Kiff Aarau We Keep You in the Loop
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JUL/AUG.18 1978 EINSCHLAUFEN DER BOMBENDRUMMER Betrifft: Drei Päpste für ein Halleluja Impressum Nº 06.18 DER MUSIKZEITUNG LOOP 21. JAHRGANG Die grossen Fragen lassen sich oft ganz ein- Kurt Gödel verhungerte aus Paranoia, und fach beantworten. Woher komme ich? Gera- was genau zum Ableben des Schauspielers P.S./LOOP Verlag de jetzt: aus der Kantine. Wo gehe ich hin? Bob Crane («Hogan’s Herpes») geführt Hohlstrasse 216, 8004 Zürich Zurück an meinen Arbeitsplatz im dritten hat, ist bis heute ungeklärt. Ähnlich verhält Tel. 044 240 44 25 Untergeschoss. Bei der nächsten Frage – Wo es sich mit den Oberhäuptern der Katholi- www.loopzeitung.ch genau bin ich eigentlich? – muss ich dann schen Kirche, von denen es 1978 gleich drei allerdings auf technische Hilfsmittel zu- gab. Erst verstarb Paul IV., sein Nachfolger Verlag, Layout: Thierry Frochaux rückgreifen. Was in meinem Fall aber keine Johannes Paul segnete nach 33 Tagen im [email protected] grösseren Probleme aufwirft, immerhin gibt Amt ebenfalls das Zeitliche, bevor dann der es das Guido Positioning System (GPS), mit deutlich robustere Johannes Paul II. das Pon- Administration, Inserate: Manfred Müller dessen Hilfe ich meinen Aufenthaltsort stets tifikat übernahm. [email protected] ziemlich genau lokalisieren kann. Einige Ereignisse fanden natürlich auch Ein- Der erste GPS-Satellit wurde 1978 in sei- gang in die Musik. Der taumelnde und über- Redaktion: Philippe Amrein (amp), ne Umlaufbahn geschossen. In einem – auf gewichtige Muhammad Ali wurde von Billy Benedikt Sartorius (bs), Koni Löpfe den ersten Blick zumindest – eher unspekta- Joel auf dem Album «52nd Street» verewigt, kulären Jahr. Wir erinnern uns: Die Natio- die im Herbst 1978 erstmals ausgestrahlte Mitarbeit: Reto Aschwanden (ash), Yves Baer (yba), nalmannschaft der Niederlande konnte in Fernsehserie «Dallas» hallte ein paar Jahre Thomas Bohnet (tb), Jean-Martin Büttner, Argentinien bei der Fussball-WM ihren Vize- später in George Straits «Friday Night Fever» Marcel Elsener (mel), Roman Elsener (rel), weltmeistertitel von 1974 erfolgreich vertei- nach, und der Tod von Jacques Brel hinter- Christian Gasser (cg), Mauro Guarise (mag), digen, in den Kinos liefen Kassenschlager liess eine dunkle, von tropischen Winden David Hesse (dhe), Thomas Kramer (tok), wie «Grease» oder «Superman», das Tisch- umwehte Lücke. Hanspeter Künzler (hpk), Tony Lauber (tl), kasten-Computerspiel «Space Invaders» fla- Davon wird auf den folgenden Seiten keine Susanne Loacker (sl), Sam Mumenthaler, ckerte erstmals auf, derweil in London bei ei- Rede mehr sein, auch nicht von den vier Solo- Markus Naegele, Philipp Niederberger, nem geheimdienstlichen Anschlag der Begriff alben, mit denen Gene, Paul, Ace und Peter Jürg Odermatt (odi), Sarah Sartorius (sas), «Bulgarischer Regenschirm» geprägt wurde. von der Schmink-Combo Kiss in besagtem Fabienne Schmuki, Martin Söhnlein (söh), In jenem Jahr gab es eine ganze Reihe seltsa- Jahr für Stirnrunzeln sorgten (aber natür- Miriam Suter, Benedetto Vigne (bv) mer Todesfälle zu verzeichnen. Die Leiche des lich dennoch eine ikonische Marke setzten). italienischen Premierministers Aldo Moro Unsere Reise führt vielmehr zu Werken, die Titelbild: Frank Stefanko fanden die Behörden nach fast zweimonati- fast schon vergessen sind. Oder noch immer ger Geiselhaft im Kofferraum eines Renaults wirken – bis zum heutigen Tag. Druck: Tagblatt Print, St. Gallen in der Innenstadt Roms. Der grosse Logiker Guido Global Das nächste LOOP erscheint am 31.08.2018 Ich will ein Abo: (Adresse) 10 mal jährlich direkt im Briefkasten für 33 Franken (in der Schweiz). LOOP Musikzeitung, Hohlstrasse 216, 8004 Zürich, Tel. 044 240 44 25, [email protected] DER BOMBENDRUMMER Keith Moon liebte die Pyrotechnik und keith moon explodierte auch als Drummer wie ein Knallkörper. 1978 starb er nicht ganz unerwartet und machte damit ein frühes Statement seiner Band The Who wahr. «Not to be taken away» war auf den Stuhl gestempelt, auf dem Keith Moon für das Cover der Who-LP «Who Are You», erschienen im August 1978, posierte. Es schien fast, als ob seine Bandkollegen dem sich abzeichnenden Schicksal trotzen wollten. Der Lebenswandel von «Moon The Loon» war mittlerweile so exzessiv und der Drummer dermassen neben den Schuhen, dass man nie wusste, was als nächstes geschehen würde. Doch dann ging alles so schnell vorbei, wie die aufs Maximum verdichteten Sing- les der Who aus ihrer Mod-Phase. Am 6. September 1978 besuchten Moon und seine Freundin Annette Walter-Lax eine Party von Paul McCartney zu Ehren von Buddy Holly, der seinen 42. Geburtstag gefeiert hätte, wäre er 1959 nicht mit dem Flugzeug abgestürzt. Moon liess sich standesge- mäss im Rolls-Royce vorfahren und trug zu Ehren des Gastgebers ein «Wings»-T-Shirt: Ein denkbar unauffälliges Outfit, wenn man an frühere Auftritte in Nazi-Uniformen denkt. Der einstige «Pretty Boy» der Who wirkte fett und aufgedunsen; dass er eben erst 32 geworden war, war kaum zu glauben. Moon, dessen Alkoholkonsum ebenso masslos wie sein Hang zum Exzentrischen war, verkündete, er sei nüchtern und habe dem Alkohol abgeschworen. Am nächsten Tag war er tot. Eine Überdosis Schlafmittel hatte Moon das Leben gekostet. The Who und ihre Fans waren am Boden zerstört. Dabei war die Band zu die- ausgewrungen und mit dem Schweiss zwei ganze Weinglä- witzige Muppet-Show- sem Zeitpunkt so aktiv wie schon lange nicht mehr. Ne- ser gefüllt haben. Charakter mit der gespal- ben «Who Are You» hatte sie 1978 einen Film über die Keith Moon war kein Mann für halbe Sachen. Wenn er tenen Persönlichkeit, war Bandgeschichte («The Kids Are Alright») veröffentlicht, spielte, wollte das Schlagzeug auch die Rolle des «Lead»- allerdings bei der nach- eine Filmversion von «Quadrophenia» befand sich in der Instruments übernehmen. «Seine Breaks hatten Melodie», kommenden Generation Pipeline. The Who ohne Keith Moon aber: Das war kaum meinte Who-Bassist John Entwistle, «weil er im gleichen ungemein beliebt. Er war denkbar. Dennoch verkündeten Pete Townshend, Roger Moment mit allen Musikern zusammenspielen wollte.» ein Ausnahmecharakter Daltrey und John Entwistle schon in ihrem ersten State- Mit Moon im Rücken vergrösserte sich der Aktionsradi- und ein Schauspieler, der ment nach Moons Tod, weitermachen zu wollen. An der us von The Who rasch von den Pubs der Londoner Mods seine dunklen Seiten hin- Abdankung überbot sich die Rockprominenz mit Ehrerbie- über die grossen europäischen Bühnen bis zu den Festivals ter Tonnen von Trommeln tungen. Die treffendste kam von Roger Daltrey. Statt eines von Woodstock und der Isle of Wight. Auf Tour entwickel- und einem Feuerwerk von Kranzes gedachte er «seines» Drummers mit einer Flasche te Moon immer mehr Rockstar-Marotten. Er liess wäh- Witzen verbarg. «Hope I Champagner, die in ein Fernsehgerät eingebaut war. rend Fernsehshows Sprengsätze detonieren, zerstörte Ho- die before I get old», hatte telmobiliar und steuerte Limousinen in Swimmingpools. Roger Daltrey in der ersten FAN DER US-BUBBLEGUMKULTUR Schlimmer war die Zeit, wenn die Band nicht unterwegs grossen Who-Hymne «My war. Moon begegnete der drohenden Leere mit Alkohol Generation» gestottert. Keith Moon liebte die Pyrotechnik und explodierte auch und Drogen, seine Partyexzesse waren selbst in der deka- Dass Keith Moon dieses als Drummer wie eine Bombe. Seinen mächtigen Schlag denten Rock-Schickeria der 70er berüchtigt. ultimative Statement seiner hatte er beim britischen Ur-Rock-Drummer Carlo Little Band ernst nahm, erstaunte gelernt, doch bald stellte er seine Kollegen alle in den Schat- DAS GEGENTEIL EINER RHYTHMUSMASCHINE niemanden. ten: Sein Spiel war spontan und kommunikativ, er fegte wie ein gehetzter Stier über immer grössere Kits und streichelte Als Drummer stiess Moon an Grenzen, als Townshend Sam Mumenthaler und schlug seine Cymbals wie ein unberechenbarer Liebha- immer konsequenter auf Loops und – wie auf «Who Are ber. Moon war ein Fan der US-Bubblegumkultur: Er liebte You» – auf Offbeats setzte. Moon war das Gegenteil einer Surfmusik, schnelle Autos und Bikinis und verdiente sich Rhythmusmaschine. Die Bilder von späten Konzerten, wo seine Sporen bei der mediokren Londoner Surfcombo Pat man ihn mit grossen Kopfhörern im Spiel mit der Tech- Wayne and The Beachcombers ab. Seine Wege kreuzten nik sieht, sind deprimierend und werden seiner explosiven diejenigen der Londoner Band The Detours, aus der zuerst Spielweise nicht gerecht. Doch da war Moon schon nur die High Numbers und schliesslich die unvergleichlichen noch ein Schatten seiner selbst. The Who werden sollten. Der Zuzug des wilden Drummers Mit dem klug analysierenden und kräftigen Album «Who mit der Unschuldsmiene machte die Who erst zu Prototy- Are You» trotzten The Who den Punks, die alternden pen einer «Super»-Rockband. Nach dem ersten Konzert Rockmillionären mit Drogenproblemen nichts als Hohn soll sich Moon an einen Tisch gesetzt haben, sein T-Shirt und Verachtung entgegenbrachten. Keith Moon, der irr- LAUTER ALS PUNK paul mccartney und tony wilson te sich nur noch von Alkohol. Ohne Arbeit kam er sich McCartney die Aufnahmen Im Frühling 1978 stand «Mull of Kintyre» nutzlos vor, es war ihm aber egal, ob er was tat oder nicht. für das Album «London Die klassischen Symptome eines Burnouts also. «Aber in Town». Adoptivtochter während zehn Wochen an der Spitze der der Tiefe meiner Verzweiflung war Linda hier und sagte: Heather kam in die Puber- ‹Es wird gut werden, du kommst hier raus.› (…) Ich bin tät und lebte diese mit Kon- Schweizer Hitparade. Die Geschichte nicht sicher, ob