phänomene, diese vielmehr von einer unreflektierten or- Mexikos dem 82jäh r igen angesehenen jüdischen Arzt Sigmund ganizislischen (organbezogenen) Ideologie her als Krankhei- Freud, dem Begründer psychoanalytischer Theorien, die die Er- ten" betrachte. Obwohl zwei der oben erwähnten mexikani- Welt verändert haben, schen Psychiater (Gonzalez En r i ziehungswissenschaften in der ganzen quez und Ramön de la Fuente) Asyl anbieten solle. Der angesehene Wissenschaftler leide sehr Interesse an gezeigt haben, blieb ihre Praxis da- unter den Schikanen und Verfolgungen der österreichischen von unberührt. Sie waren der Freudschen Psychoanalyse gegen- Nazis (sic!)" 1. über neugie r ig, aber letzten Endes wollten sie in Fromm einen besänftigten, frommen Freud sehen. Diese Notiz erschien in der erwähnten Zeitung am 4. April " 1938, d.h., nur wenige Tage nach dem Anschluß , der am 11. Trotzdem gab es mit Alfonso Millän , GuiUermo Dävila und Raul März stattgefunden hatte. Nur kurze Zeit später, am 4. Juni des Gonzalez Enrfquez immerhin drei P Wien für immer verlassen - in sychiater, die sich in der gleichen Jahres, sollte Freud zweiten Hälfte der dreißiger Jahre mit einigen Schriften Freuds Richtung London. beschäftigten. Auch Agustfn Batiz y Guereca, ein bekannter

Arzt aus Guadalajara, behauptet , damals zusammen mit seinen

.. que el Gobierno de Mexico ofrezca hospitalitad al ilustre medico judi'o de 82 aiios Segismundo Freud, autor de las teorias 29 Brief in Jones 1962/ 1984 - , Bd. II, S. 434. del psicoanälisis que han revolucionado la ciencia de la educa 3° In einem Gespräch mit dem Autor im November 1985; ein wei- ciön en todo el mundo. El distinguido cientffico se eneuentra teres Gespräch fand im März 1986 statt; vgl. Agustfn Batiz y ahora sufriendo las vejaciones y persecusiones de los nazistas de Guereca 1986. , Austria" (zit. n. Boletin de la APM, 1988).

26 27 Romantiker und Revolutionär 1938 war ein sehr bedeutendes Jahr toberrevolution von 1917. Der , sowohl für Mexiko als auch Felipe Carrillo Puerto etwa korrespondierte in den frühen Zwan- für Österreich. In Mexiko gab es aber eine für die Identität des zigern mit Lenin. Car r illo Puerto stand der Partido Yucateco So- Landes und der Menschen positive, wenn auch nicht undramati- d hielt 1922 - also in dem Jahr, in sche Entwicklung: der Präsident Läzaro Cärdenas dekreti cialista del Sureste vor un erte am dem die Schrift Torres Grozcos über Freud erschien - vom 19. März die Verstaatlichung der Ölindust r ie, die sich bisher in Balkon des Regierungspalasts in Merida (Yucatän) eine flam- Händen britischer und amerikanischer Unternehmen befunden mende sozialistische Ansprache, und das sogar im Maya- hatte. 1938 ist daher in der mexikanischen Geschichtsschrei- idiom34. bung immer als ein wichtiges Datum festgehalten worden - als

das Jahr, in dem die Souveränität Mexikos behauptet bzw. wie-

dererlangt werden konnte. Über die Hindernisse, Freud zu rezipieren. Einige In Österreich aber war wenige Tage vor diesem Datum etwas Hypothesen. Schlimmes und Schmerzliches geschehen. Der am 11. März er- folgte Anschluß" an Hitler-Deutschland bedeutete den Verlust

der Souveränität. Die mexikanische Regierung protestierte übri- Meiner Meinung nach sind es vor allem die folgenden vier Fak- gens gegen die deutsche Invasion am 19. März energisch vor toren gewesen, die zu einer Verspätung der Rezeption Freuds in dem Völkerbund in Genf durch ihren dortigen Vertreter, Isidro Fabela32. Mexiko beigetragen haben:

der französi- Es gibt eine Tatsache von geradezu anekd (1) die Sprachbar r iere; (2) die deutliche Dominanz otischer Qualität, die schen Kultur in jenen Jahren; (3) die spärlichen Kontakte mit die zwei Länder verbindet. Ein Landsmann Freuds , der Architekt Kontakten und Forscher Teobald Maler der deutschsprachigen Welt und das Fehlen jeglicher , reiste zwischen 1887 und 1917 un- las- - sogar auf diplomatischer Ebene - mit Österreich; (4) die k ermüdlich auf den Spuren der versunkenen Mayakultur durch die sischen Widerstände der Psychiatrie. (Von den allgemeinen Wi- Halbinsel Yucatän33. Und genau in denselben Jahren erforschte derständen auf breiter Ebene neuen Ideen gegenüber einmal ganz Freud auch einen (bisher unbekannten) Kontinent - den Konti- ionär sind, daß wir uns vorsichtiger- nent des Unbewußten abgesehen, die so revolut . weise lieber nicht so schnell festlegen wollen - was im Fall ei- ner wissenschaftlichen Revolution" wie der der Psychoanalyse Damit der Leser einen besseren Eindruck vom damaligen histo- natürlich besonders ausgeprägt zum Tragen kommt.) rischen und kulturellen Milieu Mexikos bekommt , möchte ich hier auf eine Tatsache hinweisen , die wie die oben genannte No- isches tiz im Diario de Yucatän beweist So kam es, daß die Psychoanalyse für Mexiko ein typ , daß Mexiko , auch wenn es Importprodukt" (wenn man mir diesen merkantilen Terminus 1921 eine Analphabetenquote von 70 Prozent aufwies durchaus , erlaubt) wurde - etwas, das schon in anderen, ja, in mehreren an- nicht isoliert von der üb r igen Welt war, wie mancher glauben " worden war, bevor es in könnte. Man schenkte auch in diesem L deren Ländern zwischenverarbeitet and den weltbewegenden Mexiko ist, Ereignissen jener Zeit viel Aufmerksamkeit dieses Land eingeführt wurde. Die Psychoanalyse in , wie z.B. der Ok- das muß einmal festgestellt werden, eine besondere, um nicht zu

32 Vgl. Kaplan 1988. 33 Vgl. de Vos 1988. 34 vgl. J.M. Joseph 1989, S. 46-49.

28 fran- ändez sagen merkwürdige Mischung aus der nordamerikanischen, choanalytischen Vereinigung an. Dagegen nimmt Fem

zösischen, argentinischen und englischen Psychoanalyse. Sie Cerdeno eine eher eklektische Position ein. Er studierte einige

" ist schlicht ein second hand -Produkt ohne viel Originali- Zeit bei Igor Caruso in Wien und dann in Göttingen bei tät.35 Hanscarl Leuner38. Seine eklektische Einstellung entfernt ihn dem Freudschen Erbe, das der Freudsche" Caruso3 den anderen die ihre Kenntnis der Es gab und gibt nur wenige Analytiker, beiden weitergegeben hat.

Psychoanalyse auf die Beherrschung der deutschen Sprache zu- rückführen durften und die sich also direkt" in Deutsch mit den In den Achtzigern wurden noch drei andere Psychoanalytiker Schriften Freuds befassen konnten: Armando Suärez Gömez- !) Psycho- , von der deutschen (nicht von der österreichischen

Arturo Femändez Cerdeno und Raul Päramo-Ortega. Alle gehö- analyse beeinflußt - Miguel Mendez, Emma Ruiz, und Alfrede ren zur Analytiker-Generation der frühen sechziger Jahre- ; der Bautista. Die zwei erstgenannten kamen nach ihrem Studium erste und der letzte sind Vertreter einer unabhängigen Freud- Ende der achtziger Jahre zurück nach Mexiko und stießen dort schcn Tradition; beide gehören nicht der Internationalen Psy- zur Grupo de Estudios Sigmund Freud in Guadalajara. Der letzte (Bautista), auch ein Mitglied der Grupo, lebt in Mexico-City. Der bekannte posilivistische Philosoph Samuel Ramos greift auch diese Idee auf - auch wenn er keinen expliziten Bezug auf Nach diesem kleinen Exkurs kehren wir zu den vorhin genann- die Psychoanalyse nimmt. Er schreibt: Es gibt absolut keinen ten Punkten eins und zwei zurück. Die Studienpläne der medizi- vernünftigen Grund dafür, von der Existenz einer Kultur aus er-

ster Hand" in Mexiko zu sprechen, ja noch nicht einmal die vage nischen Fakultät an der Staatlichen Universität wurden von der Möglichkeit einer solchen Existenz. Und zwar, weil es biolo- sogenannten Französischen Schule geprägt. 1900 gründete Dr. gisch unmöglich ist. Denn wir können nicht unsere geistige Konstitution, die durch die Geschichte der letzten Jahrhunderte Daniel Vergara Lopez das Labor für Physiologie (genau das

hervorgebracht worden ist, einfach auslöschen, wie eine 'tabula Jahr, in dem Freud sein Buch Die Traumdeutung publiziert). ' rasa . Wir sind überhaupt nicht unbeeinflußt von der Zivi- Vergara Löpez hatte erst in Paris, dann in Brüssel und übrigens lisation der Welt zur Existenz gekommen, immer haben uns an- auch eine kurze Zeit in Moskau studiert, wo er Kontakt zu dere etwas aufgedrückt, aufgezwungen. Kurz, wir müssen zu- geben, daß unsere Kultur ein Derivat von vielem anderen ist Pawlow knüpfte. Während dieser Jahre und auch in den darauffol- " (...) (Samuel Ramos, El perfil del Hombre y la Cultura en Me- ische Stu- xico; zit. nach Carlos Monsivafs in: Historia General de Me- genden Jahrzehnten wird man vergebens mexikan denten der Medizin in Berlin oder Wien suchen - gerade in den xico. El Colegio de Mexico, Vol. 2, S. 1468; M6xico 2a. reim- , presiön 1988; Hervorhebung vom mir, RPO.) Städten also, wo sie leicht etwas von der Psychoanalyse oder

Armando Suärez starb im April 1988 im Alter von 60 Jahren. Suärez stellt - zusammen mit Avelino Gonzälez und Gustavo Qucvedo - einen der ganz tragischen Fälle im Zusammenhang 38 Als Hauptwerk Hanscarl Leuners darf Die experimentelle Psy- mit der Ausübung unseres Psychoanalytiker-Berufes dar: Nach chose (Berlin u.a.: Springer, 1962) gelten. einer langen Depression mit tausend Facetten (und mindestens Mit dem Ausdruck Freudscher Caruso" beziehen wir uns selbst- zwei suizidalen Grenzsitualionen) starb er an einer Reihe von verständlich nicht auf den jungen, sondern auf den späteren Ca-

B. kardiovaskulären Komplikationen. Avelino Gonzälez starb an ruso, so wie er ungefähr seit 1959 lebte und wirkte - wovon z.

einem Herzinfarkt während einer Analysesitzung. Über den Tod seine Bücher Soziale Aspekte der Psychoanalyse (Stuttgart:

von Gustavo Quevedo wird weiter unten ausführlich berichtet. Klett, 1962), Die Trennung der Liebenden - Eine Phäno- Einige Jahre später werden diese drei Namen - zusammen mit menologie des Todes (Bern/Stuttgart: Huber, 1969; auch in spa- dem Jaime Cardenas - im Zusammenhang mit der Gründung des nisch: La Separaciön de los Amantes. Una Fenomenologfa de la

Ct'rculo Psicoanalüico Mexicano (CPM), des Mexikanischen Muerte. Mexico: Ed. Siglo XXI, 1969) und schließlich Psi-

Psychoanalytischen Kreises, wieder der Öffentlichkeit bekannt coanalisis, Marxismo y Utopia (Mexico, D.F. Ed. Siglo XXI, werden (s. die Ausführungen im entsprechenden Kapitel weiter 1974) Zeugnis ablegen. Von dem letztgenannten Werk ist übri- unten). gens nur ein Teil in Deutsch publiziert.

30 31 überhaupt von der Existenz des jüdisch-österreichischen Arztes und Österreich seit 1867 lange unterbrochen waren. Also seit

Sigmund Freud hätten erfahren können. dem Jahr, in dem der von den Franzosen eingesetzte Kaiser Ma- ximilian nach einer ebenso kurzen wie unglückseligen Regie- Den einzigen Kontakt eines Mexikaners mit der Psychoanalyse rungszeit in Queretaro hingerichtet wurde. Die Beziehungen

- allerdings nicht mit der von Freud begründeten klassischen wurden erst 190141 wieder aufgenommen. Nichtdestotrotz gab

Richtung, sondern mit der Adlerianischen Richtung der Tiefen- es 1938 keinen diplomatischen Vertreter Mexikos in Wien; alle psychologie - gab es Ende 1927 oder Anfang 1928 durch den Geschäfte wurden nach Berlin weitergeleitet und dort behan- Philosophen Samuel Ramos. Aber auch dies war keine intensive delt42. Die beiden Weltkriege und ihre Folgen haben auch die

Begegnung, handelt es sich doch nur um einen sehr kurzen Auf- Entwicklung normaler kultureller Beziehungen zwischen Mexi- mit enthalt, bei dem" Ramos aber immerhin Gelegenheit hatte, ko und Österreich sichtlich erschwert.

Adler zu sprechen, einige seiner Vorträge zu hören und die von

Adler gegründete Psychotherapie-Klinik zu besuchen40. Es ist Die deutschen Einwanderer, die zwischen 1900 bis etwa 1950 andererseits kaum denkbar , daß Ramos damals von Freud über- nach Mexiko kamen, waren viel mehr an geschäftlichen Din- haupt nichts gewußt hat; denn er war schließlich ein enger gen, am Handel und nicht an der Verbreitung neuer Wissen- Freund von Torres Orozco (von dem wir noch sprechen werden) schaftsparadigmata interessiert, - was im übrigen nur eine kon- und es ist als sicher anzunehmen was , daß er das gelesen hatte, sequente Fortführung des starken Expansionsinteresses des 19. 44 die sich , dieser 1922 über die Freudsche Psychoanalyse publiziert hatte. Jahrhunderts bedeutete4 . Die jüdischen Emigranten in Mexiko-City etablierten, hatten zwar auch einige kulturelle

Allerdings ist auch anzunehmen, daß die philosophische Aus- Organisationen und Publikationen mit sich gebracht, aber '

richtung Ramos , ' ' der ein bißchen bunt" von Ortega y Gasset, selbst die Loge B nai B rith, bei der Freuds aktive Teilnahme

Henri Bergson, Benedetto Croce und Max Scheler sowie vom seit 189745 belegt ist, verbreitete nichts von den Ideen Freuds Positivismus beeinflußt worden war , ihn der Psychoanalyse ge- in Mexiko. genüber nur wenig empfänglich hatte werden lassen. Marx hatte Mexiko immerhin einige Zeilen gewidmet (auch Wir haben oben schon Adler erwähnt daher sollten wir uns auch , wenn sie für das Land nicht besonders vorteilhaft ausfielen). Für

kurz mit dem anderen großen Dissidenten, CG. Jung befassen. Freud dagegen scheint Mexiko überhaupt nicht existiert zu ha- Er hat seit 1987 einen sehr einsatzfreudigen und aktiven Jünger ben. Natürlich hatten seine Forschungen nicht Mexiko zum Ge- in dem Arzt und Psychotherapeuten Manuel Aceves gefunden, genstand, und es gab direkt nichts, was ihn dazu hätte bringen der in der Zeitung Unomasuno sehr intelligente Beiträge über müssen, auf dieses Land oder seine Bewohner einzugehen. Das,

Religion, Mythologie und allgemeine Aspekte der Kultur was er beschrieb, hatte auch keine irgendwie naheliegende, of- schreibt. Allerdings wurde erst vor sehr kurzer Zeit eine Vereini- fensichtliche Relevanz für mexikanische Realitäten. Anderer- gung der Jungschen Tiefenpsychologie, das Centro de Estudios seits hatte sich Freud durchaus für die Resonanz seiner Doktrin

. de Psicologia Analüica CG Jung gegründet, dem Maria Abac- Klemm vorsteht.

Vavrik 1989. Zum obengenannten Punkt (3) müssen wir erklärend darauf hin- 41 Vgl. weisen, daß die diplomatischen Beziehungen zwischen Mexiko 42 Die Botschaft dort wurde in jenen Jahren von Francisco Alvarez de Icaza geleitet (s. Kaplan 1988).

43 Vgl. von Mentz et al. 1982.

44 vgl. Zarape 1986. Nach Hemändez Luna , 1982, S. 185. 45 Vgl. Jones 1962/ 1984; Gay 1988a, S. 140.

32 33 in Lateinamerika40 interessiert und sich mehrfach über Latein- einzige Ausnahme in der Frühzeit der Psychoanalyse - später drid amerika in anderen Zusammenhängen geäußert. gab es noch andere - stellt Angel Garma dar, der erst in Ma und dann in Buenos Aires lebte und praktizierte. Er erhielt noch In Chile, Peru und Brasilien und später in Argentinien bekannt- vor der Machtergreifung Hitlers eine Ausbildung am Psychoana-

lich hatte man vereinzelt schon früh Interesse an der Psycho- lytischen Institut in Berlin. analyse gezeigt. In Chile war es 1910 der Arzt German Greve gewesen, in Peru hatte sich seit 1915 Honorio Delgado (ein Im Unterschied zu der frühen und schnellen Aufnahme der Psy- ie 1910 Arzt und Psychiater) damit befaßt, und in Säo Paulo hatte Durval choanalyse in einigen lateinamerikanischen Ländern, w Marcondes bereits 1927 eine Brasilianische Gesellschaft für in Chile und 1915 in Peru, reagierte Mexiko mit großer Verspä- Psychoanalyse gegründet (die allerdings keine Anerkennung tung, ja, man könnte sagen: mit Trägheit" auf die Psychoana-

durch die IPV erlangte und sich dann schnell wieder auflöste). In lyse. Das verdient einige Ausführungen und leider auch - da Argentinien machte Anfang der dreißiger Jahre der Sch r iftsteller keine differenzierten Forschungen existieren - einige Spekula- tionen. Xavier Böveda Freud den Vorschlag, nach diesem südamerikani- schen Land zu emigrieren. Unter den Ärzten ist weiter Celes Cärcamo zu nennen Eine der Bürden Mexikos ist die sehr lange und gemeinsame , der 1936 nach Paris kam , um sich psycho-

analytisch ausbilden zu lassen. Grenze mit den USA. Das ist eine ganz und gar ungewöhnliche Sache. Man muß sich das einmal plastisch vorstellen: Die

- Wie wir alle wissen, schaffte es der Nationalsozialismus die mächtigste (obwohl in den letzten Jahren - ökonomisch gese , hen - ein wenig heruntergekommene) Nation der Welt hat eine Psychoanalyse in Mitteleuropa fast ganz auszulöschen. Neben diesen schlimmen historischen Geschehnissen haben die lange gemeinsame geographische Grenze im Süden ihres Terri- Schwierigkeiten mit der Originalsprache zu folgenschweren toriums mit einem unterentwickelten Land. Und diese Grenze ist Auswirkungen geführt: die psychoanalytische Ausbildung ohne auch gleichzeitig die Grenze zum spanischsprachigen Amerika. Diese Tatsache bestimmt nicht nur die Wirtschaft, sondern die Rezeption der originalen, also deutschen Freudschen Texte h die Kul- ist ein bleibendes Defizit und trauriges Kennzeichen des Schick- prägt fast alle Bereiche im Leben Mexikos - also auc tur. sals der Psychoanalyse im spanischsprachigen Amerika4 . Die

Wir müssen nun auf eine Tatsache hinweisen, die eigentlich er- Vgl. Leon und Kagelmann 1992; Kagclmann und Leon 1992.

Ich habe direkten Kontakt zu zwei Psychoanalytikern gehabt, staunlich wenig beachtet und diskutiert worden ist: die Psycho- deren Muttersprache das Deutsche war , die aber während ihrer analyse ist kein kulturelles Produkt der Vereinigten Staaten, Ausbildung Freud nicht im deutschen Original gelesen haben. ich lange Einer von ihnen las die englische Übersetzung von J. Strachey sondern ganz im Gegenteil: in den USA stemmte man s und der andere eine spanische Version (die Übersetzung von gegen die Psychoanalyse, indem man sie verwässerte, wie der

Lopez Ballesteros). Der Leser, der an diesem Thema interessiert Psychoanalytiker Kurt Eissler48 einmal anmerkte. Noch heute ist, dürfte mit Gewinn den neueren Artikel Deutsch sprechen" muß man leider feststellen, daß für die nordamerikanische Psy- von Michael Wetzel (1990) lesen, in dem der Autor die Bezie- hung zwischen der Muttersprache und dem histo r isch-kulturellen choanalyse zwei oder drei der wichtigsten Werke Freuds einfach

Ho r izont der Sozialisation behandelt. (Allerdings darf der Leser nicht zu existieren scheinen: Die Zukunft einer Illusion (1927) keine umfassende Analyse der Beziehungen zwischen der Art oder Struktur des Denkens" und dem Deutsch Denken oder etwa. Das Unbehagen in der Kultur (1930) und - im Frühwerk -

Denken in deutscher Sprache" erwarten - eine Aufgabe, die zu lösen von einem einzigen Autor zweifellos zu viel verlangen Eissler 1977, S. 35. . würde und vielleicht auch gar nicht lösbar ist.) 48 Vgl

34 35 Die kulturelle" Sexualmoral und die moderne Nervosität beschäftigen sich der Adaptacionismo", die Ichpsychologie (1908). und der nordamerikanische Pragmatismus überhaupt nicht mit diesen Fragen, ja mehr noch, auch ganz allgemein nicht mit Es ist deswegen logisch, daß die mexikanische Psychoanalyse theoretischen Fragen. Freud sagte 1930 dazu: Sie [die Psychia- von einer solcherart akzentuierten , ja verformten, verwässerten ter und Neurologen in den U.S.] zeigen in der Regel wenig Inter- Psychoanalyse des mächtigen Nachbarlandes beeinflußt worden esse für ihre wissenschaftlichen Probleme und ihre kulturelle ist. Die unkritische Adaption an die herrschende Gesellschaft Bedeutung."51 trennt diese Art der Psychoanalyse von der von Freud erarbeite- ten Konzeption. Der Gründer der Psychoanalyse hat eine scharf- Nun hat das, was wir über die Defizite der Theo r ie etc. ausgeführt wel- sinnige, überzeugende, sehr komplexe Analyse vorgelegt, haben, nicht nur etwas mit den bekannten Schlüsselfiguren der che Entsagungen und Verzichtsleistungen die Gesellschaft den amerikanischen Revisionisten zu tun, also mit Horney, Sulli- Menschen abverlangt, ohne daß diese Opfer auch immer sinn- van und Fromm (und femer mit Hartmann und Erikson, die aller- voll sind. Dazu sagt Freud selbst (in Die Zukunft einer Illusion): dings in Anführungszeichen gesetzt sein sollten, um sie nicht unzulässigerweise mit demselben Renegatenlabel zu kennzeich-

Wenn aber eine Kultur es nicht darüber hinaus gebracht hat, nen), sondern das hat auch Geltung für die irrtümlicherweise so daß die Befriedigung einer Anzahl von Teilnehmern die Unter- " genannten Orthodoxen , die der American Psychoanalytical zur Voraus- drückung einer anderen, vielleicht der Mehrzahl, Association angehören. setzung hat, und dies ist bei allen gegenwärtigen Kulturen der Fall, so ist es begreiflich, daß diese Unterdrückten eine inten- Paul Parin hat sich 1989 mit der amerikanischen Psychoanalyse die sie durch sive Feindseligkeit gegen die Kultur entwickeln, kritisch auseinandergesetzt und in diesem Zusammenhang sehr ihre Arbeit ermöglichen, an deren Gütern sie aber einen zu ge- ringen Anteil haben. Eine Verinnerlichung der Kulturverbote darf man dann bei den Unterdrückten nicht erwarten dieselben , vilisation, die sich in der Kultur verkörpert. Um das zu bewei- sind vielmehr nicht bereit, diese Verbote anzuerkennen be- , sen, lesen wir diese zwei Zitate Freuds: Es liegt natürlich nahe strebt, die Kultur selbst zu zerstören anzunehmen, daß diese Schwierigkeiten nicht am Wesen der , eventuell selbst ihre Vor- Kultur selbst haften, sondern von den Unvollkommenheiten der aussetzungen aufzuheben. Die Kulturfeindschaft dieser Klassen Kulturformen bedingt werden, die bis jetzt entwickelt worden ist so offenkundig, daß man über sie die eher latente Feind- sind" (S. Freud, Die Zukunft einer Illusion, 1927[c], GW XIV, S. seligkeit der besser beteilten Gesellschaftsschichten übersehen 327; Stud. IX, S. 140). Unter diese bis jetzt entwickelten Kulturformen fallen die Kritiken an der aktuellen Zivilisation, in hat. Es (...) braucht nicht gesagt zu werden, daß eine Kultur, der wir leben (Kapitalismus und Christentum). - Das andere Zitat welche eine so große Zahl von Teilnehmern unbefriedigt läßt Freuds stammt aus seinem berühmten Brief an Einstein. Freud hebt hier heraus, daß die Kultur (wobei ich mir bewußt bin, daß und zur Auflehnung treibt, weder Aussicht hat, sich dauernd zu "' erhalten, noch es verdient."49 andere lieber von Zivilisation sprechen würden - ) zwei Strö- mungen aufweist. Diesem Prozeß verdanken wir das Beste, was wir geworden sind, und ein gut Teil von dem, woran wir leiden" (S. Freud 1933b [1932], Warum Krieg?, GW XVI, S. 25-26; Die Freudsche Psychoanalyse ist eine Kulturkritik . Dagegen Stud. IX, S. 285). - Es gibt sogar noch eine dritte Sentenz, in der Freud sich unzweideutig äußert: ..und ich verschmähe es, 49 S. Freud, Die Zukun f t einer Illusion, 1927[c], GW XIV, S. 333. Kultur und Zivilisation zu trennen" (S. Freud, Die Zukunft einer 50 Obwohl man in dem modernen Gebrauch der deutschen Sprache Illusion, 1927[c], GW XIV, S. 326; Stud. IX, S. 140). zwischen Kultur und Zivilisation unterscheidet hat Freud eine , Freud 1930[c] [Geleitwort zu The Medical Reviews of Reviews, Kritik der Kultur unternommen und nicht nur der konkreten Zi- 36. 1930, In: G.W. XIV], S. 570.

36 37 Ezequiel A. Chävez- , der das Subjektive (i.e. die Psychologie) zutreffend darauf hingewiesen, daß die grundlegende Idee der unvermeidbaren tragischen Konfliktivität der menschlichen in den starren Studiengang der Escuela Nacional Preparatoria Natur sich dort [auf nordamerikanischen Boden] ganz offen in einführte, verfaßte anschließend eine ausführliche Besprechung dieser Vorträge, die vom Ministerium für öffentliche Erziehung ein Konzept einer vermeidbaren Pathologie verwandelt" 2. Im (nord)amerikanischen Traum" ist kein Platz für Freudsche grie- veröffentlicht wurde. chische Tragödien. Noch einmal sei herausgestellt: Wir müssen uns mit der amerikanischen Psychoanalyse deshalb so intensiv In diesen Jahren war der Einfluß der französischen Kultur sehr befassen, weil die mexikanische Psychoanalyse ihre charakteri- groß. Fast jeder Arzt sprach mit Ehrgeiz und Hingabe Franzö- stische, dominierende Prägung aus dem nördlichen Nachbarland sisch, und man konnte viele in Französisch verfaßte Medizin- bekommen hat. Dominierende Prägung" - das heißt natürlich bücher finden. Diese Dominanz der französischen Sprache hatte ihren historischen Ursprung im letzten Jahrhundert, letztlich nicht, daß sie als eine originalgetreue, ausschließliche Kopie und vor allem in der bedeutsamen Entscheidung Frankreichs, in der amerikanischen Art der Psychoanalyse zu verstehen ist. Al- lerdings wird dieser Einfluß nicht immer so leicht von denen er- Mexiko einzumarschieren. Dies geschah bekanntlich als Reak- tion auf die vom damaligen mexikanischen Präsidenten Benito kannt, die ihm nicht direkt unterliegen. Eine eindrucksvolle Juärez im Juli 1861 verkündete Weigerung, die Rückzahlung der Möglichkeit, ihn zu belegen, stellen indes die in der Fachlitera- Auslandsschulden fortzusetzen. Frankreich begann seine Offen- tur angeführten Belege, Referenzen, Literaturstellen und andere bibliographischen Hinweise dar. sive im Dezember 1861. Um die Bedeutung der französischen Intervention aufzuzeigen, sei erwähnt, daß die Gründung der Me- Aber kehren wir zum Thema zurück und gehen wir chronolo- dizinischen Sektion der Academia de Ciencias (Akademie der gisch vor, beginnend mit dem Jahre 1925. In diesem Jahr Wissenschaften) am 30. Ap r il 1864 in der Hauptstadt unter der 55 finden wir einen ausgesprochenen Rivalen von Freud in Mexi- Schirmherrschaft der Besatzungsarmee geschah . ko: Pierre Janet, der zum ungewollten Wegbereiter der Psycho- analyse in Mexiko wird. So berichtet es uns zumindest Santiago Ganz anders verhielt es sich hinsichtlich des Einflusses der deutschen Kultur (genauer gesagt, der Kultur der Ramfrez, der der erste Psychoanalytiker war, der sich in Mexiko etablierte. Auf die Frage Wie erfuhr man von der Existenz deutschsprachigen Länder). Der Zugang zum Freudschen Werk daß Pierre Janet - derselbe Janet steht und fällt mit der sprachlichen und idiomatischen Barriere, Freuds?" antwortete er (1979), , der bekanntlich Freud die Vorherrschaft in der Entdeckung des die sich hier auftut. So gesehen ist es schon etwas weniger selt- " Unbewußten streitig machte - einmal in den zwanziger Jahren sam, daß Freud ausgerechnet auf dem Rücken seines Rivalen Janet und auf dem Umweg" über die französische Sprache nach Mexiko gekommen sei, um dort einige Vorträge zu hal- ten . Dies geschah interessanterweise im Auftrag der französi- Gelegenheit bekam, in Mexiko Fuß zu fassen. schen Regierung. Janet hielt die insgesamt 18 Vorträge in sei- Frankreich führte damals (nach Spanien) die Liste der Staaten ner Muttersprache, 15 davon in der Hauptstadt, zwei in Puebla, an, die eine bemerkenswert gewichtige imperialistische Expan- einen in Guadalajara. In Mexico-City wurde er, nach allem, was sion durch den Einsatz ihrer Kultur verzeichnen konnten. Nun man weiß, an der Nationaluniversität begeistert empfangen.

54 Ezequiel A. Chävez (1868-1946), gilt als erster mexikanischer Psychologe der Neuzeit; er hat u.a. das entwicklungspsychologi- 52 Parin 1989. 53 Santiago Ramfrez (1979). Ajusle de cuentas. Mexico, D.E.: Ed. sche Buch Ensayo de Psicologia de la Adolescencia verfaßt. Nueva Imagen, S. 34. 55 Vgl. Eli de Gortari 1963.

38 39 hat es oft in der Geschichte der Menschheit die Entwicklung dachte aber nicht dran, dies zurückzunehmen, sondern behaupte- gegeben, daß in den eroberten und dominierten Ländern auch te sogar, die Freudschen Ideen über die sexuelle Ätiologie der die kulturellen Auseinandersetzungen und miteinander r ivalisie- Neurosen seien ausschließlich durch die erbärmliche moralische

renden Ideen, die es in den imperialen Metropolen gab, über- Athmosphäre im Wien jener Zeit erklärbar. " nommen wurden. In unserem Zusammenhang sind speziell die kulturellen Konflikte zwischen der französischen und der Zum Zeitpunkt des Besuches von Janet in Mexiko gab es im- Überset- deutschsprechenden Welt von Interesse-' . Solche Konflikte merhin schon seit etwa zwei Jahren die erste spanische , Balle- Kämpfe und Konkurrenzen gab und gibt es auch im Bereich der zung des Freudschen Werkes aus der Feder von Luis Lopez Psychoanalyse; und dort folgen sie einer klaren Linie die mit Biblioteca , steros y de Torres, die in dem spanischen Verlag

den kontroversen Positionen von Charcot vs. Freud und Janet Nueva, Madrid, erschienen war (zuerst 1923, mit späteren Neu- vs. Freud beginnt und heutzutage mit der Streitfrage Lacan vs auflagen 1948, 1968 und 1975). Daß diese madrilener Überset- Freud (von der wir später noch sprechen werden) fortgesetzt zung schon im Jahre 1923 als Buch vorlag, muß aber nicht not- worden ist. wendigerweise bedeuten, daß sie auch 1925 in Mexiko Leser ge- funden hätte. Übrigens war Freud - ungewöhnlich für ihn - so- A propos Janet. Es sollte vielleicht daran erinnert werden Balle- , daß gar so entgegenkommend gewesen, einen Brief an Lopez Freud, als Janet im April 1937 Wien besuchte steros voll des Lobes zu dieser Übersetzung zu schreiben, der , ihn nicht emp- 8 fangen wollte. So stellt es jedenfalls Jones in seiner Freud-Bio- später in der spanischen Ausgabe abgedruckt wurde . Man fin- graphie von 1962 dar. Dort ist auch ein Brief Freuds an Marie det dort z.B. Formulierungen wie Ich bewundere v.a. (...) die so ierten und Bonaparte abgedruckt, in dem Freud unter anderem sehr deutlich absolute und präzise Beherrschung einer kompliz "5 Dieses Lob aus der Feder des macht, wie unfair sich Janet früher ihm und seinen Ideen gegen- manchmal dunklen Materie..

über verhalten habe. Freud bezeichnet es als unabdingbar, daß Janet von seinen Behauptungen abrücken müsse , er, Freud hätte gen angehört und ihm seine Ideen entwendet habe, konnte er dem während seiner Aufenthalte in Frankreich seine (Janets) Vorle- Gerede durch ein Wort ein Ende machen, denn ich habe ihn in sungen gehört und seine Ideen quasi gestohlen" . Janet Wahrheit nie gesehen und bei Charcot nie seinen Namen gehört; er hat dieses Wort nie gesprochen. Von seinem wissenschaftli- chen Niveau kann seine Äußerung eine Vorstellung geben, das Auch auf anderen Wissensgebieten kann man den ausgeprägten Unbewußte sei eine fa on de parier. Nein, ich will ihn nicht se- Kampf zwischen diesen zwei Welten , nämlich der französischen hen. Ich dachte anfangs daran, ihm die Unhöflichkeit durch eine

und der deutschen, beobachten; man denke z.B . an die Kontro- Ausrede zu ersparen, ich sei zu wenig wohl, oder ich könnte

versen Esquirol vs Kretschmer, Poincare vs. Einstein Althusser nicht mehr Französisch sprechen, während er doch gewiß kein ,

vs. Marx, Wort Deutsch versteht. Aber ich habe mich dagegen entschlos- Dürkheim vs. Weber, Sartre vs Heidegger. Merk- würdigerweise gelten in fast allen Fällen die Deutschen als die sen. Kein Grund, ihm ein Opfer zu bringen, Aufrichtigkeit das " (Vertreter des) Alten" und die Franzosen als die modernen einzig Mögliche, Grobheit ganz am Platz (Brief an Marie Bo- Jungen"! (Vgl. dazu auch den Artikel von Jürgen Link (1990), naparte, vom 9.April 1937, zit. n. Jones [1962/ 1984], Bd. 3, Deutsches" vs. S. Französisches" Denken? Fragmente No. 254).

32/33, 123-136. ) 58 Brief vom 7. Mai 1923 über die spanische Ausgabe an den

Nein, ich will Janet nicht sehen. Ich könnte es nicht unterlas- Übersetzer Luis Löpez-Ballesteros y de de Torres, veröff. in Vol. sen, ihm vorzuhalten , daß er sich unfair gegen die Analyse wie IV, Obras completas del Profesor S. Freud. Madrid: Biblioteca

gegen meine Person benommen und es nie gutgemacht hat. Er Nueva 1923 (In: S. Freud, G.W. XIII, S. 442). hat sich nicht entblödet 59 , zu sagen, daß die Behauptung der se- Me admira sobre todo cömo non siendo usted medico ni psi- xuellen Ätiologie der Neurosen nur in der Athmosphäre einer quiatra de profesiön ha podido alcanzar tan absolute y preciso

Stadt wie Wien entstehen konnte. Als dann in der französischen dominio de una materia harto intrincada y a veces

" Literatur die Verleumdungen auftraten, daß ich seine Vorlesun- oscura. (ebda.).

40 41 Originalautors für eine Übersetzung ist in vielerlei Hinsicht Geschichte und Situation der mexikanischen Psychoanalyse erstaunlich, vor allem dann , wenn man es an dem mißt was der , r ichtig zu verstehen, muß man immer bedenken, daß sie sich un- mit Lob sparsam umgehende Freud sonst sprach und sch r ieb. ter der Schirmherrschaft der unfreiwilligen Meister Jose Luis Et- cheverry und Luis Löpez Ballesteros entwickelt hat, aber auch - Wiewohl Freud durchaus die Fähigkeit besaß, die Leistungen und lischen Übersetzung James Verdienste anderer anzuerkennen wie wir gesehen haben - von der eng , ist es auch wahr daß er fast , Stracheys beeinflußt wurde. Die angebliche Revision Numhau- nie jemanden gelobt hatte, auch keinen seiner liebsten Schüler sers scheint viel mehr eine Kopie von Löpez Ballesteros zu oder Jünger, wenn dieser das Lob nicht wirklich v erdient gehabt sein; dasselbe müßte man meiner Meinung nach zur Einordnung hätte. Wenn nun Freud aber in diesem Fall s agte, er habe die des Eingriffs von Ramön Reyes sagen. Ludovico Rosenthal hat " e 60 f - Genauigkeit der spanischen Fassung meiner Werk estge- leider nur einen Teil der Gesammelten Werke übersetzt6 in stellt, also überprüft, muß dies natürlich in erster Linie als eine 6 der nur wenig bekannten Ausgabe von Santiago Rueda . Man Geste der Höflichkeit und freundschaftlichen Ve rbundenheit dem darf annehmen, daß der spanischen Übersetzung von Freuds Übersetzer Lopez Ballesteros gegenüber inter pretiert werden - Werken vielleicht ein besseres Schicksal beschieden gewesen eine Geste, die eines generoso caballero espanol" würdig ist. wäre, wenn sie vollständig aus der Feder Ludovico Rosenthals Freud verfügte zwar über befriedigende Spanisch-Kenntnisse; si- gekommen wäre. cherlich dürften diese aber nicht ausgereicht haben, um die vielen und manchmal auch unvermeidlichen Fehl er des Überset- Alle, die Deutsch als Muttersprache haben, können indes nur zers zu bemerken. ahnen, welche immensen Vorteile es hat, sich mit Freud direkt he befassen und auseinan- Auf der anderen Seite wäre es allerdings auch naiv, zu denken, und original in der deutschen Sprac

- Freud könnte ernsthaft dazu bereit gewesen sein, sich die Mühe dersetzen zu können. Für Kurt Eissler gilt daher auch ohne Ein psychologischen Erklä- zu machen, diese Übersetzung seines (ja schon 1923 sehr um- schränkungen: Im Mittelpunkt einer be ich, seine Sprache stehen fangreichen) Werkes durchzulesen und etwa notwendige Korrek- rung für Freuds Genie wird, glau "H turen vorzunehmen61. Um nicht mißverstanden zu werden: Es müssen. geht hier nicht darum, die Verdienste Lopez Ballesteros' zu be- streiten. Mehr noch: seine spanische Version ist meiner Mei- nung nach ohne Zweifel in vielerlei Hinsicht besser als die moderne" von Jose Luis Etcheverry. Denn dieser Übersetzer ist 62 Buenos Aires 1955/56. leider viel zu sehr von dem deformierenden Szientismus der ge- 3 Schon vor allen diesen Übersetzungen erschien - möglicher- nauso unglücklichen englischen Übersetzung Stracheys beein- weise hatte sich dafür auch der Psychiater Santiago Ramön y flußt. Cajal stark gemacht - eine Übersetzung des Artikels von S. Freud und J. Breuer: Üfeer den psychischen Mechanismus hyste- rischer Phänomene - Vorläufige Mitteilung (Neurologisches Verweilen wir aber noch ein wenig bei diesem Problem. Um die Centraiblatt, Bd. 12 (1), S. 4, Abschn. I-II u. Bd. 12 (2), S. 43, Abschn. III-VI; Freud, GW I, S. 81) in der Gaceta de Granada (Fe- bruar und März 1893; S. 105-111 und 129-135; unter dem Titel (...) comprobar el acierto de su versiön espanola de mis obras Sobre los mecanismos psiquicos de los fenömenos histericos - " (...) und (...) la correctisima interpretaciön de mi pensamiento Comunicaciön preliminar) Dieser Hinweis stammt von James " (...) ; ebda. Strachey und wird von Manuel P rcz-Sänchez zitiert (in dem un- Die Fehler der Übersetzung bzw. der Ausgabe von Löpez Balle- veröffentlichten Artikel Inicios del movimiento psicoanalitico steros haben wir schon an anderer Stelle analysiert; vgl. Päramo en Barcelona, verfaßt wahrscheinlich im Jahr 1987).

Ortega et al. 1982, Päramo-Ortega und Perez 1987. 64 Eissler zit. n. Parrisch und Guttmann 1989, S. 9. ,

42 43 D r ittes Kapitel eine Arbeit zur Veröffentlichung annahm, die von einem jungen (Torres Orozco war damals gerade 32 Jahre alt) und vergleichs- Ein unbekannter Wegbereiter: weise unbekannten Arzt geschrieben worden war und der zudem ämlich in Morelia . Daß Jose Torres Orozco noch in einer Provinzstadt wohnte, n dies geschehen konnte, war ein sehr glücklicher Schlag gegen (1890-1925) den herrschenden Zentralismus und erlaubte eine größere Verbreitung der Arbeit, als ihr normalerweise beschieden gewe- sen wäre. Aber kommen wir zurück zum Problem der Rezeption Freuds in

- Mexiko. Santiago Rami'rez, der als erster etablierter mexikani- In diesen Jahren war mit Abstand die wichtigste kulturelle Be die besonders zwi- scher Psychoanalytiker gilt, hält das Ende der zwanziger Jahre wegung Los Contemporäneos. Diese Gruppe,

für die entscheidende Phase. Eigentlich aber muß man das wich- schen 1920 und 1932 aktiv war, wird von den Chronisten hoch r ische Entwicklung des Lan- tigste Datum einige Jahre früher ansetzen. Drei Jahre , bevor Ja- gelobt; ihre Verdienste um die litera

' ' - net nach Mexiko kam (und ein Jahr vor der Geburt Rami rez ), des sind allgemein anerkannt. Ihr gehörten mehrere Intellektu

also 1922, erschien in einer Zeitschrift in Mexico-City ein Bei- elle der bereits erwähnten Zeitsch r ift Mexico Moderno an. Wir trag mit dem Titel Las doctrinas de Freud en la patologi'a mental. kennen aber keine Dokumente, die beweisen, daß sich diese

Sein Autor war ein junger Arzt und Philosoph von positivisti- Gruppe auch mit Freud beschäftigt hat . Nach den Aussagen

scher Orientierung, Jose Torres Orozco. Meines Erachtens ist des letzten noch lebenden Mitglieds der Gruppe, des Dichters dies das entscheidende Datum der dings eher eine marginale Po- Ankunft Freuds" in Mexiko. und Arztes Elias Nandino, der aller sition einnahm, wurde Freud mit großer Aufmerksamkeit gegen

Der obengenannte Beitrag erschien in Mexico Moderno ei- Ende der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre gelesen, zu- , lieder: Salvador Novo, ner damals sehr angesehenen, monatlich herausgegebenen Zeit- mindest von einigen der jüngeren Mitg

schrift für Kunst und Belletristik . , in deren Redaktion die Creme Jorge Cuesta und Elias Nandino selbst de la creme der führenden Intellektuellen versammelt war: Vi- cente Lombardo Toledano (ein bekannter Marxist und Gründer

der Partido Populär Socialista), Pedro Henriquez Urena (ein Den offiziellen Statistiken zufolge hatte diese Stadt damals etwa

Schriftsteller und Literaturkritiker ), Manuel Gömez Morin 32.000 Einwohnern (Torres Orozco meinte sogar 40.000). (ein Rechtswissenschaftler und der Gründer der konservativen Mexico-City dagegen hatte zur gleichen Zeit anderthalb Mil- lionen Bewohner und das ganze Land Mexiko etwa 14-15 Mil- Partei Acciön Nacional), Manuel Toussaint (Historiker und lionen. Die Stadt Morelia war eine Hochburg der Criollos Kunstkritiker), Daniel Cosfo Villegos (Historiker und kampflu- (Mestizen) in Mexiko (vgl. Estadisticos Histöricos de Mexico Instiluciön Nacional de Estadistica, Geografla e Informatica. stiger Journalist), Jose Gorostiza (ein bekannter Schriftsteller). Mexico, D.F.: SPP, 1988, 2 Vols.). Es ist mehr als bemerkenswert , daß die- nämlich ungewöhnlich, Jaime Torres Bodet (1902-1974), ein namhafter Sch r iftsteller ses Redaktionskommittee ion der Unesco gewesen , das selbstverständlich in Mexiko und Diplomat, der auch an leitender Post ist (von 1948 bis 1952), hat die erste Etappe der Contem- City arbeitete, d.h. in der Hauptstadt eines Landes das von , poräneos stark beeinflußt. In den zwei Bänden seiner Memoiren den jeher an der Krankheit des Zentralismus litt (und noch leidet), (Ediciones Porrüa 1981) erwähnte er allerdings nicht einmal Namen Freuds, auch nicht den Fromms, bei dem er vermutlich in

65 Vol. den 50er Jahren eine Analyse unternommen hatte. 2, No. 1, S. 39-53.

66 Urena (1884-1946) gilt als Meister der lateinamer ikanischen Vgl. Dorazco 1989 (Dorazco hat seinerseits viele Gespräche mit dem Dichter Elias Nandino geführt), Literaturkritik.

44 45 Jorge Cuesta hat ein treffendes Bild der Gruppe entworfen: Die- wenigstens fünf seiner Beiträge widmete), mit Comte, John se Gruppe von Schriftstellern hat mit anderen gleichaltrigen Stuart Mill, Bergson, Spencer und eben auch mit Sigmund jungen Leuten folgendes gemein: sie sind in Mexiko geboren; Freud, allerdings beim Letztgenannten mit einem bescheidenen sie sind in einem verkümmerten intellektuellen Milieu aufge- Teil seines Werkes. wachsen; sie sind Autodidakten; sie lernten die international bedeutenden literarischen und künstlerischen Strömungen aus Torres Orozco beg r iff die Bedeutung der Freudschen Theo r ie völ- hen den europäischen, französischen und englischen Zeitschriften lig richtig als einen Weg, unsere Kenntnisse über die Ursac "70 und Publikationen kennen. und die Verläufe der seelischen Krankheiten revolutionär zu er-

"

weitem . Obwohl Torres Orozco die wichtige Rolle der Sexuali-

Es ist möglich, daß die Contempordneos auf dem Umweg über tät in diesem Gedankengebäude verstand, war er allerdings nicht den Surrealismus Andre Bretons , der ein Idol der Gruppe war und in der Lage, die Psychodynamik des neurotischen Konfliktes zu

1938 auch Mexiko besuchte, auf Freud aufmerksam wurden . Be- begreifen, wie er auch nur ein sehr begrenztes Verständnis vom kanntlich zeigte sich Freud nicht besonders begeistert vom Sur- Konflikt zwischen Individuum und Gesellschaft hatte. Fairer-

realismus, weshalb auch die Beziehungen zwischen der Psycho- weise muß man aber erklärend hinzufügen, daß dieser mexikani- analyse und der surrealistischen Kunst im Laufe der Zeit ziem- sche Philosoph es immerhin aus eigener Kraft schaffte, den

lich abkühlten71. In diesem geistigen Milieu war jemand eine schädlichen Einfluß der Zivilisation auf die menschliche Menta- Ausnahme, der sich - wie der Arzt Jose Torres Orozco - für die lität"72 zu erahnen. Diese Idee wurde von ihm in einem länge- Philosophie und für die deutschsprachige Kultur interessierte. ren (vermutlich 1924 verfaßten) Essay entwickelt, der merk- Ihn hatte sein Interesse an den Werken von Nietzsche degeneraciön como flnalidad , die er im würdigerweise den Titel Sobre la

, deutschen O r iginal las zu Freud geführt. humana trägt; man darf annehmen, daß Freud (als Autor der 1930 publizierten Schrift Das Unbehagen in der Kultur) diesen Freud kam so mehr oder weniger deformiert und heimlich nach Essay, wenn er ihn gekannt hätte, sicherlich mit Interesse ge- Mexiko, durch einen kleinen positivistischen Tü rspalt, der von lesen hätte. diesem belesenen und intelligenten Arzt aus der Provinz aufge- tan wurde. Torres Orozco war der Sohn eines bekannten Rechtsanwalts in Morelia, der zugleich ein unermüdlicher Universalgelehrter war:

- Der angesehene Philosoph Samuel Ramos sagte von Torres Ma r iano de Jesus Torres. Dieser besaß nicht nur eine beeindruc

- Orozco, er sei ein Stoiker gewesen, der außerdem einen echten kend große Bibliothek mit mehr als dreitausend Bänden, son Positivismus" vertreten hätte ke- , und er urteilte weiter - halb im dern gab auch eine Zeitung heraus, die in seiner eigenen Druc Scherz , halb ernst gemeint - jener habe alle Bücher des Colegio rei erschien, El Centinela [Der Wachtposten]. In dieser Zeitung de San Nicolas zweimal gelesen und es w herrschte ein libertärer, fast anarchistischer Geist, und man r is- erde ihm nachgesagt, mit den je aktuellen europäischen Denkströmungen genauso kierte eine dezidierte, nicht ungefährliche Opposition gegen schnell und gut auf dem Laufenden zu sein, wie dies für andere in das Regime des Diktators Porffrio Diäz, der von 1876 bis 1910 iert Europa zutreffe. Jedenfalls ist, soweit wir wissen , sicher, daß das Land regierte. Man sollte erwähnen, daß dieses dezid sich Torres Orozco intensiv mit Nietzsche beschäftigte (dem er liberale Milieu (darin eingeschlossen auch das Fehlen

Jorge Cuesta (zit. nach Monsiväis 1988). 72 Torres Orozco 1985, S. 293. S. 303. Vgl. Breton 1987, 73 /etwa: Über die Entartung als menschliches Schicksal]

46 47 Publikationsdatum die erwähnte Verbindung nicht unmöglich christlich-religiösen Einflusses), in dem Torres Orozco auf- erscheinen läßt. wuchs, es ihm quasi natürlich" ermöglichte, die Rolle zu ak- zeptieren, die Freud der Sexualität in seiner Persönlichkeits- theorie einräumt. Torres Orozco hatte Man wird nicht überrascht sein, daß sich Torres Orozco in sei- , zumindest was diesen

Punkt betrifft, nem insgesamt (quantitativ wie qualitativ betrachtet) durchaus nicht die inneren Widerstände eines CG. Jung oder . beachtenswerten Werk mit typischen" Themen abgibt, mit de- nen sich auch Freud beschäftigt hatte. Z.B. publizierte er 1918 Nun hätte theoretisch Torres Orozco in diesen Jahren in der Revista Medica in Puebla einen Ensayo sobre patölogia , also etwa um 1922, die Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse del lenguaje , in dem er u.a. die Aphasie behandelt und dabei (1916/17 veröffentlicht) oder zumindest das 1911 publizierte ähnlich wie Freud (wenn auch in einer viel einfacheren und nicht Büchlein Eduard Hitschmanns über die Neurosentheorie Freuds so grundlegenderen Form), behauptet: die Sprache ist eine all-

lesen bzw. kennen können. dann gemeine Funktion, die nicht scharfumrissenen anatomischen Wäre das der Fall gewesen, wäre das Niveau seiner Sch r iften sicherlich erheblich höher ge- Punkten zugeordnet werden kann (...)" Und weiter meinte er, .. wesen. Aber man kann realistischerweise nicht erwarten jeder Störfaktor, der die funktioneile Einheit des Gehirns stört, , daß 77 am Ausgang des Ersten Weltkriegs solche Bücher in Mexiko äußert sich im Psychischen ".

leicht zu finden gewesen wären. E r innern wir uns in diesem Zusammenhang auch der nüchternen Torres Orozco bekam vermutlich einen direkten Kontakt mit in Formulierung Freuds hinsichtlich dessen, was er Sprachappa- Deutsch verfaßten Manuskripten durch seinen Lehrer - Jose rat" nannte und als seine Dysfunktionen bezeichnete - eine For- Berruecos Tomel , ein Professor für Deutsche Sprache und Litera- mulierung, die in den Schluß seines 27 Jahre früher (das heißt: 1891) verfaßten Essays über die Aphasien einging: Es scheint tur an der Nationaluniversität der Hauptstadt Mexico. Das ge- schah 1914 oder 1915. Dieser Kontakt muß sehr erfolgreich und uns nun, dass hierbei die Bedeutung des Momentes der Localisa- effizient gewesen sein, denn, wie der Philosoph Samuel Ramos tion für die Aphasie überschätzt worden ist, und dass wir Recht herausstellte dran thun werden, uns wiederum um die Functionsbedingungen , kannte Torres damals sogar die neuesten Werke

der europäischen Denker"74. Aus der Art und Weise des Sprachapparates zu bekümmern."7 , in der Tor- res Orozco (in seiner Schrift Las doctrinas de Freud en la patolo- g(a mental) die Ideen Freuds behandelt, kann man auch schlie- 76 [Essay über die Pathologie der Sprache] Revista Medica Vol I, No. 4-5. ßen, daß er Kenntnis von den Drei Abhandlungen., (im deut- 77 Torres Orozco , 1918, schen Original 1905 veröffentlicht) gehabt haben muß. Letzt- 78 Freud 1891b, S. 107; dieses Zitat - der Schluß einer Zusammen- , fassung der damals von Freud vertretenen Meinung - beginnt wie lich läßt sich darüber nur spekulieren, da Torres Orozco selbst folgt: Den Kern meiner Meinung möchte ich noch einmal in nichts darüber sch r ieb und seine und die Bibliothek seines Va- einigen kurzen Sätzen ausdrücken: Die früheren Autoren über ters heute nicht mehr existieren75 . was meine Ver- Das einzige, Aphasie, denen nur von einer Stelle in der Grosshirnrinde eine besondere Beziehung zur Sprachstörung bekannt war, sahen sich mutung stützt, ist der thematisch ähnliche Inhalt seines Essays durch diese UnVollständigkeit ihres Wissens gedrängt, die Erklä- mit dem von Freud sowie die grundsätzliche Tatsache daß das , rung der Mannigfaltigkeit der Sprachstörungen in den funetio- nellen Eigenthümlichkeiten des Sprachapparates zu suchen. Nachdem W e r n i c k e die Beziehung der nach ihm benannten

Vgl. Ramos (1934). Stelle zur sensorischen Aphasie entdeckt hatte, musste sich die El perfil del hombre y la cultura en Mexico.

10a- ed., 1982) [S. 47]. Hoffnung ergeben, diese Mannigfaltigkeit ganz aus Ver- " hältnissen der Localisation zu verstehen, [folgt das o.a. Zitat] . Vgl. Hemändez Luna 1987.

48 49 kannt waren. Außer auf diese beiden Autoren bezieht sich der mexikanische Arzt auf viele wegweisende Untersuchungen auf Sowohl Freud wie Torres Orozco lassen die damals vertretenen dem Gebiet der psychosomatischen Medizin, die damals gerade , auf Broca und Wemicke zurückgehenden Auffassungen über die begonnen hatte, das Freudsche Postulat vom Unbewußten als entscheidendes Moment für das Verständnis von Gesundheit und Lokalisation der Sprachfunktionen außer Acht. Es gibt keine Informationen darüber Krankheit einzubeziehen und zu validieren. Daneben werden , daß Torres Orozco mit den diesbezügli- auch Schriften von Krafft-Ebbing, Ramön y Cajal, William Ja- chen Schriften von Freud in Berührung gekommen wäre, aber es ist schon bemerkenswert mes und schließlich von Ludwig Feuerbach angegeben; letzere , daß Torres Orozco sogar von wider- streitenden Gefühlen" und von entgegenlaufenden Assozia- über Religionspsychologie und -kritik. tionen" spricht - von Begriffen also, die sich gut in Einklang ' Ein Jahr nach dem wichtigen Aufsatz Torres , d.h. 1923, ge- bringen lassen mit dem, was Freud als Fehlleistungen im allge- meinen konzipierte. schah es, daß man sich wiederum in Morelia (der damaligen Ba- stion der Liberalen) mit Freud beschäftigte. Es meldete sich ein Zwischen 1919 und 1921 publizierte der mexikanische Arzt vier marxistischer Philosoph aus Argentinien, Anfbal Ponce, zu Wort, der zu dieser Zeit Professor an der Universität war, an der Beiträge über die Neurasthenie. In ihnen wird Freud explizit nie auch Torres lehrte; er veröffentlichte unter dem Titel La diver- erwähnt, woraus wir schlußfolgern können, daß es zu dem Werk '!9 des Wieners höchstens geringfügigen Kontakt gegeben haben tida estetica de Freud sinen spöttischen und sarkastischen dürfte. Andererseits stellt man mit Erstaunen die oben bereits er- Beitrag gegen Freud. Ich glaube nicht, daß es zu weit hergeholt wähnte Tatsache fest ist, diesen Beitrag Ponces als direkte Reaktion auf die Schriften , daß der Mexikaner auch einen pessimisti- schen Essay mit dem Titel La degeneraeiön conto fmalidad hu- Torres Orozcos anzusehen. Davon einmal abgesehen, blieben mana verfaßte - ein Jahr vor seinem frühen Tod (er starb mit 35 die Schriften Torres' eine singuläre Episode in der Ideenge- Jahren an Tuberkulose). schichte Mexikos. Ihr Widerhall war gleich Null. Dieser Arzt und Philosoph war wie eine Lanze, die nirgendwo stecken blieb, Wenn wir jetzt einen Blick auf die Sekundärliteratur werfen die keine Wirkungen hatte, nicht einmal auf seinen Freund Samuel , Torres Orozco für seinen zentralen Essay Las doct r inas de Freud Ramos; denn der interessierte sich ironischerweise mehr für 'a mental benutzte Adler als für Freud. en la patologi , finden wir nur eine sehr kleine Zahl von Autoren, die im weiteren Sinne als Psychoanalytiker angesehen werden können. Zu ihnen wäre vielleicht der Ameri- Ganz zufällig bin ich in den Besitz eines Exemplars der 4. Auf- kaner G. Stanley Hall zu rechnen, der ja wegen seiner Studien lage der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse in über die Adoleszenz bekannt geworden ist wie auch durch seine deutscher Sprache gelangt, die im Internationalen Psychoanaly- tischen Verlag 1922 publiziert worden ist. Dieses Buch befand Einladung an Freud (im Jahre 1910), zu einer Vortragsreihe an sich in einer privaten Bibliothek in der Stadt Oaxaca. Die enor- die Clark University in Worcester (Massachusetts) zu kommen. Oder der häufig zitierte österreichische Kinderarzt und Psycho- men Widerstände, die die Psychoanalyse auf beiden Seiten des Atlantiks erfahren mußte, werden deutlich, wenn man erfährt, analytiker Josef K. Friedjung (1871-1946). Friedjung war viele Jahre ein aktiver und treuer Teilnehmer an den Versammlungen daß dieses Buch eine in Mexiko verfaßte und 1928 datierte

der Wiener Psychoanalytischen Gesellschaft, die 1902 in Freuds Wohnung begannen und eine Zeitlang als die Psycho- 79 Anfbal Ponce (1923) La divertida estetica de Freud. [Die unter- logische Mittwoch-Gesellschaft" oder Mittwoch-Abende" be- haltsame Ästhetik von Freud]; zit. n. Terän, 1983, S. 18.

50 51 handsch r iftliche Widmung" in deutsch aufweist , nämlich: un- Viertes Kapitel gelesen zu verbrennen"Torres Orozco war das Phänomen der Ablehnung der Psychoanalyse und des Widerstands gegenüber allen, die sich mit dieser Wisse Eine große Lücke: nschaft zu beschäftigen began- nen, nicht verborgen geblieben, weshalb er ausführte Die Jahre von 1922 bis 1955 , ... sie [die Psychoanalyse] ist eine kühne und sehr neue Konzeption, und wohl gerade deswegen kann sie keinen Zugang in die klassi- schen Schulen finden; ihre erst en Sch ritte mußten daher auf rie- Mexiko war lange Zeit kein Land, das der Psychologie insge- sige Widerstände stoßen" Ei , nige Jahre später präzise ge- samt große Begeisterung entgegenbrachte . Daher ist es auch sagt: im Mai 1933, sollte auf der anderen Seite des Atlantiks in , nicht erstaunlich, daß wir jetzt bis 1955 warten müssen, um je-

Berlin, in ganz massiver Weise die Parole Ungelesen (zu) ver- mand in Mexiko zu finden, der sich wieder mit Freud beschäf-

brennen" befolgt werden, als die Nationalsozialisten ihr Auto- tigt. Wieder handelt es sich um einen Arzt und Philosophen, dafe aller unerwünschten Sch riftsteller inszenierten. Torres nämlich Oswaldo Robles, der ein Buch Freud a la distancia ver- Orozco konnte nicht vorausahn en, daß elf Jahre später die Ab- öffentlichte . Robles hatte sein Medizinstudium in der Haupt- lehnung der Psychoanalyse geradezu barba r ische Formen an- stadt Mexiko beginnen, beendete es aber später an der Katholi-

nehmen würde. schen Universität von Nebraska in den USA. Dorthin hatte man ihn während des bewaffneten Religionskrieges (des Cristeros-

Aufstandes) 1926-1928 exiliert. Robles mußte ins Asyl gehen, weil er einer der führenden Persönlichkeiten in der Bewegung katholischer Studenten war, die sich zusammengeschlossen hat- ten und wild entschlossen waren, Cristo Rey" (Jesus Christus) vor den Bedrohungen eines laizistischen Staates zu verteidigen. Im Gegensatz zu dem Atheisten Torres Orozco war Robles ein überzeugter Katholik.

1935 bekam er seinen Doktortitel in Philosophie von der Na- tionaluniversität in Mexiko-City (UNAM)84 verliehen. Ab 1942 war er an dieser Universität als Professor für Psychologie

So wurde etwa 1950 beim ersten Congreso Cientifico Mexicano ganz klar festgestellt: In Bezug auf die Psychologie müssen wir zugeben, daß unser Land kein geeigneter Nährboden für die Entwicklung der Psychologie gewesen ist" (zit. nach EU de Gortari 1982). Meines Erachtens unterschätzt Gortari dabei aber die wegweisenden Arbeiten von Ezequiel Chävez (1868-1946). Die Untersch r ift kann nicht entziff [etwa: Freud nüchtern betrachtet] Mexico, D.E.: Editorial Jus. ert werden. Dieser Band wurde nur von meinen Freunden Otto und Elizabeth Schöndube Die UNAM erhielt erst 1929 ihre heute weltbekannte Bezeich- geschenkt; auch sie sahen sich nicht imstande nung; seit ihrer Gründung im Jahre 1551 trug sie den Namen , die Unterschrift 81 fJ Real y Pontif cia Universidad de Mexico. Diese Adjektive drüc-

xiocia. fe ;Und WUßten aUch nicht' wem der Band g ört hatte. , S. 227. ken den viele Jahrhunderte prägenden kolonialen und katholi- schen Charakter dieser Universität aus. 52 53 tätig. In seinem Buch kommt diese Tätigkeit als Hochschulleh- Fünftes Kapitel rer deutlich zum Ausdruck. Darin stellt er die häufigsten K r itik- punkte, die damals in der Literatur zu f inden waren zusammen. Die ausländischen Einflüsse ,

Robles betrachtet Freud (und analysiert ihn) aus dem Blickwin- kel der scholastischen , neuthomistischen Philosophie, deren

angesehener Vertreter er war. Die Bibliographie des Werkes Unter den Ländern, die Einfluß auf die Entwicklung der Psycho- zeigt weiter, daß er sich stark auf die Sch r iften zweier Jesuiten analyse in Mexiko nahmen, stehen an zweiter Stelle (nach (Dalbiez und Nuttin) und auf den katholischen Psychiater Rudolf Nordamer ika) Argentinien und Frankreich. Dagegen kann man sowie auf Allers85 aus Wien (der nach Ame r ika emig r iert war), erst frühestens ab Mitte der sechziger Jahre einen deutlichen

Choisy und Care bezieht. Einfluß aus der Region spüren, in der Freud seine Doktrin ent- wickelte, also Österreich (bzw., allgemeiner formuliert, die deutschsprachige Welt).

Mitte und Ende der fünfziger Jahre war man in Mexiko stark auf Nordamerika ausgerichtet. Alfredo Namnum und Ramön Parres waren die Protagonisten dieser O r ientierung. Der erstgenannte konnte später dem Lockruf der entwickelten Industriegesellsc- haft nicht widerstehen und ging zurück nach Amerika, in die be- rühmte Menninger-Klinik in Topeka (Kansas). Kurze Zeit später wanderten noch andere Mexikaner in die USA aus: Luis Feder, Francisco Gonzalez Pineda und Fernando Cesarman. Ein Guate- malteke, Cesar Meza, hielt sich kurze Zeit in Mexiko auf und beeinflußte die dortige Szene in ge r ingerem Maße als Namnum, bevor er sich endgültig in Washington etablierte.

Andere Analytiker orientierten sich an Argentinien, ließen sich von der psychoanalytisch hochinteressanten Szene von Buenos Aires gefangen nehmen, wie Santiago Ranurez, Jose Luis Gon- zalez Chagoyän, Avelino Gonzalez, Jose und Estela Remus Ara- ico und Gustavo Quevedo. In Paris hielt sich zu Ausbildungs- Rudolf Allers, Psychiater, Psychologe und Philosoph, (...)

führte neben O. Pötzl die ersten experimentellen Untersuchun- zwecken Carlos Corona Ibara auf, bevor er für kurze Zeit zu gen zu psychoanalytischen Thesen durch (...). Er gehört zu den Franz Alexander in die USA gehen sollte, um sich dann später in gleichermaßen kenntnisreichsten wie schärfsten Gegnern der Guadalajara niederzulassen. Auch Rafael Barajas, der eine Weile Psychoanalyse. Seine anfangs scharfsinnige Auseinanderset-

" zung ging später in undifferenzierte Polemik über. (Heike Brod- in Monterrey, Mexiko, aktiv war, wurde in Paris ausgebildet. thage und Sven Olaf Hoffmann , Die Rezeption der Psychoanaly- Aus England kam der eine oder andere Wind: Fortunate Castillo se in der Psychologie. (S. 135-254) in: Johannes Cremerius erlangte seine Ausbildung in London (bei der Gruppe um Anna (Hg.), Die Rezeption der Psychoanalyse in der Soziologie, Psychologie und Theologie im deutschsprachigen Raum bis Freud) und blieb später auch dort. Der Einfluß von Bion und

1940. Frankfurt/M: Suhrkamp, S.165.

54 55 Winnicott macht sich in der Person von Juan Tubert Okiander dianisch' nennen). Marie Langer konnte und wollte sich auch bemerkbar , der Ende der achtziger Jahre nach Mexico-City kam. nicht in das verschlungene, komplizierte Labyrinth der Ideen Melanie Kleins vertiefen. Sie war vielmehr eine tatenfreudige Die Kleinianisch-englische Richtung kam auf dem Umweg über Frau. Daher ist es auch nicht überraschend, daß ihr in der letzten Buenos Aires nach Mexiko - erst mit Emilio Rodrigue und viel Phase ihres Lebens87 die deutsche Revolutionärin und später über dem dort und in Mexiko einflußreichen Argentinier Kommunistin Clara Zetkin als idealisiertes Vorbild diente.

Horacio Etchegoyen. Der Einfluß Etchegoyens ist gerade in der Während dieser Phase ihres Lebens erneuert Marie Langer quasi neuen mexikanischen Generation der Analytiker deutlich spür- ihre jugendlichen revolutionären Impulse und unternimmt in bar, nicht zuletzt wegen seines ebenso wichtigen wie umfang- Nikaragua eine großangelegte sozialpsychiatrische Aufbauar- reichen Buches über die psychoanalytische Technik: Teoria de beit im Rahmen eines Programms der higiene mental" (psychi- la Tecnica (Etchegoyen 1986). Das Buch von Etchegoyen stellt schen Gesundheit) mit psychoanalytischen Orientierung. Ne- - trotz seiner unzweifelhaften Verdienste - einen ganz besonde- ben ihr gehörten zum Kern dieses bemerkenswerten Programms, ren und merkwürdigen Fall dar, da es völlig auf alle originäre das heute noch existiert, junge psychoanalytisch interessierte deutsche Literatur verzichtet. Sogar Freud wird in diesem Lehr- Menschen: Silvia Berman, Ma r ia Antonieta Torres Arlas, Maria buch nur vermittelt" dargestellt, nämlich aus der deformierten Campuzano, Jorge Margolis und Ignacio Maldonado. Nach dem englischen Übersetzung (von Strachey) übernommen86. Tode Langers versuchte vor allem Maldonado, ihre wirklich Arbeit fortzuführen und Menschen in psychosozialen Berufen In Mexiko gelten als Klein-Anhänger Celia Dfaz de Mathmann psychoanalytisches Denken beizubringen; also den Psychia- und Laura Achard de Demaria , die beide aus Südamerika stam- tern und Psychologen, die in Nikaragua jeden Tag die dringen- men. Vielleicht war für sie , als brillante und den Aufgaben lösen müssen, die charakteristischerweise im konfliktfreudige Frau, Laufe einer Revolution bzw. nach einem erfolgreichen ein überzeugendes Identifikationsobjekt. Volksaufstand gegen eine menschenverachtende Diktatur ent- Selbst Marie Langer hat ja diese Frau auserwählt" um sich teil- stehen. , weise mit ihr zu identifizieren , obwohl sie nur in wenigen theo-

retischen Konzepten Gemeinsamkeiten mit ihr fand (eben jene, Wenn wir uns jetzt etwas ausführlicher mit Marie Langer befas- sen, dann deshalb, weil sie einen Abschnitt ihres Lebens (die die auch sonst von fast allen akzeptiert werden, die sich 'freu- Jahre von 1925 bis 1987) in Mexiko verbrachte und dabei eini- ge Jahre sehr intensiv in der mexikanischen psychoanalyti-

Mit diesem Thema (der Übersetzungsprobleme) haben sich z.B. schen Bewegung engagiert war. Langer kam gegen Ende 1974 befaßt: Bruno Bettelheim (1982), Freud and the Soul. The New d Yorker, 1982, March 1; ders. (1983), Freud and ManS Soul. nach Mexiko und blieb dort bis wenige Monate vor ihrem To New York: A.A. Knopf (dt. Ausgabe: Freud und die Seele des (sie starb am 26. Dezember 1987 in Buenos Aires an Lungen- Menschen. Düsseldorf: Ciaassen 1984; München: DTV 1986; L. W . Brandt (1961), Some notes on Engtish Freudian termino- krebs). Als sie von der Unheilbarkeit ihrer Krankheit erfuhr, logy. Journal of the American Psychoanalytical Association 9 entschloß sie sich, nach Argentinien zurückzukehren und dort d (2), 331; L. W. Brandt (1979), Psicoanälisis no es Psychoana- auf den Tod zu warten. Schließlich war Argentinien das Lan , lyse. Cuadernos Psicoanah'ticos , No. 2, Guadalajara 1980; das sie wohlwollend und freundlich aufgenommen hatte und in Darius G. Omston (1982), Strachey's influence: A preliminary

- report. International Journal of Psycho analysis 63, 409-426; dem sie die produktivsten Jahre ihres Leben für die Psychoana- D . G. Omston (1985), Freud's conception is di f erent front Stra- ' chey s. Journal of the American Psychoanalytical Association 33 (2), 379-412. 87 Vgl. Langer 1984.

56 57 lyse verbracht hatte. Ihre Rückkehr nach Argentinien machte nachlässigt wurde. Ihre Kritik an der vorherrschenden Richtung sie als österreichische Staatsangehörige 8. Sie verließ Mexiko der Psychoanalyse, die anscheinend völlig vergessen hatte, daß ganz unauffällig und in Einklang mit dem von ihr immer vertre- seit den Schriften des jungen Freud die Psychoanalyse immer tenen Ideal der Autonomie (- welches sie mit der von ihr bewun- auch eine Ideologiekritik gewesen war, brachte sie in die Nähe derten Melanie Klein teilte): ohne jemanden stören zu wollen. zu dem erst 1969 gegründeten Circulo Psicoanalüico Mexicano (CPM). Aus den unterschiedlichsten Gründen hat sich Langer Ma r ie Langer stammte bekanntlich aus Wien89 und kam 1942 - aber nicht ausschließlich beim Circulo engagiert. Ihr breites In- nach einem kurzen Aufenthalt in Montevideo - in Buenos Aires teressenspektrum, ihre Begeisterung für das Lehren und ihr En- an. Während der schwier igen Jahre in Wien hatte sie eine kurze, gagement für den Feminismus brachten es mit sich, daß sie in aber intensive und authentische Initiation in die Psychoanalyse einer Vielzahl verschiedenster Tätigkeiten an der Fakultät für durch ihren Lehranalytiker Richard Sterba bekommen und war Psychologie der (damals wie heute ziemlich wasserköpfigen) dabei auch Jeanne Lampl-de Groot und begegnet. 27 Nationaluniversität, der UNAM in Mexico-City, engagiert war. Jahre später sollte sie sich ein zweites Mal entscheiden ihr Va- , Sie war auch klug genug, um allzu viele Kontakte mit einem der terland, nun Argentinien, zu verlassen, als der argentinische Fa- Gründer der CPM, Armando Suärez Gomez zu vermeiden, der eine schismus immer menschenverachtender und brutaler wurde und Ehe(paar)therapie mit seiner ersten Frau (Lilia Meza)90 als Pati- man sie unmißverständlich mit dem Tod bedrohte falls sie wei- , ent bei Ma r ie Langer begonnen hatte. Seminare, Tagungen, Su- ter in Buenos Aires bliebe , und seien es auch nur Tage. Daß ihre pervisionen füllten die Zeit Langers aus und forderten ihre volle Tochter Margarita mit dem mexikanischen Schriftsteller Jaime Energie. Einer ihrer Supervisanden, Javier P6rez Robles, kam del Palacio verheiratet war hat ihren Entschluß erleichtert. In , 1979 aus Guadalajara, um von ihren Erfahrungen, ihrer Sensibi- Mexiko konnte sie sich auf die Hilfe einiger ihrer ehemaligen lität, ihrer Freundlichkeit zu profitieren und von ihr die analyti- Armande argentinischen Analysanden (Ignacio Maldonado, sche Technik zu erlernen. Er war üb r igens vielleicht der einzige,

Bauleo) und den Mexikaner Santiago Ramfrez (einer der ersten, der jemals Zeuge einer (etwas aufbrausend gehaltenen) femini- der sich bei ihr in Buenos Aires einer Analyse unterzog) stüt- stischen Deutung während der Supervision durch Marie Langer zen.

wurde9 .

Für Langer war es damals gar keine Frage, daß die mächtige In- Abgesehen von ihren vielfältigen Tätigkeiten in Lehre und Su- ternational Psychoanalytical Association (IPA) eine schlechte pervision war sie jemand, der immer für viele ihrer Landsleute

Verwalterin des Freudschen Erbes war. Neben anderen Dingen da" war und da sein mußte, ein Tränentuch", eine Therapeutin konnte sie nicht die verknöcherte Struktur der Asociaciön Psi- coanal t iica Argentina (APA) ertragen und auch nicht die Art und 90 Lilia Meza Weise, wie die Kultur- und Gesellschaftskritik immer mehr ver- , eine Kubanerin, wurde später eine anerkannt sensi- ble Kinderpsychoanalytikerin. Sie kam nach Mexiko nach der Revolution in ihrem Land 1959 und starb in Mexiko im Februar 1989.

Um ihr die Wiedererlangung der österreichischen Staatsangehö- 91 Das geschah, als einmal ihr aufgeregter Supervisand von einem r igkeit zu ermöglichen, haben ihre Freunde Rudolf Ekstein und acting-out erzählte, den seine Analysandin während einer kurzen

Igor Caruso für sie interveniert. (Nach Aussagen von Rudolf Ferienperiode gehabt hatte. Auch wenn man es durchaus aus März Ekstein im Gespräch mit dem Autor in Los Angeles. unterschiedlichen Blickwinkeln betracht, kommt man nicht 1987). umhin, festzustellen, daß der Analytiker nichts tun konnte, um

Vgl. dazu auch: Langer (1986). Von Wien bis Managua. Wege ei- das zu vermeiden, aber Langer konnte wiederum auch nicht eine ner Psychoanalytikerin. spontane eine Über-Ich-Reaktion ihm gegenüber unterdrücken.

58 59 für Notfälle terdrücktes Volk, das aus Furcht vor seinem Herrn sich ver- , die gesuchte Freundin und warmherzige Fachkolle- "94 Und er fü gin für eine große Gruppe von Menschen, die an Schuldkomple- stellt. gte hinzu: ...in vielen Fällen sind diese Ge- spenster Reste einer vergangenen Wirklichkeit, deren Ursprün- xen und anderen Folgen von Migration und Exil litten. Unzäh- lige Male erlebte sie dabei allerdings auch die Scharlatanerie ei- ge auf Conquista, Kolonialzeit, Independencia und auf die Kriege gegen Yankees und Franzosen zurückgehen. (...) Diese niger ihrer Landsleute, was sie nicht selten veranlaßte , sich zu- rückzuziehen. (...) Gespenster sind, zumindest für uns - reale Wesen. Ihre Realität ist subtiler, grausamer, trügerischer Art, denn sie sind Zusammen mit einigen ebenso ernsthaft arbeitenden wie gut ungreifbar und unbesiegbar, zumal sie nicht außerhalb, sondern ausgebildeten Kollegen - unter ihnen z.B. Ignacio Maldonado, in uns leben95.(...) Die Geschichte kann uns helfen, gewisse Miguel Sosa, Enrique Guinsberg und das Ehepaar Garcia Züge unseres Charakters zu verstehen, vorausgesetzt, daß wir fä- all denen " 96 Rcynoso - hatte sie die schwierige Aufgabe zu lösen, hig sind, sie klar herauszustellen und sie vorauszusagen . den Rücken zu stärken, die schier verzweifelten , angesichts der geradezu klassischen, überwältigenden Idiosynkrasie der Mexi- Man sollte dem noch erklärend hinzufügen, daß die Denkweise kaner, den idealisierten von Octavio Paz im Jahr 1950 der Psychoanalyse sehr nah , verklärten Ausländern sozusagen die stand, - obwohl er das nicht explizit sagte. Eigentlich gehört eigene Tür sperrangelweit zu öffnen. Jeder Nicht-Mexikaner der Essay Paz' zur Richtung der viel später geschriebenen Arbei- kennt wohl diese ihm sehr zu gute kommende, tief verwurzelte ten des Schweiz-Ekuadorianers Mario Erdheim, der sich wieder- mexikanische Einstellung, und nicht wenige illustre ausländi- holt mit den Facetten des sogenannten gesellschaftlichen Un- sche Besucher kamen umhin, dies als scheinbar extreme Güte bewußten" (oder kulturellen Unbewußten") befaßte. Allerdings und Gastfreundschaft" zu interpretieren92. Der Mexikaner (oh- läßt sich Paz in seinem Essay über lange Strecken auf eine poe- nedies ein sehr problematischer Begriff) scheint sich dabei im- mer nach dem Satz Jacob Burckhardts zu richten: tische Darstellungsweise ein und verläßt die Bahn strenger wis- Größe ist das, " senschaftlicher Akribie. was wir nicht sind.

Octavio Paz nannte schon 1950 - obwohl er sich dabei durchaus Mit der Zeit ist Octavio Paz übrigens ein wütiger full-time-An- tikommunist" geworden (- so formulierte es einmal nicht unzu- seiner Vereinfachung bewußt war - diese Einstellung eine Skla- venmoral 93 treffend Emanuel Carballo), aber das ist eine andere Geschichte. und besch r ieb sie folgendermaßen: ... Mißtrauen,

" Heuchelei, Zurückhaltung aus Höflichkeit, (...) Ironie, schließ- Aus einem ganz anderen Blickwinkel wird der Mexikaner von lich alle seelischen Schwankungen (...) sind typisch für ein un- dem oben schon mehrfach erwähnten Philosophen Samuel Ra- mos betrachtet, der bekanntlich vom Werk Alfred Adlers sehr 92 In der Tat ist dieses Charakteristikum auf keinen Fall nur bei den geprägt worden ist. Deshalb ist seine Behauptung nicht verwun- Mexikanern zu finden. Der interessierte Leser kann dies mit ei- derlich, der Mexikaner leide an einem ausgeprägten niger Verwunderung in einem monumentalen Werk von Georg Minderwertigkeitskomplex". Es gibt allerdings Zeitgenossen, Friede r ici nachlesen (El caräeter del deseubrimiento y de la con- quista de America, 3 Vols., Mexico, D.F.: FCE, 1973-1987, die in dieser Diagnose Ramos' vor allem einen Ausdruck für die

insbesondere im Kap. II des 1. Bandes. Das deutsche Original

ist: Georg Friede r ici, Der Charakter der Entdeckung und Erobe-

rung Amerikas durch die Europäer. Stuttgart-Gotha: Verlag 94 Ebda S. 75. , Friedrich Andreas Perthes, 1925. Die ausführliche Dokumenta-

95 Ebda. S. 77. tion zeigt, daß es diese Einstellung in vielen von den Europäern 96 Ebda, S. 78. Diese Hypothese Octavio Paz', obwohl sie in sich beherrschten Ländern, sowohl in Amerika wie in anderen Konti- nenten, gibt. treffend sein mag, hat zweifellos stark eingeschränkten Wert, 93 Paz 1970/1982 wenn man an das oben erwähnte Werk Friedericis denkt. , S. 75 u. ff.

60 61 angeblich so typische Neigung des Mexikaners sehen, sich sel- auch aus diesem Grunde der psychoanalytischen Bewegung" " ber kleiner zu machen, also abzuwerten. Diese Tendenz scheint (oder der Sache , wie Freud es genannt hat) nur eine beschränk- nur allzu gut zu einem Volk zu passen, das - wie Mexiko - unter te Schlagkraft zuschreiben zu können. wiederholten Phasen der Unterdrückung durch fremde Völker und Kulturen gelitten hat (so wie das Paz in dem oben zitierten Ab- satz gerade behauptet). Von daher ist es sicher kein Zufall, daß sich auch die ersten mexikanischen Psychoanalytiker - insbe- sondere Santiago Rami'rez und Francisco Gonzalez Pineda (beide aus der APM) - mit der Psychologie des Mexikaners befassen, obwohl sie sich weder formal noch inhaltlich von dem hervor- ragenden Essay Paz' beeinflußt zeigten.

Uns scheint es wichtig, das alles zu erörtern, weil wir nur so eine Möglichkeit sehen, das Milieu (heute würde man sagen: das setting) zu beschreiben und zu verstehen, in das das jüdische und mitteleuropäische geistige Produkt Psychoanalyse" aufgenom-

men wurde. Darüber hinaus kann es uns auch helfen, die facet- tenreichen Beziehungen der mexikanischen Psychoanalytiker zu den vergleichsweise zahlreichen in Mexiko lebenden süd- die sich in amerikanischen Psychoanalytikern zu verstehen, dieser so heterogenen mexikanischen psychoanalytischen Be-

" wegung integriert haben. Eben weil sie so ausgeprägt hetero- gen ist, macht sie es uns schwer, sie als eine Bewegung" im üblichen Sinne zu betrachten; deshalb habe ich sie auch in An- führungszeichen gesetzt.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch einen Konflikt erwäh- nen, der die Beziehungen zwischen den argentinischen Analyti- kern als bedeutendster nationaler Gruppe der t/damerikaner und ihren mexikanischen Kollegen belastet. In privaten Gesprä- chen, sozusagen hinter vorgehaltener Hand, schimpfen die Me- xikaner immer wieder auf das, was sie den üblen Opportunismus der Argentinier nennen. Diese wiederum beklagen in nicht min- der privaten Gesprächen mit kaum zu überhörender Verachtung das, was sie als Apathie und Antriebslosigkeit oder mangelndes Durchsetzungsvermögen bei den Mexikanern wahrnehmen. Glücklicherweise überlagert dieser Zustand nicht immer und auch nicht bei allen Analytikern alle Bereiche von Be- ziehungen. Aber alles in allem kommt man nicht darum herum,

62 63 Sechstes Kapitel sich auch mit der Psychologie des Mexikaners beschäftigten. Sie sind aber von ge r ingerer Aussagekraft im Vergleich zu dem

Einige Bemerkungen zur psychoanalyti- von Ramirez . schen Literatur in Mexiko Aber fahren wir fort mit unserem Überblick über die mexikani- sche psychoanalytische Literatur. Santiago Ramirez selbst ord- net heute seine frühen Arbeiten selbstkritisch als arrogant und Die ersten psychoanalytischen Publikationen in Mexiko waren mittelmäßig" ein. Dessen ungeachtet darf man auch den Essays, die Frucht der Bemühungen der APM-Mitglieder, die (beim Ver- die in seinem Buch Infancia es destino (1975) veröffentlicht lag FAX) mit der Herausgabe einer Reihe von Monografien be- worden sind, ein akzeptables Niveau bescheinigen - insbeson- gannen. Unter ihnen ist besonders der 1954 veröffentlichte dere, wenn man sie am allgemein eher bescheidenen Niveau der Band von Santiago Ramirez El mexicano - la psicologfa de sus hiesigen psychoanalytischen Literatur mißt. der die von Konflik- motivaciones hervorzuheben - ein Essay,

ten geprägte Identität der Mexikaner behandelt, ihre Zerrissen- Auch Psi das Jahrbuch des Colegio de Psicölogos, des Berufs- heit zwischen dem, was aus ihren indianischen Wurzeln herrührt verbandes der mexikanischen Psychologen, sollte nicht uner- und dem spanischen Erbe der weißen Konquistadorenrasse. In wähnt bleiben. In einer Ausgabe des Jahres 1969 brachte es aus- diesem Buch finden wir viele Ähnlichkeiten mit dem berühmten gewählte Beiträge verschiedener Psychoanalytiker, unter ihnen Essay von Paz aus dem Jahre 1950, obwohl es völlig unabhän- Gregorio Valner, Jose Carrera, Fernando Arizmendi, Jos6 Cueli gig davon gesch r ieben wurde. Die Ideen, denen Ramirez folgt, und Guillermo Montano, alle ohne Ausnahme Mitglieder der erlauben es uns, eine Verbindung zu den späteren Entwicklun- APM. Danach mußte man allerdings noch einige Jahre warten, gen zu sehen, von denen einmal als Ethnopsychoanalyse die bis 1984 eine Doppelnummer der Revista de Psicoanälisis Rede sein sollte. Damit ist einmal mehr die Psychoanalyse ge- publiziert wurde, in der wieder einige lesbare und akzeptable meint, die sich mit dem sozialen Unbewußten" oder Beiträge über klinische Themen und psychoanalytische kulturellen Unbewußten", befaßt. Die Ethnopsychoanalyse ist Technik zu finden waren. (Wenn man allerdings das Litera- eng mit dem Namen von Georges Devereux und mehr noch mit turverzeichnis kritisch durchschaut, kommt man leider nicht denvon Faul Pa r in, Fritz Morgenthaler und Mario Erdheim ver- darum herum, eben jene negativen Auswirkungen und Defizite zu bunden. Diese Denkweise, der also auch Ramirez verpflichtet konstatieren , die sich ergeben, wenn sich Autoren nur auf nord- war, stellt in meinen Augen eine wirklich emstzunehmende und amerikanische und argentinische Sekundärliteratur be- vielversprechende Weiterentwicklung des psychoanalytischen schränken.) Denkens in den zwei letzten Jahrzehnten dar.

Kommen wir zu der Gruppe um Fromm, aus der vor allem Jose Der Essay von Ramirez hat, obwohl einige seiner Hypothesen Silva Garcia herausragt, der oft an internationalen Tagungen es etwas gewagt sind, die K r itik gut überstanden. Besser gesagt, teilnahm. Die Frommianer geben ein Jahrbuch heraus, das der darüber hin- fand sich kein einigermaßen seriöser Kritiker, Anuario del Instituto Mexicano de Psicoanälisis (IMPAC). Und aus gekommen wäre, mehr als ein paar beiläufige oder inadäqua- an diesem Institut ist wohl Aniceto Aramoni das produktivste te Bemerkungen zu formulieren. So kam es, daß das Buch viele Nachauflagen erlebte. In derselben Reihe erschienen übrigens

zwei Bücher des APM-Mitglieds Francisco Gonzalez Pineda, die 97 Vgl. Gonzalez Pineda 1961.

98 Vol. 17, Ausgabe Januar bis Juni.

64 65 Mitglied. Von seinen Büchern ist besonders das schon 1965 pu- Argentinien zurück, wodurch die 1981 begonnene Zeitschrift, blizierte Sociosicoanälisis de la dinämica de un pueblo er- die nur acht Ausgaben von hohem gutem wissenschaftlichen wähnenswert. Darüber hinaus publizierte diese Gruppe von Niveau und tadelloser Edition erlebte, zu einem abrupten Ende Schülern Fromms auch das hagiographische Buch Erich Fromm kam. Übrigens erschienen in ihr nur zwei Beiträge von mexika- nischen Psychoanalytikern. y el psicoandlisis humanista . Vermutlich wäre dem Leser besser gedient, und er würde eine bessere und vernünftigere In den letzten Jahren ist mehr als deutlich geworden, daß die Vorstellung von der Persönlichkeit und der Theorie Fromms be- Anhänger Fromms mit der Produktivität ihres verehrten Mei- kommen , wenn man ihn nicht immer wieder auf vielen der 245 sters nicht Schritt halten konnten. Eher eine Ausnahme unter Seiten dieses Buches mit überschwenglichen Lobeshymnen auf ihnen ist der italienisch-mexikanische Therapeut Guissepi den geistigen Vater konfrontieren würde. Hier sind wir wieder Amara, der 1987 ein schönes und ungewöhnliches Buch veröf- die typischen Mexikaner mit ihrem alten Problem daß wir , fentlichte: El hombre imposible. Anatomia de un psicoanäli- einen großen Mann" aus dem Ausland nötig haben, der kom- 102 5/.9 . Amara, der damals schon in Fachkreisen einen guten men muß, um unsere berufliche Identität zu stärken.. Ruf wegen seines kleinen, aber hervorragenden Essays über die menschliche Aggressivität (La violencia en la historial"J} ge- Derselbe Fall scheint (wenngleich nicht in so starkem Maße) noß, präsentiert in diesem Buch ausführliches analytisches Ma- bei einem Buch vorzuliegen, das Armando Suärez als Festschrift terial aus einer Psychoanalyse, die sich über einen Zeitraum von für seinen Wiener Lehrer Igor Caruso 1985 herausgab101. Das zwölf Jahren erstreckte. Dieser Fall wurde seit dem vierten Jahr uralte Problem, wie man mit der Rivalität und dem Neid fertig im Institute Mexicano de Psicoandlisis (das Erich Fromm ge- wird, hat tausend Gesichter: das Lob , die Eloge ist nur für die gründet hatte) unter der Leitung von Jorge Silva Garcia einer in-

Verstorbenen reserviert und nicht für die Lebenden. Die Ver- tensiven kollektiven Supervision unterzogen. dienste des Rivalen partout nicht anzuerkennen ist alltägliche Bosheit. Es gehört zum klassischen Wissensbestand des Analy- Amara nahm an dieser kollektiven Supervision teil und schrieb tikers, die Rolle der Schuldgefühle gegenüber dem verstorbenen darüber eine hervorragende Psychobiographie. Das Buch ist die

" Meister zu erkennen, die Wünsche, ihn zu versöhnen und beste Verteidigung gegen die oft formulierte Kritik, die Fromm- ,

auch die Furcht, er könne einmal zurückkehren. schc Schule verfüge über keine geschlossene und systematische psychoanalytische Technik. Davon abgesehen bleibt die heikle

Silvia Bleichmar und Carlos Schenquerman, die beiden in Mexi- grundsätzliche Frage noch unbeantwortet, wie die Praxis der ko lebenden Analytiker, gebürtige Argentinier, haben uns dan- verschiedenen psychoanalytischen Richtungen in der Realität kenswerterweise mit einigen Schriften der französischen Psy- aussieht. Die Art und Weise, wie Psychoanalytiker arbeiten, kann uns manchmal durchaus sehr überraschen, da sie mehr oder choanalyse in Kontakt gebracht. Dies geschah in ihrer Zeit- schrift Trabajo del Psicoandlisis, in der zum Beispiel Beiträge weniger entfernt von der Ausrichtung der jeweiligen Schule und von , Pierre Fedida, Guy Rosolato und Silvia ihren Prinzipien sind. Technische Beiträge, von denen man

Bleichmar abgedruckt wurden. Die beiden kehrten um 1987 nach genauere Informationen, vor allem über die Klinik erwarten könnte, sind in Mexiko sehr selten.

[Soziopsychoanalyse der Dynamik eines Volkes] Mexico (D.F.), 1965 102 [Der unmögliche Mensch. Anatomie einer Psychoanalyse]. [Erich Fromm und die humanistische Psychoanalyse] Mexico Mexico (D.F.): Edito r ial Siglo XXI, 1987. (D.F.): Editorial Siglo XXI, 1981. l03 [Die Gewalt in der Geschichte]. Mexico (D.F.): Ediciones Edicol, 1976. Vgl. Engler und Suärez 1985.

66 67 Abgesehen von einem kleinen, aber respektablen, 1963 veröf- In diesem Zusammenhang kann auch eine Sondernummer der fentlichten Büchlein zu diesem Thema (das von Palacios Rami- , Revista Medica zu Sigmund Freud aufgeführt werden, die im Ok- rez und Valner verfaßt wurde) gab es lange Zeit auf dem Gebiet tober 1989 anläßlich seines 50. Todestages herauskam. Das Be- der psychoanalytischen Technik keine Veröffentlichungen, bis sondere an dieser Nummer ist übrigens, daß sie unter der Schirm- dann 1975 eine gute Monographie von der APM erschien, die herrschaft und mit Förderung einer Standesvereinigung der

sich dem Problem der Analysierbarkeit widmete. In ihr fallen Psychiater (der Sociedad Mexicana de Neurologia y Psiquiatna die Beiträge von Antonio Santama r ia, Victor Manuel Aiza und A.C.) publiziert wurde und daß sogar der Präsident dieser Verei-

Rüben Hinojosa positiv auf. Und schließlich erschien vor nigung, Jaime F. Ayala Villarreal, ein ebenso luzides wie aus- relativ kurzer Zeit eine neue Zeitsch r ift der Lacan-Anhänger: Im gewogenes Editorial dazu verfaßte. Damit scheint das beider- Dezember 1989 veröffentlichte die Escuela Lacaniana de seits vorhandene Mißtrauen zwischen Psychiatern und Psycho- die zwei- Beiträge hatten Psicoandlisis das erste Heft der Zeitschrift Artefacto, analytikern auf einmal gebrochen zu sein. Die mal jährlich erscheinen soll. Die Leitung obliegt dem Argen- durchwegs ein sehr hohes Niveau und wurden u.a. von Agustm tinier Miguel F. Sosa, und das Thema der erwähnten ersten Num- Palacios, Federico Ortiz Quesada, Fernando Cesarman, Juän Vi-

' Von mer war Der Psychoanalytiker". ves, Hernän Soh s und Sergio Sänchez Pintado verfaßt. 1965 bis heute (Mitte 1992) hat die APM jährlich vier Hefte

Schon früher hatte eine andere Gruppe von Lacan- Anhängern, herausgegeben. Das ist das am längsten andauernde und solide- die sich damals noch nicht zu einer Vereinigung zusammenge- ste Unternehmen einer mexikanischen psychoanalytischen schlossen hatten , zwei Ausgaben einer Zeitschrift mit dem Titel Zeitschrift. Der Inhalt ist mit sehr wenigen Ausnahmen nicht

Lust publiziert, deren Inhalt fast ausschließlich aus Übersetzun- besonders beeindruckend. Hier kommt auch das für die mexika- gen französischer Arbeiten bestritten wurde. Papierqualität, nische Psychoanalyse charakteristische Amalgam (USA,

Format und Ausstattung waren allerdings professionell. Das war Argentinien, Frankreich) deutlich zum Ausdruck. 1977, wobei die Hefte merkwürdigerweise aber kein Datum tru- gen. Vielleicht sollte so auf eine subtile Weise die Zeitlosigkeit Auch ein Dokument von Relevanz ist der zweibändige Bericht des Unbewußten dokumentiert werden . Nebenbei bemerkt sei hoanalyse , vom XII. Lateinamerikanischen Kongreß der Psyc daß diese Zeitlosigkeit nicht verwechselt werden sollte mit der (veranstaltet unter den Auspizien der Fedcraciön Latinoamerica-

Angst vor dem Engagement für soziale Fragen. na de Psicoanälisis, FEPAL), der unter dem Titel Psicoandlisis in Mexico-City publiziert wurde. Auch im Dezember 1989 (wie im Fall der oben erwähnten Zeit- sch r ift Artefacto) erschien in Guadalajara die auf halbjährliches Der Ci'rculo Psicoanalitico Mexicano (CPM) hat mimeogra-

Erscheinen angelegte Revista de Psicoterapia, PsicoanaUsis y phisch und in sehr geringer Auflage und einfachst reproduziert Psiquiatna. Diese Publikation wird von der Grupo Guadalajara de vier Ergebnisbände der vom ihm bis 1992 organisierten, insge-

Psicoterapia Psicoanalitica herausgegeben. samt sieben wissenschaftlichen Tagungen herausgegeben. Aus den Reihen desselben CPM ist Jose Ferres (der derzeitige Vor- sitzende) mit einem anspruchsvollen Buch {El naeimiento del Psicoanaldlis) ®-' hervorgetreten, das 1988 verlegt wurde. Ob- 104 Eine kurze Erwähnung der Schriften der Gruppe um Nestor Braun- stein f indet der Leser in anderem Zusammenhang weiter unten in Kap. 7. 105 [DieEntstehung der Psychoanalyse!

68 69 schon von beträchtlichen Aufwand getragen (das Werk ist im- Siebtes Kapitel

merhin 513 Seiten stark), bleibt das Ergebnis weit hinter dem,

. Die Mexikanische Psychoanalytische zurück was der Titel verspricht Es ist ein gutes Beispiel dafür, was Psychoanalyse aus zweiter Hand ist. Vereinigung (Asociaciön Psicoanalitica Mexicana, In Guadalajara, der zweitgrößten Stadt Mexikos, gibt es seit ei- APM) niger Zeit die kleine, von mir geleitete Grupo de Estudios Sig- mund Freud. Wie keine andere ist diese Gruppe auf die Wieder- aufnahme der gesellschaftskritischen Elemente und der Kultur-

kritik der Psychoanalyse ausgerichtet. Daneben vertritt sie die Etwa um 1947 herum begannen sich einige junge Ärzte, die sich Uberzeugung, daß es nötig ist, Freud im Original, also in seinen für Innere Medizin und Psychiat r ie interessierten, regelmäßig zu in deutsch geschriebenen Texten zu lesen, wenn man über ihn " und die Psychoanalyse vernünftig und fundiert diskutieren treffen, um dabei Ansichten über eine neue Methode auszutau- wollte. Ein großer Teil der von der Grupo publizierten Arbeiten schen, die ihnen neue kritische Horizonte inmitten der herr- schenden klassischen Psychiatrie zu öffnen versprach. hat sich deswegen damit befaßt, Übersetzungsfehler der Freud-

schen Schriften in Spanisch und Englisch nachzuweisen. In zwölf Jahren Tätigkeit sind bisher aber nur elf Ausgaben der Unter diesen Wegbereitern der Psychoanalyse für Mexiko (wir Zeitsch r ift Cuadernos PsicoanaUticos erschienen hatten schon in vorhergehenden Kapiteln darüber gesprochen, . Dabei fehlen warum die Psychoanalyse erst so spät in das mittelamerikani- fast völlig klinische Beiträge. Darüber hinaus erschienen Über- äter den setzungen von Artikeln von Horst-Eberhard Richter sche Land gekommen ist) befinden sich einige, die sp , Igor A. Caruso und Thea Bauriedl. Kern der APM bilden sollten: Santiago Ramfrez, Ramön Parres, Rafael Barajas, Fernando Cesarman, Francisco Gonzalez In Monterrey gab es eine Zeitlang eine Zeitschrift Imago - Re- Pineda, Luis Feder und Carlos Corona. Kurz danach stießen auch Jose Remus Araico, Estela Remus, Jose Luis Gonzalez vista de Psicologia Psicoanalüica. Dahinter stand eine kleine lokale psychoanalytische Gruppe (unter der Leitung eines Schü- Chagoyän und Alfonse Namnum dazu, ferner etwas später Avelino Gonzalez und Jaime Tomas. Fast alle waren von der ler und Freundes von Santiago Ramfrez, des Arztes Teöfilo de la nordamerikanischen Psychoanalyse begeistert und voll der Garza), die es immerhin schaffte, fünf Ausgaben zwischen Sep- echten Überzeugung, die Quelle der Psychoanalyse in den USA tember 1977 und September 1980 herauszubringen. Nach einer zu finden. Es war ihnen zu dieser Zeit unmöglich, die theoreti- Unterbrechung versuchte man, die Zeitschrift 1984 wieder zum flächlichkeit Leben zu erwecken; in jenem Jahr erschienen zwei Nummern; sche Mittelmäßigkeit und die beklagenswerte Ober der nordamerikanischen Psychoanalyse - mit Ausnahme der danach allerdings keine mehr. Auch in Monterrey wurde vor ei- niger Zeit (präzise: im September 1987) - dank der Initiative Beiträge einiger nach Amerika emigrierter deutsch-jüdischer von Rodolfo Alvarez del Castillo - mit der Publikation einer Psychoanalytiker - zu erkennen. Viele Mexikaner reisten daher in der in die USA; der Rest ging nach Buenos Aires, der damaligen Zeitschrift, der Cuadernos del Ärea CUnica begonnen, b 1952 fast ausschließlich klinisch-psychoanalytische Beiträge er- südamerikanischen Metropole der Psychoanalyse; a schienen. Leider kann auch diese Zeitsch r ift kehrten die ersten von ihnen zurück. Eine Studienreise nach Eu- , wie so viele andere in Mexiko, nicht mit einer regelmäßigen Erscheinungsweise ropa, nach Frankreich etwa, war damals eine absolute Aus- aufwarten. nahme, geschweige denn nach Deutschland, Österreich oder in

70 71 die Schweiz; wobei natürlich die schwierige Sprache eine Rolle APM, Santiago Ramfrez, heraus, als er 1971 sagte: (...) sie er- spielte, aber auch (gerade im Fall von Deutschland) die spürbare mutigten uns und wiesen uns in jeder Phase unserer Geschichte

. Agonie als Folge von 11 Weltkrieg und Nationalsozialismus. den richtigen Weg."

Die unermüdliche Tätigkeit dieser frühen Pioniere mußte das Mit ähnlichen Richtlinien wie denen der APM entstand 1978 in

" . Diese Gruppe, Mißtrauen der mexikanischen Psychiater provozieren, die sol- der Stadt Monterrey offiziell die Study Group che Arbeit t , vorgetragen in nicht selten jugendlich-ungestümer als solche auch von der IPA anerkannt, wurde am 2. Augus

Weise, fast als eine Bedrohung empfanden. Schließlich hatten 1989 als provisorischer Verein unter der Bezeichnung sie bisher ohne Konkurrenz das Feld der seelischen Gesundheit Asociacion Regiomontana de Psicoanalisis" eingetragen; die

- dominiert. Nachdem die Mitglieder dieser Gruppe von Analyse- endgültige Eingliederung in die IPA befindet sich in einer letzt

- Enthusiasten einer nach dem anderen - wie gesagt ab 1952 - zu- en formalen Phase. Zu den Pionieren dieser Vereinigung ge rückkehrt waren , begannen sie sich zu organisieren und wurden hören Rafael Barajas und Ricardo Diaz Conty, ferner Jose Rüben auch tatsächlich schon 1957 als Asociacion Psicoanalüica Me- Hinojosa, Rüben Tamez Garza und Hernän Solls Garza. Der xicana A.C. (APM) von der Internationalen Psychoanalyti- aktuelle Präsident ist Mario C. Estrada Espinosa.

schen Vereinigung (IPV) in London anerkannt. Die Anerken- nung erfolgte auf dem XX. Kongreß der IPV in Paris 1957 und geschah immerhin zwei Jahre vor der Anerkennung der iberi- Das histo r ische und politische Moment der Ent- schen Landesgruppe, der Sociedad Luso-Espanola de Psicoanäli- wicklung der Psychoanalyse in Mexiko sis. Zweifellos hatten die Mexikaner damals den Vorteil , nicht Wir müssen nun kurz auf die historisch-politische Situation in einer politisch stark normierten und kulturell rigiden, ein- engenden Atmosphäre leben und arbeiten zu müssen wie die eingehen, in der sich Mexiko in diesen Jahren befand. Mexiko,

-

Spanier im Zeitalter der Franco-Diktatur. Die Mexikaner befan- ein sogenanntes unterentwickeltes Land, mit einer charakteri den sich damals in einem historisch günstigen Moment ihrer stischen ökonomischen Struktur, die als abhängiger" oder Geschichte " bezeichnet wird, konnte sich in den , in dem sich gewisse vielversprechende Möglich- peripherer Kapitalismus keiten ankündigten, den Status eines unterentwickelten Landes Jahren der Regierung Miguel Alemäns (1946-1952) eines rela-

mit einem kräftigen Ruck zu verlassen. tiven, aber zunehmenden Wohlstands erfreuen, einer immer bes- ser werdenden Situation der Ölindustrie und allgemein einiger Am Anfang ihres Konstitutionsprozesses konnte die APM auf wirkungsvoller Impulse zur Modernisierung und Industrialisie- die Sympathie und die Hilfe dreier europäischer Psychoanalyti- rung des Landes. Auch beim Vorgänger Alemäns, während der ker zählen, die inzwischen die amerikanische Staatsbürger- Regierung Avila Camachos (1940-1946), hatte Mexiko von ei-

schaft angenommen hatten: L. Bryce-Boyer, Hilda S. Rol- nigen wirtschaftlichen Vorteilen profitiert, die sich indirekt aus

laman-Brack und Rudolf Ekstein. Ich selber war Zeuge, wie be- dem Zweiten Weltkrieg ergeben hatten. In der Tat hatte die in- sonders die beiden letztgenannten Therapeuten mit aufrichtiger ternationale Konjunktur eine bedeutsame Menge amerikani-

Loyalität, anhaltender Treue und professioneller Verschwiegen- schen und europäischen Kapitals, das von den am Krieg betei- heit auch schwierigste Phasen und problematischste Konflikte ligten Ländern abgezogen worden war, in das von Kriegswirren die Kontinuität der Arbeit der APM in diesen Anfangsjahren, verschonte Mexiko gebracht. Auch die Außenhandelsbilanz mit

d.h . in den sechziger und Anfang der siebziger Jahren, sicher- Europa und mit den USA hatte damals eine durchschlagende Ten- ten. Das stellte auch voller Dankbarkeit der erste Präsident der denz zum Positiven genommen. Die Politologen charakterisie-

72 73 ren Miguel Alemäns Kurs als gemäßigt und politisch in der um, die der Bildhauer Azunsolo von Alemän gestaltet hatte und Mitte angesiedelt"1 ; allerdings fügte man dem später das Ad- die auf dem dem Gelände der Nationaluniversität aufgestellt wor- jektiv korrupt" hinzu... den war.

Jedenfalls gab es am Ende der sechs Jahre dieser Regierung ein Die Psychoanalyse brachte es in diesen Jahren zu einer beschei- zentrales Ereignis mit der Eröffnung der Universitätsstadt in der denen universitären Repräsentation an einigen weniger bedeu- Mexico-City. Diese neue Ciudad Universitaria war überwälti- tenden und isolierten Lehrstühlen in den Fakultäten für Psycho- gend, hatte einen bisher nicht gekannten megalomanen Cha- logie und Politische Wissenschaften der Nationaluniversität. rakter, sowohl von der Architektur als auch allgemein von ihren Dasselbe läßt sich auch für die Eingliederung der Psychoanalyse Einrichtungen her gesehen. an einigen kleineren Universitäten sagen, darunter die Univer- sidad Autönoma Metropolitana, die Universidad Iberoameri- Sichtbar suchte Mexiko mit der neuen Wende der Modernisie- cana, die Universidad Lassalle, die Universidad de las Americas rung sein Image unter den weniger entwickelten Staaten zu ver- und die Universidad de Anähuac. Bei den letztgenannten vier bessern und trachtete danach , einen nicht zu unbedeutenden Fällen handelt es sich um private Universitäten, die als sehr eli- Platz im Konzert der entwickelten Industriestaaten dieser Welt tär und (offiziell) katholisch gelten. Vereinzelt haben

einzunehmen. Die allgemeine Euphorie, die aus der nunmehr Psychoanalytiker Stellen inne, vor allem solche, die auf Fami- vergleichsweise stabilen und guten wirtschaftlichen Lage resul- lientherapie ausgerichtet sind. In allen erwähnten Universitäten tierte , begünstigte auch die Einrichtung neuer Lehrstühle wie liche Rolle10 ; der Be- , spielt die Psychoanalyse keine maßgeb zum Beispiel den für der Erich Medizinische Psychologie", haviorismus und verschiedenste psychologisch-psychothera- Fromm 1951 angeboten wurde. peutische Richtungen eklektischer und humanistischer Art be- herrschen das Feld. Die Jesuiten in der Universidad Iberoameri- Die Geschichte des Landes zeigte in den darauff ' olgenden Jahren, cana etwa räumen der Theorie Carl Rogers großen Raum ein.

daß sich substantiell nichts geändert hatte. Ganz im Gegenteil: Dasselbe kann man auch über die Facultad de Psicologia [Fa- Gerade in diesem so hoffnungsvoll begonnenen Jahrzehnt be- kultät für Psychologie] an der Universidad ITESO der Jesuiten in gann Mexikos Abstieg zu einem offensichtlich unterentwickel- Guadalajara sagen. ten Land. In dieser sechsjährigen Regierungszeit von Miguel Alemän nahm die übliche Korruption in der Bürokratie und Ad- Dies scheint mir nicht unerklärlich zu sein; denn sich mit Freud

ministration zu und erreichte skandalöse Ausmaße. Aus Protest zu befassen wäre für sie vermutlich zu bedrohlich. So tolerieren warfen die von ihm gehätschelten Studenten nur wenige Jahre sie höchstens einige abgemilderte Formen der Psychotherapie. nach Ablauf seiner Regierungszeit wütend eine riesige Statue Gerechterweise sollten zwei Hochschullehrer und Psychoanaly- tiker - Enrique Torres Acevedo und Manuel Fernändez Villa- 106 S 960 und 1990 (mit o z.B. Loyola 1988. nueva - erwähnt werden, die sich zwischen 1 107 Etwa um diese Zeit herum hatte der spanische Psychiater Fede-

rico Pascual del Roncal (ein Reischach- Spezialist, der in Madrid bei Lafora und in Prag bei Haskovec studiert hatte) an derselben l08 Vielleicht sollte man noch den Argentinier Enrique Guinsberg Fakultät einen Lehrstuhl für Psychotherapie inne. Seine hervorheben. Er arbeitet an der Universidad Metropolitana-Xo- Einstellung Sigmund und Anna Freud gegenüber war offen: aller- chimilco, wo er bis jetzt 2 Nummern der Zeitschrift Subjectivi- dings hatte er sich nie intensiv in das Studium der Psychoanaly- dad y Cultura veröffentlicht hat. Sonst hat die Psychoanalyse nur se vertieft, obwohl ihm seine deutschen Sprachkenntnisse dies verkleidet als Familientherapie" beträchtliche Bedeutung

leicht gemacht hätten. gewonnen.

74 75 einigen Unterbrechungen) sehr um die Verbreitung und Aner- Zur Kritik an der APM und den späteren Entwick- kennung der Psychoanalyse verdient gemacht haben. lungen: Die Gründung des Mexikanischen Psycho- dere An dieser Stelle muß man auf das geistige und kulturelle Milieu analytischen Kreises (CPM) 1971 und an

Mexikos in den fünfziger Jahren näher eingehen und herausstel- Vereinigungen. len, daß es hier eine bemerkenswert liberale Atmosphäre, vor allem in der zweiten Hälfte der fünften Dekade 1967 interessierte sich Jaime Cardena, der zuerst ein Spezialist , gab. Sie erlaubte für Gastroenterologie war. für die Gruppe der Fromm-Anhänger. es zwei politischen kubanischen Asylanten, dem jungen Rechtsanwalt Fidel Castro und dem aus Argentinien stam- Für zwei oder drei Jahre arbeitete er mit ihnen zusammen; menden Arzt Ernesto Ch6" Guevara danach verließ er allerdings enttäuscht110 die Gruppe und , in den fünfziger Jahren auf mexikanischem Boden ihre Rückkehr nach Kuba und den Sturz begann eine regelrechte Ausbildung bei der APM. Sein Lehrana- des Diktators Fulgencio Battista vorzubereiten lytiker war Santiago Ramirez und sein Supervisionsanalytiker , wodurch sie be- kanntlich an die Macht kamen und ein sozialistisches Avelino Gonzalez, beides Schlüsselfiguren der Psychoanalyse- , marxi- Geschichte in Mexiko. Nach einigen Jahren wandelte er sich stisch-leninistisches Regime in Kuba errichten konnten. Man zum hartnäckigen Kritiker des begrenzten geistigen Horizonts kann nicht genug würdigen, wie das liberale Mexiko mit groß- zügiger und echter Toleranz diese Revolutionäre aufnahm und der Gruppe und einer gewissen nicht zu übersehenden Or- deut- ihnen Asyl bot - genau wie es dies in früheren Jahren mit den thodoxie (um nicht zu sagen Verkalktheit), die sich immer vor Franco geflüchteten Spaniern und mit dem vor Stalin geflo- licher in der APM zeigte. 109 henen Trotzki getan hatte. Es waren dieselben Probleme, die einige Jahre später seinen Lchranalytiker und seinen Supervisor die APM verlassen lie- ßen. Cärdenas stellte - in einem Gespräch mit Elena Poniatows- ka in der Zeitschrift Siempre, Anfang 1967 - unmißverständ- lich fest: Die Psychoanalyse ist versteinert, ist völlig zum Stocken gekommen (...), ja, sie ist sogar verfault, korrum-

Der damalige Präsident Lazaro Cärdenas hatte sein Land " politi- piert. Anfangs halte Cardena APM-intern sehr kritisch das schen Flüchtlingen geöffnet und auch der Einreise Trotzkis zuge- stimmt . Thema der Gegenühertragung behandelt, womit er sichtlich So kam dieser am 10. Januar 1937 in Tampico an. Er fiel bekanntlich einem von Stalin in Auftrag gegebenen feigen einer genuinen Freudschen Idee folgte. Aber mit seiner Nei- Mordanschlag am 21. August 1940 in Coyoacän (in der Umge- gung, die Gegenübertragung zu öffnen" (d.h. seine Gegen- bung Mexico-Cilys) zum Opfer. Sein Mörder hieß Ramön Mer- eader. Die KP Mexikos stand zu jener Zeit völlig unter dem Ein- übertragung seinem Analysanden zu kommunizieren, hatte er Heterodoxie fluß Moskaus (mit Ausnahme von Herman Laborde und Valentin sich an den Rand einer kaum noch akzeptierbaren

Campa); einige Monate vor dem Attentat war bereits der Maler David Alfaro Siqueiros an einem erfolglosen Versuch beteiligt gewesen, Trotzki umzubringen. Damals schrieb der Präsident La- zaro Cärdenas scharfsinnig in sein Ta 110 In einem Brief vom 21. Mai 1967 von Armando Suärez an den gebuch: Die Autor (RPO) heißt es über die Enttäuschung Cärdenas: .. vor 3 Kommunisten, die mit dem Stalin-Regime sympathisieren, be- Wochen, endlich, habe ich einen Termin mit Dr. C [..] verein- haupten, daß die Verteidigung von Trotzki nur der imperialisti- bart; nach zwei, drei Jahren Arbeit mit ihnen [den Frommianem, schen Bourgeoisie nützt. Nein. Im Gegenteil, so wird die Revo- RPO] hat er sich angesichts des absoluten Fehlens an lution in ihrer Quintessenz verteidigt" (zit. in n. Adolfo Gilly, einem Artikel betitelt Natalia psychoanalytischer Technik völlig enttäuscht von ihnen abge- , in der Zeitung La Jornada", 22. August 1990). wandt."

76 77 llen Tra- gestellt. In einer Sitzung der APM (am 18. März 1965) be- Seminare über psychoanalytische Technik. Der sinnvo richtete er einmal über einen klinischen Fall mit dem Titel dition folgend, immer Kontakte mit anderen Disziplinen zu su-

Letargo, aufrechtzuerhalten, konnte der CPM zu seinen Dozen- sueno y despertar en la contransferencia", bei der er chen und außer klinischen Belegen auch seine Einstellung deutlich ten auch bald Philosophen (wie Carlos Pereyra), Literaten (wie

werden ließ, die ganz im Geiste Freuds steht berto Jime- , der am 6. Oktober Tomas Segovia und Religionssoziologen (wie Gil 1910 an Ferenczi schrieb: Ganz richtig, es war Schwäche von nez) zählen.

mir, ich bin auch nicht jener ps.a Übermensch , den wir konstru-

iert haben, habe auch die Gegenübertragg nicht überwun- den."lll Die Sociedad Psicoanah'tica Mexicana (SPM) - die Fromm-Schule" Die Kritiken Cardenas am psychoanalytischen Establishment und dessen begrenztem intellektuellem Interesse erregten da- Erich Fromm, Enkel und Urenkel von Rabbinern, wurde am 23. mals auch meine Aufmerksamkeit ing , worauf ich meinerseits Ar- März 1900 in Frankfurt am Main geboren. Von Frankfurt g

mando Suärez vorschlug, sich mit ihm in Kontakt zu setzen dort nach New York. In New York . Der er nach Heidelberg und von gerade ins Leben gerufene CPM, dessen Gründer ja Suärez und arbeitete er erst in der Gruppe um Karen Homey mit und zählte ich gewesen waren Er , entdeckte mehr und mehr Gemeinsamkeiten dann zu den Grundern des William-Alanson-White-Instituts. mit Cardena und so begann eine enge Zusammenarbeit zwischen kam nach Mexiko auf der Flucht vor der New Yorker Kälte und in dieser Gruppe und dem APM-Dissidenten. Diese Geschichte der Hoffnung auf eine gesundheitliche Stabilisierung seiner scheint dem unheilvollen Schicksal" nur allzu gut zu folgen, zweiten Frau, Henny Gurland (die an Arth r itis litt) in dem von das Roustang für die unvermeidbare Regel in allen psychoanaly- einem milden Klima begünstigten Badeort San Jose Purüa. Als tischen Gruppen hält; sie fand ihr Ende aber mit dem Abbruch der einheimische Psychiater Raul Gonzalez Enriquez von dem der Beziehungen zwischen Cardena und Suär ez . Damit verlor Aufenthalt Fromms in Mexiko erfuhr, knüpfte er schnell erste

der CPM einen sehr kreativen Mitarbeiter. Kontakte zu dem damals schon sehr bekannten Emigranten an. Das war gegen Ende 1950. Gonzalez hatte seinerseits diesen Kurz danach - etwa um 1972 - übernahmen mehrere Mitglieder Hinweis von Abraham Portes, Jose Sozaya und Jose F. Dfaz be- der APM Lehrfunktionen im CPM: Santi Celia kommen; die beiden letztgenannten waren angesehene und ein- ago Ramfrez, Dfaz, Isabel Dfaz Portillo , flußreiche Wissenschaftler an der Universidad Nacional Enrique Guarner. Auch Marie Langer, Ignacio Maldonado und Armando Bauleo arbeiteten , nachdem (UNAM) und besonders auf das Gebiet der Psychohygiene (Men- sie aus der Asociaciön Psicoanalüica Argentina (APA) und der tal Hygiene) spezialisiert. Das alles führte dazu, daß Fromm er- IPV ausgetreten waren , mit dem CPM zusammen. Auch ich habe staunlich schnell nach seiner Einreise das außergewöhnliche damals versucht, dazu beizutragen; von 1970 bis 1981 hielt ich Angebot bekam, zum Professor extraordinarius für Medizi- nische Psychologie an der medizinischen Fakultät der UNAM ernannt zu werden. Ab 1951 begann dann mit einer gewissen

111 Zit. n. Jones, 1962/1984 , Bd. 2, S. 106. Lässigkeit und Inkonsequenz - wie es bei allen wegbereitenden Einer der Faktoren, die die Beziehungen zwischen den beiden trübten , war die Tatsache, daß sich Lilia Meza (die erste Frau Gruppen in der Geschichte der Psychoanalyse der Fall ist - die Armando Suärez*) in Analyse bei Jaime Cardena befand. Un- psychoanalytische Ausbildung in Mexiko.

glückselige Konstellationen wie diese bringen fast immer uner-

wünschte Folgen mit sich. In diesem Fall konnte ich persönlich Ich habe keine Informationen, um adäquat beurteilen zu können, Zeuge einiger dieser Konflikte werden.

78 79 llschaftskritik sowie einer ob und wieviel diese erste Gruppe von Schülern, Anhängern und war und auf einer expliziten Gese Mitarbeitern Fromms , über die frühe ideologische Phase des quasi angeborenen grundsätzlich atheistischen Einstellung ba- "

deutsch-jüdischen Soziologen wirklich wußten. Bekanntlich sierte, eine revidierte psychoanalytische Libidolheorie ge-

hatte der junge Fromm enge Beziehungen zum Frankfurter Insti- genüberstellen, die religiöse Elemente (die wiederum in

tut für Sozialforschung, das später als Frankfurter Schule Einklang mit der mexikanischen Idiosynkrasie standen) bein- weltbekannt wurde und bei dem erstens eine klare marxistische haltete und die in idealistischer Weise (sowohl im philosophi- , Arme weit der revolutionäre Einstellung sichtbar war und zweitens ein ganz schen Sinne als auch im Alltagsverständnis) ihre

charakteristisches Offensein für andere Wissensgebiete. Die be- Menschheit öffnet.

kanntesten Vertreter der Frankfurter Schule waren zweifellos Ad- orno und Horkheimer. Diese Revision" nannte sich bald selbst humanistische Psy-

" " choanalyse . In der dezidierten Meinung eines der Wachhunde

Zwischen 1947 und 1952 gab es eine Gruppe, die durch Fromm der Orthodoxie, Otto Fenichel, war Fromms Psychoanalyse

eine Möglichkeit sah, sich als Psychoanalytiker auszubilden zu (...) gewiß nicht korrekt", ja man erstreckte diese Kritik sogar f in den Idealismus lassen und damit der Macht und dem Einfluß der wachsenden auf seine Soziologie, der Fenichel vorwar ,

APM zu begegnen. Es handelte sich um eine Gruppe von Ärzten abzugleiten und bestimmte grundlegende Tatsachen zu ignoric-

"115 ren . (unter ihnen Aniceto Aramoni, Jorge Derbez, Arturo Higareda,

, Raul Gonzälez Enriquez Armando Hinojosa, Jorge Velasco Al-

zaga, Alfonso Millän und Guillermo Dävila). Sie hatten entwe- Fromm war aber immer seinem Namen treu. Bis zum Ende seines ins Lebens blieb er ein religiöser, ein frommer Mensch, ein Mysti- der kein Interesse oder keine explizite Möglichkeit, Ausland zu gehen und dort in einer der bekannten Zentren eine ker, der von dem großen Meister Eckhart geprägt war. Dagegen psychoanalytische Ausbildung zu beginnen. So begann der sah sich der Gründer der Psychoanalyse als unverbesserlichen

Kampf um die Macht, begann die Auseinandersetzung um das Atheist. Daher stellt Peter Gay in seinem Büchlein Ein

Freudsche Erbe in Mexiko. d gerade Es gibt sehr wenige Disziplinen, in gottloser Jude die sehr interessante These auf, daß Freu

denen so bittere Konflikte und Kämpfe stattgefunden haben. Im- deshalb zum Psychoanalytiker wurde, weil er vor allem ein merhin ist das Problem , das Freud seinen Nachfolgern hinter- Atheist war116.

lassen hat, eines der am intensivsten untersuchten"-'. Es gab in Mexiko aber auch Kritik an Fromm. Der spanische

Die Gruppe, die sich Ende des Jahres 1956 als Sociedad Psico- (später in Mexiko eingebürgerte) Psychoanalytiker Armando

analüica Mexicana institutionalisierte" bzw. im März 1963 Suärez schrieb ebenso fundierte wie vernichtende Artikel, in als Institute Mexicano de Psicoanälisis firmierte , vertrat einen denen er aufzeigte, daß das Bild, das Fromm in seinen Schriften haft- speziellen Revisionismus. Sie wollte der Freudschen Psycho- von Freud vermittelte, nicht nur ungenau und unwissensc analyse, die ganz wesentlich auf der Libidolheorie begründet 115 Otto Fenichel zit. n. Funk 1987, S. 144-147; s.a. Fenichel , 1980. 3 Außer auf die kl assische Arbeit von Roustang ist etwa auf die 116 Vgl. Gay 1988, S. 51, wo es heißt: (...) ich brauche nicht her- neueren Veröffentlichungen von Helmut Junker (Freud in den vorzuheben, daß Freud Atheist war, bevor er Psychoanalytiker Freudianern , 1991) und auch von Manfred Pohlen und M. Bautz- wurde. Zeigen möchte ich, daß er großenteils Psychoanalytiker " Holzherr (Eine andere Aufklärung: Das Freudsche Subjekt in der wurde, weil er Atheist war . Ähnliches hat übrigens vor kurzem

Analyse, 1991) hinzuweisen. Fran9oise Dolto in ihrem letzten Buch formuliert (vgl. Dolto 114 Nach Derbez in Millän 1982 , S. 32. 1992).

80 81 differenzierte Betrachtung verdie- lieh, sondern geradezu schlampig und deutlich ideologisch war, gen war (1968-1980), eine icht leisten können. um es milde auszudrücken117. Alle diese Kritiken (Fenichel nen, die wir aber an dieser Stelle n , Marcuse, Suärez und meine eigene) beziehen sich nicht - das muß fairerweise gesagt werden - auf den jungen Fromm während Wenn wir hier Fromm mit relativer Ausführlichkeit behandelt

" seiner Frankfurter Zeit, sondern auf den mittleren Fromm, der haben, dann deshalb, weil er lange Zeit in Mexiko lebte und ar- beitete und weil man seinen enormen Einfluß allein daran sehen in Amerika (1934-1949) und in Mexiko (1950-1967) lebte. Zweifellos würde der alte Fromm kann, daß er hier eine Schule hinterließ, die immer noch exi- , der nach Europa zurückgegan- stiert.

Vgl. Suärez 1972. Zuvor hatte Suärez die Unterstützung und Pro- Die Sociedad Mexicana de Psicoanälisis (SMP) beginnt 1964 tektion E r ich Fromms gesucht. Damals schrieb er: Fromm war mit der Publikation einer Zeitsch r ift, der Revista de Psicoanäli- wirklich bezaubernd. Er zeigte sich bereit, mir in allem zu die 'X' bei mir sis, Psicologia y Psiquiatria. Zehn Jahre und 14 Hefte später helfen. Er hat alle die Befürchtungen ausgeräumt,

hervorzurufen gehofft hatte. Er zeigte sich sehr interessiert an wurde diese Zeitschrift 1974 eingestellt (eine für lateinamerika-

meinen theologischen Studien, da er immer noch starkes Inter- nische Verhältnisse lange Zeit des Bestehens). Die Revista war esse an religiösen Themen hatte. Wir haben lange über diese Sa-

- , chen gesprochen und er sagte mir, er würde mich anrufen [...]. obwohl eigentlich ein Organ der Frommschen Gruppe - offen Es schien mir viel weniger ein Aufschneider und falscher Prophet für Beiträge anderer und ganz unterschiedlicher Richtungen, so "

zu sein als seine Anhänger. Ich kann mir vorstellen daß hier , daß wir in ihr nicht nur Artikel von Fromm und seinen Schülern, Suärez auf einige Psychoanalytiker anspielt, die er erst vor ' kurzem kennengelernt hatte und nicht über die engeren Freunde zum Beispiel Jorge Silva Garci a und Aniceto Aramoni, finden, Fromms spricht, die an einem Zusammentreffen von Suärez und sondern auch von anderen Analytikern und Therapeuten, wie

Fromm teilgenommen hatten [RPO], - [Fromm scheint ..] viel offener und klüger als die Mehrzahl der bekannten Psychoanaly- Igor Caruso, Annelise Heigl-Evers, Kurt Goldstein, Fritz Rie- er ist kein Feind tiker zu sein. Ich glaube, , vor dem man Angst mann und dem Psychiater Henry Ey. haben muß, und er kann sicher ein guter Freund sein" (Brief von

Armando Suärez an Raul Päramo-Ortega vom 26. Dez. 1964). - Weniger als zwei Jahre später schrieb Suärez (in einem Brief an Die Ausbildung geschah und geschieht im Instituto Mexicano

Raul Päramo-Ortega vom 20. Febr. 1966): Diese Entdeckung de Psicoanälisis (IMP), einem Zweig der SMP. Dort haben bis [die Notwendigkeit einer Praxis als Korrektiv der theoretischen Ende 1990 99 Psychoanalytiker ihre Ausbildung absolviert. Es Überlegungen, RPO] hat mich ein bißchen mit Fromm versöhnt , gibt ein für die Ausbildung verantwortliches Kollegium von 19 mit dem ich vorgestern in seiner Villa in Cuemavaca zwei Stun- 1 1 Q

1 . den lang und noch ein bißchen mehr gesprochen habe. Er ist ein aktiven Dozenten und Supervisoren sehr angenehmer Gesprächspartner und ein bißchen flexibler als

Marcuse [Herbert Marcuse, RPO], den er als Zyniker bezeichnet " Allerdings darf nicht darüber hinweggesehen werden, daß die (...) . Herbert Marcuse seinerseits hat - vermutlich ohne die Meinung Fromms über sich zu kennen - die Ethik die Fromm Daten über die Anzahl ausgebildeter, neuer Psychoanalytiker , vertrat, energisch kritisiert und als idealistisch charakterisiert niemals ein adäquates Bild der Vitalität einer wissenschaftli- ( Fromm ruft all die altehrwürdigen Werte der idealistischen Ethik wieder ins Leben chen Vereinigung wiedergeben können. Denn der Stolz oder , als hätte noch nie jemand ihre konfor-

mistischen und repressiven Züge aufgewiesen. Er sp r icht von der Ehrgeiz, mit dem die psychoanalytischen Vereinigungen (im produktiven Verwirklichung der Persönlichkeit, von Fürsorge, Plural) die quantitativen", numerischen" Aspekte ihrer Orga- Verantwortung und Respekt vor den Mitmenschen, von produk- nisation hervorheben, muß uns auch daran erinnern, daß fast tiver Liebe und Glück - als könnte der Mensch tatsächlich all das in einer Gesellschaft ausüben alle mehr in die institutionelle Reproduktion der Basis investie- , die Fromm selbst als völlig 'entfremdet' und von den Konsum-Beziehungen des 'Markts' be-

herrscht darstellt - und dabei geistig gesund und voller 'Wohl- ' 118 Silva Garci'a 1988. gefühl bleiben.", Marcuse, zit. in Funk 1987, S. 147). ,

82 83 ren als in qualitative, inhaltliche Verbesserungen. Tatsächlich Hauptanteil an der Gründung des CPM hatten indes zwei Leute -

kann man auf Analytiker treffen, die funktionale Analphabeten ein Vertreter der nichtmedizinischen Professionen, der Ex-Do- 119 sind. Logischerweise sind wissenschaftliche Produktion und minikaner Armande Suärez, und der Arzt Raul Päramo . Die Sozialkritik als essentielle Elemente der Psychoanalyse in Me- Dominanz des Nicht-Arztes" war der Grund für die späteren suk- xiko sehr prekär - und das gilt für alle psychoanalytischen zessiven Brüche mit den vier Ärzten, die eine wesentliche Rolle Gruppierungen ohne Ausnahme. für die Weiterentwicklung spielten: Jaime Cardena, A r turo Fern- ändez Cerdeno, Raul Päramo-Ortega und Luis Moreno Canale- womit ich Ich habe gerade das Wort Gruppierungen" benutzt, jas120. deren darauf hinweisen möchte, daß es unter ihnen einige gibt,

Seriosität man mit Fug und Recht anzweifeln darf, auch wenn sie eine wie auch immer gea r tete psychoanalytische Ausbildung" 119 Der CPM der ersten Phase hatte auch die Unterstützung A r turo anbieten. Es ist eine altbekannte Tatsache , daß immer wieder in Femändez Cerdenos, Ana Maria Brugmanns und des schon häu- in denen figer erwähnten Jaime Cardenas. Später finden wir in der ersten mexikanischen Zeitungen Anzeigen zu f inden sind, Gruppe der Kandidaten Luis Moreno Canalejas, Patricia Esca- eine Spezialisierung in Psychoanalyse und Psychotherapie" lante, Jaime de Leon, Magda Franco, Fernando Gonzalez, Minda angeboten wird, wobei in der gleichen Anzeige auch Kurse in Marin, Lilia Meza und Ana Maria Martmez. Nicht vergessen sollte man auch die beiden Argentinier Diego und Giliü Garcfa Entspannung und Hypnose" feilgeboten werden. (Für Interes- Reynoso, die später als Lehrende die CPM unterstützt haben. sierte ist immer eine Telefonnummer angegeben.) Das alles 120 (In der chronologischen Reihenfolge ihres Ausscheidens.) Ein distan- steht natürlich in krassen Gegensatz zu der reservie r ten, psychoanalytischer Beobachter, der vielleicht etwas sehr eifrig zierten Haltung, die Freud gerade in Fragen der Öffentlichkeit seiner Arbeit nachgeht, könnte sich auch zu der Überlegung verfüh r t fühlen, was aus der Tatsache abzuleiten wäre, daß der und Werbung übte. Freud wollte nicht salonfähig werden und biologische Vater des erwähnten Armande Suärez gerade ein auch nicht ständig im Rampenlicht stehen. Er wußte, daß die (spanischer) Arzt war, der sich erst - nach einigem Zögern - schließlich entschloß, die Vaterschaft seines illegalen" Sohnes Psychoanalyse eine Gegenströmung" bleiben mußte, wenn sie anzunehmen. Vermutlich aus einer Protesthaltung heraus hätte Psychoanalyse bleiben wollte. dann Suärez erst den Weg des mönchischen Leben bei den Dominikanern gewählt und später, als er schon verheiratet und als Psychoanalytiker tätig war, darauf verzichtet, Kinder, die durch Wollust gezeugt werden" zu haben - wie man in kirchli- Der Circulo Psicoanalitico Mexicano (CPM) cher Terminologie sagt. - Suärez, geboren 1928 in Spanien (die mexikanische Staatsbürgerschaft nahm er erst einige Jahre vor Der Circulo Psicoanalitico Mexicano (CPM) darf zu seinen hi- seinem Tode an), hat zweifellos einen großen Beitrag für die Psychoanalyse in Mexiko geleistet, schon allein dadurch, daß storischen Verdiensten zählen zusammen mit der Asociacion , er es durch seinen Einfluß möglich machte, daß einige wichtige Mexicana de Psicoterapia Psicoanalitico (AMPP) dazu beigetra- psychoanalytische Werke in Mexiko bei den Verlagen Siglo XX gen zu haben, daß der medizinischen Hegemonie in der Psycho- und Fondo de Cultura Econömica erscheinen konnten. Daher schrieb auch sein Freund, der Schriftsteller Jose Maria Perez analyse ein Ende gesetzt wurde. Mit der Zeit wurde der Circulo Garay in seinem Nachruf (1988): Viel von dem, was die Psy- und dies in einem sogar eine richtige Bastion der Psychologen, choanalyse in Mexiko ist und anbietet, ist nur dank seiner Leitung und Arbeit möglich geworden" (Eine Übersicht über Maße, daß die Ärzte heute praktisch ausgeschlossen sind. Diese seine Schriften, zusammengestellt von Juan Diego Castillo, Tatsache hat kaum etwas mit den mehr oder weniger wissen- kann man in Nr. 5-6 der Cuademos del Area Clmica" [die Zeit- schaftlichen Diskussionen hinsichtlich der Laienanalyse" zu schrift der Psychologiefakultät in der Universidad Autönoma de Nuevo Leon] finden. Diese Nummer wurde von Rodolfo Alvarez tun, sondern eher mit den geheimen unbewußten Strömungen, del Castillo und dem Circulo Psicoanalitico Mexicano koor-

. Den die von Generation zu Generation weitergegeben werden diniert.

84 85 sehen Wissenschaft, die von sich selbst sagt, ein Teil der Psy- Auch mit dem Arzt Santiago Ramfrez, der ein besonders in den Anfangsjahren des CPM sehr engagierter Mitarbeiter gewesen choanalyse zu sein - dies hat eine sehr empfindsame Saite ange- " war, gab es spürbare Meinungsverschiedenheiten und Probleme rührt . ,

die indes nicht zu einem ernsten Bruch führten). Dem CPM ge-

lang es bald, sich so zu etablieren, daß er zu einer ernstzuneh- Diese Hypothese von Ramön Parres mag durch andere Indizien menden Alternative für alle aus der Geschichte der Psychoanalyse in Mexiko gestützt wer- , insbesondere für die Nicht-Ärzte , den: Wenn man es nüchtern betrachtet, kommt man nicht um- wurde, eine psychoanalytische Ausbildung zu erlangen. Unter hin, festzustellen, daß sich tatsächlich die Einflußnahme ver- seinen Mitgliedern fanden sich z.B. Ma r ia Antonieta Torres Anas, Jaime de Leon schiedener psychoanalytischer Strömungen, die sich in Mexiko , Lore Aresti und David Ayala. Der CPM hatte um die Jahreswende 1990/91 74 Kandidaten in psychoana- etablierten, über den schon erwähnten Fall Fromms hinaus, im- lytischer Ausbildung und 15 Mitglieder als aktive Dozen- mer auf Ausländer zurückführen läßt. Genauer gesagt: an führen- ten.lzl Seit 1987 gibt es in Guadalajara eine Zweigstelle des der Stelle der jeweils neuen psychoanalytischen Strömungen ist CPM, die von zwei Schülern Armando Suärez' geleitet wird: Fer- nie ein Mexikaner, sondern immer ein Ausländer zu finden ge- wesen. So verhielt es sich z.B. bei den Lacanianem mit Nestor nando Gonzalez und Juan Diego Castillo. Braunstein (einem Argentinier). Der in der Öffentlichkeit nicht unbeobachtet gebliebene Skandal um den katholischen belgi- Die APM und die Rolle der Immigranten schen Priester Gregorio Lemercier förderte indirekt die psycho- analytische Bewegung ä la Freud. Im Fall des Circulo Psicoana- Zumindest in einer ersten Etappe war die kulturelle und soziale Utico Mexicano schließlich war mit Armando Suärez Gömez ein

. Nach der Version Spanier die Schlüsselfigur. Und wiederum auch nicht aus Mexi- Konstellation für Fromm sehr günstig , die die Psychoanalytiker der APM Ramön Parres und Santiago Ramf- ko stammte die Frau, die einige Ideen der französischen psycho- rez122 analytischen Bewegung (mittels ihrer Zeitschrift Trabajos del verbreiten, befürchteten diejenigen, die nicht ins Aus- Psicoanahsis) in Mexiko bekannt machte, die Argentinierin land gegangen waren, den Anschluß an die Fortschritte und Wei- Silvia Bleichmar, die sich sehr aktiv in der Kinderpsychoanaly- terentwicklungen der Psychoanalyse zu verpassen, weshalb sie se und in der Gruppentherapie engagierte. (Sie gründete 1982 Fromm importierten" (Parres). Da r in wiederholte sich auf sub- tile Art die mexikanische Geschichte ein weiteres Mal - wie zusammen mit Carlos Schenquerman die Escuela Interdisciplina- Ramön Parres weiter ausführt: die Conquistadores sprachen eine ria de Aprendizaje y Comunicaciön, - etwa: Interdisziplinäre Schule für Lernen und Kommunikation"). fremde Sprache (das Spanische); die Sprache der Mächtigeren, der Götter; davon fühlten sich die Mexikaner sehr beeindruckt; Schließlich wären auch die Ergebnisse der Familienpsychothe- danach kam die Kirche und sprach Latein (...). Und nun kommt rapie undenkbar gewesen ohne die Arbeit des Argentiniers Ig- das Englische, mit einer sogenannt ethisch-religiös-humanisti- nacio Maldonado, der das Instituto Latinoamericano para la Edu- caeiön de la Familia (ILEF)1 gegründet hatte. In den letzten Im Juli 1992 erlitt der CPM wieder einmal einen folgenschweren Jahren war viel von den argentinischen Psychoanalytikern Bruch. Maria Antonieta Torres Anas Octavio Chaizo und sieben , Norberto M. Bleichmar und Celia Leibermann de Bleichmar zu

Kandidaten, die gerade ihre Ausbildung absolvieren, scheiden aus dem CPM aus. Zwei Dozenten (die aber nicht Mitglieder des

CPM) sind, Mara Lamadrid und Raymundo Mier, unterstützen die das Revolte". 123 Nicht zu verwechseln mit dem Instituto de la Familia (IFAC), der Mexikaner Raymundo Macfas 1972 ins Leben gerufen hatte. Vgl. Santiago Ram f rez, 1966, S. 25.

86 87 lesen und in der Öffentlichkeit zu hören. Gemeinsam haben sie Im Kampf um Patienten und Arbeitsstellen war eine neue Identi- ein Buch mit dem Titel El psicoanaKsis despues de Freud - Teo- tät für sie günstig, die sich darin ausdrückte, Vertreter einer r ia y clinica herausgegeben und ein anderes mit dem Titel modernen" Therapierichtung und Ideologie, das heißt also, der

Actualizaciones en psicoanaKsis, in dem sie 104 zentrale psy- Modernität per se zu sein. So kam es dazu, daß Lacananhänger

choanalytische Artikel spanischer, französischer und engli- in weniger als einem Jahrzehnt viele Schlüsselpositionen in

scher Sprache zusammenfassen; weitere 750 andere zentrale Verlagen, Krankenhäusern und Universitäten besetzten. Ihre

"

Aufsätze finden kurze Erwähnung. Praxen waren gerammelt voll, ohne daß dies in vernünftiger Relation zu ihrer professionellen Solidität und Seriosität stand. Vom Ende der sechziger Jahre an bis Anfang der achtziger Jahre waren es aber nicht nur Leute aus Buenos Aires die sich in Me- Andererseits ist es wichtig festzuhalten, daß die Theorie Lacans ,

xiko nach einer Klientel für ihre Praxis umsahen oder auf der Su- diesen Leuten eine Form von Psychoanalyse anbot, die poli-

che nach Schülern betätigten. Es gab auch das interessante Phä- tisch eher neutral war. Sozusagen eine Psychoanalyse von ge- nomen zu beobachten ine sehr , daß immer wieder vereinzelt Leute aus der ringerem subversivem Potential: eine, die sich durch e BRD, der Schweiz Struktu- , Frankreich, Belgien oder den Niederlanden viel weniger scharfe Kritik der politischen und sozialen nach Mexiko kamen und ihren Aufenthalt dort opportunistisch ren auszeichnete, eine, der ihr aufrührerisches, gesellschafts- ausnutzten , um eine psychoanalytische Ausbildung zu erhalten kritisches Potential verloren gegangen ist. Diese Lacaniani- - womit sie vermieden, die komplizierten akademischen Vor- sche Welt schien ihnen die nicht uninteressante, nicht unwich-

aussetzungen oder rigiden Einführungsriten ihrer jeweiligen tige Aussicht zu eröffnen, in zweifacher Hinsicht Konflikten

Heimatländer erfüllen zu müssen. Alle wurden von den mexika- aus dem Wege gehen zu können, nämlich aus psychoanalyti- nischen Kollegen mit offenen Armen aufgenommen. scher Sicht kritische Gedanken über ihr Gastgeberland (Mexi- ko) und solche über die politischen Wirren ihrer Heimatländer Ein Asylant zu sein bedeutete in so manchen Fällen , auch die zu- (Argentinien, Uruguay) zu vermeiden. Konsequenterweise hat ls sätzliche Bürde zu tragen, sein eigenes Land verlassen und dort also unser Staat viel weniger Bedenken gegen Lacanianer a

einige leidvolle Erfahrungen, sehr persönliche Brüche" nicht gegen Freudianer.

verarbeitet zu haben. Die große Mehrheit der Asylanten kam aus Argentinien, einige wenige waren auch aus Uruguay emigriert. Die Lacanianer, die in der Mehrheit argentinischer Nationalität waren, f inden sich heute vor allem im Kreis um die Escuela La- Vor dem Hintergrund der ungeheuren Aufgabe, sowohl die ei- gene Vergangenheit und die leidvollen Erfahrungen aufzuar- caniana de Psicoandlisis A.C. (Mitglieder sind u.a. T. Bubrova,

beiten als auch sich in der Fremde eine neue Identität zu schaf- J. Martfnez Malo, M. Pasternac, Frido Saal, A. Sladogna, Mi- fen, neigten sie mehrheitlich dazu - , gerade das zu akzeptieren guel F. Sosa, Juan Carlos Pia) und um das Centro de Investiga und bald anzubieten , das als Modeerscheinung in ihrer neuen ciön y Estudios Psicoanalüicos (CIEP, 1980 gegründet125). In Heimat aktuell hoch im Kurs stand , und das war der Lacania- diesem Centro sind die beiden führenden Persönlichkeiten Da- nismus (womit zunächst noch keine grundsätzliche Wertung der niel Gerber und Nestor A. Braunstein. Der letztere, Leiter des In- ß Beiträge und der Schule Jacques Lacans formuliert sein soll). stituts seit seiner Gründung, kam 1975 nach Mexiko und geno schon damals überdurchschnittliches Prestige, dank seines her-

124 [Psychoanalyse nach Freud: Theorie und klinische Praxis] Er-

schienen bei Eleia Editores 1990. 125 Vgl. Braunstein 1989.

88 89 vorragenden Buches Psicologia, Ideologt'a y Sociedad , in klen" Text geht, der typischerweise selbstgefällig, elitär prä- dem er unter Mitarbeit von Marcelo Pasternac Lacanisieren"1-50 bezeichnet. , Frida Saal und sentiert wird, - spöttisch als Gloria Benedito eine erkenntnistheoretische Kritik des konven-

tionellen Psychologiediskurses unternimmt. Die Psychoanaly- In diesem Stil ist nichts festgelegt, alles ist irgendeiner se ist - epistemologisch - innerhalb des Historischen Materia- schönen" Interpretation" offen. Übrigens mußten sich auch

lismus angesiedelt. In seinen ersten Jahren in Mexiko konnte einige Mitglieder der APM schon schwere Vorwürfe gefallen Braunstein mit der wohlwollenden Förderung von Marie Langer lassen - sowohl von selten der Freudianer wie der Lacanianer - , benteuerlichen In- und Armando Suärez (vom CPM) rechnen. Aber schon wenige wenn sie sich auf solche leichtsinnigen und a 1 1 Jahre später brach er mit Armando Suärez und auch Marie Lan- terpretationen einließen . Die schwierige, langwierige und ger; sie, die übrigens ein Vorwort zu seinem Buch geschrieben geduldige Arbeit kann nun einmal nicht von schnell hingewor- hatte, ließ auch - zumindest privat - ihre weitere Unterstützung wegfallen. Anfangs hatte sich Braunstein als Freudianer darge- stellt; bald jedoch wird er zum Lacanianer und beginnt mit einer 130 Die Kritik an der Sprache Lacans ist nicht neu. Schon 1939 cha- rakterisierte in der Revue Fran aise de Psychanalyse (Vo) 11, S. intensiven publizistischen Tätigkeit beim Verlag Siglo XXI, 107-135) der Psychoanalytiker und Linguist Pichon Lacans Stil der viele Jahre hindurch von seinem Landsmann Reynaldo als hermetisch und unexakt" und beschrieb Lacan als von einem

Orfila geleitet wurde. Unter seinen Büchern (als Alleinautor oder Panzer" umgeben, der gleichzeitig aus dem Jargon einer Sekte und dem einer persönlichen Geziertheit bestand. Seine Werke als Herausgeber) muß man unbedingt die folgenden erwähnen: wurden dadurch verunstaltet" (zit. n. Celia Bertin 1989, S. 354). Psiquiatria, Teo r ia del Sujeto y Psicoanälisis (Hacia Lacan) sprach im gleichen Zusammenhang von Lacan " und A medio siglo de »El malestar en la cultura« de Sigmund als dem Verückten (ebda., S. 411). - Wir wollen für unsere Argumentation zwei Belege anführen: Projektion des Freud128 Schließlich veröffentlichte er 1989 Las Lecturas de Sachobjekts, schreckenerregend, flüssiger Nebel, nicht greif-

Lacan und ein Jahr später Goce. bare Klebrigkeit, die sich auflöst wie eine Luftspiegelung und von Nichtexistenz durchtränkt ist, von halluzinatorischem Wie in vielen anderen Ländern der Welt Glanz und gespenstisch der Grund des unzugänglichen Ge- , näherte sich der Lacan- dächtnisses. Folter, die sich im Ausschluß gründet, in dem, was iemals eins, niemals ho- Diskurs auch in Mexiko häufig dem, was in der Literatur unter sich im Raum des Gefolterten ergießt, n

" der Bezeichnung light poetry bekannt geworden ist. Bei Laca- mogen. (Jose Cueli, Medidas contra la tortura mexicana; in der Zeitung La Jornada", 26. Okt. 1990). Ku r ioserweise ist Josö nianischen Texten wird der Leser statt mit einer klaren Struktur Cueli ein prominentes Mitglied der APM. Daran sieht man, daß mit einem Text konfrontiert , bei dem er nicht weiß ob es sich das Lacanisieren kein Monopol der Lacanianer ist. Dem kann , te Autor überhaupt um einen wissenschaftlichen Essay handelt (den er man noch als bemerkenswert hinzufugen, daß der genann nicht versteht) oder vielmehr um etwas das wiedergegebene Zitat nicht in einem wissenschaftlichen wie die light poetry . Fachorgan geschrieben hat, sondern in einer Tageszeitung, die Von den Gegnern der Lacanschen Art , Ideen zu präsentieren, für ein ganz normales, allgemeines Publikum bestimmt ist. Ganz wird dies - besonders dann anders ist zweifellos das, was in der Nullnummer der Zeitschrift , wenn es sichtlich um einen dun- " Revista de Psicoterapia, Psicoanälisis y Psiquiat r ia geschrie- ben wurde: .Aus der Wiederholung des offensichtlich Iden- 126 Ers ich als chienen in Mexico-City bei Siglo XXI, 1975; das Buch war tischen erwächst die absolute Verschiedenheit, die s ein echter Verkaufserfolg und erlebte viele Nachauflagen. Wesenszug einträgt; zu diesem Zweck versetzt sich das Subjekt I27 [Psychiat r ie, Theo r ie des Subjekts und Psychoanalyse. - Nach in ein Universum von Bedeutungen." Dieser Abschnitt braucht

Lacan] Mexico: Siglo XXI, 1980. wohl nicht kommentiert zu werden. l2 [Ein halbes Jahrhundert »Das Unbeha B gen in der Kultur«] Me- 131 Siehe z. . die Äußerungen von Antonio Santamarfa in der Zei- 1981. " xico: Siglo XXI, tung La Jornada vom 24. Sept. 1989. Es bleibt allerdings die Nur unvollkommen zu übersetzen als leichte , seichte (Prosa-) Möglichkeit offen, daß sein Interviewpartner, die Journalistin Dichtung, prosa poetica). Araceli Hemändez, die Ausführungen Santamarias verzerrt hatte.

90 91 fenen Diskursen ersetzt werden. Das gilt nicht nur für die Thera- peutische Praxis im klassischen Sinne Der Psychoanalytiker Andres Alejandro Cuevas Sosa leitet mit , sondern auch für die Anwendung der Psychoanalyse als Methode auf dem Gebiet der großer Begeisterung das Centro de Invesügaciön en Psicoanäli-

Sozial Wissenschaften. sis y Psicoterapia. Seine Richtung ist explizit eklektisch. Von

ihm stammt das Buch Psicoanälisis en la vida cotidiana . Der CIEP ist das (akademische) Organ der Fundaciön Mexicana Dieses popularisierende Werk war ein beträchtlicher verlegeri- de Psicoanälisis. Diese Institution hat es in einem für Mexiko scher Erfolg. Wir müssen in diesem Zusammenhang auch das Centro PsicoanaUtico de Psicoterapia y Orientaciön A.C. er- ungewöhnlichen Ausmaße geschafft, kontinuierlich hohe Zu- wähnen, in dem sich Psychoanalytiker aus den verschiedensten wendungen aus staatlichen und privaten Quellen zu bekommen.

Es ist vielleicht angebracht, darauf hinzuweisen Richtungen und Schulen finden, unter ihnen die sehr aktive , daß wegen der eigenartigen Mentalität der Mexikaner diese Institution sicher- Cora Ann Dobbs de Fierro. lich nicht so viel Geld bekommen hätte , würde sie auf der Lehre eines Mexikaners aufbauen: Die Fundaciön Mexicana de Psico- Der Zuzug der aus Südamerika, insbesondere aus Argentinien, anälisis zwei und einander konträre Ef- , heißt es, ist eine Institution emigrierten Analytiker brachte , die sich - aufbauend auf der Lehre Lacans - der Anwendung der Psychoanalyse wid- fekte. Einerseits bewirkte er eine gewisse Erneuerung, ein " met 132 Das CIEP bietet den Erwerb des Magisterdiploms in durchaus erwünschtes Wiederaufleben der Psychoanalyse in Me- Psychotherapie (Maestria en Psicoterapia) an; eines seiner Ver- xiko, andererseits trug dies aber auch zu einem Boom mit kom- haltenden Ni- dienste - was ausdrücklich hervorgehoben werden sollte - ist merziellem Charakter bei, der einen bis heute an , hen Theorie und Praxis im daß es Angehö r igen der unteren Sozialschichten psychothera- veauverlust der psychoanalytisc peutische Behandlung ermöglicht. Lande verursachte.

Bald gab es in der Therapeutenszene so viele Opportunisten, daß hilfe- und ratsuchende Menschen, die natürlich über keine Die Sociedad Psicoanalitica de Mexico (APdeM) zuverlässigen Informationen oder vernünftige Kriterien verfüg- der und andere Gruppen. ten, Gefahr liefen, in die Hände irgendwelcher Scharlatane o Geschäftemacher zu fallen und im wahrsten Sinne des Wortes Die Sociedad Psicoanalitica de Mexico (APdeM) entstand im ausgebeutet zu werdenDahinter steht das allgemeine Pro- Juni 1972 mit der Abspaltung einer Gruppe von der Asociaciön

Psicoanalitica Mexicana. Ihre wichtigsten Säulen waren der ersten Nummer ihrer Zeitschrift, in der ihre Version erschien, Spanier Avelino Gonzälez und seine Schwester Amapola Gonza- folgende Sätze (vielleicht unbewußt auf sich selbst hinweisend): Gradiva, die blüht, wenn sie voranschreitet, (...) bewundert und lez de Gaytän. Es gibt indes in der Geschichte der psychoanaly- gefürchtet, erscheint wieder vollkommen entwickelt, um den " tischen Gruppierungen in Mexiko kaum eine Spaltung, die mehr Platz einzunehmen, der ihr mit Recht immer gehörte . Amapola Gonzälez de Gaytän wurde bald darauf Präsidentin der erst vor Verbitterung und Groll hervorgerufen hätte. kurzem gegründeten Sociedad Psicoanalitica de Mexico. l3 [Psychoanalyse im Alltag] 132 Vgl. Braunstein 1989. l3 Das geschah offensichtlich sowohl in Mexico-City wie in ande- den besten 133 Der interessierte Leser kann das in einer Darstellung der Vorfälle ren Provinzstädten. Einige junge Leute, die von Absichten erfüllt waren, aber keine adäquaten Informationen bei der schon erwähnten Amapola G. einer der de Gaytän (1980), über ihre Ausbilder hatten, wurden einfach benutzt, ja verheizt, zentralen Protagonisten, nachlesen (und wird sicherlich sehr

überrascht sein). Frau Dr. G. de Gaytän schrieb im Editorial zur in diesen, geradezu niederträchtigen Kämpfen von Gruppen. Es

92 93 136 blem der notwendigerweise staatlich zu fixierenden Regulierung worden ; seine Reputation wurde mit der Zeit immer größer, und Kontrolle der berufsmäßig betriebenen psychotherapeuti- so daß er sogar für die Kandidatur als Präsident der Asociaciön schen Praxis - für die in Mexiko zwar die Direcciön General de PsicoanaUtica Mexicana ins Gespräch gebracht wurde. Feder der, was sich nicht zu- Profesiones zuständig ist, die aber auch heule noch ein ungelö- war zweifellos eines der aktivsten Mitglie stes und unangenehmes Problem darstellt letzt auch in seiner breit angelegten Publikationstätigkeit aus- , dem man nur allzu gern ausweicht. druckte; dabei befaßte er sich immer wieder mit den Effektiven Faktoren von Empfängnis und Geburt. Dies nannte der Mexika-

' " Zwar hatte gegen Ende der sechziger Jahre der Psychiater Ramön ner preconceptologi a (also: die Lehre von der Zeit vor der Em- de la Fuente mit viel Mühe versucht ien über Kreativität, , eine eindeutige Festlegung pfängnis). Daneben müssen auch seine Stud der Rechte und Pflichten aller beruflichen Gruppierungen von und Inzest erwähnt werden. Der Inzest wird von Feder Praktikern zu erreichen die mit der , Salud Mental" zu tun üb r igens nicht als Ausdruck der Liebe, sondern als eine Form littenen Ablehnun- haben, doch riefen diese Bemühungen nur ein bescheidenes von Rache angesichts der als Fötus selbst er fundene In- Echo und nur geringe Unterstützung sowohl seitens der Re- gen aufgefaßt wie auch als Hinweis auf andere stattge gierung als auch von den betroffenen Professionen hervor zeste. .

Zu all diesen Problemen kommt noch ein weiterer ungünstiger Was nun die Endphase des Kampfes gegen das ärztliche Mono- Aspekt hinzu, der das Niveau der psychoanalytischen Pro- pol anbetrifft, ist es notwendig, auf eine nicht unerhebliche so- fession drückt: um viele Traditionellerweise ko- , vor allem zahlungskräftige Klienten zioökonomische Tatsache hinzuweisen: ls eine Ausbildung zu gewinnen, ist es eine beliebte Strategie für Therapeuten - so- stet die medizinische Ausbildung viel mehr a wohl solche, die aus der Hauptstadt in die Provinz ziehen als , in Psychologie und dauert viel länger als diese. Nicht unter- daß das Medizinstu- auch Analytiker, schätzt werden darf schließlich das Faktum, die in der Hauptstadt tätig sind -, in den Provinzstädten rasch möglichst viele Ausbildungsinstitute zu dium auch größeres soziales Ansehen birgt und die Möglichkeit gründen, die allerdings fast nie die notwendigen quantitativen sozialer Aufwärts mobilität verheißt. Bis vor zwei Jahrzehnten igen der oberen Mit- und qualitativen Voraussetzungen aufweisen. Letztlich gibt es war die medizinische Laufbahn nur Angehör dann noch das Problem der Laienanalyse", oder anders formu- telschicht oder der Oberschicht vergönnt. Nun sind in den letz- liert, den andauernden Kampf zwischen Psychologen und Ärz- ten Jahren die Zahlen der Psychologiestudenten geradezu explo- ten. diert. Dies ist eine Folge der immer gravierender werdenden ökonomischen Krise, in die das Land (insbesondere gegen Ende In den ersten Zeiten der Asociaciön PsicoanaUtica Mexicana hatten die Mediziner fast eine Monopolstellung. Als einzige Ausnahme war der klinische Psychologe Luis Feder zu '36 Kurz danach wurden auch drei Frauen ohne medizinische Ausbil- gelassen dung angenommen: Amapola Gonzalez de Gaytän (die bereits oben erwähnte Schwester eines der Pioniere, Dr. Avelino Gonzälcz), Estela Remus de Ariaco (die Frau eines der Gründer, gab sogar den Fall, wo ein Analysand - von sehr gutem sozialen Dr. Jos6 Remus') und Eugenia Hoff (eine Analysandin von San- ' und ökonomischen Status - während der Therapie von seinem tiago Rami rez). Diese Fälle - von denen ganz abgesehen, die in

Analytiker das Angebot bekam, als Psychoanalytiker ausge- Argentinien bekannt wurden - sind möglicherweise der Anlaß bildet zu werden. Über diese und andere Gründe der Verarmung für vehemente Kritiken (z.B. von Marie Langer), in denen be- und des Niedergangs des psychoanalytischen Basis berichte ich klagt wird, mit welch bemerkenswerter Leichtigkeit Ehefrauen innen werden in meinen Aufsatz (vgl. Päramo-Ortega, 1984, bzw. - als erwei- von Psychoanalytikern auch Psychoanalytiker

terte und modifizierte Version - 1991). konnten.

94 95 der Regierung Echevem'as) stürzte, einer immer größer werden- ein psychologisches Studium, aber keinerlei medizinisch- den Rate von Arbeitslosen und der damit korrespondierenden psychiatrische Ausbildung oder Praxis nachweisen konnte. wachsenden Zukunftsangst bei den Jugendlichen. Für einen gro- ßen Teil dieser riesigen Studentenzahl bedeutet der Beruf des Man muß indes zwei Dinge auseinanderhalten. Das eine ist die in den nicht-medi- Psychoanalytikers einen neuen Weg für die angestrebte soziale Ausbildung in Psychologie oder, allgemein, Mobilität und selbstverständlich eine Lösung ihrer wirtschaftli- zinischen Humanwissenschaften, die für Freud ein möglicher chen Ängste und Sorgen. Das kam denjenigen sehr zugute, die Weg zur Psychoanalyse war; und eine ganz andere Sache ist der zielstrebig versuchten, die Schwellen zu dem (früher ebenso un- tatsächliche, übliche Ablauf des Studiums bei der großen Mehr- zugänglichen wie sozial hochangesehenen) Beruf des Psycho- heit der Psychologen, aber auch Nicht-Psychologen in Mexiko. daß die escue- analytikers zu erniedrigen (- in allen Facetten dieses Wortes..). Es ist leider eine nur allzugut bekannte Tatsache, las de psicologi'a ein höchst bescheidenes Niveau haben, von Damit sind wir schon in den achtziger Jahren angelangt. Heute den negativen Folgen eines sehr leistungsschwachen Ober- sind die Psychologen auf dem Vormarsch und nehmen Revan- schulsystems ganz zu schweigen. che. Sie sind es, die vehement den Anspruch vertreten, in Psy-

choanalyse ausgebildet zu werden und Analyse auszuüben, wo- Das hat erst unlängst Octavio Paz 3 kritisiert, als er den ko- mit sie auf ein Recht anspielen, das der Gründer der Psychoana- lossalen Niedergang unseres Schulsystems" beklagte, der einen lyse ihnen ja ausdrücklich in seiner Schrift über Laienanalyse" großen Einfluß auf den Verlust des kollektiven Gedächtnis" 137 zuerkannt hat . In dieser Schrift verteidigte Freud bekannt- habe. Das letzte ist wohl etwas, das die Psychoanalytiker be- lich den Nicht-Arzt Theodor Reik. Aber das geschah natürlich in schäftigen sollte. einer ganz anderen Epoche und in einer anderen Region, d.h. im Mitteleuropa der zwanziger Jahre. Gerechterweise muß hier einmal gesagt werden, daß das Medi- zinstudium einigen ganz zentralen Ereignissen des menschli- Bei uns in Mexiko hingegen hat sich, ganz auffällig in den letz- chen Lebens - wie der Geburt und dem Tod - viel näher als an- ten Jahrzehnten, alles in schon fast kurioser Weise extrem an- dere Studienfächer oder Berufe steht. Von den Vorteilen ganz zu ders entwickelt: Da werden zum Beispiel von Leuten, die ja die schweigen, die der Kontakt dieser Disziplin Medizin" mit den Nutznießer der bei uns stattgefundenen Öffnung der Psychoana- sogenannten Naturwissenschaften mit sich bringt. (Was diesen lyse für Psychologen sind, Zweifel an der grundsätzlichen Eig- letztgenannten Punkt angeht, sei besonders auf das umfassende nung der Mediziner für die psychoanalytische Ausbildung geäu- Werk von Reicheneder 3 hingewiesen, der in minuziöser ßert, und es wird das Psychologiestudium als die eigentlich not- Weise der Wirkung und den strengen methodologischen Folge-

wendige und ausreichende Voraussetzung für das Einschlagen ei- rungen der medizinischen Grundlagen nachgeht, die sich später ner psychoanalytischen Ausbildung dargestellt. Das ist nun im ganzen Werk des Gründers der Psychoanalyse manifestieren zweifellos ein regelrechter Salto mortale für den Berufsstand der sollten. Ohne den methodischen Rigorismus des Arztes Freud Psychoanalytiker. hätte das psychoanalytische Gebäude zweifellos gar nicht er- baut werden können. Es war die APM, die immer wieder gegen diese Tendenzen Wider- stand leistete und sich weigerte, jemand zu akzeptieren, der nur 138 vgl, Paz 1990, S. 13. 139 Vgl. J. G Reicheneder (1990), Zum Konstitutionsprozeß der Psy-

137 Vgl. Freud 1926 [b]. choanalyse.

96 97 Wenn wir versuchen, nach allen diesen Punkten eine Synthese henden oder zu erwartenden gesetzlichen Regelungen zusam- herzustellen, dann läßt sich folgendes sagen: In unserem Lande menhängendes Problem ist, sondern daß solche Regelungen nur ein willkommener äußerer Anlaß sind zu versuchen, das aus der hat die psychoanalytische Ausbildung aufgehört, ihrer klassi- , schen Bestimmung zu folgen, nämlich eine schwierige, letzt- inneren Dynamik des analytischen Prozesses erwachsende Pro- lich nie wirklich abgeschlossene persönliche" Aufgabe und blem der Schuld, das nicht zuletzt untrennbar mit den Triebwün-

Berufung zu sein; statt dessen neigt sie dazu, zu einem Machtin- schen zu analysieren verwoben ist, wegzueskamotieren. Der strument im Kampf irgendwelcher Gruppen zu werden. Ein analytischen Neugier soll eine - z.B. herapeutische - Legitima- großer Prozentsatz der Psychologen, deren gemeinsamer tion verliehen werden. Nenner schlicht die Arbeitslosigkeit ist, will unbedingt Psy- choanalytiker werden und stützt sich dabei implizit auf das Die Zunft der Psychoanalytiker hat viel an Prestige verloren, Prestige, das die ersten ärztlichen Analytiker der Asociaciön und ihr Einfluß auf die mexikanische Gesellschaft ist eher ge- Psicoanalitica Mexicana seinerzeit aufgebaut haben. ringer geworden. Darüber hinaus wird den Psychoanalytikern

noch vorgeworfen, daß sie hochmütig, hochnäsig und angebe- Das hochgespielte Problem, ob der Psychoanalytiker nun Arzt risch"141 seien - so etwa die Charakterisierung von Lammo- oder Nicht-Arzt sein sollte, ist in unserem Land einfach irrele- glia, der dabei sicherlich auch eine populäre Meinung wieder- vant, wenn man andere Faktoren in Betracht zieht, die eine gibt. Ein Indiz für die geringe Verankerung in der mexikani- schen Gesellschaft ist die Tatsache daß die APM-Klinik, die wichtigere Rolle spielen: (a) die Kandidatenwähl; (b) die Moti- , ve, aus denen heraus jemand Psychoanalytiker werden will; (c) psychoanalytische Behandlung für Leute aus den unteren sozio- ökonomischen Schichten anbietet das Niveau oder die Qualität der jeweiligen absolvierten Vorbil- , nur sehr geringe Nachfrage dung (die meist schlicht ungenügend ist); und (d) die Überzeu- verzeichnen konnte und schließlich nach vielen Schwierigkei- " ten vor sich hinsiecht. Die Klinik der Lacanianer zu demselben gung, daß unser Beruf unmöglich ist, weshalb man sich im- , mer sehr klar seiner Möglichkeiten und vor allem seiner Gren- Zweck eingerichtet, hatte (was vielleicht auch ein modisches

zen bewußt, aber auch leidenschaftlich bereit sein muß, den Phänomen ist) ein bißchen mehr Glück, ohne daß aber auch hier einmal eingeschlagenen Weg im Sinne einer unendlichen die Nachfrage als besonders erfreulich oder intensiv eingestuft Wahrheitssuche" intensiv weiterzugehen. Unsere berufliche werden könnte. Ausbildung ist in dem Sinne einmalig, als sie nie abgeschlos- sen, nie beendet ist. Der Boom der schnellen" und wunderbaren" (d.h. schnelle Wunder, schnelle Heilung versprechenden) Therapien aller Art Auf der anderen Seite gibt es unter uns einige, die sich mit dem verstellt immer mehr den Blick auf eine Therapeutische Me-

Thema der Legitimation" befassen und die ganz grundlegende thode, die beträchtliche Anstrengungen, sowohl beim Analyti- voraussetzt. freudianische Betrachtungen zu ignorieren scheinen, wie zum ker als auch beim Analysanden, Beispiel die, die Peter Schneider anrührte, als er vor kurzem die Frage des Schuldkomplexes diskutierte (den er in einen Zusam-

14U Peter Schneider (1989), menhang mit dem Schuldgefühl des Gynäkologen brachte, wenn Kann denn Analysieren Sünde sein?. (Ähnliche Gedanken hat Pohlen geäußert, wenn er den unaus- und weil er mit der Genitalität der Frau zu tun hat): (...) ich ver- weichlichen triebhaften Hintergrund der psychoanalytischen die mutete, daß das Legitimationsproblem, das sich den Analyti- Praxis (und die entsprechende Abwehr des Analytikers, kern immer wieder stellt, nicht vor allem ein äußeres, mit beste- ängstlich nach Legitimation sucht) hervorhebt; vgl. Pohlen und Bautz-Holzherr, 1991, S. 261.)

141 Vgl. Lammoglia 1990. 98 99 die Analysanden noch die Analytiker noch die Gesellschaft im Von der Psychoanalyse als genuiner Sozialwissenschaft allgemeinen .. (Stichworte: Kulturtheorie, Kritische Theorie) finden sich bei uns nur sehr wenige Spuren; mehr als ein kleines Bündel mäßig Befassen wir uns abschließend mit der literarisch-journalisti- interessanter theoretischer Weiterentwicklungen und ein schen Tätigkeit. Hier müssen wir sechs Psychoanalytiker er- schmales Kontingent wissenschaftlicher Publikationen sind wähnen: (1) der verstorbene Ignacio Millän hat für Proceso, nicht aufzutreiben. Die Asociaciön Psicoanah'tica Mexicana eine Zeitsch r ift der Linken, gearbeitet; (2) Jose Cueli hat oft für muß die schwere Bürde übernehmen , gegenüber der Gesellschaft Unomasuno geschrieben und später auch für La Jornada, eine als quasi repräsentativste, offizielle psychoanalytische Tageszeitung, die zusammen mit der Wochenschrift Proceso

" Bewegung zu fungieren, auch wenn wir häufig nicht umhin gerne als Gewissen der Nation betrachtet wird14 ; (3) Andres kommen, von ihr als der Offiziellen" zu sprechen. A. Cuevas Sosa ist der Verfasser wöchentlich erscheinender Ar- tikel in der Zeitung El Dia; (4) der Argentinier En r ique Guins- die Angesichts des spürbaren Gegenwinds einer Gesellschaft, berg schreibt gelegentlich in Unomasuno über sozialpsycholo- sich mit Erfolg gegen die grundlegenden Entdeckungen der Psy- gische Themen; (5) Fernando Cesarman ist in verschiedenen 142 scheint die APM choanalyse stemmt , , wie ihre gelegentli- Presseorganen durch sein Engagement für die Ökologische Be- chen, öffentlichen oder halböffentlichen Verlautbarungen ver- wegung aufgefallen; und schließlich (6) Javier Perez Robles, der raten, in der Tat nicht auf eine unkritische Anpassung an die me- für die Provinzzeitung El Debate aus Los Mochi's arbeitet. Der xikanische Gesellscha f t verzichten zu wollen (oder zu können). letztgenannte - obwohl er eine Schwäche für barocken Stil und Damit zeigt sie leider nur ihre geistige Verwandtschaft mit der eine kitschige Sprache hat - ist zweifellos der, dessen Beiträge nordamerikanischen Psychoanalyse. Vor dem Hintergrund der noch am meisten Freudsche Substanz enthalten. aktuell herrschenden ideologischen Strömungen ist die APM heute nur allzu schnell bereit , einige Konzessionen zu machen, Ohne daß ich mich jetzt in weitere Details vertiefen kann (und anstatt mutige wissenschaftliche Forschung zu betreiben. Wir will), muß ich doch noch den Romancier und Essayisten Jose können daher mit einigem Recht von einem tendentiellen Nie- Maria Perez Gay erwähnen. Er beschäftigt sich regelmäßig - dergang der Theo r ie wie der Praxis sprechen, oder, um es mit an- und zwar ebenso kompetent wie sensibel - mit Themen der Ge- deren Worten auszudrücken , einer Verwässerung der Psychoana- schichte der Psychoanalyse in der wichtigen Zeitschrift Nexos. lyse, einer vordergründigen Verbilligung der Analyse in der Perez Gay hat mit der Zeit einen Ruf als guter Kenner des Wien primären Absicht, neue Klientel zu gewinnen, dies aber um den zu Zeiten Freuds gewonnen. Preis eines Substanzverlustes. Dem Phänomen des Widerstandes gegen die unbewußten Inhalte entkommen offensichtlich weder

Ich spreche von der Manifestation des Unbewußten und vom zen- tralen Stellenwert der Sexualität , von Begriffen wie Widerstand,

Übertragung, Gegenübertragung, Verdrängung, Ödipuskonflikt, Kastrationsangst und der gesellschaftlichen Produktion von Unbewußtheit. (Der letztgenannte Punkt ist bekanntlich aus den

bemerkenswerten Weiterentwicklungen einiger Gedanken 143 Es ist allerdings mehr als befremdlich, ja besorgniserregend, Freuds durch Paul Parin , F r itz Morgenthaler und Ma r io Erdheim daß sich ein so brillanter Schreiber wie Cueli sehr oft ausge- hervorgegangen.) rechnet mit Stierkämpfen beschäftigt.

100 101 Achtes Kapitel schichte der Psychoanalyse wohl einmaligen Vorschlag Queve- dos an, die Psychoanalyse auf eine geschlossene religiöse Ge- meinschaft anzuwenden. Es muß unterstrichen werden, daß der Gregorio Lemercier und sein Vorschlag von ßweverfo145 kam, der - wie gesagt - damals der Versuch, Psychoanalyse und Religion Analytiker Lemerciers war und daraufhin zum Gruppenpsycho- zu vereinigen analytiker der Klostergemeinschaft wurde.

Obwohl man sich der Hilfe zweier professioneller Therapeuten, i960 erfährt die Psychoanalyse in Mexiko plötzlich eine uner- von Frida Zmud (einer Argentinierin jüdischer Abstammung, die wartete Beachtung, ja es gibt sogar indirekt einen bemerkens- damals etwa 45 Jahre alt war) und etwas später auch von Jose werten Aufschwung besonders für die GruppenPsychoanalyse, Luis Gonzalez Chagoyän, versicherte, kann sich auch der Au- als Gregorio Lemercier, der Superior des Benediktinerklosters ßenstehende leicht vorstellen, welche außergewöhnlichen Pro- Santa Maria de la Resurreccion (in der Stadt Cuemavaca) den un- bleme und Schwierigkeiten hinsichtlich der Technik aufkamen, gewöhnlichen Versuch beginnt, die (gruppen-)psychoanalyti- sowohl beim Prior Lemercier als auch beim Analytiker Quevedo sche Methode auf seine Gemeinschaft von Mönchen anzuwen- angesichts dieser revolutionären Anwendung der Psychoanalyse von denen aber den. Diese umfaßte zu jener Zeit 60 Mitglieder, in einer fast hermetisch abgeschlossenen Gemeinschaft. nach relativ kurzer Zeit nur ein Kern von etwa 20 Brüdern bei ihm blieb und trotz aller Schwierigkeiten ausharrte. Das war übrigens nicht der erste Kontakt des Klosters mit der Psychoanalyse gewesen. Denn ein paar Jahre vor dieser Zusam-

Die Vorgeschichte: Gregorio Lemercier, der aus Belgien stamm- menarbeit mit professionellen Psychoanalytikern hatte Lemer- te, konsultierte im Jahre 1960 seinen Freund , den Psychoanaly- cier wohl etwas leichtsinnig das Eindringen des Schriftstellers tiker Santiago Rarm'rez. Der Grund dafür war eine visuelle Hallu- Mauricio Gonzalez de la Garza in das Kloster akzeptie r t, der eine zination, die er am Tag zuvor erlebt hatte, genauer gesagt: am 4. wilde" Analyse unter dem Deckmantel angeblicher Modernität Oktober i960144. Ramirez empfahl ihm daraufhin eine Einzel- und Nächstenliebe praktizierte. Darüber schrieb Ramfrez 1988 analyse bei Gustavo Quevedo, einem damals etwa 50jährigen sehr deutlich folgendes: Gonzalez de la Garza hatte keinerlei mexikanischen Analytiker, der gerade erst aus Buenos Aires an- gekommen war. Ramirez vermutete einen beginnenden Retina- Er bot krebs, ein Melanosarkom bei Lemercier. Dieser existierte 145 Das ist zumindest die schriftliche Aussage Lemerciers; , mir an, eine Gruppenpsychotherapie mit einigen Mönchen zu " tatsächlich, so daß ihm das linke Auge operativ entfernt werden versuchen. - Quevedo war aber damals offensichtlich ehrlich mußte. genug, um hinzufügen, daß (...) er mir die Ergebnisse nicht ga- rantieren könnte" (Lemercier 1968, S. 23). Die Gruppenpsy- choanalyse breitete sich dann sofort unter fast allen Mitgliedern Nach einigen Monaten Analyse kam Lemercier auf G r and der bis der religiösen Gemeinschaft aus. Hinsichtlich seiner eigenen es sei ebenso dahin gemachten Erfahrungen zu der Überzeugung, Erfahrung auf dem analytischen Diwan der Psychoanalyse nützlich wie notwendig, diese Methode für die Analyse der Kon- schrieb er: (...) es war die schwerste Askese meines Lebens. Ich konnte die Tiefe des Bösen in uns sehen, wie keine Gewis- flikte der Mönche zu nutzen. Darauf nahm er den in der Ge- sensprüfung oder spirituelle Übung es hätten ermöglichen können. Aber gleichzeitig ist dies die Quelle einiger der größe- ren geistigen Freuden in meinen Leben gewesen (...). Ich habe eine neue Dimension entdeckt, inniger, tiefer (...)" (ebda., S. Interview mit Lemercier in Time-Life International; zit. bei 22). F.M. Gonzalez 1986.

103 102 praktische Erfahrung mit der Psychoanalyse. Er war einfach ins Der Benediktiner Lemercier war der Überzeugung, die Psycho-

Kloster gegangen, um dort seine Diplomarbeit in Literaturwis- analyse könne helfen, die Berufung und den Glauben zu

"

senschaften zu schreiben. Homosexuell, wie fast alle Mönche , ohne sie grundsätzlich in Frage zu stellen. Der Vati- , reinigen

" wurde er dann PsychoTherapeut. kan allerdings sah die Psychoanalyse - wohl nicht zu Unrecht - als eine Bedrohung oder Herausforderung für die Postulanten und A propos gemeinschaftliches Leben und Religion: Kein gerin- ihre Berufung an. Nach langen Diskussionen wurde am 8. Ok- gerer als Dürkheim war es, der meinte, die Religion sei nicht so tober 1965 ein Erlaß des Heiligen Stuhls herausgegeben, der

wichtig wegen ihres Inhalts, also wegen der spezifischen Dog- eindeutig den Versuch verurteilte, die Psychoanalyse in den men und Glaubenssätze , sondern weil sie eine Möglichkeit dar- Dienst der christlichen Religion stellen zu wollen. Obwohl stellte, daß eine bestimmte Gruppe entschieden an die Öffent- Papst Paul VI später eine nachgiebigere Haltung Lemercier ge- lichkeit tritt. Indem der Benediktiner Lemercier seine religiöse genüber einnahm, wurde der Benediktiner schließlich am 18. Mai 1967 von seinen Pflichten als Priester entbunden und am Gemeinde der Gesellschaft gegenüber so herausstellte, wie er es tat, hat er - indirekt - die psychoanalytische Bewegung in Me- 11. August desselben Jahres wurde auch das Kloster endgültig xiko vorangetrieben. Deswegen müssen wir uns hier notwendi- geschlossen. Lemercier entließ die Mitglieder des Klosters aus gerweise mit ihm etwas ausführlicher befassen. ihrem Gelübde und stellte ihnen dadurch frei, sich weiter einer Psychoanalyse zu unterziehen. Gregorio Lemercier wurde 1912 in Lüttich geboren und zeigte

schon in seiner Kindheit starke mystische Neigungen. Der Einige Monate, nachdem sein Versuch gescheitert war, den Va- Leser kann dies selbst beurteilen , wenn er von seinem Aus- tikan dazu zu bringen, sein Projekt offiziell zu genehmigen, und

spruch erfährt, er habe seit seinem sechsten oder siebten Le- in Antizipation seiner endgültigen Verurteilung entschloß sich

bensjahr nur einen einzigen Weg gesehen, um in den Himmel Lemercier am 25. April 1966, eine mystisch-psychoanalyti- zu kommen , nämlich als Missionar in den Kongo zu gehen und sche Utopie zu realisieren: das Centro Psicoanalt ico Emaüs; dessen wesentlichstes Element stellte der nicht wenig ehrgei- dort als Märtyrer sein Leben zu lassen"147. Viele Jahre später war Mexiko für ihn ") zu bilden, in denen , einen Mann mit europäischer und christ- zige Plan dar, multiple Zellen ( cofradias das Land lich-katholischer Weltanschauung, , das einer jeweils acht Mitglieder in einer GruppenPsychoanalyse zusam- ll- heilbringenden evangelikalen Mission" würdig war. mengeschlossen sein sollten. Diese cofradias oder celulas so ten später auf andere Settings, wie Schulen, Krankenhäuser und Lemercier hatte eine charismatische Persönlichkeit die auch Fabriken, angewandt werden, was langfristig eine völlige Um- ,

zielstrebig nach Originalität suchte. Deswegen hielt er keines- gestaltung des Lebens der ganzen Gesellschaft mit sich bringen

wegs in seinem Vorhaben inne, als die Kirche seine Projekte zu würde. Für Lemercier sollte die Psychoanalyse zu einer der Gemeinschaft dienenden Institution und Struktur werden, die in verhindern suchte. Er glaubte tatsächlich, er könnte alte Ängste und Vorurteile des Vatikans ändern . Dabei hatte er sogar die Un- der Form eines ökumenischen Klosters aufgebaut war; die Psy- terstützung seines Bischofs Sergio Mendez Arceo (der gelegent- choanalyse sollte nicht das klösterliche Leben ersetzen, son- lich als der rote Bischof bezeichnet wurde). dern diesem dienstbar" sein, wie Lemercier sagte. Alles in allem war klar, daß im Psychoanalytischen Zentrum Emmaus vor dem Hintergrund der katholischen Tradition des Landes die Mehrzahl der Patienten ohne Zweifel den Katholizismus praktizieren und

146 Ramfrez 1988.

- 147 Lemercier 1968, S. 10. sich ihr religiöses Leben gemeinsam im katholischen Gottes

104 105 dienst manifestieren würde". So wahr es einerseits ist , daß keine Obwohl Freud - wie Nietzsche, Feuerbach und Marx - eine

diesbezügliche Zwangsverpflichtungen existierten, gab es für scharfe Kritik an der Religion übte, war er persönlich doch weit den Mönch Lemercier doch keinen Zweifel hinsichtlich des anz- von einer militant antireligiösen Einstellung entfernt. Seine ustrebenden , nämlich: den Glauben letztlich gültigen Ziels, engeren Freunde und Schüler haben daher auch nie den Verdacht durch die Psychoanalyse reinigen!" (wie er es selbst formu- gehabt, daß er in seinen wissenschaftlichen Werken einer der lierte) und nicht - wie es für jeden Psychoanalytiker wie zum schlimmsten Feinde der Religion" sei (wie es Freud in seinem Beispiel Quevedo klar gewesen wäre - den Glauben grund- Brief an Marie Bonaparte150 selbst ausdrückte). 148 sätzlich in Frage zu stellen. Kehren wir aber zu dem Psychoanalytischen Kloster" zurück,

Für Freud war die Religion nichts als eine entfremdende Illu- um diesmal über den anderen der beiden daran beteiligten Prota- sion, eine beklagenswerte kollektive Verrücktheit ein Über- , gonisten zu sprechen, über Gustavo Quevedo. Und beginnen wir bleibsel aus der Kindheit , ein Linderungsmittel. Sigmund Freud mit dem Hinweis, daß es zum bekannten und gesicherten psy- hätte sich wohl kaum träumen lassen , daß einmal in Mexiko choanalytischen Wissensbestand gehört, anzunehmen, daß der zwischen 1961 und 1967 ein katholischer Mystiker und ein Analytiker eben kein unverwundbarer, kein unangreifbarer Re- ebenso talentierter wie ruheloser Psychoanalytiker ernstge- präsentant einer abstrakten 'geistigen' (seelischen, psychi- meinte Versuche unternommen würden , eine Ehe" von Psycho- schen) Gesundheit ist, jemand, der sich quasi ungefährdet im analyse und Religion zu stiften. Feuer des komplizierten Verhältnisses von Übertragung und Ge- 151 genübertragung tummeln kann . Das hat gerade jetzt seine Erinnern wir uns daran , was die Psychoanalyse über die Reli- Bedeutung, wenn wir vom tragischen Ende Quevedos sprechen. gion sagt: Ihre Technik besteht darin, den Wert des Lebens herabzudrücken und das Bild der realen Welt wahnhaft zu entstel- Quevedo hatte nämlich eine solide psychoanalytische Ausbil- len, was die Einschüchterung der Intelligenz zur Voraussetzung dung. Er war auch kein unreifer Mann, sondern schon 50 Jahre hat. Um diesen Preis , durch gewaltsame Fixierung eines psychi- alt, als er seinen abenteuerlichen Versuch der Psychoanalyse schen Infantilismus und Einbeziehung in einen Massenwahn mit den Mönchen im Kloster der Benediktiner begann. Man gelingt es der Religion, vielen Menschen die individuelle kann kaum erwarten, daß er alle Folgen dieses Experimentes "149 Neurose zu ersparen. hätte voraussehen können, geschweige denn, daß man ihm vor- werfen kann, nicht genug getan zu haben, um seine psychische nämlich die Mö- Das, was in diesem Zitat behauptet worden ist, Gesundheit zu erhalten Nach der Aussage seines Kollegen Jose glichkeit einer generellen Vermeidung der individuellen Neu- Luis Gonzalez ist Quevedo angeblich gegen Ende des ge- rose durch eine religiöse Haltung, ist aber klar durch die Mehr- scheiterten Projekts der Psychoanalyse im Kloster in einen de- zahl der Mitglieder der beschriebenen Gemeinschaft widerlegt pressiven und wahnhaften Zustand gefallen; [.. z.B.] hat er worden ist, für die die Religion sichtlich nicht ausreichend ge- Leute völlig nackt empfangen und gefordert, daß die Besucher nug war, um sie von schweren neurotischen Konflikten zu be- freien.

150 Freud in seinem Brief an Marie Bonaparte, 26. April 1926, zit. von Jones 1962, Bd. 3, S. 151. 151 Darüber gibt es sehr wenig psychoanalytische Literatur; vgl. et- Lemercier starb Jahrzehnte danach wa die beiden grundlegenden Beiträge von Calogeras und Berti , am 28. Dezember 1987.

Freud 1930[a], GW XIV, S. 443; Stud. 9, S. 216; (1986) und Fischer (1968). [Hervorhebungen von mir, RPO], 107 106 "152 auch nackt sein sollten.. . Der Wahrheitsgehalt dieser Be- hauptungen Gonzalez' wird allerdings von einem damaligen Gleichfalls auf die Frage nach dem psychischen Zustand Queve- dos angesprochen, erwähnte der Psychoanalytiker Teöfilo de la Mitglied der Klostergemeinschaft, dem Benediktiner De la

Mora, abgestritten153. Überhaupt stellt dieser Benediktiner die Garza, übrigens ein entfernter Verwandter Quevedos, auch des- ganze Angelegenheit in einem sehr rosigen Licht dar. sen Witwe. Als diese ihn (de la Garza) damals über den Vorfall informierte, sprach sie von einem infarkt-ähnlichen Schmerz" Quevedo starb wenig später nach der erzwungenen Schließung ihres Mannes, während er sich von Cuernavaca aus kommend des Klosters an einem zu spät behandelten Herzinfarkt wobei Mexico-City näherte. Nach dieser Version soll Quevedo sein , sein Mitarbeiter und Kollege Jos6 Luis Gonzalez Chagoyän al- Ziel mit dem Auto erreicht haben, wenige Stunden später jedoch

i- lerdings einen unbewußten suizidalen Impuls nicht aus- gestorben sein. De la Garza meinte, Quevedo habe keine man schließen will.154 festen psychische Störungen gehabt, außer zweifellos einigen " 155 auffallenden manischen Zügen .

J L. . Gonzälez Chagoyän 1981; von dem, was hier hier in An- Einige Jahre später, genauer 1987, gab es wieder einen außerge- führungszeichen steht, wissen wir nicht, ob es die Meinung J. L. wöhnlichen Todesfall, als Frida Zmud, die ehemalige Mitarbei- . Gonzälez Chagoyäns oder Fernando M Gonzälez' darstellt. Dieser nun wirklich problematische Absatz erscheint auch nur terin von Quevedo, ihrem Leben in offenbar bewußter Absicht in einer maschinengeschriebenen Version für einen Vortra g, und in freier Entscheidung ein Ende setzte. Es gibt zwar keinen den F. M. Gonzälez 1986 gehalten hat, aber nicht in dem Be- Beweis dafür, daß ihr Freitod in irgendeinem Zusammenhang richt von Gonzälez (1988, S. 94-95), der dabei ein Interview

- von R. Loureau mit J. L. Gonzälez Chagoyän zitiert. Vgl. auch mit ihrer früheren psychoanalytischen Tätigkeit im Kloster ge die Anm. 154. standen hätte156 aber bedrückend ist er doch. , In einem Interview, das Fernando Gonzälez 1988 mit ihm führte;

vgl. Gonzälez 1988, S. 94, 95.

Aus einem am 29. Januar 1990 geführten Gespräch mit JosiS Luis Trotz dieser tragischen Umstände ging von der KlosterPsycho-

Gonzälez Chagoyän (1990), der Gustavo Quevedo sehr gut " analyse ein wichtiger Impuls auf die psychoanalytische Grup- kannte, geht hervor, daß er damals noch immer an der Hypo- these des suizidalen Moments festhielt; bestimmend für seine pentherapie aus, so daß sich schließlich als Spätwirkung im

Vennutung war die Art, wie sich der Am Gustavo Quevedo bei Jahr 1967 mit der Asociaciön Mexicana de Psicoterapia Anali-

seinem Präinfarkt (bzw. einem Myokardinfarkt) verhalten hatte. tica de Grupo (AMPAG) eine erste vielversprechende Vereini- Gonzälez Chagoyän weist auch auf eine angeblich starke mega-

lomanische Komponente" hin, gung bilden konnte. die jedenfalls stärker war als die,

die wir alle gelegentlich zeigen. Quevedo hätte vermutlich - auch das möglicherweise ein Ausdruck seiner spezifischen grö- ßenwahnsinnigen Tendenz - gern weiter gegen den römischen

Giganten, den Vatikan, gekämpft, für den aber angesichts seiner jahrhundertelangen Erfahrung mit Dissidenten und Unruhestif- tern das Ganze schlicht eine banale Affäre , die Cuemavaca-Af-

färe" (Lemercier - Quevedo - Arceo) war, die möglichst schnell

abgeschlossen zu sein hatte.. - Hinsichtlich des von Loureau er-

wähnten Abschnittes [ (...) hat er Leute völlig nackt empfangen

und gefordert, daß die Besucher auch nackt sein sollten"] meinte

Gonzälez Chagoyän, daß er andere Chagoyän alles in allem diese Erfahrung mit der Psychoanalyse es sei nur einmal passiert, aufforderten , dasselbe zu tun". Alles andere von Loureau im Kloster" sehr positiv zu beurteilen. Jedenfalls wollte er es auf berichtete seien für ihn keinen Fall als Desaster bezeichnen. , Gonzälez Chagoyän, nur Hirn- I55 De la Garza gespinste. Derselbe Autor bestätigt auch nicht die angeblichen , 1990; vgl. auch Prado Huarte 1983.

. Halluzinationen Quevedos. Retrospektiv scheint Gonzälez 156 vgl Guinsberg 1988.

108 109 Neuntes Kapitel International Psychoanalytical Association] ausgetreten , der ich 30 Jahre lang angehörte. Ich glaube, die Institution ist Gruppentherapie. wichtig, damit eine gute Ausbildung gewährleistet ist, aber auf Die Asociaciön Mexicana de Psicoterapia der anderen Seite muß man sehen, daß mit der Zeit die Institutio- nen degenerieren und falsche Freundschaften und Beziehungen Analitica de Grupo ( AMPAG) dominieren, alle möglichen Übertragungen und Gegenübertra- gungen und heftigen innere Kämpfen um die Macht die Regel

" l59

sind . Die Geburt dieser Vereinigung setzt einen Schlußstrich unter die da sich die ärztliche Hegemonie der Psychoanalyse in Mexiko, Zum gleichen Zeitpunkt, also gegen Ende ihres Lebens und auf Asociaciön nach und nach anderen Berufen und Disziplinen der eine wechselvolle Beziehung mit der institutionalisierten Psy- Humanwissenschaften öffnete und auch zielstrebig nach neuen choanalyse zurückblickend, hat Langer auch scharfe Kritik an

Anwendungsfeldem der Psychoanalyse suchte. Unter der Füh- den Usancen der argentinischen und mexikanischen psychoana- rung von Jose Luis Gonzalez Chagoyän waren an der Gründung lytischen Vereinigungen geübt, in denen es damals üblich war, Frida Zmud, Avelino dieser Gruppe vor allem Gustavo Quevedo, daß die Psychoanalytiker mit großer Leichtigkeit ihre Frauen zu Gonzalez , Fernando Cesarman, Estela G. de Remus Jose Remus , Psychoanalytikerinnen machten, ohne sich zu fragen, ob bei Araico und Luis Feder beteiligt. Alle waren Mitglieder der Mexi- jenen auch die nötigen Voraussetzungen vorhanden waren, es kanischen Psychoanalytischen Vereinigung (APM), genau wie B z. . eine gewisse primäre Begabung" für die analytische die ersten beiden Kandidaten , Agustm Palacios und Hector Prado Arbeit gab. Die Versuchung, das gesamtfamiliäre Einkommen

Huarte, die dort ihre Ausbildung bekommen hatten. auf diese Weise zu verbessern, scheint in einigen Fällen unwi- derstehlich gewesen zu sein. Nach Langer ist diese (Un)Sitte

" Jose Luis Gonzalez Chagoyän sprach später davon, daß es am eine Art Täuschung , die nicht zur Würde der emanzipierten Anfang eine der dann eine starke Ambivalenz" gegeben habe, Frau beitrage, sondern nur das Niveau der psychoanalytischen die letzt- Phase flitterwochenähnlicher Harmonie gefolgt sei, Tätigkeit verringere. lich aber zu vielen , auch sehr schmerzlichen Brüchen geführt hätte157. Der Gründer der Gruppe schreibt weiter: Wie in allen Ähnlich problematisch in unserer Zunft ist, daß frisch geschie- Gruppen tauchten auch hier bald libidinöse und andere negative dene Frauen plötzlich den Wunsch äußern. Analytikerinnen zu und zerstörerische Tendenzen auf , die sich sehr kontraproduktiv werden und sich als solche zu betätigen, was offensichtlich eine auswirkten. Nach erbit erten Diskussionen traten schließlich Art von Kompensation und selbstbestätigendem Wunsch ist, Arvelino Gonzalez , Fernando Cesarman und Jose und Estela sich ihrer Identität zu vergewissem. Das geschieht viel weniger Remus aus". Hier drängt sich wieder das altbekannte Problems bei den Männern. Der Grund dafür ist wohl, daß die Männer die der Institutionalisierung der Psychoanalyse auf und wir sollten Scheidung meist nicht besonders gut verkraften;- weshalb sie daher an die bittere Reflexion Marie Langers erinnern, die ge- sich entweder übereilt eine neue Frau suchen, aber eben nicht gen Ende ihres Lebens einmal zu einem Interviewer sagte: Ach, nach einer neuen beruflichen Identität oder einer neuen Arbeit die institutionalisierte Psychoanalyse, was soll ich schon dazu sagen? Ich bin ja aus einer psychoanalytischen Institution [der 158 Dies geschah 1971 zusammen mit argentinischen Kollegen, lin- ken Psychologen, Psychiatern, Analytikern, mit denen sie die Gruppe Plataforma begründet hatte S. 316. Vgl. Gonzälez Chagoyän 1983. 159 Langer 1988,

110 III Ausschau halten. Und noch ein anderes zu beobachtendes Fak- Zehntes Kapitel tum in unserem Lande ist , daß die Psychologinnen (oder Psy- chologen), die es geschafft haben, einen theoretischen Zugang Einige abschließende Überlegungen zur Psychoanalyse zu bekommen, also theoretisches Wissen

, ei- darüber zu erlangen zwar ihr Unvermögen erkennen mögen, nes Tages praktische klinische Arbeit als Analytiker(innen) zu Jede Methode hat ihre Beschränkungen und Grenzen. Die wich- leisten. Trotzdem entdecken" sie, angesichts leicht nachvoll- tigsten Grenzen in der Anwendung der psychoanalytischen Me- ziehbarer ökonomischer Zwänge, ihre Berufung" für die Be- thode, sei es als Therapeutische Methode oder als Tiefenherme- handlung von Patienten. neutik, die zur kritischen Klärung der Geschichte und der Kultur beiträgt, sind bei denen zu suchen, die diese Methode ausüben, liegen also in den Analytikern selbst. Und hier muß man leider sagen, daß die Psychoanalyse in Mexiko (was aber letztlich auch für alle anderen Länder der Welt gilt) nicht eine Psychoana- lyse hervorbringen oder kultivieren kann, die in geistiger, mo- ralischer oder intellektueller Hinsicht über dem Niveau und Ho- rizont der Bewohner dieses Landes, der Mexikaner, liegt.

Eine der Schwierigkeiten, auf die die psychoanalytische Praxis stößt, ist die ungenügende Reflexion über die historische und kulturelle Realität, in die wir alle, Analytiker und Analysanden, eingebunden sind, oder - um den bekannten Terminus von Erd- heim anzuwenden - die mangelnde Reflexion über die Determi-

" nanten der gesellschaftlichen Produktion von Unbewußtheit .

Wenn wir uns als Analytiker den sozialen Verhältnissen unseres Landes verschließen, werden systematisch und signifikant un- sere Möglichkeiten, unseren Patienten zu helfen, verringert. Die Psychoanalyse in Mexiko würde dann dazu neigen, sich in eine rein klinische und nicht (wie von Freud so verstanden) in eine kritische und emanzipatorische Psychoanalyse zu verwan- deln. Ganz zu schweigen von einer weiteren Gefahr innerhalb unserer Zunft: Dubiose, unfähige Menschen in sensiblen" Po- sitionen zu haben. So zumindest lauten die bitteren, die schlimmsten Kritiken.

Wenn einige der Leser zu dem Eindruck gelangt sein sollten, daß meine Meinung unserem Berufsstand gegenüber in diesem Buch

112 113 nicht gerade besonders schmeichelhaft ist, dann muß ich dazu sein, um diese Schuld als halbwegs beglichen betrachten zu bemerken, daß sie mich richtig interpretiert haben. Man kann können. Diese Aufgabe besteht da r in, das elementare, kulturelle sich nur schwer vorstellen, daß eine Kultur wie die unsrige, die Niveau unserer Bevölkerung zu fördern. (Dazu gehört natürlich weder die Diskretion noch das Verantwortungsbewußtsein sehr auch das beruflichen Niveau.) schätzt, so etwas wie eine Nährlösung für die blühende Entwick- lung einer Psychoanalyse sein könnte. (Schon alleine, weil sie Zum Schluß möchte ich noch eine Passage Helmut Dahmers zi- zunächst einmal die Texte von Freud selbst kennen müßte). Al- tieren, die wir wirklich ernstnehmen sollten: Ein Psychoana- lerdings meine ich mit blühender Entwicklung" eine andere Art lytiker, der nicht mit Kulturgeschichte und Religionswissens- h seine von Erfolg, als den, der sich aufgrund modischer Tendenzen oder chaft, Literatur und Mythologie vertraut ist, der kann auc vermittels klug angewendeter Public Relations einstellt. Eine Patienten nicht verstehen, der kann nicht deuten - weil ihm "162 Es ist sicherlich nicht falsch, dieser wirkliche Entwicklung der Psychoanalyse besteht in der kriti- eben nichts einfällt. 163 schen Annahme des Freudschen Werkes in seiner ganzen Breite Aufzählung, darin Freud folgend , noch Soziologie, Psy- " und Bedeutung als Sozialkritik. chologie, Anatomie, Biologie und Genetik hinzuzufügen.

Beim Schreiben dieses Buches habe ich immer versucht - der psychoanalytischen Technik folgend - mir meine subjektive Geschichte sowohl vor Augen zu halten, als auch als Mittel der Erkenntnis zu nutzen.

Wenn wir das Verlangen haben, Mexiko als solches und somit auch seine Psychoanalyse halbwegs zu verstehen, dürfen wir nicht vergessen, was Octavio Paz uns aufgezeigt hat: (...) daß jede wirklich fruchtbare Konstruktion von dem ältesten, stabil- sten und dauerhaftesten Ke r n unserer Nation ausgehen sollte: der indianischen Vergangenheit".160 Paz wurde kein Gehör ge- schenkt, und die indianische Bevölkerung wurde weiter unter- drückt, genau wie es Guillermo Bonfil Batalla in seinem Aufruf darstellt161. Das psychoanalytische Werkzeug, über das wir seit dem Psychoanalytiker Santiago Ramfrez und dem Poeten 162 Dahmer Octavio Paz verfügen, wurde nicht oder nicht genügend genutzt. , 1989, S. 294; das Zitat geht weiter wie folgt: In ein psychoanalytisches Curriculum würde heute sicher eine Einfüh- Es wurde weder benutzt, um den Versuch zu unternehmen unser , rung in Sprachtheorie und Semiotik gehören (...), eine ungefähre mexikanisches Wesen zu verstehen, noch um Licht in unser po- Kenntnis der Hauptströmungen der Philosophie unseres litisches Verhalten zu bringen. Wir mexikanische Analytiker Jahrhunderts (...), die ja auf die Entwicklung der psychoanalyti- schen Theorien ständig eingewirkt haben (...). Und sicher gehö- bleiben weiter in der Schuld unserer Nation gegenüber. Aller- ren soziologische Kenntnisse hinzu: eine Kenntnisnahme der dings muß erst eine wichtige und langwierige Aufgabe gelöst Möglichkeiten, soziale Strukturen vergleichend zu analysieren, Informationen über die spezifische Gesellschaft, in der wir le- ben, ihre Probleme und Entwicklungsmöglichkeiten (...)" 160 paz 1970/1982 (ebda., S. 294-295) , S. 143 (Orig. 1950, S. 120). 163 Freud 1927 S. 288. 161 Siehe sein Buch Mexico profundo. ,

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125 124 Dürkheim , Emile 40; 104 Gonzalez de la Garza Parres, Ramön 55; 71; 80; 86; 87; 117 , Mauricio 103 Laplanche, Jean 66 Eeden, Frederic van 26 Parrisch, S.M. 43; 123 Gonzalez y Gonzalez, Luis 16; 121 Leibermann de Bleichmar, Celia 87 Eicke Dieter 116; 121 , Gör ing, Matthias Heinrich 124 Lemercier, Gregorio 87; 102-107; 122, Pascual del Roncal, Federico 74 Eidelberg, Ludwig 22 Görlich, Bernhard 120 124 Pastemac, Marcelo 89-90; 119 Einstein Albert 40 , Gorostiza, Jose 44 Lenin, W. I. 29 Pawlow, Iwan 31 Eisenstein , Sergej M. 10; 119 Greene, Graham 16 Leon, Ramön 34; 122 Paz, Octavio 10; 60-62; 64; 97; 114; Eissler , Ku r t R. 19; 22; 35; 43; 119 Greenson, Ralph 22 Leuner, Hanscarl 31 123-124 Eissler-Selke Ruth 22 , Greve, German 34 Link, Jürgen 40 Pereyra, Carlos 78 Ekstein, Rudolf 22; 58; 72 Grotjahn, Ma r tin 21; 121 Lohmann, H. M. 122 Perez Gay, Jose Maria 85; 101; 124

E. Engle r t, 66; 119 Guamer, Enrique 78 Lombardo Toledano, Vicente 44 Perez Robles, Javier 8; 17-18; 42; 59; Gonzalez 26 Enriquez, Günther, Silvia 123 Lopez, Vergara 31 101;123 Erdheim , Mario 13; 61; 64; 100; 113; Guevara, Emesto Ch6" 76 Lopez Ballesteros y de Torres, Luis 18; Perez-Sänchez, Manuel 43 119; 122 Guinsberg, Enrique 60; 74; 101; 109; 34; 41-43 Pichon, Edouard 14; 91 Erikson E r ik H. 22; 37 , 117; 121 Loreau, Rene, 108; 121 Pia, Juan Carlos 89 Escalante Patricia 85 , Gurland, Henny 79 Lorenzer, Alfred 120 Pohlen, Manfred 80; 99; 117 Esquirol 40 Guttman, S.A. 43; 123 Loyola Diaz, M. 74; 122 Poincar6 40 Ma r io C. 8; 73 Poniatowska, Elena 77 Estrada Espinoza, Hall, G. Stanley 50 Macias, Raymundo 87 Etchegoyen, Horacio R. 56; 120 Hartmann, Heinz 22; 37 Mahler-Schönberger, Margaret 22 Ponce, Anibal 51 Etcheverry, Jose Luis 18; 42-43 Haskovec 74 Maldonado, Ignacio 57-58; 60; 78; 87 Prado Huarte, Hector 109; 124 Ey, Henry 83 Quevedo, Gustavo 30; 55; 102-103; Heidegger, Martin 40 Maler, Teobald 28 Faha Beaumont , Gladys 8 Hernändez 106-110 , Araceli 91 Malo, J. Martmez 89 Falcön 26 Hemändez Luna Radkau, V. 123 , Juan 8; 32; 48; 116; Marcondes, Durval 34 Farah Luis 27 , 121 Marcuse, Herbert 82 Ramirez, Santiago 8; 38; 44; 55; 58; 64- Femändez Villanueva Manuel 8; 77 , Hesnard, Louis-Angelo-Marie 14 Margolis, Jorge 57 65; 68; 70-72; 77-78; 85-86; 95; 102- Feuerbach , Ludwig 51; 106 Higareda, Arturo 80 Ma r in, Minda 85 104; 114-117; 123-124 Feder , Luis 55; 71; 94-95; 110; 120 Rudolf 22 Ramön y Cajal, Santiago 43; 51 Hilferding, Martinez Assad C. 122 Federn , Emst 17; 120 Ramos, Samuel 25; 30; 32; 46; 48; 51; Hinojosa, Armando 80 Martinez, Ana Ma r ia 85 Fedida Pierre 66 , Hinojosa, Jose Rüben 68; 73 Marx, Karl 40; 106 61-62; 118; 121; 124 Fenichel , Otto 22; 81; 120 Hinshelwood Robert D. 12; 121 Mechaca, Juan 27 Reich, Wilhelm 21 Ferenczi Sandor 78 , , Hitschmann Eduard 48 Meister Eckhart 81 Reicheneder, Johann G. 97; 124 Fischer K.A. 107; 120 , , Hoff, Eugenia 95 Mentz, B r igida von 33; 123 Reik, Theodor 22; 96 Fliess Wilhelm 120 , Hofmann Sven Olaf 54 Meza, Cesar 55 Remus Araico, Jose 55; 71; 95; HO Po r tes Abraham 79 , , Horkheimer Remus Araico, Estela G. de 55; 71; 95; , Max 80 Meza, Lilia 59; 78; 85 Franco 72; 76 Homey, Karen 37; 79 Mendez Arceo, Sergio 104; 118 110 Franco , Magda 85 Hofmamisthal Reyes, Ramön 43 , Hugo von 22 Mendez, Miguel8;31;123 Freud , Anna 55; 58; 74; 120 Illich Ivan 118 Richter, Horst-Eberhard 70 , Mier, Raymundo 86 Freud , Sigmund 13-19; 21-29; 32-33- Jacobson Riemann, Fritz 83 , Edith 22 Milkau, B r igitte 123 36-41; 43-59; 63; 69-70; 74-78; 80-81; Janet Robert, Matthe 17; 124 , Pierre 26; 38-40; 44 Millän, Alfonso 26; 80; 117; 123 84; 88; 96; 100; 106-107; 113; 118- Robles, Manuel 124 Jaspers, Karl 26 Millän, Ignacio 101 121; 124-125 Jimenez Gilberto 79 Moctezuma 11 Robles, Oswaldo 53-54 F r iede r ici , , Georg 60 Jones , Emst 26; 33; 40-41; 78; 107; 121 Montano, Guillermo 65 Rodrigue, Emilio 56

Friedjung, Josef K. 50 Joseph, J.M. 29;122 Moreno Canalejas, Luis 85 Roeder, Ralph 23; 124 Fromm , Erich 26; 37; 45; 65-67- 74- 77- Rollaman-Branch, Hilda S. 72 ' Juärez, Benito 23; 39; 124 Morgenthaler, F r itz 64; 100 79-83; 86-87 116-118; 121; 123-124 Jung, CG. 14; 25; 32; 48 Monsiväis, Carlos 30; 46; 123 Rosenthal, Ludovico 43 Fuentes Ma r io 26 , Junker Helmut 80; 117 Musil, Robert 22 Rosolato, Guy 66 Funk , , Rainer 81-82; 116; 121 Kafka, Franz 22 Nadig, Maya 122 Roth, Joseph 22

Garci'a Reynoso, Diego 60; 85 Roudinesco, Elisabeth 14; 124 Kagelmann, H. Jürgen 34; 122 Namnum, Alfredo 55, 71 Garcfa Reynoso, Giliü 60; 85 Kaiser Maximilian 33 Nandino. Elias 45 Roustang, Franfois 78; 80; 124 Garma , Angel 35 Rueda, Santiago 43 Kaplan, M. 28; 33; 122 Neurath, Otto 22 Gay, Peter 33; 81; 121 Kautsky, Karl 22 Nieto, Dionisio 26 Ruiz,Emma8;31; 123 Gerber, Daniel 89 Klein, Melanie 56-58 Nietzsche 46; 106 Saal, F r ida 89-90; 119 Gilly, Adolfo 76 Klimt, Gustav 22 Novo, Salvador 45 Sachs, Hans 22 Glaser H. 22; 121 , Kokoschka, Oskar 22 Numhauser 43 Sattele, Hans 123 Goldstein Kurt 83 , Krafft-Ebbing 51 Nuttin 54 Saizar, Antonio 123 Gömez Mo r in , Manuel 44 Kraus Sänchez Pintado, Sergio 69 , Karl 22 Okiander, Juan Tube r t 56 Theodor 22 Gomperz, Kretschmer 26; 40 Orfila, Reynaldo 90 Santama r ia, Antonio 68; 91 Gonzalez , Avelino 8; 30; 55; 71; 77; 92- Kris, Emst 22; 121 Omston, Da r ius G. 56 Sartre. Jean-Paul 40 95;110 Kutter Peter 122 Scharrer, B. 123 , Oropeza, Guevara 26 Gonzalez , Fernando M. 85-86; 102; 108; Laborde Hermän 76 Scheler, Max 32 , O r tega y Gasset 32 116 Lacan , Jacques 14; 40; 68; 87-92, 99 Ortiz Quesada, Federico 69 Schenquerman, Carlos 66, 87

Gonzalez Chagoyän, Jos6 Luis 8; 55- Lafora 74 Pacheco, Gerardo 122 Schiele, Egon 22 71; 103; 107-108; 110; 121 Schlick, Moritz 22 Laforgue, Rene 14; 124 Palacios, Agusün 68-69; 110; 123

Gonzalez Enriquez, Raul 26; 79-80 Lamadrid Mara 86 Schmidt, A. 120 , Papst Paul VI105 Gonzalez Pineda , Francisco 55; 62; 64- Schneider, Christian 17; 124 Lammoglia, E. 99; 122 Päramo-O r tega, Raul 17-18; 30; 42; 82; 71; 121 Schneider, HJ. 125 Lampl-de Groot, Jeanne 58 85; 94; 123

Gonzalez de Gaytan, Amapola 92-94: Schneider, Peter 99; 124 Langer, Ma r ie 8; 56-59; 78; 90; 95; 110- Pa r in, Paul 12; 38; 64; 100; 123 116 111; 117; 122 Pa r in-Matthey, Goldy 122 Schnitzler, Arthur 22

126 127 Schönberg, Arnold 22 Torres Arlas, Ma r ia Antonieta 8; 57; 86 Schöndube, Elisabeth 52; 123 Torres Bodet, Jaime 45 Schöndube, Otto 52 Torres Orozco , Jose 18; 27; 29; 32; 44- Schur, Max 22 48; 50-53; 116; 118; 125 Segovia, Tomas 79 Torres, Mariano de Jesus 47 Silva Garcia, Jorge 8; 65; 83; 117; 124 Toussaint, Manuel 44 Siqueiros, David Alfaro 76 Trotzki, Leo 76 Sladogna, A. 89 Tuchman, Barbara 11; 125 Soll's Garza, Heman 69; 73 Turner, G. 123 Sosa, Andres A. Cuevas 101 Urena, Pedro Hen r iquez 44 Sosa, Miguel F. 60; 68; 89 Valner, Gregorio 65; 68; 123 Sozaya, Jose 79 Vav r ik, Stephan 8; 33; 125 Spencer, Herbert 47 Velazco Alba Felix 8 , Daniel 31 Spitz, Rene 22 Vergara Lopez, Stalin, J. 76 Daniel Cosfo 44 Villegos, Sterba, Richard 58 Salazar 26 Viniegra, Strachey, James 34; 43, 56 Vives, Juan 69; 118 Stuart Mill, John 48 Vos, Jean de 125 Suärez, Armando 8; 30; 59; 66; 77-78; Wälder Robert 22 , 80-82; 85; 87; 90; 119; 124 Weber, Max 40 Suärez, Luis 118 Weininger, Otto 22 Sullivan, Henry Stack 37 Wemicke 49-50 Sveri, Knut 17; 124 Wetzel, Michael 34; 125 Tamez Garza, Rüben 73 Winnicott, Donald W. 56 Terän, Anibal Ponce 51; 125 Wittgenstein, Ludwig 22 Ticho, Emst A. 17; 125 Zarate, Guadalupe 33; 125 Tomas, Jahne 71 Zetkin, Clara 57 Tomel, Jose Berruecos 48 Zmud, Frida 103; 109-110 Torres Acevedo, En r ique 8; 75

Academia de Ciencias 39 Escuela Mexicana de Psicoanalisis 118 American Psychoanalytical Association Federaciön Latinoamericana de 37 Psicoanalisis (FEPAL) 69 Asociaciön Mexicana de Psicoterapia Französische Gesellschaftfür Psycho- Amlitica de Grupo (AMPAG) 109- analyse 14 110 Fundaciön Mexicana de Psicoanalisis Asociaciön Mexicana de Psicoterapia 92 Psicoanal t ica (AMPP) 84 Grupo de Estudios Sigmund Freud 8; Asociaciön Psicoanalitica Argentina 31; 70; 123 (APA) 58: 78 Grupo Guadalajara de Psicoterapia Asociaciön Psicoanalitica Mexicana Psicoanalitica 68

A.C. (APM) 25; 27; 62; 64-65; 68: Instituto de la Familia (IFAC) 87 71-73; 76-78: 87: 91-92; 94-95; 98; Ins t ituto Latinoamericano para la 99-100; 110 Educaciön de la Familia (1LEF) 87 Asociaciön Regiomontana de Instituto Mexicano de Psicoanalisis Psicoanalisis 73 (IMP) 78; 80; 83; 117 Brasilianische Gesellschaftfür Psycho- International Psychoanalytical Associa- analyse 34 tion (IPA)14: 20; 25: 30; 34; 58; 72; Centro de Estudios de Psicologfa Anali- III tica C.G.Jung 32 Platafonna III Centro de Investigaciön y Estudios Sociedad Luso-Espahola de Psicoanali- Psicoanalüicos (ClEP) 89; 92 sis 72 Centro de Investigaciön en Psicoanali- Sociedad Mexicana de Neurologia y sis y Psicoterapia 93 Psiquiatna A.C 69 Centro Psicoanalitico de Psicoterapia y Sociedad Mexicana de Psicoanälisis Orientaciön A.C93 (SMP) 83 Centro Psicoanalitico Emaus 106 Sociedad Psicoanalitica de Mexico Circulo Psicoanalitico Mexicano (CPM) (SPdM) 92; 116 30; 59; 76: 78; 84-87 Sociedad Psicoanalitica Mexicana Colegio de Psicölogos 65 (SPM) 25; 79-80; 117 291 Saarländische ULB Escuela Interdisciplinaria de Aprendi- Societe Psychanalytique de Paris 14 zaje y Comunicaciön 87 Study Group 73 Escuela Lacaniana de Psicoanalisis A.C. 68; 89 Ii Uli Ii 00072172991010 128 93-15718