MAGAZIN FÜR HOLZBLÄSER Eine Vierteljahresschrift · Einzelheft 6,50 Heft 3/2008 Termin: Samstag, 6. September 2008, 10.00–17.00 Uhr Ort: Schulzentrum Burgstraße, Burgstr. 21, 29221 Celle

Seminar 3

mit Inés Zimmermann

La Serenissima – ein Tag mit venezianischer Renaissancemusik Inés Zimmermann studierte Blockflöte und Traversflöte in Amsterdam, Bologna und Kopenhagen und arbei - tet frei be ruflich als Musikerin, Lehrerin und Autorin. Gute Kontakte, die während längerer Auslandsaufent- halte entstanden sind, führen sie regelmäßig in die europäischen Nachbar staaten. Für das Jahr 2008 stehen Kur- se und Konzerte in England und Dänemark auf dem Programm. Kammermusik- und Or chester projekte wechseln sich dabei ab. Seit 2001 entsteht alljährlich ein „Literatur & Musik“-Projekt, das mit verschiedenen Sprechern realisiert wird. 2007 standen Musik zu Gedichten Eichendorffs auf dem Spiel plan und Aufnahmen für eine CD mit Salon-Musik, eingespielt vom Bren tano-Ensemble, dessen Mitglied sie ist. Auf dem Programm steht Musik von Andrea Gabrieli (1532–1585) und Giovanni Gabrieli (1554/7–1612), sowie von Giovanni Battista Grillo, Gioseffo Guami, Florentio Maschera und Claudio Merulo. In 4- bis 8-stimmigen Sätzen werden die Kursteilnehmer diese faszinierende Musik kennenlernen, deren charakteristischer Klang an eine Renaissanceorgel erinnert. Spezielle Aspekte der Renaissancemusik wie Artikulation und Verzierungen werden genauso angesprochen wie allgemeine Regeln des Zusammenspiels und Fragen zur Intonation und Stimmung im Ensemble. Im Vordergrund des Kurses steht das Musizieren. Eingeladen sind alle Spielerinnen und Spieler, die Freu- de daran haben, diese reizvolle Musik kennenzulernen. Tiefe Instrumente sind besonders willkommen, Consort-Blockflöten wären ideal, sind aber nicht Bedingung. Die genaue Literaturliste (mit Besetzungsvorschlägen) wird rechtzeitig vor dem Kurs bekanntgegeben (schauen Sie bitte auch auf unsere Website www.moeck.com). Teilnahmegebühr € 40,00 Literaturliste: – Andrea Gabrieli: Aria della battaglia, Moeck 1118 – Andrea Gabrieli: Canzonen zu vier Stimmen, Moeck 437/438 – Giovanni Gabrieli: Opera Omnia, Bd. VI Madrigalia, American Institute of Musicology – Mönkemeyer/Hechler (Hg.): Canzoni di Diversi con ogni sorte di stromenti, Moeck 9003 – Giuseppe Guami: Drei Canzonetten alla francese, Moeck 455/456 – Florentio Maschera: Zwei Canzonen zu vier Stimmen, Moeck 515/516

Weitere Informationen und Anmeldung: Moeck Musikinstrumente + Verlag e. K., Lückenweg 4, D-29227 Celle · Tel. 05141-8853-0 · [email protected] · www.moeck.com Veranstalter: Moeck Musikinstrumente + Verlag e. K. und Kreismusikschule Celle TIBIA · Magazin für Holzbläser 33. Jahrgang · Heft 3/2008

Inhalt David Lasocki: Ein Überblick über die Blockflötenforschung 2004, Teil II 162 Das Porträt: Der Blockflötistin Michala Petri – ein Interview von Markus Zahnhausen 168 Peter Thalheimer: Fleitl – Flûte douce – Flötuse Drei Blockflötentypen des 19. Jahrhunderts 176 Lajos und Siri Rovatkay: Neues vom Csakan: Krähmer, Széchenyi, Wien, Rossini und eine kürzliche Entdeckung 184 Geri Bollinger: Die Entwicklung eines Subbasses 192 Summaries 199 Berichte 200 Moments littéraires 213 Rezensionen Bücher 217 Noten 218 Tonträger und AV-Medien 227 Leserforum 231 Neues aus der Holzbläserwelt 233 Veranstaltungen 235 Letzte Meldungen 240 Impressum 240

Titelbild: Giovanni Bellini (um 1430–1516), Musizierender Engel, Triptychon (1488) auf dem Altar in der Basilica dei Frari, Venedig David Lasocki

David Lasocki Ein Überblick über die Blockflötenforschung 2004, Teil 2

Repertoire insbesondere ausmachte, nämlich die ständige Verwendung der Ritornellform, sowie die Thiemo Wind wirft einen genauen Blick auf groß artige Variabilität und „erstaunlich viel - Jacob van Eycks Fantasia & Echo, eines der fältige“ Erfindungskraft, mit der Vivaldi diese wenigen Werke des Komponisten, die nicht die Form verwendete und seine Zeitgenossen und Variationsform aufweisen. Wind zeigt, dass das Nachfolger sie aufnahmen. Unter den Musik - Stück einem Werk für Tasteninstrumente nach - beispielen wird nur ein einziges Block flö ten - empfunden ist, und zwar der Fantasia op konzert aufgeführt, und zwar Vivaldis Konzert manier van een echo des großen niederländi - für Flautino a-Moll (RV 445). Die Autoren schen Meisters Jan Pieterszoon Sweelinck, zeigen an diesem Beispiel, wie ein Motiv, das im dessen Schüler z. T. mit van Eyck bekannt ersten Ritornell (T. 6-9) auf der fünften Stufe gewesen sein dürften. Wind analysiert van erscheint, als einziger Bestandteil des dritten Eycks Werk und kommt zu dem Schluss, van Ritornells in der Dominanttonart wiederkehrt Eyck erscheine „als ein echter Komponist , der (T. 49-52). Weil das Motto (Kopfmotiv) im drit- die ‚freie‘ Form zu meistern gelernt habe … Das ten Ritornell nicht wieder auftritt, wird die Werk kann als eine Übersetzung polyphoner Dominante in der „Tonartenhierarchie“ zu Tastenpraxis in die monophone Ton sprache der Gunsten der im zweiten Ritornell verwendeten Blockflöte angesehen werden – gleich zeitig ist parallelen Durtonart geschwächt. [Simon es aber mehr als das. […] Van Eyck hat mit McVeigh/Jehoash Hirshberg: The Italian Solo Begeisterung entlehnt, verknüpft und verändert Concerto, 1700-1760: Rhetorical Strategies and und das Material in seiner Be grenztheit optimal Style History, Woodbridge, Suffolk & Ro - ausgenutzt.“ Kurz gesagt ist Fantasia & Echo chester, NY: The Boydell Press, 2004, S. 88-89] „eine solide Arbeit eines phan tasievollen Komponisten, der sich mit Ver gnügen die In seinem neuen Katalog englischer Konzerte Freiheit nahm, beim Arbeiten mit anderen des 18. Jahrhunderts wartet Owain Tudor Ed - musikalischen Formen seine Grenzen zu wards mit Einträgen über Blockflötenkonzerte erweitern“. [Thiemo Wind: Fantasia & Echo: auf, die wir auch erwarten würden, nämlich die Jacob van Eyck’s Ultimate Mastery, in: von William Babell, John Baston und Robert American Recorder, Jg. 45, Nr. 1, January 2004, Woodcock. Er beschränkt sich auf gedruckte S. 14-20] Werke, weshalb das David Lasocki, Musikbiblio- bekannte Konzert von In einem neuem Buch thekar an der Indiana Uni- Giuseppe Sammartini, von Simon McVeigh versity (USA), schreibt über das höchstwahrschein- und Jehoash Hirsh - Holzblasinstrumente, ihre lich in England ent- berg werden italieni - Geschichte, ihr Repertoire stand, aber nur im Ma - sche Konzerte aus der und ihre Aufführungspraxis. nuskript erhalten ist, Zeit von 1700 bis 1760 Die zweite Ausgabe seiner unberücksichtigt bleibt. im Detail betrachtet. kommentierten Bibliogra- Durch gekonnt zu - phie der Veröffentlichungen Weitaus weniger be - sam mengefasste Ana - über die Blockflöte, nun mit kannt ist eine Samm - dem Titel The Recorder: A Research and Informa - ly sen belegen die Au - tion Guide (mit Richard Griscom) erschien 2003 bei lung von 12 Konzerten to ren, was die „Vi val - Routledge, New York. Eine vollständige Liste sei ner von William Corbett, dische Revolution“ Publikationen: http://php.indiana.edu/~lasocki. die erstmals 1728 er -

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schienen unter dem Titel Le bizzarie universali ge deutsche Beispiele des Genres tatsächlich – Concerto’s in Four Parts for Two Violins, Vivaldis Kammerkonzerten vorausgehen (z. B. Tenor and Throughbase for ye Harpsicord … Telemanns unbetiteltes Quartett TWV43:g4 für N.B. These Concertos may be Play’d in 3 Parts Blockflöte, Violine, Viola und Continuo, 2 Hautboys, or German Flutes … Der geschrieben 1708-1712). Nebenbei weist er da - Komponist merkt an, dass er diese „univer - rauf hin, dass es sich bei Concerto di camera um sellen Bizarrien“ – was auf Merkwürdiges und eine moderne Bezeichnung für ein Konzert für Besonderes hinweist – „in all den neuen Ma - Kammerensemble handelt; Autoren des 18. nieren während seines vieljährigen Aufenthaltes Jahrhunderts benutzten diese Bezeichnung eher in Italien“ geschrieben habe. Die werbende für ein Konzert für ein Soloinstrument und Ankündigung, dass die Konzerte dreistimmig begleitende Streicher (z. B. Telemanns Concerto gespielt werden könnten – mit zwei Oboen, di Camera TWV43:g3 für Blockflöte, zwei Vi o - Blockflöten oder Flöten und Continuo – deutet linen vorwiegend im Unisono und Continuo). einfach darauf hin, dass die Stimme für die Tenorviole (in der Praxis vermutlich bereits Zweitens betrachtet Zohn (vorwiegend von eine Bratsche) weggelassen werden konnte, Telemann stammende) Werke, die von verschie- ohne der Musik zu schaden. Im Anschluss an denen Kopisten sowohl als Concerto als auch diese vielversprechende Ankündigung schreibt als Sonata bezeichnet wurden (darunter TWV Edwards jedoch leider: „Entgegen der Angabe, 42:c2 für Blockflöte, und Continuo dass sie [die Konzerte] mit Bläsersolisten in den sowie TWV 43:G6 und TWV 43:a3, die beide konzertierenden Stimmen ausgeführt werden für Blockflöte, Oboe, Violine und Continuo könnten, … sind die Stücke größtenteils sind), wobei sie sogar die erste Bezeichnung keineswegs ideal für Blasinstrumente. Dies war durch strichen und die letztere einfügten. Ent - ein nicht unüblicher Verkaufstrick. Es handelt gegen der Ansicht früherer Wissenschaftler, die sich um Konzerte eines Violinvirtuosen für sein in diesem Terminologiemix eine Unsicherheit eigenes Instrument.“ [Owain Tudor Edwards: der Kopisten angesichts eines gemischten English Eighteenth-Century Concertos: An Genres vermuteten, sieht Zohn darin eher einen Inventory and Thematic Catalogue, Hillsdale, Beleg für eine ältere Verwendung des Begriffs NY, 2004, Pendragon Press] Concerto – „ein Stück für In stru men tal en sem - ble, in dem die Einzelstimmen miteinander Im Laufe dieser Überblicke habe ich mehrfach musizieren (engl. „consort“) – der nach und Artikel über die vom deutschen Kritiker Jo - nach von einer neueren Bedeutung verdrängt hann Adolph Scheibe 1740 so bezeichnete So - wurde, „die man mit … Tutti-Solo-Gegensatz, nate auf Concertenart erwähnt, eine Sonate im Ritornell-Strukturen, verdoppelten Ripieno- Stil eines Konzerts. Die Bezeichnung hat Streichern und so weiter“ verbindet. Jedenfalls sicherlich auf die Vorstellung moderner Wis - waren es im wesentlichen Vivaldi und deutsche sen schaftler von der Musik des Spätbarock Komponisten, die begannen, den Begriff Sonata Einfluss genommen. Vielleicht weil Scheibes für ein Werk für zwei Instrumente und Con - Definition letztendlich vage blieb, haben tinuo zu verwenden (z. B. Vivaldis RV 86 für Wissenschaftler derartige Werke in steigender Blockflöte, Fagott und Continuo) und Con - Zahl identifiziert, ihren Ursprung in den Kam - certo für ein Werk für drei und mehr In stru - merkonzerten von Vivaldi geortet und deutsche mente und Continuo. Komponisten in Dresden und andere wie Bach und Telemann das Genre mit Begeisterung auf- Drittens weist Zohn darauf hin, dass einige nehmen sehen. Steven Zohn, jener Wis sen - Komponisten Konzertelemente oder -titel mit schaftler, der sich zuletzt mit diesem Thema be - wenig oder keinem Bezug auf die Ritornellform schäftigte, erweitert die Diskussion in verschie- verwendeten, unter ihnen Johann Christoph dener Hinsicht. Zuerst weist er nach, dass eini- Pepusch (Concerts, Op. 8, generell für zwei

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Blockflöten, zwei Oboen/Violinen und Con - Christoph Graupner (Beschreibung seines tinuo), Johann Christian Schickhardt (Con cer - Block flötenkonzerts F-Dur, GWV 323), Hän - tos, Op. 19, für vier Blockflöten und Con tinuo) del (Anmerkungen zu seinen Solosonaten, und Telemann (Concertos, TWV 44:41 und Con certi Grossi, und zur Wassermusik), Hot te - 44:42 für zwei Blockflöten, zwei Oboen, zwei terre (Anmerkungen zu seinem ersten und Violinen und Continuo). [Steven Zohn: The zweiten Heft Pièces), der Familie Loeillet „Sonate auf Concertenart“ and Conceptions of (Beschreibung von John Loeillets Triosonate in Genre in the Late Baroque, in: Eighteenth- C-Dur Op. 2, Nr. 6 für Blockflöte, Oboe und Century Music 1, Nr. 2, 2004, S. 205-247] Continuo), Benedetto Marcello (Anmerkungen zu seinen 12 Blockflötensonaten, Beschreibung Als George I. und sein Hofstaat im Jahre 1717 der Nr. 6 in C-Dur), Alessandro Scarlatti einen Bootsausflug die Themse hinauf unter- (Beschreibung seiner Sinfonia di concerto gros- nahmen, berichtete der preußische Gesandte, so No.1 für zwei Blockflöten, Streicher und dass sich neben der königlichen Barkasse eine Continuo), Schickhardt (Anmerkungen zu Barkasse mit Musikern befunden habe, „unge- L’Alphabet de la Musique, Op. 30, für Flöte/ fähr 50 an der Zahl, die auf allen Arten von Violine/Blockflöte und Continuo), Telemann Instrumenten spielten, nämlich Trompeten, (An merkungen zu seiner Ouverture Ham bur - Hörnern, Hoboen, Fagotten, deutschen Flöten, ger Ebb und Fluth, TWV 55:C3, für Block - französischen Flöten, Violinen und Bass in stru - flöten, Flöten, Oboen, Fagott, Streicher und men ten, jedoch gab es keine Sänger“. Die Ge - Continuo; Doppelkonzert in e-Moll für Block - sellschaft ging in Chelsea an Land, wo sie zu flöte und Flöte), Francesco Maria Veracini den Klängen eines „sehr schönen Musik con - (Beschreibung seiner Sonata Nr. 12 in F-Dur sorts“ soupierte, ehe sie nach Whitehall zurück- für Violine oder Blockflöte und Continuo), kehrte. Andrew Robinson weist darauf hin, Vivaldi (Beschreibung seines Concerto in g- dass Händels Wassermusik, für diesen Anlass Moll, RV 107, für Blockflöte, Oboe, Violine, komponiert, einige Rätsel aufgibt. Das erhal- Fagott und Continuo) sowie Graf Unico tene Werk besteht aus drei Suiten, von denen Wilhelm van Wassenaer (Beschreibung seiner nur die dritte Flöte oder Blockflöten erfordert: Sonata Nr. 2 in g-Moll für Blockflöte und ein Menuett für Flöte und Streicher sowie zwei Continuo). Die Beschreibungen gleichen eher Sätze (Air und Ländlicher Tanz) für zwei So - Programmheft-Anmerkungen denn Analysen, pranblockflöten und Streicher. Wenn es sich bei sind jedoch immer erhellend. [Ingeborg Allihn dieser dritten Suite um das „sehr schöne Con - (Hg.): Barockmusikführer: Instrumentalmusik sort“ handelt, das in Chelsea zu hören war, was 1550–1770, Stuttgart: J. B. Metzler; Kassel: machten dann die Spieler der deutschen Bärenreiter, 2001] (Travers-) Flöten und der französischen Flöten (Blockflöten) auf der Barkasse? Robinson ver- In einem Artikel, der offenbar auf eine Aus ar - mutet, dass sie die Oboenstimmen verstärkten bei tung in einem Grundstudiumseminar zu - („die wiederum üblicherweise die Ripieno- rück geht und der wirklich hätte lektoriert wer- Streicher mitspielten“). [Andrew Robinson: den sollen, um seine übermäßige jugendliche Letter to the editor, Handel’s Water Music – the Kritik an verdienten Wissenschaftlern zu ent- Flutes and Recorders on the Barge, in: Recorder fernen, widmet sich Fiona Elia Smith der Frage, Magazine, Jg. 24, Nr. 3, Autumn 2004, S. 104f.] welche Art von Flauto – Travers- oder Block - flöte – Christoph Willibald Gluck während sei- Ein umfangreicher deutscher Barock mu sik - ner vierzigjährigen Berufskarriere für seine führer: Instrumentalmusik 1550–1770 (560 Opern im Sinn hatte. Insbesondere stellt sie Seiten), der also an beiden Enden ein wenig Edgar Hunts vielzitierte Überzeugung (1962) über die Barockzeit hinausreicht, behandelt 13 in Frage, dass „das berühmte Flötensolo in Komponisten, die Blockflötenmusik schrieben: Glucks Orfeo aufgrund musikimmanenter

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Anzeichen für die Blockflöte und nicht für die Tanz „im Werk Glucks keine Parallele zu haben Traversflöte gedacht war .… und … Gluck der scheint“ und behauptet, sein „hoher Schwie rig - alten Tradition folgte, nach der die Blockflöte keitsgrad“ lege die Komposition für „einen be - für ‚entrückte’ Momente eingesetzt wurde.“ son ders versierten Flötisten“ bzw. für einen Flö tisten mit umfangreichem Klappenwerk am Smith führt aus, dass dieses Solo, der bekannte Instrument nahe. Allerdings ist das Stück Tanz der seligen Geister, nicht für Orfeo ed durchaus nicht schwierig, und die zusätzlichen Euridice (Wien 1762) komponiert wurde, son- Klappen der Flöte wurden eher dazu erfunden, dern für die überarbeitete französische Fassung die Intonation zu verbessern und eine gleich- Orphée et Eurydice (Paris 1774). In Orfeo be - mäßigere Klangfarbe zu erzeugen, als techni- ginnt die zweite Szene des zweiten Aktes mit schen Schwierigkeiten entgegenzuwirken. Alles einem Ballo für zwei Flauti in F-Dur (Ton um - in allem werden wir mit der Schlussfolgerung fang der Stimmen: f1-c3), wobei Name, Schlüssel entlassen, dass der Tanz vermutlich Flö ten mu - und Umfang perfekt zur Blockflöte passen. sik ist, die nach früheren Maßstäben Block flö - Darauf folgt eine Arie in C-Dur, Che puro ciel, ten musik gewesen wäre. mit einer vogelartigen Solostimme für Traverso (Tonumfang b1-e3). Nach meiner Ansicht deu- Smith glaubt, dass der einzige unstrittige ten die Namen und Tonumfänge der In stru - Einsatz der Blockflöte bei Gluck in seiner letz - mente stark auf Blockflöten, die erst später zu ten Oper Echo et Narcisse (Paris 1779) statt - Flöten wurden. Im Gegensatz dazu gibt es in fand, wo die Stimmen klar mit „flûte à bec“ Orphée, soweit ich das nach der Ge samt aus - bezeichnet sind. Solch ein überraschend später gabe der Werke Glucks beurteilen kann, Stim - Gebrauch der Blockflöte nach lebenslangem men mit der Bezeichnung „“. Der fragli- Komponieren für die Flöte mag dem antiken che Ausschnitt, der les Ombres heureuses, die Thema und dem pastoralen Schauplatz ge - seligen Geister, darstellt, beginnt mit dem Ballo schuldet sein. [Fiona Elia Smith: Ob ser vations von vorher, setzt sich mit dem Abschnitt fort, on the Flute Writing in the Operas of Christoph der als Tanz mit Streichern bekannt geworden Willibald von Gluck (1714–1787), in: Early ist (Flötenumfang a1-f3) und endet mit einer Music Performer, Nr. 14, October 2004, S. 16- Wiederholung des Ballo. Die frühere Arie, in 27] der französischen Übersetzung nun Quel nou- veau ciel, folgt wenig später zu Beginn der Könnte Richard Strauss Musik für die Block - nächsten Szene. Die Flöte spielt nun nicht mehr flöte geschrieben haben? Peter Thalheimer hat ihr ornithologisches Solo, sondern bekommt eine unveröffentlichte Fantasie über ein Thema nur Imitationen des Vogelmotivs aus der zwei- von Giovanni Paisiello (TrV 116) ausgegraben, ten Violine übertragen. die die Arie Nel cor più non mi sento aus der Oper La Molinara zum Thema hat. Das Werk Smith argumentiert, dass das Überbleibsel der stammt vermutlich aus dem Jahr 1883, als Flötenstimme in Orphée wegen seines Ton um - Strauss erst 19 war. Im Autograph (von dem fangs (bis zum d1 hinunter ) zweifellos für Tra - nur eine Photokopie erhalten ist) ist sie mit versflöte gedacht sei, „dennoch weist es viele „Fa gotto, Mundflöte und Guitarre“ besetzt. der Blockflötenmusik zugeschriebene Ei gen - Eine Anmerkung auf der Rückseite der Partitur schaf ten auf, die Hunt heranzieht, … um den be nennt das mittlere Instrument als Kreu zer - Tanz … mit der Blockflöte in Einklang zu brin- trom pete, die einzige erhaltene Einzelstimme gen: den Gebrauch von B-Vorzeichen, … hohe nennt es Maulflöte. Töne … und den übersinnlichen Kontext.“ Mit anderen Worten schrieb Gluck Flötenmusik, Fagotto und Guitarre sind eindeutig Fagott und die wirkt wie die Blockflötenmusik früherer Gitarre, was aber ist eine Mundflöte oder Maul - Zeiten. Im Weiteren gesteht sie zu, dass der flöte? Thalheimer zieht verschiedene denkbare

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Mitglieder der Flötenfamilie in Betracht und Alan Rawsthorne: A Bio-Bibliography, West - spricht sich für den Wiener Czakan in c2 oder port, CT 2004, Praeger] das Berchtesgadener Fleitl (eine Volks mu sik - blockflöte mit enger Bohrung) in c2 als wahr- Fragen zum Notentext eines Werkes und zu scheinlichste Lösungen aus. seiner Aufführungspraxis beschränken sich nicht auf Alte Musik. Nik Tarasov vergleicht Seine zweite Hypothese ist, dass „Mundflöte“ den veröffentlichten Text von Luciano Berios einfach nur „pfeifen“ bedeutet. Allerdings Gesti, einem der wichtigsten Blockflötenwerke merkt Thalheimer an, dass Strauss in der Ein - des 20. Jahrhunderts, mit der handschriftlichen zelstimme ein b schrieb, das er in der späteren Fassung des Komponisten und verschiedenen Partitur in ein notiertes c2 umwandelte. Daraus korrigierten Fassungen der Paul-Sacher-Stif - schließt Thalheimer, dass seine erste Hypothese tung in Basel. Er betrachtet auch die Kor res - die wahrscheinlichere ist. [Peter Thalheimer: pon denz zwischen Berio und Frans Brüggen, Blockflötenmusik von Richard Strauss? in: der das Werk in Auftrag gab und die ersten Tibia, Jg. 29, Nr. 2, 2004, S. 82-86] Auf führungen spielte. Berios Originaltext zeigt die stärkste, „ungefilterte“ Form der Kom po si - In der Folge dieses Überblicks aus dem Jahr tion, die heutige Blockflötentechnik vor keiner- 1993 fasste ich einen Artikel von John Turner lei Probleme stellen würde. Tarasov stellt einige zusammen, in dem er darüber berichtete, wie er Veränderungen im Detail fest, die sicherlich eine Suite für Altblockflöte und Klavier des einen gewissen Spielraum für Interpretation englischen Komponisten Alan Rawsthorne ent- lassen. Allerdings konstatiert er, dass das Werk deckte, die lange als verschollen galt. Diese im Wesentlichen unverändert bleibt. Er zieht Suite gehörte zu einer Folge von Block - den Schluss, dass die veröffentlichte Fassung flötenwerken, die in den späten 1930er Jahren von Gesti nicht als bindend angesehen werden von Manuel Jacobs in Auftrag gegeben, aber sollte. Fragen der ursprünglichen Absicht vom Komponisten zurückgezogen und für könnten durch Veröffentlichung eines Fak si - einen späteren Auftrag eines Viola-d’amore- miles der Handschrift beantwortet werden, Spielers überarbeitet wurden. Turner stellte die wenn dazu auch einige Hürden bezüglich des ursprüngliche Fassung wieder her und veröf- Copyrights zu nehmen wären. [Nik Tarasov: fentlichte sie im Jahre 1994. John McCabe er - Luciano Berio: Gesti, in: Windkanal 2/2004, S. stellte 1996 eine Orchesterfassung. In einer 6-11] neuen, Rawsthorne gewidmeten Bio-/Bib lio - graphie findet sich allerhand Interessantes über Peter G. R. Wells schreibt eine Ver tei di gungs - die Suite: ein Haupteintrag, Aufnahmen, Her - schrift für Sylvano Bussottis Rara (1965), ein ausgeberlisten, Artikel und Konzertkritiken Werk für Blockflöte solo, das ursprünglich als sowie Archivkopien des Manuskripts. [John Zwischenspiel in seinem Bühnenwerk La Turner: Rawsthorne’s Recorder Suite, in: The Passion selon Sade diente. Völlig zutreffend be - Recorder Magazine, Jg. 13, Nr. 1, March 1993, tont Wells: „ Diese Notation gehört zu den ex - S. 13-14; The Rawsthorne Suite: A Postscript, Jg. tremsten Beispielen für die graphische No ta - 17, Nr. 1, March 1997, S. 36; John C. Dressler: tion im Blockflötenrepertoire und verlangt er - heblichen Einsatz von Phantasie von jedem Blockflötisten, der sich an der Aus führung ver- sucht.“ Ich denke aber, dass Wells zu weit geht, Gesucht: Quartbass (c-Bass) wenn er ein Werk, das dermaßen viel komposi- torische Eigenleistung vom Aus führenden ver- von Ture Bergstrøm langt, als „gewissermaßen vergessenes Meister - Angebot bitte an Tel./Fax: 09874-686517 werk“ bezeichnet. Darüber hinaus gibt Wells Bussottis Sicht der musikalischen Erfahrung als

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„im Wesentlichen unwiederholbar“ wieder und widerspricht diesem Geist dennoch in seinem (berechtigten) Beharren, dass Aufführungen von Rara nicht improvisiert sein sollten, son- dern auf komplett ausgearbeitete Spiel fas sun - gen des Ausführenden zurückgehen sollten. [Peter G. R. Wells: Sylvano Bussotti’s Rara – a ‚Forgotten’ Work of Substance, in: Recorder Magazine, Jg. 24, Nr. 2, Summer 2004, S. 50-53]

Bart Spanhove rezensiert die Blockflötenmusik seines früheren Musiktheorielehrers, des belgi - schen Minimal-Musikers Frans Geysen. „Sein Stil ist ohne Beispiel. Er beginnt mit verblüf- fender Einfachheit und starker Struktur und erfindet dann geniale musikalische Schemata, die unvorhersehbar, kreativ und unerschöpflich scheinen.“ Geysen verwendet oft Zwölf ton - reihen, um Bezüge zu einer Tonart zu vermei- den. „Geysen versteht sich selbst auch als entfern ter Nachfolger der flämischen Poly pho - nis ten des 15. und 16. Jahrhunderts. Er hat tat- sächlich eine neue Art des polyphonen Stils geschaffen … Die Tendenz seiner Musik, in zahl lose kleine Fragmente zu zerfallen, ver- schleiert oft die kanonische Struktur und schafft … beinahe eine Form ‚unhörbarer’ Polyphonie.“ Zudem beeinflussten den Kom - po nisten kosmische Ideen: „Der Kosmos folgt seinem eigenen, nicht aber einem absichtsvollen Gesetz. … In Geysens Werken wirkt das zeit - liche Element nicht sinnstiftend.“ Schließlich verwendet Geysen viele Palindrome, „horizon- tal wie auch vertikal … und sogar rhythmisch.“ Spanhove schließt mit einigen Gedanken zur Ausführung von Geysens Werken. Der Artikel enthält eine Bibliographie bzw. Diskographie der Blockflötenwerke des Komponisten und ist reich mit Notenbeispielen versehen, einschließ - lich des kompletten Notentextes des Stückes Noodzaak van ommekeer – ommekeer van noodzaak, das im Jahre 2004 von der American Recorder Society in Auftrag gegeben wurde. [Bart Spanhove: The Recorder Music of Frans Geysen, in: American Recorder, Jg. 45, Nr. 4, September 2004, S. 10-20 und Extraeinlage] o

Teil 3 erscheint in TIBIA 4/2008

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Porträt: Michala Petri „In jedem Moment präsent sein.“ – Markus Zahnhausen im Gespräch mit der Blockflötistin Michala Petri

Ehrun gen und Auszeichnungen sind Michala Petri im Laufe der Jahre verliehen worden, darunter mehrmals der deutsche Schallplattenpreis „Echo“, der Nordic Council Music Prize, der Wilhelm-Hansen-Musikpreis Foto: P. Olsen und der H.-C.-Lumbye-Preis für ihre Ver dienste um die Vermittlung Klassischer Musik an eine breite Zu - Michala Petri begann im Alter von drei Jahren Block flöte hörerschaft. Michala Petri ist Vize-Präsidentin der däni- zu spielen und war bereits als Fünfjährige zum ersten schen Gesellschaft für Krebsbekämpfung und Vor stands - Mal im Dänischen Rundfunk zu hören. Ihr Debüt als mitglied der UNICEF Dänemark. Sie lebt mit ihrem Konzertsolistin fand 1969 im Kopenhagener Tivoli statt. Ehemann und häufigen Konzertpartner, dem Gitarristen Seither hat die dänische Künstlerin alle Kontinente Lars Hannibal und den Töchtern Agnete und Amalie in bereist, ist in den berühmtesten Konzertsälen der Welt der Nähe der Küste im Norden von Kopenhagen. In die- und bei vielen Festspielen aufgetreten. Zahlreiche sen Tagen feiert die Künstlerin ihren 50. Geburtstag.

Markus Zahnhausen: Michala, zunächst einmal Michala Petri: Ja, durchaus – ich finde, Jubiläen alles Gute zu deinem runden Geburtstag! Ich sind immer ein willkommener Anlass, Bilanz wundere mich ein bisschen: Schon in meiner zu ziehen, und ein wenig zurückzuschauen, Jugend gab es zwei internationale Block flö ten - aber auch neue Pläne zu schmieden, denn fünf- stars – Frans Brüggen und dich. Und dabei bist zig Jahre sind ja erst die Mitte eines Er - du doch erst fünfzig – vierzig Jahre davon wachsenenlebens … bereits auf der Bühne. Kaum zu glauben! Ist dieses Jubiläum für dich von besonderer Be - Wie würdest du in der Rückschau deinen per- deutung? sönlichen Weg mit dem Instrument betrachten?

Markus Zahnhausen wurde 1965 in Saar brücken geboren und er hielt seine musikalische Ausbildung am Mün chner Richard-Strauss-Konservatorium bei Her mann Elsner. Darü - ber hinaus studierte er Sla wistik und Musik wis sen schaft an den Uni ver si tä ten von Trier und München. Als Blockflötist und Komponist hatte er zahlreiche Auftritte, Rund funk-, Fernseh- und CD-Produktionen, sowie Work shops und Gastdozenturen im In- und Ausland. Seit 2002 ist er Dozent für Blockflöte an der Hochschule für Musik und Theater in München. Für sein kompositorisches Schaffen erhielt er u. a. den Bayerischen Staats - preis Villa Concordia, ein Stipendium der Millay Colony for the Arts (New York), den Rodion-Shchedrin-Kammermusikpreis sowie das Musik stipendium der Lan des haupt - stadt München.

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Die Blockflöte und ich waren immer eng mit- lich vorspielen, und er hat dann sofort darauf einander verbunden; sie ist Teil meiner Identität bestanden, dass ich in die Musikhochschule nach außen, und innerlich gibt sie mir die aufgenommen wurde. Als Elfjährige kam ich Möglichkeit, etwas auszudrücken, dem ich nur also zu einem Lehrer, der noch der Generation durch Musik allein Ausdruck verleihen kann. vor der Entwicklung der Historischen Auf - führungspraxis, wie wir sie heute kennen, ange- Und wie kamst du ausgerechnet zur Blockflöte hörte. Ich geriet sozusagen unter den Einfluss – zumal in einem Land, in dem es dafür keine „Alter Zeiten“. besondere Tradition gab? Hattest du Vorbilder? Du selbst hast später, soviel ich weiß, kaum Mit drei Jahren, lange bevor ich mich an etwas unterrichtet. Hat es dich nie gereizt, dein Wissen erinnern kann, bekam ich die erste Blockflöte weiterzugeben? von meinem lieben Vater geschenkt. Glaube ich meinen Eltern, dann vor allem wohl deshalb, Oh doch! Ich habe meine wenigen Meister - weil ich zu viel Interesse am Flügel meiner kurse und Schüler immer sehr genossen. Mei - Mut ter zeigte und man hoffte, mich mit einer nen ersten Meisterkurs – es war in Jerusalem – Blockflöte vielleicht ablenken zu können. Vor - hatte man allerdings unglücklicherweise arran- bilder hatte ich zunächst keine, aber später giert, als ich gerade einmal achtzehn war und bekam ich als Beilage einer Schall platte ein kaum wagte, zwei Worte in der Öffentlichkeit Poster von Frans Brüggen, das sich auf vierfa- zu sprechen. Einer der teilnehmenden Stu den - che LP-Größe ausfalten ließ. Das hängte ich ten war ein hard-core Alte–Musik–Fan, der auf, auch weil ich fand, dass es mein Kin der - unbedingt diskutieren wollte, eine andere zimmer anderen Jugendzimmern etwas ähnli- Teilnehmerin eine arme junge Frau, die von cher machte … ihrem Lehrer deutlich instruiert worden war, was sie sagen sollte. Für mich war diese Schon früh hast du eigene Standards virtuosen Erfahrung so erschreckend, dass ich es lange Blockflötenspiels gesetzt. Was hat dich so ge - Zeit ablehnte, zu unterrichten. Heute unter- reizt, über die Grenzen des damals Üblichen richte ich gerne, sofern es die Zeit zulässt. Ich hin auszugehen? War es eine Art sportlicher habe noch immer selbst viel damit zu tun, her- Ehrgeiz, die Lust am Circensischen? auszufinden, was richtig und falsch ist, bevor ich es mit gutem Gewissen weitergeben kann. Verschiedenes! Zum einen ist meine Mutter Pianistin und kannte als solche keine Grenzen Ich finde es bemerkenswert, dass du dich über bezüglich technischer Perfektion oder spielba- all die Jahre deiner Laufbahn als professionelle rer Tonarten. Sie hat mir täglich beim Üben von Blockflötistin – vielleicht ganz bewusst – von Tonleitern und Technik zugehört. Außerdem der „Szene“ fern gehalten hast – ganz im Ge - wollte ich meinen Lehrer, Ferdinand Conrad, gen satz zu vielen anderen Spielern, die fast aus- immer gerne positiv überraschen. schließlich in Insiderkreisen bekannt geworden sind. War dir dieses Milieu einfach zu eng? Wie kam es überhaupt zum Unterricht bei Ferdinand Conrad, inwieweit hat er dich beein- Ich empfinde es eher umgekehrt: Die „Alte– flusst? Musik–Szene“ war an meiner Spielweise nicht besonders interessiert, was ich gut verstehen Ich kam zu ihm, weil mein damaliger Lehrer in kann. Damals jedenfalls waren das zwei völlig Dänemark meiner Mutter riet, nach Hannover verschiedene musikalische Herangehensweisen. zu fahren, um Conrad wegen meiner Zu kunft s - Dieser Unterschied hat mich zwar immer wie- chancen mit der Blockflöte zu konsultieren. der beschäftigt, allerdings eher philosophisch. Nach ganz vielen Anfragen durfte ich ihm end- Ich selbst habe mich nie bewusst davon fernge-

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halten, nichts in meinem Leben war in diesem Studienzeit las man Quantz, spielte historische Sinne bewusst. Konzerte mit Christopher Blockflöten, und den größten Teil meines Stu - Hogwood, Trevor Pinnock, Giuliano Car mig - di ums habe ich mich mit der Verzierungslehre nola und anderen Barockspezialisten gehören beschäftigt. Ich spiele in moderner Stimmung zu meinen großen Erlebnissen. Doch vielleicht und vielleicht mit etwas längeren musikalischen hast du recht, dass ich manchmal das Insider - Linien als andere Blockflötisten. Das bedeutet milieu als zu eng, zu eingeschränkt empfand aber in meiner Vorstellung nicht automatisch und fürchtete, die Ver bin dung zur Welt außer- unkorrekt. Warum denkt man, es gäbe nur eine halb der Spezialistenszene zu verlieren. Früher richtige Art, Musik zu vermitteln? Als Conrad- ging es in Alte-Musik-Kreisen ja noch sehr Schülerin war für mich eine frühere Spielweise streng und dogmatisch zu. Alles war noch neu, prägend als meinem Alter entsprach. Das ist und die Leute mussten natür lich ganz fest auf nun einmal meine Sprache geworden – aber es ihrem Standpunkt beharren, um gehört und ist eben nur die Sprache, nicht die Musik selbst. verstanden zu werden. Ich empfinde großen Die Musik selbst begreifen die Menschen vor Re spekt vor der Pionierarbeit, die diese Mu si - allem dadurch, dass sie eine wahrhaftige In ter - ker geleistet haben. pretation hören. Das eine schließt das andere nicht aus: Man kann gleichzeitig „korrekt“ und Hier möchte ich einmal kritisch einhaken. Spä - wahrhaftig spielen. Wenn mein Wissen über die testens seit den sechziger Jahren hat sich im Be - Regeln und mein Gespür aber einmal nicht reich der Alten Musik immer mehr eine „histo - übereinstimmen sollten, dann würde ich es für risch informierte Aufführungspraxis“ durch - wahrhaftiger halten, meiner Intuition zu folgen, gesetzt. Heute greift man im professionellen als ohne Überzeugung den Büchern. Genauso Blockflötenstudium mit großer Selbst ver ständ - denke ich, dass niemand meine Spielweise nach- lichkeit auf musikhistorische Quellen zurück, ahmen soll, wenn es für ihn nicht der richtige, beschäftigt sich intensiv mit der Ver zie rungs - passende Ausdruck ist. Bei dieser Frage habe praxis, die Instrumentenbauer bieten eine Fülle ich auch oft daran denken müssen, wie es war, (mehr oder weniger) getreuer Kopien barocker wenn ich Musik eines noch lebenden Kom po - Originalinstrumente an. Mir scheint, du hast nisten spielte. In den allermeisten Fällen haben eine andere, sagen wir einmal eher traditionelle, sich die Intention des Komponisten und meine „romantische“ Herangehensweise an Musik … Intuition gedeckt. Sollte ich mich nun anders verhalten, anders denken, weil der Kom ponist Dass deine Frage kritisch gemeint ist, merke ich vor ein paar Jahrhunderten gestorben ist? In erst, weil du es mir sagst! Mein Herangehen an gewisser Weise ist alles, was ich kann, dieser Musik und an das Leben überhaupt ist etwas Intuition zu folgen. Fragst du mich nach dem anders. „Richtig und falsch“ liegen für mich Unterschied beim Spielen zwischen Berios woanders. Nicht im Sinne, dass ich alles akzep- Gesti und Gordon Jacobs traditioneller Suite, tiere oder kritiklos bin. Mit mir selbst z. B. bin dann muss ich sagen: gar keiner! Ich spiele ein- ich sehr kritisch. Was allerdings andere anbe- fach alle Musik mit der gleichen Einstellung: langt, bin ich lieber verständnisvoll. Wenn Ich versetze mich in einen Zustand, bei dem ich jemand vielleicht etwas anders spielt als ich, mich selbst eliminiere und versuche, das dann denke ich darüber nach und versuche her- Richtige im Verhältnis zum jeweiligen Werk zu auszufinden, warum er gerade so spielt. Na tür - tun. Ich versuche also nicht so zu spielen, wie lich kommt es vor, dass ich denke, man hätte ich denke, dass Vivaldi es vielleicht gehört hat, das gleiche vielleicht mit weniger Anstrengung sondern ich versuche zu vermitteln, was ich in effizienter ausdrücken können, aber es gibt für seiner Musik verstehe – und zwar in der mich kein Absolutum in der Musik. Selbst - Sprache, die ich am besten sprechen kann und verständlich habe ich mich auch mit den histo- die man vielleicht heute ein wenig anders rischen Quellen befasst. Auch schon zu meiner spricht als damals. Für so etwas ist auch Platz,

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finde ich – schließlich wird ja auch Shakespeare in einer heuti- gen Sprache manchmal mit Erfolg aufgeführt …

Als eine der ganz wenigen Spie - lerinnen lebst du praktisch schon seit Jahr zehnten ausschließlich vom Kon zer tieren! Dabei hast du mit vielen bedeutenden Musikern zusammenarbeiten kön nen, die ohne dich wahr- scheinlich nie mit der Blockflöte in Berührung ge kommen wä ren. Ich denke etwa an den amerika- nischen Jazz-Pianisten Keith Jarrett (mit dem du Sonaten von Händel und Bach aufgenommen hast), die Geiger Gidon Kremer, Joshua Bell, Pinchas Zuker man, Vladimir Spivakov oder den legendären Henryk Szeryng. Was waren für dich die Hö he punkte deiner bis - und es gibt das genaue Gegenteil davon, z. B. he ri gen Laufbahn? Welche dieser Musi ker haben Abbado, der alles nur andeutet, alles nur als dich am meisten beeindruckt oder gar beein- eine Möglichkeit anbietet und nicht als ein flusst? absolutes „So–muss–es–sein“. Wenn er mit die- ser offenen Einstellung nur den Kleinen Finger Viele. Als ich mit diesen Musikern zusammen- hebt, weiß paradoxerweise das Orchester trotz- spielte, war es immer die gleiche Eigenschaft, dem sofort, was es bedeutet und was er meint. die mich fasziniert hat: die Fähigkeit, ununter- In Worten können es die Musiker vielleicht brochen, in jedem Moment präsent zu sein, die nicht ausdrücken, aber durch seine Art zu diri- einem erlaubt, mit dem Publikum auf einer gieren entsteht eine ungeheuer tiefe und bestimmten Wellenlänge zu kommunizieren. gemeinsame Auf merk samkeit, wie ich sie nur Mein bisher vielleicht beeindruckendstes Er leb - selten erlebt habe. Eine Aufmerksamkeit, die nis war eine Tournee im April 2007 mit den allen Raum gibt, von sich aus das Maximale zu Bran denburgischen Konzerten und Musikern tun. Das ist das gleiche Phänomen wie zwi- wie Giuliano Carmignola und Ottavio Dantone schen Musiker und Publi kum: Man muss mei- unter der Leitung von Claudio Abbado. Zu ner Ansicht nach dem Publikum Raum lassen, meiner Freude habe ich Aufnahmen dieser damit die einzelne Person selbst beim Erleben Kon zerte auf YouTube im Internet gefunden mit aktiv sein kann. Abbados Genie zeichnet und hatte so Gelegenheit, mir die Auf füh run - sich zudem durch eine unglaublich große gen noch einmal genau anzusehen und darüber Freundlichkeit aus – Psy cho logen würden es nachzudenken. Abbados Art und Weise zu mu - vielleicht Konfliktscheu nennen – aber ich si zieren hat bestätigt, was ich schon immer konnte sehen, dass seine Freundlichkeit, die ihn selbst gespürt hatte und was mir mein Vater nie etwas Kritisches einem Musiker gegenüber mitgegeben hat: Je weniger man tut, desto mehr sagen lässt, den Effekt hat, dass alle sich wun- kommt heraus. Es gibt Dirigenten, die wild derbar sicher fühlen, und daher in einer idealen her umfuchteln, um zu zeigen, was sie wollen – Atmosphäre von Vertrauen und Freude spielen

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und musizieren können. Er kreiert eine Zum Glück haben die beiden ganz klar andere Atmosphäre, in der sämtliche Gedanken aus- Interessen, die ich zu fördern versuche. Und schließlich auf die Musik gerichtet sind. natürlich ist es für mich – wie für alle berufstä- tigen Mütter – eine schwierige Sache, alles auf Hat sich im Lauf der Jahrzehnte deine Ein stel - einmal zu machen. Doch habe ich festgestellt, lung zur Musik verändert? dass ich viel mehr Zeit mit meinen Töchtern verbringe als die meisten anderen Mütter mit Von meinem ersten Auftritt als Fünfjährige bis Fulltime-Job. Ich kann mir ja Gott sei Dank heute ist meine Einstellung die gleiche geblieben: meistens aussuchen, wann ich wohin gehe – das Ich versuche, im Moment das Maximale zu ist ein großes Privileg. geben, und zwar so, dass nicht ich, sondern die Musik im Vordergrund steht. Dieses Nicht-da- Viele Tage im Jahr auf bedeutenden Festivals sein und Nichts-tun ist gleichzeitig das und in den berühmtesten Konzertsälen der Welt Schwierigste und Einfachste in meinem Beruf. aufzutreten ist für einen Blockflötisten ja eher Das ist übrigens auch ein Grund dafür, meine eine Ausnahmesituation und schlichtweg eine Technik auf der Höhe zu halten, um nicht plötz- andere Liga als etwa ein reines Block flö ten - lich das Publikum mit technischen Prob lemen zu festival. Wie empfindest du das? Fühlst du eine konfrontieren und so die Auf merk samkeit auf besondere Verantwortung als „Botschafterin“ meine Person anstatt auf die Musik zu lenken. der Blockflöte, einen missionarischen Eifer für unser Instrument? A propos Technik – wie hältst du es mit dem Üben? Kennst du nach so langer Zeit auf der Vieles auf einmal! Zum Thema „Botschafterin“: Bühne immer noch so etwas wie Lam pen - Einerseits kann ich sagen, dass die Blockflöte fieber? selbst nicht mein Hauptanliegen ist, sondern die Musik und die Möglichkeit, eine metaphy- Ich übe zu wenig! Obwohl ich versuche, jeden sische Welt auszudrücken. Anderseits ist natür- Tag zu spielen, gelingt es mir nicht immer – lei- lich mein Instrument, die Blockflöte, das einzi- der. Lampenfieber aber kenne ich sehr gut. Ich ge Mittel für mich, auf dem ich diesen Dingen habe gelernt, es für mich positiv zu nutzen. Es Ausdruck verleihen kann. Mit großen Mu si - ist für mich ein Zustand höchster Auf merk - kern zu spielen, war mit der Blockflöte oft fru- samkeit und Konzentration, der Voraussetzung strierend. Die Möglichkeiten sind ja dynamisch dafür ist, auf eine bestimmte Wellenlänge zu deutlich eingeschränkter als bei modernen gelangen. Auf dieser Wellenlänge ist Musik die Orchesterinstrumenten, und ich habe oft erfah- eigentliche Realität und das, was wir sehen, ist ren, dass ich da mit der Blockflöte im Nachteil Illusion – so wie es auch viele Philosophen und war – nur ich selbst kenne ja die Diskrepanz Esoteriker beschreiben. von meiner Vorstellung, meinem Gefühl und dem, was dann wirklich herausgekommen ist. Wo wir schon dabei sind, aus dem Nähkästchen Auf der anderen Seite habe ich immer wieder zu plaudern: Du bist nicht zuletzt auch Mutter bewusst etwa die Nähe von Pianisten gesucht, zweier bezaubernder Töchter, Agnete und mit dem Wunsch im Hinterkopf, meine musi- Amalie. Es gehört wohl eine Menge Disziplin kalischen Ausdrucksmöglichkeiten weiterzu- und Organisationstalent dazu, eine so anstren- entwickeln. Diesbezüglich war die Markt ein - gende Musikerkarriere mit gut gefülltem führung der Modernen Blockflöte ein ganz gro- Terminkalender und das Familienleben unter ßer, wichtiger Einschnitt. Vom Tag unseres einen Hut zu bringen, zumal du auch viele ersten Treffens 1998 bis zu seinem Tod sieben Konzerte zusammen mit deinem Mann gibst. Monate später stand ich mit dem viel zu früh Muss man sich Agnete und Amalie mit einer verstorbenen Fred Morgan fast täglich in Blockflöte in der Hand vorstellen? Kontakt. Unsere Pläne, eine moderne Block -

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flöte zu entwickeln, konnten wegen seines tra- lich und der Ton nie forciert sein darf. Sonst gischen Autounfalls nicht mehr realisiert wer- verschließt sich der Hörer in seiner Auf - den. Später hat mich Colin Jardine darauf auf- nahmebereitschaft sofort wie eine Auster und merksam gemacht, dass auch Mollenhauer nach wird, anstatt aktiv Miterlebender zu sein, ein Vorlage von Joachim Paetzold und Nik Tarasov reiner Beobachter. Als ich jung war, sagte man an dieser Idee arbeitete. Schon bald erreichte mir oft, ich müsse mehr Ausdruck geben, man diese Moderne Blockflöte bei Mollenhauer müsse mehr hören, was ich spüre. Aber das ist Serienreife; etwas später dann brachte Ralf nicht mein Ziel – ich möchte nicht, dass meine Ehlert bei Moeck seinen „Ehlert-Alto“ heraus. eigenen Gefühle der Auffassung des Hörers im Ich arbeite immer noch daran, diese beiden Wege stehen. Gerade auf der Blockflöte kommt Modelle kennen zu lernen und habe längst noch es bei einem Zuviel an Passion sehr schnell zu nicht alle ihre Möglichkeiten im Blut, aber es ist Intonationsschwankungen oder sonstigen wunderbar zu wissen, dass uns nun all diese Miss geräuschen, die einfach die Musik stören, neuen Möglichkeiten offenstehen! Ich fühle, den Hörer ablenken und unsicher machen. Ich dass die Blockflötenfamilie jetzt komplett ist – spiele sehr wohl mit Ausdruck und Emotion, dass man für Barockmusik historische Modelle aber eben in einer indirekteren Form. Die verwenden kann und für zeitgenössische und Herausforderung, ein Maximum an Expression romantische Musik eben diese neuen In stru - zu geben, ohne den Klang zu forcieren, wird mente. So wie bei den Orgeln, wo man für die mich wohl für den Rest meines Lebens beschäf- verschiedenen Musikepochen die idealen, pas- tigen … senden Instrumente zur Verfügung hat. 1975, also vor 33 Jahren, hast du deine erste Es ist ja ziemlich schwierig, auf unserem In stru - Schallplatte aufgenommen. Bis heute folgten ment rein klanglich ein unverwechselbares unzählige weitere Einspielungen, die sicher Profil zu entwickeln, weil die Klangbildung nicht unwesentlich zur Steigerung deines Be - durch die Art der Tonerzeugung bereits stark kanntheitsgrades und auch dem der Blockflöte fixiert ist. Dennoch ist es dir – wie ich finde – als seriöses Konzertinstrument beigetragen gelungen, einen sehr persönlichen Klang zu ent- haben. Ich finde, man kann anhand deiner Auf - wickeln … nahmen durchaus eine persönliche Entwicklung ablesen. Was nur wenige wissen: Deine ersten Das ist einfach zu erklären. Zu meinem speziel- Platten beinhalteten bekannte Avantgarde- len Klang trägt sicher meine Anblasart bei; die Stücke wie Berios „Gesti“ und Shinoharas Luft strömt etwas anders durch die Flöte als bei „Frag mente“, Musik also, mit der man dich eher vielen anderen Spielern. Es ist gar nicht beson- weniger in Zusammenhang bringt. Später hast ders schwierig. Ich habe die Erfahrung du dich allerdings für lange Zeit auf das (im gemacht, dass sogar Anfänger diesen Klang wesentlichen barocke) Standardrepertoire kon- schnell erzielen können, wenn sie sich vorstel- zentriert … len, den Luftstrom so zentriert wie möglich durch den Windkanal zu blasen. Dabei achte Es ist vielleicht nicht ganz so, wie es der Schall - ich sehr auf die kontinuierliche Schönheit des plattenkatalog erscheinen lässt. In der Ton trä - Tons und darauf, nichts zu produzieren, was ger branche spielt natürlich immer die Rück - nicht zur Musik gehört oder was die Perzeption sicht auf zu erwartende Verkaufszahlen, auf und Offenheit des Hörers stören könnte. das, was neu oder interessant ist, eine gewisse Einige Leute nennen das „Kontrolle“ – und das Rolle. Ich habe auch schon sehr früh eine Platte ist es in einer Weise auch. Aber es ist eine Art mit romantischen Transkriptionen aufgenom- von Kontrolle, die für die Musik durchlässig ist. men (Hummelflug, Paganini und ähnliche Mein Klangbild hat wiederum mit meiner Stücke). In meinen Konzerten gab es eigentlich Überzeugung zu tun, dass Musik nie aufdring- immer beides – Barockmusik und moderne

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Werke. Ab und zu spiele ich ein reines Ba rock - Arnold, Vagn Holmboe, Thomas Koppel und in konzert oder auch ein Programm mit aus- jüngerer Zeit Daniel Börtz, Joan Albert Amar - schließlich zeitgenössischer Musik – meistens gos und Chen Yi (um nur einige wenige zu nen- aber eben eine Mischung. Eine Zeitlang hat es nen!). Fast scheint es, als ob es zwei Michalas mich gestört, dass alle einem erzählten, man gäbe: die „kommerzielle“ Virtuosin und die müsse sich „entwickeln“. Aber ich war schon Mu sikerin, die abseits des Massenbetriebs ganz immer der Meinung, dass man sich nur durch lebendig die Musik der Gegenwart sucht und seine ureigene Persönlichkeit ausdrücken kann. findet. Gerade diese „zweite Seite“ ist der brei- Weshalb sollte man diese verbiegen oder än dern? teren Öffentlichkeit gar nicht so präsent. Als Mir geht es nicht darum, zum eigenen Plaisir Komponist und Blockflötist freut mich dein unbedingt etwas Neues zu finden, sondern um Engagement ganz besonders, weil du dank dei- das, was ich am besten geben kann. Wenn man in ner Popularität und professionellen Kontakte dieser Weise denkt, entwickelt sich das Richtige fantastische Mög lich keiten hast, der Blockflöte quasi wie von selbst, und die Entwicklung findet auch unter bekannten Komponisten und einem auf einer anderen Ebene statt. nicht spezialisierten Konzertpublikum neue Freunde zu gewinnen. Mit „The Modern Recorder“ hast du in den achtziger Jahren dein Engagement für die Gerade das ist mir immer wichtig gewesen, weil Musik der Gegenwart bekundet, doch auch ich glaube, dass manche Leute gar nicht wissen, wenn längst nicht alles auf kommerziellen CDs was alles in der zeitgenössischen Musik steckt, veröffentlicht wurde, kannst du einfach weil sie sich nie die Zeit genommen auf eine beeindruckend lange haben, ein modernes Stück nur einmal konzen- Liste zeitgenössischer Werke triert durchzuhören. Mei ner Erfahrung nach ist zurückblicken, die für dich die Neue Musik gar nicht unzugänglich, auch geschrieben worden sind – nicht für den so genannten Laien – ein Aus - darunter Kon zert werke sehr druck, den ich nicht gerne ver wende, weil oft bekannter Komponisten gerade die Zuhörer ohne besonderes Spe zial - wie Sir Malcolm wissen das offenste und unvoreingenommenste Publikum sind. Wenn zeitgenössische Musik mit derselben Überzeugungskraft und Na tür - lichkeit gespielt wird wie die Musik früherer Jahr hun derte, dann gibt es keinen Un te rschied in der Zugänglichkeit. Oft verwende ich aber den Trick, erst Alte Musik zu spielen, damit sich das Publikum öffnet und beruhigt fühlt. In dieser Ruhe und Sicher heit werden die neuen Werke dann auch besser aufgenommen. Übri- gens war mir die Musik der Gegenwart schon immer, nicht erst in den letzten Jahren, ein wichtiges Anliegen. Mit sechs Jahren bekam ich mein erstes Stück gewidmet – drei Stücke für Blockflöte und Klavier des dänischen Kom po - nisten Henning Christiansen, der damals viel mit Fluxus-Künstlern wie Joseph Beuys und Nam June Paik gearbeitet hat. Meine Mutter hat sich immer stark für Neue Musik einge- setzt, und so wurde dies wahrscheinlich auch Michala Petri und Lars Hannibal Foto: P. Olsen für mich von frühester Jugend an eine Passion.

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Von „Movements“, einer deiner jüngsten CDs, lerne und ich mich frei darauf ausdrücken kann, hat mich vor allem das wunderbare Konzert was eigentlich ein Widerspruch ist, weil ich „Pipes and Bells“ des schwe dischen Kom po nisten wahrscheinlich immer mehr ausdrücken möch- Daniel Börtz begeistert. Mei ster haft, wie er die te als ich gerade kann. Halte ich mich zu weit Blockflöte mit großem Sin fo nie orchester kop- innerhalb der Grenzen, wird es irgendwie unin- pelt. Auch Amargos’ „Northern Concerto“ fas- teressant. Für die nächsten Monate habe ich ziniert durch ein Feuerwerk an Rhythmen und spannende Pläne, u. a. ein von Lars Hannibal Farben. Wie kam es zur Zu sammenarbeit mit initiiertes Projekt: Fünf dänische und fünf diesen Komponisten? Hast du konkrete Komponisten aus China haben jeweils ein Vorgaben gemacht oder später im Laufe der Duett für Blockflöte und Xiao komponiert Arbeit Korrekturen spieltechnischer Art anbrin- (eine traditionelle chinesische Flöte, die auch gen müssen? vertikal gehalten wird). Diese zehn Duette – in zehn sehr unterschiedlichen Musiksprachen – Im Falle von Amargos war es die Idee von Lars werde ich mit der Xiao-Spielerin Chen Yue im Hannibal, der meine Leidenschaft für zeitge- September auf CD aufnehmen und auch in eini- nössische Musik teilt. In zwischen haben viele gen Konzerten spielen. Die Aussage zweier Kom po nisten Stücke für uns ge schrieben. sehr einfacher Instrumente im Dialog lässt viel Meistens habe ich selbst die Komponisten ge - Raum für Gedanken – oder vielleicht eher fragt, ob sie für mich Werke schreiben wollen. Gefühle – für die Wichtigkeit, anderen Denk - Es ist eher selten, dass ich an den Arbeiten der weisen gegenüber offen zu sein. Darüber hinaus Komponisten Korrekturen vornehme. So lange werde ich anlässlich des 90. Geburtstags von es innerhalb des theoretisch Möglichen ist, ver- Jürg Baur bei drei Konzerten in Düsseldorf sein suche ich oft erst, das Stück zu lernen, oder Blockflötenkonzert spielen und in Madrid das denke, dass es sich irgendwie realisieren lassen Northern Concerto von Joan Albert Amargos muss. Manchmal muss ich dann später aufführen, das als neues Werk eine No mi nie - aufgeben oder etwas vereinfachen, am liebsten rung für den Grammy bekommen hat. Ich freue aber nicht. Auf diese Weise bin ich oft weiterge- mich besonders, dass Lars Hannibal und ich kommen. Schließ lich weiß man nicht, wie sich nun unser eigenes CD-Label haben, was uns ein der Stan dard entwickelt – vielleicht wird in 30 unglaubliches Gefühl von Freiheit gibt. In ner - Jahren einfach zu spielen sein, was uns heute halb der finanziellen Grenzen können wir nun noch unmöglich erscheint. Dann wäre es doch aufnehmen, was wir wollen. So plane ich jetzt, schade gewesen, die Ideen des Komponisten ge - ganz viel zeitgenössische Musik einzuspielen schmälert und eingeschränkt zu haben. und auch das Repertoire mit neuen Trans krip - tionen zu erweitern. Michala, vierzig Jahre professionell mit der Blockflöte unterwegs! Hat man da nicht irgend- Vielen Dank, Michala, für dieses ausführliche wann genug von diesem doch so „begrenzten“ Gespräch. Noch einmal von mir persönlich – Instrument? Ein Blick auf deine Internetseite und auch im Namen unserer Leserinnen und lässt eher den Schluss zu, dass du noch vieles Leser – die besten Wünsche zu deinem runden vorhast. Es gibt mehrere große Projekte in Geburtstag, Glück und Gesundheit! China und auch eine neue CD mit den Flötenquartetten von Mozart. Wie sind deine Links im Internet: Pläne für die Zukunft? www.michalapetri.com www.ourrecordings.com Von diesem „begrenzten“ Instrument habe ich www.zahnhausen.com nie genug, solange es neue Musik dafür gibt. Videos auf YouTube: www.youtube.com o Meine Hoffnung für die Zukunft ist, dass ich irgendwann mein Instrument völlig kennen

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Peter Thalheimer Fleitl – Flûte douce – Flötuse Drei Blockflötentypen des 19. Jahrhunderts

Die verschiedenen Arten der Zusammenfassung der Quel len soll die Block flöte, die im 19. Jahr hun dert Grundlage für eine In ter pretation bilden. gespielt wurden, sind heute wenig bekannt. Lediglich der Wiener Csakan und das Fran zö sische I Flageolett geraten gelegentlich ins Blickfeld von Her aus gebern und In Berchtesgaden, insbesondere bei der Holz - Musikern, vor allem, weil sich blasinstrumentenbauerfamilie Walch, ist eine ihre Literatur als Repertoire-Er - durchgehende Tradition des Blockflötenbaus weiterung für Block flötenspieler zu beobachten, die von Instrumenten barocker eignet. Die Aufführungspraxis Bauweise zu eigenständigen Modellen im 19. dieser Musik auf Ori gi nal in stru - Jahrhundert führt. Als Beispiel für die barocke men ten oder Kopien steckt noch Bauweise sei ein Elfenbein-So pra nino von A. in den An fängen. Walch (entweder Augustin, *28.02.1668, oder An dreas, *20.11.1672) aus der Samm lung Zim - Von den wenig beachteten Block - mer mann, jetzt im Beethoven-Haus Bonn, ge - flöten des 19. Jahrhunderts sollen nannt.1 Weitere Berch tes ga dener Belege bilden hier Instrumententypen in einen Altflöten von Peter Eggl (s. Abb. 1) und von N. Zusammenhang gebracht werden, (Ni ko laus?) Fische aus der Zeit um 1720, jetzt die in drei verschiedenen Kul tur - im Ger ma ni schen Na ti onalmuseum Nürn - kreisen gebaut und gespielt wur- berg.2 den, das Berchtesgadener Fleitl, die französische Flûte douce und Von mehreren späteren Berch tes gadener Flö - die vogtländische Flötuse. Eine ten bauern, insbesondere auch von der Familie Walch,3 sind Blockflöten in einer schlichten äußeren Form erhalten, die im späten 18. und frühen 19. Jahr hundert auch bei Tra vers flöten Abb. 1: Blockflöte in f1 (a1=403 Hz) von Peter und Fran zö si schen Fla geoletten üblich war. Eggl (*1687), Berchtesgaden (Ger ma ni - Typisch ist ein schlanker Schna bel, eine sanfte sches Nationalmuseum Nürnberg, MIR Ver dickung am Kopfstück auf der Höhe des 203)

Peter Thalheimer, geboren 1946 in Stuttgart, studierte Querflöte, Block flöte, Schul musik und Musikwissenschaft in Stuttgart und Tübingen. Seit 1978 lehrt er in Nürnberg, zuerst als Dozent für Blockflöte, Traversflöte, Querflöte, Methodik, Aufführungspraxis und Kammermusik am damaligen Meistersinger-Konservatorium, jetzt als Professor für Hi- storische Aufführungs praxis und Blockflöte/Traversflöte an der Hochschule für Musik Nürnberg. Konzerte, Rundfunk- und Tonträgerproduktionen, Kurse und Vorträge führten ihn in viele Länder Europas und die USA. Darüber hinaus sind aus seiner Tätigkeit zahlreiche Noteneditionen sowie Publikationen zur Aufführungspraxis und zur Instrumenten - kunde hervorgegangen.

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Abb. 2: Zwei Blockflöten in Wann für diese Flöten der Begriff „Ber chtes - 2 c von Paul Walch (1810– gadener Fleiteln“ geprägt wurde, ist noch nicht 1873), Berch tesgaden (Ger - 8 ma ni sches Nationalmuseum geklärt. Waldemar Woehl nennt sie 1950 Nürn berg, MIR 195 und „Berchtesgadener Pfeiferln“. 9 Die Bau tra dition MIR 196) ist jedenfalls in der Familie Öggl (heutige Schreibweise) bis in die Gegenwart ungebro- chen: Bernhard Öggl (geb. 1949) hat seit eini- Zapfenloches, ein Wulst gen Jahren die Produktion aufgenommen.10 beim Klein fin ger loch am Fußstück und ein re la tiv dünner und schlichter II Endring. Die Ton löcher sind relativ klein und un - Instrumente, die in allen wichtigen Details den terschnitten bzw. innen Berchtesgadener Blockflöten des 19. Jahr hun - mit einem Fräs werk - derts entsprechen, tauchen im 2. Drittel des 19. zeug erweitert. Als Ma - Jahrhunderts auch in Frankreich auf, ohne dass terial diente meist sich bis her ein direkter Buchs baum oder Pflau - Zu sam men hang nach - me mit schwarzen Horn - weisen lässt. Er hal ten ist ringen. Als Beispiele eine Blockflöte aus seien Instrumente von Buchsbaum mit Horn - Georg Walch d. J. (geb. ringen und -schna bel in 1690), Lorenz (II) a1 bei a1=450 Hz, Walch (1786–1862) und signiert „SIBOUT / A Paul Walch (1810–1873) PA RIS“.11 Vielleicht genannt.4 (s. Abb. 2) Die han delt es sich um eine erhaltenen Blockflöten Händler-Sig na tur. stehen in d2, c2, b1, g1, f1 Sibout ist in Paris für und b0. Der Bau dieses den Zeit raum zwischen Blockflötentyps war 1836 und 1846 nach- aber in Berchtesgaden weisbar.12 (s. Abb. 3) nicht auf die Familie Walch beschränkt. Auch Ein weiteres In stru ment die Familie Ögl (Öcl) baute Blockflöten, wie in a1 bei a1=432 Hz ist eine erhaltene c2-Flöte von I. Öcl (geb. 1716 signiert „PROSPER oder 1722) beweist.5 Die Ausstrahlung dieses CO LAS / A / PA RIS“. 13 Flötentyps auf die Umgebung ist belegt durch Colas (*20.06.1842) war ein Instrument in b1 von A. Hochschwarzer, Bo gen macher und In - gebaut in Schwaz/Österreich.6 stru men ten händler. Seine Firma ist zwi- Die genannten Berchtesgadener Block flö ten - schen 1878 und 1883 bauer gehörten zu einem größeren Kreis von Pfeifenmachern, die von 1581 an eine eigene Zunft bildeten. Ein streng geordnetes Ver- l egerwesen sorgte für den lokalen Absatz und auch für eine überregionale Verbreitung der 1 1 7 Abb. 3: Blockflöte in e (a = Berchtesgadener Holzblasinstrumente. Wie 435 Hz), signiert „A PARIS“, weit die Handelsbeziehungen reichten, ist und Blockflöte in a1 (a1=450 Hz), signiert „SIBOUT / A jedoch noch unklar. PARIS“, gebaut um 1840.

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Abb. 4: Blockflöte in c2 von Thibou - ein In stru ment französischer Herkunft. (s. ville-Cabart, Paris, gebaut zwischen Abb. 5) 1869 und 1891 (Civico Mu seo degli Stru menti Musicali Milano, Inv. n. 318) III

Inwieweit zwischen den französischen In stru - menten und der Berchtesgadener Bau tra dition belegt.14 Eine andere Flöte15 eine Verbindung besteht, muss vorerst offen trägt die Signatur „Thibouville- bleiben. Wahrscheinlich dienten aber Berch tes - Ca bart“ und ist damit auf die gadener oder französische Blockflöten als Vor - Zeit zwischen 1869 und 1891 bilder für eine weitere Bautradition, die von datierbar16. Sie ist aus Buchs - etwa 1835 an im Vogtland belegt ist. Ab bil dun - baum mit Hornringen gebaut gen in Prospekten der Handelsfirma I. Kaempf - und steht in c2.17 (s. Abb. 4) Ein fens Söhne, Markneukirchen, aus dieser Zeit ähnliches, aber unsigniertes In - zeigen eine „Flaut douse“, die äußerlich der strument in b1 wird von Andrea französischen bzw. Berchtesgadener Block flö te Gatti18 ebenfalls der Firma entspricht.22 Einen weiteren Beleg für diesen Thibouville-Cabart zugeschrie- In stru men ten typ liefert der Katalog von Julius ben. Es entspricht jedoch weder Heinrich Zimmermann, Leip zig,23 aus den in der äußeren Form noch in Jahren zwischen 1903 und 190824, allerdings der Qualität der Herstellung un ter der Rubrik „Czakane“. Zim mermann der Flöte von Thibouville- bezog seine Ware im Wesentlichen aus dem Cabart, so dass diese Zu schrei - Vogtland, auch schon vor 1918/1920, als in bung be zwei felt werden muss. Markneukirchen eine eigene Pro duktionsstätte Es hat ebenfalls Hornringe und aufgebaut wur de.25 Deshalb handelt es sich einen späteren Schnabel aus wohl auch bei den von Zim mer mann angebote- Gre na dill-Holz. Eine weitere nen Blockflöten um vogtländische Instrumente. Flûte douce in a1 von Noblet & Thibouville (ca. 1860) befindet Etwa zur gleichen Zeit erschien in Mark neu - sich in der Sammlung Moeck. kirchen ein Illustrir ter Haupt-Catalog der Firma Paul Stark (nach 1893, wohl um 1905), in Der Prix courant der Firma Les dem „Flötusen“ in verschiedener Qualität an - fils d’Eugène Thibouville, Ivry- ge boten wurden26: La Bataille, aus dem Jahr 189319 verzeichnet neben Fran zö si - Ahorn, gelb lackiert, schwarz gemalte Ringe schen Fla ge o letten in verschie- Ahorn, gelb lackiert, schwarz gemalte dener Bauweise auch Flûtes Ringe, Stempel Schlosser douces in drei Größen als Haute-contre, Buxbaum, gelb poliert, Messing-Gar nitur Tierces und Taille. Leider fehlen genauere An - Grenadill, poliert, Neusilber-Garnitur. gaben zu den Grundtönen. Ein weiteres franzö- sisches Instrument in e1 (bei a1=435 Hz) trägt Die zugehörige Abbildung entspricht weitge- nur noch die Signatur „A PARIS“, der Name hend den Darstellungen bei Kaempffe und des Erbauers wurde entfernt.20 (s. Abb. 3) Ver - Zim mermann sowie den französischen In stru - mutlich handelt es sich bei der flûte douce, menten mit den Signaturen „Sibout“ und „a die 1888 von William Gibb für die Ver öf fent - Paris“. Die Verdeutschung „Flötuse“ für Flûte li chung in der Instrumentenkunde von Alfred douce lässt vermuten, dass man in Mark - James Hip kins gemalt wurde,21 ebenfalls um neukirchen glaubte, es handle sich um ein fran-

178 TIBIA 3/2008 Fleitl – Flûte douce – Flötuse

zösisches Instrument.27 Zur Grund stim mung det hat, vielleicht auch noch zu der Zeit, als und zur Länge in cm ist folgendes angegeben: seine beiden Söhne Johann Gabriel jr. (1835– 1894) und Gustav Adolph (geb. 1845) in der GF Eb DCBb Werkstatt mitgearbeitet haben.31 cm 20,5 26 30,5 38,5 42,5 49,5 Markneukirchener Flötusen mit und ohne Die englische Ausgabe des Stark-Kataloges28 (s. Schlosser-Stempel sind im 19. Jahrhundert auch Abb. 7) enthält bei gleichen Stim mungs an ga ben nach Norwegen geliefert worden. Dort wurden die folgenden Maße: sie als Sjøfløyte („Seeflöte“) oder Tussefløyte („Landflöte“, country flute) zu einem beliebten inch 8 10 11,7 15 16 19 Volksmusik-Instrument, insbesondere im Diese entsprechen: Nume dal, einem Tal in Süd-Norwegen. Meh re - cm 20,32 25,40 29,72 38,10 40,64 48,26 re Exemplare, alle nach heutiger Stim mung in e1, sind dort erhalten32. Zum Teil sind sie mit Offensichtlich haben sich sowohl in die deut- dem Schlosser-Stempel versehen. Sie dienten sche als auch in die englische Fassung Fehler später verschiedenen In stru men ten bau ern im eingeschlichen. Hält man die Maße in der deut- Numedal als Vorbilder für den Nachbau, unter schen Fassung des Katalogs für korrekt, so ihnen Nils Stuvstad (1909–1980). Nach seinem könnten die Flötusen wohl in g2 oder a2, f2, d2, a1, g1 und e1 gestanden haben. Hält man die Maße für falsch, so könnten die Ton hö hen an - gaben als g2, f2, es2, d2, c2 und b1 gedeutet wer- den. Die teilweise erheblichen Ab wei chun gen, die zwischen den Maßen des deutschen und des englischen Katalogs bestehen, sind nicht erklär- bar. Aus den Angaben in Starks Katalogen kön- nen also keine sicheren Erkenntnisse zur Stimmung der vogtländischen Flötusen gewon- nen werden.29 Wahrscheinlich wurden sie aber in verschiedenen Größen im diatonischen Abstand gebaut, ähnlich wie die französischen Fla geolette.

Aus dem Vermerk „Stempel Schlosser“ ist zu entnehmen, dass ein Flö ten bauer namens Schlosser für Paul Stark Flötusen gebaut hat. Vermutlich handelte es sich um ein Mitglied der Familie Schlosser aus Zwota.30 Weil der Stempel keine Abkürzung des Vor namens ent- hält, ist es wahrscheinlich, dass Jo hann Gabriel Schlosser sen. um 1840 diesen Stempel verwen-

Abb. 5: Gemälde von William Gibb, veröffentlicht in: Alfred James Hipkins, Musical Instruments Historic, Rare and Unique: Edinburgh: Adam and Charles Black 1888, Plate XL.

TIBIA 3/2008 179 Peter Thalheimer

Tod hat Bodil Diesen den Nachbau der Tusse - men tenmacher erstmals 1826 belegt (s. Abb. 6). fløyte übernommen. Sie beliefert heute norwe- Er übergab die Werkstatt 1846 seinem Sohn, gische Volks musiker mit Schlosser-Ko pien.33 der bis etwa 1870 aktiv war.36 Eine d2-Block - flöte von Heinrich Schweffer (um 1814–1887), Die im Stark-Katalog beschriebenen aufgemal- Graz, dürfte von der Berchtesgadener Tradition ten schwarzen Ringe sollen eine Horngarnitur be ein flusst sein.37 vortäuschen. Dieses interessante Detail ist auch bei den in Norwegen erhaltenen Flöten zu fin- Die bisher bekannten Belege für den Bau von den – sowohl bei den Schlosser-Instrumenten Fleitl, Flûte douce und Flötuse sind auf wenige als auch bei unsignierten Exemplaren. Ein wei- Instrumentenbauzentren beschränkt. Es mag teres unsigniertes Exemplar, ebenfalls aus deshalb als gewagte Hypothese erscheinen, die Ahorn mit aufgemalten schwarzen Ringen, drei Traditionen miteinander in Verbindung zu steht in f2. Es wird im Mu sik in stru men ten Mu - bringen, insbesondere, so lange die chronologi- seum Leipzig unter der Signatur 1114 aufbe- sche Priorität nicht eindeutig auszumachen ist. wahrt und wurde von Herbert Heyde analog Die hohe Übereinstimmung der Baumerkmale zu der Mailänder Blockflöte dieser Instrumente legt jedenfalls einen Zu - der Werkstatt J. B. Thibou - sammenhang nahe. ville-Cabart zugeschrieben.34 Bis zum Nachweis, dass das Ein Blick in die Geschichte der Blockflöte des Aufmalen von schwarzen Rin - 17. und 18. Jahr hun derts zeigt ein sehr ähnli- gen auch in Frankreich üblich ches Bild: Bis heute ist nicht klar, wo der Ur - war, ist die Herkunft aus dem sprung des hochbarocken Block flö tentypus lag Vogtland jedoch wahrschein - und welche Wege seine Verbreitung genommen licher. hat. Spätestens seit der Entdeckung des Traktats von Bartolomeo Bis man tova38 ist nämlich die verbreitete These von der ur sprüng lich franzö- IV sischen Barockblockflöte ins Wan ken geraten. Trotzdem bezweifelt heute nie mand, dass es ei - Außer in Paris, in Berch tes ga - nen Zu sammenhang zwischen den italienischen, den, im Vogtland und in Nor - französischen, niederländischen, englischen und wegen wurde dieser Block - deutschen Bau tra di tionen gegeben hat. flötentyp auch noch andern- orts gebaut und gespielt: Von Wenn man also die lokalen Traditionen von Friedrich Billing, Warschau, Fleitl, Flûte douce und Flötuse zu einer Einheit ist z. B. im Händel-Haus in zusammenfasst, entsteht das Bild eines weit Halle ein Sopranino in f2 verbreiteten Instrumententyps ohne einheitli- erhalten35, von Joseph Schin chen Namen. Bezieht man die Literatur vom (Vater oder Sohn), Neu burg/ Anfang des 19. Jahrhunderts ein, so scheint Donau, im Ger ma ni schen Na - „Flûte douce“ der verbreitetste Begriff für die- tional mu seum Nürn berg eine ses Instrument gewesen zu sein. So berichtet Sopranflöte in d2. Joseph Schin Johann Wolfgang von Goethe in Dichtung und senior ist als Holz blas in stru - Wahrheit, dass sein Vater ihm und seiner Schwester Tanzunterricht erteilt habe und, „als er uns weit genug gebracht hatte, um eine 2 Abb. 6: Blockflöte in d von Joseph Menuett zu tanzen, so bließ er auf einer Flûte Schin, Neuburg/Donau, gebaut douce uns etwas Faßliches im Dreivierteltakt zwischen 1826 und 1870 (Ger - manisches Na ti onal mu se um Nürn - vor, und wir bewegten uns darnach, so gut wir berg, MIR 197) konnten.“39 In der Novelle von 1828 bezieht

180 TIBIA 3/2008 Fleitl – Flûte douce – Flötuse

Abb. 7: Ausschnitt aus: Paul Stark, Wholesale Price List (1893), S. 235. sich Goethe wohl ebenfalls auf die Flûte douce: Die Flûte douce des 19. Jahrhunderts hat auch „Der Knabe schien seine Flöte versuchen zu Spuren in der Musik hinterlassen: So tragen wollen, ein Instrument von der Art, das man z. B. mehrere der frühen Drucke von Kom po si - sonst die sanfte, süße Flöte zu nennen pflegte; tionen für den Wiener Csakan als Be set zungs - sie war kurz geschnäbelt wie die Pfeifen; wer es angabe den Vermerk „pour le Csákan ou flûte verstand, wusste die anmutigsten Töne daraus Douce“, so z. B. die Sonate brillante (1811) von hervorzulocken.“40 Jean Paul meint 1804 mit Anton Heberle.43 Auch die Verwendung von „Flûte à bec“ wohl ebenfalls unseren Block flö - „zwey schlecht geblasenen Flöte doucen“ in ten typus: „Der Baßgeiger, ein Welscher, moch- einem Gelegenheitswerk von Carl Maria von te zuerst mit seinem Fidelbogen den Ellen - Weber (1806) und die Blockflötenstimmen in sei- bogen des Flötabec-Pfeifers im Feuer angestri- ner Oper Peter Schmoll und seine Nachbarn chen, oder vielleicht auch auf solchen, wie auf (1801) passen in das Bild.44 Christian Friedrich einer Baß-Saite, pizzicato geschlagen haben (…) Daniel Schubart attestierte 1809 der „Flaute doul- der Flüte-a-beccist lag denn auch nieder, nahm ce“: „Der allzu leise Ton, und der geringe Um fang sich aber auf dem Boden erst der Nation hitzig des Instruments, hat es heut zu Tage beynahe aus an und fuhr dem Feinde mit der Flûte à bec ins der Mode gebracht: man hört es weder in der Gesicht und Maul, um ihn vielleicht so mit dem Kirche, noch bey Concerten mehr.“45 Schnabel der Flöte mehr an sich zu ziehen am eignen.“41 V

Fritz Reuter erwähnt die „Fläutduhs“ noch Wie schon eingangs festgestellt wurde, konnten 1855 in seiner „Poetischen Erzählung in nieder- das Französische Flageolett und der Wiener deutscher Mundart“ De Reis’ nah Belligen.42 Csakan in der heutigen Praxis noch keine grö-

TIBIA 3/2008 181 Peter Thalheimer

ßere Verbreitung finden. Die Chancen für eine 10 Vgl. Douglas MacMillan: The Recorder 1800–1905; in: Wiederbelebung der Flûte douce des 19. Jahr - The Recorder Magazine 27 (2007), S. 127. hunderts stehen dagegen sehr viel besser: Im 11 Sammlung des Verfassers. Gegensatz zum Flageolett funktioniert sie mit 12 William Waterhouse (1993), S. 373. 13 der gebräuchlichen Griffweise, und im Un ter - Abbildung bei Gianni Lazzari: Strumenti a Fiato in Legno dalle collezioni private italiane; Ferrara: schied zum Csakan ist sie einfacher (und des- Tipolitografia Casa Editrice 2001, S. 29. halb billiger) herzustellen. So würden sich z. B. 14 William Waterhouse (1993), S. 68. für eine Flûte douce in c2 vielfältige Ein satz - 15 Civico Museo degli Strumenti Musicali Milano, Inv. n. möglichkeiten im Bereich der schon neu verleg- 318, vgl. Andrea Gatti: Museo degli Strumenti Musicali; ten Csakan- und Flageolett-Musik anbieten. Milano: Electa 1997, S. 265-266. 16 William Waterhouse (1993), S. 398. Welcher Blockflötenbauer nimmt die Her aus - 17 Natale e Franco Gallini: Museo degli Strumenti forderung an? Musicali, Castello Sforzesco, Milano 1963, S. 150. Nach Andrea Gatti (1997), S. 265, hat das In stru ment Ebenholzringe. Die Ringe sind jedoch eindeutig aus –––––––––––––– Horn gedrechselt. Lediglich der Schnabel hat eine Kappe ANMERKUNGEN aus dunklem Holz, vermutlich Grenadill. Es handelt 1 Josef Zimmermann: Von Zinken, Flöten und Schal - sich dabei wohl um eine spätere Reparatur. meien. Katalog einer Sammlung historischer Holz blas - 18 Andrea Gatti (1997), S. 265-266. in strumente; Düren 1967, S. 13. 19 S. 17-20. Adrien und Camille Thibouville firmierten 2 MIR 203 und 202, vgl. Martin Kirnbauer: Verzeichnis unter diesem Namen seit 1891, vgl. William Waterhouse der Europäischen Musikinstrumente im Germanischen (1993), S. 397. Nationalmuseum Nürnberg, Band 2, Flöten und 20 Sammlung des Verfassers. Rohrblattinstrumente bis 1750; Wilhelmshaven: Florian 21 Alfred James Hipkins: Musical Instruments Historic, Noetzel 1994 (Quellenkataloge zur Musikgeschichte, Rare and Unique: Edinburgh: Adam and Charles Black hrsg. von Richard Schaal, 24), S. 42-45. 1888, Plate XL. 3 Phillip T. Young: 4900 Historical Woodwind In stru - 22 Marianne Betz: Der Csakan und seine Musik: Wiener ments. An Inventory of 200 Makers in International Musikleben im frühen 19. Jahrhundert, dargestellt am Collections; London: Tony Bingham 1993, S. 247-252. Beispiel einer Spazierstockblockflöte; Hans Schneider, Hans Bruckner: Die Pfeifenmacherei in Berchtesgaden; Tutzing 1992, S. 38: Enrico Weller: Der Blas in stru men - in: Tibia 4 (1979), S. 292-295. Josef Focht: Flöten in der tenbau im Vogtland von den Anfängen bis zum Beginn bayerischen Volks- und Gebrauchsmusik; in: Flö ten in - des 20. Jahrhunderts. Untersuchungen und Do ku men - strumente – Bau und Spiel. Begleitband zur gleichnami- tationen zur Geschichte eines Gewerbezweiges der gen Ausstellung; München: Bayerischer Landesverein Musikinstrumentenindustrie; Dissertation Chemnitz für Heimatpflege 2003, S. 20. 2002. Hrsg. vom Verein der Freunde und Förderer des 4 Listen der erhaltenen Instrumente bei Phillip T. Young Musikinstrumenten-Museums Markneukirchen e.V.; (1993), S. 247-252. Markneukirchen 2004, S. 78. 5 William Waterhouse: The New Langwill Index. A 23 S. 152 Dictionary of Musical Wind-Instrument Makers and 24 Günther Joppig: Vorwort zum Reprint des Zim mer - Inventors; London: Tony Bingham 1993, S. 285. Kurt mann-Kataloges; in: Julius Heinrich Zimmermann: Birsak: Die Holzblasinstrumente im Salzburger Mu - Musikinstrumente; Leipzig [o. J.], Reprint Frank furt/ seum Carolino Augusteum. Verzeichnis und entwick- Main: Zimmermann 1984, datiert den Katalog auf 1899, lungsgeschichtliche Untersuchungen; Salzburg 1973 William Waterhouse (1993), S. 444, auf 1908. Weil die auf (Publikationen des Instituts für Musikwissenschaft der dem Titelblatt erwähnte Filiale in Riga lt. Waterhouse Universität Salzburg, Band 9), S. 23. erst 1903/05 eröffnet wurde, ist Joppigs Datierung un - 6 Frank P. Bär: Die Sammlung der Musikinstrumente im wahrscheinlicher. Fürstlich-Hohenzollernschen Schloß zu Sigmaringen; 25 Günther Joppig (1984), o. Pag., William Waterhouse Tutzing: Schneider 1994, S. 64 und S. 194; William Wa - (1993), S. 444. ter house (1993), S. 177. 26 S. 235. Vgl. Hermann A. Moeck: Zur „Nach ge - 7 Hans Bruckner (1979), S. 289. schichte“ und Renaissance der Blockflöte; in: Tibia 2 8 Erich Benedikt: Zur Geschichte der alpenländischen (1978), S. 79. volkstümlichen Querpfeife und anderer Flöten. Der 27 Die „Rumänische »Flötuse«“ im Musikhistorischen Kärnt ner Schwegelmacher Hausa Schmidl; in: Tibia 1 Museum Kopenhagen, genannt bei Angul Hammerich: (1982), S. 15. Das Musikhistorische Museum zu Kopenhagen. Be - 9 Waldemar Woehl: Wandlungen meines häuslichen schreibender Katalog; Kopenhagen 1911, Kom mis sions - Musizierens; in: Hausmusik 14 (1950), S. 82. verlag Breitkopf & Härtel, Leipzig, S. 21, ist eine fünf-

182 TIBIA 3/2008 Fleitl – Flûte douce – Flötuse

löchrige Blockflöte, die wohl nicht im Zusammenhang Wilhelmshaven: Florian Noetzel 1989, S. 207; Erich mit der vogtländischen Flötuse steht. Vielleicht geht die Tremmel: Blasinstrumentenbau im 19. Jahrhundert in Verwendung des Begriffes auf die Übersetzerin Erna Südbayern (Collectanea musicologica, 3); Augsburg: Bobé zurück. Der Begriff „Flötuse“ als deutsches Wort Bernd Wißner 1993, S. 362f, S. 413; William Waterhouse für „Flûte douce“ wird noch 1931 verwendet bei Hans (1993), S. 354. A. Martens: Die Blockflöte in heutiger Zeit; in: Zeit - 37 Landesmuseum Johanneum Graz, KGW *1.423, vgl. schrift für Musik 98 (1931), S. 26. Gerhard Stradner: Musikinstrumente in Grazer Samm - 28 Paul Stark: Wholesale Price List (1893), S. 235. lungen (Grazer öffentliche Sammlungen); Wien: Öster- 29 Auch wenn man die gesamte Stimmungs- und Maß - reichische Akademie der Wissenschaften 1986 (Tabulae tabelle nur auf die direkt darunter abgebildeten Blech - Musicae Austriacae, Band XI), S. 18, und William flöten – in der englischen Fassung „Tin Fifes“ – bezieht, Waterhouse (1993), S. 368. macht sie keinen Sinn. 38 Bartolomeo Bismantova: Compendio musicale; 30 Vgl. Peter Thalheimer: Blockflötenbau in der Ferrara 1677, Faksimile Florenz: SPES 1978; Bruce Anonymität: Die Familie Schlosser aus Zwota; in: Tibia Dickey, Petra Leonards, Edward H. Tarr: Die Ab hand - 2/2005), S. 427-432. lung über die Blasinstrumente in Bartolomeo Bis man - 31 Zur Zeit der Söhne von Johann Gabriel jr. und Gustav tovas „Compendio Musicale“ (1677): Übersetzung und Adolph, die beide Heinrich Oskar getauft worden wa - Kommentar, in: Basler Jahrbuch für Historische Mu - ren, und auch später wurde in der Familie das Stempeln sikpraxis II (1978), Zürich 1979, S. 143-187. mit dem Namen Schlosser vermieden, weil man sich 39 Johann Wolfgang von Goethe: Dichtung und Wahr - nicht Konkurrenz machen wollte (pers. Mitteilung von heit. Autobiographische Schriften, Teil 2; München Siegfried Schlosser, 20.05.2005). 111982 (Hamburger Ausgabe, hrsg. von Erich Trunz, 32 Im Besitz des Norsk Folkemuseum und The Nor - Bd. 9), S. 389. wegian Broadcasting. 40 Johann Wolfgang von Goethe: Novelle. Romane und 11 33 Persönliche Mitteilungen von Svein Egil Skotte, Oslo, No vellen 1; München 1982 (Hamburger Ausgabe, vom 21. und 24.04.2005 und Bodil Diesen vom hrsg. von Erich Trunz, Bd. 6), S. 506. 07.05.2005. 41 Jean Paul: Flegeljahre. Eine Biographie, in: Werke, Bd. 34 Herbert Heyde: Flöten. Musikinstrumenten-Museum 2, hrsg. von Gustav Lohmann; München 1959, S. 655. der Karl-Marx-Universität Leipzig, Katalog, Band 1, 42 Fritz Reuter: De Reis’ nah Belligen. Poetische Leipzig 1978, S. 34. Erzählung in niederdeutscher Mundart; Wismar, 8 35 Herbert Heyde: Katalog zu den Sammlungen des Rostock und Ludwigslust 1875 (= Sämmtliche Werke Händel-Hauses in Halle, 7. Teil, Mu sik in stru men ten - von Fritz Reuter, Band 3), S. 93f. sammlung, Blasinstrumente, Orgeln, Harmoniums; 43 Faksimile des Titelblatts in der Neuausgabe (1967, Halle an der Saale 1980, S. 298f., William Waterhouse 1992), jetzt Carus 11.212. (1993), S. 32. 44 Hermann A. Moeck (1978), S. 17. 36 Renate Huber: Verzeichnis sämtlicher Mu sik in stru - 45 Christian Friedrich Daniel Schubart: Ideen zu einer mente im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg; Ästhetik der Tonkunst; Wien 1806, S. 322. o

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TIBIA 3/2008 183 Lajos und Siri Rovatkay

Lajos und Siri Rovatkay Neues vom Csakan: Krähmer, Széchenyi, Wien, Rossini und eine kürz - liche Entdeckung

vermitteln. Im Bereich des Csakan-Repertoires (1807– ca. 1850) ist dies deutlich der Fall, wobei die Ermittlung der Identität einzelner Wid - mungsempfänger zumeist nicht einfach ist. Die geographische Konzentration des Csakanspiels auf die Donaumonarchie Österreich/Ungarn ist an sich nicht direkt die Ursache hierfür, viel- mehr aber das dortige spezielle Netz und die gesellschaftliche Funktion derer, die dieses In - strument spielten.

Wenn dieser Aufsatz auch die Gestalt Graf István Széchenyi beleuchtet, dann zeigt sich in Verbindung mit diesem in West europa wenig bekannten großen Staatsmann, welche auf- Graf István Széchenyi um 1840 schlussreichen Querverbindungen die Kultur - geschichte des Csakans in sich birgt. Die Die Betrachtung der Widmungsempfänger Rückwirkung für das Verständnis der betref- musikalischer Kompositionen kann interessan- fenden Komposition – Op. 18 von E. Krähmer te Einblicke in das kulturgeschichtliche Umfeld – ist geradezu eklatant. Zur inhaltlichen

Siri Rovatkay-Sohns studierte Blockflöte an der Lajos Rovatkay, geboren in Budapest, studierte an Hochschule für Musik und Theater ihrer Heimatstadt den Musikhochschulen seiner Vaterstadt und Frank - Hannover. Bis zum Jahr 2004 war sie Professorin einer furt/Main. Er war Professor für Cembalo und Orgel Blockflötenklasse an diesem Institut. Zahlreiche Wett - und Leiter des „Studios für Alte Musik“ an der Hoch - bewerbspreisträger auf nationaler und internationaler schule für Musik und Theater in Hannover. Als Solist Ebene gehörten zu ihren Schülern. Siri Rovatkay- auf historischen Tasteninstrumenten und der Orgel, Sohns wirkte als Gastprofessorin und Kursleiterin an als Kammermusiker und Ensembleleiter entfaltete er verschiedenen Musikhochschulen und war Jury- eine vielseitige künstlerische Tätigkeit im In- und Mitglied bei verschiedenen Wettbewerben im In- und Ausland, von der einige CDs Zeugnis ablegen. Auch Ausland. Konzertreisen mit dem solistischen und als Pädagoge spielte er eine namhafte Rolle bei der kammermusikalischen Repertoire zwischen Re nais - Neubelebung und Vertiefung der Alte-Musik-Be - sance und Frühklassik führten sie durch ganz Europa wegung in Deutschland. Untrennbar damit verbunden sowie zu Musikfestivals in Europa und Amerika. Es war und ist eine intensive Forschertätigkeit, gerade liegen zahlreiche Rundfunk- und CD-Aufnahmen vor, auch in bezug auf vergessene Musik früherer Zeiten. auf denen Siri Rovatkay-Sohns mit Ersteinspielungen In diesem Zusammenhang sind mit seinem Namen unveröffentlichter italienischer Musik des 17. und 18. viele wissenschaftliche Veröffentlichungen, Noten- Jahrhunderts zu hören ist. Sie arbeitet eng mit namhaf- Erst publikationen, Erstaufführungen und Erst ein - ten Blockflötenbauern des In- und Auslands zusam- spielungen verbunden. men und widmet sich in besonderem Maße der Seit Jahren setzt er sich praktisch und theoretisch für Erarbeitung später Bereiche des Block flö ten re per - die ungarische Verbunkos-Musik der Frühromantik toires des 19. und 20. Jahrhunderts sowie der Er for - und für die Csakanmusik jener Zeit ein. Lajos schung und konzertanten Wiedergabe der virtuosen Rovatkay ist Träger des Niedersachsen-Preises 1992. Csakan-Musik der Frühromantik auf In stru men ten, die den Originalen der Zeit nachgebaut sind.

184 TIBIA 3/2008 Neues vom Csakan

Endgestalt dieses Artikels trug eine kürz liche Entdeckung von Michael Hell (Graz) in nicht geringem Maße bei.

Die Variations Brillantes für Csakan und Piano forte Op. 18 von Ernest Krähmer (1795–1837), gedruckt im Jahre 1829 bei Mechetti in Wien, sind dem Grafen István Széchenyi gewidmet. Graf István Széchenyi (1791–1860), geboren in Wien, war Spross einer traditionsreichen unga- rischen Adels familie. Sein Vater, Graf Ferenc Széchenyi war, wie manch einer des ungarischen Hoch adels, in Wien sesshaft, mit engen Kontakten zum kai - serlichen Hof. Nichts destoweniger war er ein echter ungarischer Patriot: Die Schenkung seiner Pri vat bi bli othek war der Gründungsakt der Un ga ri schen Na - tional bibliothek im Jahre 1802. Diese trägt heute noch seinen Namen (Széchenyi-National bib lio thek).

Graf István Széchenyi stellte sein Leben – auch im Geiste seines Vaters – in zu - nehmendem Maße in den Dienst Un - garns. Als liberal ge sinnter Denker von europäischem Format, be trieb er mit Weitsicht die Umwandlung seiner feuda- listisch zurückgebliebenen Hei mat in ein bürgerlich entwickeltes Land mit In fra - struktur und Industrie, nach dem Muster des in eingeweiht und ist noch heute in der Ori gi nal - dieser Hinsicht fortschrittlichsten Landes in form ein von Touristen bewundertes Wahr - Europa: Eng land. Er war 1825 Gründer der zeichen der ungarischen Hauptstadt. Aka de mie der Wis sen schaften (mit Anteilen seines Ver mögens finanziert), organisierte den Es war die Zeit des von politischen Reformen Straßen- und Eisen bahn bau des Landes und geprägten „Vormärz“ in der Széchenyi seine regelte die Donau für die Dampfschifffahrt. In Tätigkeit für Ungarn geleistet hat. Die Ungarn mehreren Buch ver öffentlichungen beschrieb er verehren ihn in dankbarer Er innerung als den den Weg zu einer modernen Wirt schafts - „Größten Un garn“. So steht es auch auf der Ge - struktur. Schließ lich verwirklichte er seinen denk tafel, welche sein Ge burts haus Herren - lang jährigen Traum von einer festen Brücken - gasse 5 im Zentrum von Wien schmückt. verbindung zwischen den an beiden Do nau - ufern liegenden Städten Buda und Pest, die er Széchenyis Verhältnis zur Musik entsprach sich bereits unter dem Namen Budapest verei- etwa dem eines für eingängige Melodien em - nigt vorstellte. Diese prophetische Vi si on pfänglichen Musikliebhabers. Seine Tagebücher wurde erst Jahr zehnte später, 1873 Wirklichkeit. lassen erkennen, dass er ein Ver ehrer Rossinis Die Brücke, – die „Ketten brücke“ – wurde 1849 war, dessen Opern er in Wien wiederholt be -

TIBIA 3/2008 185 Lajos und Siri Rovatkay

und Kammermusiker und damit auch zum Solo-Oboisten der Hof - kapelle und des Hof theaters er - nannt. Krähmer, der nicht nur als einer der hervorragendsten Obo - isten der Zeit, sondern besonders auch als bravouröser Csakanspieler gerühmt wurde, trat mit beiden Instrumenten während seiner in- und ausländischen Kon zert reisen auf. Er erweist sich auch als mit Ab stand bedeutendster Komponist des Csakans: in der Erfindung und im Satz stets elegant und ab - wechslungsreich, oft mit individu- ellen De tail lösungen in der Form - gestaltung und zumeist mit sehr virtuosem Anspruch.

Über die persönliche Bekanntschaft Széchenyi – Krähmer konnten wir bisher nur Vermutungen anstellen, zumal die (nur mit Auslassungen Lajos Rovatkay und Siri Rovatkay-Sohns überlieferten) Tagebuchnotizen des Grafen darüber nichts vermerken. suchte. Dies war in den Jahren vor und um Als „Rittmeister“ der kaiserlichen Armee und Széchenyis Übersiedlung nach Pest (1827), zur Hofkämmerer – der auch mit dem erzkonserva- Zeit des gewaltigen Rossini-Booms in Wien, tiven und allmächtigen Kanzler Fürst welcher zwischen 1825 und 1829 in der Metternich in ständigem Kontakt und politi- Kaiserstadt alles andere an Musik (ausgenom- schem Disput stand – verkehrte Széchenyi in men den gerade sich entfaltenden Walzer- offiziellen Kreisen des Hofes und somit auch Taumel) verblassen ließ und die dort wirken- der Hofmusik. den, in der Spätphase ihres Schaf fens stehenden Beet hoven und Schubert nicht gerade schmei- Außer der Widmung Krähmers an Széchenyi, chelhaft berührte. die wir bisher lediglich vom gemeinsamen Nenner „Csakanspiel“ her erklären konnten, Ebenfalls biographisch gesichert ist, dass haben wir die Möglichkeit der persönlichen Széchenyi Csakan geblasen hat, offensichtlich Begegnung Krähmer – Széchenyi noch im Zu - schon von jungen Jahren an. Für seine letzten sammenhang der vom Grafen besuchten Ros - Le bensjahre gewann das Csakan spiel sogar bei- sini-Aufführungen vermutet: das Treffen mit nahe existentielle Be deutung. Hier auf kommen dem Solo-Oboisten der Hofoper im Umfeld wir später zu rück. dieser Anlässe erschien plausibel.

Der Komponist Ernest Krähmer wird von den In der Folge einer kürzlichen Entdeckung von neueren Musiklexika zu Unrecht übergangen. Michael Hell wird nun sichtbar, dass die Ele - Der geborene Dresdener kam 1815 nach Wien mente des angenommenen persönlichen Bezugs und wurde als Oboist am k.u.k. Hoftheater in – auch hinsichtlich der Werkwidmung – nicht Wien angestellt. 1822 wurde er zum k.u.k. Hof- nur Bestand haben, sondern auch miteinander

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Thema: Variations Brillantes Op. 18 von E. Krähmer

Ach! wie sollte ich die reißende Flamme verbergen, wenn mein Herz in der Brust keinen Frieden mehr findet? Wenn mich Amor das Opfer einer grausamen Macht werden lässt? Für Elena, O Gott, stelle ich mich der Gefahr: sie einen Augenblick zu sehen, in diesen Augen zu schwelgen, das ist süße Glückseligkeit, die mein Herz ersehnt! Doch die heiße Sehnsucht wird nie gestillt werden! Die grausame Liebe verweigert mir ihr Mitleid. Ach! Wie sollte ich …

Rossinis Cavatina

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Track 19 völlig überrascht, dass die dort erklin- gende Cavatina Rossinis Ah! come nascondere mit dem Thema der Variations brillantes iden- tisch ist. Michael Hell hat uns von der überra- schenden Entdeckung in freundschaftlicher Weise sogleich Nachricht gegeben, da er wusste, dass wir den Csakan betreffende For schungen be - treiben und gerade eine entsprechende Ein spie - lung mit dem Csakan, u. a. mit diesem Werk, vor - bereiteten. (Im booklet konnte die Ent deckung noch rechtzeitig berücksichtigt wer den.)

Der weltberühmte Startenor Giovanni Battista Rubini (1794–1854) war ein Protagonist der Wiener Rossini-Welle ab 1825, etabliert durch den neapolitanischen Impressario Domenico Barbaja, seit 1821 Verwalter des k.u.k. Hof- Operntheaters nächst dem Kärntnerthore in Wien (auf dem Grundstück des heutigen Hotel Sacher). Detaillierten Schilderungen zufolge war Rubini unschlagbar im dynamisch reich schat- tierten Espressivo, welches er bis zum weichsten Pianissimo abstufen konnte, auch in den hohen Lagen. Er war offensichtlich einer der letzten großen Vertreter des auf das altüberlieferte verknüpft sind und dass sich damit die einzel- „messa di voce“ (leicht angesetzter Schwellton) nen An nahmen zur Beweiskräftigkeit bündeln. gegründeten eigentlichen Bel can tos (und stand Die Entdeckung ist, dass das Thema der damit in denkbarem Gegensatz zur Singweise Variationen Op.18 von Rossini stammt. Dies der meisten, der 100, 150 oder 180 Jahre später wiederum besagt, dass das Werk nicht nur auf wirkenden Stars im „italienischen Fach“). den Csakanspieler, sondern zugleich auch auf Rubinis Verehrung, gerade in Wien, kannte den Rossiniliebhaber anspielt und damit – keine Grenzen, persönliche Einladungen bis zu zunächst mindestens – einen doppelten Bezug höchsten Kreisen des Adels und des Hofes hat. Die Implikation, dass Krähmer von der waren eine Selbst ver ständ lichkeit. Rossini-Begeisterung des Grafen wusste, erhär- tet die Annahme einer persönlichen Be kannt - Die Cavatina Ah! come nascondere fügte schaft der beiden nunmehr auch vom „Rossini- Rossini speziell für Rubini in die Oper La Bezug“ her. donna del lago (1820) aus Anlass der Pariser Aufführungen des Werkes im Jahre 1825 ein Hergang der Entdeckung; (a) Michael Hell (indem er sie aus ihrem ursprünglichen Be stim - kannte die Variations brillantes aus dem Block - mungsort aus der früheren Oper Ermione her- flötenstudium bei Siri Rovatkay-Sohns an der auslöste). Diese Fassung von La donna del lago Musikhochschule Hannover. (b) Im Zu sam - wurde in Wien mit Rubini am 20. Dez. 1827 men hang mit seiner Beschäftigung mit der sowie 3. Januar und 26. März 1828 im Kärnt - Geschichte der musikalischen Interpretation nerthor-Theater aufgeführt. Es ist anzunehmen, bekam er eine CD geschenkt: Arias for Rubini, dass Széchényi eine dieser Aufführungen gesungen vom Tenor Juan Diego Flórez (Decca, besuchte und von der Cavatina sogleich verzau- 2007). (c) Beim Anhören der CD erkennt er bei bert war. Er konnte das Ohrwurm-Stückchen

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in Rubinis Vortrag aber sicherlich auch im exklusiven privaten Rahmen hören. Es ist ganz ungewöhnlich, dass Krähmer die 50 jahre Herkunft des Fremdthemas nicht angegeben hat, zumal damals – und gerade in Wien – das H. C. FEHR Brüsten mit einem Rossini-Thema eher etwas Blockflötenbau · Schweiz Ehrenhaftes war. Es liegt auf der Hand, das Verschweigen im persönlichen Widmungs- und Präsentcharakter der Komposition zu sehen. Die Hintergründigkeit des Geschenks scheint Alleinvertrieb für Deutschland: aber besonders subtil zu sein: Széchenyi, Zeit seines Lebens ein psychosomatisch-übersensi- Flute Village bler Charakter, schwelgte fast jahrzehntelang in Inhaber Friedemann Koge Liebessehnsucht nach seiner späteren Frau www.musikhaus-da-capo.de Crescentia Seilern. Die Tage buch auf zeich - D-35216 Biedenkopf nungen vermitteln das Bild eines fast masochi- Schulstraße 12 stisch Hoffnungslosen, der das ersehnte Ufer Tel. o 64 61 nie erreichen kann. Der Graf, der auch fließend 69 62 italienisch sprach, konnte im Text der Cavatina genau seine eigene Seelenlage erkennen. Die einzelnen Zeilen sind sogar zum Verwechseln

ähnlich mit den entsprechenden Ausführungen € in den Tagebüchern. War der Text der Cavatina das eigentliche Vehikel für Komposition und Widmung? Dann war Krähmer sogar ein Ver - trauter Széchenyis, der von dessen Seelen - 350,50 problemen wusste. In der Tat könnten die Merk male der Komposition wie ein musikali- sches Psychogramm des Grafen gedeutet wer- den: Die Einleitung steht im Zeichen der schroffen Dualität von feierlich-kraftvollen, punktierten Akkordschlägen und sanften, lyrisch-sehnsüchtigen Klanglinien. Die unge- wöhnlichen ausgelassen-munteren aber auch drängenden Klavier-Epiloge nach den Va ri a tio - nen 1, 2, 3, 4 wirken wie kompensierendes Ab - reagieren des Vorausgegangenen.

Überaus bemerkenswert erscheint die ungari- sche „Ver bunkos“-Färbung der dritten Phrase der Ros sini-Cavatina, die den Grafen mögli- cherweise zusätzlich gerührt hatte. Der auf die quasi lombardisch „schnappenden“ (oder trio- lischen) Figuren folgende abwärts gerichtete punktierte Dur-Dreiklang ist ein herausragen- Zum 50. Jubiläum mit limitierten z.B. eine H.C. Fehr Auflagen, Blockflöte Alt in F’, barock, Buchsbaum für nur Buchsbaum barock, Alt in F’, Blockflöte

der Topos des „Verbunkos“-Tonfalls (abgeleitet Sondermodelle von der von Zigeunerensembles vorgetragenen

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Musik der Soldatenwerbung). Er erscheint im Stufe stehende „ungarische Stelle“ auf einen her- allgemeinen an exponierten Stellen, wenn nicht vorgehobenen Platz, als Eröffnung des 2. Teils, gar gleich am Anfang eines Stückes oder Ab - auch im Sinne eines regulären Harmonieplans. schnittes, ganz dem ihm innewohnenden emo- Die Variationen unterstreichen sodann die tionellen Signal-Charakter gemäß. Wendung jeweils mit besonderer Emphase, die Adagio-Variation kostet die melancholische Pathetik des abwärts gerichteten Dreiklangs in besonders expressiver Weise aus. Die Frage, ob die Stelle in der Cavatina eine unbewusste Erinnerung Rossinis vom Vortrag der damals allmählich europaweit reisenden ungarischen Zigeunerkapellen war oder nur zufällig zustan- de kam, ist nicht zu beantworten. Krähmers geschildertes Umgestaltungsmanöver und die Her vorhebung der Wendung lässt kaum Zweifel daran, dass er – der den in Wien sehr Krähmer exponiert Rossinis 18-taktige Cava - modischen „Stil Hongrois“ souverän be - tina als Thema wörtlich (mit klaviergerechter herrschte und die ungarische Färbung zweifel- Änderung der Begleitfiguration). Für die los klar heraushörte – mit der Hervorhebung Variationen formt er es aber in eine 2 x 8-takti- dem ungarischen Grafen einen besonderen ge Gestalt um (Kürzung der Ab schluss - Gestus offerieren wollte. So besitzt die Be - wendung) mit klarer Mittelzäsur. Damit rückt handlung der „ungarischen Stelle“ der Cava - er die auf der charakteristischen Parallel-Moll- tina im wahrsten Sinne des Wortes besonderen Stel len wert, nicht nur hinsichtlich der Frage der persönlichen Beziehung zwischen Krähmer und Széchenyi. Sie wirft auch Licht auf die Hell hörigkeit und subtile Hintergründigkeit der Verfahrensweise des so leichtfertig unter- schätzten Kom ponisten.

Der auf Reformen bedachte, liberale, aber mo - narchietreue Graf Széchenyi gerät nach 1840 immer mehr in Konflikt mit dem mächtigen radikal-revolutionären Flügel seiner Lands - leute, welcher die Los lösung Ungarns vom Wiener Kaiser anstrebte. Nach der Pro kla ma - tion der Un ab hän gigkeit im Jahre 1848 und nach der Niederwerfung des Freiheitskampfes durch russische Truppen (nicht zum letzten Mal in der ungarischen Geschichte) als „brü- derliche Hilfestellung“ des Zaren für den öster- reichischen Kaiser gerät Széchenyi in tiefe Ver - zweiflung. Im Zustand der geistigen Ver - wirrung wurde er 1849 in eine Ner ven - heilanstalt in Döbling (heute ein Teil Wiens) eingeliefert. Dort verbrachte er noch zehn Jahre, bis er 1860 mit einem Kopfschuss seinem Leben ein Ende machte. Die Jahre in Döbling

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Berichterstatters spielte er einen Csardas und machte die Tanz be wegungen mit den Füßen dazu. Aus den Be schreibungen geht hervor, dass er das Csakan spiel als seelischen Trost und Erholung betrieb. In einem authentischen Interview jener Jahre sprach er sich eindeutig in diesem Sinne aus. Der Graf war zweifellos der prominenteste aller nicht professionellen Csakanspieler und vielleicht auch der letzte, der auf diesem in jener Zeit schon ausgestorbenen In stru ment noch spielte. Auf dem hier wieder- gegebenen, auf Grund eines Originalfotos nachgezeichneten Bildes der Zeit ist Széchenyi im Fenster seines Döblinger Appartements zu sehen, mit seinem einklappigen Csakan in der Hand.* Sein Nervenzustand war in Döbling recht wechselhaft. Wenige Tage nach einer bru- talen polizeilichen Durch suchung seiner Zimmer beendete der Graf sein Leben in der Nacht zum Oster sonntag 1860 im großen Lehn stuhl sitzend, an der Seite seines Csakans.

* Wir bedanken uns für die Genehmigung der Re pro duktion des Bildes aus dem Besitz des Széchenyi-Museums in Nagycenk / waren zum Teil mit intensiver politisch-publi- Ungarn. zistischer Arbeit ausgefüllt. In Un garn herrsch- ––––––––––––––––– te polizeistaatlicher Terror des Wiener Regimes Literatur (Auswahl) als Vergeltung, und Széchenyi blieb für viele die Betz, Marianne: Der Csakan und seine Musik, 1992 einzige, wenn auch fiktive Hoffnung. Der Graf The Donizetti Journal Nr. 4, Oxford 1980 (zu G. B. Rubini) verfügte in der Anstalt über ein stattliches Falk, Miksa: Die letzten Jahre und der Tod des Grafen Appartement mit zwei Bediensteten. Er las alle István Széchenyi, Pest 1867 Fétis, Fr. J.: Biographie universell des musiciens …, 1835–1844 Zeitungen, arbeitete an Veröffentlichungen und (zu E. Krähmer) Flugblättern und empfing Gäste. Seine Frau Huber, Konrad: Giovanni Battista Rubini, Universität und seine Söhne sah er regelmäßig. Dabei stand Wien 1991 er unter ständiger, wenn auch relativ diskreter Kecskeméthy, Aurel: Die letzten Jahre und der Tod des Po li zei be ob ach tung. In zwei zeitgenössischen Grafen István Széchenyi, Pest 1866 Berichten sind die Döblinger Jahre des alten Mendel, H.: Musicalisches Conversations-Lexikon, 1883 Mannes authentisch geschildert. Beide erwäh- (zu E. Krähmer) Moeck, Hermann: Spazierstockinstrumente …, in: Studia nen sein Csa kanspiel. In seinem Schlafzimmer, Instrumentorum musicae popularis III, Musikhistoriska links an der hohen Rücklehne seines großen Museet, Stockholm 1974 Sessels befestigt, hing ein schmaler, langer Oplatka, Andreas: Graf Stephan Széchenyi, der Mann, der Stoffsack zur Aufbewahrung seines Csakans, Ungarn schuf, Wien 2004 wie es geschildert und auch auf einem Ori - Die Tagebücher des Grafen István Széchenyi, Fontes ginalfoto zu sehen ist. Dem einen Bericht zufol- Historiae Hungaricae, Budapest 1932 ge fantasierte er auf dem Instrument, „seinem Tarasov, Nikolaj: Blockflöten im 19. Jahrhundert – Fik tion oder Wirklichkeit?, in: Concerto Okt./Nov. 2005 (Teil I), unzertrennlichen Begleiter“, melancholisch- Concerto Dez./Jan. 2005/2006 (Teil II) schweifende Me lo dien, „unendlich fein und mit Wurzbach, C. von: „Lexikon des Kaiserthums Öster- tiefem Gefühl“. In Anwesenheit des anderen reich“, 1865 (zu E. Krähmer) o

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Geri Bollinger Die Entwicklung eines Subbasses – ein Werkstattbericht

Geri Bollinger, der den neuen Küng Su - nen ist ein Trend, der vermutlich noch einige perio Subbass für die Firma Küng Block - Jahre anhalten wird. flö ten bau konstruiert hat, gibt Einblick in Vorüberlegungen, Pläne, Er folge und Rückschläge bei der Kon struk tion seines Wer soll das neue In stru ment spielen? neuen Block flö ten modells. Der Subbass muss professionellen Maß stäben genügen und doch auch für Amateure spielbar Warum einen neuen Subbass sein. Zwei Oktaven Ton umfang mit Nor mal - kon struieren? griffen chromatisch spielbar ist heute Standard.

Ich liebe tiefe Töne. Ein gutes Fun - Was haben andere Blockflötenbauer reali- da ment ermöglicht der Melodie, siert? leicht zu fliegen wie ein Vogel. Das Spannungsfeld von stabiler, tiefer Friedrich von Huenes Subbass kommt dem, Wärme und freier Melodie erzeugt was ich machen will, am nächsten. Eine sehr bei mir das sehr schöne Gefühl von gute, warme tiefe Lage hat dieses Instrument. innerer Weite. Geeignete, starke, Böhm system bei den Klappen ist schlau, aber klare Subbässe sind jedoch selten. auch ein bisschen ungewohnt.

Welche Musik soll darauf gespielt Der alte Küng Classica Subbass ist ja eigentlich werden? recht gut. Was fehlt, sind die Dop pel klappen, und die tiefsten zwei Töne sind nicht stark Die Musik der Renaissance braucht genug. keine zwei Oktaven Tonumfang. Für alle übrigen Epochen gibt es Der clevere Kistchenbass von Pätzold ist op - keine Originalliteratur. Cello, Fa - tisch völlig anders. Der Klang erinnert an eine gott oder Kontrabass sind dem Sub - gedackte Orgel. Die Tiefe ist gut, die Höhe eher bass an Kraft und Aus drucks - rauschig. möglichkeit überlegen, das gilt für Barock, Klassik, Romantik, Jazz, Folk, Pop und Ethno. Am ehesten Geri Bollinger machte zu - wird vermutlich in reinen Flö ten - nächst eine Lehre als Elek - consorts ein Bassfundament ge - tro mechaniker, studierte braucht. Und einige In di vi dua listen dann Blockflöte bei Ruth werden die Tiefe sicher kreativ nut- Walser, Conrad Steinmann zen. und Matthias Weilenmann und erwarb 1984 sein Lehr - Wie soll der Klang werden? diplom. An der Mu sik - schule Schaffhausen unter- Dunkel, präsent, kräftig und wen- richtete er fünf Jahre lang, bis er 1990 zur Firma Küng Blockflötenbau kam. dig soll er werden, denn das Be - Dort ist er seitdem als Entwickler von In stru men - dürf nis nach erdigen, warmen Tö - ten tätig.

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Rösslers Außenform und Klappen sind vermut- Denkbar wären auch andere Systeme! lich von Friedrich von Huenes Subbass, die – Überblasen wie bei modernen Instrumenten Innenbohrung von Küng abgeschaut, somit hat (z. B. Querflöte), die Oktaven werden mit er auch die gleichen Schwächen. demselben Griff überblasen. (Ganassigriffe beruhen auf diesem System.) Gibt es einschränkende Vor be din gun gen? Was mit anderen Griffsystemen möglich wäre, Je tiefer eine Blockflöte ist, desto leiser wird sie. kann ich nur erahnen. Ich glaube, höchst Ein kräftiges Bass instrument braucht sehr viel Interessantes käme zutage. Aber wer soll diese Luft (die Orgel hat einen Motor)! Wird der Entwicklung bezahlen? Kaum ein Spieler wird Luftverbrauch den men schlichen Mög lich - bereit sein, gänzlich neue Griffe zu lernen und keiten angepasst, ist das In stru ment viel zu somit wäre das Instrument kaum zu verkaufen. leise. Eine Lösung dieses Problems sehe ich nicht! In großen Räumen spielen hilft den tie- Gut zu greifen soll das Instrument sein. Das fen Frequenzen. bedingt einige große Klappen, die mehr oder weniger starke Geräusche machen. Bei der Beispiel: Lautstärkenverhältnisse von Block flö - geringen Gesamtklangstärke des Subbasses ten bei einer Bachfuge: kann das ein großes Problem werden.

Der Entwurf

Den Superio Großbass auf Sub - basstiefe um rechnen geht nicht.

Lautstärke Das La bium würde zu groß (Luft verbrauch), das Dau men - loch riesig, und einige Halb töne Tenor Bass Grossbass Subbass würden in der Tiefe nicht mehr gut klingen. Bleibt, das Ver bes - sern des eigenen alten Subbasses zu versuchen sowie Kontakt mit Starke, stabile tiefe Töne basieren auf stimmen- Friedrich von Huene aufzunehmen. den Obertönen1. Die heute übliche barocke Griffweise basiert auf falschen Obertönen! Das Den alten Classica Subbass habe ist ein Grundproblem, das sich bei sehr tiefen ich in zwei Wochen verbessert. Die Instrumenten verstärkt. hohen Töne e1 f1 sind zwar etwas tief, aber doch passabel. Schon fertig? Die sogenannte barocke Griffweise hat sich Möglich! durchgesetzt, dabei hat sie doch einige Mängel. Soll ich einen Knicksubbass machen? Ich – Die Ansprache vom hohen f1 ist in dieser kann das drehen, wenden und biegen wie Griffart immer heikel. ich will, es gibt mindestens 4 Knicke. – Das B = 0 123 4 67 klingt ohne 7 viel besser Akustisch ist es schon möglich, optisch ist (original barocker Griff!). eine solche In stalla tion sogar mir zu viel. – Viele Gabelgriffe klingen bei tiefen Flöten verklemmt wegen der relativ kleinen Griff - Mit Anblassystemen schlage ich mich löcher. schon längere Zeit herum. Enge Kappen – Die Stabilität der Grundtöne leidet unter mag ich nicht, weil sie den Luftstrom stark der ungenauen Obertonbildung. umlenken und einen rauschigen, ge -

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quetschten Klang Details! Von dieser Großzügigkeit bin ich über- er zeugen. Wa rum wältigt. Ich will nicht dieses Instrument kopie- machen alle das ren, ich möchte wirklich meine eigenen Ver - An blas rohr in der suche machen, weil das Kopieren nur wenig Mit te der Kappe neue Erkenntnisse bringt. Als Basis sind diese und nicht über Daten Friedrich von Huenes aber von un - dem Wind kanal? schätzbarem Wert für mich! Re nais sance-Sub - bässe ha ben keine Ich habe zwei Subbässe von Friedrich nachge- hohe Lage, und baut. Die 415-Hz-Version funktioniert sehr mit dem Rohr im gut, besser als die 440-Hz-Version. Wenn ich Zentrum der Kap - den 415-Hz hochrechne auf 440 Hz komme ich pe ergibt das Um - in die Nähe des alten Küng-Subbasses. lenk ge räusch ei nen mischfähigen Klang. Bei „barocken“ Sub bässen In dieser Zeit hat Adriana Breukink Schnitzer- wird die hohe Lage aber stark rauschig, das gibt Subbässe (mit zwei Oktaven und einer Klappe!) wenig Sinn. Ich versuche es mit einem weiten fertig gebaut, das möchte ich unbedingt sehen. Rohr und einem direkten Luft strom aufs La - Völlig erkältet reise ich mit meinem Prototypen bium. Das Dunkle im Klang will ich anders er - in den Norden. Sehr inspirierend ist der Ver - zeugen: mit der Mensur und dem Labium. gleich. Ich verstehe das Instrument von Adriana physikalisch nur annähernd. Ei gent lich ist das Ein große Überraschung kommt von Friedrich unmöglich, schlicht genial! Die Schnit zer - von Huene: Er schickt uns alle Pläne und mensur ist insgesamt gar nicht sehr weit, das überrascht mich. Adrian Brown kommt auch noch zu Besuch, und das Fach simpeln mit zwei so guten Flötenbauern (und Men schen) ist die geistige Nahrung, die ich brauche. Die zwei Tage in Holland machen große Lust darauf, Neues auszuprobieren.

Ist mein verbesserter Küng-Subbass-Prototyp zu eng in der Mensur? Mit Andreas und Tho - mas Küng zusammen wird entschieden, Ver - suche mit weiteren Mensuren zu machen.

Die Mensur und ihre Bedeutung für das Instrument

Die Maße der Innenbohrung geben dem In stru - ment den Charakter. Bei gleichem Grundton macht eine weite Bohrung den Klang dunkler und die Röhre kürzer. Die Länge hat einen gro- ßen Einfluss auf das Verhältnis vom Grundton zu den Obertönen. Bei gleichem Grundton muss bei einer längeren Flöte die Bohrung im Fußbereich weiter sein. Wie die Innenbohrung reagiert, hängt auch sehr stark mit der Ton er - zeugung im Labium zusammen. Durch mes ser -

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änderungen in der Röhre verändern Tonhöhen, Klang, Ansprache und Sta bi li tät der tiefen Töne.

Eine grundsätzliche Frage zur Mensur: Den Küng Classica Subbass weiterver- bessern oder eine neue Men - sur entwickeln? Neu ent - wickeln heisst, viel Zeit und Geld zu investieren für klei- ne Verbesserungen. Die Frage ist sehr berechtigt, ob sich das überhaupt je aus- zahlt. Dies ist auch der Grund, warum viele Ein zel - bauer und Firmen den En t - wick lungs prozess durch kopieren und leicht ändern ersetzen. Eine gefährliche Tatsache, das ge klon te In stru - ment als Schreck ge spenst ist zum Teil schon Wirklichkeit geworden. Bis das Puzzle für alle Töne einigermaßen Eine neue Innenbohrung zu machen, bedeutet stimmt, braucht es viele Versuche. Das heißt viel Arbeit. Jede Veränderung hat immer viele auch immer, Werkzeuge machen und Teile dre- Konsequenzen. hen (nicht eben kleine).

Ein Beispiel: um das A stabiler zu machen, Wichtig ist es, immer alle Versuche gleichzeitig mache ich die Innenbohrung beim Daumenloch im Kopf zu haben! Das ist in einem normalen enger. Ein Holzstück (Fisch) an einem Draht in Fabrikalltag äußerst schwierig. Immer wieder die Bohrung geschoben simuliert dort eine Ver - gibt es große Unterbrechungen (zum Teil Mo - engung. nate!). Einen Vorteil hat das Arbeiten über lange Zeit: die Dinge können langsam reifen. Was passiert? Auch wenn ich nicht am Subbass arbeite, dre- – A wird höher, a wird tiefer = die zu weite hen sich die Rädchen im Hinterkopf. Oktave ist nun besser, das A stabiler. – G bis C werden höher, f bis d werden tiefer, Ausgehend von einer weiten Mensur entsteht e1 bis as1 werden höher – das müsste alles mein nächstes Instrument. Es wird 7-teilig: ein nach der Bohrungskorrektur über die dreiteiliger Kopf, ein zweiteiliges Mittelstück Grifflochposition korrigiert werden. und ein zweiteiliger Fuß! Das ermöglicht es – Dummerweise wurde das F instabiler (Die mir, einzelne Abschnitte der Bohrung für Ver - Obertöne haben sich ungünstig verschoben). suche auszuwechseln. Das scheint einfach, aber – Dieser neue Fehler ist zu groß! Ich muss wie vergleiche ich die Klänge der Teile? Mein eine andere Korrektur versuchen, z. B. im absolutes Klanggedächtnis währt nur etwa 10 unteren Mittelteil erweitern. Sekunden, ein Teil auszuwechseln dauert aber

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etwa eine Minute. Ich löse das Problem mit mit 40 cm sehr lang. Die langen Fußhebel (wie Ton aufnahmen, die ich nachher am Computer bei Friedrich von Huenes Subbass) machen mir vergleiche. Das Hauptproblem sind die Ober - Sorgen. Soviel Masse ist nur schwer leise zu töne der tiefsten drei Töne. Ich versuche, die Ober töne auf dem Grundton ge nau stimmend zu machen. Wenn die Obertöne zum Grund - klang dazu kommen, wird dieser lauter und sta- biler.

Mit den stimmenden ersten Obertönen gibt es unerwartet große Probleme. Die Nei gung zu starken Wölfen (Gur geln) und ein schnelles Kippen in die Ok tave kann ich nicht beseitigen. Solche grundsätzlichen Versuche mit Subbässen zu machen ist denkbar kompliziert. Ich breche diese Ver suche ab, das letzte Wort zu diesem Thema ist mit Sicher heit noch nicht gespro- chen. Ich wünschte mir, andere Flötenbauer würden sich dieses Themas auch widmen.

Der Prototyp entsteht

Nach monatelangem Ringen entscheide ich bewegen. Achsen mit Übergängen zum Fuß mich für eine Mensur. Das Musterinstrument machen? Das wird kompliziert, teuer und stör- mit dieser Innenbohrung ist aber so noch nicht anfällig. Warum nicht das Mittelteil trennen spielbar, weil die Klappen fehlen. Die Griff - und die Mechanik der rechten Hand auf ein löcher sind mit Plastilin abgedeckt und müssen sehr langes Unterteil montieren, wie bei Kla - für jeden anderen Ton neu platziert werden. rinetten? Manchmal sind die einfachen Ge dan - ken die schwierigen! Diese langen Achsen sind Eine hochbarocke Außenform wäre falsch, weil mit Sicherheit das einfachste! es das früher in Subbassform nicht gegeben hat, und eine schlichte Renaissanceform wäre mit Kann das Instrument so produziert werden? soviel Klappen unstimmig. Die Innenbohrung könnte frühbarock sein, und das Äußere frei Die ersten musikalischen Töne sind spielbar. nach Kynseker somit passend. Das dicke In - Das ist ein mit äußerster Spannung verbunde- stru ment wirkt erstaunlich elegant. ner Moment, wird das Instrument gut? Jein …! Das tiefe F und G sind nicht stabil genug, A Der nächste Schritt ist das Anfertigen von prä- und B: die Oktaven sind zu eng, C und D: die ziseren Bohrern. Eine aufwendige Arbeit bei so Oktaven sind zu weit, und das mittlere e klingt großen Metallbohrern. Dann wird der erste seltsam „verdrückt“. Das hohe e1 und f1 sind Prototyp von Grund auf gemacht: drechseln, noch etwas zu hoch. bohren, Labium schnitzen, und dieses Mal mit Klappen. Das unterste Griffloch höher zu legen bringt nichts, außer neuen Problemen. Das zweitun- Klappen entwerfen terste zu versetzen löst viele Probleme auf ein- mal. Die A-Oktave wird etwas heikel, das Klappen klappern! Die Distanz vom rechten nehme ich in Kauf, irgendwo hat jedes In stru - kleinen Finger bis zum untersten Griffloch ist ment seine Schwächen.

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Im Prinzip ist das Instrument jetzt fertig. In der macht nun die ersten brauchbaren Teile, auch Praxis gibt es noch viele kleine Details, die be - das dauert wieder 2 Monate. rei nigt sein wollen. Werkzeuge und Spann vor - richtungen müssen gebaut werden, und ein Es gibt neue Probleme mit den tiefen Tönen, Koffer muss entworfen werden. Beim Spielen auch sonst ist die Intonation vom zweiten ist mir das bisherige Anblasrohr unangenehm Instrument nicht so gut. Korrekturen an der im Blickfeld. Kürzen und 45° Grad nach hinten Innenbohrung werden gemacht. Zufällig wird biegen ergibt eine bessere Sicht auf die Noten. der zweite Prototyp einen Tag vor der Frank - Bis her spritzte die Spucke beim Rohr aus blasen furter Messe fertig. Eigentlich war es nicht vor- un ap pe tit lich umher. Neu wird ein Becher ge - gesehen, den Subbass nach Frankfurt mitzu- staltet, der bei Bedarf geleert werden kann. nehmen, aber wenn er schon „spielt“, ist es na - tür lich spannend, erste Reaktionen zu Carlos Nún˜ez bekommen. Das Echo ist gut, 20 kommt auf Be - Subbässe sind schon bestellt. Die Leute such. Er hat müssen sich aber noch ein Jahr gedulden, große Freude weil ich vorher noch viel angestaute an meinem In - Arbeit erledigen muss! stru ment und sig niert mir den Kleine Änderungen gibt es immer noch, ersten Pro to - so zum Beispiel erhält das Daumenloch typen mit den eine Delle, damit es kleiner wird und bes- Wor ten: Con - ser zu greifen ist. Die Werbung wird gra tu la tions, geplant, und in Schaffhausen findet ein very very good. erstes Konzert mit dem Subbass statt. Ein Carlos Nún˜ez Instrument geht ans Quartet New Gene - 27.01.2006. ration (QNG). Das Instrument wirkte beim Schaffhauser Konzert sehr gut, und auch bei der kürzlich gemachten Auf -

Die Serienproduktion läuft an

Es fehlen noch Erfahrungswerte, sowohl beim Spielen als auch beim Bauen. Eine Kleinserie von drei Instrumenten wird vorbereitet. Ein gutes Instrument kann Glücksache sein. Ge - lingen drei Instrumente, ist der Weg frei für eine Verkaufsserie von erstmal zehn Stück.

Kleine Produktionsprobleme aller Art müssen laufend gelöst werden. Die Programme für die Maschinen müssen geschrieben werden, denn bist jetzt war alles Handarbeit. Gussmuster für die Klappen müssen hergestellt werden. Ich bin ja kein professioneller Klappenbauer, das Herstellen der 4% größeren Muster kostet mich zwei Monate Zeit. Das Klappenfeld der rechten Hand kann leider mit den zu großen Teilen nicht getestet werden. Die Gießerei

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nahme war die Wir kung im Studio erfreulich. gen unterschied von 1 cm aus! Das direkte Ein - Der Kommentar von QNG: „Der Subbass ist blasen macht das Instrument interessant, aber eine absolute Bereicherung unseres In stru men - nicht einfach. Wie sich der Superio Sub bass tariums, und egal wie viele Flöten wir schon bewährt, kann man erst nach einigen Jahren dabei haben, der Subbass muss auch noch mit! sagen. Er ist in jedem Repertoire einsetzbar, sei es nun im Re nais sance consort, einem Choral, einem Eine Verbesserung des über 30-jährigen Clas si - Tango oder einem ganz modernen Stück! Er ist ca-Subbasses ist mir eindeutig ge lun gen, und einfach ein tolles Fundament!“ ich denke, damit einen Bei trag zur Be rei che - rung des En semble klan ges geschaffen zu haben. Andere Rückmeldungen von Spielerinnen und Spielern sind durchwegs positiv. 79 In stru - mente sind bis jetzt fertig, und die Warteliste ist ––––––––––– ANMERKUNG auf eineinhalb Jahre angewachsen, obwohl wir 1 Obertöne sind Teilschwingungen, die den Klang be - viel produzieren. Immer noch tauchen neue stimmen. Sind die Obertöne stark, nehmen wir das als Pro bleme auf. So ist eine Serie, im Winter „röhrigen“ Klang war. Das Ohr oder wohl besser das gebaut, anders als eine, die im Sommer gefertigt Gehirn kann auch Klänge ergänzen: Hören wir eine Obertonstruktur, meinen wir den Grundton zu hören, wird – eigentlich unerklärlich, weil die Maße auch wenn er nicht da ist (so hören wir z. B. die tiefen mit Nachreiben ja identisch sind. Die Raum - Töne eines Kontrabasses aus einem kleinen Kofferradio, tem pe ra tur ab hängigkeit ist auch stark. Eine auch wenn der Lautsprecher sie eigentlich gar nicht wie- Dif ferenz von 18°– 22° macht doch einen Län - dergeben kann). o

Eins, zwei, ich bin dabei drei, vier, wer spielt mit mir? Kinder ab 6 Jahren und ältere Wiedereinsteiger sollen Freude am Spiel und Lust zum Üben bekommen. Zeitgenössisch seit 1800 Christiane Fischer hat in ihrem Spielheft »Blockflöte lernen« auf Eigenkompositionen weitgehend verzichtet und zeitlos schönen Liedern und traditionellen Stücken den Vorzug gegeben. Viele von ihnen – darunter 30 Kanons – ermöglichen das gemeinsame Spiel. Ihr Musikalienhändler zeigt Ihnen gerne weitere Hefte unserer neuen Reihe »Unterricht und Spiel« für verschiedene Instrumente mit Anfängerliteratur für Anspruchsvolle.

C. F. Peters . Frankfurt am Main Leipzig . London . New York www.edition-peters.de

198 TIBIA 3/2008 Summaries for our English Readers

Summaries for our English Readers

David Lasocki tionship between Krähmer and Széchenyi. New Research on the Recorder, 2004 Thanks to an observation by the recorder play- This is the sixteenth of a series of reviews of er Michael Hell, who discovered a similarity significant new research on the recorder. By “re- between a cavatina by Rossini and the theme of search” Lasocki means anything written about the Variations Brillants, they come to the con- the recorder that advances our knowledge of the clusion that both men must have been well instrument, its depiction in works of art, makers, acquainted and that Krähmer knew of making, players, playing technique, perfor- Széchenyi’s faible for Rossini. Furthermore, the mance practice and repertory, in the past or pre- authors deduce that the text of the cavatina closely matches the personal life of the count sent. He has surveyed as many period icals and and was perhaps therefore a more profound books in English, Dutch, French, Spanish, Ger- reason for the dedication. The fact that man and Italian published during 2004 as he Krähmer did not publicise the origins of the could readily obtain (in addition, a few earlier theme leads them to the assumption that items have reached him). Krähmer intended the dedication of the varia- tions as a particularly personal gift, therefore Peter Thalheimer the relationship between them was not just Fleitl – Flûte douce – Flötuse. Three Types composer and musician, but both men must of Recorder from the 19th Century have known each other well as personal friends. The various types of recorder which were Translation: A. Meyke played in the 19th century are hardly known today. The Viennese csakan and the French fla- Geri Bollinger geolett do make an occasional appearance with The development of a subbass – a report publishers and musicians, due principally to the from the workshop literature which serves to extend the recorder Geri Bollinger who created a new subbass for players’ repertoire. In this essay, recorders from Küng Recordermakers, describes his ideas, the 19th century which otherwise enjoy little plans, successes and setbacks in this essay, in attention, and which were made and played in short all the situations which a recorder maker three diverse cultural circles, are brought is inevitably confronted with when developing together in context; the fleitl from Berch - a new recorder model. Translation: A. Meyke tesgarten, the French flûte douce and the flö- tuse from the Vogtland area. Translation: A. Meyke

Lajos and Siri Rovatkay Some news about the csakan – Krähmer, Széchenyi, Wien, Rossini and a recent dis- covery Ernst Krähmer (1795–1837) dedicated his Variations Brillants for csakan and pianoforte to Count Istvan Széchenyi, who played a role as a state reformer in Hungary in the first half of the 19th century. Széchenyi played the csakan himself and was a great admirer of Rossini’s music. The authors examine the rela-

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Peter Thalheimer Originale Klänge II: Barocken Blockflöten auf der Spur

Zum zweiten Mal standen historische Block flö - Dem Blockflötenbauer Taavi-Mats Utt aus ten im Mittelpunkt einer Tagung, welche die Tallinn/Estland ging es um Instrumente des 17. Schola Cantorum Basiliensis in Zu sam men - Jahrhunderts, insbesondere um bisher wenig arbeit mit dem Musikmuseum Basel am 19. und bekannte niederländische Originale. In prakti- 20. April 2008 in Basel ausrichtete. Nachdem schen Demonstrationen mit verschiedenen die „Originalen Klänge I“ der Renaissance- Spielerinnen wurden die klanglichen Un ter - Block flöte gewidmet waren, ging es nun um die schiede deutlich, die zwischen Instrumenten Blockflöte der Barockzeit. mit und ohne Fase an Block- und Kopfbahn bestehen. Außer diesem einen Aspekt des Das Symposium wurde eröffnet durch einen Voicings wurde dabei aber auch klar, wie wich- Vortrag des Berichterstatters unter dem Titel tig es für die Spieler ist, sich auf die Ge ge ben - „… und immer besser?“. Es ging dabei um die heiten eines Instrumentes einzustellen, bevor zunehmende, aber meist unbewusste Loslösung man zu Urteilen kommt. heutiger Klangideale von den historischen Vor - bildern durch vielfältige Ver bes ser ungs ver - Der Blockflötist Michael Form referierte und suche. Anhand zweier Originalinstrumente des spielte zum Thema „Warum in die Ferne 17. und frühen 18. Jahrhunderts wurde dies schweifen? – Das vernachlässigte Ori gi nal re - hörbar gemacht. Die im Vortrag geäußerte per toire des Hochbarock.“ Von dem wohl zu Behauptung, dass das Interesse an den authen- umfassend formulierten Thema wurden dann tischen Klängen nachgelassen habe, wurde nur die italienische Instrumentalmusik des 17. dadurch bestätigt, dass nur wenige Teilnehmer Jahrhunderts und die französische Musik um das Angebot annahmen, die Originale anzu- 1700 genauer beleuchtet. In beiden Bereichen spielen. hätte die Einbeziehung der Vokalmusik das Bild plastischer gemacht. So blieb bei manchem Dr. Tom Lerch, Berlin, beschäftigte sich mit der Zuhörer der Eindruck zurück, ohne Be ar bei - Frage, wie Spieler und Instrumentenbauer den tun gen sei ein Blockflötistenleben eben doch Klang der Originale erleben können, ohne dass nicht auszufüllen. die wertvollen Originale weiter verändert und geschädigt werden. Hoffnungsvoll stimmte Die beiden Schweizer Referenten Franz Bach - seine Ansicht, dass eine Spieldauer bis zu 30 mann (Mathematiker) und Hans-Christof Sekunden bei Holzflöten ungefährlich sei und Meier (Musiker und Elektroingenieur) stellten neue Meßmethoden genaue Maße ohne mecha- ihr Computerprogramm Prisma vor. Durch nische Schäden liefern können. Zukünftig wer- eine Echtzeit-Analyse werden Lautstärke, Ton - den deshalb genauere Reproduktionen möglich höhe und Klangfarbe visualisierbar. Sicher ließe sein. sich das Programm auch einsetzen zum Ver - gleich von Originalinstrumenten und Kopien.

Dr. Martin Kirnbauer, der Leiter des Musik mu - J.S.Bach: 15 Inventionen seums Basel, lenkte die Aufmerksamkeit der bearbeitet für 2 Altblockflöten von S. Marq Besucher auf die Veränderungen, denen die ori- BC 2073, ISMN M-700241-20-9, 15,- € ginalen Blockflöten seit ihrer Entstehung bis edition offenburg heute unterworfen waren. In den meisten bestellen unter: www.edition-offenburg.com Tel 49-(0)781-99063-50, Fax -51 Fällen könne das Original keinen authentischen

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Klangeindruck mehr vermitteln, das Anspielen der Museumsinstrumente sei folglich kein wirklicher Gewinn für den Musiker und den 19. BERLINER TAGE Instrumentenbauer. Immerhin konnten die von weither angereisten Besucher die eindrucksvol- FÜR ALTE MUSIK le Präsentation der Baseler Sammlung hinter 17. - 19. Oktober 2008 Glas bestaunen.

Nikolaj Tarasov (Basel/Stuttgart), Blockflötist und Autor, sprach und spielte zum Thema „Hoch hinaus – Zum Spiel in der 3. Oktave im Hoch- und Spätbarock.“ Anhand einer voll- ständigen Liste der gar nicht so selten vorkom- menden Hochtöne und historischen Griff ta bel - len demonstrierte er Fakten, die für bemerkens- wert viele Spieler Neuland sind. Außerdem Konzerthaus Berlin wurde deutlich, dass manche der Griff mög lich - Französische Friedrichstadtkirche keiten bei heutigen In stru menten dadurch ver- St. Hedwigs-Kathedrale loren gehen, dass die Blockflötenbauer sie nicht berücksichtigen bei der Anpassung historischer Konzerte Modelle an die heutigen Erwartungen. (Änderungen vorbehalten) Bob van Asperen (Cembalo) Der Blockflötenbauer Guido M. Klemisch Barockorchester B’ROCK (Berlin) gab einen Überblick über seine ehr- Ensemble La Suave Melodia würdigen Kollegen aus der Zeit um 1700. Da Singakademie zu Berlin Klemisch viele verschiedene historische Mo - Capilla Flamenca (Instr./Vokal) delle nachgebaut hat – auch solche, die bis jetzt Ensemble La Colombina wenig Verbreitung gefunden haben – konnte er Ensemble Cordevento von persönlichen Erfahrungen und Ein schät - Erik Bosgraaf (Blockflöte) zungen berichten. Besonders interessant war Kinderprogramm u.a. seine originale Aardenberg-Blockflöte und der Vergleich mit seinem verbesserten Nachbau. Musikinstrumentenmarkt Internationale Ausstellung mit Kopien Von den Klangqualitäten der Ori gi nal in stru - historischer Instrumente 17./18. Oktober mente, die Nikolaj Tarasov in einem kleinen Konzert zum Abschluss der Tagung vorstellte, Workshops/Vortrag waren die Zuhörer sichtlich beeindruckt. Die Blockflöte, Cembalo u.a. Frage, inwieweit sich die heutige Spielpraxis diesem Klangbild annähern oder sich davon Auskünfte/Anmeldung lösen sollte, blieb offen. ars musica, Postfach 580411, 10414 Berlin Kathrin Bopp und Conrad Steinmann, die Tel. (030) 447 365 72; Fax: (030) 447 60 82 Blockflötendozenten der Schola, haben das [email protected] Symposium unspektakulär, aber perfekt organi- www.BerlinAlteMusik.com siert. Der Dank der Teilnehmer ist verbunden mit der Hoffung auf eine Fortsetzung. o Anmeldeschluss für Instrumentenbauer/ Musikalienhändler: 01.10.2008

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Stefan Temmingh Die Blockflöte in der Philharmonie – ein Ausbruchsversuch aus dem Ghetto

Wer besitzt die Vermessenheit, die Blockflöte in Münchner Komikers Karl Valentin zu seiner der Münchner Philharmonie am Gasteig spielen Stadt in der Nachkriegszeit, ein Werk, das in zu lassen? Diese und ähnliche harsche Äuße- gleichem Maße Laune macht, wie es Tiefgang rungen wurden immer wieder laut, doch die besitzt. In ihrer Chorsymphonie für So lo stim - Komponistin Helga Pogatschar ließ sich nicht me, drei Chöre und Kam mer en sem ble mit zehn beirren. Ihre Heimatstadt München hatte ein Instrumentalisten hat die Komponistin die 30minütiges Auftragswerk zum 850. Stadt - Block flöte mit einer tragenden Rolle bedacht.

Befragt zu ihrer Mo ti va - tion, führt Helga Pogat - schar die direkte und un - verwechselbare Klang - charakteristik der Block - flöte an. Vor allem der archaische „Sound“ sowie die Authentizität des In - stru ments haben es ihr angetan und kommen ihrem Ideal einer ungefil- terten, unmittelbaren Mu - sik rezeption entgegen. Be kannt ist die Kom po - nistin und Kon zep tions - Helga Pogatschar und Stefan Temmingh Foto: Siggi Müller künstlerin aufgrund ihrer zahlreichen interdiszipli- jubiläum in Auftrag gegeben, das am 13. Juli nären Mu sik theaterprojekte, in denen sie Neue 2008 als Höhepunkt eines Chorkonzertes ur - Musik mit Elektronik, Tanz, Video- und Per - aufgeführt wird. Herausgekommen ist „Valen - for mance elementen kombiniert. Wer sie kennt, tin 1945 – Liebes er klä rung an Mün chen“, eine weiss, dass sie in keiner Weise vor gewagten Aus ein andersetzung mit dem Verhältnis des Ent schei dungen, skurrillen Klangeffekten und auch Tabubrüchen zurückschreckt. Die Block - flöte ist in ihrem neuesten Werk fast ununter- brochen im Einsatz und ist gefordert, sich neben Posaune, Klavier, Klarinette und Schlag - zeug durchzusetzen.

Dass dies gelingen kann, ist allein aufgrund der Orchestration von Helga Pogatschar noch nicht garantiert. Die an den ausführenden Block - flötisten Stefan Temmingh gestellten An for - derungen sind hoch: Vor allem in den Bereichen Blastechnik und Dynamik wird deutlich mehr an Lautstärke und Ausdauer verlangt als üblich.

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Hinzuzufügen ist, dass man bei der In stru men - tenwahl natürlich besonders klangstarke, offen mensurierte Instrumente be vorzugen sollte, von denen heute eine ausreichende, wenn auch nicht üppige Auswahl vorhanden ist. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte kann das Wagnis „Philharmonie“ mit immerhin 2500 Zuhörern funktionieren. Die weithin unterschätzte Blockflöte kann ihren Platz behaupten, sie bleibt im Vergleich zu den ande- ren Instrumenten und der 100köpfigen Chor - be setzung stets in ihrer vollen Cha rakteristik hör- und unterscheidbar. Bei aller Unvoreingenommenheit musste auch die Münchner Komponistin zuerst die klangli- chen Möglichkeiten und das Potenzial der Kongress 2008 Block flöte kennenlernen. Bereits 2006 durfte das Instrument in Pogatschars ungewöhnli- chem Arrangement von Humperdincks „Hän - sel und Gretel“ für das Tollwood Festival in vom 26.-28. September in Dinkelsbühl Mün chen unter 11 Volksinstrumenten große Teile des Geigenparts übernehmen und bekam dafür Anerkennung von allen Seiten. Nach DAS BLOCKFLÖTENORCHESTER „Stainless Safari“, einer Komposition für Einladung für alle an diesem Thema Interessierten Block flöte und Zuspielband für Stefan Temmingh, der darin immer zwei Flöten simul- Anmeldung über die Geschäftsstelle oder online tan spielt, war schließlich 2007 die Ent schei - unter http://www.kongresse.erta.de dung gefallen, die Blockflöte nun auch in einem symphonischen Konzertsaal einzusetzen. Kongressorchester mit Dietrich Schnabel, Peter Thalheimer, Bart Spanhove Viel persönliche Überzeugungsarbeit von Kom ponistin und Blockflötist war allerdings Workshops mit nötig, um so weit zu kommen. Trotz aller Er - folge werden heute Blockflötisten und Block - Daniel Koschitzki, Andrea Ritter, Gerhard Braun, flö tenkompositionen noch immer misstrauisch Heida Vissing, Siegfried Busch, Klaus Schulten, und verächtlich beäugt. Die erlebten Re ak ti - Adrian Wehlte, Hildegard Zavelberg, Bart Spanhove onen zeigen, wie dringend Aus bruchs ver suche aus dem Blockflötenghetto notwendig sind. Doppelkonzerte Dank Helga Pogatschar ist 2008 ein kleiner Blockflötenensemble Beate Heutjer und Ensemble Schritt vorwärts gelungen. Unser In stru ment braucht aber noch mehr mutige Spieler und l‘ornamento, Landesjugendblockflötenorchester Komponisten, die auch in Zukunft Stück für Baden-Württemberg und „spark“ Stück Barrieren und Klischees durch überzeu- gende Werke und Aufführungen niederreißen. Prospekt & Anmeldung bei der Geschäftsstelle ERTA Deutschland www.stefantemmingh.com Tel.: 0721 707291 / www.kongresse.erta.de www.helgapogatschar.de o

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Georg Göbel 10 Jahre “Ab ins Ibach-Haus”

Drei Ereignisse waren es wohl, die die zeitge- Reaktions-, ja Reflexfähigkeit der vier mitein- nössische Blockflötenwelt nachhaltig beglück- ander konzertierenden Stimmen war. Ähnliches ten und beeinflussten: Der epochale Ansatz gab es vielleicht nur noch in der klassischen Frans Brüggens, vor allem in den siebziger Streichquartettkunst beispielsweise eines Alban Jahren das Blockflötenspiel überhaupt wieder Berg Quartetts, das übrigens in diesem Sommer zu einem idiomatischen Klang zu befreien, die seine letzten Konzerte bestreitet.

Längst zur maßgebenden Ikone geworden, hatte das Ensemble in den letzten fünf Jahren dann doch zwei Neubesetzungen zu bewältigen: Mit Daniel Ko - schitz ki für Paul Leenhouts kam jugendliches Ungestüm in das bis dahin so vertraute, eher gläsern-virtuose Klanggeflecht, und besonders die CD Noc - turne dokumentiert einen Neu - ansatz in samtweichem Timbre, das sich die Musik insbesondere der ja blockflötenfeindlichen Klassik überraschend kongenial an zuverwandeln wusste. Ver - Amsterdam Loeki Stardust Quartet mut lich wandelte sich das Anregungspotential der beiden Genialität Fred Morgans, aus den historischen jungen Mitspieler – auch Andrea Ritter für Vorgaben In stru mente von heute zu entwickeln, Bertho Driever entstammte dem Schülerkreis die die Tradition der großen Block flö tenbauer Karel van Steenhovens – in einen letztlich nicht vergangener Zeiten auf unanfechtbarem Niveau mehr zu bewältigenden Generationskonflikt, weiterschrieben, und das Auftreten des denn das Amsterdam Loeki Stardust Quartet Amsterdam Loeki Stardust Quartet in Brügge beendete in diesem Jahr seine Tätigkeit als kon- 1981 drei Jahre nach seiner Gründung – eine tinuierlich konzertierendes Ensemble. echte Sen sation übrigens, denn schon damals war wie aus dem Nichts alles da, was die Loekis Wir sind natürlich glücklich, dass das ALSQ in in den folgenden 25 Ja hren ausmachte und einer der Besetzung, die 25 Jahre lang unser aller En semblekultur überhaupt erst den Boden Hörgewohnheiten und -erwartungen prägte, bereitete, die sich durch die immer neuen An - am 8.11.2008 im Ibach-Haus Schwelm auftritt stöße und Errungenschaften des Quar tetts und damit die 10. Saison der Konzertreihe welt weit zu bilden vermochte: eine bis dahin recorders unlimited eröffnen wird: mit Daniel unvorstellbare Virtuosität, die sich wie selbst- Brüggen, Bertho Driever, Paul Leenhouts und verständlich ge lassen artikulierte und sich ganz Karel van Steenhoven. Es ist eines der ganz in den Dienst eines homogenen Klanges stellte, wenigen Konzerte weltweit, mit denen sich das der das Ergebnis einer zuvor ungehörten Quartett nochmals der Öffentlichkeit präsen-

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tiert – im Rückblick auf 30 Jahre Block flö tengeschichte, aber viel leicht auch im Vor - blick auf eine ihm selbst noch ungewisse Zukunft. Denn die Vor be rei tungstreffen zu den Ju bi lä ums konzerten machten der Truppe offenbar so viel Spaß, dass künftige punktuelle Projekte nicht ausgeschlossen sind.

Anders als bei den Loekis ge - lang dem belgischen Flanders Re corder Quartet, dem ande- ren Blockflötenquartett von wirklicher Weltgel tung, der Flanders Recorder Quartet risikoreiche Ersatz eines Mit - spielers: Nach mehrjähriger kreativer Phase, die tentrio, das bis heute wirklich international eine ganz entscheidend auch durch Han Tol ihr Größe war, sein Abschiedskonzert – üb rigens Gesicht erhielt, bedeutete sein Aus schei den nach genau zwanzig Jahren an- und aufregen- erstaunlicherweise nicht den mindesten Qua li - den Kon zer tierens auf den Podien der Welt. Im täts ver lust, denn mit Tom Beets, der besonders Un ter schied zum Ensemblegeist des Quartetts von Bart Spanhove in akribischer Vorbereitung be steht die Kunst des Triospiels ja darin, stets auf den für das Quartett so typischen warmtönig-spontanen Zugriff einge- schworen wurde, setzte sich diese in Jahrzehnten gewachsene Klang tra di - tion bruchlos fort. Dies jedenfalls b e - zeugten die beiden letzten Kon zerte dieses En sembles in den vergangenen Jahren in Schwelm.

Zum Abschluss der Jubiläumssaison im Ibach-Haus Schwelm am 25.4.2009 haben sich Tom Beets, Bart Spanhove, Joris Van Goethem und Paul Van Loey etwas ganz Be son deres ausgedacht: Im Verein mit Cello und Cembalo wird in Konzerten Vi val dis, Bachs und in Grounds von Henry Purcell die In te - gra tionsfähigkeit der zur Vierzahl addierten Blockflöte im Rah men kam- mermusikalisch-orchestraler In stru - men tie rung ausgelotet.

Schon vor acht Jahren gab La Fon te - gara Amsterdam, das einzige Block flö - La Fontegara Amsterdam

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neu das fragile Gleichgewicht zwischen drei lieben gelernt hatten, war ihre Zusage noch vor individuellen Solisten und den An forderungen aller abwägenden Überlegung eine spontane an einen homogenen Ge samt klang zu gestalten, und herzliche. Ob sich aus diesem zumindest denn strukturell ist der dreistimmige Satz bieg- für Deutschland einmaligen Auftritt etwas samer, ausgreifender, nicht so in sich ruhend Neues für die Zukunft ergibt, das steht in den wie die auf dem Bassfundament ruhende Sternen beschlossen und ist offenbar vom Trio Vierstimmigkeit. Da ran liegt es vermutlich, dass selbst noch nicht einsehbar … das Blockflötentrio als feste Formation so sel- ten anzutreffen ist – das Quartett mag einen Auch das dritte Konzert in der Jubiläumsreihe etwas schwächeren Mitspieler verkraften kön- recorders unlimited im Ibach-Haus Schwelm nen, nicht jedoch das Trio, in dem jeder auch bedeutet eine einzigartige Konstellation: Dass solistischer Teil des Ganzen ist. Genau dies Dorothee Oberlinger und Maurice Steger die machte die so eigene und seitdem nicht mehr beiden Blockflötisten ihrer Generation sind, an erreichte Qualität von La Fontegara Amster - denen sich jeder Versuch, wirklich Aus sa ge - dam aus: Drei Solisten trafen sich zu einem kräftiges auf der Blockflöte zu formulieren, kontinuierlichen musikalischen Gespräch, das messen muss, ist heute kein Geheimnis mehr. erst verstummte, als die Vielfalt der musikali- Beide decken grundsätzliche Aus drucks mög - schen Aus drucks mög lich keiten, die jeder der lich keiten auf maßstabsetzendem Niveau ab: drei ergriff, den Rahmen eben dieses kontinu- Während Maurice Steger sich in aufregender ierlichen Miteinanders sprengte – so macht Vitalität an den Spiel-, Ton- und Aus drucks - Saskia Coolen, die mittlerweile mit Brisk grenzen seines Instruments bewegt, erfindet Quartett-Erfolge feiert, besonders auch durch Dorothee Oberlinger die Klassizität der Block - ihre solistischen Aufnahmen der letzten Jahre flöte neu, wenn sie ihre unanfechtbare Vir tu o - mit originalen Blockflöten von sich reden, so sität und den von innen her so biegsamen, so fand Han Tol nicht nur für einige Jahre beim unaufgeregt charmanten Ton in stets werkdien- Flanders Recorder Quartet eine Heimat, son- lichem Gleichgewicht singen, sprechen oder dern ist lehrend, leitend und solistisch immer deklamieren lässt. Dem scheinbar utopischen wieder als Inspirationsquell gefragt, und auch Wunsch „Was wäre, wenn diese beiden so indi- Peter Holtslag wusste im letzten Jahrzehnt viduell und individuell verschieden formulie- seine unverwechselbaren Intentionen – mal als renden Künstler zusammenkämen?“ werden in Traversflötist im hochkarätig besetzten Trio Schwelm am 7.3.2009 Taten folgen. Über dem Noname, mal im animierenden Duo mit grundierenden Klanggewand des Cembalos Kerstin de Witt – immer wieder aufs neue zur duettieren beide oder ergänzen einander auf Diskussion zu stellen. bisher unvorhersehbare Weise. Beide haben sich übrigens im Schwelmer Ibach-Haus im Dass La Fontegara Amsterdam sich nach fast Anschluss an einen Workshop Dorothee Ober - einem Jahrzehnt zu einem Revival am 31.1.2009 lingers und ein Konzert Maurice Stegers ken- im Ibach-Haus Schwelm trifft, ist nicht nur für nengelernt – und so ist es nur stimmig, dass sie die internationale Blockflötenszene ein beglük- am selben Ort gemeinsam auftreten. kend unerwartetes Ereignis, sondern über- raschte letztlich auch die Mitglieder des Vier Konzerte in Schwelm, eingebettet in Ensembles selbst, die sich auf Initiative und Block flötentage mit Workshops, Aus stel lun - Wunsch von early music im Ibach-Haus mit gen, Vorträgen, Demonstrationen und Re pa ra - einem „Warum eigentlich nicht?“ gern auf die- turen – vier Gelegenheiten, der Vergangenheit, ses Abenteuer einließen. Da die drei Künstler in Gegenwart und Zukunft der Blockflöte in ein- den vergangenen Jahren mit je eigenen En - maligen Konstellationen nachzuspüren: Wir sembles in Schwelm aufgetreten waren und die sind dankbar für das, was uns unsere Künstler Atmosphäre rund um die Konzerte kennen und zur Jubiläumssaison ermöglicht haben! o

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Johannes Bornmann Blockflöte in Nepal Ein Projekt mit tibetischen Kindern einer Schule in Nepal

Seit 1981 stehen meine Frau Sabine und ich in aufzuführen und neben der tibetischen Musik Kontakt mit dem Kinderdorf des tibetischen als Wahl fach anzubieten. Flüchlingsdorfes in Pokhara-Chhorepatan in Nepal. Viele Besuche vor Ort und ein regelmä- Bereits vor diesem ersten Gespräch über das ßiger Briefwechsel haben im Lauf der Jahre eine Blockflötespielen tibetischer Kinder hatten wir tiefe Ver bun denheit und Freundschaft entste- uns intensiv mit der grundsätzlichen Frage hen lassen. be schäftigt, ob dies überhaupt sinnvoll sei.

Im Oktober 2007 hatte ich ein ausführliches Gespräch mit dem Lei - ter des Kin der dor fes. Ich bot an, Block flöten und No ten bücher aus Deutschland zu brin- gen, um den tibetischen Kindern eine Aus bil - dung in Blockflöte zu er mög lichen. Mr. Dorje, der Leiter des Kin der - dorfes, vermittelte den Kontakt zur tibetischen Mount-Kailash School in Pokhara. Dort wirkt ein äußerst interessier- ter und hochbegabter junger Lehrer für Mu - sik, Drama und Tanz, der seine eigene Aus bil - Schließ l ich hat Tibet ja eine sehr hochstehende dung in Dharmshala im indischen Bundesstaat Kultur mit einer eigenständigen Musik. Doch Himachal Pradesh be kommen hat und nun mit im Gespräch mit dem Leiter des Kinderdorfes der persönlichen Seg nung des 14. Dalai Lama wurden die eigenen Gedanken bestätigt: Ne pa - tibetische Flücht lings kinder an der Mount- lesen und Tibetaner haben großes Interesse an Kailash-School in Pokhara unterrichtet. Da ich allem, was aus dem Westen kommt. Das betrifft ja nicht ständig selbst für den Unterricht vor sowohl die technischen Errungenschaften als Ort sein kann, kam die Idee auf, innerhalb einer auch die kulturellen Werte. Dabei geht es gar Woche diesen Musiklehrer zu unterrichten, der nicht darum, die eigenen Kulturgüter durch dann seinerseits in der folgenden Zeit das westliches Gedankengut zu ersetzen, im Ge - Erlernte an die Kinder weitergeben kann. Beim gen teil: gerade durch den Anschluss an die nächsten Be such in Nepal würde dann der Mu - Fort schritte der westlichen Welt hoffen junge siklehrer seine zweite Unterrichtsphase bekom- Tibeter, ihre eigenen Werte erhalten und so in men usw. So ist es möglich, das Fach Block flöte eine moderne Welt übertragen und dort bewah- für interessierte Kinder im Un terrichtskanon ren zu können. Die Bedeutung der Tradition

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sitzt bei jungen Menschen im Osten wesentlich Bandes First Book for the Soprano Recorder tiefer als im Westen. wurde gerade noch rechtzeitig vor dem Abflug nach Nepal fertig. Die Flötenbaufirma Moeck, So soll es beim Blockflötespielen an der Mount- mit deren Besitzerin ich befreundet bin, spon- Kailash-School auch in keiner Weise darum sorte das Vorhaben mit einem großzügigen gehen, die vorhandene musikalische Kultur Geschenk von zunächst 30 neuen Blockflöten. durch unsere zu ersetzen. Die erste Un ter - So stand dem Projekt eigentlich nichts mehr im richts stunde mit dem Musiklehrer bestand Wege, außer der alles entscheidenden Frage, ob sogar zum großen Teil in Unterricht auf der sich der tibetische Flötist von der Blockflöte tibetischen Bambusquerflöte („Basuri“) für begeistern lassen kann und im Unterrichten des mich. Instruments eine sinnvolle Aufgabe für sich sehen kann. Doch es stellte sich heraus, dass er Rhythmus, Tonskalen und damit das System offen und hochmotiviert war, die Blockflöte unserer musikalischen Intervalle sind bei den und ihre Musik sowie unsere ganze westliche Tibetern dieselben wie bei uns. Was die Be - Musik kennenzulernen. Darüber hinaus bewies zeich nung der Tonhöhen betrifft, so haben die er eine hervorragende Auffassungsgabe. So heutigen Tibeter direkt unsere Solmisation wurde innerhalb einer Woche der gesamte erste über nommen. Sie verwenden sogar unsere Be - Band der Schule für Sopranblockflöte begei- griffe do-re-mi-fa-so-la-ti für die einzelnen stert durchgearbeitet. Die Hauptschwierigkeit Tonstufen. Wie in unserer sog. „Tonika-Do- für den tibetischen Musiklehrer war unsere Methode“ der „Relativen Solmisation“ werden Musiknotation, die ihm total fremd war; tibeti- diese Tonsilben für die sieben Stufen der aktu- sche Musikbücher benutzen ein wiederum für ellen Tonart verwendet. So kann eine Melodie uns fremd anmutendes System der Notation ganz einfach in jeder Tonart gesungen werden - von Rhythmus und Tonhöhe durch verschiede- der Grundton ist immer „do“, der zweite Ton ne Zahlenkombinationen. „re“ usw. Ein fundamentaler Unterschied zu unserer Musik besteht jedoch: der tibetischen Am Ende der Woche, als schließlich klar war, Musik ist, wie überhaupt der Musik sämtlicher dass der Musiklehrer nun ein Niveau erreicht Naturvölker, der Aspekt der Harmonie, also hatte, auf dem er selbst Blockflöte unterrichten der Mehrstimmigkeit, fremd. Musiziert wird kann, wurden die Flöten und die Notenbücher stets einstimmig, oft mit rhythmischer Be - feierlich an die Kinder überreicht – und deren gleitung. Natürlich werden Gesang und In stru - Augen strahlten wie die Augen unserer Kinder mentalmusik auch kombiniert, dann jedoch an Weihnachten. Aber auch wir wurden be - immer unisono. schenkt: mit einer Aufführung von Liedern und Tänzen bedankten sich die Kinder und gaben Eigens für die tibetischen Kinder hatte ich mein damit Einblick in die Arbeit an ihrer Schule eigenes Schulwerk Anfang auf der Sopran - und in ihre Kultur. block flöte mit Hilfe einer Kanadierin ins Englische, die erste Fremdsprache an der Schule Wir sind froh, dass das Projekt offenbar gut in Pokhara, übertragen. Der Druck des ersten anläuft: Das Land Nepal und seine Bewohner, noch mehr aber die tibetischen Bewohner und ihre Kultur, haben uns seit dem ersten Besuch in Nepal 1973 so viel an innerem Reichtum geschenkt, dass wir glücklich sind, ihnen auf www.moeck.com diese Art auch etwas von uns geben zu können. Weitere Bilder und Informationen: www.musikverlag-bornmann.de o

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Brigitta Basse Walter Mays in Düsseldorf

Der amerikanische Komponist Walter Mays war vom 18.–20. März zu einem kurzen Aufent halt nach Düsseldorf gekommen. Anlass war die Auf führung seines Streich - quartetts durch das Leipziger Gewand haus - quartett in der Düs sel dorfer Tonhalle.

Trotz seines gedrängten Zeitplanes war Mr. Mays so freundlich, meinem Schüler Clau - dius Zibrowius in einer ausgedehnten Pri - vat stunde Einblicke in seine (bisher) einzige Komposition für die Blockflöte Moon Dances zu geben.

Walter Mays studierte Komposition bei Felix Labunski, Jenö Takacz und John Cage und wurde durch den Münchner Kom po nisten Claudius Zibrowius und Walter Mays (rechts) und Blockflötisten Markus Zahn hausen ange- regt, für die Blockflöte zu schreiben. Walter Mays erklärte uns auf sehr interessante Weise, wie diese Zitate indianischer Musik seine Wir bekamen viele Anregungen für die Ge - eigene kom positorische Sprache bei Moon staltung von Moon Dances, wobei die Hinweise Dances angeregt hatten und dieses aber doch in des Komponisten auf die im Werk von ihm ver- seinem sehr persönlichen Musikstil ge schrie - arbeiteten Zitate indianischer Musik besonders bene Stück entstehen ließen. interessant waren. Mr. Mays verwies auch auf die schwierige Quellenlage dieser heute ausge- Wir dürfen hoffentlich noch mehr Kom po si - storbenen mündlichen Tra dition. Es gibt hierzu tionen von ihm erwarten! Dieser anregende nur eine einzige Do ku men ta tion, welche zu Vor mittag war ein gelungenes Beispiel dafür, Beginn des 20. Jahr hun derts von Frances Dens - wie man Verständnis- und Gestaltungsfragen mores in den USA er stellt wurde. am besten an den Kom po nisten selbst richtet. o

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Christian Schneider Lady Evelyn Barbirolli (1911–2008)

Talent zeigte sich schnell, sie erhielt am in London ein Stipendium und studierte bei Leon Goossens, dem damali- gen Star der europäischen Oboistenszene. Offenbar war dieser auch verantwortlich dafür, dass sich in England – damals anders als in der übrigen Welt – eine Reihe junger Damen inten- siv für Oboe interessierte. Evelyns Erklärung: Goossens war nicht nur ein hervorragender Oboist, sondern auch ein äußerst attraktiver junger Mann. Schnell wurde Evelyn Rothwell in der Szene bekannt, ihre Karriere nahm einen raschen Ver - lauf: Bereits 1931 vertrat sie ihren Lehrer ge - legentlich im Drury Lane Orchestra. Ein Gei - ger dort empfahl sie dann seinem Bruder für eine Tournee der Covent Garden Am Tage nach ihrem 97. Geburtstag, am 25. Ja - Touring Company. nuar 2008, starb Evelyn Barbirolli, geb. Roth - John Barbirolli wurde 1933 Leiter des Schot ti - well, die große britische Dame der Oboe. schen Nationalorchesters und bot ihr die Stelle Meine erste Begegnung mit „Lady B.“ liegt einer Solooboistin an. Er war von ihrer Mu si ka - etwa 45 Jahre zurück: es war während meines lität begeistert, ihrer sensiblen Phra sierungs - Studiums in Berlin, als mich mein Lehrer Karl kunst und ihrem bezaubernden Ton. Sie wur- Steins darauf hinwies, abends gebe Evelyn den ein bemerkenswertes und in jeder Hinsicht Rothwell einen Oboenabend mit Klavier. Die gegensätzliches Paar: Er war sehr klein, sie sehr Oboengruppe der Philharmoniker wolle ge - groß, er hatte ein romanisches Temperament, schlossen ins Konzert gehen, um zu erleben, sie pflegte britisches Under statement. Sie teilten wie eine Frau einen Oboenabend überhaupt den feinen Sinn für Humor (beide waren her- durchstehen könne. Und dann saßen sie dort in vorragende Erzähler) und die Liebe zu gutem der 1. Reihe und verfolgten alles genauestens. Essen, Wein und Kunst gegenständen. Die Skepsis der Herren war augenscheinlich. 1934 hörte sie Fritz Busch, der das Orchester Evelyn sagte mir viel später einmal, kaum ein für das 1. Glyndebourne Festival zusammen- Konzert habe sie derart nervös gemacht wie stellte, und engagierte sie. Kurz danach wurde dieses. Aus heutiger Sicht ist die geschilderte sie eingeladen, als erste Frau im London Sym - Situation kaum noch nachvollziehbar. phony Orchestra bei einer Rund funk sendung Evelyn R. wurde am 24. Januar 1911 als Tochter mitzuspielen. 1936 wurde Barbirolli Chef der eines Londoner Teehändlers geboren. Sie New Yorker Philharmoniker. Evelyn Rothwell wurde von ihren Eltern auf eine hervorragende blieb in Schottland, wo George Szell Nach fol - Schule geschickt. Als dort im Schulorchester ger wurde (der mit ihr gerechnet hatte). 1939 eine Oboe fehlte, übernahm Evelyn im Alter wurde Barbirolli geschieden, einen Monat spä- von 17 Jahren kurzerhand diese Aufgabe. Ihr ter heiratete er Evelyn Rothwell.

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Als England den Krieg erklärte, verließ Bar bi - rolli New York, kehrte im Sommer 1943 nach Eng land zurück und wurde Chef des ältesten englischen Berufsorchesters, des Hallé-Or - chestras in . Evelyn Barbirolli woll- te nicht den Verdacht erwecken, ihre Situation auszunutzen, spielte daher nur gelegentlich im Orchester ihres Mannes, übernahm statt dessen Sekretärinnen- und Fahrdienste und unter- stützte ihn beim Abhören in Proben. 1948 allerdings, auf einer Tournee des Or - chesters nach Österreich, spielte sie als Solistin unter Barbirollis Leitung die moderne Erst auf - führung des von Bernhard Paumgartner gefun- denen und rekonstruierten Konzertes in C für Oboe KV 314 von W. A. Mozart, bis dato nur als Flötenversion in D bekannt. Auch das Oboenkonzert von Bohuslav Martinu˚ erlebte durch das Ehepaar Barbirolli seine europäische Erstaufführung. Barbirollis Gesundheitszustand, er litt an De - pres sionen, verschlimmerte sich zunehmend. Den noch übernahm er 1961 bis 1967 die Lei - tung des Houston Symphony Orchestras. Evelyn spielte kaum noch Oboe, sondern ver- auch über ihre Schriften zur Technik des suchte, ihrem Mann in jeder Hinsicht zu helfen. Instrumentes – und über das Sammeln alter John Barbirolli starb am 29.07.1970 in London. Gläser – waren immer geprägt von Lie bens - würdigkeit und Humor, von Zugewandtheit Nun änderte Evelyn Rothwell ihren Namen in und großem Erfahrungsschatz. Ich werde sie Evelyn Barbirolli. Sie wurde wieder aktive vermissen. Oboistin und unterrichtete an der Royal –––––––––––––– Academy of Music, hier allgemein bekannt und ANMERKUNGEN geschätzt unter dem Namen „Lady B.“. Als Pä - 1 s. Christian Schneider: Das Portrait: Evelyn Rothwell, da gogin war sie „Richterin, Lehrerin, Schieds - Tibia 4/1990, S. 288-293 richterin, mitfühlende Tante und Beicht mut - ter“. Sie ging geduldig mit Dummheit um, war unduldsam gegenüber Faulheit und in ihren JOHN HANCHET Der Spezialist für Schalmeien, Ratschlägen immer konstruktiv. und Frühe Blockflöten Sie reaktivierte ihre Liebe zum „gardening“, die Spezialistin wurde sogar in Rund funk sen dun - gen um Rat gefragt. Als geschätzte Jurorin nahm sie an Wettbewerben in England, in Prag und München teil. Ich bin sehr dankbar und froh, Evelyn persön- lich gekannt zu haben. Die zahlreichen Ge - www.hanchet-woodwind.co.uk e-mail: [email protected] spräche mit ihr über , ihren 1, Roxley Close, Norwich NR7 0QH England (0044) 1603 437324 Stu dienkollegen1, das Martinu˚-Konzert, aber (

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Christian Schneider William Waterhouse (18.02.1931– 05.11.2007)

Nach dem 2. Weltkrieg übernahm Waterhouse eine Reihe von attraktiven Orchester po si - tionen. So spielte er im Philharmonia Orchestra unter Toscanini, Furtwängler und Karajan, von 1953 bis 1955 war er neben seinem ehemaligen Lehrer Camden im Orchester von Covent Garden und, seinem Fernweh folgend, von 1955 bis 1958 im Radioorchester in Lugano. Seinem vielseitigen Na turell entsprechend lern- te er dort nebenher Ita lie nisch, Skilaufen, Berg - steigen und beschäftigte sich mit Kunst und Ar - chi tektur. Zurück in Lon don wurde er So lo fa- gottist im London Sym phony Or ches tra und Mitglied des Melos En sembles of Lon don. 1965 folgte eine Ein la dung an das BBC Symphony- Orchestra, dem er bis 1982 angehörte, eine William Waterhouse, ei ner der bekanntesten große musikalische Kar riere! Nebenher spielte und vielseitigsten englischen Fa got tisten der er seine ganze Viel seitigkeit aus: er un ter - letzten Jahr zehnte, starb am 05. No vem ber 2007. richtete von 1966 bis 1996 am Northern College 1931 in South Norwood (London) geboren, be - of Music in Man chester, befasste sich mit der fasste sich Bill schon früh mit Musik. Er lernte Edition von Fagottmusik (Musica rara, Klavier, sang im Kir chenchor, spielte Kla ri nette Universal Edition, Heritage Edition) im Purley Youth Orchestra. Es war An tho ny und schrieb den Fagott-Artikel für das New Baines, der das In teresse des knapp 15-Jährigen Grove’s Dictionary of Music. Als wohl größte auf das Fagott lenkte. Bill lieh sich ein altes Aufgabe übernahm er nach Lyndesay Langwills Buffet-Bassoon aus, brachte sich die ersten Tod 1983 die umfassende Ergänzung und Er - Grundlagen selbst bei und kaufte dann für weiterung des Index of Musical Wind-In stru - wenig Geld ein altes Heckel von Vernon Elliott, ment Makers, die ihn 10 Jahre in Anspruch bei dem er Pri vat unterricht nahm. Be reits mit nahm. William Waterhouse, stets sprühend vor 17 gewann er ein Stipendium am Royal College Ideen und Energie, dabei von feinem Humor, of Music, wo er Schüler des legendären Archie war äußerst reisefreudig, er besuchte gern und Camden wurde. Auch das genügte ihm offen- häufig – mit leichtem Ge päck – seine zahllosen bar nicht. Er studierte noch Viola und nahm Freunde und Kol le gen in aller Welt. Har mo nie un ter richt bei . Nach seiner Übersiedlung von London nach Den Grundstock für seine Sammelleidenschaft Gloucestershire, wohin sich die Familie Wa ter - legte er in dieser Zeit auf einer Reise nach house zurückzog, erfüllte sich William Water - Norwich, wo er bei einem Trödler 4 Flöten und house einen Traum und fasste seine Sam mel - zwei Fagotte für weniger als ein britisches gebiete in einem Anbau des im Jahre 2000 fer- Pfund erstand. Kurz darauf – zum ersten Mal in tiggestellten Familiensitzes zusammen: seine Paris – entdeckte er frühe Editionen aus dem gesamte Bibliothek, all seine Manuskripte und 18. Jahrhundert mit Fagottmusik. Die Sam mel - seine beispiellose Fagottsammlung. leidenschaft hatte ihre Initialzündung erhalten. Christian Schneider

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Moments littéraires Serie von Ulrich Scheinhammer-Schmid

„Eine Flöte traf mein Ohr …“ Werner Krafts Flötengedichte – mit einem Erst - 1896 in Braunschweig geboren und in Han no - druck in der 10. Folge der Moments littéraires ver aufgewachsen,3 knüpfte Werner Kraft schon als Gymnasiast der Leibnizschule Kon - Tiefstapelnde Knappheit war ihm Prinzip: takte zu Autoren wie dem von Kraft zeitlebens „Musik, wenn es nicht Melodien von Offen - kritisch verehrten Rudolf Borchardt, zu bach sind oder Lieder von Schubert oder Theodor Lessing und zu Franz Blei. 1914, im Brahms, trifft mich nicht.“1 So lakonisch be - Jahr seines Abiturs, erschien zum ersten Mal schrieb der 1896 in Braunschweig geborene ein Text von ihm gedruckt in Franz Pfemferts Bibliothekar, Essayist, Literaturwissenschaftler Aktion, einer der führenden Zeitschriften des und Lyriker Werner Kraft (1896–1991) in sei- Expressionismus. nem Erinnerungsbändchen Spiegelung der Jugend sein Verhältnis zur Musik. Skeptisch Das Studium in Berlin wurde durch seine Ein - stimmt den kritischen Leser dabei freilich nicht be rufung zum Militär unterbrochen und nach nur die Kombination der drei gegensätzlichen vier Jahren Militärdienst 1919 in Freiburg im Komponistennamen, sondern mehr noch der Breis gau fortgesetzt. Dort lernte er seine Frau auf Krafts damaligen Wohnsitz Leipzig bezoge- Erna Halle kennen, die er 1922 heiratete. Er pro - ne Nachsatz: „aber die Inschrift auf dem Gewandhaus ‚Res severa verum gaudium’ [„Wahre Freude ist eine ernste Sache“ oder, Werner Kraft: Die Flöte freier, „eine ernstgenommene Aufgabe schafft wahre Freude“] grub sich mir ein, und die Eine Flöte traf mein Ohr. Orgelkonzerte in der Thomaskirche haben Nicht mehr Klang und noch nicht Wort, mich doch getroffen.“ Schöner klingt in meinem Traum Dieser dünne, dichte Ton. Dass Musik, insbesondere der Ton der Flöte, Eine Flöte traf mein Ohr. diesen begeisterten Leser und großartigen Strenger tönt die Melodie Zuhörer tatsächlich tief getroffen hat, bezeugen Meines Herzens. Mir. Es schlägt. nicht nur seine verhaltenen Bekenntnisse – Einst hört es zu schlagen auf. mehr noch beweisen es die drei wunderbaren Flötengedichte, die er hinterlassen hat. Horst Eine Flöte traf mein Ohr. Bieneks Vermutung, Werner Kraft habe „das Nicht mehr Klang und noch nicht Wort, absolute Gehör“, vom Betroffenen mit Witz In das Mark des Lebens brach und Intensität zurückgewiesen,2 bezog sich Die erfahr’ne Lieblichkeit. freilich nicht auf die Musik, sondern auf Krafts Ich ersehne die Musik. Fähigkeit, wohlgetroffene und falsche Töne im Von den Fluten überströmt literarischen Werk zu scheiden. Diese Schei de - Des Gesanges, ahnt das Wort. kunst bewährte er oft in seinem Leben, nicht Eine Flöte traf mein Ohr. nur als Unterscheidung, sondern auch beim Abschiednehmen und beim Wiederaufgreifen 6. Februar 1936 abgebrochener Beziehungen. (bisher unveröffentlicht)

TIBIA 3/2008 213 Moments littéraires movierte und bereitete sich gleichzeitig für den Gedichte hinaus gibt es noch einen Vierzeiler Bibliotheksdienst vor: 1928 erhielt er eine Stelle Werner Krafts, den er 1973 veröffentlichte:9 als Bibliotheksrat an der Vormals Kö niglichen und Provinzialbibliothek in Han no ver. Dieses aufs Äußerste komprimierte Gedicht spielt virtuos mit dem Gegensatz zwischen dem 1933 aus dieser Stelle von den Nazis verjagt und entlassen, ging er noch im gleichen Jahr von Stockholm über London nach Paris, von wo Werner Kraft: Flöten aus er Mitte 1934 nach Palästina aufbrach (sein Was willst du noch? niedersächsisches Ruhegehalt wurde ihm übri- Geh flöten, Mann! gens, weil er als Soldat am Ersten Weltkrieg teil- Herrlich. genommen hatte, aus Deutschland bis zum Die Luft tönt, jetzt. Kriegsausbruch nach Palästina überwiesen). Auch in Jerusalem war er als Bibliothekar tätig (In: Werner Kraft, Bewältigte Gegenwart, Alte und neue und versuchte, solange das ging, seine Kontakte Ge dichte, Darmstadt 1973 (Bläschke), S. 36) nach Deutschland (etwa zu Wilhelm Lehmann) zu halten. Er knüpfte nun aber auch zahlreiche saloppen Ausdruck „flöten gehen“ im Sinne von neue Verbindungen zu anderen Emigranten „verloren gehen, untergehen“10 und dem pathe- und traf in Jerusalem regelmäßig mit alten tisch-empathischen Erlebnis der Ge gen wart, Freun den zusammen, die wie er emigriert das in einem einzigen Adjektiv zusammenge- waren (z. B. Gershom Scholem, Martin Buber, fasst („Herrlich“) und mit dem Tönen der Luft Else Lasker-Schüler). und damit wieder mit dem Grund prinzip jedes (Blas-)Instruments verbunden wird. Den Literatur- und Kulturwissenschaftler Walter Benjamin und den Stückeschreiber Wir sollten den Autor Werner Kraft freilich Bertolt Brecht hatte er in Berlin kennengelernt nicht verlassen, ohne auf seine Nähe zu Celle, – mit Walter Benjamin kam es allerdings 1937 dem Erscheinungsort der Tibia, hinzuweisen. zum endgültigen Bruch, dessen erste Ursache Nicht nur, dass die Familie in Hannover wohl in persönlichen Gegensätzen lag, der aber zunächst in der Alten Celler Heerstraße wohn- dadurch vertieft wurde, dass Benjamin Krafts te11 – in Celle lebte auch die Schwester der Vertrauen missbrauchte.4 Im Briefwechsel der Großmutter (die selbst aus dieser Stadt stamm- beiden taucht Krafts mit „6. Februar 1936“ da - te). Bei einem Besuch dieser Schwester lernte tiertes Gedicht Die Flöte Anfang März 1936 Kraft auch deren beide unverheirateten Töchter zum ersten Mal auf, als sich Benjamin für des- kennen: „Die eine zeichnete sich aus durch eine sen Übersendung bedankt: „PS eben erhalte ich un gewöhnliche Begabung, jede Neuigkeit Ihr schönes Gedicht ‚Die Flöte’. Herzlichsten blitz schnell zu verbreiten, die andere durch die Dank!“5 Die Ausgabe von Benjamins Ge sam - Selbständigkeit ihrer Lebensführung als Mu sik - melten Briefen merkt an: „Das Gedicht ist bis lehrerin in ausschließlich christlichen Kreisen. heute ungedruckt geblieben“6 – in dieser Aus - Auf ihren christlichen Umgang war sie nicht gabe der Tibia wird Werner Krafts Gedicht Die wenig stolz. Es war aber nicht Geringschätzung Flöte zum ersten Mal veröffentlicht! der Juden, sondern eher ein natürliches Ent - wachsensein, dessen Beschränktheit sie nicht Der Panskopf mit Flöte dagegen erschien 1976 durchschaute, denn die Leute, die sie vorzog, in Werner Krafts Sammlung Das sterbende dürften nicht viel anders gewesen sein. Sie woll- Gedicht.7 Diese Verse beziehen sich auf Pablo te höher hinaus und fühlte sich unbefriedigt in Picassos Lithographie Pan (1948), von der einer wesentlich kaufmännisch und praktisch Werner Kraft einen Abzug hatte, der in seiner interessierten Umgebung ohne künstlerische Jerusalemer Wohnung hing.8 Über diese beiden Neigungen. […] Sie schlug sich in allen Fragen,

214 TIBIA 3/2008 Moments littéraires wo Jugend gegen Wände stieß, heimlich und Panskopf mit Flöte auch offen zu uns, und mir wird warm ums (Picasso) Herz, wenn ich an sie denke.“12 Und Kraft erinnert sich dann an das freundliche Haus in Er steht in der Ecke Celle noch aus einem anderen Grunde: „Wenn Und pfeift auf der Flöte man die Haustür öffnete, ertönte eine Schelle, Sein Lied, ich höre sie noch.“13 Die Erinnerung führt ihn Auch an der Hecke, zum fünften Akt von Gerhart Hauptmanns Er lauscht Drama Vor Sonnenuntergang, wo ebenfalls eine In die Weite: unverwechselbare Haustürglocke gezogen wird: Der große Pan – Solche Seelentöne gehen der Welt verloren, in Tot – der Wirklichkeit und in der Dichtung. Er flötet, er freut mich, Ich Den verlorenen Seelentönen in der Dichtung Lebe. galt Werner Krafts lebenslanges Bemühen: dem Wiederfinden verschollener Autoren und Wer - (In: Werner Kraft, Das sterbende Gedicht, 1972–1975, Frank furt am Main 1976 (Corvus Verlag), S. 22) ke,14 von dem im revolutionären Frank reich ein- zigartigen Individualisten Gustav Graf von Schlab rendorff über den Sprachdenker Carl (Bibliothek Suhrkamp 356), S. 106. Für die Ab druck - Gustav Jochmann bis zu den durch die Nazi - genehmigung der Gedichte Werner Krafts danken wir herr schaft verschütteten jüdischen Auto ren herzlich dem Werner-Kraft-Archiv und seinem Leiter, Franz Kafka, Karl Kraus und Theodor Lessing. Dr. Volker Kahmen (Stiftung Insel Hombroich); für hilf- reiche Auskünfte gilt unser Dank Ulrich Breden von der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover sowie Werner Kraft schließt seinen knappen Le bens - Dr. Jan Bürger vom Deutschen Literaturarchiv in Mar - rückblick 1972 mit einem Blick auf seine Hei - bach. mat Israel und mit der Hoffnung auf Frieden: 2 Uwe Pörksen: Mein letzter Besuch bei Werner Kraft, in: „Die Wüste des Todes mit dem Wasser des Werner Kraft 1896–1991, bearbeitet von Jörg Drews, Marbach am Neckar 1996 (Deutsche Schillergesellschaft, Lebens zu durchtränken, das ist das Ziel, dem Marbacher Magazin 75), S. 173: „Ob es nicht doch mög- alles sittliche Bemühen des Geistes gilt. Ich lich sei, diesen musikalischen Begriff zu übertragen, was heiße uns hoffen.“ er [Werner Kraft] verneint: Die Übertragung gehe nicht.“ 3 Werner Kraft: Lebenslauf [1958], in: ebd., S. 9 4 Zum Bruch mit Benjamin vgl. Ernst-Peter Wiecken - –––––––––––––– berg: Ein Brief von Werner Kraft über Walter Benjamins ANMERKUNGEN Jochmann-Veröffentlichung, ebd., S. 106-111. – Vgl. 1 Werner Kraft: Spiegelung der Jugend, Mit einem auch Volker Kahmen: Walter Benjamin und Werner Nachwort von Jörg Drews, Frankfurt/Main 1973 Kraft, in: Für Walter Benjamin: Dokumente, Essays und

Qualifizierte Musikseminare Violine, Traversflöte, Cembalo/Pianoforte, Oboe, Fagott, Ensemble, Blockflöte, Cello, Historische Blasinstrumente u.a.

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TIBIA 3/2008 215 Moments littéraires

ein Entwurf, hrsg. von Ingrid und Konrad Scheurmann, „pleite gehen“ (flüchtig sich fortmachen, Bankrott Frankfurt am M. 1992 (Suhrkamp), S. 34-55 machen) hergeleitet, während J. Grimm die Deutung aus 5 Walter Benjamin: Gesammelte Briefe, Bd. V, 1935- dem verhallenden Flötenlaut natürlicher und schöner 1937, hrsg. von Christoph Gödde und Henri Lonitz, findet“. Meyers Konversationslexikon, 4. Auflage., Bd. Frankfurt/Main 1999 (Suhrkamp), S. 258 6, Leipzig und Wien 1887 (Verlag des Bibliographischen 6 Ebd., S. 259 Instituts), S. 394. 7 Werner Kraft: Das sterbende Gedicht. 1972-1975, Frank - 11 Spiegelung der Jugend (wie Anm. 1), S. 22 furt am Main 1976 (Corvus Verlag), S. 22 12 Ebd., S. 32 f. 8 Abbildung im Marbacher Magazin 75 (wie Anm. 2), 13 Ebd., S. 33 S. 127 14 Unter dem Titel Wiederfinden. Deutsche Poesie und 9 Werner Kraft: Bewältigte Gegenwart. Alte und neue Prosa gab Werner Kraft 1954 eine von ihm gesammelte Gedichte, Darmstadt 1973 (Bläschke), S. 36 Auswahl von Autorinnen und Autoren heraus, die er 10 „Flöten gehen, verloren gehen, der (nicht alte) Aus - den zu Unrecht Verlorenen und Vergessenen der deut- druck wird von einigen aus dem jüdisch-deutschen schen Literaturgeschichte zurechnete. o

Damit die Tenorblockflöten der Serien Moeck Rondo und Moeck Rottenburgh auch für kleine Hände spielbar sind: NEU g- und f-Klappe, NEU Erleichterung für den Ringfinger der linken Hand: g-Klappe

Erleichterung für den Zeigefinger der rechten Hand: f-Klappe (o. Abb.)

Erleichterung für den kleinen Finger der rechten Hand: c-Klappe

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216 TIBIA 3/2008 Bücher

Bücher

Marianne Betz: Stille – hörbares und sicht- Nichttönen komponiert: bares Moment in der Musik „Das Paradox des Zen, Vortrag an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in dass Leere voller Leben Leipzig, Leipzig: Institut für Buchkunst, 40 S., € 8,00 ist, erscheint als sichtbar gemachte Zeit im (Allaphb€d 7) Bild“. Das Leipziger Institut für Buch kunst hat diesem intensiven Vortragsessay in seiner In der Flöte tönt, naiv betrachtet, das Nichts – kleinen Reihe allaphbed eine schön gestaltete kein Wunder, dass eine aktive Flötistin sich für und mit sieben ganzseitigen Notenbeispielen das tönende Nichts oder die hörbare Stille angereicherte Heimstatt geboten. interessiert. Wie Stille freilich nicht nur hör-, sondern auch sichtbar sein kann, fragt sich (Bestellungen unter www.institut-buchkunst.de). wohl mancher angesichts des Vortragstitels von Ulrich Scheinhammer-Schmid Marianne Betz. Ihre sehr anregende Dar stel - lung greift zwar musikgeschichtlich weit aus, findet ihren zentralen Bezugspunkt aber vor NEUEINGÄNGE allem im 20. Jahrhundert bei Komponisten wie Morbach, Bernhard: Die Musikwelt des Barock, neu Erwin Schulhoff (In futurum), John Cage erlebt in Texten und Bildern, mit über 50 Wer - (4'33'') und Earle Brown. Sie haben in ihren der ken auf CD-ROM, Kassel 2008, Bärenreiter, Stille bzw. den Pausen gewidmeten Partituren ISBN 978-3-7618-1716-2, 302 S., 17,0 x 24,0 cm, mit den Leerstellen, dem zeitlich geordneten brosch., € 26,95

Peter Ryom: Antonio Vi valdi. Thematisch-syste matisches Ver zeich nis seiner Werke, Breitkopf & Härtel, ISBN 978-3-7651-0372-8, € 98,00, aus- gezeichnet mit dem Deut schen Musik edi tionspreis 2008

Das Vivaldi-Werk ver zeichnis von Peter Ryom ist de konsequent beibe- das Ergebnis jahrzehntelanger For schungs arbeit halten. Die seither neu entdeckten Vi val di-Werke und kritischer Quellenstudien des Ver fassers. Es er hiel ten die neuen Nummern von RV 751 bis RV enthält sämtliche Werke Antonio Vivaldis mit No - 809. ten incipits und mit allen wesentlichen Angaben zu Im Anhang tragen bibliographische Übersichten, Entstehung, Überlieferung, Ver öffent lichung und eine Konkordanz mit älteren Vivaldi-Ver zeich nis - früher Rezeption. Die Num merie rung der „Kleinen sen (Pincherle, Fanna) und detaillierte Register Ausgabe“ von 1974 (Enstrom & Sodering, Ko pen - dazu bei, das umfangreiche Œuvre Vivaldis in jeder ha gen/Deutscher Verlag der Musik, Leipzig) wur - Hinsicht zu erschließen.

TIBIA 3/2008 217 Noten

Noten

Easy Playalong / Re cor - dass an der Zielgruppe der 9-14jährigen vielleicht der Solo Début: 10 po p - vor beigedacht ist, sei dahingestellt. u lar themes from the movies in easy melody Liebesfilme beginnen ja in diesem Alter an Be - deutung zu gewinnen und so ist My heart will go Arrangements for soprano recorder, complete with bak- on aus Titanic ein echter Hit. Einige meiner king tracks on CD; Wise Publications, London 2006; Schüler haben dieses Stück auf Geburtstagsfesten, AM985028, € 8,80 Konfirmationen, im Religionsunterricht etc. zu Die zehn Filmmelodien für Sopranblockflöte und Gehör gebracht und feierten große Erfolge. Auch Playback lassen sich in vier Kategorien teilen: für das Spielen in den eigenen vier Wänden eignen Kinderfilme, Action- oder Science-Fiction-Filme, sich Moon River aus Frühstück bei Tiffany und Romanzen und Klassiker. The heart asks pleasure aus Das Piano bestens, obwohl der Klassiker Moon River nicht mehr die Die Kinderfilme sind mit Circle of life aus dem gleiche Begeisterung auslöst wie noch eine oder König der Löwen und You’ve got a friend aus dem zwei Generationen zuvor. Welches Kind weiß Film Toy Story vertreten. Beide Arrangements heute noch, wer Audrey Hepburn ist? sind zahm und recht einfach gehalten. Dass die Wahl auf Circle of life fiel, ist sehr schade, denn Trotzdem: Eine CD einzulegen, und diese nicht der Soundtrack, den Elton John zum König der nur anzuhören sondern auch mitzuspielen, scheint Löwen komponiert hat, bietet weitaus bessere und manchmal die beste Möglichkeit, um nach einem mitreißendere Melodien, wie z. B. Hakuna matata. stressigen Schulalltag wieder auf den Boden zu kommen. Besonders in der Pubertät. Auch bei den drei Action-Filmen: E.T., Jurassic 2004 kam der Film Wenn Träume fliegen lernen in Park und Herr der Ringe überwiegen die ruhige- die Kinos, dessen Handlung sich mit Sir James ren Melodien im Verhältnis 2:1. Spannend ist vor Matthew Barrie (1860–1937), dem Autor des allem das Hauptthema aus dem SF-Klassiker E.T. Kinderbuches Peter Pan beschäftigt, aber kein Es ist gut arrangiert und die Begleitung animiert eigentlicher Kinderfilm ist. Die Melodie Another zum „Aus sich herausgehen“ und Losspielen. bear hat einen leicht russischen Volkston, löst bei Die Themen aus Jurassic Park und Herr der Ringe der Zielgruppe eher ein müdes Gähnen aus. sind ruhig, klingen wie eine Ode an einen Son nen - Schade auch, dass die Noten so groß gedruckt aufgang im Dinosaurierpark oder eine Ballade sind, dass die Melodie nicht auf zwei Seiten Platz über den Kampf des Guten gegen das Böse. Ob hat und umgeblättert werden muss.

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Als Klassiker neben Moon River ist die Melodie Es handelt sich hier um eins der Konzerte Vi val - des Filmepos’ Der Pate vertreten. Eine rührende dis leichteren Schwierigkeitsgrades. Laut RV Me lodie, die man schön schmalzig spielen kann. (Ryom Verzeichnis) ist es das letzte der Kon - Vorausgesetzt man hat Lust dazu. zerte ohne Orchester. Meine sehr kritische Einstellung zu den oft Der Solopart liegt in dieser Ausgabe (anders als schlecht gemachten „Music minus one“-Pro duk - in einigen anderen Bearbeitungen von Solo-Kon - tionen lässt sich bei diesem Heft nicht aufrechter- zerten) komplett in der ersten Stimme, die an - halten. Es ist gut gemacht, die Blockflöte ist und de ren drei Blockflöten übernehmen die Parts klingt echt, es wird deutlich geatmet und es gibt der Geigen und die Basslinie. Es herrscht nur ein sogar agogische Momente. Ich würde mir noch geringes Gefälle des Schwierigkeitsgrades zwi- eine deut lichere Artikulation wünschen, aber das schen den Stimmen. ist eben Geschmackssache. Aus dem Stimmenmaterial lässt sich ohne Um - Neben der Sopranblockflöte, die live eingespielt blätterprobleme musizieren. Katja Reiser ist, wurden alle anderen Instrumente synthetisch generiert. Wenn es in dieser guten Qualität ge - Martin Christoph Redel: Light op. 57 Fan - schieht, ist dagegen nichts einzuwenden. Als tasie für Flöte und Schlagzeug Übung kann es sehr gut sein, mit einer Konserve Bad Schwalbach 2004, Edition Gravis, EG 956 zu spielen, um das Metrum zu halten und ein Gefühl für den Puls des Stückes zu bekommen. Der Titel „Light“ ist Programm: denn trotz der Auch das Spiel zu einer fixierten Tonhöhe übt die vielen Möglichkeiten im Schlagzeug beschränkt Kontrolle der Intonation und hilft Schwankungen sich Martin Christoph Redel auf Vibraphon, zu hören und auszugleichen. Antike Zymbeln, Metal-Chimes, ein klingendes Zudem bietet der Verlag kostenfreie Downloads aus dem Internet an, wenn man sich mit der Re gi - s trie rungsnummer des Heftes anmeldet. Auch eine gute Sache, durch die die Jugendlichen mehr Me dien kompetenz erlangen. Mit kleinen Ab - strichen sehr zu empfehlen. Inés Zimmermann

Antonio Vivaldi: Concerto a-Moll eingerichtet für Blockflötenensemble AAT B (Herr- mann), Wilhelmshaven 2007, Otto Heinrich Noetzel Verlag (Vertrieb: Heinrichshofen’s Verlag, Wilhelmsha- ven), N 4519, € 9,00

„Das Concerto a-Moll, RV 108 gehört zu den 17 Concerti da camera von Antonio Vivaldi (1668– 1741), bei denen die Blockflöte beteiligt ist. Es wurde original für Altblockflöte, 2 Violinen und Basso continuo geschrieben. Viel Freude beim Musizieren dieses Concertos wünscht Ulrich Herrmann.“ So lautet das für meinen Ge- schmack etwas knapp gehaltene Vorwort zu oben genanntem Werk. Erschienen ist es bei Noe tzel, in einer Reihe, welche etliche Ausgaben von barocken und klassischen Werken, arran- giert für Blockflötenensemble, enthält.

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Friedrich Kuhlau: 3 Grands Duos Con cer - tants ROHMER opus 87, n° 1, pour 2 Flûtes (Bernold), Paris 2007, Gérard Billaudot Éditeur, G 8047 B, € 16,99 Celle Tel: 05141 / 217298 Die drei Duette opus 87 kennt man vor allem in der alten Billaudot-Ausgabe, die sich weitge- hend am Erstdruck bei Schott von 1827 orien- tiert (Reprint 1979). Für die jetzt von Philippe Bernold für Billaudot betreute Ausgabe wurde der Text neu erfasst und in Partitur gesetzt. Flö- tenduette in diese Form zu bringen wird zuneh- mend üblich und hat auch seine Vorteile. Beide Stimmen vor Augen und Ohren zu haben ist für so anspruchsvolle Kammermusik mehr als nütz- lich und angenehm. Ob Kuhlau das auch in die- ser Form entworfen hat? Man kann es sich ei gent - lich nicht anders vorstellen. Die zwangsläu fig resultierenden Wendeprobleme sind in op. 87, 1 gut gelöst, verlangen aber überlegtes und schnel- les Reagieren der Spieler. Dass der Text dabei auf vierzig Seiten angewachsen ist, und im ersten [email protected] Satz oft nur zwei Takte in einer Akkolade ent- www.rohmer-recorders.de halten sind, wird man in Kauf nehmen müssen. Auf Gleichberechtigung beider Stimmen ange- Becken und 5 Kuh glocken (hohe Klangfarbe legt, sind diese Duette auffallend lang und phy- und gedämpft). sisch anstrengend. Die Sonatenform läuft sozu- sagen doppelt ab, den geistigen Bogen wirklich Klang wird sozusagen aus Licht geboren. Na tür - zu spannen, wird nicht immer und nicht auf lich versteht sich Redel als studierter Schlag zeuger Anhieb gelingen. Sie gar einem Publikum vor- auf alle Raffinessen dieses In stru men ta riums, wie zuspielen, darauf wird man trotz des Titels z. B. Vibraphontöne mit dem Finger abdämpfen, Concertants nicht unbedingt bestehen, liegt das mit dem Bogen streichen etc. Aber auch die Flö - Vergnügen doch mehr auf der Seite der Spieler. ten stimme ist souverän komponiert unter Ein be - Nützlich die hinzugefügten Taktzahlen, weni- ziehung aller heute gängigen Klang farben, beson- ger nützlich, aber leicht zu korrigieren, das ders schlagzeugähnlicher wie „pizz.“ „Tongue Treiben des Druckfehlerteufels, den Lektoren Ram“, Klappengeräusche, aber auch der „lichten“ scheint es wie den Heinzelmännchen ergangen ˇ Klänge wie Flageoletts oder Whistle-Töne. Auch zu sein, es gibt sie nicht mehr. Zeljko Peˇsek Form- und Klangfantasie kommen nicht zu kurz: in den unterschiedlichsten Kombinationen ergän- Antonio Vivaldi: Le printemps zen, verstärken sich Flöte und Schlagzeug, kon- extrait des Quatre saisons pour orchestre, pour en - trapunktieren aber auch, spielen virtuos mit - semble de flûtes (Grognet), the French Flutists Pro - einander, tanzen regelrecht, Traumhaftes steht pose Collection Philippe Bernold, Paris 2007, Gérard Billaudot Éditeur, G 8237 B, € 26,56 neben Grell-Ag gres sivem, Splitterndes neben Delikatem. Der Un tertitel Fantasie be steht voll- Bereits 1725 veröffentlichte der Schriftsteller, kommen zu Recht. Dieses Werk ist ein Juwel für Philosoph, Theoretiker und Komponist Jean diese Besetzung. Frank Michael Jacques Rousseau eine Bearbeitung von „La

220 TIBIA 3/2008 Noten primavera“, dem 1. Violinkonzert aus der Reihe „Die 4 Jahreszeiten“ von Antonio Vivaldi. Diese Musik ist ... Bearbeitung war für Soloflöte und der besseren Spielbarkeit halber nach D-Dur transponiert. Die Flöte lag bei diesem Werk auch deshalb schon nahe, weil in Vivaldis Werk sowohl viele Vogelimitationen vorkommen, als auch eine Danza-pastorale als Schlusssatz, wo sich das Hirteninstrument Flöte geradezu anbietet. (Diese Fassung gibt es in einer instruktiven Ausgabe bei Edizioni Suvini Zerboni Mailand, herausgegeben von R. Fabbriciani.) Einen gan- zen Orchestersatz auf eine Flöte zu kompri- ... ein Pfad in die Unendlichkeit mieren bedeutet natürlich auch, bestimmte Elemente im Werk zu verdichten, andere ganz wegzulassen, z. B. im 2. Satz das Murmeln der Quelle oder das Hundeknurren. Dieses Pro - b lem tritt bei vorliegender Bearbeitung natür- lich nicht auf, sämtliche Streicherstimmen, auch die der Solovioline lassen sich problemlos für die HUBER Flöte einrichten, zumal auch keine Un wet ter ra - swiss musical instruments se reien etc. wie in den anderen 3 Jah res zei ten - konzerten vorkommen. Insofern ist dieses idyl- lische Werk tatsächlich gut geeignet für Solo - flöte, 2 Flöten, Altflöte in G und Bassflöte, wobei eine Mehrfachbesetzung der Tut ti stim - werke und die meisten von ihnen Auf trags kom - men sich auch hier gut macht, aber nicht unbe- positionen, bestellt, gedichtet und komponiert dingt notwendig ist. Die strahlende Ori gi nal - für ein herausragendes, festlich begangenes Er - tonart E-Dur wurde beibehalten. Diese Be ar - eignis des familiären, gesellschaftlichen, aka de - beitung Gérard Grognets ist lohnend, der mischen oder politischen Lebens. Meist spiegeln Druck ist sauber und schön. Kurz: Eine emp- sie ihren Zweck in aller Deutlichkeit wider, sind fehlenswerte Neuerscheinung, auch gut für die text lich ganz auf ihn zugeschnitten und nennen Mu sikschule geeignet. Der angegebene Schwie - auch den Namen des Widmungsträgers. Die rig keitsgrad 7 (schwer) trifft nur auf die So lo - konkrete Ausrichtung des Textes auf den jewei - stimme zu und da vor allem wegen der Sech - li gen Festanlass hatte zur Folge, dass, anders als zehn teltriolenstelle. Frank Michael bei Kirchenmusik, an eine Wiederaufführung bei anderer Gelegenheit kaum zu den ken war – es sei denn, man änderte den Text entsprechend. Johann Sebastian Bach: O angenehme Das aber hat Bach nicht selten getan. Manchmal Melodei genügten wenige Handgriffe, die Änderung des Kantate an die Gönner von Wissenschaft und Kunst für Namens und der Titulierung des Gefeierten, oft Sopran, Traversflöte, Oboe d’amore, 2 Violinen, Viola mussten jedoch ganze Arien, noch öfter die und Continuo BWV 210a. Rekonstruiert und herausge- Rezitative umgedichtet werden. Besonders tief- geben von Alexander Ferdinand Grychtolik. Edition greifende Änderungen waren naturgemäß not - Güntersberg, Heidelberg 2007, Partitur G124 (mit bei- wendig, wenn Bach, wie nicht selten, weltliche gelegter Sopranstimme G124A) € 21,80, Instrumental- Kompositionen in kirchliche überführte. stimmensatz G125, € 21,80 Wir haben es mit dem sogenannten Pa ro die ver - Bachs weltliche Kantaten sind Gelegenheits - fahren zu tun. Die vorliegende Kantate bietet

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Blockflötenbau Herbert Paetzold - Blockflöten in handwerklicher Einzelfertigung - Nachbauten historischer Blockflöten - Viereckige Bassblockflöten von Basset bis Subkontrabass

Schwabenstraße 14 – D-87640 Ebenhofen – Tel. 08342-899111 – Fax: 08342-899122 [email protected] ·www.alte-musik.info

geradezu ein Musterbeispiel für Bachs Parodie - lich widersprochen wird, und erst gegen Schluss praxis im weltlichen Bereich. Ihre besondere ist von der oder den Personen die Rede, die es Eignung zur Wiederverwendung ist offensicht- mit der Kantate zu feiern gilt. Vollständig über- lich in der Allgemeinheit ihres Inhalts begrün- liefert ist die Kantate nur in einer späten Fas sung det: Es geht um Musik, um das uralte Thema der aus dem Jahre 1741 mit dem Textbeginn „O hol- Macht der Töne, ihrer Fähigkeit, die Menschen der Tag, erwünschte Zeit“ (BWV 210) zur Hoch - zu betören und zu bezaubern, zu stärken und zu zeit des Berliner Hofarztes Dr. Georg Ernst trösten, zu erfrischen und zu ermutigen, aber Stahl jun., mit dessen Familie Bach und seine auch um die Verächter der Musik, denen natür- beiden ältesten Söhne freundschaftlich verbun- den waren. Der von Bach und seinem Schüler Jo - hann Friedrich Agricola geschriebene Stimmen - Seit über 25 Jahren : satz verrät mit einer auffälligen Fehleintragung, Alles für Blockflötisten dass als Vorlage eine andere Werkfassung gedient hat. Von dieser Fassung hat sich allerdings nur die Sopranstimme erhalten. Diese aber bezeugt nicht nur eine, sondern gleich drei Fassungen, alle drei beginnend mit den Worten „O ange- nehme Melodei“ (im Bach-Werke-Verzeichnis zusammengefasst unter der Nummer 210a). Die erste dieser Fassungen ist hier allerdings gewis- Flöten sermaßen nur noch ex negativo dokumentiert in Gestalt ausradierter und anschließend neu über- Noten schriebener Namen und Titel. Damit gab sie der Bach-Forschung lange ein Rätsel auf, das sich Zubehör aber inzwischen durch einen in den frühen 1990er Jahren aufgefundenen Textdruck gelöst hat: Die Kantate erklang in dieser Fassung an - Notenschlüssel lässlich eines Besuchs des Herzogs Christian Musikalienhandlung S.Beck & CoKG von Sachsen-Weißenfels in Leipzig am 12. Januar 1729. Die an den Herzog gerichteten Metzgergasse 8 D-72070 Tübingen Anreden aber wurden in der Sopranstimme spä- RUF 0 70 71- 2 60 81 FAX 2 63 95 ter überschrieben mit dem Namen und den Internet: www.notenschluessel.net Titeln des Leipziger Stadtkommandanten Joachim Fried rich Graf von Flemming. Die so

222 TIBIA 3/2008 Noten entstandene zweite Fassung muss, da der Graf vor; hier hat er die Continuo-Stimme jeweils im Herbst 1740 starb, spätestens an dessen 75. untadelig und stilsicher ergänzt. Geburtstag am 25. August 1740 erklungen sein. Alexander Ferdinand Grychtolik und der Die dritte Fassung in der Sopranstimme ist die- Edition Güntersberg ist eine erfreuliche Er wei - jenige, die Alexander Ferdinand Grychtolik terung des schmalen Repertoires weltlicher zum Gegenstand seiner Rekonstruktion Bach-Kantaten zu verdanken, übrigens mit gemacht hat. Ihr Text enthält als einziger keine einer sehr anspruchsvollen Sopranpartie und, Namen und konkreten Personenbezüge, son- was Tibia-Leser besonders interessieren wird, dern richtet sich allgemein an gewisse „werte mit schönen Bläserpartien für Flöte und Oboe Gönner“ (Satz 8 und 10) der „Wissenschaft und d’amore. Der weiteren Verbreitung der Ausgabe Kunst“ (Satz 7). wäre eine Generalbassaussetzung für das Cem - Diese „Anonymisierung“ der Widmungsträger balo nützlich (zumal der Continuo nur teilwei- und des Aufführungsanlasses hat aus heutiger se beziffert ist), und die Sopranistinnen wären Sicht einen Vorteil: Sie löst die Kantate aus der sicher für einen Klavierauszug dankbar. – Das engen Situationsbindung, die den übrigen drei Notenbild ist ausgezeichnet. In Nr. 7 hat Fassungen eigen ist und heute zwangsläufig als anscheinend der Computer im Continuo eigen- Aufführungshemmnis erscheint. Für die Re - mächtig enharmonische Verwechslungen vorge- kon struktion der insgesamt fünf Arien konnte nommen (f statt eis in T. 6 und F statt Eis in T. Grychtolik die Fassung der Sopranstimme pro- 10; in T. 9/10 außerdem Bezifferungsfehler). Für blemlos mit dem Instrumentalpart der Berliner eine Neuauflage sollten verschiedene kleinere Hochzeitskantate verbinden, das Gleiche gilt Fehler (auch im Vorwort) behoben werden. Vor für die beiden Accompagnato-Rezitative der allem aber sollte der auf dem Umschlag wieder- Kantate (Satz 1 und – mit einer kleinen, von gegebene Faksimile-Ausschnitt aus Bachs wohl- Grychtolik überbrückten Lücke – Satz 9); da - bekannter Reinschrift der sechs Violinsoli in rüber hinaus ergaben sich drei der vier Stimmen dieser Form nicht wieder abgedruckt werden: des Accompagnato-Schlusses eines weiteren Re - Ein unmusikalischer Mensch hat hier im ober- zitativs (Satz 7) aus der erwähnten Fehl ein tra - sten System Notenköpfe, -balken und -hälse gung im Stimmensatz der Hochzeitskantate, in gekappt und im untersten Sys tem sogar einen den sie Bachs Helfer versehentlich aus der älte- Schnitt zwischen den Notenlinien hindurch ren Fassung übernommen hatte. Für die Secco- gelegt – unempfindlich dafür, wie sich die Partien dagegen, die in der Hochzeitskantate in Schönheit der Bach’schen Musik bis in sein Neukomposition erscheinen, lag Grychtolik Schriftbild hinein ausdrückt. Klaus Hofmann nur die Sopranstimme der Fassungen BWV 210a

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TIBIA 3/2008 225 Noten era, with authentic orchestral backing tracks, ten quartett (Beutler/Rosin), 2008, UE 33 704, Reihe: Schott Master Play-Along Series, inkl. 1 € 14,95 CD, 2008, ED 13151 Repertoire Explorer – Flute, für Anfänger Debussy, Claude: La fille aux cheveux de lin, ausgewählt von James Rae, 2008, UE 21 457, für Flöte und Klavier (Brison), 2008, ED 09824 € 14,95 Debussy, Claude: Pour invoquer Pan, dieu du Ut Orpheus Edizioni S.r.l., Bologna vent d’été, für Flöte und Klavier (Brison), 2008, Bingham, George: 50 Airs Anglois, per Flauto ED 09823 Dolce Contralto solo (nn. 1-20), 2 Flauti Dolci Gariboldi, Giuseppe: Etudes mignonnes (Stefan Contralti (nn. 21-30), Flauto Dolce Contralto e Albrecht), für Flöte, Reihe: Essential Exercises, Basso Continuo (nn. 31-50) (Sansone), Urtext, 2008, ED 20354, € 12,95 2008, FL 2, € 22,00 Holliger, Heinz: (Ma) (s)sacrilegion d’horreur, für Krebs, Johann Tobias: 3 piccoli Preludi e 8 (16, 24, 32, …) Piccoli und 4 Basler Trom meln Fughe, per Quartetto di Flauti Dolci (SATB) (mit 8 Trillerpfeifen), 2008, FTR 193, € 34,95 (Sansone), 2008, HS 169, € 22,00 Koechlin, Charles: Le Portrait de Daisy Riccio, Giovanni Battista: Iubilent Omnes, Hamilton, opus 140, Volume 4: Huit Pièces Mottetto (Venezia 1620), per Soprano, Violino, pour flûte et piano (Orledge), Reihe: Il flauto Flautino, Fagotto e Basso Continuo (Sansone), traverso, 2008, FTR 198, € 16,95 Urtext, 2008, FL 3, € 18,00 Moser, Jürgen: Let’s play together, 18 leichte Sansone, Nicola: Canzoni e Danze europee dei Popstücke für Flöte und Klavier, Partitur und secc. XVI-XVIII, per Flauto Dolce Soprano o Stimme, 2008, ED 20275, € 13,95 Tenore e Basso Continuo, 2008, FL 4, € 20,00 Ravel, Maurice: Pavane pour une infante dé - Valentine, Robert: La Villeggiatura, 6 Sonate funte, für Flöte und Klavier (Birtel), 2008, ED per 2 Flauti Dolci Contralti (Sansone), Urtext, 09839 2008, FL 1, € 22,00 Steinbach, Patrick / Löll, Wolfgang: Carolan’s Visioli, Tullio: Simorgh Ensemble (2007), per Dream, 15 Pieces for Flute/Violin (Fiddle) and Quartetto di Flauti Dolci (SATB) e Flauto Dolce Piano, inkl. 1 CD, 2008, ED 20201, € 17,95 Sopranino ad libitum, 2008, FL 5, € 22,00 Wagner, Richard: WAGNER – Treulich ge - führt, für Flöte und Klavier (Birtel), 2008, ED Edition Walhall, Verlag Franz Biersack, Magdeburg 09830 Fischer, Johann: Ouverture (Suite) á 5 F-Dur (Hans Bergmann), für Oboe, 2 Violinen, Viola Weinzierl-Wächter, Elisabeth / Heller, Bar bara: und B. c., 2007, EW 612, € 17,50 Flötenmusik von Komponistinnen, 13 Stücke für Gershwin, George: Rhapsody in Blue, for flute, Flöte und Klavier, 2008, ED 9947, € 22,95 oboe, , horn & bassoon (Kalke), 2008, Winn, Robert: Melodies for Developing Tone EW 708 and Interpretation, für Querflöte, Reihe: Rauch, Johann Georg: Sonata duodecima Essen tial Exercises, 2008, ED 20023, € 13,95 (Konrad Ruhland), für 2 Violinen, 2 Violen, Musikverlag Hans Sikorski, Hamburg Fagott & B. c., 2007, EW 626, € 15,80 Theißen, Beate / Zuckowski, Rolf: Rolfs Block - Musikverlag Zimmermann, Frankfurt flö tenwerkstatt, mit Liedern von Rolf Zu - Anonymus (Boccherini?): Quintett Nr. 3 C- ckows ki, inkl. 1 CD, 2008, H.S. 1099, € 17,95 Dur (Gronefeld), für Flöte, Violine, Viola, Universal Edition, Wien Violoncello und Kontrabass, 2007, ZM 35680, € Bramböck, Florian: Afro Latin Flute Duets, 29,95 Reihe: World Music, 2008, UE 33 041, € 14,95 Hofmann, Katharina: Gretel wird gehänselt, Gisler-Haase, Barbara / Rahbari, Fereshteh: 20 Variationen im Stil von Bach bis Bossa Nova Mini Magic Flute, inkl. 1 CD, 2008, UE 33 660, für 1 bis 2 Querflöten und Klavier, 2008, ZM € 19,95 35650, € 18,95 Pärt, Arvo: Da pacem Domine, für Block flö -

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Tonträger

Ensemble Caprice: Vivaldi – The Baroque Gypsies Analekta, Montreal 2007, AN 29912 menhang zu bringen, scheint völlig unsinnig Der 1963 geborene Matthias Maute studierte in und ein reiner Publicity-Gag. Und doch, man Freiburg und Utrecht Flöte, gewann den höre sich diese CD einmal an! Was so völlig Wettbewerb in Brügge 1990 und gründete ein unwahrscheinlich anmutet, wird plötzlich Jahr vorher, 1989, sein Ensemble Caprice, das mög lich. Ist nicht der Virtuose Vivaldi weit her- heute unter der künstlerischen Leitung von umgekommen? War er nicht in Wien, in Prag? Sophie Larivière und ihm steht. Seit einigen Kam er dort etwa nicht mit der Musik des Jahren sind das Ensemble und Matthias Maute Balkans in Kontakt? Immerhin Telemann meint in Kanada beheimatet, wo er an der McGill dazu, dass ein Musiker Stoff für ein lebenslan- Universität in Montreal eine Professur für ges Komponieren bekäme, würde er nur der Block flöte innehat. Matthias Maute spielt auch Zigeunermusik lauschen. im New Yorker Ensemble Rebel. Sophie La - Venedig war damals ja auch ein Fokus, ein rivière ist Flötistin und Mitglied im Ensemble Kulminationspunkt, von überall her kamen die Caprice seit 1997, bei Le Concert Spirituel und Leute, reich und arm, wollten in der pulsieren- ebenfalls bei Rebel. den Stadt im Meer ihren Spaß haben und erle- Vivaldi, der Zigeunerbaron habe ich diese Re - ben – ein Las Vegas des Barock, ein einziges zen sion überschrieben. Was auf den ersten Sündenbabel, Spielcasino, Tanzvergnügen. Blick völlig absurd und besonders um Ori gi na - Sicher waren hier auch Osteuropäer, spielten lität bemüht scheint, hat dennoch einen tieferen ihre Musik, ihre Weisen. Sinn. Vivaldi hatte nie Angaben gemacht, wo - Kombiniert man nun den barocken Vivaldi mit her er seine musikalische und kompositorische der Zigeunermusik, setzt sie kontrastreich Inspiration nahm. Ob Sie es nun glauben oder gegen- und nebeneinander, dann kann man nicht, er hat sich sehr von der Musik der osteu- nicht umhin, die Theorie von der Inspiration ropäischen Zigeuner inspirieren lassen. Das zu - Vivaldis durch Zigeunermusik ernst zu neh- mindest führt Matthias Maute im Booklet sei- men. Das liegt plötzlich völlig logisch auf der ner neuen Einspielung Vivaldi – The Baroque Hand. Gypsies aus. Und er stellt dann auch gleich und logischerweise Zigeunerweisen aus der Samm - Wie dem auch sei. Hier ist so oder so ein lung Uhrovska den Concerti von Antonio Vi - Meisterwerk der Alten Musik erstanden. Das valdi gegenüber. Ensemble Caprice (Nicolas Lessard, Erin Helyard, David Jacques, Ziya Tabassian), sowie In der slowakischen Stadt Uhrovska liegt eine Matthias Maute, Sophie Larivière, David Sammlung von ungefähr 350 Melodien der Greenberg, Olivier Brault, Pemi Paull und Zigeuner, einstimmig notiert – Bass und Susie Napper spielen sich in einen wahren Rhythmus sind zu improvisieren. Diese Samm - Klangrausch. Vivaldi beginnt zu tanzen, zu wir- lung aus dem Jahr 1730 öffnet den direkten beln, da fliegen die Rockschöße und die Zugang zur Welt der Zigeuner, die wegen ihrer Perücke – das hat Kraft, Lebensfreude, In spi ra - weiten Reisen hier vielerlei Impressionen haben tion, Tiefe. Das ist Musik! Robert Strobl einfließen lassen: Werke aus Ungarn stehen neben Liedern aus Tschechien usw. Diese wilde, aufregende Musik nun mit Vivaldi in Zu sam - aus: TOCCATA 2/2008, S. 14

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Michael Schneider: Blockflötensonaten – in Gestalt einer handlichen Pappschachtel, die European Baroque Sonatas (u. a. Händel, Telemann, nicht weniger als acht CDs mit Block flö ten so - Barsanti, Scarlatti, Purcell, Corelli, Loeillet), Michael naten des europäischen Hochbarocks enthält – Schneider (Blockflöte), Sabine Bauer (Cembalo, erschienen beim Label Capriccio, mit welchem Orgel, Claviorganum), Yasunori Imamura (Laute), Schneider seit vielen Jahren zusammenarbeitet: Toshonori Ozaki (Laute), Rainer Zipperling (Viola da Bei Capriccio ist schon seit langem die Reihe gamba, Violoncello), Annette Schneider (Violoncello), Edition Flauto zu haben, in welcher seit Mitte Christian Beuse (Fagott), Delta Music GmbH, Frechen der 1990er Jahre nach und nach Schneiders In - 2007, 8 CDs, Best-Nr. 49550 ter pretationen italienischer, englischer, deut- Michael Schneider, Jahrgang 1953, kann als füh- scher, niederländischer und französischer Block - render Blockflötist seiner Generation in flötenmusik erschienen sind. All jene Auf nah - Deutsch land gelten. Er studierte bei Günther men finden sich auch in der vorliegenden Höller in Köln und bei Walther van Hauwe in „Schneider-Box“ als Wiederauflage, ebenso die Amsterdam, wurde 1978 Preisträger beim Einspielung von Blockflötensonaten Georg renommierten ARD Musikwettbewerb in Philipp Telemanns, aufgenommen 2005. Neu Mün chen, gründete im Jahr darauf das En - im Sortiment ist Schneiders Einspielung der semble Camerata Köln, mit welchem er ca. 50 Sonaten Georg Friedrich Händels (Capriccio, CDs eingespielt hat, und wurde 1980 zum 2007), wodurch die CD-Sammlung auch für Professor an die Hochschule der Künste Berlin diejenigen interessant wird, die alle älteren CDs berufen. Drei Jahre später folgte Schneider bereits als Einzelexemplare besitzen. einem Ruf an die Hochschule Frankfurt am Das vorliegende Projekt erinnert unmittelbar Main, wo er einen neuen Studiengang für an die legendäre „Brüggen Edition“ bei Te le - „Historische Interpretationspraxis“ eingerich- fun ken und ist dennoch davon zu unterschei- tet hat, und gründete 1988 das Barockorchester den: Den Charakter eines „Vermächtnisses“ La Stagione Frankfurt, welches ihn als Di ri - wie im Falle der Brüggen-Aufnahmen, die zu genten zu allen bedeutenden Festivals der Alten einem Zeitpunkt erschienen sind, zu welchem Musik im In- und Ausland geführt hat. Etliche Brüggen längst beschlossen hatte, „keinen Ton der ca. 50 CDs von La Stagione Frank furt wur- mehr zu blasen“, trägt Schneiders Box vor dem den mit hochkarätigen Preisen ausgezeichnet, Hintergrund seiner ungebrochenen Schaf fens - darunter der Classic Award und der Preis der freude wohl kaum. Insofern besitzt die Samm - deutschen Schallplattenkritik. lung auch nicht jenen Hauch des nostalgischen, Trotz seines Erfolgs als Hochschullehrer, der wehmütigen Rückblicks auf „tempi passati“, Generationen von jungen Spielern geprägt hat, wie er dem Brüggen Projekt zu eigen ist. und seines Engagements als Dirigent, der Schnei ders Vorhaben zieht vielmehr Bilanz – inzwischen auch gerngesehener Gast diverser und das auf vielfältig beeindruckende Weise: In Kammerorchester ist, ist Michael Schneider summa stellen die acht CDs ein Kompendium „seinem“ Instrument, der Blockflöte, stets treu des Repertoires hochbarocker Block flö ten - geblieben. Nach eigenen Aussagen stellt sich sonaten dar, wie es kein Interpret neben für ihn das Spiel auf der Blockflöte „als die Michael Schneider bis heute eingespielt hat. denkbar strengste und unerbittlichste Schule Insofern dokumentiert das Unterfangen beste zum professionellen Musikmachen“ dar, „weil Literaturkenntnis und überragende Stil sicher - man nichts geschenkt bekommt und auch die heit – gepaart mit instrumentaltechnischen scheinbar einfachsten Parameter immer wieder Qualitäten wie Tonschönheit, In to na tions - neu reflektiert und erarbeitet werden müssen.“ reinheit und einer Klarheit in der Diktion, wie Kurz vor seinem 55. Geburtstag präsentiert sie Schneider von Anfang seiner Karriere an bis Schneider nun die Quintessenz seiner künstle- auf den heutigen Tag immer wieder eindrucks- rischen Auseinandersetzung mit der Blockflöte voll unter Beweis gestellt hat.

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Sich an dieser Stelle in Details zu verlieren und toireerschließung und Verständnis der Kom po - Interpretationsansätze der acht CDs im einzel- sitionen in ihrem jeweiligen kulturhistorischen nen herauszugreifen, würde bedeuten, „den Kontext. Etwaige Extravaganzen in der In ter - Wald vor lauter Bäumen“ aus den Augen zu pretation sind das Resultat quellenkundlicher ver lieren. Betrachtet man die gesamte Samm - Forschungen und nicht Ausdruck individueller lung gewissermaßen aus der Distanz, stellt sich Selbstdarstellung. Ähnlich wirken etliche rasch der Eindruck einer verblüffenden Ge - Kunst griffe auf Schneiders Einspielungen – schlossenheit der künstlerischen Aussage dar, etwa die Wahl unterschiedlicher Con tinuo in - die offenbar seit Jahren unbeirrt ihren eigenen stru mente bis hin zum Claviorganum, oder ver- Weg geht, sich selbst treu bleibt und an „neu- schiedenster Flötentypen und diverser Stimm - modischen“ Tendenzen der Interpretation tonhöhen – niemals „gesucht“ sondern immer Alter Musik souverän vorbeischlendert. So gut „recherchiert“, um die entsprechende Mu - könnte Schneiders uneingeschränkte Vir tuosi - sik zu optimaler Wirkung zu bringen. tät ihn dazu verleiten, aus jedem Allegro ein Wollte man ein Fazit ziehen, könnte man sagen: furioses Presto zu machen, könnte sein ver- Hier haben sich um Michael Schneider Musiker schwenderischer Ideenreichtum zu überreicher zusammengefunden, denen die technische und Ornamentik langsamer Sätze führen, das aktu- gestalterische Bewältigung ihres Repertoires so elle Angebot des Blockflötenbaus von betont selbstverständlich geworden ist, dass sie sich klangstarken Instrumenten ihn vom klangli- voll und ganz der künstlerischen Durch drin - chen Vorbild historischer Originalinstrumente gung hingeben – und dies vor dem Hintergrund abbringen. Doch nichts von alledem ist der Fall: jahrelanger Lehrtätigkeit, die sie ständig dazu Schneiders Stil war und ist unprätentiös und anhält, das eigene Instrument und die zu spie- uneitel, ausschließlich der Sache selbst ver- lenden Werke im größeren Zusammenhang pflichtet. Er präsentiert zu allererst den Kom - hochbarocker Kultur zu betrachten. ponisten und sein Werk und macht erst in zwei- ter Linie, absolut unaufdringlich, aufmerksam Schneiders Anthologie barocker Block flö ten - auf die Kunst des ausführenden Musikers. sonaten wird keinesfalls zur Reverenz vor sich Somit gleicht Schneiders Ansatz demjenigen selbst, sondern zur Reverenz vor der Musik – vieler großer Interpreten – vor allem dem An - und gerade dadurch zu einer wahren Re fe renz - satz derer, die die Alte-Musik-Bewegung vor aufnahme. Karsten Erik Ose Jahrzehnten begründet haben: Frans Brüggen, Gustav Leonhardt oder Nikolaus Har non - court, um nur drei der bedeutenden Pro ta go - nisten zu nennen, ging und geht es um Re per -

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NEUEINGÄNGE ohne Titel), Fulvio Caldini: Fade-Control, Johann Anton André: Quartette für Flöte und Anonymus: Saltarello, Flautando Köln: Streichtrio nach W. A. Mozart, Quartett in D-Dur Katharina Hess, Susanne Hochscheid, Ursula op. 81 Nr. 1 (nach KV 378), Quartett in G-Dur Thelen, Kerstin de Witt (Blockflöten), Gast: op. 78 Nr. 1 (nach KV 497), Quartett in D-Dur Torsten Müller (Schlagwerk), Ars Musici, op. 78 Nr. 3 (nach KV 498), Quartett in G-Dur Freiburg 2007, 1 CD, AM 1422-2 op. 78 Nr. 2 (nach KV 496), Bieler Solisten: Georg-Friedrich Haendel: Six concertos pour flûte à Peter Wirz (Flöte), Daniel Kobyliansky (Vi o - bec, Concerto en Sol majeur (HWV 314, opus line), Zoltan Toth (Viola), Matthias Walpen III/3), Concerto en Si bémol majeur (HWV 294, (Vio loncello), Euro Classics, Horw (Schweiz), opus IV/6), Concerto en Fa majeur (HWV 293, 1 CD, EC 10108 opus IV/5), Concerto en Sol mineur (HWV 291, Flautando Köln: La Spiritata 2, Anonymus: opus IV/3), Concerto à 4 en Ré mineur (manus- Estampien (Tre Fontane, Lamento di Tristano), crit de Wiesentheid), Concerto à 4 en Si bémol Francesco Landini: Virelai (Adiu dous dame), majeur (manuscrit de Rostock), Andante alle- Anonymus: Irish Folk (Jigg Toss the feathers, gro du Concerto en Si bémol majeur (HWV Air Erin shore, Reel Black Eyed Biddy), Stefan 294), Tamburino d’Alcina, Menuetto de la Thomas: Inherent Patterns, Dietrich Buxte - Water Music, La Simphonie du Marais: Hugo hude: Ciacona in e [BuxWV 160], Antonio Vi - Reyne (direction, flûtes à bec), Philippe val di: Concerto d-Moll, Torsten Wilke Müller: Couvert (violon 1), Franck Pichon (violon 2), Un cuento pequeño, John Playford: Tunes Serge Raban (alto), Dominique Dujardin (vio- (Merry, Merry Milkmaids, Parsons Farewell, loncelle), Franck Ratajczyk (contrebasse), Newcastle), Gerry Mulligan: Line for Lyons, Olivier Houette (clavecin et orgue), Musiques à Marco Uccelini: Aria Quinta sopra „La Ber ga - la Chabotterie, Conseil Général de la Vendée masca“, Heinrich Isaac: Tenorlieder (Maudit 2008, 1 CD, Best.-Nr. 605004, Info unter: soyt, Tmeiskin aus iunch, Et je boi d’autant, Conseil Général de la Vendée, 40, rue du Maréchal Foch, 85923 La Roche sur Yon Cedex 9, Frankreich Siri Rovatkay-Sohns / Lajos Rovatkay: Csakan & Biedermeier, virtuose Musik der Frühromantik für Spazierstockblockflöte, Ernest Krähmer: Introduction, Variations et Polonaise op. 6, János K. Hunyady: Adagio / Un poco Allegretto aus „National Ungarische“ op. 2 Nr. 3, János Lavotta: Nr. 2 aus „Aecht ungarische National- Blockflöten, die ansprechen! Tänze“, Abbé Josef Gelinek: Rondo, János Lavotta: Nr. 4 aus Aecht ungarische National- Tänze, János K. Hunyady: Concert-Polonaise op. 14, János Lavotta: Nr. 1 aus Honi emlék- füzér (Heimat-Erinnerungs-Kranz), Ernest Krähmer: Variations brillantes op. 18, János Lavotta: Nr. 2 aus Honi emlék-füzér, Anton Heberle: Adagio / Á la Menuetto aus Sonate brillante, János Lavotta: Nr. 3 aus Honi emlék- MARSYAS Blockflöten GmbH füzéz, Ernest Krähmer: Rondeau hongrois op. CH-8200 Schaffhausen 28, Siri Rovatkay-Sohns (Csakan), Lajos Ro - www.marsyas-blockfloeten.ch vat kay (Tafelklavier), querstand, Altenburg 2008, 1 CD, VKJK 0807

230 TIBIA 3/2008 Leserforum

Leserforum

Zur Rezension von Ulrich Scheinhammer-Schmid zu Ich bin eine erwachsene Lai en - Ellen Hickmanns Buch „Klänge Altamerikas“ in spielerin, spiele in zwei kleinen TIBIA 2/2008, S. 121 Ensembles und gebe ein wenig Unterricht. Für Ergänzend möchte ich folgendes bemerken: Hin - mich und meine, wenn auch wenigen, Schüler sichtlich der Frage, welche Bedeutung Flö ten war das Lehrwerk überaus gewinnbringend. (…) für die Menschen in Indio-Kulturen haben, ver- Das Buch Allegra 3 strahlt meiner Meinung weist Ellen Hickmann (S. 108) auf Aussagen von nach eine solch erfreuliche Bejahung des Le - Lévi-Strauß (Mythologica II, Frankfurt 1966/ bens aus, dass es nicht nur für Kinder, sondern 1976) und Curt Sachs (Geist und Werden der auch als Spielvorlage für alte Menschen, die den Mu sikinstrumente, Berlin 1929), wonach hier Weg zur Musik aus Therapiegründen finden Flöte, Gesang und Sprache auch synonym ver - möchten, geeignet ist. wen det werden. So blasen z. B. Jäger und Fi scher wahre Leitmotive auf ihren Flöten, um ihre Abschließend möchte ich noch Susanne Kös - Rückkehr, ihren Erfolg oder Misserfolg sowie zeghy (ERTA) zitieren. Sie sagt, sie habe selten den Inhalt ihrer Jagdtasche anzukündigen. so ein liebevoll durchdachtes, illustriertes und vorausschauend konzipiertes Lehrbuch in den Darüber hinaus: eindrucksvoll sind auch die Händen gehalten. Sie bezieht sich hierbei auf Indio-Flötenspielergruppen, die wir an Markt - alle drei Bände von Allegra. tagen in unseren Innenstädten treffen. Diese tiefen hauchigen Flötenklänge, die etwas von Luisa Moser, Düsseldorf Trauer an sich haben. „Auf der Flöte spielen“ heißt in der Tukano-Sprache auch „weinen“ (Hickmann nach Lévi-Strauß, s. o.), und wer- Prof. Dr. Eckart Altenmüller zum Artikel Psyché und Syrinx von Ludwig Tente, Tibia 1/2008, S. 2-10 den wir hier nicht erinnert an Sprichworte wie „Ohne Trauer keine rechte Lebensfreude“? Haben Sie ganz herzlichen Dank für den exzel- lenten Artikel mit der Analyse des Werkes Hermann Moeck Syrinx von Claude Debussy. Es stellt das Werk Nachtrag d. Redaktion in einen vollkommen neuen Zusammenhang Das Buch „Klänge Altamerikas“ ist nicht nur in den Reiss- und wird mit Sicherheit auch die Interpretation Engelhorn-Museen zu beziehen, sondern auch über die der Flötisten beeinflussen. Wissenschaftliche Buchgesellschaft (WBG), Darmstadt, in deren Primus Verlag das Werk erschienen ist. Es kostet 39,90 Eckart Altenmüller, Hannover Euro, an der Museumskasse allerdings nur 24,90 Euro (lt. Website www.rem-mannheim.de).

Jean Cassignol zum Leserbrief von Federico Maria Sardelli, Tibia 2/2008, S. 150 f. Zur Rezension der Blockflötenschule Allegra 1-3 In der Tibia 2/2008 präsentiert sich Federico (Claire Schmid) von Heida Vissing in Tibia 1/2008, Maria Sardelli als der neue Betreuer des offiziel- S. 41 f len Ryom-Katalogs (Breitkopf, 2007) und nützt Das Durcharbeiten des Allegra-3-Buches war dabei die Gelegenheit aus, seine schon in die eine echte Freude. Da es in der Tibia 1/08 Jahre 2000–2001 zurückreichenden Argumente jedoch eine recht negative Einschätzung des zum Thema „Flautino bei Vivaldi“ geltend zu Lehrwerkes Allegra 1 bis 3 gegeben hat, möch- machen – eine nachkämpferische Polemik, die te ich hier meinen eigenen Eindruck darlegen. mit der Zeit an Schärfe verloren hat. Greift das

TIBIA 3/2008 231 Leserforum so genannte Autoritätsargument, wie „Ich als und Naïve – OP30371). Das Stück erfreut sich offizieller Vivaldiforscher“ vs. „Sie als Ar ran - offenbar einer anhaltenden Beliebtheit. Bei geur“ heute wirklich noch? Amazon.fr lässt sich mühelos feststellen, das Dazu einige ergänzende, zum Teil neue In for - meine beim bekannten Label Naïve erhältliche mationen. „rara avis“ (so Sardelli) zu den „Top ranked CDs“ der Kategorie „flute vivaldi“ zählt. 1. Vivaldis authentisches Manuskript des Vio - lin-Konzertes RV 312 ist eine Art Palimpsest, 3. Eine Rekonstruktion ist eine hypothetische wo der ursprüngliche Text an einigen Stellen Ausarbeitung einer authentischen Vorlage. vom Meister selbst korrigiert worden ist. Es Anhand von Vivaldis hinterlassenem Ma nu - wird sicherlich für Leser/innen interessant sein skript habe ich lediglich versucht, entlang aller zu erfahren, dass das definitive Konzert RV 312 autographen Korrekturen folgende legitime im Januar 2008 von einem bekannten Geiger Frage zu beantworten: „Wie würde das Werk auf CD aufgenommen worden ist. aussehen, wenn der Prete Rosso seinen Plan durchgeführt hätte?“. Man wird bemerken, dass 2. Vivaldi hat das RV 312 zuerst als „Concerto dieses hypothetisch-deduktive Verfahren ver- per Flautino“ gesetzt, musste aber sein Vor - gleichbar ist mit den Rekonstruktionen von haben im 1. Satz aufgeben, weil er vermutlich Experten im Zusammenhang mit Bach, bei nicht über hervorragende Blockflötisten wie denen weder ethische Probleme noch Fie ber - z. B. Dorothee Oberlinger oder Sébastien Marq anfälle zu melden sind, ehe sie solche neue verfügte. Beide Solisten haben das für Flautino „wiedergewonnene“ Konzerte dem Publikum rekonstruierte RV 312R übrigens auf CD ein- vorlegen. gespielt (Marc Aurel/Raumklang – MA20015 4. Es ist durchaus angebracht, bizzarri geigen- technische (weil flautinogefärbte) Spielfiguren aufzulisten, die in der definitiven Violinfassung vorhanden sind. Einige Indizien deuten aber mit Sicherheit darauf, dass die zwei ersten Sätze fürs Flautino konzipiert wurden und von Vivaldi nur teilweise für die Violine geändert wurden, indem er sie vielleicht von einem ersten, heute verlorenen Manuskript abschrieb. Dies alles wird in einer künftigen Edition von RV 312R dargelegt werden. 5. Wenn man sich als musikwissenschaftlicher Tugendwächter präsentiert, dann sollte man es unterlassen, Musik alla Vivaldi zu rekonstruie- ren, wie Herr Sardelli selbst in der offiziellen Zeitschrift Studi Vivaldiani (s. Konzertversion der Oper Motezuma RV 723, Hefte 5/2005, S. 121 und 6/2006, S. 173). Und wenn ich rich- tig sehe, ist das auch der Fall im Heft 6/2006, S. 192: „Motezuma RV 723 (ricostruzione di A. Ciccolini)“ – mit anderen Worten: ex nihilo komponierte Rezitative und Arien. Music always wins out, wie man in Amerika zu sagen pflegt. Jean Cassignol (Paris)

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Neues aus der Holzbläserwelt Neuentdeckungen in den Heideklöstern

Im Rahmen eines groß angelegten For schungs- 6 CDs: God sy gelo- und Do ku men ta tions pro jekts haben die Mu - vet (Kloster Lüne), sikerin Prof. Ul rike Volk hardt und die Mu sik - Loff unde ere (Klo - wis sen schaft lerin Dr. Ulrike Hascher-Bur ger in ster Medingen), Wy Zu sam men ar beit mit dem Archivar der Lü ne - wyllen alle vrolick bur ger Klös ter, Wolf gang Brandis, die erste syn (Kloster Ebs - systematische Er fassung aller Mu sik ma nu - torf), Verleih’ unß skripte der sechs Lü ne bur ger Klös ter Lüne, friede gnädiglich, Me din gen, Ebs torf, Wals ro de, Isen ha gen und (Klo s ter Walsrode), Wien hau sen vor genommen. Hier zu wur den Herre, unser Herr - alle Ar chiv be stän de in den jeweiligen Klös tern scher, (Kloster Isen - ge sich tet sowie die 36 Me din ger Manu skripte, hagen), Danck unde die seit der Re for ma tions zeit an verschiedenen, loff (Kloster Wien - wechselnden Orten aufbewahrt werden, in hausen) erscheinen ganz Europa und den USA in Augenschein im Dezember 2008 genommen. Neben den wenigen bereits beim Label Cantate, bekannten Mu sik hand schriften (z. B. Wien - Kassel. häuser Liederbuch) wurden, u. a. auch in Ein - Ulrike Volkhardt bänden späterer Ma nu skripte, umfangreiche Funde wertvoller und interessanter Musikalien gemacht. Insgesamt han delt es sich um 119 Quel len. Durch die Förderung namhafter Nie - dersächsischer Stif tun gen wurden die For - schungen und eine Do ku mentation ermöglicht: Aus der noch unveröffentlichten Da ten bank wird ein Katalog publiziert werden, der wissen- schaftlichem Anspruch genügt und dem inter- essierten Laien anschauliche In for ma tionen liefert. (Für den Instrumentalisten werden be - son ders die Mu sik abbildungen neuen Diskus - sions stoff für die Aufführungspraxis bringen.) Entsprechend der im letzten Jahr aufgenomme- nen CD des Klosters Wienhausen werden fünf weitere CDs für die anderen Klöster produziert werden. Für diese wird das Ensemble devotio moderna durch eine Schola sowie Harfe und Psalterium ergänzt. Der Katalog Verborgene Klänge – Inventar der handschriftlich überlieferten Musik aus den Lüneburger Frauenklöstern bis ca. 1500 mit einer Darstellung der Musik-Ikonographie und zahlreichen Farbabbildungen erscheint im Herbst 2008 im Olms-Verlag, Hildesheim. Die

TIBIA 3/2008 233 Neues aus der Holzbläserwelt

Flanders Recorder Quartet in Korea

Blockflötisten Nico Jeong, der zusam- men mit der Cembalistin Jae-Yeon Kim auch für die nötigen Übersetzungen sorgte. Die vier Musiker von FRQ unterrichte- ten so wohl Einzelspieler als auch En sem - bles, besonders zu den Themen En sem - blespiel, Ar ti ku lations- und Atem tech - niken sowie zum sogenannten „schönen“ Ton.

Das Flanders Recorder Quartet wurde zu seinem 20. Jubiläum nach Korea eingeladen. Dort ga - ben die Musiker drei Kurse und 4 Konzerte in Seoul, Won-Yu und Pusan. Organisiert wurden die Ver - anstaltungen von Ki-Joon Ryoo, dem rührigen Inhaber der Mu sik - schule und des Musi ka lien ge - schäfts Recordia in Seoul und dem in Deutschland ausgebildeten

Preisträgerin 2008 bei dem Wettbewerb für Interpretation Neuer Musik

Eva Heitzinger wurde Blockflöte bei Prof. Dorothee Oberlinger am 28.09.1986 in Hal lein sowie Schulmusik und Mathematik. Sie be - bei Salzburg geboren. kommt Ge sangs un terricht, spielt Klavier und Ihren ersten Block flö ten - Violine. unterricht erhielt sie im In der Zeit von 1998–2003 nahm sie fünf mal Alter von fünf Jahren. Sie er folgreich bei „Prima la musica“ teil. besuchte das Musische Gymnasium in Salzburg Im April 2008 wurde sie Preisträgerin bei dem und begann mit 15 Jahren Wettbewerb für Interpretation Neuer Musik den Vor be rei tungs lehr - am Mozarteum Salzburg. Außerdem bekam sie gang für Block flöte an der Universität Mo zar - einen Sonderpreis für die Interpretation des teum Salzburg. Derzeit studiert sie Konzertfach Werkes Commentari III von Dorothée Hahne.

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Veranstaltungen

09.07.–28.08.2008 Alte Musik im Rahmen des 27.07.–02.08.2008 Musikkurswoche Blockflöte, Rheingau-Musikfestivals, Konzerte mit Franz Ort: Arosa/Schweiz, Ensemblespiel in großen

Juli Vitzthum, Julian Behr, I Fagiolini, Clemencic- und kleinen Besetzungen, Werke aus Re nais - Consort, Giuliano Carmignola, Venice Ba - sance, Barock und Moderne, Artikulation, In - roque Orchestra, Dorothee Oberlinger, So na - ter pretation, Intonation, Leitung: Lydia Gil - tori de la Gioiosa Marca, Maurice Steger, litzer, Info: Lydia Gillitzer, von Stauf fen berg - Cantus Cölln, Cappella Amsterdam, Or na - str. 85, D-82008 Unterhaching, Tel./Fax +49 mente 99, The English Concert, Harry Bicket, (0)89 616861, [email protected], info@ Kammerchor Saarbrücken, Le Concert kulturkreisarosa.ch, www.kulturkreisarosa.ch

Lorrain, Georg Grün u. a., Info: Rheingau- August 01.08.–09.08.2008 Festival „Musica Antiqua“, Ort: Musikfestival, PF 30 33, 65020 Wiesbaden, Tel.: Brügge/Belgien, Konzerte mit Concerto Co - 0180 5743464, www.rheingau-musik-festival.de pen hagen, Andrew Lawrence-King, Capriccio 24.07.–02.08.2008 18. Séminaire Estival de Mu - Stravagante, Skip Sempé, B-Five, Elbipolis, Ro - sique Ancienne, Musik aus England, mit St. nald Brautigam, Compagnie Bischoff, Rachel Dugardin (Gesang), S. Marq (Blockflöte), L. Podger, Gary Cooper, Stile Antico, Ricercar Beznosiuk (Traversflöte), P. Frankenberg Consort, Philippe Pierlot, Richard Egarr, Il (Oboe), L. van Dael (Violine, Viola), E. Balssa Gardellino, Carolyn Sampson, La Risonanza, (Violoncello, Viola da gamba), R. Rapoport Fabio Bonizzoni, Phoenix Munich, Joel (Fagott), D. Moroney (Cembalo), N. North Frederiksen, B’Rock u. a., Wettbewerb, Kurse, (Laute), J.-P. Boullet (Kammermusik), St. Vorträge, Instrumentenausstellung, Info: Fes ti - Player (Barocktanz), Info: Jean-Pierre Boullet, val van Vlaanderen, Musica Antiqua, t’Zand 34, 4, rue de Hermée, B-4680 Oupeye, www.semu B-8000 Brugge, Tel.: +32 (50) 332283, Fax: +32 sanc.be (50) 345204, www.musica-antiqua.com 25.07.–03.08.2008 Interpretationskurs Oboe, Ort: 01.08.–10.08.2008 Instrumentenbau mit Florian Arosa/Schweiz, Kammermusik für Oboen, Selmayr, Ort: Burg Rothenfels am Main, es wer- Atemtechnik, Vorbereitung Probespiel und den Instrumente nach verschiedenen histori- Rohr bau, für fortgeschrittene Laien und Stu - schen Vorbildern der Renaissance- und Ba rock - denten, Leitung: Prof. Pierre Feit (Essen), Info: zeit gefertigt, nach Absprache können aber Prof. Pierre Feit, Schmachtenbergstr. 177, auch moderne Instrumente gebaut werden, 45219 Essen-Kettwig, Tel.: +49 (0)2054 4008, Info: Burg Rothenfels am Main, 97851 Fax: +49 (0) 2054 939693, [email protected], Rothenfels, Tel.: +49 (0)9393 99999, Fax: +49 [email protected], www.kulturkreisa (0)9393 99997, [email protected], rosa.ch www.burg-rothenfels.de 25.07.–28.08.2008 Alte Musik im Rahmen des 03.08.–09.08.2008 Sommerwoche für Blockflöte, Schleswig-Holstein-Musik-Festivals „Russisch ge - Gambe und Chor, Ort: Kloster Donndorf stimmt“, Konzerte mit dem Sirin Ensemble, (Thüringen), Leitung: S. Wallach (Blockflöte, Andrey Kotov, Dorothee Oberlinger, Sonatori Tanz), A. Eckert (Viola da gamba), und St. de la Gioiosa Marca, Chanticleer, Musica Hinger (Chor, Broken Consort, histor. Blas in - Petropolitana, Michael Chance, Vesselina strumente), Info: Int. Arbeitskreis für Musik, Kasarova, The English Concert, Harry Bicket, Am Klostergarten 1a, 49565 Bramsche-Mal - Viktoria Mullova, Kammerorchester Basel, garten, www.iam-ev.de Giovanni Antonini u. a., Info: SHMF, PF 38 40, 03.08.–10.08.2008 Sommer-Musik-Woche, Ort: 24037 Kiel, Tel.: +49 (0)431 57047-0, Fax: +49 Burg Rothenfels am Main, für Gesang, Block - (0)431 57047-47, www.shmf.de flöte und Viola da gamba, Thema: die großarti-

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ge, klangprächtige Musik Claudio Monteverdis 15.08.–24.08.2008 Haydn-Festival im Schloss, Ort: sowie Hits aus Filmmusik und Musical, Tina Brühl, Konzerte mit der Capella Augustina, Groth u. a., Info: Burg Rothenfels am Main, Andreas Spering, Ann Hallenberg, Kristian 97851 Rothenfels, Tel.: +49 (0)9393 99999, Fax: Bezuidenhout, Akademie für Alte Musik Ber - +49 (0)9393 99997, verwaltung@burg-rothen- lin, Bayerische Kammerphilharmonie, Rein - fels.de, www.burg-rothenfels.de hard Goebel u. a., Info: Brühler Schloss kon - zerte, Bahnhofstr. 16, 50321 Brühl, Tel.: +49 03.08.–09.08.2008 Blockflöte und Jazz, Ort: (0)2232 9418-84, Fax: +49 (0)2232 9418-85, Arosa/Schweiz, Jazz-Blues (Komponieren und www.schlosskonzerte.de Improvisieren), Interpretation, Jazz-Standards (Harmonielehre und Improvisation), Jazzy 15.08.–25.08.2008 Meisterkurs Fagott, Ort: Arosa/ Recorder für Einsteiger (Notation, Spiel tech - Schweiz, Fagottliteratur nach freier Wahl, auch nik, Literatur), für Laien, Studenten und Be - Probespielvorbereitung, Technik, Körpergefühl rufs musiker, Leitung: Hanna Schüly-Binder, und -beherrschung, für fortgeschrittene Laien, Freiburg, Info: Hanna Schüly-Binder, Jäger - Studenten und Berufsmusiker, Leitung: Prof. häusleweg 25, D-79104 Freiburg, Tel./Fax: +49 Isamu Magome (Tokio), Info: Prof. Isamu (0)761 24427, [email protected], www. Magome, Daimachi 3-15-18, 193 Hachioji-shi, hanna-schuely.de, [email protected], Tokyo 193, [email protected], in der www.kulturkreisarosa.ch Schweiz: Liliane Meier-Soma, Tel.: +41 (0)18 131713, [email protected], www.kul 07.08.–24.08.2008 Festwochen der Alten Musik, turkreisarosa.ch Ort: Innsbruck/Österreich, Konzerte und Opern aufführungen mit dem RIAS-Kam mer - 23.08.–30.08.2008 Int. Course for Early Music, Ort: chor, Akademie für Alte Musik Berlin, Con - Tomar (Portugal), mit Jill Feldmann (Gesang), certo Vocale, René Jacobs, Innsbruck Festival Peter Holtslag (Blockflöte, Traversflöte), Chorus, Trompetenconsort Innsbruck, Mo - Richard Gwilt (Violine, Viola), Rainer Zip per - dern times 1800, Piers Maxim, Capella de la ling (Violoncello, Viola da gamba), Ketil Torre, Ensemble Concordia, Mark Levy, En - Haug sand (Cembalo), Ana Mafalda Castro semble Clément Janequin, Dominique Visse, (Kammermusik), Info: Academia de Música Cantus Cölln, Konrad Junghänel, Quatuor Antiga de Lisboa, R. Abílio Lopes do Rego 8, Mosaı¨ques, Il Gardellino, Academia Montis P-1200-601 Lisboa, Tel.: +351 (21) 39077-24, Regalis, Alessandro de Marchi u. a., Info: Inns - Fax: +351 (21) 39077-34, www.academia-musi brucker Festwochen der Alten Musik, Burg - cantiga.pt graben 3, A-6020 Innsbruck, Tel.: +43 (512) 23.08.–31.08.2008 Woche für Alte Musik, Ort: 561561, www.altemusik.at Celleno (Italien), italienische Komponisten der 10.08.–16.08.2008 Int. Woche für Alte Musik / Renaissance und ihre niederländischen Gäste, Biagio-Marini-Wettbewerb (13.08.), Ort: Neuburg Leitung: Ulrich Bartels und Andrea Schmie - an der Donau, diverse Kurse mit Harry van deberg-Bartels, Info: Sabine Cassola, Via der Kamp (Gesang), Jaroslav Roucek (Ba rock - Cimone 93A, I-00141 Rom, Tel. + Fax: +39 (06) trompete), Dorothee Oberlinger (Block flö te), 86800131, [email protected] Pauline Nobes (Violine), Markus Möl len beck 23.08.–31.08.2008 Laus Polyphoniae: „Die (Violoncello), Hille Perl (Viola da gamba, Hansestädte“, Ort: Antwerpen/Belgien, Kon - Violone), Christine Schornsheim (Cem balo), zer te mit Concerto Palatino, Gesualdo Consort und Jakob Lindberg (Laute, Barockgitarre), Amsterdam, Amarcord, La Caccia, Cantus Info: Amt für Kultur und Tourismus, PF 17 40, Cölln, Capella de la Torre, Weser-Renaissance, 86622 Neuburg, Tel.: +49 (0)8431 552-34, Fax: Josquin-Capella, Liuwe Tamminga, Ars Can - +49 (0)8431 552-32, www.sommerakademie- tus, Stimmwerck, Jakob Lindberg, Zefiro Tor - neuburg.de na, Capilla Flamenca, Hainavanker, Huel gas

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En semble u. a.; Workshops, Rah men pro gramm, 68163 Mannheim, Tel.: +49 (0)621 8321270, Info: Flandern-Festival, Everdijstraat 12, B- Fax: +49 (0)621 8321271, info@allegra- 2000 Antwerpen, Tel.: +32 (3) 20246-69, Fax: online.de, www.allegra-online.de +32 (3) 20246-64, www.festival.be/antwerpen 20.09.–21.09.2008 „projektblockflöte: Workshop 30.08.2008 Workshop: When I’m 64, Ort: Dort - Blockflötenorchester“, Ort: Musikschule Enger- mund, Musikschule Klaus Neuhaus, Kul tur - Spenge, Leitung: Sandra Niermann, Frank laden an der S2, Musikunterricht mit älteren Oberschelp, Catrin Anne Wiechern. Das Menschen – wie?, Leitung: Ellen Svoboda, Spielen des eigenen Instruments eingebettet in Info: Vielfalt Seminare, Tel.: +49 (0)931 den Sound eines großen Orchesters steht im 9916269, www.strategischer-arbeitskreis.de Mittelpunkt des Workshops. Die erarbeiteten 01.09.–06.09.2008 Trio Meisterkurs Blockflöte, Werke werden am Sonntag in einem Teil neh - Ort: Musikakademie Schloss Weikersheim, merkonzert vorgespielt, bei dem auch beste- Leitung: Dorothee Oberlinger (Köln/Salz - hende Ensembles die Möglichkeit haben, sich burg), Gerd Lünenbürger (Berlin), Matthias mit einem Stück vorzustellen. Als weiteres Weilenmann (Zürich), Info: ALLEGRA Agen - Highlight findet am Samstagabend ein Konzert tur für Kultur, Kalmitstr. 24, 68163 Mannheim, von Flautando Köln statt. Info: Catrin Anne Tel.: +49 (0)621 8321270, Fax: +49 (0)621 Wiechern, Schillerstrasse 12, 32756 Detmold, 8321271, [email protected], www.allegra- E-Mail: [email protected] September online.de 29.09.2008 + 04.10.2008 Atelier für Alte Musik, 03.09.–07.09.2008 22. Köthener Bach-Festtage, Ort: Trossingen, Kurs-, Seminar- und Kon zert - Ort: Köthen, Konzerte mit dem Monteverdi spektrum zur Gattung der „Canzona“, mit Choir, The English Baroque Soloists, John Maria Cristina Kiehr (Gesang), Anton Steck Eliot Gardiner, Christine Schornsheim, An - (Barockvioline, Viola), Lorenz Duftschmid dreas Staier, Vocalconsort Berlin, Akademie für (Viola da gamba), Carsten Eckert (Blockflöte), Alte Musik Berlin, Maurice Steger, Sächsisches Charles Toet (Posaune, Zink), Eckhard Vocalensemble Dresden, Matthias Jung, Jos van Lenzing (Dulzian, Fagott), Jakob Lindberg Immerseel, Balthasar-Neumann-Chor und (Laute), Marieke Spaans (Cembalo) und -Ensemble u. a., Info: Köthener Bach-GmbH, Edoardo Bellotti (Orgel), Leitung: Kees Boeke, Schlossplatz 5, 06366 Köthen, Tel.: +49 (0)3496 Info: Staatl. Hochschule für Musik, Inst. für 3039-85, Fax: +49 (0)3496 3039-87, www.bach- Alte Musik, Schultheiß-Koch-Platz 3, 78647 in-koethen.de Trossingen, Tel.: +49 (0)7425 949152, Fax: +49 (0)7425 336452, www.mh-trossin 08.09.–12.09.2008 Consortkurs „Blockflöte pur“, gen.de Ort: Alteglofsheim, Leitung: Silke Wallach und Oktober Heide Garbs-Indefrey, Info: Int. Arbeitskreis 01.10.–05.10.2008 Bau einer Renaissance-Block - für Musik, Am Klostergarten 1a, 49565 Bram - flöte, Ort: Flötenhof e.V., Schwabenstraße 14, sche-Malgarten, Tel.: +49 (0)5461 99630, Fax: 87640 Ebenhofen, mit dem Block flö ten bauer +49 (0)5461 996310, www.iam-ev.de Herbert Paetzold, Info und Anmeldung: www.alte-musik.info 08.09.–14.09.2008 Academia Palatina – Orchester - akademie Mannheimer Schule, Ort: Mannheim, 10.10.–11.10.2008 Neue Musik – Computermusik – Leitung: Florian Heyerick (Ensemble), Live-Elektronik, Ort: Osterode, Erörterungen Swantje Hoffmann (Violine), Viola de Hoog geschichtlicher und theoretischer Hintergründe (Violoncello), Peter Frankenberg (Oboe), sowie ausgewählte Werke live-elektronischer Wilhelm Bruns (Horn), Lorenzo Alpert Musik internationaler Studios bieten In for - (Fagott), Christopher Woods (Klarinette, mationen über Möglichkeiten elektronischer Chalumeaux), Elisabeth Scholl (Gesang), Info: Klanggestaltung, es werden mit In stru ment/ ALLEGRA Agentur für Kultur, Kalmitstr. 24, Stimme, Synthesizern, Modulationsgeräten und

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Leitung: Beate Knobloch, Info: Flötenschule „Payerbacher Meisterkurse“ Vielfalt, Tel.: +49 (0)931 9916269, mail@viel mit Dozenten der falt.biz, www.vielfalt.biz Universität MOZARTEUM Salzburg 25.10.2008 Workshop: Gewinnoptimierung, Ort: Sommerkurs für Querflöte und Kammermusik Kassel, Kulturhaus Dock 4, für private Mu sik - wo Kaiserin Sissi Urlaub machte! lehrer und Musikschulinhaber, Leitung: Ellen Flöte und Kammermusik mit Svoboda, Info: DTKV Nordhessen e.V., Tel.: +49 (0)561 9207788, www.tonkuenstler-nord Britta Bauer hessen.de 23.07. –31.07.2008 28.10.–02.11.2008 Wittenberger Renaissance- Zielgruppe: Musikfestival, Thema: Luthers Ankunft in Wit - begabte Jugendliche und junge Er wachsene. ten berg – mitteldeutsche und europäische Programm: Mu sik um 1500, das Festival beinhaltet zahlrei- Solorepertoire, Kammermusik und Training für che Konzerte, Vorträge und einen Workshop Aufnahmeprüfungen. für historische Instrumente, Info: Thomas Parallel zum Flötenkurs finden Klavier- und Gesangs kurse Höhne, Pfaffengasse 5, 06886 Lutherstadt statt, so dass viel Kammermusik möglich ist. Den Kurs Wittenberg, Tel.: +49 (0)3491 437805, Mobil: begleiten ausgezeichnete Korre pe titoren. Ge mein same 0172 3560908, mail@wittenberger-renaissance Konzerte und sommerliche Ausflüge sind inklusive. musik.de, www.wittenberger-renaissancemu Payerbach liegt im idyllischen Niederösterreich nahe der sik.de Hauptstadt Wien. 29.10.–02.11.2008 Kurs für Barockorchester und Infos unter: [email protected] und www.brittabauer.com Kammermusik (Traversflöte, Blockflöte, Ba - rock oboe, Violine, Viola, Cello/Viola da gam - ba), Violone, Cembalo, Ort: Altdorf bei Böb - Effektgeräten Klangerweiterungen experimen- lingen, Leitung: Ulrike Engelke, Info: Akade- tell erprobt, Leitung: Helmut W. Erdmann mie für Alte Musik in Baden-Württemberg e.V., und Claus-Dieter Meier-Kybranz, Info: JMD Ahornweg 33, 71155 Altdorf, Tel.: +49 (0)7031 – LV-Niedersachsen, An der Münze 7, 21335 606644, Fax: +49 8097031 604324, Mobil: 0172 Lüneburg, Tel./Fax: +49 (0)4131 309390, erd 7906760, [email protected], www.aam [email protected] wue.de 10.10.–12.10.2008 Venice 1500–1600, Ort: Dom - 30.10.–02.11.2008 Meisterkurs Traversflöte, Ort: melhof, Toekomstlaan 5, 3910 Neerpelt (Bel - Forum Artium, Am Kasinopark 1-3, 49124 gien), the recorder course will deal with the Georgsmarienhütte, Leitung: Prof. Barthold 1501 Harmonice Musices Odhecaton collection Kuijken (Brüssel), Info: Forum Artium, Tel.: and the Italian art of diminution at the end of +49 (0)5401 34160, Fax: +49 (0)5401 34223, the 16th century, Leitung: Bart Spanhove und [email protected], www.forum-artium.de

Joris Van Goethem, Info: Annelies Luyckx, November 01.11.–08.11.2008 Blockflötenwoche für Jung ge - Tel.: +32 11610510, Fax: +32 11610511, info@ bliebene, Ort: Hotel Laudinella, CH-7500 St. musica.be, www.musica.be Moritz, Leitung: Martina Joos (Zürich), 10.10.–12.10.2008 Kurs für Traversflöte, Ort: Flö - Thema: drei- bis zwölfstimmige Ensemble- ten hof e.V., Schwabenstraße 14, 87640 Eben ho - Literatur für Blockflöten und Grundlagen des fen, Leitung: Karl Kaiser, Info und Anmel - Zusammenspiels, Info: Hotel Laudinella, Tel.: dung: www.alte-musik.info +41 (0)81 8360000, Fax: +41 (0)81 8360001, 18.10.2008 Workshop: Renaissancetänze mit [email protected], www.laudinella.ch Schwer punkt „Pavane“, Ort: Würzburg, Luisen - 07.11.–09.11.2008 Ensemblekurs V: „Weih nachts - gar ten, Tanzen und Flöten im Ensemble, musik der Renaissance“, Ort: Block flö ten -

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zentrum Bremen, Leitung Kurs V: Ebba-Maria Künning, Info: Blockflötenzentrum Bremen, .EU IM-USIKVERLAG4IDHAR Tel.: +49 (0)421 702852, info@loebnerblock h+INDERSPIELEv4RIO 33!)NVENTIONENFàR floeten.de, www.loebnerblockfloeten.de !LTBLF 6IOLINEhFàR-ARIANNEv"LF1UARTETT 07.11.–09.11.2008 Probenwochenende des Block - +LAVIERU'ESANGVON3HLOMO4IDHAR flö tenorchesters Stimmwerck und Kurs für En - sembleleitung, Ort: Ev. Diakonissenhaus, 77963 Live-Elektronik, Kursbeschreibung und Infos Schwanau-Nonnenweier, Leitung: Johannes siehe Termin vom 10.10.–11.10.2008 Kurz, an diesem Wochenende werden Werke von der Renaissance bis zur Moderne geprobt, 28.11.2008 Lichtbildervortrag, Ort: Wienhausen, daneben stehen Themen wie Probenaufbau, Karsten Erik Ose über Symbolische Bedeutung Probengestaltung und Dirigentenhandwerk im von Musik in der Bildenden Kunst des 16. bis 18. Zusammenhang mit Blockflötenorchester im Jahrhunderts, Info: Kloster Wienhausen, An der Mittelpunkt des Kurses, Info: Johannes Kurz, Kirche 1, 29342 Wienhausen, Tel.: +49 (0)5149 Uhlandstr. 1a, 77971 Kippenheim, flutede 1866-0, Fax: +49 (0) 5149 1866-39, kloster. [email protected], www.editionparnass.de [email protected], www.wienhausen.de Dezember 13.11.–16.11.2008 Seminar für Solo- und 12.12.–14.12.2008 Kammermusik – Neue Musik – Kammermusik, Ort: Kloster Michaelstein, Improvisation, Kursbeschreibung und Infos 38889 Blankenburg, Deutsche Solo- und siehe Termin vom 14.11.–16.11.2008 Kam mermusik des 18. Jahrhunderts – Block - 19.12.–20.12.2008 Neue Musik – Computermusik – flöte, Violine/Viola, Viola da gamba, Vio lon - Live-Elektronik, Kursbeschreibung und Infos cello, Cembalo/Clavichord, Leitung: Bernhard siehe Termin vom 10.10.–11.10.2008 Klapprott (Weimar) und Myriam Eichberger (Weimar), Info: Stiftung Kloster Michaelstein – Musikinstitut für Aufführungspraxis, Tel. +49 (0)3944 903029, Fax: +49 (0)3944 903030, [email protected] , www.kloster-michaelstein.de 14.11.–16.11.2008 Kammermusik – Neue Musik – Improvisation, Ort: Osterode, gemeinsames Musizieren von Werken unterschiedlicher Epochen wobei die Musik unserer Zeit ein- schließlich Improvisation und Live-Elektronik einen unverzichtbaren Raum einnimmt, für Blockflötisten, Holzbläser, Blechbläser, Strei - cher, Gitarristen und andere Instrumentalisten, Leitung: Helmut W. Erdmann, Info: JMD – LV-Niedersachsen, An der Münze 7, 21335 Lüneburg, Tel./Fax: +49 (0)4131 309390, erd [email protected] 15.11.2008 Workshop: When I’m 64, Ort: Würzburg, Musikunterricht mit älteren Men - schen – wie?, Leitung: Ellen Svoboda, Info: Vielfalt Seminare, Tel.: +49 (0)931 9916269, www.strategischer-arbeitskreis.de 21.11.–22.11.2008 Neue Musik – Computermusik –

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LETZTE MELDUNGEN: 02.08.–03.08.2008 Internationaler Meisterkurs Blockflöte befasste. Bosgraaf wusste sein Blockflöte, Ort: München, Leitung: Markus Thema so systematisch und informativ vorzu- Zahnhausen (Hochschule für Musik und tragen und arbeitete so erfolgreich und ange- Theater, München), Info: flautodiritto@aol. nehm mit den Teilnehmerinnen und Teil - com, www.zahnhausen.com nehmern, dass die Frage nach weiteren Kursen laut wurde. Hier nun ein Hinweis: Am Samstag, 18.10.2008 wird er bei den Berliner Der junge holländische Blockflötist Erik Tagen für Alte Musik von 10.00–16.00 Uhr Bosgraaf hat am 31. Mai in Celle einen Kurs einen Interpretationskurs geben. Genauere gegeben, der sich mit der Dynamik auf der Informationen: www.berlinaltemusik.com

4. ERPS-Biennale „Encounters“ vom 24.–26. Oktober 2008 in Bremen Konzerte und Vorträge mit Adrian Brown, Raum T, Il Giardinetto del Paradiso, Blockbusters, Susanna Borsch, Tobias Reisige u.a. sowie Instrumenten- und Notenausstellung mit Jacqueline Sorel, Stephan Blezinger u.a. Eine Veranstaltung der European Recorder Players Society e.V. in Kooperation mit der Hochschule für Künste Bremen Info: www.erps.info/biennale

Impressum TIBIA · Magazin für Holzbläser Erscheinungsweise: viermal jährlich – Januar, April, 33. Jahrgang · Heft 3/2008 Juli, Oktober. Redaktionsschluss: 15. November, 15. Februar, 15. Mai und 15. August Herausgeber: Sabine Haase-Moeck, Michael Schneider, Peter Thalheimer Bezugskosten: Jahresabonnement im Inland € 20,00, Ein zelheft € 6,50; Jahresabonnement im Ausland Schriftleitung: Sabine Haase-Moeck € 22,50; zuzüglich Versand kosten E-Mail: [email protected] Anzeigenverwaltung: Ulrich Gottwald, Anschrift der Redaktion: Moeck Musikinstrumente + Verlag e. K. Moeck Musikinstrumente +Verlag e. K., Postfach 31 31, D-29231 Celle Postfach 31 31, D-29231 Celle Telefon : 05141/88 53 67, Fax: 05141/88 53 42 Telefon: 05141/88 53 0, Fax: 05141/88 53 42 E-Mail: [email protected] E-Mail für redaktionelle Beiträge: 1 Zur Zeit gilt Preisliste Nr. 19, € 30,00 ( /16 Seite, s/w) [email protected] 1 bis € 525,00 ( /1 Seite, 4c) zuzüglich Mehrwertsteuer; Gezeichnete Beiträge stellen nicht unbedingt die Mei- anfallende Satz- und Bearbeitungs kosten werden ge- nung der Herausgeber, der Schriftleitung oder des sondert in Rechnung gestellt. Verlages dar. Sämtliche Rechte für alle Länder blei- Anzeigenschluss: 1. Dezember, 1. März, 1. Juni, ben vorbehalten. Nachdruck – auch teil weise – nur 1. September mit vorheriger Genehmigung des Verlages. Für Satz: Moeck Musikinstrumente + Verlag e. K., Celle unver langt eingesandte Manuskripte und Fotos übernehmen Verlag und Redaktion keine Haftung. Druck: müllerDITZEN, Bremerhaven Die Redak tion behält sich vor, Leserbriefe gekürzt zu © 2008 by Moeck Musikinstrumente + Verlag e. K., Celle, ver öf fentlichen. Printed in Germany, ISSN 0176-6511

240 TIBIA 3/2008 Termin: Samstag, 1. November 2008, 10.00–17.00 Uhr Ort: Kreistagssaal, Trift 26, 29221 Celle

Seminar 4

mit Ulrich Thieme

Pastorale und Siciliano – Weihnachtliche Musik für 2 Blockflöten und B. c. Ulrich Thieme stammt aus Westfalen und studierte von 1969 bis 1979 in Köln Blockflöte, Schulmusik/Violine, Musikwissenschaft und Philosophie. Nach seinem Konzertexamen 1975 promovierte er 1979 über die Jugend- werke Arnold Schönbergs. Als Solist, Kammermusiker und Kursleiter war er zu Gast in vielen europäischen Län- dern, in Nah- und Fern ost sowie in Südamerika – oftmals auf Einladung des Goethe-Instituts. 1982 übernahm er eine Professur an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover. Von 1989 bis 2005 war er Mitheraus- geber der Zeitschrift TIBIA, zwi schenzeitlich acht Jahre lang Vizepräsident der deutschen ERTA. Editionen ba- rocker Flötenmusik sind bei Bärenreiter, Moeck und Universal Edition erschienen. Alle Jahre wieder: Advents- und Weihnachtszeit sind flötis ti sche Hochsaison. Im Mittelpunkt unseres Kurses stehen barocke Werke (bzw. Einzelsätze) mit pastoralem und wiegendem Charakter. Im sanften Schwingen der Siciliano- Sätze hat die weihnachtliche Musik ihren spezifischen Ton und Gestus gefunden – den Hirten auf dem Felde sei’s gedankt! In diesem Seminar haben die Teilnehmer die Möglichkeit, „typisch“ weihnachtliche Musik kennenzulernen oder auch in Einzellektionen vorzustellen. Der Eigenart dieser Musik wird aber auch an Ensemblestücken aufgezeigt und in gemeinsamem Musizieren aller Teilnehmer mit Leben gefüllt. Bitte bringen Sie neben Sopran- und Altblockflöten auch tiefe Blockflöten mit, denn am Anfang und am Schluss des Kurses soll auch vielstimmige Ensemblemusik erklingen. Das Notenmaterial dazu wird gestellt. Teilnahmegebühr € 40,00 Literaturvorschläge: – G. F. Händel: Pifa, aus: Neun Pastoralen alter Meister, Moeck 2060 – A. Vivaldi: Pastorale, aus: Neun Pastoralen alter Meister, Moeck 2060 – F. Giardini: Pastorale, aus: Neun Pastoralen alter Meister, Moeck 2060 – Anonymus: Sonate I, aus: Due sonate a due flauti e basso, Moeck 1115 – A. Corelli: Concerto op. 6, Nr. 8, das berühmte „Weih nachtskonzert“in einer Fassung von 1725 für 2 Flöten und B. c., Amadeus, BP 703 – G. Ph. Telemann: 1. Satz aus: Triosonate F-Dur, Schott, OFB 106 – A. Dornel: Musette en rondeau, aus: Concert en Trio, C-Dur, Bärenreiter, BA 8089 – A. Dornel: Air rustique, aus: Concert en Trio, C-Dur, Bärenreiter, BA 8089 – P. Danican Philidor: Sicilienne, aus: Suite Nr. 3 C-Dur, Universal Edition, UE 19487 – J. S. Bach: Andante, aus: Triosonate F-Dur (nach) BWV 1028, Moeck 2532 Weitere Literaturvorschläge s. www.moeck.com Weitere Informationen und Anmeldung: Moeck Musikinstrumente + Verlag e. K., Lückenweg 4, D-29227 Celle · Tel. 05141-8853-0 · [email protected] · www.moeck.com Veranstalter: Moeck Musikinstrumente + Verlag e. K. und Kreismusikschule Celle %INFACHHIMMLISCHn UNSERENEUEN+NICKTENÚRE UND BËSSE

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