Die Mährischen Brüder
12. Kapitel Die mährischen Brüder In all den furchtbaren Verfolgungen, die im 16. Jahrhundert über die Taufgesinnten in fast ganz Europa ergingen, war die Markgrafschaft Mähren das einzige Land, das ihnen einige Sicherheit bot, da es hier, wenn auch nicht volle Religionsfreiheit, sodoch Duldung der ausserkirchlichen Richtungen gab. Wir haben schon früher darauf hingewiesen, dass seit Jahrhunderten in Böhmen und Mähren zahlreiche Waldensergemeinden bestanden und sich nach allen Seiten hin ausgebreitet hatten. Es ist anzunehmen, dass sich in den mähri schen Täufer gemeinden der Reformationszeit noch Spuren von alten Waldenser gemeinden vorfanden. Johannes Heknatel, Prediger der Mennonitengemeinde in Amsterdam (1698-1759), schreibt in seiner Vorrede zum « Auszug aus Menno Simons Schriften », dass er selber mit Brüdern in Beziehung gestanden habe, die durch ihre Voreltern mit den alten mährischen Brüdern blutsverwandt gewe sen seien. Sie hätten bezeugt, dass diese die Taufe der Erwachsenen geübt hätten und ausser Zweifel von Herkunft alte Waldenser gewesen seien, wie wohl sie ihre traditionnelle Gemeindeorganisation auf gegeben hatten. Es kann sich also nur um spärliche Ueberreste handeln, die in den Täufergemeinden auf- gegangen sind. Durch die ankommenden Flüchtlinge kam es bald zur Bildung aufstre bender Gemeinden von Taufgesinnten. Viele Tausende der verfolgten Brüder aus Deutschland und der Schweiz flüchteten nach Mähren. In der Chronik der Täufer vom Jahr 1527 steht folgende Notiz : « Von der Zeit an haben sich die gläubigen auss vielen Ländern Teutscher nation Verfolgung halber, im Mährer-landt versammlet. » Da dieses Land erst im Jahr 1526 unter die Herrschaft des österreichischen Kaiserhauses kam, wagte König Ferdinand nicht hier sofort mit seinem Hass gegen die evangelische Richtung aufzutreten, zumal viele Edelleute und ange sehene Bürger die Täufer in Schutz nahmen.
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