Der letzte österreichisch-türkische Krieg im Spiegel serbischer Quellen (1787-1850)

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts (MA)

an der Karl-Franzens-Universität

vorgelegt von Jasenko MUDRI

am Institut für Geschichte Begutachter: Ao.Univ.-Prof. Dr.h.c.mult. Dr.phil. Harald Heppner

Graz, im Juli 2014

EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG:

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version.

Graz, am 8. Juli 2014 ……………………………

(Jasenko Mudri)

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INHALTSVERZEICHNIS

1.Danksagung 4 2.Vorwort 5 3.Einleitung – zur Problemstellung und Quellenlage 6 4.Serbien, Südungarn und die österreichische Militärgrenze bis zum Krieg 1788-1791 11 5.Der österreichisch-osmanische Krieg 1788-1791 19 6.Der letzte österreichisch-osmanische Krieg im Spiegel serbischer Quellen 23 6.1.Das komplexe Umfeld der ersten serbischen Medien 23 6.2.Zeitungen 26 6.2.1.Novine serbske iz carstvujućega grada Viene 26 6.2.2.Srpske novine 27 6.2.3.Weitere serbische Zeitungen 27 6.3.Zeitschriften 28 6.3.1.Golubica 28 6.3.2.Glasnik 29 6.3.3.Danica (Wien) 30 6.3.4.Danica (Neusatz) 30 6.3.5.Glasnik Društva srbske slovesnosti 30 6.3.6.Godišnjica Nikole Čupića 31 6.3.7.Šumadinka 31 6.3.8.Andere serbische Zeitschriften 31 6.4.Historiker 32 6.4.1.Milovan Vidaković 32 6.4.2.Vuk Stefanović Karadžić 34 6.4.3.Lazar Arsenijević Batalka 39 6.4.4.Leopold Ranke 40 6.4.5.Stojan Novaković 42 6.4.6.Avram Đukić 43 6.5.Volksdichtung 48 6.5.1.Epische Volksdichtung 48 6.5.2.Die epische Volksdichtung Serbiens 50 6.5.2.1.Tursko vojevanje na Beč 50 6.5.2.2.Kapetan Koča 52 6.5.2.3.Početak bune protiv dahija 53 6.5.2.4.Otac 55 6.6.Literatur, Poesie und Prosa 56 6.6.1.Zaharije Stefanović Orfelin 58 6.6.2.Miloš Svetić 60 6.6.3.Jovan Rajić 61 6.6.4.Dimitrije (Dositej) Obradović 64 6.6.5.Joso Krmpotić 67 6.6.6.Blaž Bošnjak 72 2

6.6.7.Antun Ivanošić 73 6.6.8.Josip Stojanović 74 6.6.9.Gregur Kapucin 75 6.6.10.Đuro Ferić 76 6.7.Memoiren 76 6.7.1.Die Memoiren von Prota Mateja Nenadovićs 76 6.7.2.Die Memoiren des Ritters von L. 80 6.8.Notizen 82 6.8.1.Isidor Stojanović 82 6.8.2.Milan Đure Miličević 84 7.Archive 85 7.1.Archive in Serbien 85 7.2.Ungarisches Nationalarchiv, Sammlung Illyrica 85 7.3.Armeeakten Ungarn 87 8.Conclusio 89 9.Quellen 92 9.1.Monographien und Sammelbände 92 9.2.Lexika 99 9.3.Zeitschriften 99 9.4.Zeitungsartikel 101 9.5.Festschriften 101 9.6.Notizen 101 9.7.Archivalien 101 9.8.Internetquellen 102 10.Anhang 102 10.1.Karten 102 10.1.1.Karte des Kriegsschauplatzes 102 10.1.2.Karte der Belagerung Belgrads 1789 103 10.2.Bilder und Fotos 104 10.2.1.Slaveno-Serbskij Magazin 104 10.2.2.Istorija raznih slavenskih narodov 104 10.2.3. Boj zmaja s orlovi 105 10.2.4.Haralampije 105 10.2.5.Danica 106 10.2.6.Miloš Obrenović, knjaz Serbii 106

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1.DANKSAGUNG

Diese Masterarbeit entstand am Institut für Geschichte der Karl Franzens Universität Graz.

An dieser Stelle möchte ich mich bei meinem Betreuer, Herrn Ao.Univ.-Prof. Dr.h.c.mult. Dr.phil. Harald Heppner, der es mir ermöglicht hat, an diesem interessanten Thema zu arbeiten, für die freundliche und engagierte Betreuung und die vielen hilfreichen Gespräche und Anregungen bedanken.

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2. VORWORT

Als spätberufener Historiker interessiere ich mich schon seit langer Zeit für den südosteuropäischen Raum und die kulturelle und zivilisatorische Vorreiterrolle, die meine österreichische Heimat im Laufe der vergangenen Jahrhunderte dort spielte. Das mag an meinem starken persönlichen Bezug zu diesem Raum liegen. Außerdem haben mich mehrere interdisziplinäre Lehrveranstaltungen in das Themengebiet dieser Masterarbeit eingeführt. Bei der Wahl des Themas fokussierte ich mich keineswegs ausschließlich auf militärgeschichtliche Themen, sondern wollte möglichst viele Aspekte der gesamten gesellschaftlichen Entwicklung historisch erforschen. Dabei kristallisierte sich der letzte österreichisch-türkische Krieg (1788-1791) schon recht bald als Dreh- und Angelpunkt für die Entstehung der Nationen in Südosteuropa heraus. Er brachte Weichenstellungen mit sich, die sich bis heute auswirken. Das gilt vor allem für das serbische Volk, dessen historischen Quellen diese Arbeit gewidmet ist. Meine Kernforschungsfragen lauten daher: Was bezeugen die in den westeuropäischen Geschichtswerken bisher kaum beachteten serbischen Quellen, darunter Zeitungen, Zeitschriften, Volksdichtung, Poesie, Prosa, Historiographie, Memoiren und Notizen über den Achten Österreichisch-Türkischen Krieg? Lässt sich das Entstehen der modernen serbischen Volkssprache, der Literatur und Medienlandschaft sowie der serbischen Historiographie als unmittelbare Folge dieses Konfliktes verstehen? Auf Grund ihrer Relevanz wurden auch die Reflexionen der späteren serbischen Autoren eingebunden. So bildet das Jahr 1850 kein ultimatives Ende der hier verfolgten Geschichte. Infolge von Kriegszerstörungen sind serbische Originalquellen äußerst rar und schwer zugänglich. Auch nimmt der Krieg von 1788-1791 in der offiziellen serbischen Historiographie keinen so wichtigen Platz ein wie zum Beispiel die Aufstände 1804-1813 und 1815-1817. Eine Anfrage nach den eventuellen, den Achten Österreichisch-Türkischen Krieg betreffenden Quellen auf Serbisch stieß in den Archiven Istanbuls und Ankaras leider auf taube Ohren. Mehr Entgegenkommen zeigten hingegen das Kriegsarchiv in Wien, das Ungarische Staatsarchiv in Budapest und die Nationalbibliothek Serbiens in Belgrad. Als wahre Schätze erwiesen sich die Zeitungssammlungen der Universitätsbibliothek „Svetozar Marković“ in Belgrad und die Notizen- und Handschriftensammlung der Serbischen Königlichen Akademie (heute SANU), die mir einen hervorragenden Überblick über das Kriegsgeschehen aus Zeitzeugenperspektive ermöglichte. Sehr angenehm gestaltete sich auch die Zusammenarbeit mit der Stiftung Dositej Obradovićs und mit dem Militärmuseum in Belgrad. Die meisten der im Folgenden zitierten Texte habe ich selbst aus dem Serbischen ins Deutsche übersetzt.

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3.EINLEITUNG – ZUR PROBLEMSTELLUNG UND QUELLENLAGE

Als der Achte Österreichisch-Türkische Krieg ausbrach, war die Donaumonarchie im Sinne des aufgeklärten Absolutismus eine moderne aufstrebende Großmacht und das Osmanische Reich hingegen eine rückständige, krisengerüttelte orientalische Despotie. Serbisches Gebiet war zu jener Zeit zwischen den beiden Reichen aufgeteilt, wobei Österreichische Serben eine weitaus bessere Behandlung erfuhren, als jene unter Osmanischer Herrschaft. Einen ordentlichen Zugang zum Geistesleben erhielten die serbischen Untertanen des Hauses Habsburg jedoch erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Das hing mit ihrer diesbezüglich etwas unvorteilhaften Berufs- und Bevölkerungsstruktur zusammen. Bis dahin gab es in den Reihen der Serben nur sehr wenig gelehrte Köpfe, die das Licht der Aufklärung bereitwillig ergriffen hätten. Mit der zunehmenden Partizipation serbischer Berufssoldaten, Kaufleute und Priester am Gesellschaftsleben der Donaumonarchie änderte sich alles. Ausgerechnet der Krieg 1788-1791 wirkte als Katalysator dieser Entwicklung. Die gebildeten serbischen Untertanen des Hauses Habsburg verbreiteten mit österreichischer Unterstützung im Sog dieses Konfliktes den Geist der Aufklärung. Sie schrieben Loblieder über Joseph II. und über seine Feldherren und es wurden erste Zeitungen auf Serbisch publiziert. Just während dieser komplexen Zeit entstanden mehr als zwanzig Literatur-, Poesie- und Geschichtswerke. Res Orientalis und die erwartete Befreiung Serbiens vom sprichwörtlichen Joch der osmanischen Herrschaft durch die siegreichen kaiserlichen Heere wurden somit zu einem Thema auch fürs einfache Volk. Österreich spielte bei der kulturellen Emanzipation der Serben eine Schlüsselrolle. Die österreichischen Serben wirkten in Serbien zeitweise als geistige Elite des Landes und verbreiteten dort die Ideen der Aufklärung, freilich erst im 19. Jahrhundert nach der Erlangung der Autonomie.

Jeder Krieg produziert gewollt oder ungewollt viele Quellen. Neben zahlreiche Waffen, Militärkarten, Banner und Rüstungen gesellen sich auch etliche Zeitzeugenberichte, Chroniken, Militärakten, Gedichte, Romane und Konfliktanalysen. Die österreichische Historiographie widmete sich bis dato hauptsächlich der Auswertung der Akten aus den gut ausgerüsteten Archiven in Wien. Ganz anders als die Türken und Serben verfügte die Donaumonarchie im 18. Jahrhundert nämlich über eine äußerst exakte und moderne Militäradministration, die für wahre Aktenberge sorgte. Alfred Ritter von Arneth (1819-1897) publizierte 1869 in Wien „Joseph II und Katharina von Russland. Ihr Briefwechsel“. Dieses Fachbuch beschreibt äußerst systematisch den diplomatischen Kriegspfad Österreichs vor dem Ausbruch des bewaffneten Konfliktes.

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Interessanterweise entstand die österreichisch-russische Allianz durch einen Briefwechsel der Monarchen und nicht durch einen offiziellen Vertrag der beiden christlichen Großmächte!1 August Gräffer (1762-1816) war der erste österreichische Historiograph, der den serbischen Teilnehmern des letzten Türkenkrieges mehr Platz eingeräumt hat. In der „Geschichte der k. k. oesterreichischen Regimenter, Corps, Bataillons und anderen Militär Branchen seit ihrer Errichtung bis zum Ende des Feldzuges 1799“ aus dem Jahr 1812 berichtet er ausführlich über „Demeter Kocsa, ein Seifensieder“ und über seine Flucht ins Habsburgerreich.2 Im Buch wird auch der Versuch der osmanischen Obrigkeit geschildert, den mittlerweile österreichischen „Capitän Kocsa“ zu bestechen:

Im Juny versprach ihm der Grossvezier 40.000 Piaster, wenn er mit seinen Leuthen die kaiserlichen Dienste verlassen und in die türkischen treten wollte.3

Gräffer beschrieb den Tod des serbischen Volkshelden.4 Ausführlich berichtet er auch über die Taten Stefan5 Mihaljevićs und stellt richtig fest, dass dieser nicht zum General befördert wurde, da er am 17. April 1794 bei Landrescies in den Niederlanden als Oberst gefallen war.6 Über Mihaljević schrieb auch Franz Vaniček in seiner „Specialgeschichte der Militärgrenze. Aus Originalquellen und Quellenwerken geschöpft“.7 Constantin Wurzbach Ritter von Tannenberg (1818-1893), bekannt als Herausgeber des sechzigbändigen „Biographischen Lexikons des Kaiserthums Oesterreich“, räumt im dritten Band dieses Werkes den detaillierten Beschreibungen der kriegerischen Aktionen der aufständischen Serben unter Koča Anđelković viel Platz ein.8 Adolf Beer (1831-1902) schrieb hauptsächlich über die Korrespondenz der Habsburger mit der Zarin Katharina II. Den Krieg 1788-1791 analysierte er nur in seinem in Prag 1883 erschienenen Werk „Die orientalische Politik Oesterreichs seit 1774“.

1 ARNETH Alfred, Joseph II und Katharina von Russland. Ihr Briefwechsel. Wien 1869, S. 78-80 2 GRÄFFER August, Geschichte der k. k. oesterreichischen Regimenter, Corps, Bataillons und anderen Militär Branchen seit ihrer Errichtung bis zum Ende des Feldzuges 1799. Bd. 3, Wien 1812, S. 101 3 ebda., S. 108 4 ebda., S. 154 5 Fehlangabe Gräffers, er hieß nicht Stefan, sondern Mihailo, Bem. d. Aut. 6 ebda., S. 178 7 VANIČEK Franz, Specialgeschichte der Militärgrenze. Aus Originalquellen und Quellenwerken geschöpft. Bd. 3, Wien 1875, S. 367 u. 455 u. Bd. 4, S. 369 8 WURZBACH Constantin, Biographisches Lexikon des Kaisethums Österreich, enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750-1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bde. Bd. 3, S. 561, Wien 1856-1891 7

Beer sah in Serbien einen unwillkommenen Drudenfuss Österreichs bei den Verhandlungen der Habsburger mit Preußen über die bevorstehende Teilung der reichen Gebiete Polens.9 Die „Belgrader Affäre“ wird in seinen Werken bloß kurz erwähnt.10 Die vermutlich genaueste militärgeschichtliche Chronik des Konfliktes von 1788 bis 1791 veröffentlichte Wilhelm Brinner. Seine „Geschichte des k. k. Pionnier-Regimentes, in Verbindung mit einer Geschichte des Kriegs-Brückenwesens in Österreich“ von 1878 ist voller Einzelheiten und liest sich wie ein Kriegstagebuch.11 Ernst Benedikt fixierte sich in seinem Werk „Kaiser Joseph II. 1741-1790. Mit Benützung ungedruckter Quellen“ eher auf die persönlichen Animositäten innerhalb der österreichischen Staatsführung als auf die Ereignisse im Felde.12

Die moderneren Standardwerke über die Geschichte Österreichs, darunter mehrere Bücher von Karl Vocelka, trätieren den Achten Österreichisch-Türkischen Krieg eher als eine unbedeutende und etwas unglücklich verlaufene Nebenschauplatzepisode im Vorfeld des fünfundzwanzigjährigen Ringens mit der französischen Republik.13 Michael Hochedlinger sieht die Bedeutung des letzten Türkenkrieges primär im Fall des kauniz’schen Diplomatiesystems, weil man den bisherigen Feind Preußen nun als Verbündeten im Kampfe gegen Frankreich benötigte.14 Robert-Tarek Fischer betrachtet den Achten Österreichisch- Türkischen Krieg eher im Licht der am Ende des 18. Jahrhunderts erfolgten ersten Versuche der Donaumonarchie, im Nahen Osten Fuss zu fassen.15 Die sozialrevolutionäre innenpolitische Komponente des letzten Türkenkrieges wird von Helmut Reinalter analysiert, und zwar im Licht des Aufruhrs in Wien 1788. Reinalter bezieht sich in seinem Buch „Joseph II. Reformer auf dem Kaiserthron“ fast ausschließlich auf die Quellen, die heute zu den Beständen der Wiener Archive zählen.16 Die Ereignisse außerhalb des heutigen Österreichs erforscht er nicht. Reinalter widmet sich lieber der Geschichte der Geheimgesellschaften Westösterreichs als den Kriegen an der Peripherie des Reiches.

9 BEER Adolf, Die orientalische Politik Oesterreichs seit 1774. Prag-Leipzig 1883, S. 37 10 ebda., S. 93 11 BRINNER Wilhelm, Geschichte des k. k. Pionnier-Regimentes, in Verbindung mit einer Geschichte des Kriegs- Brückenwesens in Österreich. Bd. 1, Wien 1878, S. 275, 279-280, 284, 289-293, 296, 304, 307-308, 313, 315, 317-319, 329 u. 331-332 12 BENEDIKT Ernst, Kaiser Joseph II 1741-1790. Mit Benützung ungedruckter Quellen. Wien 1947, S. 287 u. 290- 291 13 VOCELKA Karl, Österreichische Geschichte. 1699-1815. Glanz und Untergang der höflichen Welt. Repräsentation, Reform und Reaktion im Habsburgischen Vielvölkerstaat. München 2001, S. 110, 176 u. 178 14 HOCHEDLINGER Michael, Krise und Wiederherstellung. Österreichische Großmachtpolitik zwischen Türkenkrieg und „Zweiter Diplomatischen Revolution“ 1787-1791. In: Historische Forschungen. Bd. 65, Berlin 2000, S. 117-118 15 FISCHER Robert-Tarek, Österreich im Nahen Osten. Die Großmachtpolitik der Habsburgermonarchie im Arabischen Orient 1633-1918. Wien-Köln-Weimar 2006 S. 51 16 REINALTER Helmut, Joseph II. Reformer auf dem Kaiserthron. München 2011, S. 33 8

Einen interessanten Blickwinkel bietet der Beitrag „Bilder von der Front. Berichterstattung vom letzten österreichischen Türkenkrieg“ von Johannes Feichtinger und Johann Heiss, die sich allerdings ebenfalls überwiegend auf die Wiener Quellen bezieht. Eine bedeutende zeitgenössische Quelle über die Kriegsereignisse ist die „Wiener Zeitung“. Neben der Glorifizierung des Kaisers und seiner Feldherren findet man in der besagten Zeitung mehrere Erwähnungen des serbischen Kriegschausplatzes und der tapferen Serben wie Oberleutnant Sava Demelitsch und der Harambascha Maxim Mihailovich.17 Die norddeutsche Historiographie stützte sich im 19. Jahrhundert mit der Ausnahme Rankes ebenfalls primär auf die österreichischen Archivbestände und vernachlässigt bis heute die Rolle der Serben im Krieg von 1788 bis 1791.18

Die serbische Historiographie entstand erst im Zeitalter der Aufklärung und entwickelte sich in mehreren Phasen. Der letzte österreichisch-osmanische Krieg 1788-1791 hatte den allerersten Höhenflug der serbischen Patrioten, Dichter, Schriftsteller und Geschichtsschreiber als Folge. Zu den bedeutendsten Zeitzeugen des Konfliktes zählten Vuk Stefanović Karadžić (Istorijski Spisi, Pisma, Miloš Obrenović, knjaz Srbije ili građa za srpsku istoriju našega vremena), Prota Mateja Nenadović (Memoari), Dositej Obradović, Milovan Vidaković (Istoria Slaveno Serbskoga Naroda) und Lazar Arsenijević Batalka (Istorija Srpskog Ustanka). In ihren Werken unterstrichen sie die enorme Bedeutung des Achten Österreichisch-Türkischen Krieges für die „Auferstehung der serbischen Nation“ und die entscheidende konkrete Unterstützung Österreichs bei diesem Vorhaben. Die zeitgenössischen Autoren der Serben sahen im von den Aufständischen kontrollierten Gebiet der Kočina Krajina die erste Partnerschaft des serbischen Volkes mit einer Großmacht und den Anfang vom Ende der erbarmungslosen türkischen Tyrannei. Die serbischen Historiographen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts teilen sich in zwei Gruppen auf. Die erste Gruppe besteht aus den österreichischen Serben wie z.B. k. u. k. General Avram Đukić (Učešće titelskog krajiškog bataljona u austro-turskom ratu godine 1788-1791). Diese Historiker widmeten sich überwiegend dem harten Tatsachenbestand der seriösen Forschung, weil sie von der Systematisierung der Archiveinrichtungen Österreich-Ungarns stark profitierten und präsentieren einen detaillierten Einblick in die Ereignisse des letzten Türkenkrieges. Eine Sonderstellung innerhalb der serbischen Historiographie genießt der Begründer des historischen Kritizismus, Ilarion Ruvarac, der Archimandrit von Grgeteg. Die Historiker aus

17 Aus dem Feldlager des Banathischen Trupencorps bey Mehadie, den 1. August. In: Wiener Zeitung Nr. 65 vom 13. August 1788, o. S. Ang. 18 ZINKEISEN Johann Wilhelm, Geschichte des osmanischen Reichs in Europa. Bd. 6, Hamburg-Gotha 1859, S. 613-632 9 dem Fürstentum/Königreich Serbien um Stojan Novaković (Tursko carstvo pred srpski ustanak 1780-1804), Andra Gavrilović (Prinos istoriji oslobođenja Srbije), Dragoljub Pavlović (Srbija za vreme poslednjeg austrijsko-turskog rata 1788-1791 g. po arhivskoj i drugoj građi) und Mihailo Gavrilović (Miloš Obrenović I-III) waren anders als die „Nemečkari“ und „Švabe“19 im Rahmen ihrer Forschungsarbeit primär darum bemüht, die Entstehung des modernen serbischen Staates wissenschaftlich zu untermauern. Das 20. Jahrhundert brachte als Folge der politischen Umwälzungen eine durchaus revidierte Sicht auf die thematisierte Periode mit sich, wie z.B. bei Mita Kostić (Grof Koler kao kulturno- prosvetni reformator kod Srba u Austriji u XVIII veku), Novica B. Rakočević (Ratni planovi Srbije protiv Turske), Dušan Pantelić (Kočina krajina), Petar I. Popović, Grgur Jakšić (Evropa i vaskrs Srbije 1804-1834), Aleksandar Forišković (Sava Tekelija, Opisanije života, Plemstvo kod Srba u Habzburškoj monarhiji und Vojna granica kao okvir za istoriju Srba u Habzburškoj monarhiji), Dušan J. Popović (Srbi u Bačkoj do kraja osamnaestog veka und Srbi u Banatu do kraja osamnaestog veka), Vladimir Ćorović (Istorija Srba) und Slavko Gavrilović (Srbi u Habzburškoj monarhiji 1792-1849). Dieselben Autoren dominieren auch die serbische historische Lexikographie. Im dritten Millennium forschen in Serbien wieder etliche überwiegend seriöse Historiker, deren Werke teilweise auf bisher unveröffentlichten Archivdokumenten basieren, wie z.B. Duško M. Kovačević, Srebrica Knežević, Radoš Ljušić (Tumačenja Srpske revolucije u istoriografiji 19. i 20. veka und Vuk Karadžić o srpskoj revoluciji), Milorad Tomanić (Srpska crkva i ratovi u njoj), Dejan Medaković (Josef II i Srbi), Stevan Slavnić (Šajkaški bataljon od osnivanja 1763 do razvojačenja 1873), Ljubomirka Krkljuš und Čedomir Popov (Evropa i srpske revolucije 1804-1815 als Koautor, Francuzi i srpska revolucija). Als tendenziöse großserbisch angehauchte Gechischtsschreiber gelten hingegen Milorad Ekmečić (Dugo kretanje između klanja i oranja. Istorija Srba u Novom Veku 1492-1992), Atanasije Jeftić (Pravoslavna crkva i rimokatolicizam), und Jovan Deretić. Die Bestände der staatlichen Archivinstitutionen sind in Österreich und in Ungarn klarer strukturiert als in Serbien. Auch der Zugang zu den Archivalien gestaltet sich in Serbien in der Praxis wesentlich komplizierter und verlangt nach viel Beharrlichkeit. Die Serbisch-Orthodoxe Kirche zeigt sich allerdings äußerst entgegenkommend. Bis zum Ende der kommunistischen Herrschaft beachtete die offizielle serbische Historiographie diverse kirchliche Quellen fast gar nicht, weshalb auf diesem Gebiet noch große Lücken in der historischen Aufarbeitung zu schließen sind.

19 Ursprünglich eine Bezeichnung der Serbianer für die Gelehrten unter den österreichischen Serben, Bem. d. Aut. 10

4.SERBIEN, SÜDUNGARN UND DIE ÖSTERREICHISCHE MILITÄRGRENZE BIS ZUM KRIEG 1788-1791

Das serbische Volk lebte im Hochmittelalter (1250-1500) im , in Süd- und Zentralserbien, in der Herzegowina, Montenegro und in Bosnien. Der nördlichste Punkt des damals serbischen Gebietes war Belgrad. Die Expansion des Osmanischen Reiches war von zahlreichen Kriegen und Plünderungen begleitet und löste eine kontinuierliche Migration der Serben in die Länder der Stephanskrone aus. Den serbischen Feldherren im Dienste Ungarns folgte recht bald auch das einfache Landvolk, das im Nordwesten auf eine sichere Existenz hoffte. Das Regnum Hungarorum erfasste damals, neben dem heutigen ungarischen Staatsgebiet noch Kroatien, die heutige Slowakei, Siebenbürgen, Transkarpatien, Nordserbien und große Teile des bosnischen Königreiches. Das ungarische Heer galt im 15. Jahrhundert unter Johannes/Janos Hunyadi und seinem Sohn, König Matthias Corvinus, als ein äußerst gefährlicher Gegner. Das Pech Hunyadis als Feldherr und Politiker war es, dass seine Gegner im Südosten ausgerechnet Murad II. und dessen siegreicher Sohn Mehmed II. (Fatih Sultan, der Eroberer Konstantinopels) waren.20 Im Jahr 1459 fiel Serbien an das Osmanische Reich, 1463 dann „lautlos flüsternd“ auch Bosnien, 1482 die Herzegowina und 1499 Zeta/Montenegro. Die kriegerischen Maßnahmen der ungarischen Könige und der Venezianer gegen die Heere der Hohen Pforte blieben trotz gelegentlicher Siege letzendlich erfolglos. Die eroberten Gebiete Südosteuropas wurden im Laufe des 15. Jahrhunderts direkt ins Osmanische Reich inkorporiert.21 Für die dort verbliebene Bevölkerung erwies sich die Herrschaft der Hohen Pforte anfangs als äußerst vorteilhaft. Die feudale Anarchie wurde weitgehend beseitigt. Die osmanische Verwaltung galt zwar als ausgesprochen streng, aber gerecht. Auf die bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts erfolgte Eroberungsphase der Turkokratie, während der man im Namen des Islam den gesamten Balkan besetzte, Menschenfang und Terror betrieb, folgte bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts die Phase der Konsolidierung und Festigung der Herrschaft der Sultane, die durch eine recht effiziente und geregelte Verwaltung seitens der Hohen Pforte charakterisiert war. Die Religionsausübung gestaltete sich relativ frei, solange sie nicht mit dem Islam kollidierte. Auch die Steuerlasten waren anfangs niedriger als unter der Steuerschraube der christlichen Herrscher. Für die Handelsbeziehungen des osmanischen Balkans mit dem Abendland blieben primär Venedig und Ragusa zuständig, die es prächtig verstanden, sich mit der Hohen Pforte vorteilhaft zu arrangieren. Anderseits

20 TURNBULL Stephen, The Ottoman Empire 1326-1699. Essential history. Oxford 2003. S. 36-37 21 JÄGER Friedrich, Bosniaken, Kroaten, Serben. Ein Leitfaden ihrer Geschichte. Frankfurt/Main-Wien u. a. 2001, S. 82 11 bedeutete die Pax Ottomanica für die Bevölkerung Südosteuropas einen schmerzhaften Bruch mit der Kontinuität der europäischen Kulturentwicklung.22 Seit 1493 engagierte sich Maximilian I. verstärkt in Kroatien im Kampfe gegen die Türken, die seit 1411 auch die Ländereien der Vasallen der Habsburger in Kärnten, Krain und in der Steiermark verstärkt plünderten. Die Heiratsverbindungen des Kaisers sicherten seiner Nachkommenschaft, neben der spanischen und der burgundischen, auch die ungarisch-kroatische Krone auf nachhaltige Weise. Dieser Erbfall trat bereits am 29. August 1526 ein, als die überlegenen und mit über dreihundert Kanonen ausgerüsteten osmanischen Truppen das ungarische Adelsheer besiegten und Ludwig II, der König Ungarns, Kroatiens und Böhmens, auf der Flucht im Flüsschen Csele ertrank.23 Das einheitliche ungarische Königreich erlosch nach seinem Tode.24 Ferdinand I. wurde in Cetin zum kroatischen König gewählt, sein Feldherr Nikolaus Jurišić vertrat ihn während der Königswahl.25 Die Lage in Ungarn, Slawonien und Siebenbürgen erwies sich in der Folgezeit als unerwartet komplex, da dort ein Bürgerkrieg entflammte, an dem sich neben Kaiser Ferdinand I. und dem Sieger von Mohacs, dem osmanischen Sultan Süleyman dem Prächtigen, auch der Reichsverweser des Stephansreiches, Johann Zápolya, beteiligte.26 Nach dem Tode Zápolyas besetzten die Osmanen Mittelungarn und den Nachfolgern des Palatins verblieb nur Siebenbürgen. Den Habsburgern gelang es, ihre Herrschaft in West- und Oberungarn zu konsolidieren, aber sie verstrickten sich durch ihren Anspruch auf die Länder der Stephanskrone in insgesamt acht Kriege gegen das Osmanische Reich, dessen Heere im Laufe des 16. Jahrhunderts Ungarn und Kroatien zu Reliquae Reliquiarum reduzierten, die ihre Funktion als Antemurale Christianitatis erfüllten. Ein starkes Bollwerk gegen die osmanische Gefahr bildete seit den 1530er-Jahren die habsburgische, stark an die altrömische und byzantinische Wehrbauertradition angelehnte Militärgrenze.27 Die dort angesiedelten Uskoken, Martholosen und Walachen wurden keine klassischen spät-feudalen Untertanen, sondern freie kaiserliche Bauernsoldaten.

22 MACAN Trpimir, Povijest Hrvatskog Naroda. Agram 1992, S. 187-189 23 WINTER Otto F, Die österreichische Militärgrenze 1535-1871. Gedächtnisausstellung anlässlich des 100. Jah- restages ihrer Auflösung. Wien 1971, S. 1, vgl. TURNBULL Stephen, The Ottoman Empire 1326-1699. Essential History. Oxford 2003. S. 47-49 24 DALOS György, Ungarn. Mythen – Lehren – Lehrbücher. In: Monika Flacke (Hg.): Mythen der Nationen. Ein europäisches Panorama. Eine Ausstellung des Deutschen Historischen Museums unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl. Begleitband zur Ausstellung vom 20. März 1998 bis 9. Juni 1998. München- Berlin 1998. S. 544-548 25 MACAN Trpimir, Povijest Hrvatskog Naroda. Agram 1992, S. 183-184 26 TURNBULL Stephen, The Ottoman Empire 1326-1699. Essential History. Oxford 2003. S. 49-52 27 WINTER Otto F, Die österreichische Militärgrenze 1535-1871. Gedächtnisausstellung anlässlich des 100. Jah- restages ihrer Auflösung. Wien 1971, S. 9 12

In der Entwicklung der Militärgrenze unterscheidet man zwei Phasen: die frühe Grenzgesellschaft von 1535 bis 1754 und die weitgehend militarisierte Gesellschaft von 1754 bis 1881, als das Soldatenland von einem Kleinkriegsbollwerk zu einem Rekrutierungsreservoire regulärer Regimenter für die kaiserlichen Streitkräfte umfunktioniert wurde.28 Der Schutz des Herzens des Habsburgerimperiums erwies sich als äußerst effektiv und hinderte osmanische Plünderer an tieferen Raids in reicheren Gebieten des Hinterlandes. Die Hauptaufgabe der Militärgrenze blieb bis tief ins 17. Jahrhundert die strategische Defensive. Wünsche der ungarischen Feudalherren nach größeren Feldzügen ins osmanische Territorium stießen bei den kaiserlichen Generälen vorerst auf wenig Verständnis. Die ungarischen und kroatischen Stände wehrten sich ohne Erfolg gegen die Ansiedlung der „freien Walachen“, d.h. der Serben und Rumänen im Soldatenland, deren Rechte und Pflichten die Statuta Valachorum aus dem Jahr 1630 regelte. Das Prinzip der Vergabe von Soldatengütern mit Verpflichtung zum Kriegsdienst wurde erfolgreich mit der militärischen Verwaltung des Landes verknüpft.29 So gewann der Kaiser wertvolle (weil unbesoldete und stets verfügbare) Berufskrieger im Inland, die er nach Bedarf sowohl gegen die Osmanen, als auch gegen die widerspenstigen ungarischen und kroatischen Stände beliebig einsetzen konnte, was während des Rakoczys Aufstandes auch geschah.30 Neben den Husaren erwiesen sich die Grenzer, alle Kriege der Habsburger im 17. und im 18. Jahrhundert hindurch, als eine der effektivsten Waffen der Monarchie. Die „Statuta Valachorum“ garantierten den Bewohnern der „Confin“, obwohl sie mitten im 30-jährigen Krieg beschlossen wurden, neben persönlicher Freiheit auch das Recht zur freien Religionsausübung.31 Das Zeitalter des Absolutismus brachte den Grenzern in der von Leopold I. 1667 erlassenen neuen Fassung der Statuta Valachorum zwar gewisse Einschränkungen bei den Richterwahlen oder das Verbot eigenmächtiger Versammlungen bei Androhung der Todesstrafe, ließ jedoch ihre sonstigen Privilegien bestehen.32

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts kam es im Rahmen des Großen Wienerkrieges zu einer Allianz Österreichs mit Polen, Venedig, Russland, Bayern und Brandenburg. Diese Liga Sacra richtete sich gegen die Hohe Pforte und war fest entschlossen, die osmanischen Heere zurückzudrängen und Südsosteuropa vom „Türkenjoch“ zu befreien.

28 WINTER Otto F., Die österreichische Militärgrenze 1535-1871. Gedächtnisausstellung anlässlich des 100. Jah- restages ihrer Auflösung. Wien 1971, S. 3 29 ebda., S. 3 30 ebda., S. 3 u. 9 31 ebda., S. 6 32 ebda. 13

Die seitens der Osmanen verschlafene Militärrevolution des 17. Jahrhunderts veränderte die Verhältnisse im Felde nachhaltig. Nach der Schlacht am Kahlenberg wendete sich 1683 das Kriegsglück zu Gunsten der Habsburgischen Feldherren. Kaiser Leopold I. rief die Serben, Albaner und Mazedonier zum Aufstand gegen ihre osmanischen Unterdrücker auf, und sie gehorchten ihm. Sowohl der serbisch-orthodoxe Klerus, als auch das einfache Volk unterstützten den Vorstoß der kaiserlichen Truppen in Richtung Prizren und Skopje.

Nach den glorreichen Erfolgen der Christenmächte schlug das Pendel des Gottes Mars jedoch 1689-1691 (ob ausgiebiger französischer Waffen- und Finanzhilfe) kurzfristig wieder auf die Seite der Türken aus. Sowohl von osmanischen Truppen, als auch von der Pest verfolgt, zog sich das kaiserliche Heer über Save und Donau zurück nach Ungarn. Ihm folgte ein Massenexodus der aufständischen Serben, die sich vor der osmanischen Rache fürchteten. Erst große Triumphe Prinz Eugens brachten der christlichen Koalition veritable Siege, die das Osmanische Imperium zum Verhandlungstisch zwangen. Mit Ausnahme des und Südostsyrmiens kamen alle Länder der Stephanskrone nach den Bestimmungen des Friedens von Karlowitz 1699 unter die Herrschaft der Habsburger. Nach Karlowitz begann die Phase des Niedergangs und der Auflösung des Osmanischen Reiches.33 Die Eingliederung ins Habsburgerreich war für die befreiten Territorien mit relativ großen Problemen verbunden, da sich die Grenzbevölkerung den Anstrengungen der Grafen Zinzendorf und Herberstein, eine zivile Verwaltung zu errichten, widersetzte.34 Der unter dem Patriarchen Arsenije Čarnojević im Jahre 1690 ins Soldatenland der Habsburger geflüchteten orthodoxen Bevölkerung, immerhin 30.-50.000 Menschen, wurden vom Wiener Hofe bedeutende religiöse und steuerliche Sonderrechte eingeräumt, wodurch die Bestimmungen von 1630 ergänzt wurden. Dadurch entwickelte sich die Confin zu einem der spannendsten ethnisch-politischen Experimente der Neuzeit. Den serbischen Zuwanderern wurde das Land in der vom Hofkriegsratspräsidenten Grafen Staufenberg errichteten slawonischen (Theiß-Maros-) Grenze zugewiesen.35 Sie galten als tapfere, ergebene und relativ anspruchslose Berufssoldaten. Viele Gegner im Felde fürchteten sich vor ihnen, weil sie im Blutrausch manchmal grausame Kriegsverbrechen verübten, was im zivilisierten Westeuropa mittlerweile als verpönt galt. Die Grenzer, oft auch Granitscharen genannt, trugen keine teuren Uniformen und aßen auf Grund der vielen orthodoxen Fastenfeiertage vergleichsweise wenig.

33 WEITHMANN Michael M., Balkan-Chronik. 2000 Jahre zwischen Orient und Okzident. Regensburg-Graz-Wien u.a. 32000, S. 136-137 34 WINTER Otto F., Die österreichische Militärgrenze 1535-1871. Gedächtnisausstellung anlässlich des 100. Jah- restages ihrer Auflösung. Wien 1971, S 7 35 ebda., S. 8 14

Die Grenzregimenter wurden nach ihrem Aufgabenbereich in drei Gruppen unterteilt. Die Hauptaufgabe der ersten Gruppe war der unmittelbare Grenzschutz. Die zweite Gruppe wurde mit diversen logistischen und landwirtschaftlichen Aufgaben betraut. Die Soldaten der dritten Gruppe operierten turnusmäßig (nach dem Rotationsprinzip) auf den Schlachtfeldern im Ausland, d.h. in Westeuropa.36 Im Jahr 1740 stellte die Militärgrenze 46.615 Mann, von den insgesamt 113.544 Soldaten des Habsburgerreiches.37 Besonders hoch angesehen waren die Tschaikisten, die bei Bedarf auch als Pontoniere eingesetzt wurden. Ein Teil der serbischen Migranten siedelte sich in den vom Krieg verwüsteten, zivil verwalteten Gebieten Ungarns und Kroatiens an, wo sie allerdings recht schnell den gewaltigen wirtschaftspolitischen Druck der Magnaten der Länder der Stephanskrone zu spüren bekamen. Ein Riesenschritt zur Emanzipation der Serben unter der Herrschaft der Habsburger waren ganz eindeutig die von Kaiser Joseph II. in die Wege geleiteten Reformen. Sie bewirkten eine Gleichstellung der serbisch-orthodoxen Bevölkerung mit den Angehörigen der anderen anerkannten Konfessionnen des Imperiums. Ein weiterer Faktor für die Etablierung einer eigenständigen serbischen Nation war die Abwesenheit feudaler Elemente im Soldatenland. Außerdem wurden nach 1791 viele Serben durch PRIVILEGIA FEMUNERATORIA um 1.500 Ft. in den Adelstand erhoben.38

Ein weiterer Krieg gegen die Osmanen brachte 1718 auch das , Südostsyrmien und vorübergehend Nordbosnien, Nordserbien und die Kleinwalachei unter Habsburgische Herrschaft. Die knapp 21-jährige Geschichte des Habsburgischen Serbiens von 1718 bis 1739 gilt als äußerst interessant, weil man in diesem neuinkorporierten Königreich mit Kaiser Karl VI. als Staatsoberhaupt bereits auf die reichen organisatorischen Erfahrungen der Militärgrenze zurückgreifen konnte und daher von Anfang an die bisherige osmanische Lokaladministration vollkommen ersetzte. Das Königreich Servien blieb fest in habsburgischer Hand und wurde nicht an das malcontente Ungarn angeschlossen. Die neuerworbene Provinz profitierte von einer moderaten Steuerpolitik der österreichischen Verwaltung. Außerdem wurde in Belgrad 1726 das erste serbische Unterstufengymnasium eröffnet. Durch den Anschluss an die Randzone des Habsburgerreiches gewann Serbien mehr Nähe zur westlichen Zivilisation. Nach der Niederlage des Habsburgerreiches im Krieg von 1736 bis 1739 fiel Nordserbien allerdings wieder an das Osmanische Reich.

36 JOKSIMOVIĆ Dragoljub, Vojna Krajina. In: Vojna Enciklopedija. Bd. 10. S. 558, Sp. 3, Belgrad 21975 37 ĆOROVIĆ Vladimir, Istorija Srba. Belgrad 1989, S. 386 38 GAVRILOVIĆ Vladan, Plemićke povelje kod Srba u Habsburškoj monarhiji od kraja XVII do sredine XIX veka. In: Istraživanja (2004) Nr. 15 S. 176-180 15

Die Einrichtung einer neuen Grenze vollzog sich im Banat nach dem Frieden von Passarowitz nur äußerst langsam und zog sich bis 1778 hin. Nach der Militärkatastrophe im Türkenkrieg von 1737 bis 1739, nahm die Save-Donau-Grenze der Habsburgermonarchie ihre endgültige Gestalt an. Die Theiß-Maros-Grenze wurde 1750 aufgelöst. Die von 1764 bis 1770 errichtete siebenbürgische Grenze erfüllte v.a. eine innenpolitische Funktion, um die Szekler zu binden. In der Mitte des 18. Jahrhunderts erreichte das Soldatenland seine größte Ausdehnung. Es erstreckte sich zwischen 15. und 27. Grad östlicher Länge und 44. und 47. Grad nördlicher Breite, ein „Pufferstaat“ im Staate mit einer Gesamtfläche von ca. 49.190 km2, 1850 km von Südosten nach Nordwesten und umfasste Gebiete des Karstgebirglandes, die Hügellandschaften Kroatiens und weite Flussniederungen an Save, Drau und Donau sowie das Hochgebirge der Süd- und Ostkarpaten.39 Die Grenze wurde in drei Generalate geteilt: das Karlstädter Generalat, die Slawonische Militärgrenze und die Theiß-Maros-Grenze.40 Bis zum Karlowitzer Frieden galt die 1579 auf 900 Schädeln von bei Dubovac gefallenen Osmanensoldaten erbaute Festung Karlstadt (heute Karlovac) als Dreh- und Angelpunkt des gesamten Soldatenlandes,41 dem nach 1699 (infolge strategischer Gewichtsverlagerungen) das uneinnehmbare Peterwardein seinen Rang ablief.42 Auch als Cordon Sanitaire erfüllte die Confin ihre Rolle recht gut. Die Behörden des Osmanischen Reiches betrachteten ja alle Epidemien als gottgegeben und ergriffen kaum konkrete Maßnahmen gegen die Ausbreitung derselben. Besonders gefürchtet waren die Pest und diverse Tierkrankheiten. Das Überschreiten der Grenze aus dem osmanischen Machtbereich war nur an den Kontumanzen und an den Handelsraststellen möglich. Die Quarantänekontumanzen wurden auf Grund des Sanitätsgesetzes vom Jahre 1755 und des Patentes Maria Theresias vom 2. Jänner 1770 errichtet.43 Außerdem erfüllte das Soldatenland auch polizeiliche Funktionen. So hinderten die Grenzer viele unerwünschte Gäste am Grenzübertritt, kontrollierten die Verkehrswege und unterbrachen die in Südosteuropa verbreiteten Tendenzen zum Nomadenleben im Niemandsland, was der staatlichen Obrigkeit neben der legislativen auch eine steuerliche Erfassung aller Bürger ermöglichte, wobei diverse Vorrechte der Hauskommunion- Oberhäupter beachtet wurden.

39 KAINDL Franz, Die k.k. Militärgrenze. Zur Einführung in ihre Geschichte. In: (= Schriften des Heeresgeschichtlichen Museums in Wien, Bd. 6). Wien 1971, S. 9 40ebda., S. 5 41 http://www.matica.he/Kolo/kolo0302.nsf/AllWebDocs/budak [download am 11.04.2012, 04 h 30] 42 KAINDL Franz, Die k.k. Militärgrenze. Zur Einführung in ihre Geschichte. In: (= Schriften des Heeresgeschichtlichen Museums in Wien, Bd. 6). Wien 1971, S. 13 43ebda., S. 25 16

Der Einsatz der Grenzbevölkerung „mit Pflug und Muskete“ wurde mit einer niedrigen Steuerbelastung, Religionsfreiheit und Aufstiegsmöglichkeiten innerhalb des Militärs belohnt. Die Militärgrenze besaß ihre eigene Selbstverwaltung und Gerichtsbarkeit.44 Die gesamte Confin blieb bis zu ihrer Auflösung ein primär rurales Gebiet. Der Anteil der Stadtbevölkerung betrug kaum mehr als fünf Prozent.45 Eine besondere Bedeutung hatte die multikulturelle und polyreligiöse Gesellschaftsstruktur der Bevölkerung des Soldatenlandes. Die christlichen Flüchtlinge aus dem osmanischen Herrschaftsraum exportierten Lebens- und Denkformen, die in Mitteleuropa vollkommen fremd waren, vom Inneren des Balkans.46 Dennoch gelang es, die Zuwanderer im Laufe der Zeit in die Gesellschaft der Militärgrenze erfolgreich zu integrieren. Die Schul-, Kommando- und Amtssprache der Grenze war die deutsche Sprache. Eine weitere Besonderheit der Confin war die relativ hohe Geburtenrate, die durch die sehr traditionell veranlagte „dinaride“ Familienfassung bedingt war, was trotz immenser Kriegsverluste immer für genug Kaisersoldaten sorgte.47 Die in den Türkenkriegen neugewonnenen Gebiete waren infolge der Kampfhandlungen sehr dünn besiedelt. Entscheidend geschwächt war auch ihre wirtschaftliche Infrastruktur. Die Casa d‘Austria startete ein ambitioniertes Aufbauprogramm, quasi einen Marshall-Plan des 18. Jahrhunderts, dessen Basis eine erfolgreiche Kolonisation der neuen Provinzen war. Die deutschen, ungarischen, serbischen, rumänischen, slowakischen und ruthenischen Siedler hauchten den verwüsteten Landschaften neues Leben ein. Das Antlitz Südungarns veränderte sich zusehends. Mit Hilfe des Staates und der katholischen Kirche ließ man viele Ortschaften wortwörtlich aus der Asche auferstehen und gründete neue Dörfer und Städte, erbaute ein Straßennetz, regulierte Flüsse, trocknete viele Sümpfe aus und errichtete einen modernen europäischen Verwaltungsapparat im Sinne des aufgeklärten Absolutismus. Infolge dieser Maßnahmen ließ der gewaltige wirtschatliche Aufschwung nicht lange auf sich warten. Südlich der Save und der Donau geschah nichts Vergleichbares. Die militärischen Niederlagen der osmanischen Heere schwächten die Zentralmacht des Imperiums der Sultane, was den provinziellen Eliten wesentlich mehr Spielraum ermöglichte. Die lokalen Potentaten zeigten wenig Interesse an einer umfassenden Modernisierung von Verwaltung und Produktion und drehten lieber an der bereits erwähnten Steuerschraube, mitunter sogar oft ausgeschprochen gewaltsam.

44 JÄGER Friedrich, Bosniaken, Kroaten, Serben. Ein Leitfaden ihrer Geschichte. Frankfurt/Main-Wien u. a. 2001, S. 177 45 KAINDL Franz, Die k.k. Militärgrenze. Zur Einführung in ihre Geschichte. In: (= Schriften des Heeresgeschichtlichen Museums in Wien, Bd. 6). Wien 1971, S. 24 46 ebda. 47 ebda. 17

Viele Untertanen der Hohen Pforte sahen die Flucht ins benachbarte habsburgische Südungarn als einzigen Ausweg, um dem blanken Terror der Beys, Agas und Paschas lebend zu entkommen. In den osmanischen Gebieten Serbiens und Bosniens gab es ein völlig anderes Bild. Obwohl die Serben des Paschaliks von Smederevo viele Sitten und Lebensweisen der Osmanen übernommen hatten und in Frieden mit ihnen leben wollten48, entwickelte sich die gesamte Provinz zu einem failed state. Der unaufhaltsame Verfall der Staatsmacht sorgte für eine große rechtliche und ökonomische Unsicherheit der überwiegend christlichen Bevölkerung, die weitgehend der Willkür der zahlreichen lokalen Statthalter ausgesetzt war. Zusehends wurde sogar die religiöse Freiheit der christlichen Untertanen des Osmanischen Reiches eingeschränkt. Als besonders hart und ungerecht wurden diverse Kirchenneubau- und Glockenverbote empfunden, was für eine Solidarisierung des gesamten serbisch-orthodoxen Klerus mit der einfachen ruralen Bevölkerung sorgte. Immer mehr Serben flohen entweder ins Habsburgerreich oder lebten jenseits der Straßen und mieden die osmanisch geprägten Städte.49 Als Folge des Terrors seitens der Obrigkeit nahm das Haidukentum im Laufe des 18. Jahrhunderts enorm zu und schwächte die Herrschaft der Hohen Pforte noch zusätzlich. Die Raubüberfälle der Haiduken offenbarten die Ohnmacht des Staates und verursachten hohe wirtschaftliche Schäden und einen allgemeinen Rückgang der kaufmännischen Tätigkeit. Somit wurde der Seehandel im Vergleich zum Straßenhandel zusehends bedeutender. Für das Osmanische Reich ungünstig, befand sich der Seehandel fest in den Händen der maritimen Großmächte. Die Unsicherheit der Handelswege resultierte einerseits in diversen Preissteigerungen und anderseits im Verfall des Straßennetzes und seiner Einrichtungen. Die räuberischen Hauptmänner der Haiduken bereicherten sich zusehends und gewannen an Bedeutung. Neben den Dorfältesten, den Dorfrichtern und „Kniasen“ genossen sie schon recht bald das höchste Ansehen am Lande und kooperierten mit dem orthodoxen Klerus. Ganz anders als in Bosnien und Herzegowina, wogen sich die Türken des Paschaliks von Smederevo fast ausschließlich in der trügerischen Sicherheit der befestigten Städte und überließen den Serben die weiten ruralen Landstriche. Damit verfügten die urbanen osmanischen Eliten de facto über keine ausreichende Machtbasis mehr in Serbien und waren daher im Fall einer Rebellion der christlichen Bevölkerung extrem verwundbar, weil sie sich auf diverse lokale serbische Anführer verlassen mussten, deren Loyalität zu wünschen übrig ließ, was sich als Damokles Schwert erwies.

48 BOUÉ Ami, Die Europäische Türkei. Neudruck der Ausgabe Wien 1889, Bd 2. Melle 2008, S. 377 49 STEFANOVIĆ KARADŽIĆ Vuk, Prvi i drugi srpski ustanak. Život i običaji naroda srpskog. In: Danica 2 (1827), S. 72 18

Schon vor dem Beginn des Achten Österreichisch-Türkischen Krieges schloss sich eine überwältigende Mehrheit angesehener Serben euphorisch den Österreichern an und richtete ihre Waffen gegen die osmanischen Truppen.

5. DER ÖSTERREICHISCH-OSMANISCHE KRIEG 1788-1791

Der Ausbruch des letzten österreichisch-osmanischen Krieges hing eng mit der Orientalischen Frage zusammen. Die ersten größeren Niederlagen der Streitmacht der Hohen Pforte bewirkten kein Umdenken der Elite im Topkapi Seray. Man betrachtete die herben Rückschläge als eine vorübergehende Schwäche, denn schließlich gelang es den Truppen der Sultane immer wieder, kleinere Lokalerfolge auf ihrem Konto zu verbuchen. Nach der Schlacht bei Lepanto im Herbst 1571 ging zwar die temporäre osmanische Thalassokratie im Mittelmeer zu Ende, Zypern, Kreta und Morea wurden jedoch trotzdem dem Reiche einverleibt. Auf dem ungarischen Kriegsschauplatz lief es ähnlich. Erst der „Liga Sacra“ gelang es im Krieg von 1683 bis 1699, die osmanische Speerspitze zu brechen. Die Heere des Osmanischen Imperiums galten zwar noch lange Zeit als gefürchtete Gegner, ihre offensive Kraft ging jedoch verloren. Der Verlust der Seeherrschaft im Mittelmeer, die Verlegung der Schiffshandelsrouten und das Ende der Expansion stürzten das Osmanische Reich in eine tiefe strukturelle Krise. Als theokratische Militärdespotie war das Imperium auf die kontinuierliche Eroberung der neuen Territorien angewiesen, um den Kreislauf seiner Tributarherrschaft in Gang zu halten, was nach den militärischen Niederlagen am Ende des 17. Jahrhunderts nicht mehr möglich war. Die Umgehung des osmanischen Monopols im Handel mit Indien und China seitens der westeuropäischen Seemächte erwies sich für die finanziellen Einnahmen des Reiches als beinahe lethal. Obwohl militärisch im Laufe des 18. Jahrhunderts halbherzig nachgerüstet wurde, blieben jegliche Reformen des wirtschaftlichen und des politischen Systems aus, was sich bitter rächte und das Osmanische Reich im 19. Jahrhundert letztendlich zum „kranken Mann am Bosporus“ degradierte. Außenpolitisch kam es allerdings zu einer Neuorientierung der Hohen Pforte. Aus Angst vor Österreich und Russland setzten die Osmanen zwar weiterhin auf ihre alte Allianz mit Frankreich, verbündeten sich jedoch auch mit Schweden und Preußen, frei nach dem Motto: „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“. Auf diese Weise bemühten sich die Osmanen, die europäischen Großmächte gegeneinander auszuspielen und ihr Imperium zu sichern.

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Österreich und Russland wollten die osmanischen Provinzen Südosteuropas unter sich aufteilen, während Frankreich und Großbritannien eher an den vorderasiatischen und nordafrikanischen Gebieten Interesse zeigten. Nach den siegreichen Frieden von Karlowitz 1699 und von Passarowitz im Jahre 1718 zeichneten sich bereits die Konturen der erwarteten Expansion des Habsburgerreiches in Südosteuropa ab. Karl VI. wollte aus politischen und wirtschaftlichen Gründen die Kontrolle über den ganzen Lauf der Donau erreichen und im Süden über das Morava-Vardar-Tal bei Saloniki die Ägäis erreichen. In diesem Bestreben kollidierten die geopolitischen Interessen Österreichs mit denen des Zarenreiches. Vorübergehend gewann jedoch eine pragmatische Sicht der Dinge die Oberhand und man verbündete sich im Jahr 1726 trotz aller Gegensätze gegen die Osmanen. Die Donaumonarchie kämpfte als Folge dieses Bündnisses an der Seite Russlands von 1737 bis 1739 und erlitt dabei eine bittere militärische Niederlage. Nordserbien und Nordbosnien mussten an das Osmanische Reich abgetreten werden. Während des Österreichischen Erbfolgekrieges und im Siebenjährigen Krieg war an eine Expansion im Südosten nicht zu denken. Bis 1787/88 hielt sich Österreich aus den weiteren russisch-osmanischen Waffengängen heraus und unternahm stattdessen mehrere Versuche, im Westen zu expandieren, was letztendlich am Widerstand Preußens scheiterte. Bei der ersten Teilung Polens im Jahre 1772 erhielt Österreich Galizien und Lodomerien. Drei Jahre später wurde die osmanische Bukowina an das Habsburgerreich abgetreten.

Als das Zarenreich 1783 die Halbinsel Krim annektierte, zeichnete sich am Horizont ein neuer Krieg gegen das Osmanische Reich ab. Österreich musste sich nolens-volens an ihm beteiligen, um durch die russischen Eroberungen nicht ins Hintertreffen zu geraten. Russland wollte nach einem erwarteten Sieg über die osmanischen Truppen Dakien und das Neubyzantinische Reich als seine Protektorate auferstehen lassen, was in scharfem Gegensatz zum österreichischen Donau- und Mittelmeerhandel gestanden wäre.50 Das Habsburgerreich sollte nach dem Kriegsende die Kleinwalachei, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Epirus und Dalmatien erhalten. Morea, Zypern und Kreta sollten wieder venezianisch werden.51 Joseph II. traf sich in Cherson mit Katharina II. und besiegelte mit ihr im Juni 1787 eine neue antiosmanische Allianz. Der Sultan Abdülhamid I. (reg. 1774-1789) erklärte darauf dem Russischen Reich am 25. August 1787 einen Präventivkrieg.

50 PAVLOVIĆ, Dragoljub M., Srbija za vreme poslednjeg austrijsko-turskog rata (1788-1791 g.) po arhivskoj i drugoj građi. Belgrad 1910, S. 3-5 51 CATELLAN Georges, Geschichte des Balkans. XIV-XX Jahrhundert. Paris 1999, S. 233-234 20

Obwohl die Truppen des Habsburgerreiches bereits Ende 1787 an verschiedenen Scharmützeln teilnahmen, erfolgte eine offizielle Kriegserklärung des Wiener Hofes an die Hohe Pforte erst am 9. Feber 1788.52 Unter den serbischen Untertanen der beiden nun mitenander verfeindeten Reiche brach Kriegseuphorie aus. Die angesehenen Serben und die serbisch-orthodoxe Kirche stellten sich im Paschalik von Smederevo offen auf die Seite Österreichs, weil sie von Joseph II. die Befreiung von der osmanischen Herrschaft erwarteten.

Österreich verfügte zu Kriegsbeginn über fast 250.000 Soldaten, davon 44.-60.000 Grenzer, und über etwa 1.150 Kanonen.53 Diese gewaltige Streitkraft verteilte allerdings der unentschlossene Feldmarschall Lacy kordonmäßig von Zrmanja bis Dnjestr auf insgesamt sechs Korps, womit er die Gelegenheit verpasste, die noch nicht versammelten osmanischen Truppen zu schlagen und schnell ins Herz des verfeindeten Reiches vorzustoßen.54 Noch vor dem offiziellen Kriegsbeginn startete Österreich im November und Dezember 1787 eine special operation, um Belgrad mit serbischer Hilfe im Handstreich einzunehmen. Das schlechte Wetter, vor allem der dichte Nebel, vereitelte das Unternehmen, das später als „Belgrader Affäre“ bekannt wurde. Die Schiffe mit den österreichischen Landungstruppen unter dem Kommando von General Magdeburg segelten in der stockfinsteren Nacht vom 2. auf den 3. Dezember versehentlich an Belgrad vorbei. Die Vertrauensmänner der Österreicher unter den Serben, darunter Karađorđe, warteten vergebens mit den nachgefertigten Schlüsseln zur Festung. Aus Angst vor der möglichen osmanischen Vergeltung musste sich das ganze Dorf Ostružnica ins Habsburgerreich absetzen.55

Die Hauptstreitmacht der „Schwarz-Gelben“ hatte eine Stärke von 97.000 Mann, war im April 1788 bei Semlin gruppiert und unternahm recht wenig. Das Slawonische Korps von Mitrovski eroberte mit seinen 20.000 Soldaten Šabac und zog sich anschließend wieder zurück. Das Kroatische Korps unter dem Kommando Lichtensteins, später Laudons, eroberte Drežnik, Dubica und Novi.56 Das osmanische Heer erkannte relativ schnell das Banat und die Walachei als entscheidende operative Ziele, riss die Initiative an sich und startete dort mehrere Angriffe.

52 LASZOWSKI Emilij, Vojna Hrvata protiv Turaka u Crnojgori godine 1788. Agram 1896, S. 280 53 KALEČAK Vladimir, Austro-turski ratovi. In: Vojna Enciklopedija. Bd. 1, S. 333, Sp. 3, Belgrad 21970 54 ebda. 55 PAVLOVIĆ, Dragoljub M., Srbija za vreme poslednjeg austrijsko-turskog rata (1788-1791 g.) po arhivskoj i drugoj građi. Belgrad 1910, S. 16-17 56 KALEČAK Vladimir, Austro-turski ratovi. In: Vojna Enciklopedija. Bd. 1, S. 333, Sp. 3, Belgrad 21970 21

Seit 1788 musste das Zarenreich einen Zweifrontenkrieg führen, weil das mit dem Osmanischen Reich verbündete Schweden das russische Engagement in Südosteuropa ausnutzen wollte, um die im Großen Nordischen Krieg verlorenen Territorien zurückzugewinnen. Sowohl Russland als auch Österreich hielten einen Teil ihrer Truppen für den Fall, dass das ebenfalls mit dem Osmanischen Reich verbündete Preußen ihnen ebenfalls den Krieg erklären sollte, in Bereitschaft.

Die Serben konnten den Beginn der Kampfhandlungen kaum erwarten. Bereits am ersten Kriegstag griffen die Rebellen in Serbien die osmanischen Truppen an. Unter ihnen zeichnete sich der Hauptmann Koča Anđelković besonders aus. Die Einheiten unter seinem Kommando befreiten mehrere Städte Nordserbiens, bekämpften in den Bezirken Jagodina, Smederevo und Kragujevac die Truppen des Sultans und überfielen die osmanischen Versorgungskarawane entlang der via militaris, womit die Versorgung Belgrads nicht mehr gewährleistet werden konnte, was angesichts des erwarteten Angriffs der Österreicher auf die wichtige Festung für die osmanische Seite äußerst bedrohlich wurde. In Westserbien operierte fast zeitgleich das berühmte österreichisch-serbische Freikorps Mihailo Mihaljevićs und im Banat das Tschaikistenbataillon.57 Als Anđelković in Berzaska im heutigen rumänischen Banat im Kampfe gegen die osmanischen Truppen fiel, brach die Rebellion zusammen. An der kroatisch-slawonischen Front führte man nach 1789 überwiegend einen Kleinkrieg. Die Angriffe der osmanischen Truppen im Banat, in der Walachei, in Siebenbürgen und in Moldawien wurden von den christlichen Alliierten in der Schlacht von Fokschani erfolgreich abgewehrt. Am 17. August 1789 übernahm der energische Feldmarschall Laudon auf dem Hauptkriegsschauplatz das Oberkommando über 62.000 Mann, 208 Kanonen und 157 Mörser und nahm Belgrad nach nur drei Wochen Belagerung am 7. Oktober 1789 ein.58 Der osmanischen Garnison wurde ein ehrenvoller Abzug nach Tekija gestattet.59 Nach den Siegen bei Mehadia am 28. August und bei Rinmik Serat am 22. September 1789 eroberten die kaiserlichen Truppen im November Bukarest und Craiova. Die Militäroperationen des Jahres 1790 verliefen äußerst abwechslungsreich, aber es sah so aus, als ob Serbien endgültig habsburgisch geworden wäre. Nach dem Ableben Kaiser Josephs im Feber 1790 und des mittlerweile nach Böhmen versetzten Laudons im Juli sah sich Leopold II. gezwungen, mit Preußen den Vertrag von Reichenbach zu schließen und auf alle Eroberungen im Osten zu

57 ĐUKIĆ Avram, Učešće titelskog krajiškog bataljona u austro-turskom ratu godine 1788-1791. In: Letopis Matice srpske za 1891. Jg. 67, Nr. 162 (1891), Heft 1, S. 83-86 58 KALEČAK Vladimir, Austro-turski ratovi. In: Vojna Enciklopedija. Bd. 1, S. 333, Sp. 3, Belgrad 21970 59 ĐUKIĆ Avram, Učešće titelskog krajiškog bataljona u austro-turskom ratu godine 1788-1791. In: Letopis Matice srpske za 1891. Jg. 67, Nr. 162 (1891), Heft 2, S. 82-85 22 verzichten.60 Nach dem Ausbruch der Französischen Revolution am 14. Juli 1789 ergab sich in ganz Europa eine völlig neue Konstellation. Großbritannien benutzte seinen Einfluss im Konzert der Großmächte, um die Staatsspitze des Habsburgerreiches für die Friedensverhandlungen mit der Hohen Pforte zu gewinnen. Die Rechnung der britischen Diplomatie war sehr simpel: das Osmanische Reich wurde im Kriege ausreichend geschwächt, um auf die Hilfe Albions angewiesen zu sein. wünschte sich jedoch weder Russland noch Österreich am Bosporus. Diese beiden Großmächte benötigte das Vereinigte Königreich ohnehin als „Kontinentaldegen“ im Westen, um das revolutionäre Frankreich in Schach zu halten. So wurden am 19. September 1790 die Friedensverhandlungen eingeleitet und am 4. August 1791 unterzeichnete Österreich in Swistowa mit dem Osmanischen Reich einen Friedensvetrag auf Status-Quo-Ante-Basis, (abgesehen von den geringen Grenzkorrekturen in Lika). Eine Klausel dieses Vertrages garantierte allen Serben, Bosniern, Montenegrinern und Walachen, die auf der Seite der Schwarz-Gelben gekämpft hatten, eine weitreichende Generalamnestie. Der junge und gebildete Sultan Selim III. (reg. 1789-1807) behandelte seine christlichen Untertanen wesentlich milder als dies während der Herrschaft seiner Vorfahren der Fall war und so kam es nach dem Ende des Krieges zu keinem Massenexodus von Serben ins Habsburgerreich. Russland kämpfte noch ein weiteres Jahr und erzwang einen breiteren Zugang zur Küste des Schwarzen Meeres.61

6. DER LETZTE ÖSTERREICHISCH-TÜRKISCHE KRIEG IM SPIEGEL SERBISCHER QUELLEN

6.1. DAS KOMPLEXE UMFELD DER ERSTEN SERBISCHEN MEDIEN

Die Anfänge des serbischen Journalismus und der serbischen Publizistik sind von zahlreichen Schwierigkeiten überschattet. Bis zur Reform Vuk Stefanovićs Karadžićs gab es eigentlich noch keine kodifizierte serbische Sprache. Bis in die 1730er Jahre schrieb man auf „Altkirchenslawisch raizischer Redaktion“ bzw. auf Serboslawisch und der Sprache, die seitens der serbisch-orthodoxen Kirche verwendet wurde.62 Zu diesem Zeitpunkt gab die Kirche die serboslawische Sprache auf und führte stattdessen Russoslawisch ein, also

60 REITER Ludwig, Österreichische Staats- und Kulturgeschichte. Klagenfurt 1947, S. 179 61 KALEČAK Vladimir, Austro-turski ratovi. In: Vojna Enciklopedija. Bd. 1, S. 333, Sp. 3, Belgrad 21970 62 MLADENOVIĆ Aleksandar, Tipovi književnog jezika kod Srba u drugoj polovini 18. i početkom 19. veka. Referat za VII međunarodni kongres slavista u Varšavi. Neusatz 1973, S. I 23

Altkirchenslawisch russischer Redaktion. Die neue Schriftsprache verbreitete sich rasch in Zentralserbien und auf dem Territorium der heutigen Vojvodina.63 In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde schließlich die slawenoserbische Sprache geschaffen, in der z. B. schrieb. Zeitgleich mit dem Serboslawischen und Russoslawischen existierte im 18. Jahrhundert auch noch die Volkssprache, in der Dositej Obradović und Jovan Rajić ihre Werke veröffentlichten.64 Die Arbeit von Vuk an der Sprachreform dauerte über dreißig Jahre. Bis 1847 galt die serbisch-orthodoxe Kirche als stärkste Gegnerin seiner sprachwissenschaflichen Tätigkeit. Karadžićs Rechtschreibung wurde im Fürstentum Serbien zwar erst 1868 eingeführt, gilt jedoch bis heute. Ein weiteres Problem war der Umstand, dass es noch gar keine serbischen Druckereien gab. Aus diesem Grund sah sich die erste serbische Schule in Karlowitz gezwungen, alle Lehrbücher aus Russland zu importieren, wofür sich auch der erste Lehrer Maksim Suvorov stark eingesetzt hatte. Die zweite Gruppe der russischen Lehrkräfte traf 1733 unter der Führung von Emanuel Kozačinski in Karlowitz ein und hatte ebenfalls diverse Lehrbücher aus ihrer fernen Heimat im Gepäck. In Venedig gab 1768 der serbische Gelehrte Zaharije Orfelin die erste Zeitschrift auf Serbisch heraus, das „Slaveno-serbski magazin“, es blieb jedoch bei einer einzigen Ausgabe. Joseph II. wollte im Jahr 1768 eine serbische Druckerei in Wien gründen, um den russischen Kultureinfluss auf seine serbischen Untertanen besser abwehren zu können. Der Widerstand des Wiener Hofes war jedoch enorm. Erst am Valentinstag 1770 gewährte Maria-Theresia dem Verleger der Wiener Univesität Joseph Kurzbeck ein Privilegium auf zwanzig Jahre, Bücher in serbischer Sprache drucken zu dürfen.65 Es war kein Zufall, dass die allererste serbische Zeitung ausgerechnet in Wien am 3. März (julianisch!) 1791 das Licht der Welt erblickte. Es handelte sich dabei um „Serbskija novini“. Diese Zeitung kam zwar zu spät, um die Meinung der Serben über den Achten Österreichisch-Türkischen Krieg zu beeinflussen, konnte sich aber als äußerst nützlich bei einer regierungsgerechten Berichtserstattung über die Vorgänge der Französischen Revolution erweisen. Außerdem verbreitete die Zeitung unter den Serben der Donaumonarchie recht erfolgreich die Ideen der Aufklärung. Bereits 1792 folgte eine weitere Zeitung auf Serbisch, die „Serbskija posvednevnija novina“, die am Kopf des Blattes einen Doppeladler als Symbol der Staatsmacht und der Integration der Serben trug. Damit wurde die serbische Literatur in Wien aus der Taufe gehoben.66 Die Herausgeber der ersten

63 MLADENOVIĆ Aleksandar, Tipovi književnog jezika kod Srba u drugoj polovini 18. i početkom 19. veka. Referat za VII međunarodni kongres slavista u Varšavi. Neusatz 1973, S. II 64 KUNA Herta, Jezičke karakteristike književnih djela Dositeja Obradovića. Sarajevo 1970, S. 287 65 ĆOROVIĆ Vladimir, Istorija srpskog naroda. Bd. 2, -Belgrad 1997, S. 390 66 REITER Ludwig, Österreichische Staats- und Kulturgeschichte. Klagenfurt 1947, S. 179 24 serbischen Zeitungen waren die Brüder Publius und Georgios Markides-Pulio, beides Griechen aus Wien. Gedruckt wurden die Zeitungen im armenischen Kloster in Wien.67 Die Klosterdruckerei gehörte den Mechitoristen, einem armenisch-katholischen Priesterorden, der sich stark für die Ökumene einsetze. Diese Druckerei wurde ursprünglich vom Ordensgründer Mechitar in Venedig gegründet, übersiedelte samt Maschinen anschließend nach Triest und ließ sich 1811 in Wien nieder.68 Beide Zeitungen wurden nach nur zwei Jahren eingestellt. Ein weiteres Problem der serbischen Presselandschaft waren die strengen Zensurbestimmungen in Wien und in Belgrad. Prota Mateja Nenadović erlaubte es nicht, seine „Memoiren“ zu Lebzeit zu drucken.69 Sein Sohn Ljubomir publizierte sie daher in den Ausgaben Nr. 12, 15 und 19 der Zeitschrift „Šumadinka“ erst im April 1855, bzw. in 23 Ausgaben im Jahr 1856. In Buchform erschienen sie erst 1867. Die Familienzeitschrift „Šumadinka“ wurde zwischen 1850 und 1857 von Ljubomir Nenadović herausgegeben, bevor sie wegen der „milden Kritik der Regierung“ seitens der serbischen Behörden verboten wurde.70 Als Sima Milutinović Sarajlija (1791-1847) im Jahr 1815 sein geschichtliches Werk „Istorija Srbije“ publizieren wollte, gab ihm Prota Mateja Nenadović einen wohlgemeinten Rat, der viel über die Meinungsfreiheit im Fürstentum Serbien aussagt:

Wenn du die Wahrheit schreibst, dann wirst du deinen Kopf verlieren, weil dich der Fürst Miloš köpfen wird; falls du eine Lüge schreibst, wirst du zwar deinen Kopf behalten, aber die Ehre verlieren.71

Vuk Stefanović Karadžić schrieb eine Biographie über den besagten Miloš Obrenović unter dem Titel „Miloš Obrenović, knjaz Serbii ili građa za srpsku istoriju našeg vremena“. Es handelte sich um Lobgesänge an den Fürsten, um von ihm finanzielle Unterstützung zu erhalten. Mit dem Geld des Fürsten ließ Vuk seine eigenen Bücher drucken. Allerdings schrieb der schlaue Aufklärer parallel zur erwähnten Biographie ein wesentlich objektiveres Werk, nämlich „Osobita građa za srpsku istoriju našeg vremena, amanet da se ne otvara ovoga vijeka (1900)“.72 Karadžić stritt nie ab, ein Schützling des Hauptakteurs der von ihm verfassten fürstlichen Biographie gewesen zu sein, vergaß darüber aber nicht die Objektivität.

67 ĐORĐEVIĆ Dragan, Srpsko nasleđe. In: Istorijske Sveske, (1998) Nr. 7, o. S. Ang. 68 STEFANOVIĆ KARADŽIĆ Vuk, Pisma. Neusatz 1969, S. 286 69 DEDIJER Vladimir, Književnost i istorija. Belgrad 1985, S. 21 70 ebda., S. 21 71 ĆOROVIĆ Vladimir, Prota Mateja Nenadović. Život i rad. Belgrad 1928, S. 2-3 72 DEDIJER Vladimir, Književnost i istorija. Belgrad 1985, S. 56 25

Er sah seine Hauptaufgabe darin, den kommenden Generationen objektiv über die historischen Ereignisse zu berichten.73 Die Auftragsbiographie über Miloš Obrenović verursachte bei Vuk heftige Gewissensbisse und er schrieb dem Fürsten im Zeitraum vom 12. bis 24. April mehrere Briefe, in denen er ihm seine wahre Meinung mitteilte.74 Der unumstrittene Vater des serbischen Journalismus, Dimitrije Davidović (1789-1838), entschied sich, die Zeitung „Novine serbskie“ zu reanimieren. Die erste Ausgabe wurde ebenfalls im armenischen Kloster gedruckt und erschien am 13. August 1813 in Wien, also Mitten im Krieg gegen Napoleon, unter dem Namen „Novine serbske iz carstvujućega grada Viene“. 1821 erhielt Davidović auf Empfehlung Prota Mateja Nenadovićs einen Staatsposten in der damaligen serbischen Hauptstadt Kragujevac und überließ sein Blatt dem Jusstudenten Petar Matić. Der Polizeipräsident Graf Sedlitzky erlaubte diese Übergabe jedoch nicht und so wurde die Zeitung am 16. März 1822 eingestellt.

Die erste Zeitung im Fürstentum Serbien, „Novine serbske“, erschien am 5. Jänner in Kragujevac und in Belgrad. Miloš Obrenović genehmigte ihren Druck und Verkauf, weil Dimitrije Davidović in der Zwischenzeit zu seinem persönlichen Sekretär avanciert war und für alle Inhalte haftete. Allerdings hatte der Erlass einen Drudenfuß, man durfte nämlich im Blatt gar nichts über die Innen- und Außenpolitik berichten. Als in der 49. Ausgabe der „Novine serbske“ im Jahr 1835 eine Meldung über die Krankheit des älteren Fürstensohnes Milan publiziert wurde, wurde die Zeitung prompt verboten und Davidović nach Smederevo verbannt.

Alle Zeitungen der Serben kämpften mit einem weiteren Problem. Auf Grund der hohen Analphabetenrate hatten sie nur sehr wenige Leser und Abonnenten. Der Druck war recht teuer und alle Herausgeber waren ständig auf der Suche nach Mäzenen. Meistens handelte es sich dabei um reiche serbische Kaufleute aus Wien, Triest und Venedig.75 Die größte Sammlung der ersten serbischen Zeitungen befindet sich heute in der Universitätsbibliothek „Svetozar Marković“ in Belgrad. Die ganz alten Bücher werden hingegen in der dortigen „Narodna Biblioteka“ aufbewahrt.

73 STEFANOVIĆ KARADŽIĆ Vuk, Istorijski spisi. Bd. 15, Belgrad 1969, s. 127 74 DEDIJER Vladimir, Književnost i istorija. Belgrad 1985, S. 57 75 ĐORĐEVIĆ Dragan, Srpsko nasleđe. In: Istorijske Sveske, (1998) Nr. 7, o. S. Ang. 26

6.2. ZEITUNGEN

6.2.1. NOVINE SERBSKE IZ CARSTVUJUĆEGA GRADA VIENE

Die „Novine serbske iz carstvujućega grada Viene“ erschienen von 1813 bis 1822 in Wien, danach als „Novine serbske“ von 1834 bis 1835, wie oben erwähnt, in Serbien. Hinter dem ganzen Projekt stand Dimitrije Davidović, der die Zeitung mit kräftiger Unterstützung von Dimitrije Frušić seit August 1813 herausgab. Es handelte sich um die erste richtige Zeitung in der Volkssprache der Serben. Sie stand allen Beiträgen, Ideen und Polemiken serbischer Autoren offen. Der bedeutendste unter ihnen war ohne Zweifel Vuk Stefanović Karadžić. Im Laufe der Zeit wurde aus der „Novine serbske iz carstvujućega grada Viene“ eine Tribüne für die Ideen der Südslawen, was dem wachsamen Auge der Regierung Metternichs missfiel und so wurde die Zeitung 1822 kurzerhand verboten. Durchaus ähnlich verlief die Geschichte der besagten Zeitung in Serbien, wo sie 1835 ebenfalls eingestellt wurde.

6.2.2. SRPSKE NOVINE

Die „Srpske novine“ entstand aus Davidovićs „Novine serbske“. 1843 wurde ihr Name in „Srpske novine“ geändert. Die Zeitung erschien in Belgrad bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges. 1915 kam es zu einer Umsiedlung nach Nisch. Die Zeitung flüchtete gemeinsam mit der serbischen Regierung, deren Sprachrohr sie war. Von 1916 bis 1918 erschien die Zeitung auf Korfu und verfügte über eine eigene Literaturbeilage, was im serbischen Journalismus zu dieser Zeit nicht üblich war. Nach 1919 erfolgte eine neuerliche Umbenennung der Zeitung, die nun „Službene novine Kraljevstva Srba, Hrvata i Slovenaca“ hieß.

6.2.3. WEITERE SERBISCHE ZEITUNGEN

Neben den bereits erwähnten Zeitungen müssen für das 19. Jahrhundert noch die folgenden serbischen Blätter und Herausgeber erwähnt werden. Ihre Beiträge widmeten sich oft diversen historischen Themen: „Peštansko-Budimski skoroteča“ (1842-1844) von Dimitrije Jovanović aus Ofen, „Stražilovo“ (1885-1894) von Jovan Grčić Milenko aus Neusatz, „Zemunski glasnik“ (1867-1869) von Ignjat K. Sopron aus Semlin und die Belgrader Erscheinungen „Srpska nezavisnost“ (1881-1883) von Laza Kostić, „Podunavka“ (1843-1848) von Miloš

27

Popović, „Beogradske opštinske novine“ (1887-1941) von Nikola C. Jovanović, „Male novine“ (1888-1903) von Đorđe Kimpanović, „Srbadija“ (1874-1877) von Stevan Ćurčić und „Otadžbina“ (1875-1892) von Vladan Đorđević.

6.3. ZEITSCHRIFTEN

6.3.1. GOLUBICA

„Golubica“, (auf dt. „Taube“), war eine Belgrader Zeitschrift des 19. Jahrhunderts. Auch ihr Herausgeber war Dimitrije Davidović. Als Chefredakteur agierte Miloš Svetić. Viel Raum in der 1839 gegründeten Zeitschricht bekamen Themen aus der serbischen Geschichte, vor allem Serbien im Mittelalter oder Kočina Krajina und die Aufstände gegen die osmanische Herrschaft. Im Bereich der historischen Forschung spielte „Golubica“ eine Vorreiterrolle. In der fünften Ausgabe dieser Zeitschrift erschienen 1843-1844 zum ersten Mal die oben bereits erwähnten Auszüge aus den „Memoiren“ Prota Mateja Nenadovićs unter dem Titel „Ratovanje Srba sa Turcima Bošnjacima (od konca godine 1805. do Augusta 1806.)“. Viele Autoren verwendeten Pseudonyme oder gaben nur ihre Familien- oder Spitznamen bekannt, so auch ein gewisser Šumarski, der in der vierten Ausgabe der „Golubica“ aus dem Jahr 1852 eine detaillierte und eindrucksvolle Beschreibung der Heldentaten der Einheiten unter dem Oberbefehl Koča Anđelkovićs liefert:

31. marta pođe 400 Turaka pešaka a 800 na konji iz Jagodine u Beograd. Srpski kapetan Koča, od kog svi Turci drhtaše, sa 400 Srbijanaca udari na nji pram čardaka Karanke, i učini nečuveno čudo, ubi 100 Turaka i njegova Tefterdara, smrtno rani preko 400 Turaka, ostali pobegoše kroz šume razasuti k selu Ćupriji. Koča dobi ovde 200 konja, mnoga kola s brašnom, novcima i pismima, koja su iz Carigrada na vezira u Beograd išla.76

Am 31. März marschierten 400 türkische Infanteristen und 800 Kavalleristen von Jagodina nach Belgrad. Der serbische Hauptmann Koča, vor dem alle Türken zitterten, griff sie mit 400 Serbianern77 beim Tschardak Karanka an, bewerkstelligte ein unerhörtes Wunder, tötete 100 Türken und ihren Tefterdar, verletzte über 400 Türken tödlich. Der Rest flüchtete zerstreut durch die Wälder ins Dorf Ćuprija. Koča bekam hier 200 Pferde und viele Wagen mit Mehl, Geld und Briefen, die auf dem Wege von Konstantinopel zum Wesir in Belgrad waren.

Der Autor des Beitrages beschreibt die Aktionen der Serben während der „Kočina Krajina“ als einen regelrechten Partisanenkrieg:

76 ŠUMARSKI, Kapetan Koča. In: Golubica (1852), Nr. 4, S. 236 77 Serben aus Serbien, Bem. d. Aut. 28

Malo potom dođe opet 600 Turaka iz Jagodine, no Koča čuje za nji, dočeka ji tajno u zasedi, prospe oštru vatru na nji, ubije ji 300, među njima beše mnogi velikaši. Koča dobi ovaj dan, kod ove dve retko čuvene junačke pobede, mnogo krasno oružje i tursko skupoceno odelo, 200 konja sa dragocenim i skerletom iskićenim sedlama, mnogo novca, baruta i olova, i sa ovim sve svoje Srbe prekrasno obogati, oboruža, i odene lepim turskim odelom, da se posle od Turaka nisu razaznavati mogli, i u takvom odelu više puta varali su Turke, i po drumovi sretajući ji užasno tukli i sekli.78

Kurz darauf kamen wieder 600 Türken aus Jagodina, Koča hörte davon, stellte ihnen eine Falle, beschoss sie heftig und tötete 300 von ihnen. Unter den Getöteten waren viele Großwürdenträger. Koča erbeutete an diesem Tag, nach zwei namhaften Heldensiegen, viele Prachtwaffen und teure türkische Kleider, 200 Pferde mit den kostbarsten scharlachroten Satteln, viel Geld, Schießpulver und Blei, womit er seine Serben bereicherte und bewaffnete. Er steckte sie in die schönen Kleider und man konnte die Serben von den Türken nicht mehr unterscheiden. Mehrere Male täuschte man so die Türken und massakrierte sie auf den Verkehrswegen.

Der bedeutende serbische Historiker Pavlović spottete sehr heftig über die äußerst unseriöse Forschungsarbeit Šumarskis, der angeblich viele Daten, Personen und Ereignisse miteinander verwechselt habe.79

6.3.2. GLASNIK

Die Zeitschrift „Glasnik“, (auf dt. „der Bote“), erschien ähnlich wie „Golubica“ erstmals ebenfalls in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Nach mehreren Unterbrechungen durch Kriege und Zensurverbote erscheint die Zeitschrift sogar noch heute. Von großer historischer Bedeutung ist die Erzählung eines Zeitzeugen der sogenannten „Belgrader Affäre“ namens Janjićije Đurić (1779-1850) vom Dezember 1787 im „Glasnik“ Nr. 4 aus dem Jahr 1846. Đurić war damals zwar noch ein Kind, machte jedoch etliche Jahrzehnte später ausgesprochen genaue Angaben über die serbischen Teilnehmer der Diversion.80 Daraus darf man schließen, dass er seine Erinnerungen vermutlich im Gespräch mit anderen Zeitzeugen aufgefrischt hatte.

78 ŠUMARSKI, Kapetan Koča. In: Golubica (1852), Nr. 4, S. 236 79 PAVLOVIĆ, Dragoljub M., Srbija za vreme poslednjeg austrijsko-turskog rata (1788-1791 g.) po arhivskoj i drugoj građi. Belgrad 1910, S. 36 80 Kazivanje Janjićija Đurića (1779-1850) o neuspelom zauzimanju Beograda. In: Glasnik (1846), Nr. 4., S. 90 29

6.3.3. DANICA (WIEN)

Die wahre Seele der „Danica“ (auf dt. „Morgenstern“) war ganz eindeutig Vuk Stefanović Karadžić. In dieser Zeitschrift publizierte er seine Ideen über die notwendige Reform der serbischen Sprache und auch viele historische Abhandlungen. Viele Beiträge aus der Feder von Vuk handelten vom letzten österreichisch-türkischen Krieg und werden separat im Kapitel über den großen Aufklärer näher behandelt. Streng genommen, handelte es sich dabei eigentlich um die Auszüge aus „Istoriski spisi“. „Danica“ erschien einmal jährlich, von 1826 bis 1832. Als sich Vuk im Jahre 1833 im Dienste des Fürstes Miloš Obrenović in Serbien aufhielt, wurde „Danica“ schlicht nicht gedruckt, sondern erst im Folgejahr publiziert.

6.3.4. DANICA (NEUSATZ)

Die Neusatzer Zeitschrift „Danica“ wurde von 1860 bis 1872 im Auftrag von Đorđe Popović im „serbischen Athen“ an der Donau herausgegeben und avancierte recht bald zum wichtigsten Medium der serbischen Romantik. Für die Zeitschrift schrieben Đura Jakšić, Ljubomir Nenadović, Laza Kostić, Jovan Jovanović Zmaj und viele andere bedeutende Serben. „Danica“ spielte eine unvorstellbar große Rolle in der Entstehung des nationalen Bewusstseins des serbischen Volkes. Ihre Autoren plädierten für die Eintracht aller Serben.

6.3.5. GLASNIK DRUŠTVA SRBSKE SLOVESNOSTI

Diese Zeitschrift war ein Massenmedium der 1842 durch Jovan Sterija Popović und Atanasije Nikolić gegründeten „Gesellschaft für die serbische Aufklärung, Wissenschaft und Literatur“. Eines der Hauptziele dieser Gesellschaft war das Sammeln historischer Quellen, die als Fundamente des erst entstehenden Serbentums dienen konnten. Neben den beiden Gründern der Zeitschrift publizierten im „Glasnik društva srbske slovesnosti“ fast alle Gelehrten aus den serbischen Reihen, darunter Stojan Novaković, Janko Šafarik und Đura Daničić ihre historischen, philosophischen, rechtlichen und philologischen Abhandlungen. Stojan Novaković schrieb hauptsächlich über die Teilnahme der Serben an den Kriegen und Aufständen gegen die Osmanen.

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6.3.6. GODIŠNJICA NIKOLE ČUPIĆA

Nikola Čupić (1836-1870) war ein sehr wohlhabender serbischer Offizier, der an Tuberkulose erkrankte und in Oran an der nordafrikanischen Küste starb. Viel Geld vermachte er seiner Stiftung, deren Aufgabe die Publikation der wissenschaftlichen Schriften in serbischer Sprache in Belgrad war. Daraus entstand eine Zeitschrift, die seinen Namen trug und im Zeitraum von 1871 bis 1941 auf ihren Seiten die bedeutendsten historischen Werke der Serben veröffentlichte. So äußerte sich z. B. in der Ausgabe IX aus dem Jahr 1887 eine Gruppe Historiker zum Tschaikistenbataillon und zu den Kämpfen um Belgrad im österreichisch-osmanischen Krieg von 1787/88 bis 1791.81

6.3.7. ŠUMADINKA

„Šumadinka“ erschien im Zeitraum von 1850 bis 1857 und war primär eine Zeitschrift für die ganze Familie. Da ihr Herausgeber aber Ljubomir Nenadović hieß und ein Sohn Prota Matejas war, kam auch die historisch interessierte Leserschaft auf ihre Kosten. Nenadović publizierte in den Ausgaben 12, 15 und 19 im April 1855 mehrere Folgen der „Memoiren“ seines Vaters unter dem Titel „Dnevnik Prote Nateje Nenadovića poslanika srbskog 1815 u Beču“. Den Rest der „Memoiren“ erschien 1856 unter dem Titel „Rukopisi Prote Matije [sic!] Nenadovića“ in den Nummern 11, 12, 13, 14, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 61, 64, 73, 76, 79, 82, 85, 88, 94, 97, 100 und 106 der „Šumadinka“, womit Ljubomir Nenadović einen bedeutenden Beitrag zur neuzeitlichen serbischen Geschichtsforschung leistete.

6.3.8. ANDERE SERBISCHE ZEITSCHRIFTEN

In der Neusatzer Zeitschrift „Matica“ (1865-1870) erschienen die wissenschaftlichen Texte Stojan Novakovićs, Mita Popovićs und Jovan Grčićs. In „Srpska zora“ (1876-1881) schrieben außer den Obenerwähnten auch noch Laza Kostić, Jovan Jovanović Zmaj und Đura Jakšić. „Vila“, (auf dt. Fee), legte hingegen mehr Wert auf Unterhaltung durch Literatur. Über die geschichtlichen und literarischen Themen der Periode des Kampfes gegen die Herrschaft der Osmanen, äußerten sich Kostić, Daničić, Milan Miličević und Ljubomir Nenadović.

81 Odlomak iz istorije Beograda. In: Godišnjica Nikole Čupića (1887), Bd. 9, S. 43-46 31

In „Srpski letopis“ publizierte der österreichisch-serbische General Avram Đukić zahlreiche Auszüge aus seinen geschichtlichen Werken, primär über das Titeler Tschaikistenbataillon. Beim in Esseg 1792 gedruckten, „Pučki kalendar za 1793.“ handelte es sich eigentlich um ein Kalenderbuch. Dort wurden jedoch die zeitgenössischen Briefe Josip (manchmal auch Joseph oder Josif geschrieben) Stojanovićs aus dem Achten Österreichisch-Osmanischen Türkenkrieg unter dem Titel „Slidi Pisma. Od slavne Regimente Gradishke slovena u Vrime ratta Tyrskoga Godine 1788” publiziert, die eine äußerst genau Chronologie der Eregnisse des ersten Kriegsjahres liefern.82

6.4. HISTORIKER

6.4.1. MILOVAN VIDAKOVIĆ

Der gebürtige Schumadiner Milovan Vidaković (1780-1841) aus Nemenikuće gilt als Vater des serbischen Romans. Im zarten Alter von zehn Jahren flüchtete er 1790 während des letzten österreichisch-türkischen Krieges samt seiner Familie von Serbien nach Österreich. Lesen und Schreiben erlernte er im syrmischen Irig, (auf dt. Iregh), wo er als Flüchtling lebte. In Szeged studierte er Philosophie und wurde 1817 zum Direktor des Neusatzer Gymnasiums ernannt. Vidaković sprach fließend Deutsch, Serbisch, Ungarisch, Latein und Französisch. Nach 1824 unterrichtete er als Privatlehrer in Temeschwar, Karlowitz und Pest. Er starb völlig verarmt, da fast alle serbischen Schüler in Pest bei ihm unentgeltlich wohnten und aßen. Der große Altruist betätigte sich auch als Schriftsteller und veröffentlichte insgesamt sieben Romane: „Usamljeni junoša“, „Velimir i Bosiljka“, Ljubomir u Jelisijumu“, „Kasija carica“, „Siloan i Milena“, „Ljubezna scena na veselom dvoru Ive Zagorice“ und „Selim i Merima“. Obwohl Vidaković zeitlebens als Romanautor äußerst populär war, verübelten ihm die zahlreichen Kritiker seine blumig-kitschige Sprache ohne Kunstwert. Vuk Stefanović Karadžić lobt ihn anfangs als verdienten Aufklärer sehr:

Gospodin Milovan Vidaković zaslužuje osobitu blagodarnost od svojega roda, ne samo zato što on svojim knjigama rod svoj prosvještava i ukus mu otvara nego osobito zato što imena slaveno-serpska u svojim knjigama upotrebljava, i ona mjesta napominje, črez koja bi se mi opomenuti mogli da smo i mi nekad nešto bili.83

82 STOJANOVIĆ Josip, Slidi Pisma. Od slavne Regimente Gradishke slovena u Vrime ratta Tyrskoga Godine 1788. In: Novi i stari vetodanik illiti kalendar Illyricski za pristupno godishte 1792 na korist i zabavu Slavonicah sloxen Po jednom Domorocu iz Poxege rodom. Esseg 1792 83 STEFANOVIĆ KARADŽIĆ Vuk, Mala prostonarodna slaveno-serbska pjesnarica. Wien 1814, S. 5-7 32

Herr Milovan Vidaković verdient eine besondere Dankbarkeit seines Volkes nicht nur deswegen, weil er das Volk in seinen Büchern aufklärt und ihm den Geschmack offenbart, sondern weil er slawenoserbische Namen in seinen Büchern verwendet und die Ortschaften nennt, die uns daran erinnern, dass wir einst jemand waren.

Später wandte sich Vuk allerdings von ihm ab, weil Vidaković in seinen Büchern viele slawenoserbischen Ausdrücke verwendete.84 Vidakovićs bedeutendstes historisches Werk erschien 1835 in Belgrad und hieß „Istoria Slaveno Serbskoga Naroda“, (auf dt. „Die Geschichte des slawenoserbischen Volkes.“). Seine Beschreibungen des Achten Österreichisch-Osmanischen Krieges galten als besonders eindrucksvoll, weil seine Familie mit dem Hauptmann Koča Anđelković eng befreundet war und er deswegen direkten Zugang zu den Quellen hatte. Vidakovićs Schilderung der diplomatischen Aktion der Serben klingt recht plausibel:

Po kazivanju koliko se ja, još kao dete, sećam, Srbi potajno od Turaka skupe se na neki mali sabor na kome izaberu nekoga Koču, muža bodra i rečita, koji je bio od trgovačkog reda i s njime još dvojicu (ako se ne varam popa Đorđa iz Kragujevca i nekojega Vlajka) i pošalju ih u Beč da predlože od strane naroda Nj. V. Josifu šta narod misli i na koji način oni žele Njemu pripasti i oružje protiv Turaka dignuti.85

Nach den Erzählungen, an die ich mich aus meiner Kindheit erinnere, trafen sich die Serben in einer kleinen Versammlung und wählten einen gewissen Koča, einen energischen und redegewandten Mann, und mit ihm noch zwei Männer (falls ich mich nicht täusche, den Popen Georg aus Kragujevac und einen Mann Namens Vlajko) und entsandten sie nach Wien, um Seiner kaiserlichen Majestät die Meinung des Volkes vorzutragen, ihr anzugehören und bewaffnet gegen die Türken zu rebellieren.

Die serbischen Delegierten kamen, reisten bald darauf inkognito nach Österreich und besuchten das Haus der Familie Vidaković in Irig:

Ova tri muža idući u Beč udare na Irig mesto u Sremu pod Fruškom Gorom i Koča bivši poznat s Momirom Jovan-Vidakovićem tu u Irigu, svrati se k njemu sa dva svoja druga na prenoćište, koji kažu i pripovede domaćinu kuda i zašto idu. On ih usrdno dočeka i lepo ih ugosti i sutradan otpusti.86

Auf dem Wege nach Wien kamen diese drei Männer nach Irig, eine Ortschaft in Syrmien unter dem Gebirge Fruška Gora und da der Koča den Momir Jovan-Vidaković gut kannte, ging er mit seinen zwei Kameraden zu ihm und dort übernachteten sie. Sie erzählten ihrem Gastgeber vom Grund ihrer Mission. Er bewirtete sie gut und entließ sie am nächten Tag auf die Reise.

84 STEFANOVIĆ KARADŽIĆ Vuk, Mala prostonarodna slaveno-serbska pjesnarica. Wien 1814, S. 5-7 85 VIDAKOVIĆ Milovan, Istoria Slaveno Serbskoga Naroda. Bd. 4., Belgrad 1835, S. 170 86 ebda. 33

6.4.2. VUK STEFANOVIĆ KARADŽIĆ

Vuk Stefanović (1787-1864) – später nahm er noch den Namen Karadžić nach einem Anwesen seiner Eltern an – war ein serbischer Dichter, Ethnologe, Philologe, angelernter Jurist, Bürgermeister von Belgrad und Diplomat. Besonders als Philologe erwarb er sich große Verdienste. Heute gilt er als bedeutendster Sprachreformer und Vater der modernen serbischen Sprache. Unter seinen Zeitgenossen galt Vuk mit seinem Holzbein, mit seinem allgegenwärtigen roten Fes und mit seinem sprichwörtlichen „Mein Gott“ als eine etwas skurrile Gestalt aus Wien.87 Die meisten seiner Werke widmete der große Aufklärer den serbischen Fürsten Miloš und Mihailo Obrenović.88 In der Wiener Zeitschrift „Danica“ berichtete Vuk Stefanović Karadžić anno 1827 im zweiten Subkapitel „Geografičesko- statističesko opisanije Srbije“ ausführlich über die tributare Herrschaft der osmanischen Sipahi in Serbien am Ende des 18. Jahrhunderts, die im klaren Gegensatz zu den Verwaltungstendenzen im habsburgischen Königreich Serbien von 1718 bis 1739 standen:

Niti oni imaju po selima svoji kuća ni namjesnika; niti je običaj da im se što radi. Kad bude u jesen, spaija dođe sam, ili pošalje koga, ako živi daleko, te pokupi glavnicu i desetak, koji su mu ljudi dužni odnijeti kući, ako ga onđe ne proda ili mu ga oni ne otkupe.89

Weder haben sie in den Dörfern ihre Häuser, noch ihre Verwalter; es ist auch keine Gepflogenheit, bei ihnen etwas zu arbeiten. Im Herbst kommt entweder der Sipahi höchstpersönlich vorbei oder er schickt jemanden, falls er weit entfernt lebt und lässt die Kopf-und Zehentsteuer einsammeln, die ihm die Leute heimbringen, falls er sie dort nicht verkauft oder sie von ihnen zurückgekauft wird.

Dieselbe Jahresausgabe der Zeitschrift bzw. des Almanachs beinhaltet auch Vuks Analyse der Abgaben in Serbien:

Osim spaijnskoga desetka i glavnice raja daje Turcima još carev arač (carsku glavnicu) i porezu. Arač je u Srbiji i u Bosni po112 para, i s kojekakvim troškovima iziđe na 3 groša, od svake muške glave od 7 godina pak do same starosti. Poreza se obično daje dva put u godini, t. j. o Đurđevu dne i o Mitrovu dne; u njoj se daju novci za pašu, i za ostale sve naijske troškove, n. p. što se po nešto daje knezovima, što se plaćaju panduri, ako je kakav paša, ili drugi ko, kroz naiju prošao i dočekivan bio i t. d.90

Neben dem Zehent für die Spahis und der Kopfsteuer muss das gemeine Volk den Türken auch noch die normale Steuer und die Kopfsteuer für den Sultan geben. Der Tribut beträgt in Serbien und Bosnien jeweils 112 Para, und macht mit noch irgendwelchen Unkosten 3 Groschen aus und zwar für jeden männlichen Kopf, vom 7. Lebensjahr bis ins hohe Alter. Die Steuer bezahlt man üblicherweise zweimal jährlich, d.h. am St. Georgs- und am St. Demetriostag; das sind die Gelder für den Pascha und für alle anderen Unkosten der Verwaltungseinheit, zum Beispiel etwas für die Dorffürsten, für die Löhne der Panduren, falls ein Pascha empfangen wurde, usw.

87 MILIČEVIĆ Milan Đakov, Pomenik. Reprint izdanja iz 1888. i 1901. Neusatz 1971, S. 127 88 STEFANOVIĆ KARADŽIĆ Vuk (Hg.), Srpske narodne pjesme. Bd. 4, Wien 1862, S. 3 89 STEFANOVIĆ KARADŽIĆ Vuk, Prvi i drugi srpski ustanak. Život i običaji naroda srpskog. In: Danica 2 (1827), S. 79 90 ebda., S. 81-82 34

Der Autor beschrieb ausführlich die Gegensätze zwischen der ruralen serbischen und der urbanen osmanisch-islamischen Bevölkerung:

Imajući Turci nad Srbima taku vlast, i taka prava, naravno je, da se Srbi moraju starati, koliko je moguće manje da se miješaju s njima. Zato Srbi ne samo što ne žive po gradovima i po varošima, nego ne žive rado ni blizu ovije, a još manje po velikim drumovima, kuda Turci često prolaze; nego se najradije zavlače po šumama i po brdima i potocima, kuda se često kuće primiču za šumom; a u gradove i u varoši ne idu rado bez osobitoga posla ili nevolje. Tako ima matori ljudi, koji nigda nijesu bili u gradu ni u varoši. A Turci besposleni, srećom, osobito u mirno doba, slabo se skitaju po selima…91

Da die Türken eine solche Macht und solche Sonderrechte über die Serben haben, müssen sich die Serben darum kümmern, sich mit ihnen nicht zu vermischen. Deswegen leben die Serben nicht in den Städten und Städtchen, sondern weit weg von denselben, fern der großen Straßen, die seitens der Türken oft passiert werden, sie ziehen sich am liebsten in die Wälder, Berge und Bäche zurück und ihre Häuser befinden sich oft am Waldrand; in die Städte und Städtchen gehen sie nur wegen der Amtswege oder in Not. Es gibt alte Leute, die noch nie in der Stadt waren. Glücklicherweise meiden die vagabundierenden Türken die Dörfer, und zwar vor allem in Friedenszeiten.

Vuk sah in der osmanischen Willkürherrschaft die Hauptursache des Haidukentums:

Tursko vladanje i sud, i njiovo postupanje s rajom, najveći je uzrok, što u Srbiji, kao i u Bosni i Ercegovini i u svoj Turskoj, ima mnogo ajduka.92

Die türkische Herrschaft und Gerichtsbarkeit und ihr Vorgehen gegenüber dem gemeinen Volke ist der Hauptgrund für die vielen Haiduken in Bosnien, in der Herzegowina und in Serbien.

Einen Kritikpunkt bildete aus der Sicht von Vuk auch die Rückständigkeit der Serben, vor allem in Bezug auf das Schulwesen:

U Srbiji, kao i u Bosni i Ercegovini, ni u sto sela nema svuda jedne škole, niti joj i đe ima određena i postojana mjesta; nego oni, koji misle biti popovi i kaluđeri, uče knjigu po namastirima kod kaluđera, i po selima kod popova.93

In Serbien und in Bosnien und Herzegowina gibt es in hundert Dörfern keine einzige Schule und sie hätte auch keinen fixen Platz; die künftigen Popen und Mönche lernen aus den Büchern bei den Mönchen in den Klöstern und in den Dörfern bei den Popen.

Über die Vorgänge im letzten Österreichisch-Osmanischen Krieg berichtete Vuk Stefanović Karadžić primär in „Istorijski spisi“ und in „Miloš Obrenović – knez srpski ili građa za srpsku istoriju našeg vremena.“ Im ersten Band der „Historischen Schriften“ ging Vuk auf die sogenannte „Belgrader Affäre“ unter der Mitwirkung des Popen Radič Petrovićs näher ein:

91 STEFANOVIĆ KARADŽIĆ Vuk, Prvi i drugi srpski ustanak. Život i običaji naroda srpskog. In: Danica 2 (1827), S. 89-90 92 ebda., S. 90 93 ebda., S. 118 35

U početku rata bio je u društvu Jovana Novakovića i Živka Milenkovića i nekaka popa, koji su u Zemunu (1787 godine 26/15 Nojevrija) ugovorili s Nemačkom gospodom da otvore Beogradski grad.94

Am Anfang des Krieges war in der Gesellschaft von Jovan Novaković und Živko Milinković auch ein Pope und sie vereinbarten in Semlin (am 26./15. November) mit den deutschen Herren, die [Tore der] Belgrader Burg zu öffnen.

Der Plan scheiterte allerdings am dichten Donaunebel:

Oni po ugovoru u određenu noć otvore grad, no onu noć i osim pomrčine padne nekakva magla, te Nemačke lađe s vojskom ne pogode u Beograd, da se izvezu na određeno mesto, nego otidu ispod Beograda niz Dunav; a ovi uzalud čekavši do pred zoru, jedva se izmaknu natrag.95

Sie eröffneten laut der Vereinbarung in der bestimmten Nacht die Tore der Burg, diese Nacht war jedoch neben der Dunkelheit auch noch nebelig und die deutschen Schiffe verpassten den Treffpunkt und fuhren weiter der Donau entlang; sie [die Serben] warteten vergebens bis zum Morgengrauen und zogen sich mit äußerster Mühe zurück.

Trotz dem mißlungenen Überfall auf die strategisch wichtige Festung erwies sich das kaiserlich-königliche Heer für manche Serben als Sprungbrett für eine bedeutende Karriere:

Radič posle uz onaj rat postane kapetan u Srpskom frajkoru. Kažu da je jedan put isekao nekake predate Turke, te mu se zato bilo oduzelo kapetanstvo; no posle povata druge Turke i otme nekake kamile, te mu se zato opet povrati. Pošto se Nemci umire s Turcima, on, kao i drugi frajkorski oficiri, koji više nisu bili za Nemačku službu, dobije penziju (i za osobite zasluge Madžarsko plemićstvo), i tako je živeo u Sremu, u selu Jakovu, do godine 1804.96

Radič wurde im Laufe des Krieges ein Hauptmann des Serbischen Freikorps. Man sagt, er habe einmal irgendwelche türkischen Kriegsgefangenen niedergemetzelt und aus diesem Grund verlor er den Hauptmannsrang; später nahm er jedoch andere Türken gefangen, nahm irgendwelche Kamele als Prise und erhielt seinen Rang wieder zurück. Nachdem die Deutschen sich mit den Türken versöhnten, bekam er, gleich wie die anderen Freikorpsoffiziere, die für den Dienst bei den Deutschen nicht mehr taugten, eine Pension (und für die besonderen Verdienste den ungarischen Adelsstand), und so lebte er in Syrmien, im Dorf Jakovo, bis 1804.

In „Miloš Obrenović – knez srpski ili građa za srpsku istoriju našeg vremena“ lieferte Vuk eine gute allgemeine Übersicht des Kriegsverlaufes:

94 STEFANOVIĆ KARADŽIĆ Vuk, Kao srpski Plutarh ili žitija zlatni Srbalja u Srbiji našega vremena. Radič Petrović. In: Danica 4 (1829), S. 11 95 ebda., S. 11-12 96 ebda.,S. 12 36

Godine 1788 na pozivanje ćesara Josifa II. ustanu Srbi na Turke, i sami Turke po Beogradskom pašaluku sateraju u gradove i popale varoši i palanke. Kad u tom vojska Turska navali na Srbiju, a Nemačka još ne stigla, onda se narod prosti stane predavati.97

Im Jahr 1788 rebellierten die Serben nach einem Aufruf des Kaisers Joseph II. gegen die Türken und drängten sie im Belgrader Paschalik98 in die Städte zurück, die sie niederbrannten. Als dann das Türkenheer Serbien angriff und das deutsche Heer noch nicht ankam, begann sich das gemeine Volk zu ergeben.

Der Autor schilderte dann sehr eindrucksvoll eine besonders dramatische Episode aus dem Leben des späteren serbischen Anführers Karađorđe:

A četobaše i znatniji vojnici pobegnu u Srem i u Banat (tada je Crni Đorđe ubio svog oca Petroniju99 što nije šćeo s njime da beži Srem).100

Die Hauptmänner und die wichtigeren Soldaten flüchteten nach Syrmien und ins Banat (damals tötete der Schwarze Georg seinen Vater Petronija, weil er mit ihm nach Syrmien nicht flüchten wollte).

Den Beschreibungen der österreichischen und serbischen Freiwilligen widmete Vuk viel Platz:

Kad Nemci po tom pređu u Srbiju i podignu srpski frajkor pod obršterom Mijaljevićem,101 mlogi i ondašnji Srbi postanu kapetani, n. p. Radič Petrović iz Levča iza sela Sviokovca, Marjan Jovanović iz Levča iza sela Laništa, dva brata (Jovan i Petar) Čardaklije od nekud s Arnautske granice, Deli- Đorđije.102

Als die Deutschen danach nach Serbien kamen und das serbische Freikorps unter dem Oberst Mijaljević erhoben, wurden viele damalige Serben zu Hauptmännern ernannt, z. B. Radič Petrović aus Levče hinter dem Dorf Sviokovac, Marjan Jovanović aus Levče hinter dem Dorf Lanište, zwei Brüder (Jovan und Petar) Čardaklija irgendwo von der albanischen Grenze, Deli-Georg.

Der Autor unterstrich die besondere historische Rolle Koča Anđelkovićs103:

97 STEFANOVIĆ KARADŽIĆ Vuk, Miloš Obrenović – knjaz Serbii ili građa za srpsku istoriju našeg vremena. Ofen 1828, S. 1 98 eigentlich Paschalik von Smederevo, Bem. d. Aut. 99 Petronije war nicht der leibliche Vater von Karađorđe, sondern sein Stiefvater, Bem. d. Aut. 100 STEFANOVIĆ KARADŽIĆ Vuk, Miloš Obrenović – knjaz Serbii ili građa za srpsku istoriju našeg vremena. Ofen 1828, S. 2 101 Oberst Mihaljević, Bem. d. Aut. 102 STEFANOVIĆ KARADŽIĆ Vuk, Miloš Obrenović – knjaz Serbii ili građa za srpsku istoriju našeg vremena. Ofen 1828, S. 2 103 sein richtiger Vorname lautete Korun, obwohl er manche Dokumente auch mit Kosta unterschrieb und sein Familienname lautete eigentlich Petrović, Anđelković nannte er sich nach seinem Vater Anđelko, einem Flüchtling aus dem Paschalik von Prizren, Bem. d. Aut. 37

No od sviju je bio najpoznatiji kapetan Koča iz Levča iza sela Panjevca. On je najpre trgovao svinjama, pa se na godinu pred zavadi nešto s Turcima, u uteče u Banat; a u početku rata pređe opet u Srbiju, i pobuni narod protiv Turaka; zato se u Srbiji, osobito po donjim krajevima, ovaj rat i današnji dan zove Kočina Krajina.104

Der berühmteste von allen war der Hauptmann Koča aus Levče hinter dem Dorf Panjevac.105 Zuerst handelte er mit Schweinen, dann zerstritt er sich mit den Türken und flüchtete ins Banat; am Anfang des Krieges kehrte er wieder nach Serbien zurück und wiegelte das Volk gegen die Türken auf; aus diesem Grund nennt man in Serbien, vor allem in seinen nördlichen Gebieten, diesen Krieg noch immer Kočina Krajina.

Weiter beschrieb Vuk die Eigendynamik der kriegerischen Ereignisse und das Schicksal der serbischen Kämpfer unter Koča:

Kad su Turci prodrli u Banat, on je s nekoliko stotina svojih frajkora čuvao Dunav više Poreča (iz nemačke strane prema Dobroj). Došavši Turci u Poreč, poručivali su mu, da se ukloni s puta, dodajući, da je vojska Nemačka utekla ka Temišvaru, a on sam ne može se upreti carskoj sili; no on to nije hteo da veruje i da posluša, nego, uzdajući se u svoju dojakošnju sreću, i misleći, kako stanu puške pucati, da će mu vojska Nemačka (za koju je znao, da je negde blizu) doći u pomoć, s nekoliko stotina ljudi dočeka Tursku silu.106

Als die Türken ins Banat vorstießen, bewachte er mit mehreren Hunderten Kämpfern seines Freikorps die Donau oberhalb von Poreč (von der deutschen Seite bis nach Dobra). Als die Türken Poreč erreichten, ließen sie ihm ausrichten, er möge ihnen aus dem Weg gehen, weil das deutsch Heer ohnehin nach Temeschwar geflüchtet sei und er gegen die Streitmacht des Sultans keinen Widerstand leisten könne; er wollte es aber nicht glauben und darauf hören und vertraute seinem bisherigen Glück, denkend, dass ihm, sobald es zu einem Schusswechsel käme, das deutsche Heer (dessen Nähe ihm bekannt war) helfen würde; so positionierte er sich mit mehreren Hundert Mann vor der türkischen Streitmacht.

Vuk Stefanović Karadžić schilderte den Untergang des serbischen Volkshelden und seiner Truppen am 7. September 1788 in taktischer Hinsicht sehr detailliert:

Dok su se jedni Turci s njim tukli, drugi zađu, te ga opkole, i s one strane, od kud je mislio, da će mu doći Nemačka vojska u pomoć, udare turski pešaci. Posle dugoga i strašnoga boja i jurišanja uvate Turci Koču živa sa oko 60 frajkora (a ostali svi izginu), i odvedu ji na Tekije prema Ršavi, te ji onde ponabijaju na kolje.107

Während sich ein Teil der Türken mit ihm schlug, hinterging ihn ein anderer Teil und ausgerechnet von der Seite, von der er die Hilfe des deutschen Heeres erwartete, griffen die türkischen Infanteristen an. Nach einem langen und schrecklichen Kampf und Stürmen nahmen die Türken den Koča samt etwa 60 Freikorpssoldaten lebendig gefangen (die anderen kamen alle um), führten sie nach Tekija in Richtung Ršava ab, wo sie gepfählt wurden.

104 STEFANOVIĆ KARADŽIĆ Vuk, Miloš Obrenović – knjaz Serbii ili građa za srpsku istoriju našeg vremena. Ofen 1828, S. 2 105 heute Kočino Selo, Bem. d. Aut. 106 STEFANOVIĆ KARADŽIĆ Vuk, Miloš Obrenović – knjaz Serbii ili građa za srpsku istoriju našeg vremena. Ofen 1828, S. 3 107 ebda. 38

Einige Zeit nach dem Tode Vuks verkaufte seine Tochter Mina alle Druckrechte an den Werken ihres Vaters an die serbische Regierung. Sie bezog zeitlebens eine Jahresrente in der Höhe von 6.000 Dinar. Außerdem erhielt sie fünfzig Freiexemplare von jedem gedruckten Buch.108

6.4.3. LAZAR ARSENIJEVIĆ BATALKA

Lazar Arsenijević Batalka (1793-1868) kam im Dorf Bukovik in der Nähe von Kragijevac zur Welt und war ebenfalls ein sehr bedeutender Historiker. Während des Ersten Serbischen Aufstandes besuchte er in Belgrad die Große Schule, auch „Jugovićeva škola“ genannt, eine Vorläuferin der Belgrader Universität. Sie wurde von Ivan Jugović (1772-1813) gegründet, einem austrophilen Aufklärer aus Sombor, der sich manchmal auch als Jovan Savić bezeichnete. Als Vorbild für seine Bildungsinstitution als Kaderschmiede der künftigen serbischen Elite diente ihm die Ungarische Königliche Akademie. Am Anfang war Jugović der einzige Professor an der Schule, deren Direktor Dositej Obradović war. Nach dem Schulabschluss diente Lazar Arsenijević als Staatsbeamter in Passarowitz, Kladovo und Kragujevac, wo ihm übrigens der „Vater der serbischen Presse“, Dimitrije Davidović, den Spitznamen Batalka, also „Bata Laka“ (auf dt. „Brüderchen Lazarus“) verpasste. Zu den weiteren Meilensteinen seiner Karriere zählten Smederevo und Belgrad, wo er in der Markuskirche heute begraben liegt.109 Er gehörte zu den Verehrern Karađorđes. Aus diesem Grund lag Batalka im Streit mit Vuk, der eher zum Realpolitiker Miloš Obrenović tendierte und gegen den aufbrausenden „Vožd“ war.110 Batalka schrieb „Memoare“ und übergab seine Aufzeichnungen dem Mitglied des serbischen Staatsrates Nikola Krstić, der sie allerdings nicht publizieren wollte.111 Als Historiker widmete er sich hauptsächlich dem Kampf der Serben für die Befreiung von der osmanischen Herrschaft im 18. und 19. Jahrhundert. Seine Überlieferungen der historischen Ereignisse unterscheiden sich manchmal im Detail von den Deutungen der anderen Geschichtsschreiber. Allerdings nannte Batalka stets alle Zeitzeugen mit ihren vollen Vor- und Nachnamen, was für eine gewisse Seriosität seiner historischen Forschung spricht. Als Beispiel könnte die Kurzbeschreibung der Gefangennahme Koča Anđelkovićs dienen:

108 MILIČEVIĆ Milan Đakov, Pomenik. Reprint izdanja iz 1888. i 1901. Neusatz 1971, S. 128 109 ebda., S. 53-56 110 ebda., S. 56 111 ebda., S. 54 39

Po kazivanju Milorada Kukića, četnika u austrijsko turskom ratu i savremenika Kočina, Koču su opkolili Turci u nekoj pećini i da se on sa svojih 150 četnika junački borio, ali se morao predati Turcima na veru, jer ne dobi pomoći od Austrijanaca.112

Nach der Erzählung Milorada Kukićs, eines Tschetniks im Österreichisch-Türkischen Krieg und eines Zeitgenossen Kočas, wurde der Koča seitens der Türken in einer Höhle umzingelt. Er kämpfte mit seinen 150 Tschetniks zwar heldenhaft, musste sich jedoch im guten Glauben den Türken ergeben, weil er von den Österreichern keine Hilfe bekam.

6.4.4. LEOPOLD RANKE

Leopold Ranke (1795-1886) war ein deutscher Historiker, Philologe, Hochschullehrer, Staatsdiener und Politiker.113 Für ihn war die Objektivität der Geschichtsforschung wesentlich wichtiger als ihr belehrend-aufklärerischer Auftrag. Mit dieser Forderung setzte er sich später als Historiograph Preußens durch.114 Über den letzten Österreichisch-Türkischen Krieg schrieb er in seinem Werk „Die serbische Revolution“, dessen Hauptthema die Aufstände der Serben sind. Die wichtigsten Quellen für dieses Buch erhielt Ranke überwiegend von Vuk Stefanović Karadžić. 1864 erschien das historische Werk in Belgrad auf Serbisch unter dem Titel „Istorija srpske revolucije“ und avancierte auf Anhieb im Fürstentum Serbien zu einem Dauerbestseller unter den Fachpublikationen dieser Zeit. Als Übersetzer und Herausgeber konnte die serbische Staatsdruckerei den berühmten Gelehrten Stojan Novaković gewinnen. Für Ranke waren die Ereignisse des Krieges 1787-1791 eine Vorstufe der beiden serbischen Aufstände. Aus diesem Grund schilderte er das Gesamtgeschehen äußerst analytisch und facettenreich:

Dobro je mislio car Josif, što je sastavljao od Srba, koji su pristajali uzanj, onaj njegov „frajkor“, taj frajkor na skoro ojača, te posta golema četa pešaka i konjanika, koji su vojevanju bili od valjane pomoći odmah još kad je opsađivan Beograd 1789., a još više kad je Beograd osvojen i zemlja bila zauzeta.115

Kaiser Joseph hatte den guten Gedanken, aus den Serben die sich ihm anschließen würden, ein Freicorps zu bilden; und bald wuchs dies zu einer ansehnlichen Schaar zu Pferd und zu Fuß an, welche im Kriege die besten Dienste leistete: schon bei der Belagerung von Belgrad im Jahr 1789, noch mehr aber, als man diese Stadt erobert hatte und das Land in Besitz nahm.116

Ranke berichtete auch über einzelne Personen und Ereignisse und lobte die Fertigkeiten der serbischen Freiwilligen im sogenannten „kleinen Krieg“ sehr:

112 ARSENIJEVIĆ-BATALKA Lazar, Istorija Srpskog Ustanka, Bd. 1. Belgrad 1898, S. 58 113 STEFANOVIĆ KARADŽIĆ Vuk, Pisma. Neusatz 1969, S. 286 114 Ranke Leopold. In: Lingen Lexikon in 20 Bänden. Bd. 15, S. 48, Sp. 1, Köln 1977 115 RANKE Leopold, Istorija srpske revolucije. Belgrad 1864, S. 67 116 RANKE Leopold, Die Serbische Revolution. Aus serbischen Papieren und Mittheilungen. Berlin 21844, S. 79 40

Pukovnik Mihaljević, koji je ovom frajkoru, svojevoljcima srpskim, zapovedao, zauzme položaje kod Ćuprije i Jagodine; putevime, kojima još nikad donde niti je vojska prošla niti top provučen, prođe on pod Karanovac,117 te ga otme od Turaka;118

Oberst Mihaljewitsch, der das Freicorps serbischer Emigranten befehligte, stellte sich bei Jagodina und Kjupria auf; auf Wegen, wo noch nie ein Heer gezogen oder Geschütz geführt worden ist, drang er nach Karanowaz vor und entriss es den Türken;119

Die politische Dimension der Kampfhandlungen wurde seitens des Autors ebenfalls berücksichtigt:

Ljudi su se po Srbiji zacelo nadali, da će u ovaj mah ostati pod vladom bečkog ćesara; svuda su se s voljom udruživali s cesarevom vojskom, po mnogim nahijama su činili pravu podaničku vernost i na više mesta su branili zajedno s carskom vojskom osvojena mesta od neprijatelja, koji je sad bio zajednički.120

Die Einwohner hielten für gewiß, daß sie dies Mal Unterthanen des Kaisers zu Wien bleiben würden: sie hatten sich überall mit Hingebung angeschlossen, in den meisten Bezirken die Huldigung geleistet, hie und da die eroberten Orte zugleich mit den kaiserlichen Truppen gegen den nun gemeinschaftlichen Feind zu vertheidigen übernommen.121

Die Hoffnungen der Serben blieben jedoch durch eine sowohl für sie als auch für Österreich ungünstige Konstellation im Konzert der europäischen Großmächte auch diesmal unerfüllt:

Nego ni u ovaj mah ne dođe donde, dokle su se oni nadali. Čim bi prilika, da će se namere ruskog i austrijskog dvora izvršiti, zabrinu se ostala Evropa, da se kako ne poremeti opšta ravnoteža, tim što će se oblasti tih dvorova, kao što beše u ozgledu, jako povećati; stara suprotnost, koja je uvek protiv onog koji dobiva, ustane u korist Turaka, te se na skoro pokaza, da ih ne će biti lako upropastiti.122

Allein auch dies Mal sollte es nicht so weit kommen wie sie hofften. Sobald es den Anschein nahm, als könnten die Entwürfe der Kaiserhöfe sich vollziehen, erwachte in dem übrigen Europa die Besorgnis, durch eine so weitaussehende Vergrößerung ihrer Gebiete das allgemeine Gleichgewicht gestört zu sehen: die alte Eifersucht, die sich immer dem Gewinnenden entgegensetzt, erhob sich zu Gunsten der Osmanen, und bald zeigte sich, daß man sie nicht würde zu Grunde gehen lassen.123

117 heute Kraljevo, Bem. d. Aut. 118 RANKE Leopold, Istorija srpske revolucije. Belgrad 1864, S. 67 119 RANKE Leopold, Die Serbische Revolution. Aus serbischen Papieren und Mittheilungen. Berlin 21844, S. 79 120 RANKE Leopold, Istorija srpske revolucije. Belgrad 1864, S. 68 121 RANKE Leopold, Die Serbische Revolution. Aus serbischen Papieren und Mittheilungen. Berlin 21844, S. 79 122 RANKE Leopold, Istorija srpske revolucije. Belgrad 1864, S. 68 123 RANKE Leopold, Die Serbische Revolution. Aus serbischen Papieren und Mittheilungen. Berlin 21844, S. 80 41

6.4.5. STOJAN NOVAKOVIĆ

Stojan Novaković (1842-1915) war Sohn eines armen Tischlers aus Šabac. Er absolvierte die Studien der Philologie und Jura am Belgrader Lyceum und arbeitete vorerst als Bibliothekar, Hochschulprofessor und Kustos in mehreren Museen der serbischen Hauptstadt. Von 1873 bis 1875 hatte er im Fürstentum Serbien den Posten des Bildungsminsters inne.124 Eine radikale Reform des Schulwesens in Serbien im Zeitraum von 1880 bis 1883 zählte zu seinen persönlichen Verdiensten. Danach betätigte er sich als Innen- und Premierminister und startete anschließend eine glänzende diplomatische Karriere als Botschafter seines Landes in Konstantinopel, Paris und St. Petersburg.

Nach dem Ende der Balkankriege 1912/13 führte er die serbische Delegation bei den Verhandlungen mit den Osmanen an.125 Als Militärhistoriker beschäftigte sich Novaković in seinen zahlreichen Publikationen überwiegend mit Serbien im Mittelalter. Zu seinen bedeutendsten Werken über den letzten Österreichisch-Osmanischen Krieg zählen „Iz srpske istorije“ und „Tursko carstvo pred srpski ustanak 1780-1804“. Ein gewaltiger Pluspunkt seiner Fachbücher ist der Umstand, dass er als aktiver Politiker und Staatsmann unter der Dynastie Obrenović uneingeschränkten Aktenzugang genoss, wovon viele seiner damaligen Kollegen bloß träumen konnten. Das merkt man in seiner fachmännischen Analyse der Lage des serbischen Volkes im Sog der josephinischen Reformen ganz deutlich:

Tako je u 18. veku među Srbima u Ugarskoj svim mogućim načinima izbijala u vrh potreba da se učine jake, radikalne promene u dotadašnjoj kulturi, upravo da se ta stara, vizantijska kultura, pomiri i dovede u sklad sa zapadnoevropskom, te da narod ima čim boriti se dalje za svoj opstanak među narodima.126

So stieg im 18. Jahrhundert unter den Serben in Ungarn auf alle Weisen die Notwendigkeit empor, starke radikale Veränderungen in ihrer bisherigen Kultur zu bewerkstelligen, um ausgerechnet diese alte byzantinische Kultur mit der westeuropäischen zu versöhnen und zu harmonisieren, damit das Volk etwas hat, womit es um sein Überleben unter den anderen Nationen kämpfen kann.

Novakovićs Beschreibungen des letzten Österreichisch-Türkischen Krieges basierten auf diversen älteren Quellen und brachten enttäuschend wenig Neues ans Licht. Umso schärfer fiel hingegen seine recht schonungslose Betrachtung der wahren Gründe des Scheiterns der Bewegung zur Angliederung Serbiens ans Habsburgerreich aus:

124 NOVAKOVIĆ Stojan, Iz srpske istorije. Neusatz 1972, S. 3 125 SAMARDŽIĆ Dragana, Novaković Stojan. In: Vojna Enciklopedija. Bd. 6, S. 158, Sp. 7-8, Belgrad 21973 126 NOVAKOVIĆ Stojan, Iz srpske istorije. Neusatz 1972, S. 263 42

Neumešnost, netrpeljivost, bojazan od drugih, nepoznavanje onoga za čim se toliko žudi i naposletku, odsustvo kuraži smetali su austrijskim državnicima da granice carstva rašire preko Save.127

Die Unschicklichkeit, die Unduldsamkeit, die Angst vor den Anderen, die Unkenntnis von dem, was man so sehr begehrt und letztendlich die Abwesenheit der Courage hinderten die österreichischen Staatsmänner daran, die Grenzen des Reiches über die Save zu erstrecken.

6.4.6. AVRAM ĐUKIĆ

Der Banater Serbe Avram Đukić (1844-1906) machte in der kaiserlich-königlichen Armee eine beispielhafte Karriere. Als General der Intendatur verfügte er über guten Zugang zu den historiographischen Quellen, vor allem zu den Beständen des Kriegsarchivs in Wien. Dieser Umstand reflektierte sich in einer großen Anzahl an militärgeschichtlichen Fachpublikationen aus der Feder Đukićs. Neben seinen beiden Standardwerken „Generali i pukovnici Srbi u Austrougarskoj od godine 1704 do danas“ und „Život Avrama Stanisavljevića“ zählten diverse Beiträge über die Wanderungen der Serben, über das serbische Husarenregiment und über die Teilnahme des Titeler Tschaikistenbataillons am letzten Österreichisch-Osmanischen Krieg ohne Zweifel zu den Höhepunkten seiner wissenschaftlichen Forschungsarbeit. „Učešće titelskog krajiškog bataljona u austro-turskom ratu godine 1788-1791“ erschien in „Letopis Matice srpske“, Nr. 161/162 im Jahr 1891 in Neusatz zum hundertjährigen Jubiläum des Kriegsendes.128 Die Zeitschrift „Letopis Matice srpske“ erschien zum ersten Mal 1825 und wird auch heute noch in zwölf Ausgaben jährlich mit sieben Bänden und jeweils sechs Heften publiziert.129 Đukić selbst empfand seinen Beitrag in „Letopis Matice srpske“ als eine würdige Ehrung der Leistungen und der Tapferkeit der kaisertreuen Titeler Tschaikisten im letzten Krieg der Habsbuger gegen die Osmanen. Zuerst gab er eine allgemeine Übersicht der Tschaikisten:

Zemljište bivšeg titelskog šajkaškog krajiškog bataljona leži u trokutu između Dunava, Tise i velikog jarka (grosse Römerschanze) u Bačkoj, na kom se nalaze ova šajkaška srpska mesta: Titel, Lok, Vilovo, Mošorin, Gardinovci, Gornji Kovilj, Donji Kovilj, Kać, Sentivan, Đurđevo, Josifovo Selo (Josefsdorf, Žabalj), Gospođince, Čurug i Nadalj.130

Das Gebiet des ehemaligen Titeler Tschaikistenbataillons liegt im Dreieck zwischen der Donau, der Theiss und der Großen Schanze (große Römerschanze) in Batschka, wo sich die folgenden serbischen Tschaikistenortschaften befinden: Titel, Lok, Vilovo, Mošorin, Gardinovci, Gornji Kovilj, Donji Kovilj, Kać, Sentivan, Đurđevo, Josifovo Selo (Josefsdorf, Žabalj), Gospođince, Čurug und Nadalj.

127 NOVAKOVIĆ Stojan, Iz srpske istorije. Neusatz 1972, S. 362 128 ĐUKIĆ Avram, Učešće titelskog krajiškog bataljona u austro-turskom ratu godine 1788-1791. In: Letopis Matice srpske za 1891. Jg. 67, Nr. 162 (1891), Heft 1, S. 83 129 Letopis Matice srpske, Jg. 146, 7/8 1970, Nr. 406, Heft 2-3, innere Titelseite 130 ĐUKIĆ Avram, Učešće titelskog krajiškog bataljona u austro-turskom ratu godine 1788-1791. In: Letopis Matice srpske za 1891. Jg. 67, Nr. 162 (1891), Heft 1, S. 84 43

Die Vorbedingungen für den bevorstehenden Konflikt sah er sehr differenziert und ortete den Hauptkriegsgrund weniger in den unmittelbaren Expansionsgelüsten der Donaumonarchie als im Bestreben, durch die am 28. August erfolgte osmanische Kriegserklärung an das mit Österreich verbündete Russische Reich nicht ins Hintertreffen zu geraten.131 Wie auch immer, die unerbittliche Bündnispflicht entwickelte ihre Eigendynamik:

Car Josif II. odluči sad u borbu priteći ne samo sa obećanim korom, već sa svom svojom silom, jer mišljaše, da mu valja nadoknaditi gubitke njegovih predaka.132

Kaiser Joseph II. entschied, nicht bloß mit dem versprochenen Korps in den Kampf zu ziehen, sondern mit seiner gesamten bewaffneten Macht, weil er dachte, die Verluste seiner Vorfahren wettmachen zu können.

Genauestens listete Avram Đukić die Bestände der seit 1786 einsatzbereiten und in Klosterneuburg und in Titel stationierten österreichischen Donaukriegsflotille auf: 31 Tschaiken (zwei Doppeltschaiken, sechs Ganztschaiken, elf Halbtschaiken und zwölf Patrouilletschaiken) samt Artillerie mit ihren 22 Einpfund-, zwanzig Dreipfund-, zwei Zwölfpfundmetall- und zwölf Einpfundeisenkanonen.133 Am 8. September versetzte der Kaiser die Donauflottile zwischen Peterwardein und Banovci in Kriegsbereitschaft, um nach dem Allvintzi-Plan vom 19. September 1787 mit ihren acht Bataillonen Belgrad im Handstreich einnehmen zu können.134 Als Unterstützung der Landungstruppen standen inkognito vierzehn große und sechs kleine Schiffe plus noch sechs Fährkähne, sechszig Pontonschiffe und vierzehn Übersetzungsglieder mit je vierhundert Soldaten in Futog bereit.135 Đukić hatte anscheinend eine gute Einsicht in die archivalischen Personalakten der kaiserlich-königlichen Armee, denn er war bestens darüber im Bilde, wer militärisch in welchem Bereich eingesetzt wurde:

General Magdeburg, komandant pontonskog bataljona i vrhovnog lađarskog zvanja, predloži (2. oktobra), da se za upravljanje ovih brodova naročito upotrebe: kapetan Matija Abdank, natporučnik Josif Hohenbruk, poručnici Josif Nol, Đura Gavrina i Fridrih Klausberger, i potporučnik Jovan Brukenfeld od pontonirskog bataljona; dalje kapetan Franc baron Bemler, natporučnici Aron Stanisavljević i Josif Najdeg, poručnik Jovan Lehner, 2 stražmeštra, 4 kaprala, 8 gefrajtera i 180 prostih momaka od šajkaškog bataljona.136

131 ĐUKIĆ Avram, Učešće titelskog krajiškog bataljona u austro-turskom ratu godine 1788-1791. In: Letopis Matice srpske za 1891. Jg. 67, Nr. 162 (1891), Heft 1, S. 84-85 132 ebda., S. 85 133 ebda. 134 ebda., S. 86-87 135 ebda., S. 87 136 ĐUKIĆ Avram, Učešće titelskog krajiškog bataljona u austro-turskom ratu godine 1788-1791. In: Letopis Matice srpske za 1891. Jg. 67, Nr. 162 (1891), Heft 1, S. 88; vgl. Bericht des General Magdeburgs (Wien, am 2. Oktober 1787) In: Kriegsarchiv 1787, 10, 1 ½ u. 9 (Belgrader Acten) 44

General Magdeburg, der Oberbefehlshaber des Pontoniererbataillons und der Schifferzunft, schlug (am 2. Oktober) vor, insbesondere folgende Personen mit dem Lenken dieser Schiffe zu betrauen: Hauptmann Matthias Abdank, Oberleutnant Jeseph Hohenbruck, Leutnante Joseph Noll, Đura Gavrina und Friedrich Clausberger, und Vizeleutnant Johann Bruckenfeld vom Pontonierebataillon; weiter Hauptmann Franz Baron Böhmler, Oberleutnante Aron Stanisavljević und Joseph Naidegg, Leutnant Johann Lechner, 2 Wachtmeister, 4 Korporale, 8 Gefreite und 180 einfache Mannschaften vom Tschaikistenbataillon.

Zusätzlich verlangte und erhielt Allvinzi noch zwei Offiziere, sechs Unteroffiziere, achtzig Gefreite und fünfzig Tschaikisten als Unterstützung, um in der Nacht vom 2. auf 3. Dezember 1787 Belgrad angreifen zu können.137 Die Angaben über die bei Novi Banovci lagernden Verstärkungen sind bei Đukić noch wesentlich ausgiebiger. Am 2. Dezember standen dort vier Infanterieregimenter, vier Grenadierbataillone, vier Sechspfunderkanonen und zwei Haubitzen bereit. Nach dem Plan Allvinzis inspizierte Leutnant Franz Mihanovich, verkleidet als Lehrling des ortsansäßigen Hafners Petar Kristiforović, die Belgrader Festung und zeichnete naturgetreu alle Stellungen der osmanischen Armee auf. Die Helfer aus den Reihen der Serbianer hätten den österreichischen Landungstruppen die Tore der Stadt eröffnen sollen. Als unmittelbare Befehlshaber vor Ort beim Angriff auf Belgrad hätten Gyulay, Voltemat, Stanisavljević, Eszterhazy, Roth, Gavrina, Noll und Schneemayer dienen sollen. Bohmler, Naidegg und Abdank hätten das Ganze aus Waidzillen befehligen sollen, um eine gute Übersicht über das Kampfgeschehen im Auge behalten zu können.138 Obwohl die Witterungsbedingungen, in diesem Fall der dichte Nebel und der ungünstige Südwind, Allvinzis Überraschungsangriff vereitelten und die Schiffe an Belgrad vorbeizogen, gab er nicht auf und plante eine weitere Aktion mit elf Bataillonen der Militärgrenze. Diesmal sollten die Pioniere die mächtigen Befestigungswerke bezwingen, das Wetter war jedoch im Jänner 1788 zu schlecht, um die nötigen Reserven heranzuschaffen und so gab man auch den zweiten Plan auf.139 Beide Pläne wurden unter dem Sammelbegriff „Belgrader Affäre“ in der Öffentlichkeit bekannt. Mittlerweile stand Kaiser Joseph II. mit insgesamt 281.000 Mann und 1.150 Kanonen im Felde. Das war bis dato die größte Streitmacht des Habsburgerreiches.140 Allerdings wurden diese Truppen nicht massiert verwendet, sondern auf sechs verschiedenen Kriegsschauplätzen entlang der langen Grenze mit dem Osmanischen Reich eingesetzt, was sich in strategischer Hinsicht als äußerst unklug erwies. Zum Kommandanten der gesamten

137 ĐUKIĆ Avram, Učešće titelskog krajiškog bataljona u austro-turskom ratu godine 1788-1791. In: Letopis Matice srpske za 1891. Jg. 67, Nr. 162 (1891), Heft 1, S. 88-89 138 ebda., S. 90-91 139 ebda., S. 91-93 140 KALEČAK Vladimir, Austro-turski ratovi. In: Vojna Enciklopedija. Bd. 1. S. 333, Sp. 3, Belgrad 21970 45

Donauflotille und damit auch der Tschaikisten, wurde vom Kaiser der General Baron Magdeburg ernannt.141 Er reformierte die Zusammensetzung der Tschaikistenbataillone. Neu waren ein orthodoxer Kaplan und insgesamt fünf Chirurgen in jedem Bataillon. Außerdem setzte man tschechischsprachige Jäger und eine wesentlich stärkere Artilleriebewaffnung als Verstärkung der Kampfschiffe ein.142 Joseph II. befahl 1788 ein umfassendes Schiffsbauprogramm und gab der heterogenen Armada einen neuen Namen. Die „Kriegsflotille auf der Donau“ bestand aus der „Čaiken-Flotillen-Abtheilung“ unter dem Kommando Major Redanges und aus der „Fregatte-Flotillen-Abtheilung“ unter dem Befehl Major Jimens.143 Kaiser Joseph II. erreichte nach einmonatiger Reise sein Hauptquartier in Futog und befahl prompt einen Ausbau der Deiche und Dämme, um mit seinem Heer schneller gegen die Osmanen operieren zu können. Da aus den logistischen Gründen eine Belagerung der damals stärksten osmanischen Festung Belgrad noch nicht in Frage kam, befreiten die kaiserlichen Truppen unter dem Vizemarschall Mitrovski nach einem heftigen, aber kurzen Kampf die Stadt Šabac.144 Weiter beschrieb Avram Đukić die Episode über die Verhandlungen mit einer Delegation der Osmanen an der Savemündung, wobei die Gegner von einem Kriegsschiff den österreichischen Militärbeauftragten Brenninger erschossen und Allvinzi und den Tschahikisten-Steuerman Jovan Petrić verwundeten.145 Die Truppen der Osmanen agierten zwar in Syrmien eher glücklos, im Banat fiel jedoch die Veterani-Höhle in ihre Hände, womit sie in diesem Bereich die Kontrolle über die Donau erlangten, Belgrad erreichten und Semlin bedrohten.146 Auf einmal stand die Heimat der Tschaikisten um Titel vor dem Fall. In die Verteidigungsmaßnahmen wurde, ähnlich wie im Banat, auch die zivile Bevölkerung einbezogen. Nach dem greisen und kränklichen Marschall Lacy und dem zögernden Grafen Kinsky, übernahm der äußerst angesehene Feldmarschall Laudon das Oberkommando des kaiserlichen Hauptheeres.147 Für die Tschaikistenflotille bedeutete das eine Umstellung auf eine wesentlich offensivere Kriegsführung. 1788/89 waren die Osmanen mit ihrer quantitativ sehr starken Donauflotille den Tschaikisten noch haushoch überlegen.148

141 ĐUKIĆ Avram, Učešće titelskog krajiškog bataljona u austro-turskom ratu godine 1788-1791. In: Letopis Matice srpske za 1891. Jg. 67, Nr. 162 (1891), Heft 1, S. 96 142 ĐUKIĆ Avram, Učešće titelskog krajiškog bataljona u austro-turskom ratu godine 1788-1791. In: Letopis Matice srpske za 1891. Jg. 67, Nr. 162 (1891), Heft 1, S. 97 143 ebda., S. 99 144 ebda., S. 101 145 ebda., S. 102 146 ebda., S. 104-111 147 ebda., S. 114-117 148 ĐUKIĆ Avram, Učešće titelskog krajiškog bataljona u austro-turskom ratu godine 1788-1791. In: Letopis Matice srpske za 1891. Jg 67, Nr. 162 (1891), Heft 2, S. 69 46

Um einem bevorstehenden osmanischen Angriff auf das Banat und auf Siebenbürgen zuvorzukommen, wollte Laudon in die Walachei einfallen. Die Hauptbedingung dafür war jedoch die Kontrolle der Donau, also die Einnahme Belgrads, was vor allem in logistischer Hinsicht keineswegs einfach zu bewerkstelligen war.149

Die große Stunde der Tschaikisten war gekommen und sie errangen bedeutende Siege über die Flotille der Osmanen bei Semlin und bei Pancsova. Dadurch konnte der Feldmarschall Laudon mit seinen Truppen ungestört die Save überqueren und Belgrad belagern. Osman- Pascha resignierte und übergab die Stadt nach nur zwanzig Tagen.150

Tako pade, posle 20-dnevne opsade, Beograd opet […] u ruke Austrije, koja je toliko puta prolevala krv pod bedemima i za bedemima ove znamenite tvrđave, prolevala za slavu svojega oružja, a za obranu civilizacije svekolike Jevrope, koja se mogla nadati boljoj budućnosti samo iza pobedonosnog štita ove velesile, a naročito za živim bedemima ubojnih bajoneta naših slavnih Graničara.151

So fiel, nach einer 20-tägigen Belagerung, Belgrad wieder […] in die Hände Österreichs, das so viele Male sein Blut vor und hinter den Mauerwerken dieser berühmten Festung vergoss, zum Ruhme seiner Waffen und für die Verteidigung der Zivilisation ganz Europas, das nur hinter dem siegreichen Schilde dieser Großmacht auf eine bessere Zukunft hoffen konnte, insbesondere hinter den lebendigen Bollwerken der Bajonetten unsrer glorreichen Grenzer.

Nach der Befreiung Smederevos und Passarowitzs begleiteten die Tschaikisten die osmanische Besatzung der Belgrader Festung und ihre Familien nach dem Kapitulationsvertrag bis Tekija, darunter 4883 Infanteristen, 1088 Kavalleristen, 682 Kranke und Verwundete, 2513 Frauen und 2670 Kinder. Ihr nächstes operatives Ziel war Orschawa (türk. Adakale), deren Befestigungen jedoch auf Anhieb nicht eingenommen werden konnten.152 Im Jahr 1790 eroberte zwar Prinz Sachsen-Coburg die Walachei, aber die bedrohliche Haltung Preußens erzwang die Anwesenheit Laudons mit einem Teil der Truppen in Böhmen. Nach dem Tode Joseph II. am 20. Feber 1790 und nach der Eroberung Orschawas am 16. April wurden die Friedensverhandlungen in die Wege geleitet und die Tschaikisten heimgeschickt.153 Diese Heimkehr schilderte General Đukić äußerst plakativ:

149 ĐUKIĆ Avram, Učešće titelskog krajiškog bataljona u austro-turskom ratu godine 1788-1791. In: Letopis Matice srpske za 1891. Jg 67, Nr. 162 (1891), Heft 2, S S. 77-78 150 ebda., S. 80-81 151 ebda., S. 83 152 ebda., S. 84-87 153 ebda., S. 94-102 47

Posle skoro četirigodišnjeg boravljenja van svoje oblasti dođoše Šajkaši svojim kućama, da uživaju posle toga dugog vremena blagodat mira, da se krepe za dalje napore u službi svoga cara i gospodara, kome su, kao i svi Srbi uopšte, svagda verni i odani bili.154

Nach einem fast vierjährigen Aufenthalt außerhalb ihres Gebietes kehrten die Tschaikisten heim, um den Segen des Friedens zu genießen und um sich für die weiteren Anstrengungen im Dienste ihres Kaisers und Herrschers zu stärken, dem sie, wie allgemein alle Serben, treu und ergeben waren.

Die kleineren Schiffe der Tschaikisten bewährten sich im Krieg an der Donau bestens, während die Fregatten kaum operativ eingesetzt werden konnten. Die Tschaikisten nahmen an allen Feldzügen der Kriege gegen Frankreich im Zeitraum von 1792 bis 1815 teil, was sie sogar bis nach Paris führte.155

6.5. VOLKSDICHTUNG

6.5.1. EPISCHE VOLKSDICHTUNG

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts konnten nur sehr wenige Menschen in Serbien lesen und schreiben. Der Analphabetismus war im osmanischen Serbien wesentlich verbreiteter als unter den Serben der Donaumonarchie. Der Großteil der Landbevölkerung lebte von der Land- und Forstwirtschaft oder von der Viehzucht.156 An die glorreichen Zeiten des serbischen Zarenreiches im Mittelalter erinnerte nur die Volksepik, die von umherziehenden Interpreten mündlich weitergegeben wurde. Dies geschah in Serbien, Montenegro und Bosnien und Herzegowina, oft musikalisch begleitet von dem traditionellen Saiteneninstrument Gusle. Das Instrument besteht aus einem dicken Stück Eichenholz mit einer bespannten Pferdehaarestegkonstruktion, die nach vorne in einen ausgehöhlten breiteren Resonanzkörper mündet und mit den Pferdehaaren eines Holzbogens bespielt wird.157 In Slawonien war hingegen die Tamburizza verbreitet.158 Der bekannteste Interpret der serbischen Volksepen aller Zeiten war der als Kind an den Folgen der Pocken erblindete Poet Filip Višnjić (1767-1834) aus Bosnien.159 Am liebsten sang er seine Verse im Zehnsilber:

Mi-li Bo-že ču-da ve-li-ko-ga

154 ĐUKIĆ Avram, Učešće titelskog krajiškog bataljona u austro-turskom ratu godine 1788-1791. In: Letopis Matice srpske za 1891. Jg 67, Nr. 162 (1891), Heft 2, S S., S. 103 155 ebda., S. 104 156 ČUBELIĆ Tvrtko (Hg.), Junačke narodne pjesme. Agram 51965, S. 5 157 BOUÉ Ami, Die Europäische Türkei. Neudruck der Ausgabe Wien 1889, Bd. 2, Melle 2008, S. 405 158 ČUBELIĆ Tvrtko (Hg.), Junačke narodne pjesme. Agram 51965, S. 6 159 DUČIĆ Jovan, Sabrana dela. Belgrad 2012, S. 401 48

Vor Filip Višnjić widmete sich die serbische Volksepik hauptsächlich den Ereignissen rund um die Amselfeldschlacht. Višnjić hingegen wollte in seiner Dichtung auch die zeitgenössischen Ereignisse verarbeiten und verbreiten. Alle von ihm interpretierten Epen verfolgten das Thema des Kampfes gegen die Türken und wurden in drei Zyklen aufgeteilt.

Der erste Zyklus beinhaltete die Ereignisse des Hochmittelalters in Serbien vor seiner Eroberung durch das Osmanische Reich, der zweite Zyklus thematisierte die Personen und Geschehnisse unter der osmanischen Herrschaft und der dritte Zyklus beschäftigte sich mit den Befreiungskämpfen. Im Rahmen dieser schriftlichen Arbeit werden primär die Epen des zweiten Zyklus näher erläutert, die seitens der Volksdichter aus Serbien, Bosnien und Herzegowina sowie Südungarn interpretiert wurden.

Ein geringerer Teil der Epen stammt aus Slawonien, aus Montenegro und aus Dalmatien. Die Dalmatiner bejubelten hauptsächlich die Heldentaten der Uskoken, während in den anderen erwähnten Gebieten die Haiducken und ihre Anführer populär waren. Die meisten Epen handeln von den historischen Ereignissen, die allerdings im Munde der Volksdichter verschönert und ausgeschmückt wurden. Manchmal verbanden sie sogar die realen Personen aus dem Achten Österreichisch-Osmanischen Krieg mit den mythischen Figuren der Amselfeldschlacht. Es kam auch vor, dass die Volksdichter manche Ereignisse zeit- und raumversetzt glorifizierten, wie zum Beispiel die Belagerung Wiens im Jahre 1683 und die anschließende Schlacht am Kahlenberg. Die existenzielle Krise des Osmanischen Reiches eröffnete den serbischen Untertanen des Sultans mehr Freiräume. Die zunehmende Anarchie manifestierte sich in der erhöhten Bereitschaft der Serben zu einer offenen Rebellion gegen die osmanische Obrigkeit:

Rani sina, pak šalji na vojsku: Zieh‘ den Sohn groß und schick ihn ins Heer:

Srbija se umirit ne može!160 Serbien kann man nicht befrieden!

Eine Militärkarriere im Dienste der Habsburger erschien vielen Serben trotz der verlangten harten Disziplin als äußerst erstrebenswert. Sie war eine willkommene Alternative zur osmanischen Unterdrückung und gleichzeitig ein großes Abenteuer jenseits des beschwerlichen Lebens am Lande. In den Avala-Dörfern sang man im 18. Jahrhundert ein bezeichnendes Volkslied:

160 STEFANOVIĆ KARADŽIĆ Vuk (Hg.), Srpske narodne pjesme. Bd. 4, Wien 1862, S. 206, vgl. VESELINOVIĆ Janko, Hajduk Stanko. Neusatz 1970, S. 303 49

Hajde dušo, u vrajkore! Komm ins Freikorps, Liebchen!

Ni orati, ni kopati, Weder pflügen noch graben,

Veće caru vojevati: Sondern für den Kaiser den Krieg führen: na godinu sto vorinta, Einhundert Forint jedes Jahr, a na mesec sto batina.161 und einhundert Prügelschläge monatlich.

An den Ereignissen des letzten Krieges gegen die Osmanen partizipierte übrigens nicht nur die Volksdichtkunst der Serben und Kroaten, sondern auch der geographisch weit entfernte slowenischsprachige Raum:

O Laudonu Über Laudon

Ej stajaj, stajaj Beligrad! Belgrad steht!

Za gradom teče erdeča kri Hinter der Stadt fließt rotes Blut

Za gradom teče erdeča kri, Hinter der Stadt fließt rotes Blut,

De b‘ gnala mlinske kamne tri. Das drei Mühlensteine treiben könnte.

Tam Laudon vojvoda stoji, Dort steht Herzog Laudon,

Kervavi meč u rokah derži; In seinen Händen hält er ein blutiges Schwert;

On hoče meti Beligrad, Er möchte Belgrad einnehmen,

In tursko vojsko dokončat. Und das türkische Heer vernichten

[…]

In dokle Beligrad stoji, Und solange Belgrad steht,

Naj slava Laudona slavi!162 Möge der Ruhm den Laudon bejubeln!

6.5.2. DIE EPISCHE VOLKSDICHTUNG SERBIENS

6.5.2.1. TURSKO VOJEVANJE NA BEČ

Wien war in den Augen der Serben schon immer eine Art american dream. Fast ihre gesamte gesellschaftliche Elite ging an der schönen blauen Donau zur Schule und schloss ihre Studien ebenfalls dort ab. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts blieb die Stadt an der Wien mit ihren Bibliotheken, Galerien und kirchlichen Einrichtungen das wichtigste kulturelle Zentrum der

161 MILIČEVIĆ Milan Đuro, Pomenik. Reprint izdanja iz 1888. i 1901. Neusatz 1971, S. 378 162 MACUN Ivan (Hg.), Cvetje jugoslavjansko. S dodanimi cveti drugih slavjanskih cvetov. Triest 1850, S. 112-113 50

Serben, wesentlich bedeutender als Belgrad, Neusatz oder Kragujevac. Das Epos „Der türkische Angriff auf Wien“ berichtet über die Belagerung Wiens vom 14. Juli bis 12. September 1683 durch ein großes osmanisches Heer unter dem Kommando des Großwesir Karamustafas und über den Triumph der Liga Sacra am Kahlenberg, womit dem Osmanischen Reich endgültig die strategische Initiative aus der Hand entrissen wurde.

Unter den Serben fand der Sieg der christlichen Allierten enormes Echo. Sie erwarteten eine baldige Befreiung Serbiens durch die kaiserlichen Heere und damit das Ende der sprichwörtlichen osmanischen Schreckensherrschaft. Der anonyme serbische Volksdichter vertritt ebenfalls solche Ansichten. Das Epos „Tursko vojevanje na Beč besteht übrigens aus 285 Zehnsilberversen und kommt ohne Strophen aus, womit es sich eigentlich um ein Poem handelt. Der Volksdichter betont in seinem Epos insbesondere zwei Momente, die Plünderung der nicht näher lozierten Markuskirche und den Schwur Karamustafas nach der Schlacht am Kahlenberg. Die Plünderung der Markuskirche durch Truppen des Osmanischen Reiches sah er als casus belli:

E, mu zulum Turci učiniše, Da verübten die Türken etliche Verbrechen, te u crkvu konje uvodiše, brachten ihre Pferde in die Kirche, za oltare konje povezaše, banden ihre Pferde an die Altäre, odeždami konje pokrivaše, deckten die Pferde mit den Talaren zu, kaležima ladno vino piše; tranken kühlen Wein aus den Kelchen

[…]

Der anonyme Dichter liefert auch eine historische Beschreibung der Belagerung:

Veći zulum Turci učiniše, Eine noch größere Untat verübten die Türken, te pod Bečom lagum potkopaše, sie gruben eine Mine unter Wien, potkopaše, te ga užegoše, dann zündeten sie die Mine an. do nebesa plamene digoše; die Flammen stiegen bis zum Himmel empor;

Der zweite hervorgehobene Augenblick ist der Schwur Karamustafas nach der Schlacht, Wien nie wieder anzugreifen:

51

Ala, Beče, ne beči se na me! Strarr mich nicht an, Wien!

Evo, mećem ruku na ćitape, Hier, ich lege die Hand an die Bücher,163 da ja neću udariti na te, dass ich dich nicht angreifen werde, proklinjaću bule i kadune, ich werde Türkenfrauen und Damen verfluchen, da ne šalju svojih vitezova, dass sie ihre Ritter nicht schicken, da ne šalju Beču na megdane. dass sie nicht in den Kampf um Wien geschickt werden.

[…]

Dosta sam ti dara ostavio, Ich hinterließ dir genug Geschenke, sve konjskoga i junačkog mesa, alles Pferde- und Heldenfleisch, zanajviše svijetla oružja.164 am meisten davon funkelnde Waffen.

6.5.2.2. KAPETAN KOČA

Als größte Feldherren Serbiens zählen noch heute die „drei Wojwoden“. Zu den Wojwoden Živojin Mišić (1855-1921) und Stepan Stepanović (1856-1929) aus den Balkankriegen bzw. aus dem Ersten Weltkrieg, gesellte sich auch ein k.k. Hauptmann aus dem letzten Österreichisch-Osmanischen Krieg dazu. Über das Leben Koča Anđelkovićs (1755-1788) wurde bereits im Kapitel „Kočina Krajina“ ausführlicher berichtet. Das patriotische Volkslied „Kapetan Koča“ wird auch im dritten Millenium in Serbien äußerst gerne gesungen und verbindet in seinen Versen die drei oben genannten Feldherren, obwohl der Hauptmann Anđelković mehr als ein Jahrhundert vor den anderen beiden Wojwoden lebte, was wohl an der licentia poetica liegen dürfte:

Pukovi hrabri nadiru, nadiru, Tapfere Regimenter stürmen voran,

Srbiju zemlju osvajaju, erobern Serbien,

Njih vode junaci Koča i Miša, von den Helden Koča und Miša angeführt, vojvoda Stepa na čelu s njim‘. mit dem Wojwoden Stepa an ihrer Spitze.

„Kapetan Koča“ besteht aus drei Strophen und drei Kehrreimen und wurde mehrmals als Hymne Serbiens vorgeschlagen. Besonders populär ist die Version des berühmten Komponisten Vartkes Baronijans (1933-1993), der übrigens auch das patriotische Gedicht „Vostani, Serbie“ von Dositej Obradović neu vertonte.

163 damit ist der Koran gemeint, Bem. d. Aut. 164 STEFANOVIĆ KARADŽIĆ Vuk, Pjesme junačke srednjijeh vremena. Bd. 3, Wien 1846, S. 45-50 52

Interessanterweise besingt das Volk nicht die Befreiung Serbiens, sondern seine Eroberung. Der Befreiungsbeitrag Koča Anđelkovićs sieht man programmatisch in den folgenden Versen:

On die u Tursko, Er [Hauptmann Koča]165 geht ins Türkische, izbavlja sve srpsko… befreit alles Serbische…

Im teilweise unlogisch formulierten Volkslied werden namentlich Nisch, Kragujevac und Belgrad als Ziele der bevorstehenden Eroberungen genannt.

6.5.2.3. POČETAK BUNE PROTIV DAHIJA

Das Epos „Der Beginn der Revolte gegen Dahijas“ behandelt eigentlich die Umstände unmittelbar vor dem Ausbruch des Ersten Serbischen Aufstandes, gibt jedoch auch ein sehr differenziertes Bild Serbiens während und nach dem Achten Österreichisch-Osmanischen Krieg wieder. Unter den Anführern der Revolte von 1787/88 befanden sich auffällig viele Teilnehmer des erwähnten Krieges. Janko Gagić, Ilija Trifunović Birčanin und Aleksa Nenadović dienten 1788 im Freikorps Mihaljević.166 Die letzten zwei wurden noch vor dem Beginn der Revolte seitens der Dayi bzw. Dahi getötet.167 Der Autor des Epos Filip Višnjić verwechselte unabsichtlich manche Ereignisse und Personen. Das dürfte wohl auf den teilweise unzuverlässigen Erzählungen der Zeitzeugen beruhen, auf denen die Epen, die von Vuk Stefanović Karadžić im Zeitraum nach 1813 niedergeschrieben wurden, basieren.168 Das Epos besteht aus drei Teilen und hat insgesamt 628 Verse. Im ersten Teil erörterte Filip Višnjić die Zwietracht der serbischen Anführer, die den Aufstand aufschieben wollten, obwohl das einfache Volk unter der Repression der lokalen osmanischen Obrigkeit enorm litt:

Tu knezovi nisu radi kavzi, Hier neigen weder die Schultheiße zum Zank, nit‘ su radi Turci izjelice noch die gefräßigen Türken, al‘ je rada sirotinja raja, sondern das arme rechtlose Volk, koja globa davati ne može, das weder die Abgaben leisten,

165 Bem. d. Aut. 166 MILIČEVIĆ Milan Đakov, Pomenik. Reprint izdanja iz 1888. i 1901. Neusatz 1971, S. 57-59 167 MAKSIMOVIĆ Nedeljko, Prvi srpski ustanak. In: Vojna Enciklopedija. Bd. 7. S. 498, Sp. 2, Belgrad 21974 168 ČUBELIĆ Tvrtko (Hg.), Junačke narodne pjesme. Agram 51965, S. 125 53 nit‘ trpiti turskoga zuluma.169 noch die türkische Gewaltherrschaft erdulden kann.

Im zweiten Teil des archaisch klingenden Epos thematisierte Višnjić die hartnäckige Weigerung der lokalen osmanischen Obrigkeit, den guten Rat Sultan Murats zu befolgen und dem einfachen Volke gegenüber viel Milde zu zeigen:

Turci, braćo, lale i veziri, Türken, Brüder, Lalas und Wesire, ja umrijeh, vama dobih carstvo! ich sterbe und gewann für euch ein Reich!

Nego ovo meine poslušajte, Hört auf mich, da vam carstvo dugovečno bude! damit euer Reich langlebig wird!

Vi nemojte raji gorki biti, Seid nicht hart zum Volk, veće raji vrlo dobri bud’te. sondern seid gut zu ihm.

[…]

Ne iznos’te na raju bijeda; Belastet das Volk nicht mit Elend; ne dirajte u njihove crkve, lasst seine Kirchen in Ruhe, ni u zakon, niti u poštenje, auch sein Gesetz und seine Ehre, ne tjerajte osvete na raji. rächt euch nicht am Volke.

[…]

Car umrije, a mi ostadosmo Der Zar170 starb und wir blieben i mi našeg cara ne slušasmo, und wir hörten nicht auf unsren Zaren, već veliki zulum podigosmo: stattdessen errichteten wir eine Gewaltherrschaft:

Pogazismo njihovo poštenje, Wir traten sein Ehre171 mit den Füßen, svakojake bijede iznosismo, wir trieben es ins Elend, i na raju globe navalismo, zwangen dem Volke hohe Abgaben auf. i grihotu Bogu učinismo.172 und wir versündigten uns am Gott.

Das Epos beinhaltet auch eine für diese Zeit unüblich starke sozialpolitische Note:

169 ČUBELIĆ Tvrtko (Hg.), Junačke narodne pjesme. Agram 51965, S. 102 170 Damit war der Sultan gemeint, Bem. d. Aut. 171 Die Ehre des einfachen Volkes, Bem. d. Aut. 172 ČUBELIĆ Tvrtko (Hg.), Junačke narodne pjesme. Agram 51965, S. 106-107 54

Ne bojte se kralja nijednoga, Fürchtet euch vor keinem König, kralj na cara udariti neće… kein König greift den Zaren an…

[…]

Čuvajte se raje sirotinje! Nehmt euch vor dem armen Volk in Acht!

Kad ustane kuka i motika, Wenn sich der Haken und die Hacke erheben,

Bit će Turkom po Mediji173 muka…174 dann werden die Türken in Medina in Not geraten…

Der Haken und die Hacke symbolisieren im Epos eine Rebellion des Bauernvolkes, das keine richtigen Waffen besaß, sondern bloß seine Arbeitswerkzeuge. Den dritten Teil des Epos widmete der Višnjić ausschließlich dem Beginn des Ersten Serbischen Aufstandes. Die Serben revanchierten sich für die Tyrannei der Osmanen äußerst blutig:

Kada Srblji dokopaše Turke… Als die Serben die Türken in die Hände bekamen …

Gole, bose, topuzima tuku…175 erschlugen sie sie, nackt und barfuß, mit den Morgensternen…

6.5.2.4. OTAC

„Vater“ ist ein Achtsilber in 70 Versen, der das tragische Lebensende des bereits erwähnten Haiducken und Teilnehmers des Krieges von 1788 bis 1791, Janko Gagić, beschreibt. Anders als seinen beiden Mitstreitern gelang ihm vorerst die Flucht ins Gebirge.176

Nenadović hrabri pade Der tapfere Nenadović fiel

I Birčanin s njim poginu. auch Birčanin kam mit ihm ums Leben.

Ali Janko, Gagić Janko Aber Janko Gagić on umače u planinu.177 flüchtete ins Gebirge.

Die Schergen des Dayi-Anführers Fočić Mehmed-Aga, in den zeitgenossischen Quellen auch Mehmed Aga Fočali genannt, nahmen jedoch bald darauf den noch minderjährigen Sohn des serbischen Volkshelden gefangen und erzwangen seine Kapitulation.

173 Medina in Arabien oder Medien/Persien, fig. Asien, Bem. d. Aut. 174 ČUBELIĆ Tvrtko (Hg.), Junačke narodne pjesme. Agram 51965, S. 107 175 ebda., S. 123-124 176 TRIFUNOVIĆ Dimitrije, Nenadović Aleksa. In: Vojna Enciklopedija. Bd. 6. S. 57, o. Sp , Belgrad 21973 177 www.prelepapoezija.com/otac [download am 12. April 2014 um 19 h 45] 55

Stan’te Turci, stan’te vuci Hört auf, Türken, hört auf, Wölfe

Ne grešite ruke svoje! Versündigt eure Hände nicht!

Ne dirajte sokolića, Rührt den kleinen Falken nicht an, evo ruse glave moje!178 da habt ihr meinen rotblonden Kopf!

Der Sohn wurde befreit und flüchtete ins Gebirge. Der Vater Gagić wurde durch die Türken enthauptet. Der Tod des Haiducken gilt als historisch belegt, die Umstände, die dazu führten, allerdings nicht. Besonders interessant ist die Tatsache, dass die allererste Handlung der Dahis angesichts der bevorstehenden Rebellion in Serbien die gezielte Gefangennahme und Tötung der angesehenen Veteranen des letzten Österreichisch-Osmanischen Krieges war, da diese gleichzeitig auch zu den angesehensten Serben zählten.

6.6. LITERATUR, POESIE UND PROSA

In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts konnte die Mehrheit der serbischen Bevölkerung Serbiens, Südungarns und der Österreichischen Militärgrenze weder lesen noch schreiben. Besonders schlimm war die Lage am Lande. Unter dem Druck der osmanischen Gewaltherrschaft, der Wanderungen und der Türkenkriege kämpfte die rurale Bevölkerung um ihr nacktes Überleben. In kultureller Hinsicht lebte die Mehrheit der Serben im Niemandsland zwischen der durch das Habsburgerreich geprägten westlichen Zivilisation und ihren unter den Osmanen konservierten und orientalisierten Volkstraditionen. Diese Umstände wurden oft von den serbischen Gelehrten angeprangert. Jovan Muškatirović (1743- 1809) kritisierte etwa die Rückständigkeit des einfachen Volkes, vor allem die Doppelgleisigkeit im Alltag. Jeder Feiertag der orthodoxen Kirche wurde ausgiebig gefeiert und außerdem wollten viele Serbinnen neben dem Sonntag auch am Freitag, also am freien Tag des Islam, ruhen.179 Es gab kaum Schuleinrichtungen, außer im Rahmen der Klöster. Dort wurden in der Regel nur die Söhne der wohlhabenderen Handwerker ausgebildet. Richtige Mädchenschulen gab es noch nicht. Die erste bescheidene „serbische“ Schule öffnete 1726 in Karlowitz auf Grund einer Initiative des Metropoliten Mojseja Petrović ihre Pforten. Als Lehrer wurde ein Russe namens Maksim Suvorov engagiert. Er brachte die ersten Lehrbücher aus Russland mit, natürlich handelte es sich dabei um russische Schulbücher, deren

178 www.prelepapozija.com/otac [download am 21. April 2014 um 22:13] 179 MUŠKATIROVIĆ Jovan, Kratkoe razmišlenije o prazdnici. Wien 1786, S. 37 56 praktischer Wert eher gering war.180 In den Reihen der serbischen Gelehrten und unter den Priestern verbreitete sich die serboslawische Sprache, die sehr archaisch klang. Außerdem verstand das einfache Volk diese Sprache nicht und präferierte stattdessen weiterhin seine Lokaldialekte voller Turzismen. Unter dem Einfluss der Lehrkräfte aus dem Zarenreich entstand eine neue Sprache der intellektuellen Oberschicht. Diese gekünstelte Sprache wurde Russoslawisch genannt, erwies sich allerdings ebenfalls als praxisuntauglich. Erst mit der Einführung und Verbreitung des Serboslawischen durch die unermüdliche Tätigkeit Dositej Obradovićs wurde eine tragbare sprachliche Lösung gefunden. Obradović war ein glühender Anhänger der Aufklärung und insistierte daher auf der Volksnähe der neuen Sprache in ihrer Funktion als Medium des Wissens. Das erschien ihm sehr wichtig, um in der Epoche des aufgeklärten Absolutismus dem serbischen Volk einen Anschluss an die europäische Kultur zu ermöglichen. Trotz seiner Anstrengungen blieb die Zahl der Lesenden und Schreibenden aber überschaubar. Als illustratives Beispiel darf der Umstand dienen, dass Vuk Stefanović Karadžić das Lesen und Schreiben durch seinen Verwandten Jevto Savić Čotrić erlernte, der als einziger Mensch im gesamten Bezirk Loznica über diese Fähigkeit verfügte! Die reicheren Serben besuchten diverse Schulen in Wien oder in St. Petersburg. Die serbischen Literaten dieser Zeit kamen überwiegend aus den Reihen der Geistlichkeit. Jerotej Račanin, Gavrilo Stefanović Venclović, Jovan Rajić, Zaharije Stefanović Orfelin u.a. kämpften außerdem mit einem weiteren praktischen Problem. Wie bereits erwähnt, es gab noch keine serbischen Druckereien! Im Frühling 1768 bereiste Kaiser Joseph II. in Begleitung von Feldmarschall Laudon das damalige Südungarn. In Arad besuchte er eine serbisch-orthodoxe Kirche, während der heiligen Messe, küsste das Evangelium und kniete mehrmals während der Liturgie. Er zeigte sich sehr zufrieden, dass in der Kirche um das Wohl seiner Mutter gebetet wurde und dass der Name der russischen Zarin Katharina II. kein einziges Mal erwähnt wurde. Um den russischen Einfluss unter den Untertanen der Casa d‘Austria zu verringern, kam Joseph II. auf die Idee, eine serbische Druckerei zu gründen.181 Diese Initiative wurde allerdings seitens der einflussreichen Kreise am Wiener Hof, mit dem serben- und russenfeindlichen Vorsitzenden der Illyrischen Hofkanzlei Grafen Franz Koller an der Spitze, schroff abgelehnt, da diese darin eine Stärkung der Orthodoxie sahen.182 Im Reich der Habsbuger durften sich keine Russen als Lehrer betätigen. Das Einführen der Bücher aus dem Zarenreich war ebenfalls strengstens verboten. Erst 1770 gestattete Maria-Theresia den Druck

180 SKERLIĆ Jovan, Srpska književnost u 18. veku. Belgrad 1909, S. 146 181 ĆOROVIĆ Vladimir, Istorija Srba. Belgrad 1989, S. 390 182 ebda., S. 390 57 von Texten in serbischer Sprache beim hofnahen Verlag Joseph Kurzbeck.183 Der serbische Universalgelehrte Emanuel Janković (1758-1791) wollte 1789 mit Hilfe des Metropoliten Stratimirović eine serbisch-rumänische Druckerei in Neusatz gründen, scheiterte jedoch am Monopol Kurzbecks. Bezeichnend für die Umstände dieser Periode ist auch das Beispiel von Gavrilo Stojanović Venclović, einem Mönch, der über 20.000 Seiten eigenhändig schrieb, sie jedoch nicht publizieren konnte, weil es schlicht keine serbisch-kyrillische Druckerei gab!184 Auch später, als es bereits mehrere Druckereien gab, kämpften etliche Autoren und Aufklärer mit diversen Schwierigkeiten. Petar II. Petrović Njegoš ließ zwar „Narodne srpske Poslovice“ (dt. „Die Volksweisheiten“) von Vuk Stefanović Karadžić in Cetinje drucken, dem kirchenkritischen Dositej Obradović verwehrte er jedoch jegliche Unterstützung und zwang ihn dadurch, seine Werke in Wien, Leipzig, Ofen und Venedig um viel Geld drucken zu lassen. Vuk Stefanović Karadžić war primär mit seinen Sprach- und Schriftreformen beschäftigt und Dositej Obradović widmete sein ganzes Leben der Aufklärung. Dadurch schrieben diese zwei Doyens vergleichsweise wenig über den letzten Österreichisch- Türkischen Krieg. Diese Lücke füllten die „Slawonier“ Joso Krmpotić, Blaž Bošnjak, Antun Ivanošić und Josip Stojanović, der Slowene Gregur Kapucin, der Dubrovniker Đuro Ferić u.a. bereitwillig aus. Interessanterweise glorifizierten alle Autoren die großen Verdienste Joseph II. und Laudons, die unter den Serben äußert beliebt waren. In den Augen des austrophilen Dositej Obradovićs verkörperte der Kaiser den bedeutsamsten Aufklärer des Jahrhunderts, der Klöster schließen ließ, dafür jedoch Schulen und Spitäler gründete. Außerdem erwies sich sein Toleranzpatent als sehr vorteilhaft für die Gleichberechtigung der Serben und für ihre bessere Integration in die Strukturen der Donaumonarchie, entgegen den Bestrebungen des ungarischen Adels.185

6.6.1. ZAHARIJE STEFANOVIĆ ORFELIN

Zaharije Stefanović Orfelin (1726-1785) aus , vermutlich der beste serbische Poet des 18. Jahrhunderts, mütterlicherseits übrigens mit Vuk Stefanović Karadžić verwandt, war in seiner Jugend als Lehrer tätig. Über seinen Bildungsweg sind jedoch keine Einzelheiten überliefert. Später fand er eine Stelle als Beamter bei den serbisch-orthodoxen Bischöfen im damaligen habsburgischen Südungarn und in Slawonien, überwiegend in Karlowitz,

183 ĆOROVIĆ Vladimir, Istorija Srba. Belgrad 1989, S. 390-391 184 MLADENOVIĆ Aleksandar, Tipovi književnog jezika kod Srba u drugoj polovini 18. i početkom 19. veka. Referat za VII međunarodni kongres slavista u Varšavi. Neusatz 1973, S. II 185 MIKAVICA Dejan, Vojvodina u političkoj ideologiji Svetozara Miletića. In: Istraživanja (2004) Nr. 15, S. 225 58

Temesvar, Neusatz und in Pakrac. Er widmete sein Leben der Aufklärung und schrieb enorm viel, vor allem Lehrbücher, Katechismen, wissenschaftliche Abhandlungen, Monographien und Poesie. Neben Poesie und Prosa schrieb er über die Pädagogik, Wirtschaft und Medizin. Er übersetzte deutsche, lateinische, russische und rumänische Texte ins Serbische. Von ihm stammt auch das erste in serbischer Sprache gedruckte Werk, das Kollektivklagegedicht „Plač Serbii“, auch auf „Slawisch“ gedichtet, erschienen 1762/63 in Venedig bei Demetrios Theodosios.186 In diesem Gedicht beklagte er das bittere Schicksal des serbischen Volkes, das in der Frühen Neuzeit keinen eigenen Staat hatte und entweder dem Kaiser oder dem Sultan Untertan war. In Venedig publizierte er 1768 die erste Zeitschrift auf Serbisch, „Slavenoserbski Magazin“. Nach der ersten Ausgabe musste die Zeitschrift aus finanziellen Gründen eingestellt werden.

Plač Serbii Wehklage Serbiens

Kako stade , slavna i ugodna Ruhmreiches Serbien sa množestvom naroda, bivša pređe plodna mit der Masse seines Volkes, ehemals fruchtbar presilnimi carevi i hrabri soldati mit seinen übermächtigen Kaisern und tapferen Soldaten sad u robstvo drugima morala se dati187 musste es jetzt in die Sklaverei gehen

[…]

Jedna čada u Turskoj, a posvuda druga Ein Zelt in der Türkei und der Rest überall zerstreut stenjut ljuto, žalostno, ah! pregorka tuga stöhnt grimmig und betrübt, ach! tiefe Trauer!

Po tolikoj je slavi i mojoj hrabrosti Nach so viel Ruhm und nach meiner Tapferkeit porugana stala sam, o moe žalosti188 verspottet blieb ich stehen, oh mein Leid

[…]

Tko mi može dovoljno žarkih suza dati Wer kann mir ausreichend von glühenden Tränen geben ovu moju nesreću doveka plakati? über mein Unheil in der Ewigkeit weinen?

Više nejmam nadežde, razve moju žalost Ich habe keine Hoffnung mehr, zerstreue meine Trauer sam ti, o višnji Bože, premeni na radost!189 du alleine, allerhöchster Gott, verwandle sie in Freude!

186 MLADENOVIĆ Aleksandar, Tipovi književnog jezika kod Srba u drugoj polovini 18. i početkom 19. veka. Referat za VII međunarodni kongres slavista u Varšavi. Neusatz 1973, S. II 187 ORFELIN (STEFANOVIĆ) Zaharije, Plač Serbii. Venedig 1762/1763, S. 1 188 ebda., S. 2 189 ORFELIN (STEFANOVIĆ) Zaharije, Plač Serbii. In: LESKOVAC Mladen (Hg.), Antologija starije srpske poezije. Neusatz 1972, S. 55-58, vgl. ORFELIN (STEFANOVIĆ) Zaharije, Plač Serbii. Venedig 1762/1763, S. 7 59

Orfelins spiritus movens war die Aufklärung. Sein Privatleben war voller Tragödien. Er verstarb 1785 bettelarm in Isajlovo bei Neusatz.190

6.6.2. MILOŠ SVETIĆ

Miloš Svetić hieß eigentlich Jovan Hadžić (1799-1869). In der Literatur wird jedoch ausschließlich sein Pseudonym Miloš Svetić angeführt. Er betätigte sich als Anwalt. Sein Hauptwerk ist das erste serbische Gesetzesbuch aus den Jahren 1839 bis 1844. Außerdem agierte er als Chefredakteur der Zeitschrift „Golubica“.191 Sein Gedicht „Prvi prelazak Crnoga Đorđa iz Srbije u Srem, pa u Krušedol manastir, pred nemačko-turski rat okolo godine 1787“ beschreibt wahrheitsgetreu die Flucht Karađorđes nach Syrmien und seine Teilnahme in den Reihen der serbischen Freiwilligen am österreichischen Versuch, in der Nacht vom 2. auf den 3. Dezember 1787 Belgrad im Handstreich einzunehmen. Das Gedicht entstand 1838.192

Prvi prelazak Crnoga Đorđa iz Srbije u Srem, Die erste Überfahrt des Schwarzen Georgs pa u Krušedol manastir, pred nemačko-turski rat von Serbien nach Syrmien, und dann ins okolo godine 1787. Kloster Krušedol vor dem deutsch-türkischen Krieg

im Jahre 1787

[…]

Dosta se krvi prolivalo srpske u okovi turski Viel serbisches Blut wurde in den türkischen Fesseln vergossen

[…]

Dokle će srpske padati žrtve pod jarosti mačem? Wie lange werden die serbischen Opfer unter dem Schwert des Zornes fallen?

Dokle i svetinje naše se gaziti nogama turskim? Wie lange werden türkische Füße unsere Heiligtümer treten?

Dokle junaštvo, poštenje pod kivnim propadati nožem, Wie lange werden Heldentum und Ehrbarkeit unter dem gehässigen Messer verfallen,

190 MLADENOVIĆ Aleksandar, Tipovi književnog jezika kod Srba u drugoj polovini 18. i početkom 19. veka. Referat za VII međunarodni kongres slavista u Varšavi. Neusatz 1973, S. II 191 riznicasrpska.net/knjizevnost/index.php.?topic [download am 3. März 2014 um 14h22] 192 SVETIĆ Miloš, Prvi prelazak Crnoga Đorđa iz Srbije u Srem, pa u Krušedol manastir, pred nemačko-turski rat okolo godine 1787. In: LESKOVAC Mladen (Hg.), Antologija starije srpske poezije. Neusatz 1972, S. 219-223 60 svake bez odbrane, osvete, pravedne naknade kazni? Jede Strafe ohne Wehr, Rache, gerechte Entschädigung?

Draga o žalosna braćo! Ja već trpiti neću, Liebe traurige Brüder! Ich will es nicht mehr erdulden, vratu mi s’neće u gvozdeni jaram svirepa vraga193 mein Hals will nicht mehr ins Eisenjoch des grausamen Teufels

6.6.3. JOVAN RAJIĆ

Jovan Rajić (1726-1801) kam in Karlowitz zur Welt und war ein bedeutender serbischer Historiker, Pädagoge, Priester und Archimandrit des Klosters in Kovilje nahe Neusatz. Er galt als einer der belesensten Serben seiner Zeit. Rajić arbeitete sechszehn bis siebzehn Stunden täglich, betete drei Stunden lang und schlief sehr wenig. Er war ein gesellschaftlich bestens vernetztes Mitglied der elitären aufklärerischen Vereine der Monarchie194, polyglott, übersetzte viele Texte und Bücher auf Serbisch und schrieb mehrere Fachbücher über die Theologie, darunter 1774 einen Kathechismus im Auftrag des Wiener Hofes195. Außerdem schrieb er mehrere Bücher über die Geschichte, Philologie und sogar Astronomie. 1768 beendete er sein opus magnum, eine Monographie über die Geschichte der slawischen Völker unter dem Titel „Istorija raznih slavenskih narodov“. Sein bekanntestes Poesiewerk ist das fünfteilige allegorisch-historische Epos „Boj zmaja s orlovi“, auf Deutsch „Der Kampf des Drachen mit den Adlern“, über den Krieg Österreichs und Russlands gegen das Osmanische Reich von 1788 bis 1791. In ihm bejubelte der Dichter den Sieg der christlichen Mächte über die Osmanenheere. Die Hohe Pforte unterdrückte die Serben mehrere Jahrhunderte lang, was die Begeisterung des Poeten leicht verständlich macht.196 Das Epos wurde im Jahre 1788 in russisch-slawischer Sprache geschrieben und 1791 in Wien gedruckt.197 Es handelt sich dabei um ein Rondo. Auf Grund seiner Konzeption und seines dokumentarischen Wertes darf das Werk als eine durchaus seriöse historische Quelle gelten. Es ist eine ungewöhnliche Synthese der philosophischen Dichtkunst mit einer Überlieferung der wichtigen zeitgenössischen Ereignisse, die für das serbische Volk auf beiden Seiten der Österreichisch-Osmanischen Staatsgrenze von immenser Bedeutung war.198 Vermutlich griff Rajić dabei auf die Wiener

193 SVETIĆ Miloš, Prvi prelazak Crnoga Đorđa iz Srbije u Srem, pa u Krušedol manastir, pred nemačko-turski rat okolo godine 1787. In: LESKOVAC Mladen (Hg.), Antologija starije srpske poezije. Neusatz 1972, S. 219-223 194 SKERLIĆ Jovan, Pisci i knjige. Belgrad 1964, S. 195 195 ĆOROVIĆ Vladimir, Istorija Srba. Belgrad 1989, S. 390 196 riznicasrpska.net/knjizevnost/index.php.?topic [download am 4. März 2014 um 10h30] 197 MLADENOVIĆ Aleksandar, Tipovi književnog jezika kod Srba u drugoj polovini 18. i početkom 19. veka. Referat za VII međunarodni kongres slavista u Varšavi. Neusatz 1973, S. 8, vgl. RAJIĆ Jovan, Boj zmaja s orlovi. Wien 1791, S. 38-39 198 STOJANČEVIĆ Vladimir, Rajićev spev “Boj zmaja s orlovi” kao istorijski izvor. In: FRAJND Marta (Hg.), Jovan Rajić. Život i delo. Belgrad 1997, S. 156 61

Zeitungen und auf die offiziellen Berichte vom Kriegsschauplatz zurück.199 In seinen Versen beschrieb er die Freiheitsbestrebungen der Serben während der Schlacht um Otschakow 1788 und die österreichische Belagerung Belgrads vom 11. September bis 8. Oktober 1789. Belgrad war damals eine orientalisch geprägte Stadt mit achtzehn Moscheen.200

Jasnu svetlost sunčanu Josifa drugoga, Das klare Sonnenlicht Joseph II.

Beograd prima u sebi milog oca svoga. Belgrad empfängt seinen lieben Vater.

Već zmaj ljuti odleti, niti koga bije Schon flieht der Drache davon und schlägt niemanden mehr jerbo or’ov dvoglavi nad gradom se vije. weil der zweiköpfige Adler über der Stadt weht.

Stare tiće sve svoje pod krilo poziva, Er ruft alle seine alten Vögel unter den Fittich, koje je zmaj gnjavio s milošću zaziva: die der Drache quälte und ruft sie lieblich zu sich:

Hod’te k meni, ja ću vas pod krilo uzeti Kommt zu mir, ich nehme euch unter meine Fittiche gdino više ljuti zmaj dopret neće smeti. wo der böse Drache nicht mehr kommen darf.

Sve reke i rečice rukama pljeskajte, Alle Flüsse und Flüsschen mögen mit den Händen applaudieren, hvala Bogu i caru od srca podajte!201 und sich von Herzen bei Gott und beim Kaiser bedanken!

Neben diesen zwei bedeutenden Schlachten beschrieb der Rajić in seinem Epos auch die Kampfhandlungen bei der Festung Bender.202 Die Türkei wurde als ein Drache dargestellt, Österreich und Russland hingegen als Adler. Das war ein explizites Element der Fantastik von Rajić.203 Die meisten Andeutungen klingen allegorisch.

Što sam ščepao u nokte Das, was ich mit meinen Fingernägeln schnappte, doista ti ne dam, gebe ich dir wahrlich nicht, niti mislim uzeti: aber ich denk auch nicht daran, dir etwas wegzunehmen: jer ja mojim vladam.204 weil ich über das Meine herrsche.

199 STOJANČEVIĆ Vladimir, Rajićev spev “Boj zmaja s orlovi” kao istorijski izvor. In: FRAJND Marta (Hg.), Jovan Rajić. Život i delo. Belgrad 1997, S. 160 200 SAMARDŽIĆ Radovan/MILIČEVIĆ Jovo u.a., Istorija srpskog naroda. Buch 4, Bd. 1. Belgrad 2000, S. 320 201 RAJIĆ Jovan, Boj zmaja s orlovi. Wien 1791, S. A2 202 STEFANOVIĆ D. Mirjana, Prvi ep u srpskoj književnosti kao parodija junačkog epa. In: STEFANOVIĆ D. Mirjana (Hg.), Jovan Rajić: „Boj zmaja s orlovi”. In: Službeni glasnik (1998). S. 118 u. 123 203 DAMJANOV Sava, Elementi fantastike u Rajićevom spevu “Boj zmaja s orlovi”. In: FRAJND Marta (Hg.), Jovan Rajić. Život i delo. Belgrad 1997, S. 168 204 RAJIĆ Jovan, Boj zmaja s orlovi. Wien 1791, S. A3 62

Zmaj narušio s orlom mir, Der Adler zerschmetterte den Frieden mit dem Adler, na njega ustaje: erhebt sich gegen ihn: orao kavge ne traži der Adler sucht keinen Zank kad mora, pristaje.205 und wehrt sich erst, wenn er muss.

Interessanterweise ist der Hauptheld des Epos der türkische Heilige Muhamed, der äußerst karikaturenhaft dargestellt wurde.206 Die gesamte Komposition des Werkes beschränkt sich auf bloß zwei Situationen, und zwar auf die Arroganz Muhameds zu Beginn des Epos und auf seine fatale Niederlage am Ende.207 Rajić präsentierte die Hauptfigur als einen ausgesprochen trotzigen und sehr negativen Charakter.208 Im besagten Epos wurden die Gegensätze zwischen dem Islam und dem Christentums als ein „Clash of Civilisations“ betrachtet, als Zusammenprall von europäischer Bildung und Kultur sowie orientalischer Dekadenz. Für den Autor handelte es sich dabei um einen Kampf des Guten gegen das Böse. Österreich und Russland repräsentierten progressive europäische Reiche, die das rückständige System der Osmanen niederrangen.209 Jovan Rajić sah als Zeitzeuge in diesem Krieg vor allem eine Chance, Serbien von der osmanischen Herrschaft zu befreien und das Land als eine Provinz des Habsburgerreiches im Rahmen einer kulturell-humanitären Mission wieder in die Familie der zivilisierten europäischen Völker zurückzuführen.210 Diesbezüglich vertrat er ähnliche Ansichten wie sein Epigone Dositej Obradović. Obwohl beide in ihren Epen und Gedichten über dieselben kriegerischen Ereignisse berichteten, gab es zwischen ihnen große Unterschiede. Allgemein war Jovan Rajić als Poet wesentlich talentierter als Dositej Obradović, für den die Dichtung bloß ein wirksames Mittel war, seine Ideen im Volk verbreiten zu können.211

205 RAJIĆ Jovan, Boj zmaja s orlovi. Wien 1791, S. A3-A4 206 POPOVIĆ Tanja, O nekim strukturalnim i stilskim odlikama Rajićevog speva “Boj zmaja s orlovi”. In: FRAJND Marta (Hg.), Jovan Rajić. Život i delo. Belgrad 1997, S. 162-163 207 STANOJEVIĆ Pavle, “Boj zmaja s orlovi” Jovana Rajića u književnoistorijskom kontekstu. In: Književna istorija (1981) Nr.14/53. S. 92-93 208 STEFANOVIĆ D. Mirjana, Prvi ep u srpskoj književnosti kao parodija junačkog epa. In: STEFANOVIĆ D. Mirjana (Hg.), Jovan Rajić: „Boj zmaja s orlovi”. In: Službeni glasnik (1998). S. 124 209 STOJANČEVIĆ Vladimir, Rajićev spev “Boj zmaja s orlovi” kao istorijski izvor. In: FRAJND Marta (Hg.), Jovan Rajić. Život i delo. Belgrad 1997, S. 156 210 ebda, S. 155 211 GRBIĆ Dragana, Duh vremena u delima Jovana Rajića i Dositeja Obradovića. In: IVANIĆ Dušan/JELIĆ Vladimir (Hgg.), Dositej Obradović 1807-2007. Belgrad 2008, S. 268 63

6.6.4. DIMITRIJE (DOSITEJ) OBRADOVIĆ

Dositej (1744-1811) war der bedeutendste serbische Aufklärer und Reformer der revolutionären Periode der serbischen Volkserneuerung. Er kam im Dorf Čakovo im österreichischen Banat, heute Ciacova in Rumänien, zur Welt. Bereits in der Volksschule galt er als sehr verträumt und interessierte sich vor allem für die religiöse Mystik.

Nach dem Tod seines Vaters hätte er einen Beruf erlernen sollen, stattdessen floh er aber ins serbisch-orthodoxe Kloster Hopovo. Der dortige Alltag erfüllte nicht seine hohen Erwartungen. Enttäuscht verließ er das Kloster und unternahm ausgedehnte Reisen quer durch Europa und nach Kleinasien. In Smirna, heute Izmir, verbrachte er drei Jahren an der berühmten Theologieschule von Jerotij Dendrin. Der bevorstehende russisch-osmanische Krieg zwang den „Papa Serbos“ 1768 zur Flucht aus dem Osmanischen Reich.212 In den darauf folgenden Jahren arbeitete er als Lehrer in Dalmatien, Triest, Wien und der Moldau. Anschließend studierte er Philosophie in Halle und in Leipzig. Dort begann er zu schreiben. Unmittelbar nach Ausbruch des Ersten Serbischen Aufstandes reiste er nach Serbien und ließ sich dort nieder. Er galt als der größte Intellektuelle seines Volkes, gründete erste Schulen und wurde zum ersten Bildungsminister Serbiens. Recht bald avancierte er zum persönlichen Berater des Schwarzen Georgs (Karađorđe). Seine letzte Ruhestätte ist die barocke Kathedrale des heiligen Erzengels Michael in Belgrad. An Dositej erinnern heute viele Schulen, Museen und Denkmäler. Am 17. September 2004 wurde eine Stiftung unter seinem Namen gegründet. Seine in Leipzig 1783 gedruckte Autobiographie „Život i priključenija“ wurde in slawenoserbischer Sprache geschrieben. Der zweite Teil der Memoiren trägt den Titel „Pisma“ (dt. „Briefe“). Der Aufklärer Dositej kritisierte scharf die Rückständigkeit des orthodoxen Klerus, womit er sich den montenegrinischen Kirchenfürsten Petar II. Petrović Njegoš zum Feind machte. In der Folge verbot Njegoš den Druck der Werke Dositejs in Cetinje.213 1789 verließ Dositej Leipzig und ließ sich in Wien nieder. Er verehrte Kaiser Joseph II. sehr. In ihm sah Dositej die personifizierte Aufklärung schlechthin, weil der Kaiser viele Klöster schließen und an ihrer Stelle Spitäler und Schulen eröffnen ließ.214 Dositej begrüßte die vom Kaiser angeordnete finanzielle Unterstützung des Hofkriegsrates für die

212 OBRADOVIĆ Dositej, Život i priključenija. Belgrad 1833, S. 27-28, vgl. STEFANOVIĆ D. Mirjana, “Napomene” u: Dositej Obradović. Pismo Haralampiju, Život i Priključenija. In: Sabrana dela Dositeja Obradovića. Bd. 2. Belgrad 2007, S. 182

213 riznicasrpska.net/knjizevnost/index.php.?topic [download am 13. März 2014 um 11h30] 214 SKERLIĆ Jovan, Srpska književnost u 18. veku. Belgrad 21923, S. 127, 133 u. 140, vgl. SKERLIĆ Jovan, Studije. Neusatz 1971, Bd. 2, S. 49 64

„illyrischen“, d. h. serbischen Schulen der Österreichischen Militärgrenze.215 Beim Verlag Kurzbeck ließ er sein patriotisches Gedicht „Pesna o izbavljenju Serbije“ (auf dt. „Das Gedicht über die Befreiung Serbiens“) drucken.

In seinen Versen glorifizierte der äußerst austrophile Dositej Kaiser Joseph II. und ließ sich auf der Welle der Begeisterung des ganzen serbischen Volkes tragen.216

O vek zlatni! O mila vremena! Goldenes Jahrhundert! Geliebte Zeiten!

O veselja i slatke radosti! Freude und süßes Glück!

Serbija je naša izbavljena! Unser Serbien wurde erlöst!

Blaga želja od naše mladosti!217 Ein frommer Wunsch aus unsrer Jugendzeit!

Das Thema des Zehnsilbers ist die Befreiung Belgrads von der Türkenherrschaft. Anders als Rajić, hebt Dositej keine religiösen Momente hervor.218

Josifa Ftorog, slavnog vladatelja, Joseph II., der ruhmreiche Herrscher,

Velikoga rimskoga cesara, der große römische Kaiser,

Srbije mile blagog spasitelja der gütige Heiland des geliebten Serbiens,

Koji silu sultansku obara. der die Macht des Sultans niederringt.

Serbija je mila izbavljena! Das geliebte Serbien wurde erlöst.

[…]

Na verhovi visoki planina In den hohen Bergesgipfeln

Nek‘ se čuju pesne od junaka möge man den Heldengesang hören.

Po livadam‘ veseli dolina - Auf den Wiesen der frohen Täler –

Slatki glasi serpski devojaka. möge man den süßen Stimmen der serbischen Mädchen lauschen.

Neka poju i veselo kliču, Mögen sie singen und erfreut jubeln,

Na pohvalu rimskom cesaru: als Lob an den römischen Kaiser:

„vivat, Josif Ftori“ – neka viču, “Vivat Joseph II.” – mögen sie jubeln,

„Srbije mile, mili gospodaru!“219 „der geliebte Herrscher des geliebten Serbiens!“

215 SKERLIĆ Jovan, Srpska književnost u 18. veku. Belgrad 21923, S. 74 216 KOSTIĆ Mita, Dositej Obradović u istorijskoj perspektivi 18. i 19. veka. Belgrad 1952, S. 78 217 OBRADOVIĆ Dositej, Pesna o izbavljenju Serbije. 1789 Wien, S. o. Ang., vgl. OBRADOVIĆ Dositej, Ljubezni Haralampije. Leipzig 1783, S. 2 218 OSTOJIĆ Tihomir, Dositejevi stihovi. In: GRDINIĆ Nikola (Hg.), Dositej Obradović. Dela. Belgrad 2005, S. 418 65

Der Empfänger von „Ljubezni Haralampije“, bzw. „Pismo Haralampiju“ (dt. „Ein Brief an Haralampije“) war ein gleichnamiger Freund Dositejs, übrigens ein Serbe aus Kroatien, der sich in Triest als Kaufmann sehr erfolgreich betätigte.

Auch in diesem Werk kommt die Verehrung des Autors für den Kaiser Joseph II. als Wohltäter und Befreier der Serben stark zum Ausdruck, besonders in seiner persönlichen Widmung:

Na pohvalu rimskoga cesara, Zum Lobe an den römischen Kaiser,

Austrijskog dvora gospodara. an den Herrscher des österreichischen Hofes.

Josife Ftori, mili vladjetelju, Joseph II, lieber Monarch,

Blažena majka koja te rodila!220 Gesegnet sei die Mutter, die dich gebar!

Dositej glaubte fest an die Befreiung Serbiens und Bosniens durch die kaiserlichen Heere:

Obrati lice i tvoj pogled blagi Wende dein Gesicht und deinen milden Blick

Na dedova tvojih narod dragi, zu dem geliebten Volk deiner Großväter,

Na Srbiju bednu i na Bosnu, schau auf elende Serbien und auf Bosnien,

Koje trpe rabotu nesnosnu.221 die unerträglichen Taten erdulden.

Alle Gedichte Dositejs sind von starkem Patriotismus geprägt. Sein Spätwerk, das Gedicht „Pesma na insurekciju Serbijanov“, wurde 1804 in Venedig gedruckt und anschließend vertont. Es wurde mehrmals als neue Hymne Serbiens vorgeschlagen.222 „Pismo Haralampiju“ war ein Manifest von Dotejs künftiger, aufklärerischer Publikationsarbeit.223 Dositej Obradović widmete auch dem bedeutendsten österreichischen Heeresanführer des Achten Türkenkrieges, dem Feldmarschall Laudon (1717-1790), ein Gedicht. „O Laudonu generalu pod Josifom Ftorim“ war eine poetische Danksagung an den in Serbien damals auf Grund der blitzschnellen Befreiung Belgrads äußerst populären Feldherrn. Als Vorlage diente dem Dositej ein zeitgenössisches Volkslied.224

219 OBRADOVIĆ Dositej, Pesna o izbavljenju Serbije. 1789 Wien, S. o. Ang. 220 OBRADOVIĆ Dositej, Ljubezni Haralampije. Leipzig 1783, S. 1-2 221 ebda. 222 OBRADOVIĆ Dositej, Pesna na insurekciju Serbijanov. In: LESKOVAC Mladen (Hg.), Antologija starije srpske poezije. Neusatz 1972, S. 101-103 223 OBRADOVIĆ Dositej/KOVAČEK Božidar (Hg.), Izabrani spisi. Neusatz 1969, S. 34 224 KOSTIĆ Mita, Dositej Obradović u istorijskoj perspektivi 18. i 19. veka. Belgrad 1952, S. 78 66

Slatko peva lira Apolona Süß spielt die Lyra Apollos

Neka svoje glase proiznosi; Möge sie ihre Klänge verbreiten; i nek slavi hrabrog Laudona, möge sie den tapferen Laudon preisen,

Austrija s kojim se ponosi. 225 den Stolz Österreichs.

Emanuil Janković, ein guter Freund Dositejs, ließ bereits 1788 in Wien eine etwas archaisch klingende Übersetzung der Biographie Laudons drucken. Ihr serbischer Titel lautet „Opisanie života i heroičeskih djel c. kr. feldmaršala Barona ot Laudon“.

6.6.5. JOSO KRMPOTIĆ

Streng genommen war der berühmte Epiker Joso Krmpotić (1750-1797) zwar kein ethnischer Serbe, sondern nach unseren heutigen Maßstäben ein Kroate, aber er verkehrte mit vielen Aufklärern und Patrioten serbischer Herkunft, und inspirierte sie zu ihren Werken. Er kam im Dorf Barlete in der Nähe von Gospić zur Welt. Der lernwillige junge Likaner studierte Theologie und betätigte sich zuerst in Senj als Seelsorger. 1783 wurde er nach Temesvar versetzt und agierte dort als Militärkaplan. 1788 avancierte er zum Hofkaplan und behielt diese Stelle bis zu seinem frühen Tod.226 Die Epen von Krmpotić behandeln die Ereignisse rund um den Ausbruch des letzten Türkenkrieges aus zeitgenössischer Perspektive. Die militärische Auseinandersetzung Österreichs und Russlands mit der Türkei sah er als einen wünschenswerten, gerechten und modernen Kreuzzug. Den Beginn seines Zyklus bildete das 1787 in Wien gedruckte dreizehnteilige Achtsilbnerepos in 453 ABAB-gereimten Quaträren „Katharine II. i Jose II. put u Krim. Izpjevan po Josi Kermpotichu, svjetomisniku Licsaninu. U Becsu, Slovotisom od Jose Hraschanzky“ (dt. „Die Krimreise von Katharina II. und Joseph II.“), in dem Krmpotić die Begegnung zweier Monarchen samt den diplomatischen Verhandlungen beschrieb. Die besagte Reise ereignete sich im Zeitraum von Jänner bis Juli 1787.227 Trotz der Tatsache, dass der Schöpfer des Epos ein katholischer Geistlicher war, erwiesen sich die Verse vom Krmpotić als äußerst wichtig für die serbische Sache, da sie eine hervorragende Quelle über die Pläne für den bevorstehenden Krieg in Serbien und im Banat

225 OBRADOVIĆ Dositej, O Laudonu generalu pod Josifom Ftorim. 1790 Wien, S. o. A., vgl. OSTOJIĆ Tihomir, Dositejevi stihovi. In: GRDINIĆ Nikola (Hg.), Dositej Obradović. Dela. Belgrad 2005, S. 422 226 KARAKAŠ Jure, Dvorski vojni kapelan i Panegiričar iz Barleta. In: Ličke Novine. Kritika 44 vom 17. Feber 2013, S. 44 227 HERTSLET William Lewis/Hofmann Winfried, Der Treppenwitz der Weltgeschichte. Geschichtliche Irrtümer, Entstellungen und Erfindungen. Berlin 42008, S. 401 67 waren. Joseph II. und seine Verbündete Katharina II. wollten bei ihrer Zusammenkunft jenseits der sprichwörtlichen Potemkin‘schen Dörfer eine neue geopolitische Karte Südosteuropas kreieren, ohne freilich ihre künftigen neuen Untertanen in das Unternehmen zu involvieren. Diese Absprache verärgerte die Hohe Pforte sehr, die ihre bisherigen Friedensabkommen mit den beiden christlichen Kaiserreichen als annulliert betrachtete und einen Präventivkrieg gegen Russland vom Zaun brach.228

Die einzelnen Kapitel des Epos waren:

I. PIESMA

II. Muhamed S-Sergiom od Bogovah u sovjetu pomoch kupi

III. Muhamed I Sergio iz sovjeta protirani, sverha sovjeta, Juno KATHARINI II. pishe, Katharina odpisuje Juni

IV. Muhameda Cvil i Serxba

V. KATHARINA II. JOSI II. pishe, JOSO odpisuje KATHARINI

VI. KATHARINA i JOSO putujuchi

VII. KATHARINA II. S-STANISLAOM II. poljskim kraljem u Kanjevu

VIII. JOSO II. S-STANISLAOM II. u Kerzonu

IX. KATHARINA II. S-JOSOM II. u Kerzonu

X. Zbori, gosti, igre, i Veselja u Kerzonu

XI. KATHARINE s-gostom JOSOM put po Krimu

XII. Muhameda na Cernom moru pogibel, bjeg u Asiu, placs, i proklinjanje

XIII. Sergja pokora

Das Epos beginnt mit dem Rat der Götter auf dem Olymp, zu denen zwei Bittsteller, Muhamed und Sergios, stoßen. Sie ersuchen die Götter um den Schutz der türkischen Gebiete der Halbinsel Krim, die einst russisch waren. Die Götter nehmen sie jedoch nicht in Schutz und beschließen die Vertreibung der Türken aus Europa.

228 LASZOWSKI Emilij, Vojna Hrvata protiv Turaka u Crnojgori godine 1788. Agram 1896, S. 280 68

In Folge dessen überredet die Göttin Juno die russische Zarin Katharina II., sich mit dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Joseph II. ausgerechnet auf der besagten Halbinsel zu treffen. Joseph II. reist nach Cherson. Katharina kommt ihm entgegen. So erfolgt auf der Krim ein Treffen der beiden „Gottheiten auf Erden“.

Zuerst glorifiziert Krmpotić die Zarin und die russische Geschichte, danach bejubelt er Kaiser Joseph II. und das Reich der Habsburger. Während einer gemeinsamen Schifffahrt bedroht ein Borasturm die christlichen Monarchen, wird jedoch von den Göttern beruhigt. Das Epos endet mit der schmählichen Niederlage Muhameds und mit seiner anschließenden Flucht nach Mekka229 und thematisiert durchaus weltliche Ereignisse, was für einen katholischen Geistlichen aus dem Soldatenland eher untypisch gewesen sein dürfte.

Die Religion wurde bloß im Sinne des Lebensraumes der ihm zugewiesenen Gottheiten erwähnt. Den antiken heidnischen Göttern gehört der Himmel, dem Islam Asien und dem Christentum ganz Europa.230 Der Dichter verfolgte ganz eindeutig gewisse russophile Tendenzen. Höchstwahrscheinlich wies er deshalb in seinem Epos Zarin Katharina II. mehr Bedeutung ein, als Kaiser Joseph II. In ihr sah er im Gegensatz zu manchen seinen kurialen Zeitgenossen keine brutal herrschende autokratische Schismatikerin, sondern eine strahlende Halbgöttin, die selbst von der Göttin Juno als Schwester bejubelt wird:

TISI xiva moja slika, DU BIST mein lebendiges Abbild,

Ja kraljujem na visini, Ich regiere im Himmel,

A u TEBI ma prilika Und mit DIR

Gospoduje na nixini. Herrscht meine Gestalt auf Erden.231

Der große Reformer aus dem Hause Habsburg blieb beim Joso Krmpotić hingegen interessanterweise eine eher farblose Gestalt, quasi ein gutmütiger Helfer der mächtigen Sevastokratorin. Ein möglicher Grund für die russenfreundliche Haltung des Poeten dürfte wohl die Tatsache gewesen sein, dass das Zarenreich gegen Ende des 18. Jahrhunderts das einzige selbständige slawische Land war, freilich auf Kosten der Teilungen Polens, an denen sich Russland beteiligte.232 Wie auch immer, dadurch sahen manche gelehrte Südslawen in

229 KRMPOTIĆ Joso, Katharine II. i Jose II. put u Krim. Izpjevan po Josi Kermpotichu, svjetomisniku Licsaninu. Wien 1787 230 DUKIĆ Davor, Poetika hrvatske epike 18. stoljeća. Split 2002, S. 111 231 Ue.d.Aut. 232 DUKIĆ Davor, Poetika hrvatske epike 18. stoljeća. Split 2002, S. 111, vgl. FALIŠEVAC Dunja, Kaliopin vrt. Studije o hrvatskoj epici. Split 1997, S. 268 69 dieser Zeit in Russland einen Leuchtturm der Freiheit, ohne jedoch jemals dort gewesen zu sein und das wahre Wesen der Herrschaft der Romanow kennengelernt zu haben. In seinem Epos über die Krimreise der beiden gekrönten Häupter agierte Krmpotić ganz eindeutig als ein Befürworter der slawischen Sache, ohne jedoch seine Treue zum Kaiser in Frage zu stellen.233

Neben seiner großen Bedeutung für die Historiographie gilt „Katharine II. i Jose II. put u Krim“ heute als ein Synthesewerk der sogenannten „slawonischen Literatur“.234 Ein zentraler Punkt des Epos ist die negative Bewertung der Türken.235 Der „Türke“ war in den christlichen, südslawischen Poesie- und Prosawerken stets ein ungläubiger Feind, erbarmungsloser Gewalttäter und Eroberer.236 Das Osmanische Reich wurde metonymisch mit dem Islam gleichgesetzt.237

Krmpotićs nächstes Epos „Pjesma voevodam austrianskim i rosianskim pripjevana. od Jose Kermpoticha c. k. dvora i vojnicskoga sveshtenika“ (dt. „Das Gedicht über österreichische und russische Herzöge. Von Joso Kermpotich, k.k. Militärhofkaplan“) umfasst insgesamt 944 Verse im Zehnsilber und wurde 1789 ebenfalls in Wien gedruckt. Interessanterweise entstand dieses Werk zwei Jahre vor den realen Ereignissen! Das Epos wurde in zwei Teilen angelegt. Im ersten Teil widmete sich der Autor dem Kampf gegen die Türken und im zweiten Teil wurde eine islamfeindliche, patriotische Slawenfee glorifiziert. Es handelt sich um eine direkte Fortsetzung von „Katharine II. i Jose II. put u Krim“.238 In diesem Nachfolgeepos wurden viele Aspekte des Krieges 1787-1791 beschrieben, darunter die Eroberungen von Belgrad, Šabac, (Bosanski) Novi und Otschakow. Diesmal wurden Joseph II. und Katharina II. als übernatürliche Schlangen mit Flügeln dargestellt, die über die Türkenheere triumphieren und mit Gottes Segen die christlichen Länder befreien.

Svitlost tmine dixe, i razmata, Das Licht vertreibt die Dunkelheit,

Sjevaju na vedru razmaku. Es blitzt auf der Lichtung.

Csudnovitom rukom upisane, Mit der Zauberhand geschrieben,

JOSE DRUGOG, DRUGE KATARINE Joseph II und Katharina II

233 FALIŠEVAC Dunja, Kaliopin vrt. Studije o hrvatskoj epici. Split 1997, S. 268 234 ebda. 235 DUKIĆ Davor, Sultanova djeca. Predodžba Turaka u hrvatskoj književnosti novovjekovlja. Zadar 2004, S. 197- 218 236 DUKIĆ Davor, Turci u hrvatskoj književnosti 18. stoljeća. (= Hrvatsko filološko društvo (Hg.) Prvi hrvatski slavistički kongres. Drugi dio. Agram 1997, S. 134 237 ebda., S. 136-137 238 ŠURMIN Đuro, Povijest književnosti hrvatske i srpske. Agram 1898, S. 125 70

Cijelom svjetu hrabrenosti znane;239 Ihre Tapferkeit ist weltberühmt;

Joso Krmpotić galt unter seinen Zeitgenossen als stets gut informiert und das war kein Zufall. Sein adeliger Freund aus Senj, Hauptmann Joseph Philipp von Wukassovich (1755-1809), bekam von Kaiser Joseph II. den Auftrag, nach Montenegro zu reisen. Das kleine gebirgige Land gehörte damals wie der gesamte Westbalkan zur österreichischen Interessenssphäre. Kaiser Joseph II. wollte nach der geplanten Befreiung von der osmanischen Herrschaft durch die k.k. Truppen auch Montenegro in sein Reich inkorporieren.240 Das Ziel dieser Geheimmission war es, den Mehmed Pascha von Shkodra zu treffen und ihn im österreichischen Sinne zu beeinflussen, damit er in seinem Vilayet bleibt und keine Truppen an die Save-Drau[sic!]-Front schickt.241 Wukassovich, der 1796/97 tapfer gegen Napoleon Bonaparte in Oberitalien kämpfte, nahm 1788 ausgerechnet den Priester Krmpotić als Begleiter nach Montenegro mit, was sich letztendlich als kluger diplomatischer Schachzug erwies.242 Wukassowich und Krmpotić erhielten am 28. April 1788 ein Patent, eigentlich eine Legitimation für die Offiziere, die sie dazu berechtigte, „Verhandlungen mit den Montenegrinern über den gemeinsamen Kampf gegen die osmanische Tyrannei zu führen“ und gemeinsam überquerten sie die montenegrinische Grenze.243 Ihre Mission kostete die Hofkassa insgesamt 124.557 Forint und verlief äußerst erfolgreich. Krmpotić avancierte infolgedessen zum Hofkaplan und Wukassowich wurde zum Oberstleutnant und Freikorpskommandanten befördert.244 Dieses Unternehmen inspirierte Krmpotić zu seinem Heldengedicht „Pjesma Crnogorcem ispjevana i vojvodi Philippu Wukassowichu pripjevana“ (dt. „Das Gedicht zu Ehren der Montenegriner und des Wojvoden Philipp Wukassowich“), das er 1788 in Wien publizierte.

In seinem Werk bejubelte der Dichter alle orthodoxen Slawenvölker. Damals agierte der orthodoxe Klerus neben dem Bürgertum als eine wichtige Stütze der Politik des Wiener Hofes in Südosteuropa.245 Auch in diesem Gedicht verband Krmpotić auf eine anachronistische Weise die Welt des Islam mit den historischen Türken.246 Er zählte die Montenegriner zu den

239 KRMPOTIĆ Joso, Pjesma voevodam austrianskim i rosianskim pripjevana. od Jose Kermpoticha c. k. dvora i vojnicskoga sveshtenika. Wien 1789, o. S. A. 240 FALIŠEVAC Dunja, Kaliopin vrt. Studije o hrvatskoj epici. Split 1997, S. 288 241 LASZOWSKI Emilij, Vojna Hrvata protiv Turaka u Crnojgori godine 1788. Agram 1896, S. 280 242 ebda., S. 283 243 ĆOROVIĆ Vladimir, Istorija srpskog naroda. Bd. 2, Banja Luka/Belgrad 1997, S. 499 244 LASZOWSKI Emilij, Vojna Hrvata protiv Turaka u Crnojgori godine 1788. Agram 1896, S. 346 245 DUKIĆ Davor, Poetika hrvatske epike 18. stoljeća. Split 2002, S. 116 246 ebda., S. 112 71

Serben und erwähnte etliche Namen der serbischen Helden, die nachweislich keinen Anteil an den von ihm beschriebenen Ereignissen hatten, darunter auch diverse Personen, die an der Amselfeldschlacht im Jahr 1389 teilnahmen! Damit wirkt das Gedicht panserbisch und hat einen sehr geringen historischen Wert.247

6.6.6. BLAŽ BOŠNJAK

Blaž Bošnjak (1743-1807) aus Nova Gradiška, seitens der Serben auch Vasilije oder Vaso genannt, ordinierte lange Zeit als Franziskanerprior der Pfarre Sveti Miklaš, zu Deutsch St. Nikolaus, im Banat, bevor er zum Kaplan im kaiserlichen Heere avancierte. Er war ein Zeitzeuge des letzten österreichisch-türkischen Krieges. Während der Eroberung der Stadt Šabac im serbischen Mačva am 24. April 1788 hielt er sich in der Nähe des Kaisers auf:

Svi junaci skuppa bishe Alle Helden waren zusammen

Ao Misnika tu ne bishe, Aber es gab darunter keine Priester,

Neg‘ sam‘ Boshnjak Pater Vaso Außer Pater Vaso Bošnjak

I Enderich Popo Thosho. Und dem Popen Thomas Enderich.

[…]

Jutrom ranno vojska pojde, In der Früh marschierte das Heer los,

Al u devet k- Shabcu dojde, War jedoch erst um neun Uhr vor Šabac

Ter pod Shabac kad dojdoshe Als sie Šabac erreichten

Na oruxjem svi stadoshe, Blieben alle unter Waffen stehen,

Pojde Cesar s- Generali Der Kaiser marschierte mit den Generälen los

Vridno to jest dase fali, Das ist lobenswert,

Kak’Matica pcelleh voddi Als ob eine Bienenkönigin ihre Bienen führe

Tak‘ prid njima Cesar hodi, So schreitet der Kaiser vor ihnen,

Jer u Varosh bash on idde Weil er gerade in die Stadt geht

Generali njega slide, Folgen ihm die Generäle,

I Ferdinand za njim idde so auch der Ferdinand

I za njima Sriemci slide. Und hinter ihnen die Syrmier.

247 DUKIĆ Davor, Poetika hrvatske epike 18. stoljeća. Split 2002, S. 117 72

Sein bedeutendstes Epos in der Volkssprache ist „Ispisivanje rata turskega pod Josipom cesarom II. počevši od godine 1787“ (dt. „Beschreibung des Türkenkrieges unter dem Kaiser Joseph II. ab 1787“).

Das zweiteilige Epos wurde im Acht- und Zehnsilber erdichtet und hatte insgesamt achtzehn Kapitel. Im ersten Teil beschrieb Bošnjak seine eigenen Kriegsbeobachtungen. Im zweiten Teil wurden diverse Ereignisse, bei denen der Autor selber nicht dabei war, thematisiert.248 Klarerweise war Blaž Bošnjak über alles bestens informiert und sparte keineswegs mit den Details über die Truppenbewegungen der Kontrahenten und die Kampfverläufe. Sein 1792 im Franziskaner-Kloster in Osijek (dt. Esseg) anonym gedrucktes Epos wurde blitzschnell äußerst populär. Dem zeitgenössischen Lesepublikum wurde ein genaues Bild der Kampfhandlungen präsentiert.249 Das Epos behandelte drei Kampfschauplätze, den bosnisch- kroatischen, den serbischen als Kriegsteilnehmer und den walachischen.250

„Sermo spiritualis de Passione Christi“ von 1795, das nächste Werk Bošnjaks, wurde ebenfalls im Franziskanerkloster zu Osijek publiziert. In Südungarn gab es damals noch keine Druckereien. Es handelt sich dabei um kein weiteres Epos, sondern um die Abschrift einer mittlerweile verschollenen Predigt des Autors in der Franziskanerkirche zum fünften Jahrestag des Todes von Feldmarschall Laudon über die Befreiung der Ortschaften Šabac und Nova Palanka. Auf Grund seiner Tapferkeit im Türkenkrieg und noch mehr wegen seiner missionarischen Tätigkeit im Palfy-Regiment, die zur Konversion von insgesamt 72 „griechisch-orientalischen“, calvinistischen und lutheranischen Soldaten zum Katholizismus führte, erhielt Blaž Bošnjak mehrere Auszeichnungen und wurde schließlich zum Provinzial der Franziskaner ernannt.251

6.6.7. ANTUN IVANOŠIĆ

Der in poetischer Hinsicht vermutlich bedeutendste Vertreter der Kriegsepik der Militärgrenze und Restslawoniens war der Geistliche Antun Ivanošić (1748-1800).

248 DUKIĆ Davor, Poetika hrvatske epike 18. stoljeća. Split 2002, S. 128 249 DUKAT Vladoje, Pater Gregur Kapucin (Juraj Malevac) kajkavski književnik 18. vijeka. Agram 1915, S. 198 250 ĐUKIĆ Avram, Učešće titelskog krajiškog bataljona u austro-turskom ratu godine 1788-1791. In: Letopis Matice srpske za 1891 Nr. 162 (1891), Heft 1, S. 101 251 ANDRIĆ Nikola, Iz ratničke književnosti hrvatske. Pod apsolutizmom. In: Slavonica (2004), Nr. 35, S. 48, vgl. FRANIČEVIĆ Marin, Slavonski pisci 18. stoljeća u okviru hrvatske književnosti. In: Forum (1968), Nr. 7, 2/3, S. 321-322, bzw. HOŠKO Franjo Emanuel, Franjevci i knjiga za slavonske krajišnike. In: Kačić (1984), Nr. 16, S. 158 73

Er studierte Philosophie in Wien und Theologie in Bologna und Agram. Ivanošić schrieb überwiegend stokawisch-ikawisch. Seine Gedichte und Poemen ähneln der Volksepik im Zehnsilber. Als kriegerischer Poet verachtete er sowohl die Türken als auch die Ideen der Aufklärung und vertrat äußerst konservative Weltansichten.252 Sein wichtigstes Werk war der Zehnsilber in 260 Versen „Pisma, koju piva Slavonac zu tamburu, a Licsanin odpiva od uzetja turske Gradishke illiti Berbira grada kojeg osvoi glasoviti pos veg sviga kraljevinah vitez general feld-marschal vishe nego sedamdesetlitni starac Gedeon Laudon pod neobladnim rimskim carom i macxarskim kraljem Josipom II. cile vojske pervi vojvoda zapovidnik i upravitelj“ über die Eroberung Gradiškas unter dem Kommando Laudons, gedruckt in Agram im Jahre 1789. Interessanterweise ließ Ivanošić in seinem Epos die Kriegskunst des großen österreichischen Feldherrn aus dem Munde eines weisen Türken loben.

6.6.8. JOSIP STOJANOVIĆ

Als Militärkaplan nahm ein weiterer slawonischer Poet Namens Josip Stojanović am Achten Österreichisch-Türkischen Krieg teil und verarbeitete seine Erlebnisse in zwei bedeutenden Epen. Stilistisch blieb er zwar weit hinter dem offensichtlich wesentlich begabteren Ivanošić, der hohe dokumentarische Wert der beiden Werke Stojanovićs hat jedoch eine immense Bedeutung als historische Quelle, da der Autor alle Einzelheiten des Kriegsgeschehens genauestens notierte, darunter sogar den Verbrauch der Kanonenkugeln! Die Haupttendenz von Stojanovićs Epen war die Glorifizierung der „illyrischen“ Soldaten und ihres Oberbefehlshabers Laudon.253 Das Beste Beispiel dafür findet man in „Pisma od slavne Regimente Gradishke slovena u Vrime ratta Tyrskoga Godine 1788“.

Kauri su vas grad pokvarili, Die Christen zerstörten eure Burg, zid debeli od njeg razvalili. mit ihren dicken Mauern.

U njem csucse Turci ko divjaci, In der Burg hocken die Türken wie die Wilden, jer ji tuku cesarski junaci weil sie von den Helden des Kaisers iz veliki prijaki topova, aus den großen mächtigen Kanonen beschossen werden,

252 http://www.krizevci.net/hr/html/pjesnici.html [download am 31. März 2014 um 20h05], vgl. http://enciklopedija.hr/Natuknica.aspx?ID=28187 [download am 31. März 2014 um 19h43] 253 TATARIN Milovan, Josip Stojanović, protivnik apostola himbenog svita. In: TATARIN Milovan (Hg.), Josip Stojanović. Djela. Vinkovci 2005, S. 14-15 74 sve padaju kano od gromova.254 sie [die Türken] fallen alle, wie vom Donner getroffen.

Der Tod des Feldmarschalls Laudon als ein Verlust für die Erde, aber ein Gewinn für den Himmel war Stojanović einen eigenen Prosatext im Stil einer Totenmesse Namens „Smrt preuzvishenoga gospodina Gedeona Laudona“ wert.255 Das Zielpublikum des Werkes bestand ganz eindeutig aus slawonischen Grenzsoldaten, die gewisse edle und gerechte Charaktereigenschaften ihres verstorbenen Kommandanten in wacher Erinnerung behalten sollten. Im Text relativierte der Autor die übertriebene Strenge, Barschheit und Schroffheit des Feldmarschalls.

6.6.9. GREGUR KAPUCIN

Pater Gregur Kapucin (1734-1812) hieß eigentlich Georg (Juraj) Maljevac, kam ursprünglich aus Krain und lebte überwiegend in Nordwestkroatien. Zu seinen bedeutendsten Werken zählte das kajkawische Zwölfsilbnerepos „Neztranchno vezdassnyega tabora izpiszivanje“, das von 1789 bis 1791 in der Wiener Hofzeitung „Hofbericht“ erschien.256 Gregur Kapucin beschrieb die Kriegsereignisse eher als ein Journalist257 , vernachlässigte dabei jedoch in seinen frischen und geistvollen Versen jedoch keineswegs die sprachliche Stilistik.258 Seine wichtigste Quelle war ein Informant aus der Redaktion des „Hofberichts“. Als Ursache des Krieges Österreichs und Russlands gegen das Osmanische Reich sah er das Bestreben der Hohen Pforte, die Halbinsel Krim zurückzugewinnen, was das Zarenreich schroff ablehnte. Österreich half seinem angegriffenen russischen Verbündeten. So kam es zu einem Krieg gegen die Türken, den der Wiener Hof ursprünglich vermeiden wollte. Gregur Kapucin schilderte ausführlich die Kämpfe und deren Schauplätze. Über die österreichischen Feldzüge dichtete er in den Kapiteln „Vu Bosnye“, „Pri Belgradu“ und „Vu Bukovine“, über die russischen hingegen in „Moskoviti Od Basse Vu Skutari“. Die Haupthelden dieses Krieges waren für Gregor Kapucin ganz eindeutig Laudon, den er vergötterte, und Philipp Wukassowich.

254 STOJANOVIĆ Josip, Slidi Pisma. Od slavne Regimente Gradishke slovena u Vrime ratta Tyrskoga Godine 1788. In: Novi i stari vetodanik illiti kalendar Illyricski za pristupno godishte 1792 na korist i zabavu Slavonicah sloxen Po jednom Domorocu iz Poxege rodom. Esseg 1792, o.SA. 255 TATARIN Milovan, Josip Stojanović, protivnik apostola himbenog svita. In: TATARIN Milovan (Hg.), Josip Stojanović. Djela. Vinkovci 2005, S.75 256 http://www.slovenska-biografija.si/oseba/sbi345177/ [download am 31. März 2014 um 23h17] 257 DUKAT Vladoje, Pater Gregur Kapucin (Juraj Malevac) kajkavski književnik 18. vijeka. Agram 1915, S. 161 258 LONČARIĆ Mijo, Kajkawisch. In: Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens. Bd. 10. S. 262, Sp. 5, Klagenfurt 2013 75

6.6.10. ĐURO FERIĆ

Đuro Ferić (1739-1820) war ein Geistlicher, Philosoph, Dichter und Übersetzer aus Dubrovnik. Der Gelehrte widmete zwei Epen der letzten militärischen Auseinandersetzung Österreichs mit dem Osmanischen Reich. In seinem Epos auf Latein „Praefecti Gedeoni de laudon sub auspiciis Joseph II.“ glorifizierte er die Heldentaten von Laudon und Joseph II.259 Es handelte sich dabei um eine poetische Verarbeitung der Bestrebungen der Diplomatie der Republik von Ragusa, mit Kaiser Joseph II. als künftigem Nachbar nach der erwarteten Befreiung Bosnien-Herzegowinas und Serbiens gute Beziehungen zu pflegen.260 Ähnlich agierten auch die Vertreter Dubrovniks am Zarenhof in St. Petersburg.261 Im Epos „Pjesan“ bejubelte Ferić die Tapferkeit der österreichischen und montenegrinischen Soldaten unter dem Kommando von Wukassowich und prophezeite das baldige Ende des Imperiums der Osmanen:

Vidim smartnom u bljedilu Ich sehe in der Todesblässe, turski mjesec gdje zapada dass der türkische Mond untergeht za u vijek stati u tamnilu für immer in der Dunkelheit bleiben

I ne istechi vech nikada Und nie wieder herauskommen

Orla vidim dvoglavoga Ich sehe den zweiköpfigen Adler pri cestitom gdino u slavi wie er im ehrsamen Ruhm priko cvjeta Otomanskoga über der osmanischen Blume nasret krila jur se spravi262 seine Flügel bereits spreizt

6.7. MEMOIREN

6.7.1. DIE MEMOIREN VON PROTA MATEJA NENADOVIĆ

Prota (orthodoxer Priester) Mateja Nenadović (1777-1854) war ein serbischer Aufklärer, orthodoxer Priester, Feldherr, Wojwode der Aufstände von 1804 bis 1813 und von 1815 bis 1817, parteiloser Spitzenpolitiker, Vorsitzender des Staatsrates, Chronist und Diplomat.

259 GEORGIJEVIĆ Krešimir, Hrvatska književnost od 16. do 18. stoljeća u sjevernoj Hrvatskoj i Bosni. Agram 1969, S. 257 260 BAKIJA Katja, Đuro Ferić između hrvatskog i latinskog jezika. In: DOROVSKY V. Ivan, Studia Balcanica Bohemo-Slovaca. Brünn 2002, S. 47-54 261 KOLENDIĆ Petar, Simpatije Dubrovčana ruskom oružju prilikom osvajanja Očakova. Dubrovnik 1940, S. 36 262 BAKIJA Katja, Đuro Ferić između hrvatskog i latinskog jezika. In: DOROVSKY V. Ivan, Studia Balcanica Bohemo-Slovaca. Brünn 2002, S. 51 76

Seiner unermüdlichen Tätigkeit waren die guten Beziehungen der aufständischen Serben zu den Höfen in Wien und in St. Petersburg zu verdanken. Außerdem agierte er als Cheflogistiker und als Beschaffer von Waffen und Munition aus den Beständen der Donaumonarchie für die beiden Aufstände in Serbien. Bereits sein Vater Aleksa Nenadović zählte zu den führenden Köpfen der Serben im Osmanischen Reich, zumindest bis zu seiner Köpfung auf Befehl der Dayi.263 Mateja Nenadović zerstritt sich schon bald nach dem Verhandlungssieg der Rebellen mit dem Fürsten Miloš Obrenović, der ihn 1832 zwangspensionierte. Fürst Mihailo Obrenović schickte den unbequemen Geistlichen 1840 sogar ins Exil.264 Ljubomir Nenadović (1826-1895), ein Sohn Prota Matejas, führte das Aufklärungswerk seines Vaters fort, studierte Philosophie in Prag, Berlin und Heidelberg und betätigte sich anschließend als Lehrer am Belgrader Lyzeum und als Herausgeber mehrerer Zeitschriften. In „Šumadinka“ publizierte er im Jahr 1856 in den Heften 11, 12, 13, 14, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 61, 64, 73, 76, 79, 82, 85, 88, 94, 97, 97, 100 und 106 die Memoiren seines verstorbenen Vaters. 1893 wurden sie in Belgrad auch in Buchform von der Srpska književna zadruga herausgegeben. Ljubomir Nenadović avancierte zum Sekretär von Petar II. Petrović Njegoš und bereiste mit ihm Italien.265

„Memoari Prote Mateje Nenadovića“ liefern eine äußerst detaillierte Beschreibung der Ereignisse im Paschalik von Smederevo im Zeitraum vom Beginn des letzten Österreichisch- Osmanischen Krieges 1787 bis zur temporären Befreiung Serbiens im Jahre 1806. Die kausalen Zusammenhänge des Krieges 1787-1791 wurden dem Autor von seinem Vater Aleksa, einem aktiven Teilnehmer der Kampfhandlungen erklärt. Den Beginn der Feindschaften beschrieb Prota Mateja äußerst plastisch:

Ja sam čuvao – priča dalje moj otac Aleksa – da ne pređu Nemci, a neprestano sam preko Save gledao i jedva čekao kad će preći, dok uz naše mesojeđe 1788. pređe Kićan, Isailo, Ivan i sa njima nekakav gospodin Mijuško, donesu nešto baruta i jedan doboš, i kažu da ih je car poslao da se dižemo na Turke, dok velika vojska ne pređe.266

Ich bewachte [die Grenze, wohl die Save]267 – erzählt weiter mein Vater Aleksa – damit die Deutschen sie nicht überqueren, aber ich konnte es kaum erwarten, dass sie rüberkommen, bis an unserem Fleischessertag 1788 Kićan, Isailo, Ivan und mit ihnen irgendein Herr Mijuško mit etwas Schiesspulver und mit einer Trommel rüberkamen und sagten, der Kaiser hätte sie geschickt, damit wir einen Aufstand gegen die Türken machen, bis das große Heer [die Save]268 überquert.

263 DEDIJER Vladimir, Književnost i istorija. Belgrad 1985, S. 37 264 MILIČEVIĆ Milan Đakov, Pomenik. Reprint izdanja iz 1888. i 1901. Neusatz 1971, S. 205 265 DEDIJER Vladimir, Književnost i istorija. Belgrad 1985, S. 21 266 NENADOVIĆ Prota Mateja, Memoari. Belgrad 1893, S. 9 267 Bem. d. Aut. 268 Bem. d. Aut. 77

Der Herr Mijuško, der sich übrigens etwas später als Betrüger entpuppte und vermutlich nie Joseph II. sah, leitete die ersten Maßnahmen ein:

Gospodin Mijuško okrene govoriti: „Car je meine poslao k tebi da koje najvrednije ljude znaš pozoveš da se dignu da varoš palimo i Turke bijemo.“269

Herr Mijuško begann zu reden: „Der Kaiser entsandte mich zu dir, damit du deine fleißigsten Männer zusammenrufst, um die Stadt zu verbrennen und um die Türken zu schlagen.“

Manche Erinnerungen aus den Memoiren stammen auch von Prota Mateja selbst:

Petar Bakarac i Mali Janko prodru u samo Valjevo i prazne kuće zapale, onda Turci počnu begati Čačku i Užicu. To mi priča moj otac, a i ja još pamtim kako sam onaj dan iz planine Posova izlazio i s drugom decom kako sam se na vinogradske plotove penjao, da možemo bolje videti kako Valjevo gori. To je bilo 28. 2. 1788.270

Petar Bakarac und Mali Janko drangen in Valjevo ein und verbrannten die leerstehenden Häuser. Dann begannen die Türken nach Čačak und Užice zu flüchten. Das erzählt mir mein Vater, aber ich erinnere mich ebenfalls, als ich an diesem Tag das Gebirge Posovo verließ und mit den anderen Kindern auf die Zäune der Weingärten hinaufkletterte, um sehen zu können, wie Valjevo brennt. Das war am 28. 2. 1788.

Mateja Nenadović schilderte die meisten Kampfhandlungen recht minuziös:

Mi smo gonili Turke do Čačka – priča dalje moj otac – naša je vojska bila iz same valjevske nahije. Kod Čačka, Turci nas dobro dočekaju i ubiju nam 27 dobrih momaka, no mi opet i Čačane i Valjevce (Turke) rasteramo i sav Čačak popalimo.271

Wir verfolgten die Türken bis Čačak – erzählt mein Vater weiter – unser Heer war nur aus dem Verwaltungsbezirk Valjevo. Bei Čačak wehrten uns die Türken ab und töteten 27 gute junge Männer unter uns, aber wir zerstreuten die Türken aus Čačak und Valjevo und verbrannten Čačak.

Der Autor war mit den lokalen Verhältnissen bestens vertraut:

U to vreme je u Valjevu bilo preko 3000 kuća turskih, a 200 hrišćanskih.272

Zu dieser Zeit gab es in Valjevo über 3000 türkische und 200 christliche Häuser.

269 NENADOVIĆ Prota Mateja, Memoari. Belgrad 1893, S. 10 270 ebda. 271 ebda., S. 12 272 ebda. 78

Prota Mateja berichtete auch über diverse Zweifel und manche Auflösungserscheinungen im Lager der Auständischen, die vergebens auf das versprochene große kaiserliche Heer warteten:

Govorim ja jednako Miljušku: Piši neka ćesar šalje što pre svoju vojsku, pak ćemo lakše i naše vojnike u skupu držati.273

Ich sagte zu Miljuško das Gleiche: Schreib, der Kaiser möge sein Heer dringendst in Marsch setzen, dann halten wir unsere Soldaten zusammen.

Dabei zeigte Prota Mateja tiefen strategischen Durchblick:

Istina pored granice, od Zemuna do Mitrovice, vrlo je mnogo spremne vojske ležalo; ali to je sve badava, nema je na ovoj strani.274

Es ist wahr, an der Grenze, von Semlin bis Mitrowitz, liegt viel Heer einsatzbereit herum; aber das ist ja alles umsonst, weil es nicht auf dieser Seite ist.

Viel Aufmerksamkeit widmete Prota Mateja einer Audienz seines Vaters bei Joseph II. im syrmischen Kloster Fenek275:

Car: „Moj dragi kneže ja se od vas i od tog naroda uzdam da ćete pomoći mojoj vojsci, moga i vašega neprijatelja prognati.“276

Kaiser: „Mein lieber Fürst, ich erwarte von Ihnen und von Ihrem Volke, meinem Heer dabei zu helfen, meinen und Ihren Feind zu vertreiben.“

In den „Memoiren“ werden sowohl diverse Kriegsgreuel als auch humanitäre Aspekte, wie die Sklavenbefreiung, erwähnt:

Mi kuće popalismo, roblje i stoku oterasmo. Tursko roblje pošaljemo u Nemačku.277

Wir brannten die Häuser nieder, das Vieh und die Sklaven trieben wir weg. Die türkischen Sklaven schickten wir nach Deutschland.

Die Initiationszündung für alle drei Waffengänge von 1787 bis 1817, quasi für den „Dreißigjährigen Krieg der Serben“, sah Prota Mateja in der unerträglichen Situation des serbischen Bauerntums. Er sah die Zeit gekommen, „das Türkenjoch, das der Serbe seit der Amselfeldschalcht mit sich schleppt, abzuschütteln.“278

273 NENADOVIĆ Prota Mateja, Memoari. Belgrad 1893, S. 12 274 ebda. 275 ebda., S. 14-15 276 ebda., S. 15 277 ebda., S. 17 278 DEDIJER Vladimir, Književnost i istorija. Belgrad 1985, S. 28-29 u. S. 37 79

Obwohl einer der Wojwoden der beiden Aufstände, fühlte er sich der historischen Objektivität verpflichtet. Nenadovićs Volkserzähler-Memoiren sind das stilistisch schönste Erinnerungsbuch in serbischer Sprache, und zwar ohne Konkurrenz. Sie sind voller Anekdoten, Gedanken, Realität und Humor.279

6.7.2. DIE MEMOIREN DES RITTERS VON L.

Die „Memoiren des Ritters von L.“ erschienen zum ersten Mal im Verlag Friedrich Viewegh und Sohn in Braunschweig 1842 in deutscher Sprache und stellen einen deutlichen Kontrapunkt zu den Werken der südslawischen Literaten und Historiker. Ihr Autor bleibt unbekannt, möglicherweise handelt es sich bei ihm jedoch um einen Wiener, da er manche Städte, die er bereiste, mit Wien verglich und stellenweise diverse Bemerkungen über die Mode in der Metropole des Habsburgerreiches machte.280 Offenbar handelte es sich dabei um einen unmittelbaren Zeugen der Ereignisse des letzten Österreichisch-Türkischen Krieges. Von besonderem Interesse sind die Passagen des Textes über Belgrad nach der Befreiung durch kaiserliche Truppen und über die Rückreise des anonymen Reiseberichterstatters in den Westen durch Syrmien und Slawonien. Seine dokumentarische Beschreibung der Kriegsschäden in Belgrad nach dem Triumph Laudons läßt sich auch im 3. Millennium gut lesen:

Nach überstandenen schrecklichen Wegen fuhr ich den 27. December 1789 früh in Belgrad ein. […] Von fern stellte die Stadt einen kleinen Pfeilerwald vor, mit ihren zahllosen schmalen Thürmen an allen öffentlichen Plätzen, Brunnen, Thoren und Bethäusern, auf welchen überall, wo sie nicht von der gewalt des Geschützes getroffen worden, ein halber Mond stand. So wie ich aber ins Innere kam, sah ich nichts als niedergeschossene, ausgebrannte Häuser ohne dach, mit ihren kahlen Feuerwänden dastehend, vor den verlassenen Häusern überall ein großes Rudel zurückgebliebener Hunde liegend, Juden aus den Kellerlöchern guckend, raizische281 Bauern ihre Esel über die Schutthaufen stachelnd.282

Anschließend widmete der Autor viel Platz den Beschreibungen der vornehmen Häuser und des Harems. Darauf folgt ein ausführlicher Exkurs über seine bereits erwähnte beschwerliche Rückreise durch das unkultivierte syrmisch-slawonische Grenzland:

279 DERETIĆ Jovan, Istorija srpske književnosti. Belgrad 1983, S. 4 280 LEITHÄUSER Joachim G. (Hg.), Der ruhelose Balkan. In: Reportagen zur Weltgeschichte. Memoiren des Ritters von L. Stuttgart 1964, S. 165 281 raizisch = serbisch, Bem. d. Aut. 282 LEITHÄUSER Joachim G. (Hg.), Der ruhelose Balkan. In: Reportagen zur Weltgeschichte. Memoiren des Ritters von L. Stuttgart 1964, S. 165 80

Nach einem wahrhaft wehmütigen Abschiede von meinem alten Hauptmann verließ ich am 3. Januar 1790 Belgrad und näherte mich nicht ohne Grauen den Morästen von Esseck. […] Fast nirgend in weiter Umgebung des Schlosses, besonders in dieser feuchten Jahreszeit, traf man außer den gedämmten Wegen ein hartes, festes Land, überall nur weichen, mit Schilf bewachsenen Boden; keinen Baum, kein Gemüse, aber das üppig aus dem Sumpf emporsteigende türkische Korn283; kein Schaf, kein Rind, kein Wilpret, aber zahllose in ihrem Schlamm wohlgehaltene Schweineherden.284

Obwohl es in diesem Abschnitt der Militärgrenze eigentlich gar keine Feldzüge gab, fühlte sich der Reisende angesichts der Nähe des Osmanischen Reiches äußerst unwohl:

Mit einbrechender Nacht, wo man überhaupt ohne Licht nicht mehr aus dem hause gehen durfte, wegen der überall umherschleichenden Rohrwölfe285, einer ganz kleinen Art, die aber im Finstern schleicht und recht tückisch beißt, zündeten 25 Panduren mitten im Schloßhof ein großes Feuer an, bei dem sie wach blieben. Alle Thüren und Läden, in welche man Schießscharten angebracht, wurden vor dem Schlafengehen fest verrammelt, und geladene Schießgewehre daneben gestellt, zur Schutzwehr gegen die Räuberhorden, die sich nicht selten über die türkische grenze hinüberschlichen, um die Schlösser zu überfallen.286

Über die Bevölkerung der Militärgrenze verliert der Anonymus kein gutes Wort:

Der slawonische Bauer selbst, von dem die berühmten Rothmäntel bis zu uns gekommen, schien mir nicht viel mehr als halb Sau und halb Rohrwolf. Seine Arbeit mit dem Haupterzeugniß, dem Kukuretz, ist unbedeutend. Er frißt also die meiste Zeit und säuft und schläft. ist nichts mehr in der Küche, so holt er sich ein Schwein aus dem Sumpf, schlachtet es und bratet es ganz;so bleibt es dann auf einem Schragen liegen, und jeder im Hause, oder wer auch sonst ein und ausgeht, schneidet sich von dem, am Ende stinkend und madig gewordenen Schweine ein Stück herunter […] Man zerstößt die in Tonnen faul gewordenen Zwetschen sammt den Kernen und bereitet daraus den berühmten Sliwowitzer.287

Auch manche Volksbräuche seiner slawonischen Zeitgenossen kann der Autor in moralischer Hinsicht nicht nachvollziehen:

Die Religion des gemeinen Volkes ist die griechische. Vor den Häusern der Verstorbenen hört man die ganze Nacht hindurch abscheuliches Wehegeheul von mehreren dazu bestellten alten Weibern. Die neuverheiratheten Weiber enthalten sich die ersten vier Wochen aller Arbeit, liegen beständig aufgeputzt am Fenster und rufen alle jungen Mannsleute herein, die sie mit Küssen empfangen und mit Kuchen und Branntwein bewirthen.288

283 Mais, Bem. d. Aut. 284 LEITHÄUSER Joachim G. (Hg.), Der ruhelose Balkan. In: Reportagen zur Weltgeschichte. Memoiren des Ritters von L. Stuttgart 1964, S. 166 285 der Schakal, Bem. d. Aut. 286 LEITHÄUSER Joachim G. (Hg.), Der ruhelose Balkan. In: Reportagen zur Weltgeschichte. Memoiren des Ritters von L. Stuttgart 1964, S. 166-167 287 ebda., S. 167 288 ebda. 81

6.8. NOTIZEN

6.8.1. ISIDOR STOJANOVIĆ

Die Notizen Isidor Stojanovićs (1809-1849), eines Professors für allgemeine Geschichte am Belgrader Lyzeum, entstanden nach den Erzählungen von Gaja Pantelić Vodeničarević. Stojanović war ein aktiver Teilnehmer am Österreichisch-Osmanischen Krieg 1788-1791. Seine Notizen werden als Handschrift der Königlichen Serbischen Akademie aufbewahrt. Der Zeitzeuge schilderte dem Stojanović alle Verbrechen der „Türken“ und die dafür verantwortlichen Personen und verglich die Periode vor dem Ausbruch des Krieges recht treffend mit der Situation in Serbien unmittelbar vor dem Ausbruch des Ersten Serbischen Aufstandes. Gaja Pantelić Vodeničarević kannte den späteren Hauptmann Koča Anđelković noch zu Friedenszeit und war über sein Leben bestens informiert:

Koča je još u zimu 27. 1. 1788 po Sv. Jovanu prešao s porodicom u Ostružnicu i došao za noć u Žabare. […] Mnoge srpske porodice beže u južnu Ugarsku ili u Austriju.289

Koča kam noch im Winter am 27. Jänner 1788 nach dem Hl. Johannes mit seiner Familie nach Ostružnica und in der Nacht nach Žabari. […] Viele Serbenfamilien flüchteten nach Südungarn und Österreich

Der Erzähler zeigte sich auch mit der Reise der serbischen Deputation zu Kaiser Joseph II. nach Wien vertraut:

Koča, pop Đorđe iz Kragujevca i neki Vlajko išli u Beč tražiti (i dobili) od cara oružje. […] Oni su se tamo odobrali i otišli Josifu ćesaru, pa mu ovako Koča govorio: „Aman čestiti ćesaru, sunce ogrejalo, po Bogu otac, ajde kurtališi naš narod, skidaj teški zulum.“ Tako on smilovao se i Koču opravio, a drugi su svi tamo ostali, podpisali se u vojnike, dobili ruo i oružje.290

Koča, der Pope Đorđe aus Kragujevac und ein gewisser Vlajko reisten nach Wien, um beim Kaiser Joseph Waffen zu ersuchen (und zu erhalten). Als sie dort ankamen, gingen sie zum Kaiser und Koča sprach so zu ihm: „Edler Kaiser, unsre warme Sonne, unser Gottvater, befreie unser Volk, beende die drückende Gewaltherrschaft.“ So erbarmte sich der Kaiser und erhörte den Koča und schickte ihn heim, die anderen blieben dort und wurden Soldaten, sie bekamen Uniformen und Waffen.

Über die Rückreise Anđelkovićs verlor Gaja kein Wort. Er sagte auch nichts darüber, wann Koča wieder daheim war. Der Strang der Erzählung setzt sich erst mit der erneuten Flucht der serbischen Anführer nach Österreich als Folge der osmanischen Tyrannei und mit dem Stimmungsbild des einfachen Volkes fort:

289 STOJANOVIĆ Isidor, Zabeleške nastale po pričanju Gaje Pantelića Vodeničarevića. In: Rukopis Kraljevske Srpske Akademije, o. S. Ang. 290 ebda. 82

Koča iz Panjevca, kod Jagodine, glavni trgovac. Ču se kradom po narodu: uteče Koča u Nemačku! Tako postaja malo vreme dok rekoše ljudi: uteče Radič iz Bačevice291 u Nemačku! Pa zatim: uteče pop Đorđe Nikolajević iz Pasijevića, pa knez Stanoje iz Žabara sa svom kućom i pređe na Kovinu u Nemačku, […] svi u Kovin. […] pa posle će uteći Đorđe Petrović iz Zagorice sa celom svojom familijom.292

Koča aus Panjevac bei Jagodina, ein Oberkaufmann. Man hörte insgeheim im Volke: Der Koča sei nach Deutschland geflüchtet! Nach einiger Zeit sagten die Leute: Radič aus Bačevica sei nach Deutschland geflüchtet! Danach: Der Pope Đorđe Nikolajević aus Pasijevići und der Knias Stanoje aus Žabari samt seiner Familie seien nach Deutschland geflüchtet […] alle nach Kubin. […] später wird auch Đorđe Petrović aus Zagorica mit seiner ganzen Familie flüchten.

Interessanterweise erwähnte Gaja Pantelić Vodeničarević die Flucht des künftigen „Voždes“ der Serben. Über seine Militärkarriere im Freikorps Laćman und über die Teilnahme des Schwarzen Georgs am Feldzug des habsburgischen Heeres in Italien als Unteroffizier äußerte sich der Erzähler freilich überhaupt nicht.

Pantelić berichtete dem Stojanović über den Sieg Kočas am Lipar gegen die osmanischen Truppen:

…i to pašu koji je s vojskom pošao Beogradu. Koča je pobio oko 400 Turaka! Paša se vratio u Jagodinu.293

…und zwar den Pascha, der mit einer Armee nach Belgrad marschierte. Koča tötete etwa 400 Türken! Der Pascha kehrte zurück nach Jagodina.

Den letzten Kampf des Hauptmannes schilderte Gaja so detailliert, als ob er selbst dabei gewesen wäre:

Koča se u šancu držao junački i branio sa sabljom, no jedan mlad Arnautin baci svoju aljinu na sablju i uhvati ga i posle ga Turci postaviše pašom i ovaj posle čuven bio pod imenom Malić-paša. Koču su Turci živa udarili na kolac.294

Koča hielt sich in der Schanze tapfer und verteidigte sich mit seinem Säbel, ein junger Albaner warf jedoch seine Kleidung auf den Säbel, nahm ihn gefangen, wurde seitens der Türken zum Pascha ernannt und unter dem Namen Maliq-Pascha sehr berühmt.

Der Erzähler fand auch recht schnell die Sündenböcke, die an der Niederlage Kočas und seiner serbischen Freiwilligen schuld gewesen seien:

291 Radič Petrović, Bem. d. Aut. 292 STOJANOVIĆ Isidor, Zabeleške nastale po pričanju Gaje Pantelića Vodeničarevića. In: Rukopis Kraljevske Srpske Akademije, o. S. Ang. 293 ebda. 294 ebda. 83

Svadio se bio Koča s Nemcima i oni ne hteli mu dati pomoć no ga izdali.295

Der Koča zerstritt sich mit den Deutschen und sie wollten ihm nicht helfen, sondern verrieten ihn.

6.8.2. MILAN ĐURE MILIČEVIĆ

Milan Đure (manchmal auch Đakova) Miličević (1831-1908) ist heute in Serbien bekannt als Autor der geschichtlichen Standardwerke „Kneževina Srbija“ von 1876, „Kraljevina Srbija“ von 1884, „Pomenik“ von 1888 und des zweibändigen „Knez Miloš u pričama“ von 1891/1900. Er absolvierte das Priesterseminar in Belgrad und arbeitete anschließend als Lehrer in Lešnica und Topola und als Bibliothekar in Belgrad. Miličević war auch als serbischer Bildungsminister tätig und ging als Staatsrat in Pension.296 Von einiger Bedeutung für die moderne Kriegsforschung sind seine Notizen der Erzählungen von Petar Jokić (um 1770-1852). Jokić war eine interessante historische Persönlichkeit. Er nahm an den Kampfhandlungen des letzten Österreichisch-Osmanischen Krieges teil und profitierte von dieser Erfahrung. 1804 avancierte er zum Buljubaša der Garde von Karađorđe und bekam von ihm den Spitznamen Buljubašić. Nach der Niederlage der aufständischen Serben verließ er 1813 seine Heimat und lebte bis 1838 im österreichischen Semlin als Kaufmann. 1839 kehrte er nach Serbien zurück und wurde prompt zum Richter des Bezirksgerichtes in Valjevo ernannt. Auf Wunsch der Serbischen Gelehrtengesellschaft verbrachte Milan Đure Miličević den Winter 1851/1852 im Haus von Petar Jokić Buljubašić, der ihm viel über die Kampfhandlungen in Serbien berichtete.297

Die Angaben des Erzählers aus dem Zeitraum von 1787 bis 1791 stimmen weitgehend mit denen von Gaja Pantelić Vodeničarević überein, was Platz für mehrere Rückschlüsse lässt. Als Besonderheit erwähnte Petar Jokić Buljubašić die Teilnahme Karađorđes als Unteroffizier der österreichischen Landungstruppen auf einer Tschaike. Die meisten historischen Quellen vertreten nämlich eher die Meinung, dass er zu dem Zeitpunkt in Belgrad als österreichischer Vertrauensmann agierte und für die Besetzung der Stadttore zuständig war.

295 STOJANOVIĆ Isidor, Zabeleške nastale po pričanju Gaje Pantelića Vodeničarevića. In: Rukopis Kraljevske Srpske Akademije, o. S. Ang. 296 MILIČEVIĆ Milan Đuro, Pomenik. Reprint izdanja iz 1888. i 1901. Neusatz 1971, S. 409 297 ebda., S. 106-107 84

7. ARCHIVE

7.1. ARCHIVE IN SERBIEN

In Serbien sind heute nur noch sehr wenige schriftliche Archivalien aus der Zeit vor dem Ersten Serbischen Aufstand vorhanden. Viele Akten wurden entweder in den Weltkriegen vernichtet oder gelten schlicht als vermisst. Die Archivbehörden in Belgrad rufen diesbezüglich den Abtransport der wichtigen Archivalien nach Wien Ende 1915 unter der Leitung Franz Wilhelms in Erinnerung. Darunter waren etwa die Nachlässe des Philologen Vuk Stefanović Karadžić und der Belgrader Hof- und Nationalbibliothek.298 Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges traten diese Archivbestände den Rückweg an, ein Teil ging leider unterwegs verloren. Im Zweiten Weltkrieg wurde aus den erbeuteten Beständen aus Belgrad und Neusatz sogar eine eigene „Aktensammelstelle Südost“ eingerichtet.299 Die meisten dieser Archivalien wurden nach 1945 Jugoslawien zurückerstattet. Das Serbische Militärarchiv existiert erst seit 1876 und ausgerechnet seine älteren Bestände, die ohnehin nicht besonders zahlreich waren, gingen während der Kämpfe um Belgrad im Ersten Weltkrieg größtenteils verloren. Die Schriften des Archivs des Belgrader Militärmuseums reichen nur bis 1847 zurück. Das Militärhistorische Institut in Belgrad wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet. Die meisten Akten aus dem 18. Jahrhundert befinden sich im Kriegsarchiv in Wien. Weitere Bestände, die sich auf den serbischen Raum beziehen, liegen heute überwiegend in den Archiven Budapests, Konstantinopels, Venedigs, Roms, des Vatikans, Moskaus, St. Petersburgs, Paris, , Münchens, Dresdens, Berlins, Washingtons und Sofias.

7.2. UNGARISCHES NATIONALARCHIV, SAMMLUNG ILLYRICA

Ganz anders als das Osmanische Reich, das kaum Interesse an seinen christlichen Untertanen zeigte, ließen sich die Behörden des Habsburgerreiches genauestens über die Zustände der „Spielwiese der Monarchie“ informieren, vor allem im Rahmen der Vorbereitungen für einen künftigen Krieg. Man setzte dabei primär auf die Zusammenarbeit mit den Vertretern der österreichfreundlichen serbisch-orthodoxen Kirche:

298 HOCHEDLINGER Michael, Österreichische Archivgeschichte. Vom Spätmittelalter bis zum Ende des Papierzeitalters. Wien-Köln-Weimar 2013, S. 166 299 ebda., S. 229 85

Jeromonachus Spiridon Wujanowics aus Kloster Kallenich äußert sich wie der erstere in allem gleich, nur mit dem Beisatze, dass er auf gleiche die kaiserlichen Espions und Vertraute in sein Kloster wohl aufgenommen, geleitet und unter der schriftlichen Urkunde von Kloster weiters im Lande geführt, dann wiedereum anhero befördert hat. Weiters äussert sich der obgedachte Jeromonachus, dass lang vor dem Ausbruche des Krieges, die kaiserlicherseits nach Servien ausgeschickte Ausforscher oder Kundschafter zu ihnen in das Kloster gekommen und das ihnen aufgetragene geheime Geschäft unter ihrer Leitung und Beschützung verrichtet hätten nach vollendeter Verrichtung aber, hätten Sie abermalenunter ihrer Aufsicht dieselbe unverletzt anhero befördert.300

Es handelte sich offensichtlich um keinen Einzellfall, weil sich die Akte über die Zusammenarbeit des Popen Jovan Rakičević mit dem Freikorpskommandanten Branovački sehr ähnlich liest, was auf eine diesbezügliche Abmachung der österreichischen Militärobrigkeit mit dem serbisch-orthodoxen Klerus hindeutet.301 Die Kooperation der Priesterschaft mit dem habsburgischen Heer hatte neben diversen finanziellen Vorteilen jedoch auch eine Kehrseite. Die Hohe Pforte duldete unter ihren serbischen Untertanen keine „fünfte Kolonne“. Die österreichfreundlichen Kircheneinrichtungen wurden seitens der osmanischen Feldtruppen oft niedergebrannt:

5-tus Mitrofan Joakimovics Jeromonachus aus dem Kloster Voljavcse äußert sich, dass sein verstorbener Igumen Alexius Jefremovics noch vor dem Ausbruche des Krieges unter Anleitung diesseitiger Herren Officiers zum besten Oesterreichischen Hofes wichtig und denkwürdige Dienste geleistet hat, wofür er auch eine Pension von seiner Majestät dem weyland höchstseligen Kaiser Joseph tem II-ten erhielt, welches er schriftlih darthun kann; - und es ist auch hievon dem Herrn Obristen von Mihaljevics bestens bekannt, was für dienste er geleistet hat. – Endlichen als die Türken es in Erfahrung gebracht haben, so wurde das Kloster samt der Kirche ein Raub der Flammen und dergestalten gänzlichen ruinirt.302

Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Großmacht Österreich war keineswegs nur auf die kirchlichen Würdenträger beschränkt, auch das einfache Volk wartete sehnsüchtig auf seine Befreiung durch die Schwarz-Gelben und zeigte sich dementsprechend kooperationsbereit. Nach der Bekanntgabe des kaiserlichen Toleranzpatentes in Serbien 1788 „durch den Hauptmann Koča, den Oberlieutenant Wujadinovics und Major Branovaczki“ nahm die austrophile Haltung der Bevölkerung rapide zu und auch die Unterstützung im Felde machte sich bemerkbar:

300 Ungarisches Nationalarchiv, Sammlung lllyrica, Acten der Illyrischen Hofkanzlei, 1791-7-13 301 ebda., 1792-5-27 302 ebda., 1791-7-13 86

Es ist nicht zu beschreiben welch eine Gährung dieses Patent im ganz Servien bewirket; und wie es die Gemüther aller christlichen Einwohner für die k.k. Waffen gestimmt habe. Sie beschlossen einhellig ihre Unholden, wo es nur möglich sein wird, zu verfolgen und auf die Seite der Oesterreicher zu tretten. Sie öffneten den einrückenden oesterreichischen Truppen, Thöre und Thüre und gingen ihnen mit offenen Armen entgegen; Waffenfähige leisteten Kriegsdienste, beunruhigten den Feind, hinderten ihn in seinen Unternehmungen und thaten ihm namhaften Abbruch: Greise, Weiber und Schwächlinge trotzten allen Wiederwärtigkeiten, viele verliessen Haus und Hof, trieben alles hinweg und suchten in diesseitiges Gebieth Schutz und Sicherheit, kurz: alles was man von ihnen forderte befolgten sie willigst in der Hoffnung ihre Sclavenkette dadurch zu zerreissen.303

„Kočina Krajina“ gewann immer mehr an nationaler Prägung. Die Serben begannen mit den Österreichern wettzueifern, wer tapferer sei und wollten sich als zuverlässige und vollwertige Partner der kaiserlichen Streitmacht präsentieren, worüber auch der Oberstleutnant Makovac aus Orschawa eindrucksvoll schrieb:

…und dass derselbe auch damalen als ich Endesgefertigter bey der Veteranischen Höhle durch den Feind umrungen war, mit der Aufbringung der geschickten jenseitiger Steuermännern und sonstigen Schiffsleuten, welche Nachtzeit die mit Lebensmitteln beladene Schiffe, der dort mit mir gestanden – denen Truppen mit allergrössten Gefahr hineingelassen.304

Zahlreiche Serben wollten allerdings Kapital aus ihrem Engagement schlagen und suchten nach Kriegsende beim Wiener Hofe um diverse finanzielle Zuwendungen an. Oft konnten sie sich dabei, wie etwa der Pope Isaije Stevanović, auf hochkarätige Zeugen wie Ceentner, Mihaljević und Liderskron berufen.305

7.3. ARMEEAKTEN UNGARN

Die reichhaltigen Beziehungen der serbischen Orthodoxie zum Wiener Hofe umfassen / enthalten viele Bittstellerakten. Sie geben ein gutes Bild der Zusammenarbeit vor dem Konflikt, weil sich die serbischen Priester in der Nachkriegsnot auf ihre früheren Verdienste in der gemeinsamen Sache beriefen und damit ihre Spionagetätigkeit offenbarten.306 Auch viele Privatpersonen im osmanischen Serbien unterstützten diesbezüglich Österreich. Die Brüder Petar und Jovan Novaković zogen nach Belgrad und eröffneten in der Nähe von Stambol Kapi ein Geschäft, um die osmanischen Befestigungen besichtigen zu können:

303 Ungarisches Nationalarchiv, Sammlung lllyrica, Acten der Illyrischen Hofkanzlei, 1791-11-329 304 ebda., 1792-2-36 305 ebda., 1792-5-27 306 ebda., 1791-35-10797 87

Auch zu Belgrad unterhielten sie ein Gewölbe nahe an dem Stamboler Tor und bestimmten mittels einen an einem Flihtenkugel gebundenen Faden die Höhe der Schanzenmauer um die Montirungstreppen darnach einrichten zu können.307

Die Armee Acten Ungarn liefern auch mehrere Perspektiven der „Belgrader Affäre“ vom 2. auf den 3. Dezember 1787. Als Hauptursache des Misserfolges wurden seitens der Teilnehmer die ungünstigen Witterungsverhältnisse angegeben.308 Bemerkenswert ist auch das auffällige Interesse der Behörden der Donaumonarchie an der familiären Situation Koča Anđelkovićs:

Ist bei seiner Herüberemigrirung aus jenseitigem Gebiet anni 1787 im Monat Juli schon verehelichtet gewesen.309

Die Maßnahmen zur Rekrutierung der Flüchtlinge aus Serbien für die Armee des Habsburgerreiches wurden ebenfalls ausgiebig protokolliert:

Der Oberlieutenant Branowatzky verspricht sich noch von denjenigen Leuten; welchen in der Grenze zubleiben erlaubt worden 3 bis 400 Mann aufzutreiben, wenn ihnen Löhnung und Brod verabreicht wird wesenthalben er einen hier befindlichen Bulug-Bassa den Auftrag erteilen wird um diese Leute sobald möglich zusammenzubringen Ferners würde sehr erspriesslich sein, wenn Se. Majestät den Oberlieutenant Branowatzky autorisirten, denen anderen Vorstehern der Freiwilligen und denen Freiwilligen selbst die allerhöchste Gnade und resp. ausserordentlich Belohnung auf den fall des glücklichen Ausschlagung der Unternehmung zu versichern wenn nämlich der Feind vertrieben und der Posten behauptet wird.310

Der Hauptmann Koča Anđelković wurde in den frühen offiziellen Berichten vermutlich mit Absicht noch nicht als gefallen gemeldet, allerdings waren die Behörden bestens über das Schicksal seiner Familie unterrichtet:

Urkunde für die mit 3 unversorgten Kinder hinterbliebene Witwe des vor dem Feind gebliebenen Freicorps Hauptmann Kotscha Angelkovich.311

307 Ungarisches Nationalarchiv, Sammlung lllyrica, Acten der Illyrischen Hofkanzlei,, 1791-42-790 308 ebda., 1788-16-3224 309 ebda., 1790-42-473 310 ebda., 1788-9-327 311 ebda., 1790-42-473 88

8. CONCLUSIO

Der Achte Österreichisch-Türkische Krieg von 1788 bis 1791 ereignete sich während einer tiefen gesellschaftlichen Krise der Serben. Die serbischen Aufklärer im Habsburgerreich glorifizierten Joseph II. in ihren poetischen Werken bereits vor dem Ausbruch des Konfliktes als Türkenbesieger und Serbenbefreier.312 Die gelehrten Serben waren alle sehr stark austrophil ausgerichtet. Ihre gesellschaftliche Stellung wurde nach dem Toleranzpatent von 1783 bedeutend aufgewertet und sie intergrierten sich immer besser in die Strukturen der Monarchie. Die Lobeshymnen auf Katharina II. von Russland flossen interessanterweise überwiegend aus kroatischen Schreibfedern. Der Grund für diese Tendenz mag recht plausibel klingen; die Serben der Donaumonarchie konnten es kaum erwarten, dass die kaiserlichen Truppen ihre Brüder in Serbien vom orientalischen „Türkenjoch“ befreien, während viele Kroaten damals hofften, dass die Siege des einzigen slawischen Großreiches indirekt eine Milderung des ungarischen Druckes und eine Aufwertung des „alten dreieinigen Königreiches“ bewirken würden. „Kapetan Kocza“, der vermutlich größte serbische Held des Krieges wurde von seinen dichtenden Zeitgenossen gar nicht wahrgenommen, sie bejubelten in ihren Versen lieber die Triumphe Laudons und der kaiserlichen Truppen. Die Türken wurden in den Gedichten der serbischen Poeten der Aufklärungszeit hingegen äußerst negativ dargestellt und auf ethnischer und religiöser Basis verspottet. Viele Serben sahen ihr Land bereits als ein Kronland des Imperiums der Habsburger und freuten sich sehr darüber. Aus diesem Grund empfanden die serbischen Literaten und Historiker den Achten Österreichisch- Türkischen Krieg nicht als eine militärische Auseinandersetzung zweier Großmächte, sondern als „ihren“ serbischen Befreiungskrieg. Nach den ersten großen Erfolgen der kaiserlichen Truppen auf dem Schlachtfeld änderte sich jedoch die gesamtpolitische Lage. Preußen drohte mit Krieg und die Französische Revolution schuf eine völlig neue, für Österreich äußerst ungünstige diplomatische Konstellation. Mit dem Frieden von Swistowa waren sowohl Österreich als auch die serbische Seite äußerst unzufrieden. Die Donaumonarchie stand vor dem Bankrott und Serbien blieb weiterhin osmanisch. Ausgerechnet der ungünstig verlaufene Krieg erwies sich in Wien als Motor zum Druck der ersten bedeutenderen Bücher und Zeitungen in serbischer Sprache. In diesem Sinne waren die aufklärerischen Impulse und Entscheidungen des Wiener Hofes richtungsweisend. Sie beeinflussten nicht nur die Durchsetzung der serbischen Volkssprache, sondern auch die Entstehung der serbischen Nation und des modernen serbischen Staates.

312 PAVIĆ Milorad, Istorija srpske književnosti klasicizma i predromantizma. Klasicizam. Belgrad 1979 89

Obwohl das offizielle Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die territoriale Integrität des Osmanischen Reiches respektierte, setzte Metternich geheime Maßnahmen in Gang, die letztendlich zu einer breiten politischen Autonomie Serbiens bzw. zur Sprachreform Vuk Karadžićs führten.

Über den letzten Österreichisch-Türkischen Krieg findet man in den serbischen Archiven recht wenige Quellen, weil Serbien damals über keine eigene Staatsstruktur verfügte. Wesentlich ergiebiger erweisen sich die literarischen Quellen. Ganz interessant fällt eine Beurteilung der österreichisch-serbischen Beziehungen im Krieg von 1788-1791 aus. Die serbischen Aufklärer des 18. Jahrhunderts bejubelten Österreich in den allerhöchsten Tönen und sahen in Serbien einen künftigen Edelstein in der Krone der Habsburger. Die Werke der serbischen Historiker der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Prota Mateja Nenadović, Vuk Stefanović Karadžić, etc.) waren sehr um eine gewisse Objektivität bemüht. Die Belgrader Geschichtsschreiber des späten 19. Jahrhunderts schilderten Österreich im Lichte der Ereignisse des Krieges von 1788-1791 hingegen nicht mehr als einen ehrlichen Verbündeten und Unterstützer, sondern beinahe als eine perfide und feindlich gesinnte Großmacht. Skurrilerweise verwendeten sie dabei ein- und dieselben historischen Quellen aus Wien und Budapest wie ihre Vorgänger. Dieselbe Tendenz merkt man deutlich bei Crnjanski, der allerdings auch nicht viel von Russland hielt, und auch bei Ivo Andrić, der sich jedoch primär über das Osmanische Reich negativ äußerte.

Vermutlich kam es auf Grund der politischen Spannungen, die dem bevorstehenden Jugoslawien-Konflikt vorauseilten, zu keinen bedeutenderen Kundgebungen oder wissenschaftlichen Publikationen zum 200. Jubiläum des letzten Türkenkrieges. Auf dem Weg in die Europäische Union kehrt im dritten Millenium die historische Forschung in Serbien wieder zu den Pfaden einer objektiveren Geschichtsschreibung zurück und verstärkt ihre Zusammenarbeit mit den diesbezüglich erfahreneren Kollegen aus Österreich. Der serbischen Historiographie des 20. Jahrhunderts darf man einen gewissen Ethnozentrismus vorwerfen. Lieber schreibt man über die großen Triumphe und bitteren Niederlagen der serbischen Waffen als über den Neustart der eigenen Geschichte, der halt nicht 1804, sondern bereits 1788, also in einem „fremden“ Krieg erfolgt war! Erst der Waffengang von 1788 bis 1791 inkorporierte im Geiste der serbischen Elite im Habsburgerreich verschiedene befreiende, nationale, aufklärerische, sprachliche, mediale und religiöse Aspekte, die letztendlich mit österreichischer Hilfe die serbische Nation in die Familie der modernen europäischen Völker katapultierten.

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Den Serben der Donaumonarchie gelang es dadurch sowohl ihren autochtonen orthodoxen Glauben als auch ihre serbisch-nationale Identität erfolgreich zu bewahren, was ihnen zum Beispiel in Russland nicht gelang.

Der Achte Österreichisch-Türkische Krieg wird in der offiziellen österreichischen Geschichtsschreibung ebenfalls eher wie ein Stiefkind behandelt. Man schreibt wesentlich lieber über den Großen Wienerkrieg 1683-1699 oder über die glänzenden Siege Prinz Eugens. Wenn über den letzten Türkenkrieg des Hauses Habsburg in verschiedenen historischen Zeitschriften und Publikationen geschrieben wird, dann stützt man sich dabei hauptsächlich auf die reichhaltigen in Wien liegenden Archivalien. An der Seriosität der Quellen gibt es zwar nichts auszusetzen, der sogenannte „Wiener Blickwinkel“ der österreichischen Historiographie führt jedoch letztendlich dazu, dass man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht. Die von den alpenländischen Historikern kaum beachteten serbischen Quellen ergänzen nämlich die bisherige Deutung des letzten Türkenkrieges in mehreren Facetten und bezeugen von einer äußerst lebhaften und produktiven Zusammenarbeit der österreichischen Behörden mit den Serben Österreichs und Serbiens. Als Initiator dieser Kooperation darf wohl Kaiser Joseph II. gelten. Seine Verordnungen ermöglichten eine in jeder Hinsicht gelungene Integration der Serben ins habsburgische Staatsgefüge.

Die Entstehung der serbischen Medienlandschaft hängt mit dem Achten Österreichisch- Türkischen Krieg eng zusammen. Dasselbe gilt auch für die Literatur der Serben. Unter Leopold II. und Franz II. (I.) wurden konkrete Maßnahmen ergriffen, um eine moderne serbische Volkssprache neuzugestalten, was ein bedeutender Schritt zur nationalen Emanzipation der serbischen Untertanen auf ihrem Weg in den Schoss der europäischen Zivilisation war. In diese Richtung deuten übrigens auch die Quellen der Serbisch- Orthodoxen Kirche, wo noch viel Arbeit auf österreichsiche und serbische Historiker wartet.

Die historische Forschung konzertrierte sich bisher überwiegend auf diverse militärische Aspekte des Achten Österreichisch-Türkischen Krieges und vernachlässigte dabei die kulturelle Dimension. Erst die Erschliessung der literarischen Quellen der Völker, die am besagten Konflikt teilgenommen haben und ihre anschließende kritische Analyse liefern als Resultat ein realistisches und äußerst facettenreiches Gesamtbild der Gesellschaften Südosteuropas zur Zeit der Aufklärung.

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9. QUELLEN

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9.4.ZEITUNGSARTIKEL Aus dem Feldlager des Banathischen Trupencorps bey Mehadie, den 1. August. In: Wiener Zeitung Nr. 65 vom 13. August 1788, o. S. Ang. KARAKAŠ Jure, Dvorski vojni kapelan i Panegiričar iz Barleta. In: Ličke Novine. Kritika 44 vom 17. Feber 2013, S. 44

9.5.FESTSCHRIFTEN

DUKIĆ Davor, Turci u hrvatskoj književnosti 18. stoljeća. (= Hrvatsko filološko društvo (Hg.) Prvi hrvatski slavistički kongres. Drugi dio. Agram 1997, S. 134

9.6.NOTIZZEN STOJANOVIĆ Isidor, Zabeleške nastale po pričanju Gaje Pantelića Vodeničarevića. In: Rukopis Kraljevske Srpske Akademije

9.7.ARCHIVALIEN Bericht des General Magdeburgs (Wien, am 2. Oktober 1787) In: Kriegsarchiv 1787, 10, 1 ½ u. 9 (Belgrader Acten) Ungarisches Nationalarchiv, Sammlung lllyrica, Acten der Illyrischen Hofkanzlei, 1791-7-13 Ungarisches Nationalarchiv, Sammlung lllyrica, Acten der Illyrischen Hofkanzlei, 1792-5-27 Ungarisches Nationalarchiv, Sammlung lllyrica, Acten der Illyrischen Hofkanzlei, 1791-7-13 Ungarisches Nationalarchiv, Sammlung lllyrica, Acten der Illyrischen Hofkanzlei, 1791-11- 329 Ungarisches Nationalarchiv, Sammlung lllyrica, Acten der Illyrischen Hofkanzlei, 1792-2-36 Ungarisches Nationalarchiv, Sammlung lllyrica, Acten der Illyrischen Hofkanzlei, 1792-5-27 Ungarisches Nationalarchiv, Sammlung lllyrica, Acten der Illyrischen Hofkanzlei, 1791-35- 10797 Ungarisches Nationalarchiv, Sammlung lllyrica, Acten der Illyrischen Hofkanzlei, 1791-42- 790 Ungarisches Nationalarchiv, Sammlung lllyrica, Acten der Illyrischen Hofkanzlei, 1788-16- 3224 Ungarisches Nationalarchiv, Sammlung lllyrica, Acten der Illyrischen Hofkanzlei, 1790-42- 473 Ungarisches Nationalarchiv, Sammlung lllyrica, Acten der Illyrischen Hofkanzlei, 1788-9- 327

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9.8.INTERNETQUELLEN http://www.ebritic.com/?p=310114cult/12-l.htm [download am 22. Feber 2014 um 12h11] http://enciklopedija.hr/Natuknica.aspx?ID=28187 [download am 31. März 2014 um 19h43] http://kovceg.tripod.com/globalizam_o_vuku.htm [download am 3. März 2014 um 10h24] http://www.krizevci.net/hr/html/pjesnici.html [download am 31. März 2014 um 20h05] http://www.rastko.rs/isk/isk_14.html [download am 2. März 2014 um 10h22] http://www.rastko.rs/isk/isk_20.html [download am 2. März 2014 um 21h18] riznicasrpska.net/knjizevnost/index.php.?topic [download am 3. März 2014 um 14h34] http://www.serbianschool.com/cult/12-l.htm [download am 11. Feber 2014 um 10h44] http://www.slovenska-biografija.si/oseba/sbi345177/ [download am 31. März 2014 um 23h17]

10.ANHANG 10.1.KARTEN 10.1.1.KARTE DES KRIEGSSCHAUPLATZES

Quelle: HOMAN Johan Baptist, Neu Geographisch Vorgestelltes Ungarisches Kriegs- Theatrum in Servien und dem Bannat Temeswar. Nürnberg 1717 In: Kartensammlung der Nationalen Bibliothek Serbiens

102

10.1.2.KARTE DER BELAGERUNG BELGRADS 1789

Quelle: Opsada Beograda 1789. god. Litographie der Staatsdruckerei. Belgrad 1887 In: Kartensammlung der Nationalen Bibliothek Serbiens

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10.2.BILDER UND FOTOS 10.2.1.SLAVENO-SERBSKIJ MAGAZIN

Quelle: ORFELIN (STEFANOVIĆ) Zaharije (Hg.), Slaveno-serbskij magazin (1768). Nr. 1, Titelseite, In: Büchersammlung von Zaharije Orfelin, Nationale Bibliothek Serbiens

10.2.2.ISTORIJA RAZNIH SLAVENSKIH NARODOV

Quelle: RAJIĆ Jovan, Istorija raznih slavenskih narodov.Wien 1794, Titelseite, In: Büchersammlung von Jovan Rajić, Nationale Bibliothek Serbiens

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10.2.3.BOJ ZMAJA S ORLOVI

Quelle: RAJIĆ Jovan, Boj zmaja s orlovi. Wien 1791, Titelseite, In: Büchersammlung von Jovan Rajić, Nationale Bibliothek Serbiens

10.2.4.HARALAMPIJE

Quelle: OBRADOVIĆ Dositej, Ljubezni Haralampije. Leipzig 1783, S. 1-2, In: Büchersammlung von Dositej Obradović, Nationale Bibliothek Serbiens

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10.2.5.DANICA

Quelle: Danica 1 (1826), Titelseite, In: Büchersammlung von Vuk Stefanović Karadžić, Nationale Bibliothek Serbiens

10.2.6.MILOŠ OBRENOVIĆ, KNJAZ SERBII

Quelle: STEFANOVIĆ KARADŽIĆ Vuk, Miloš Obrenović – knjaz Serbii ili građa za srpsku istoriju našeg vremena. Ofen 1828, Titelseite, Büchersammlung von Vuk Stefanović Karadžić, Nationale Bibliothek Serbiens

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