Theodor Fontane, Julius Roderich Benedix und das königliche Schauspielhaus in

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades eines Master of Arts

an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Karl-Franzens-Universität

vorgelegt von Heike JANTSCHNER, Bakk.phil.

am Institut für Germanistik Begutachter: Em.o.Univ.-Prof. Mag. Dr.phil. Dietmar GOLTSCHNIGG

Graz, Oktober 2015

Ich erkläre an Eides statt, dass ich diese Arbeit selbständig verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und mich auch sonst keiner unerlaubten Hilfsmittel bedient habe.

Heike Jantschner, Bakk.phil. Graz, Oktober 2015

Diese Arbeit widme ich meiner Familie und meinen Freunden

Danksagung

Die folgenden Zeilen widme ich den Menschen, die mich moralisch und fachlich in der Zeit bis zu meinem universitären Abschluss unterstützt und begleitet haben.

An dieser Stelle möchte ich mich bei meinem Masterarbeits-Betreuer Em.o.Univ.-Prof. Mag. Dr.phil. Dietmar Goltschnigg bedanken. Ohne sein Entgegenkommen wäre es mir neben einem 40 Stunden Job nicht möglich gewesen, mein Studium doch noch abzuschließen. Er hat sich meinem Thema angenommen und stand mir mit seinem Wissen sowie viel Geduld für Fragen und Anregungen zur Verfügung.

Ich möchte die Gelegenheit auch nützen, um meiner Familie für ihre Unterstützung in allen Lebenslagen zu danken. Sie haben meine Launen stets mit viel Rücksicht ertragen. Ein ganz besonderes Dankeschön gilt meiner Mutter, die mich maßgeblich geprägt und mich in jeder Situation bestmöglich unterstützt hat. Ein herzlicher Dank gebührt auch meinem Bruder, der mich mehr als einmal in meiner Universitätszeit motivierte. Ebenso möchte ich meiner Tante danken. Sie hat mich gelehrt, kurrent zu lesen.

Bei meinem Freund Stefan möchte ich mich an dieser Stelle für alles bedanken. Er hat mich inspiriert, motiviert, unterstützt und immer für den nötigen Ausgleich gesorgt.

Inhaltsverzeichnis

Sigleverzeichnis ...... 8

1. EINLEITUNG ...... 9

2. THEODOR FONTANE ...... 11

2.1 Der Weg zum Kritiker ...... 11

2.2 Die Vossische Zeitung ...... 11

2.3 Fontanes Kritiken ...... 14

2.3.1 Bedeutung und Funktion der Kritik für Fontane ...... 14

2.3.2 Aufbau, Inhalt ...... 16

2.3.3 Stilmittel ...... 18

Subjektivität ...... 18

Sarkasmus und Zynismus als Waffe ...... 20

Verehrung künstlerischer Leistungen ...... 22

Abwendung vom Publikum ...... 23

2.3.4 Antipathien und Vorlieben ...... 24

Religiosität ...... 24

Ehebruch ...... 26

Das „Französische“ ...... 27

Originalität ...... 28

Naturalismus ...... 30

3. JULIUS RODERICH BENEDIX ...... 32

3.1 Ein Leben gewidmet der Bühne ...... 34

3.2 Werke ...... 36

3.3 Weltanschauung ...... 37

3.4 Ein Überblick über die komischen Produktionen ...... 39

3.4.1 Sprache ...... 39

6

3.4.2 Komik ...... 42

Das Lustspiel „Das Gefängnis“ als Beispiel der Benedix´schen Komikkonzeption .... 44

3.4.3 Charaktere und Typen ...... 47

3.4.4 Motive der Benedix´schen Komik ...... 52

3.4.5 Gesellschaftskritik in Benedix´ Lustspielen ...... 53

3.5 Beliebtheit und Wirkung ...... 55

4. FONTANES KRITIKEN ÜBER BENEDIX ...... 60

4.1 Aus Fontanes Kritiken über Benedix ...... 60

4.1.1 Die Kunst der Einfachheit ...... 62

4.1.2 Liebenswürdige Sentimentalität ...... 64

4.1.3 Über schauspielerische Leistungen ...... 67

4.2 Erwähnungen Benedix´ in anderen Kritiken Fontanes...... 69

5. CONCLUSIO ...... 77

5. Endnoten ...... 83

6. LITERATURVERZEICHNIS ...... 88

Primärliteratur ...... 88

Sekundärliteratur ...... 90

Onlinequellen ...... 92

Zeitungen und Zeitschriften ...... 93

Tabellenverzeichnis ...... 94

Kurzreferat ...... 95

Abstract ...... 96

7

Sigleverzeichnis

Verwendete Sigle:

B= BENEDIX , Roderich: Gesammelte dramatische Werke. 1-24 Band. : Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1846-1871. F= FONTANE , Theodor: Causerien über Theater. 1-3 Teil. Hrsg. von Edgar Gross. München: Nymphenburger Verlagshandlung 1967. (= Theodor Fontane: Sämtliche Werke. Bd. 22.) FK= FONTANE , Theodor: Theater-Kritiken. 1-4 Band. 1870–1894. Hrsg. von Siegmar Gerndt. München: Carl Hanser Verlag 1969.

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1. EINLEITUNG

Theodor Fontane war nahezu zwei Jahrzehnte lang Referent der „Vossischen Zeitung“ für das Königliche Schauspielhaus in Berlin. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem aktiven Theaterkritiker Fontane im Zeitraum zwischen 1870 und 1889. Es wird aufgezeigt, was ihn veranlasste, Rezensionen über Theaterstücke zu schreiben, wie er zu dem Medium „Vossische Zeitung“ kam und welche Funktion diese Zeitung in der Gesellschaft hatte.

Danach stehen Fontanes Kritiken im Zentrum der Betrachtung. Es wird der Frage nachgegangen, welche Bedeutung und Funktion die Theaterkritik für den Schriftsteller hatte und welchen Stellenwert sie in seinem Leben einnahm. Ebenso werden die Form und das Grundschema der Rezensionen genauer betrachtet. Das Kapitel „Stilmittel“ beschäftigt sich mit der Herausarbeitung der Eigenheiten in den Kritiken, die Fontane zu dem unverwechselbaren Referenten machten, für den ihn die literarische Gesellschaft so sehr schätzte. Während der Beschäftigung mit der Sammlung seiner Schriften über das Theater zeigt sich durchgehend, woran Theodor Fontane Gefallen fand oder auch, was er im Theater seiner Zeit ablehnte.

Im Zuge der Arbeit mit Fontane als Theaterkritiker stach immer wieder ein Bühnenautor als positiv Rezensierter hervor: Julius Roderich Benedix. Der zweite Teil der Arbeit widmet sich dem Lustspielautor, seinen Werken und seinem Wirken. Es soll konkretisiert werden, was Theodor Fontane an dem Lustspieldichter Benedix so schätzte. Um dies aufzeigen zu können, stehen zu Beginn des Kapitels Julius Roderich Benedix als Mensch sowie der Wert seines Schaffens in der Gesellschaft im Mittelpunkt. Weiters wird ein Überblick über die komischen Bühnenproduktionen des Autors gegeben. Es wird untersucht, wie Benedix seine Komik konstruierte, welcher komischen Mittel er sich bediente, welche Charaktere und Typen er in seinen Werken entwarf und verwendete. Danach wird der Frage nachgegangen, warum der Schriftsteller, obwohl er sich zu seinen Lebzeiten großen Ruhms erfreute, in der heutigen Literaturgeschichtsschreibung nur mehr wenig Beachtung findet.

Im darauffolgenden Abschnitt dienen die vorhergehenden Kapitel dazu, speziell die Rezensionen, die Theodor Fontane über Julius Roderich Benedix verfasste, genauer zu untersuchen. Dabei werden aber auch die Kritiken, in denen Benedix nur erwähnt wird, einbezogen, um zu untersuchen, zu welchen Vergleichszwecken der Autor eingesetzt wird.

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Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, durch den Theaterkritiker Theodor Fontane und andere Belege der damaligen Zeit mehr über den Lustspielautor Roderich Benedix, seine Werke und sein Wirken zu erfahren.

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2. THEODOR FONTANE

2.1 Der Weg zum Kritiker

Theodor Fontane hatte schon sehr früh die ersten Kontakte zum Theater. Ob er in seiner Schulzeit in der Klöden´schen Gewerbeschule in Berlin schon mit dem Theater zu tun hatte, ist nicht bekannt. Allerdings gibt es erste Nachweise, dass es in seiner Lehrlingszeit in einer Apotheke bereits Berührungen mit dem Theater gab. In Dresden und Leipzig verfasste er schon Besprechungen für die Zeitschrift „Die Eisenbahn“ (Vgl. F III, 216). In der Zeit von 1852 bis 1859 schrieb er über zwei Aufenthalte in London. Er klärte über die zahlreichen Bühnen Londons auf und stellte Vergleiche zwischen ihnen und den Berliner Theatern an. Dies setzte schon ein fundiertes Wissen über die heimischen Bühnen voraus. Nach Fontanes fast vier Jahre andauernden Londonaufenthalt (1955-1959) entstand aus den dort geschriebenen Kritiken der Band „Die Londoner Theater. Insbesondere mit Rücksicht auf Shakespeare“ (Vgl. F III, 216). Ab 1851 arbeitete Fontane als Journalist und Literaturkritiker bei der „Neuen Preußischen Zeitung“. Im Volksmund wurde die Zeitung wegen des Eisernen Kreuzes am Titelblatt „Kreuzzeitung“ genannt. 1 Am 16. April 1870 hatte Fontane eine grobe Auseinandersetzung mit dem Chefredakteur der „Kreuzzeitung“, die Fontane zur Kündigung bewog. Er schrieb in einem englischen Artikel am 20. April 1870: „Die Unfreiheit, die Dürre, die Ledernheit des Dienstes fingen an, mir unerträglich zu werden, vor allem aber empörte mich mehr und mehr der Umstand, daß man nie und nimmer für gut fand, die wichtige Pensionsfrage auch nur leise zu berühren“. 2 1870 starb der langjährige Theaterkritiker der „Vossischen Zeitung“, Friedrich Wilhelm Gublitz. Die „VZ“ sah sich nach einem Ersatz für ihn um und wurde auf Fontane aufmerksam (Vgl. FK I, 209).

2.2 Die Vossische Zeitung

Der eigentliche Titel der „Vossischen Zeitung“ lautete: „Königlich privilegierte Berlinische Zeitung von staats- und gelehrten Sachen“. Gegründet wurde sie im 17. Jahrhundert und 1934 eingestellt. Sie gilt als eine der ältesten Zeitungen – wenn nicht die älteste – Deutschlands. Die „Vossische“ war das erste Presseorgan, das in Berlin erschien. Daraus lässt sich der traditionsverpflichtende Institutionscharakter ableiten. Die Zeitung war nicht zuletzt auch 11 wegen ihrer berühmten Mitarbeiter sehr angesehen. Beispielsweise war Gotthold Ephraim Lessing zwischen 1751 und 1755 zuständig für die Beilage „Das neueste aus dem Reich des Witzes“. 3 Durch den „gemäßigten Ton“ wurde die Zeitung zu einer Art Führungsorgan des fortschrittlichen Bürgertums. 4 Die „VZ“ war zwar kein Parteiblatt, unterstützte aber die 1861 gegründete Fortschrittspartei und erwies sich damit als Vertreter des zum Teil „radikal- demokratischen Liberalismus“. Sie symbolisierte eine starke Opposition gegen Otto von Bismarcks Innenpolitik, zugleich aber war eine Unterstützung seiner außenpolitischen Ziele erkennbar.5 Aus den schon erwähnten Fakten lässt sich herauslesen, dass der Feuilletonteil sehr viel Macht und Einfluss auf die Leserschaft des Bildungsbürgertums hatte. Zeitgenössische Stimmen behaupteten sogar, dass sie meinungsbildend war. 6 Am 15. August 1870 begann Fontane seine bis 1889 andauernde Tätigkeit als Theaterkritiker der „Vossischen Zeitung“ für das Königliche Schauspielhaus in Berlin. 7 In einem Brief vom 2. Mai 1873 an den Schauspieler Maximilian Ludwig postulierte Fontane seine Referenz als Theaterkritiker mit den Worten:

Meine Berechtigung zu meinem Metier ruht auf einem, was mir der Himmel in die Wiege gelegt hat: Feinfühligkeit künstlerischen Dingen gegenüber. An diese meine Eigenschaft hab‘ ich einen festen Glauben; hätt` ich ihn nicht, so legte ich heute noch meine Feder als Kritiker nieder. 8

Der Parkettplatz Nr. 23 im Königlichen Schauspielhaus in Berlin wurde zu Fontanes Arbeitsplatz. Er merkte an, dass die 23 „schon eine merkwürdige Zahl“ 9 wäre.

Ich habe da viel angenehme Stunden zugebracht, aber ein merkwürdiger Platz war es doch auch. Es war nämlich kein eigentlicher Parkettplatz, sondern nur ein Annex, ein Vorposten, ein ausgebautes Fort, man konnte auch sagen ein Sperrfort und wuchs, ganz in die scharfe Ecke zwischen Pro-sceniums- und Parkettlogen hineingebaut, von dieser Ecke her in den Parkettumgang vor. Knierempeleien waren also was ganz Alltägliches. 10

Die Knierempeleien waren für Fontane aber nicht das einzige Problem. Er schrieb über seinen Parkettplatz auch, dass er seine Abgesondertheit nicht mochte. Er wollte als Kritiker nicht im Mittelpunkt stehen. Aber auf diesem Platz konnte ihn jeder während seiner Tätigkeit als Kritiker beobachten und anhand seines Gesichtsausdrucks eventuell schon auf seine Wertung schließen.

Das Häßlichste war die Abgesondertheit. Wer eine hohe Meinung von sich hatte, der konnte sich beglückt fühlen, hier ein Gegenstand der Aufmerksamkeit zu sein. Wer dieses Gefühl 12

entbehrte, für den war es peinlich. Für den Eitlen war Nummer 23 ein kurilischer Stuhl, für den weniger Eitlen ein Armensünderbänkchen. Denn man bilde sich nur nicht ein, daß ein Theaterkritiker ein Richter ist, weit öfter ist er ein Angeklagter. „Da sitzt das Scheusal wieder“, habe ich sehr oft auf den Gesichtern gelesen. 11

Die 70er-Jahre des 19. Jahrhunderts waren nahezu in allen politischen, sozialen und kulturellen Bereichen von den Ereignissen des siegreichen Feldzuges gegen Frankreich und seinen Folgen gekennzeichnet. Am 19. Juli 1870 hatte Napoleon III. mit der Kriegserklärung an Preußen den Deutsch-Französischen Krieg eröffnet. Ursache war seine Missbilligung der von Bismarck betriebenen Einigung der deutschen Staaten. Schnelle Erfolge der deutschen Armeen und Siegesmeldungen von einigen Schlachten folgten. Innerhalb weniger Jahre wurde ein Sieg der Preußen gegen Frankreich erreicht. Daraus resultierend kam es 1871 zur Gründung des Deutschen Reiches. 12

Fontanes Kritiker-Debüt fiel – wie zuvor erwähnt – auf den 15. August 1870, knapp einen Monat nach Kriegsbeginn. Es wurde Schillers „Wilhelm Tell“ gespielt. Das Stück – während der von blinder nationaler Begeisterung begleiteten Kriegshandlungen – zu bewerten, war eine heikle Aufgabe, galt doch das Image des Stückes im 19. Jahrhundert als Aufruf zur deutschen Einigung. Fontane fing die Stimmung des Publikums gekonnt ein 13 und er kommentierte treffsicher:

Einer Situation, wie der gegenwärtigen, entspricht nichts besser als der Tell. Er enthält kaum eine Seite, gewiß keine Szene, die nicht völlig zwanglos auf die Gegenwart, auf unser Recht und unseren Kampf gedeutet werden könnte, und wir müssen uns des guten Taktes des Publikums freuen, das nicht stichwortbegierig mit seinem Beifall im Anschlage lag, sondern ihm nur Ausdruck gab, wo Schweigen ein Fehler der Affektation gewesen wäre (FK I, 5).

Weiters beschrieb der Kritiker die euphorisch nationale Gesinnung des Publikums anhand der Reaktionen auf den Pariser Einzugsmarsch und das Preußenlied. Er kommentierte: „Das Publikum war animiert und dankbar. Lauter Beifall begleitete auch die Piecen der Zwischenakte: den Pariser Einzugsmarsch, das deutsche Vaterlands- und das Preußenlied (FK I, 6).“ Fontane war noch nicht lange bei der „Vossischen“ als Theaterkritiker tätig, als er von der Zeitung nach Frankreich geschickt wurde, wo er als angeblicher Spion verhaftet und als Kriegsgefangener eingesperrt wurde. Seine Erlebnisse erschienen kurz nach seiner Freilassung – noch während des Krieges – in der „Vossischen“ unter dem Titel „Kriegsgefangenschaft“. In diesen Artikeln beschrieb Fontane seine Erlebnisse mit den 13

Franzosen, er skizzierte das Entgegenkommen, das Verständnis und die Korrektheit aller Soldaten und Beamten ihm gegenüber. Gerade die positive Darstellung des Feindes, die Betonung seiner Freundlichkeit und Humanität durch einen Autor, dessen patriotischer Sinn außer Zweifel stand, förderte bei den Lesern der „VZ“ eine weniger nationalistisch als vielmehr allgemein menschlich bestimmte Einstellung gegenüber Frankreich. 14 Die politischen Artikel in der „VZ“ waren dem Krieg gegenüber sehr kritisch gehalten und gerieten mehrmals unter die Zensur des Polizeipräsidenten. Diese kritische Haltung entsprach aber nicht dem gewünschten einseitigen Fanatismus, der den Lesern möglichst mit Sensationsnachrichten und Gräuel-Propaganda das rechte Feindbild vermitteln sollte. Vor allem in Militärkreisen kamen Fontanes Artikel daher nicht gut an. 15 Die „VZ“ war zwar nicht frankophil, jedoch Frankreich gegenüber aufgeschlossen. Auch die Berichte von Ludwig Pietsch, der ebenfalls nach Frankreich geschickt wurde, waren thematisch denen Fontanes ähnlich, allerdings konnte man teilweise nationale Töne vernehmen, beispielsweise als von einer militärischen Überlegenheit der Preußen gesprochen wurde. 16 Fontanes Einstellung zu Frankreich wurde sogar von seinem Sohn George, der als preußischer Offizier die Stimmung unter den Soldaten widerspiegelte, kritisiert. George schrieb am 2. Februar 1871 an seinen Vater: „Ich muß Dir, lieber Vater, und auch im Namen all unserer Herren einen kleinen Vorwurf machen, weil du die Franzosen in Deinen Schicksalen [in Frankreich] zu sehr herausstreichst.“ 17

2.3 Fontanes Kritiken

2.3.1 Bedeutung und Funktion der Kritik für Fontane

Fontane schrieb oft in seinen Theaterkritiken, aber auch in seinen Briefen oder autobiographischen Schriften über die Funktionen und die Bedeutung der Theaterkritik. Auf die durchwegs positive erste Kritik Fontanes über Schillers „Wilhelm Tell“ reagierte Siegwart Friedmann, ein Schauspieler, mit einem Brief, in welchem er sich für das uneingeschränkte und bedingungslose Lob, das ihm zuvor noch nie zuteil geworden war, bedankte (Vgl. FK I, 209). Dieser Brief machte auf Fontane großen Eindruck und blieb nicht ohne Einfluss auf die Schreibweise des Kritikers. Er schrieb aufgrund dessen in seinen autobiografischen Schriften:

Ich habe vermieden, mit der Linken wieder zu nehmen, was ich mit der Rechten eben gegeben hatte. Natürlich ist dies nur möglich, wenn man, sei's durch das Stück, sei's durch 14

den einen oder andern Darsteller, hingerissen worden ist. Ist dies der Fall, so muß man sich die Freude des herzlichen Lobenkönnens nicht durch Hervorhebung mißglückter Kleinigkeiten selber verderben. Man schädigt sich dadurch in seinem eigenen Genuß. Anders liegt es natürlich da, wo man einer Leistung ruhig gegenüber steht oder wo sich Gutes und Nichtgutes balancieren, da muß man dann freilich seine Gewichte in beide Schalen werfen (FK I, 209f).

In einer Rezension von Erst von Wildenbruchs (1845–1909) „Der Fürst von Verona“ am 6. April 1887 machte Fontane deutlich, dass seine Kritik unabhängig von der Meinung des Publikums sein sollte. Er distanzierte sich von der allgemeinen Auffassung, Kritik sei ein Stimmungsbarometer und stellte klar, dass Wertungen immer auch subjektiv zu verstehen sind. 18 Fontane wollte aber mit seiner Theaterkritik auch keine allgemeinverbindliche Norm für die Zuseher artikulieren, sondern für das Publikum lediglich einen Leitfaden schaffen.19

[…] daß der Kritiker gerade so begeisterungsfähig ist wie jeder andere Mensch (mitunter auch noch mehr) und von einem richtigen Dichter jeden Augenblick hingerissen werden kann. Es ist nicht so schlimm mit dem Rezensententum, wie dem Publikum beständig vorgeredet wird; die Kritik ist kein Tadel-Institut, aber freilich auch keine Beifalls-Statistik; sie hat Besseres zu tun, als die Zahl der Hervorrufe zu registrieren; sie soll nicht durch Applaus und nicht einmal durch dauernd erscheinende Triumphe bestimmt werden, sie soll Gesetz, am besten das ins eigene Herz geschriebene, haben und danach verfahren; wenn sie das nicht kann, so ist sie „gut für nichts“ (FK IV, 103).

Fontane wusste sehr bald, dass Kritik nicht immer eine dankbare Arbeit ist. Dies machte er in seinen autobiografischen Schriften deutlich, als er als Anmerkung zu der Kritik von Karl Ferdinand Gutzkows (1811–1878) „Der Gefangene von Metz“ vom 10. Januar 1870 folgendes schrieb:

Jeder anständige [verständige] Mensch, der einmal Kritiker gewesen ist oder noch ist, wird wissen, daß es zu den schwierigsten und peinlichsten Aufgaben des Kritikers gehört, oft auch Berühmtheiten, ja, was schlimmer ist, auch solchen, die einem selber als Größen und Berühmtheiten gelten, unwillkommene Sachen sagen zu müssen (FK I, 214).

Es lässt sich des Öfteren beobachten, dass Fontane, wenn er seine Kritik selbst als nicht – für jeden – nachvollziehbar ansah, seine Argumentationen nachvollziehbar zu machen versuchte. Gleichzeitig scheint es so, als würde er die Kritiken damit gerechtfertigt haben. Fontane sagte über sich selbst, dass er sich nie für einen großen Kritiker gehalten habe. Er wisse, dass er an Kenntnis und Schärfe hinter einem Mann wie Otto Brahm (1856–1912) weit zurückstehe.

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Aber doch muß ich für natürliche Menschen mit meinen Schreiberein ein wahres Labsal gewesen sein, weil jeder die Antwort auf die Frage „weiß oder schwarz“, „Gold oder Blech“ daraus ersehen konnte. Ich hatte eine klare, bestimmte Meinung und sprach sie mutig aus. 20 Daß es besser ist, man weiß in seinem Berufe was, als man weiß nichts oder wenig, das soll auch in Bezug auf Theaterkritik nicht bestritten sein, aber wenn ich in eine Schale die Vorzüge, in die andere die Nachteile des Nichteingeweihtseins lege, so möchte ich, wenn nur eine gewisse literarische Bildung und eine gewisse künstlerische Generalveranlagung da ist, die mit leidlich feinfühligen Fingerspitzen gut von schlecht, echt von unecht unterscheiden kann, auch der Meinung sein, daß das Nichteingeweihtsein mehr Vorzüge wie Nachteile hat. Im einzelnen […] wird man Schnitzer machen, aber im ganzen wird man freier und unbefangener sein. 21

An Richard Kahle – einen deutscher Schauspieler – schrieb Fontane in einem Brief am 17. Juni 1873, dass ihn die Kritiken, die er in den deutschen Blättern gelesen hatte, nicht befriedigten. Er kritisierte vor allem das „vornehm sein sollende Kühle der Einen, das Besser- Wissen [und] das Von-oben-runter der Anderen“ (T III, 228). Er betonte: „Man soll die Fähigkeit haben, sich einer bedeutenden Leistung gegenüber ganz hinzugeben. Hat man diese Fähigkeit nicht, will man sie nicht haben, so ist man ein Nörgler oder ein wichtigtuender Malvolio, aber kein Kritiker von Beruf (T III, 228).“

2.3.2 Aufbau, Inhalt

Im Allgemeinen weisen die Theaterkritiken Fontanes eine einheitliche Form auf. Zu Beginn der Kritiken stehen stets Angaben zur Spielzeit, Gattung des Stückes und zum Verfasser, außerdem noch die Information, ob es sich um eine Uraufführung, eine Neuinszenierung des Bühnenwerkes oder einen Gastauftritt einer Schauspielerin oder eines Schauspielers handelt. Anhand der Kritik von Karl Gutzkows „Der Gefangene von Metz“ lässt sich der Aufbau der Rezensionen gut darstellen.

Dienstag den 10. Januar „Der Gefangene von Metz“, vaterländisches Lustspiel in 5 Aufzügen von Karl Gutzkow. Der berühmte Name des Verfassers, vielleicht auch der Titel des Stücks, hatten das Haus bis auf den letzten Platz gefüllt. Versuchen wir zunächst den Inhalt dieser neuesten Gutzkowschen Arbeit zu geben (FK I, 19).

Nach einer ausführlichen Inhaltsangabe folgt die Kritik. Beurteilt wird der Inhalt des Stückes für sich genommen und der Inhalt vor dem Hintergrund der bisherigen Leistungen des jeweiligen Autors. Wären Gutzkows Leistungen im Allgemeinen schlecht gewesen, hätte sie Fontane auch dezenter kritisiert. Da allerdings Gutzkows Leistungen von Fontane sehr

16 geschätzt wurden und somit die Erwartungen hoch waren, wurde die Enttäuschung Fontanes bei dieser Gelegenheit in Form von dichter Kritik spürbar.

[…] So der Inhalt. Man werfe uns nicht vor, daß wir ihn mißgestaltet hätten. Wir haben sehr retouchiert. Über Allerschlimmstes sind wir hinweggegangen. Der 2. Akt beispielsweise, der zu zwei Dritteln im Dunkeln spielt, ist derart, daß wir das Gefühl nicht unterdrücken konnten, er geniere sich, sich selber anzusehen. Wir tun ein gleiches. Wenn in unserer Inhalts-Wiedergabe nichts destoweniger schon Verurteilung liegt (und sie soll darin liegen), so ist das nicht unsere Schuld (FK I, 19).

Nach der Kritik des Stückes wurde die persönliche Meinung Fontanes zu Gutzkow und seinen bisherigen Leistungen kundgegeben:

Wir wollten wir könnten anders sprechen. Es ist eine peinliche Aufgabe, die uns zufällt. Wir sehen uns einem Manne gegenüber, der 40 Jahre innerhalb unserer Literatur steht und Jahrzehnte lang die Journalisten beinah völlig, die Bühne zu einem guten Teile beherrscht hat. Das leistet man nicht mit nichts. Eine Kraft muß da gewesen sein. Selbst die Anfeindungen, die sein Schaffen begleiteten […] - wir sagen, selbst die Anfeindungen, die er erfahren, beweisen die Bedeutung des Mannes. Gegen das Kleine und Nichtige richten sich keine Angriffe derart. Aber wie geneigt wir sein mögen, an eine dagewesene Kraft zu glauben, hier in diesem >>Gefangenen von Metz<< ist sie nicht (FK I, 19).

Außerdem wurden noch die Inszenierung, die schauspielerischen Leistungen sowie die Garderobe und das Bühnenbild besprochen.

Solche Rollen zu spielen ist nicht leicht; uns könnten die Schauspieler leid tun, wenn uns, bei manchem was geleistet wurde, nicht auch wieder der Dichter leid getan hätte. Man half ihm wenig nach. Was schlimm war, blieb schlimm, oder wurde schlimmer. Wir nennen keine Namen. Nur eines: welche Gräfinnen! Einzelne Repräsentationspartien (Herr Schwing, Herr Krause) wurden ausreichend gegeben; auch Herr Kar-Iowa, in seiner großen Szene im 1. Akt, war gut. Trefflich waren Frau Erhartt (Herzogin-Witwe) und Herr Berndal (Mark- graf Albrecht). Die Erscheinung der Frau Erhartt mahnte uns an eine schöne, anhalt- brandenburgische Dame der Gegenwart, an die auch die Gesamt-Situation wohl erinnern dürfte. Im ersten Moment des Auftretens war die Ähnlichkeit frappant. Herr Berndal, wie wir äußerlich vernehmen, hat Münzkabinette und Kupferstichsammlungen durchstöbert, um diese Markgrafen-Maske herauszubringen. Höchst verdienstlich. Aber doch verlorene Liebesmüh. Dieser Markgraf kann nicht lange leben! (FK I, 21)

Eine persönliche Anekdote am Ende der Kritik ist auch häufig zu finden. In dieser Besprechung wurde beispielsweise noch einmal angemerkt, dass es sich um kein ausschließlich positiv beurteiltes Theaterstück handelt. Mit den Worten „Die Winterkampagne

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1870 auf 71 verläuft nicht allzu glücklich für unsere Bühne. Auch dieser »Gefangene von Metz« wird daran nichts ändern. Ein Glück, daß wir, unter demselben Titel, 130 000 andere haben“ (FK I, 21) schließt er seine Kritik. In einigen Rezensionen von Stücken oder Klassikern, deren Kenntnis er von seinen Lesern voraussetzen konnte, ließ Fontane den Inhalt unberührt und konzentrierte sich hauptsächlich auf die schauspielerische Auffassung der Rolle und auf die Inszenierung. Umgekehrt setzte er den Fokus bei Uraufführungen hauptsächlich auf den Inhalt und die Wirkung des Stücks auf den Kritiker. Das trug dazu bei, dass Fontanes Kritiken stets abwechslungsreich und frisch auf seine Leserschaft wirkten, ohne dabei ihre in sich geschlossene Gliederung zu verlieren.22

2.3.3 Stilmittel

Das hervorstechendste Stilmittel Fontanes war seine brillante Sprachverwendung. Anders als seine Berufskollegen schaffte er es, dass seine Kritiken nicht nur informierten, sondern auch „unterhaltend“ wirkten. Einerseits legte Fontane großen Wert auf die Grundlage seiner Wertung und schilderte jede Kleinigkeit, die dazu diente, seine Wertung zu unterstreichen. Andererseits berichtete er auch über Details, die für den Kontext wichtig waren, beispielsweise über die schauspielerische Leistung oder aber auch den Inhalt des Werkes. Er schuf damit den für ihn charakteristischen unverwechselbaren Stil.

Subjektivität

Fontane bediente sich einer auffällig persönlichen Ausdrucksform. „Er schreibt natürlich und unbefangen, als wenn er im Freundeskreis plauderte und bringt oft rein persönliche Äußerungen und Bemerkungen in die Kritik hinein, die mit dieser selbst gar nichts zu tun haben.“ 23 Damit bezweckte Fontane, eine vertraute Atmosphäre herzustellen, die ihm eine gesteigerte Aufnahmebereitschaft des Lesers sicherte. Oft bediente er sich des persönlichen Tons, um den Leser an den Grund seiner Wertung heranzuführen, ohne belehrend oder rechthaberisch zu wirken. Beispielsweise zeigte sich sein Plauderton in der Kritik über Friedrich Halms „Camoens“ vom 31. März 1871 durch die Behauptung, dass dieses Stück „in erster Reihe langweilig“ (F I, 47) sei. Eine Erläuterung weshalb, erfolgte nicht. Er ließ seinen Leser dennoch wissen: Er finde es langweilig. Er fügte noch hinzu, dass er das ganze Genre verabscheue. Danach erklärte er dem Leser noch, dass es zu traurig sei, dass viele Dichter ohne Ruhm, Anerkennung und Geld sterben müssten.

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Über „Camoens“ (neu einstudiert) können wir uns nur kurz fassen. Es ist in erster Reihe langweilig; zudem perhorreszieren[ 24 ] wir das ganze Genre. Es ist traurig genug, daß große Poeten schließlich im Spital ihre Zuflucht suchen und wie ein Bettler sterben müssen; aber es kommt gar nichts dabei heraus, uns solche Misere vorzuführen. Es erhebt weder das Publikum, noch am allerwenigsten bessert es dasselbe (F I, 47).

Fontane erzählte dem Leser in dieser Rezension von seinen Ansichten, zwang seine Meinung aber nicht auf. Er erklärte lediglich, warum solche Werke das Publikum nicht erheben oder bessern konnten (Vgl. F I, 47). Indem er den Leser an seinen Erlebnissen teilhaben ließ, ohne dass es zwingend etwas mit dem rezensierten Werk zu tun hatte, verlieh Fontane seinen Kritiken eine besondere, persönliche Note. Nach einem gelungenen Theaterabend schrieb Fontane an das Ende seiner Kritik:

Die Last des Tages – oft auch ganz speziell die Last des Abends – fällt von einem ab, und die reine Luft wirklicher Kunst erquickt den Ermüdeten und facht die alten Hoffnungen auf goldene Tage wieder an. Und rücken diese Tage auch immer wieder hinaus wie die Bilder der Fata Morgana, es ist doch ein Glück, sie dann und wann als bloße Verheißung erscheinen zu sehen (F I, 511).

Fontane ließ hier den Leser mit dieser Abschlussbemerkung an seiner Tätigkeit als Theaterkritiker, also an seinem beruflichen Alltag, teilhaben. Diese Worte hätten genauso gut aus einem Brief an einen Freund stammen können. Auch seine Kritik über Ulrich Baudissins „Fünfundzwanzigtausend Taler“ vom 7. April 1879 begann der Theaterkritiker in seinem ganz eigenen Stil. Er appellierte an eine Kindheitserinnerung, in die sich die Leser hineinversetzen konnten, um in die Kritik einzusteigen.

Wer entsänne sich nicht aus seinen Kindertagen her, der Enttäuschung, die der Weihnachtstisch auch dann noch zu bringen pflegt, wenn er uns unsere Wünsche erfüllt. Auf unserem Wunschzettel, und zwar obenan, hatte ein Band Cooper gestanden, und da ist er nun auch: Delawaren, Irokesen, Mokasin und Tomahawk, alles da; aber die Geschichte, der Band, auf den wir gerade gerechnet hatten, fehlt doch. Wir hatten auf Unkas gehofft und auf Alice und Kora, und nun kriegen wir Lederstrumpf. Nun ja, Lederstrupf ist gut, sehr gut; ähnlich erging es mir gestern mit dem kleinen Baudissinischen Lustspiel (F I, 769).

Eine weitere Art Fontanes, seine Leser einzubeziehen, war es, ihnen Hintergründe zu den rezensierten Werken zu liefern, die dem Verständnis dienten. In der Kritik über Hackenthals „Eine Ehe von heut“ animierte Fontane zu Beginn, die Leistungen der Realisten, die stark in

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Verruf geraten waren, anzuerkennen. Er informierte darüber, was diesen vorgeworfen wurde, um im Anschluss hervorzuheben, dass gerade das seiner Meinung nach die Vorzüge der realistischen Kunst darstellte (Vgl. F I, 818).

Die Realisten, die vorgestern scheinbar eine Niederlage davongetragen haben, haben in Wahrheit einen Triumph gefeiert. Was wirft man den Realisten vor? Daß sie mit einer Riesenpapierschere an das sich wandbildartig vorbeibewegende Leben herantreten, ein beliebiges Stück herausschneiden und uns präsentieren. Sie dürfen, auf den vorgestrigen Abend gestützt, diesen Vorwurf mit Recht dahin beantworten, daß es vielmehr, was den „Schnitt“ angeht, auf eine glückliche Stellenwahl, hinterher aber auf eine geschickte Retouchierung ankomme. Und sie werden hinzusetzen dürfen: In dieser Wahl und dieser Retouchierung steckt eben die Kunst. Vielleicht alle Kunst! „Le choix c´est le génie“ zählt seit lange zu den geflügelten Worten, und die Retouche setzt den Meister voraus, den, der das Werk der Natur fortzuführen und zu vollenden versteht (F I, 818).

Der Theaterkritiker verwendete seinen subjektiven Stil demnach, um seine Leser an dem Geschehenen teilhaben zu lassen, informierte sie über Grundlegendes, um an die entscheidenden Wertungen der Stücke heranzuführen. Durch persönliche Erlebnisse, die er beiläufig einstreute, jedoch ohne im Detail darauf einzugehen, bezog er die Leser gezielt mit ein und steigerte so die Aufmerksamkeit seines Publikums. Der persönliche Plauderton Fontanes stellte das grundlegendste Stilmerkmal des Kritikers dar.

Sarkasmus und Zynismus als Waffe

Zu den immer wiederkehrenden Elementen der Kritik Fontanes zählen auch der Sarkasmus 25 und der Zynismus 26 , derer Zuhilfenahme es ihm möglich machte, auch ohne eine fachmännisch ästhetische Analyse der Stücke seiner Meinung freien Lauf zu lassen. Der Sarkasmus half zu einer pointierten Kritik (meist negativ), schwächte aber gleichzeitig die Wertung durch die komisierende Perspektive ab. Als Beispiel hierfür wird die Kritik der Aufführung von Gustav von Mosers „Reflexe“ am 31. Dezember 1878 herangezogen. Fontane war entsetzt, denn der Stoff des Moser´schen Stückes entsprach nicht seinen Vorstellungen von einem Lustspiel. Der Kritiker zeigte schon in den ersten Zeilen, dass er nicht erfreut war, indem er schrieb: „Auch Gustav v. Moser, auf dessen Namen eines dieser Stücke geht, wird mit seiner Reputation die Daseinsfristung nicht durchsetzen können. Glückt es doch, so haben wir ein Wunder mehr (FK II, 117).“ Fontane nannte es weiters „ein Stück, das eine halbe Stunde spielt, und um gerade so viel zu lang ist (FK II, 117).“

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Seinen Sarkasmus drückte der Kritiker oft durch Metaphern der Alltäglichkeit aus. Beispielsweise verglich er Gustav von Mosers Talent mit Zutaten für das Kuchenbacken. Er drückte aber das Fehlen des „gewissen Etwas“ durch das Fehlen einer Zutat aus: „G. v. Moser, wer wollt´ es ihm absprechen, versteht wie man den Kuchen backt. >>Butter und Mehl, Safran macht den Kuchen geel.<< Den Safran hat er. Aber das andere! (FK II, 117)“ Fontane bediente sich anhand Mosers Werk noch einer weiteren Metapher. Er bezeichnete die Thematik des Stückes als hohl und verglich das Bühnenwerk mit einer Seifenblase aus „minderwertiger Seife“, die schillert und dann zerplatzt. Damit griff er aber nicht nur das Werk an sich, sondern vor allem den Autor an.

Wohin sind wir gekommen? Und wir glauben uns über französische Ehebruchsstücke moquieren zu dürfen. Dies ist ja alles viel bedenklicher. Und dabei hohl, hohl. Ein bißchen Seife (und nicht von der Besten) mit Wasser verquirlt und aufgeblasen. Da fliegt sie hin die Seifenblase, und schillert und zerplatzt. Das königliche Schauspielhaus, das den Pegasus auf seinem Giebel trägt, ist keine Stätte für „lieber Fratz“ und „lieber Affe“ (FK II, 117).

Gerade wegen dieses Sarkasmus war Fontane gefürchtet. Aus diesem Grund kam es auch dazu, dass Fontane nach der Vorstellung von Gutzkows „Der Gefangene von Metz“ am 10. Januar 1870 von einem Mann angesprochen wurde, der ihn darum bat, bei der Kritik nicht zu hart zu sein und Gutzkows „Situation“ – seine Krankheit – zu berücksichtigen. In seine Kritik ließ er die Begegnung nicht einfließen. In seinen autobiografischen Schriften beschrieb er diese aber folgendermaßen:

>Lieber Fontane, wenn Sie morgen darüber schreiben, vergessen Sie nicht, daß Gutzkow ein kranker Mann ist, oder wenigstens war, sehr krank.< Der Sprecher war Dr. Max Ring. Es machte einen großen Eindruck auf mich. […] Es half aber nichts, wenigstens nicht viel, und ich kann mir keinen Vorwurf darüber machen. Dann hört alles auf. Sollen immer erst ärztliche Zeugnisse eingefordert werden, so ist es mit aller Kritik vorbei, […]. Schlecht ist schlecht und es muß gesagt werden (FK I, 214f).

Es kam auch häufig vor, dass Fontane seiner Laune in seinen Kritiken nicht vollständig nachgab, sich aber in seinem Tagebuch oder in Briefen zu den einzelnen Stücken äußerte. Obwohl er sich in den meisten Fällen kein Blatt vor den Mund nahm, trennte Fontane sehr genau, was er in der „Vossischen“ veröffentlichen konnte und welche Worte nicht für die Masse bestimmt waren.

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Theodor Fontane verwendete seinen Sarkasmus allerdings nicht nur als Waffe. Im folgenden Zitat aus der Kritik von Mosers „Mädchenschwüre“ vom 30. Oktober 1878 erkennt man, dass er dadurch auch relativierte:

Dem großen Triumphwagen der Decadence, auf dem unsere Zeit fährt, ist Gustav v. Moser freilich nicht hemmend in die Speichen gefallen, aber er hat auch keine Geleise gelegt, um uns rascher an den oft beschriebenen Abgrund zu führen. Wenn unsere Moral unter dem Schütteln seiner Heiterkeiten vom Baum fällt, so war sie wurmstichig vorher. Und so mag denn jeder hingehn und sich dieser >>Mädchenschwüre<< freun (FK II, 174).

Der „Triumphwagen der Decadence“ wurde als Metapher verwendet, um den Verfall der Gesellschaft zu symbolisieren. Durch die Relativierung „nicht in die Speichen gefallen […] aber er hat auch keine Geleise gelegt“ wurde das Stück nicht völlig verrissen. Durch den zweiten Teil der Wertung wurde dem Leser mitgeteilt, dass das Stück zwar nicht vor Moral strotzte, aber dass es sich dennoch um ein „leichtes“ und harmloses Luststück handelte.

Verehrung künstlerischer Leistungen

Sehr häufig finden sich in Fontanes Kritiken ehrenvolle Worte über Künstlerleistungen. Am Beispiel des Schriftstellers Roderich Benedix lässt sich am besten zeigen, wie konstant diese Haltung mitunter blieb. Am 23. Februar 1874 – etwa ein halbes Jahr nach dem Tod des Künstlers – schrieb Fontane zu Beginn der Kritik von Benedix´ „Gegenüber“:

In einer biographischen Skizze, die bald nach dem Tode Benedix´ erschien, begegneten wir der Bemerkung, daß der Heimgegangene, bei sonst heiterer Beanlagung, doch beständig einen Unmut darüber empfunden habe, nicht nach seinem vollen Werte geschätzt und – honoriert worden zu sein. Und, sprechen wir es aus, […] daß er , wenn je ein Dichter, zu diesem Unmute voll berechtigt war. Er wußte gewiß so gut, wie einer, daß >>Störenfried<< und >>Aschenbrödel<< nicht die höchsten Aufgaben der Kunst erfüllten; aber gerade deshalb, weil sie nicht ein Höchstes repräsentieren, weil sie lediglich gefällig und angenehm und unterhaltsam waren, weil sie zerstreuten, erheiterten, wohltaten, ohne an Herz und Hirn ernsthafte und deshalb unbequeme Anforderungen zu stellen, gerade deshalb war er berechtigt, sich geborgener, gehätschelter, vor allem auch belohnter sehen zu wollen (FK, I, 166).

Am 4. September 1874 wurden Laubes „Die eine weint, die andere lacht“ und danach Benedix´ „Dienstboten“ gespielt. Das erste Stück wurde von Fontane verrissen. Als dann die Rede auf Benedix Stück kam, schrieb Fontane: „Trösten wir uns. Unseres alten Benedix´ 22 einaktiges Lebensbild >>Die Dienstboten<<, womit der Abend schloß, führte uns in reinere Luft (FK I, 191f).“ Am 24. März 1881 wurden Benedix´ „Das Gefängnis“ und „Die Dienstboten“ aufgeführt. In seiner Kritik schrieb Fontane: „Von Benedix ist alles nett, aber >>Das Gefängnis<< ist vielleicht das Netteste, wenigstens auf unserer königlichen Bühne, die gerade diesem Stück eine mustergiltige Darstellung zu geben weiß (FK III, 125).“ Am 28. Oktober 1886 wurde unter anderem Benedix´ „Eigensinn“ aufgeführt, und auch hier schwärmte Fontane:

[…] ein Meisterstück, und in seiner Echtheit, vor allem in seiner glücklichen Herausarbeitung der Komik eines allereinfachsten und aller alltäglichsten Vorgangs geradezu unübertrefflich. Das wundervolle Talent Benedix, das immer noch nicht genug geschätzt wird […], tritt einem nirgends schlagender entgegen als in dieser Nichtigkeit (FK IV, 81).

Es wurde keine Kritik Fontanes von Benedix veröffentlicht, in der dessen schriftstellerische Leistung negativ bewertet worden wäre. Lediglich die schauspielerischen Leistungen oder Kostüme wurden nicht immer positiv beurteilt. Tatsache ist allerdings, dass Fontanes Verehrung nicht auf Freundschaften beruhte, sondern als Anerkennung der künstlerischen Leistungen zu sehen war. Wie sehr der Theaterkritiker darum bemüht war, durch persönliche Beziehungen keine Befangenheit entstehen zu lassen, zeigte sich am Beispiel des Schauspielers, Regisseurs und späteren Theaterdirektors Friedrich Haase, der Fontane zu einem Abendessen eingeladen hatte. Fontane lehnte diese Einladung entschieden ab. In einem Brief vom 5. März 1877 an Haase schrieb Fontane als Begründung: „Die ganze Kritikerei ist schon ein mißliches Geschäft; sie verliert vollends allen festen Boden, wenn persönliche Beziehungen sie befangen machen (F III, 225).“

Abwendung vom Publikum

Fontane bezog das Theaterpublikum nur sehr selten in seine Kritiken ein. Wie oben schon erwähnt, meinte er, dass die Theaterkritik keine Meinungswiedergabe des Publikums sein sollte, sondern sich loslösen müsste vom Geschmack der Zuseher. Er kommentierte auch nur in den wenigsten Kritiken, wie das Publikum reagierte, nämlich dann, wenn es sich um eine „Stimmung“ des Publikums handelte, die die Stimmung der Gesellschaft widerspiegelte, wie

23 beispielsweise bei Schillers „Wilhelm Tell“, der den Patriotismus des Berliner Publikums entflammte und mitriss. In einer Kritik von Girardins „Lady Tartuffe“ vom 4. Januar 1878 beschrieb Fontane seine Vorstellung von einem Idealpublikum, das sich nicht nur auf das äußerlich Wahrnehmbare stützte, sondern auch zuhörte. Er verdeutlichte dies, indem er vom Publikum forderte: „Man muß verstehen, inhaltlich folgen können, um der Dichtung gerecht zu werden. Wie viele dazu berufen sind, laß ich dahin gestellt sein.“ 27 Fontane glaubte, beobachtet zu haben, dass Stücke, deren Verständnis hauptsächlich auf das Sehen ausgerichtet war, besser aufgenommen wurden, als jene, die nicht nur gesehen, sondern vor allem intensiv gehört werden wollten. 28 Dem Kritiker war bewusst, dass man bei dem Großteil des Publikums nicht von der Fähigkeit, zugleich bewusst zuzusehen und zuzuhören, ausgehen konnte. Als einzigen Ausweg sah Fontane ein „fleißiges Vorher-Studium“ von auf den Dialog konzentrierten Stücken. 29 Aber dass das Publikum die Stücke im Vorfeld studieren würde, hielt Fontane für unwahrscheinlich:

Aber wer, aus der Menge der Zuschauer, kommt zu diesem Vorher-Studium? Am wenigsten die, die nicht müde werden, sich »über dies Provinzial-Französisch« zu moquieren und durch ihren eigenen, an beiden Ufern der Spree heimischen Akzent, die Betätigung solchen Studiums am Deutlichsten verrann. 30

Der Kritiker bezweifelte, die Fähigkeit des Publikums zum tieferen Verständnis. Demnach war Fontanes Meinung über das Publikum nicht besonders hoch.

2.3.4 Antipathien und Vorlieben

Fontane merkte des Öfteren an, dass Beurteilungen subjektiv seien. Anhand der Kritiken lassen sich einerseits seine Vorlieben und seine Antipathien herausarbeiten. Andererseits hatte das Theater in dieser Zeit einen gewissen Vorbildcharakter. Aus diesem Grund achtete Fontane auch auf den moralischen Gehalt der Stücke.

Religiosität

Ein Konflikt, der nach der Reichsgründung entstand, war der Kulturkampf: eine Auseinandersetzung zwischen Staat, Parteien und Kirche. 31 Die „VZ“ war im Allgemeinen für eine Trennung von Staat und Kirche. Man war der Meinung, dass der Anspruch der Kirche auf Herrschaft zurückgewiesen werden musste. Die „VZ“ war seit ihrer Gründung eng mit der

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Aufklärung verbunden. Die Kirche wurde als „mittelalterlich“ im Sinne von „veraltet“ bezeichnet. Trotz dieser Einstellungen der „Vossischen“ war es für Fontane ein Problem, die negative Haltung gegenüber der Kirche zu akzeptieren. Beispielsweise ist in den Anmerkungen zu Gutzkows „Der Gefangene von Metz“ zu lesen, dass er sich nicht über ein „antikatholisches“ Bühnenwerk erfreuen konnte.

Das Antifranzösische darin mochte noch gehen, aber es traf sich auch so, daß es auch antikatholisch war, ja das erst recht. Und ein von Borniertheit eingegebener Antikatholizismus ist mir immer etwas ganz besonders Schreckliches gewesen. Und nun in einer Zeit, wo eine zur Hälfte aus Katholiken bestehende deutsche Armee in Feindesland stand, in solcher Zeit ein antikatholisches Stück, oder wenigstens eine Hauptfigur in ihm, die den Katholizismus widerlich darstellte! (FK I, 214)

Dazu kam auch noch, dass Fontane tendenziell antisemitisch fühlte und dachte. In seinen Theaterkritiken zeigte er dies nicht so sehr, aber in Briefen und autobiografischen Schriften kam es offen zu Beschwerden, wie ebenso in den oben zitierten Anmerkungen von Gutzkows „Der Gefangene von Metz“. In der Kritik in der „Vossischen Zeitung“ schrieb Fontane über die besagte Hauptfigur lediglich, dass er „den Mut der Bühne bewundert habe, solche Gestalten zu bringen und die Langmut der Katholiken, solche Gestalten zu ertragen (FK I, 214)“ und, dass seiner Meinung nach solche Gestalten nicht auf die Bühne gebracht werden dürften, da sie beleidigend wären. Er ging nicht direkt auf die Rolle ein, die er kritisierte. Es war herauszulesen, dass es sich um etwas Antikatholisches handelte, konkretisiert wurde diese Kritik aber nicht. Wer allerdings der Vorstellung beiwohnte, wusste, worüber Fontane sprach. In seiner Kritik, die in der „Vossischen“ erschien, fand sich auch eine Beurteilung der schauspielerischen Leistungen, in der er allerdings nicht auf die oben geschriebenen Zeilen – die Hauptfigur – näher einging. Diese Hauptfigur, die Fontane erwähnte, war der Abt von Loccum. Dazu äußerte sich Fontane in seinen autobiografischen Schriften scharf:

Sein grob charakterloses Spiel schlug dem Faß den Boden aus. Er hatte zum Unglück auch noch eine riesige Nase, und diese wirkte wie ein Sinnbild oder Organ all der Häßlichkeit, die zu begehen nach dem Willen des Dichters oblag. Wie hatte man das Stück wählen können! (FK I, 214)

Diese Tatsache beschäftigte Fontane anscheinend so sehr, dass er sich noch einmal dazu äußerte: „Ich wußte nicht, wer mir schwerer auf die Nerven fiel: Hülsen, der Intendant, oder

25 der Dichter Gutzkow oder der Darsteller mit dem Obscönitätsrüssel (FK I, 215).“ Mit der Äußerung, dass der Schauspieler eine große Nase hatte, stigmatisierte Fontane den Schauspieler als Juden. Dass ein solcher einen Katholiken spielte, war für ihn nicht annehmbar. Die antisemitischen Tendenzen des Schriftstellers zeigten sich auch des Öfteren in Briefen, beispielsweise an seine Tochter Martha vom 15. Juni 1891, in dem er sich über eine „verjüdelte Menschheit“ 32 aufregte. Andererseits schwächte er seine Einstellung zu Juden auch immer wieder ab, wie in einem weiteren Brief an seine Tochter vom 9. Juni 1890. Er schrieb zwar, „Judengesellschaften sind nicht mein Ideal und eine feine glücklich componierte Christengesellschaft ist mir viel lieber“, einige Zeilen weiter aber heißt es: „Unter Thränen wachse ich immer mehr aus meinem Antisemitismus heraus, nicht weil ich will, sondern weil ich muss.“ 33 Dies begründete er darin, dass er den Juden zugestehen musste, dass sie „Bildung, Aufgeregtheit und Interesse“ hatten. 34

Fontanes Erwartungen an eine Darstellung von Religiosität erfüllte Charlotte Birch-Pfeiffer mit ihrem Stück „Kinder des Glücks“ vom 11. Juni 1881. Im fünften Akt des Bühnenwerkes kommt es zu einer Begegnung zwischen einer Herzogin und einem Geistlichen. Der Kritiker bezeichnete dies als „eine wahre Herzstärkung, mal einem Bühnen-Schwarzrock zu begegnen, der kein Heuchler, Intrigant oder sonstiges Scheusal ist (FK III, 147).“

Ehebruch

Ein anderes Problem stellte das Thema Ehebruch auf der Bühne dar. Fontane kränkte es immer wieder, dass sich die meisten Lustspiele nur über die Tatsache des Ehebruchs und dessen Aufdeckung amüsierten. Er war der Meinung, dass dieses Thema zum Verfall der Gesellschaft beitragen würde. Über die Vorstellung von Benedix´ „Gegenüber“ am 23. Januar 1874 schrieb er ganz entzückt, wie dankbar er dafür wäre, dass es noch Lustspiele gab, die ohne das Thema Ehebruch auskamen.

Er hat nicht nur, wie kein anderer, den deutschen Ton getroffen, er hat uns auch eben dadurch, daß er diesen Ton und mit ihm zugleich unser Herz traf, den Beweis geführt, daß ein vom Französischen losgelöstes, ehebruchsloses Lustspiel sehr wohl möglich ist (FK I, 166).

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Am 31. Dezember 1878 wurden Mosers „Reflexe“ gespielt. Auch hier zeigte Fontane – wenn auch nur beiläufig – seine Abneigung gegen Ehebruch als Motiv der Komödie: „Wohin sind wir gekommen? Und wir glauben uns über französische Ehebruchsstücke moquieren zu dürfen. Dies ist ja alles viel bedenklicher (FK II, 116).“

Das „Französische“

Als Fontane aus der Kriegsgefangenschaft zurückkam, war er – wie oben erwähnt – wider alle Erwartungen nicht franzosenfeindlich. Er war gut behandelt worden und ihm hatte es an nichts gefehlt. Kurz nach seiner Rückkehr war er im Theater, um Gutzkows Stück „Der Gefangene von Metz“, ein vaterländisches Lustspiel in 5 Aufzügen, zu bewerten. Er war schockiert. Er kritisierte unter anderem das Antifranzösische, allerdings nur beiläufig: „Das Antifranzösische darin mochte noch gehen, aber es traf sich auch so, daß es auch antikatholisch war, ja das erst recht (FK I, 215).“ In diesem Stück nimmt der Markgraf Albrecht von Kulmbach den Herzog von Aumale, den Bruder des Königs Heinrich von Frankreich, gefangen, und zwar bei Metz. Der Markgraf nimmt ihn mit nach Deutschland und hütet ihn wie einen Schatz, da er durch die Gefangenschaft des Prinzen Kredit erhält. Am Ende soll auch Lösegeld gezahlt werden. Die Herzogin-Witwe von Braunschweig-Hannover übernimmt das Wächteramt für den Herzog. Der Gefangene soll aber von der französisch- katholischen Partei befreit werden. Während seiner Gefangenschaft „liebt [der Herzog] sich mittlerweile durch die ganze Damenwelt des Stücks durch (FK I, 215)“ – „wie es sich für einen Franzosen und Gefangenen geziehmt (FK I, 215)“. Er verliebt sich letztendlich, doch die Frau seiner Wahl spielt mit ihm. Schließlich wird das Lösegeld gebracht. In der letzten Szene wird aufgezeigt, dass alle Frauen, die Herzog von Aumale geliebt hat, verheiratet sind oder heiraten werden. „Deutsche Treue triumphiert […], und der Herzog hat das Nachsehen (FK I, 216)“. Das Stück strotzte vor Verherrlichung der „deutschen“ Tugenden. Es zeichnete ein Klischee- und Schreckbild des lüsternen Franzosen. Dies ging Fontane gegen den Strich, und er verriss das Stück wie sonst kaum eines. So franzosenfreundlich der Kritiker auch sein mochte, so zeigte sich jedoch in vielen seiner Kritiken, dass er kein Liebhaber des klassischen französischen Theaters war. Ganz besonders unangenehm waren ihm die französischen Komödien nach Art ihres Hauptvertreters Jean Baptiste Poquelin, genannt Moliere. Dieser verfolgte bei der Typisierung seiner Figuren ein Ziel: Er wollte die menschlichen Schwächen entlarven. Mutig band er die gefährlichsten Lügen und Schwächen seiner Zeit in seine Werke ein, was ihm spätestens seit dem „Tartuffe“ Probleme bereitete. Die heuchlerische Frömmelei des Tartuffe, der als Vorbild für Tugend, 27

Ehrbarkeit und erhabener Sittlichkeit gilt, führte zu Intrigen gegen den Dichter. Zu Molieres in Komödien verarbeiteten Themen zählten neben Antikatholizismus – wozu auch die Scheinheiligkeit zählt – Ehebruch, das „Krankfühlen“ aus Lebensangst – wie es in „Der eingebildete Kranke“ gezeigt wird –, sowie Schmeichelei, Verstellung, Heuchelei und Lüge. Die kritischen Themen wurden in seinen Stücken charakterisiert und „zerlacht“. Durch die Auswahl der Themen blieb aber auf dem Humor immer eine gewisse Melancholie. 35 Fontane konnte mit solchen Themen nicht warm werden, da er – wie schon erwähnt – der Meinung war, dass das Theater einen Bildungsauftrag hatte, wodurch solche Stücke für ihn nicht annehmbar waren. In der Kritik über Benedix´ „Gegenüber“ am 23. Januar 1874 schrieb er erleichtert, wie angenehm es sei, dass es ein „vom Französischen losgelöstes“ Lustspiel gebe. „Er [Benedix] hat nicht nur […] den deutschen Ton getroffen, er hat uns auch […] den Beweis geführt, daß ein vom Französischen losgelöstes, ehebruchsloses Lustspiel sehr wohl möglich ist (FK I, 166).“ Fontane erkannte aber trotzdem teilweise den künstlerisch ästhetischen Wert von den französischen Komödien an. Er schrieb in einer Kritik über Benedix´ „Störenfried“ vom 1. April 1878:

Zwei, drei Winter lang sehe ich nun französische Komödien und freue mich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ihrer Kunst, will sagen ihres Aufbaus, ihrer geschickten Schürzungen und Lösungen, ihrer wundervollen Detailbehandlung ihres pointierten Dialogs. Aber unter allen diesen Stücken ist keines, indem so viel gesundes Leben steckte wie in diesem „Störenfried“. Alle haben sie etwas mehr oder weniger Gekünsteltes, Gezwungenes, während mit der Wert eines Kunstwerks umgekehrt in seiner Ungezwungenheit zu liegen scheint. Schwierigkeiten überwinden ist gut, aber uns den Eindruck überwundener Schwierigkeiten ganz ersparen, ist noch besser. Das höchste Maß von Kunst wird dies gelegentlich erreichen, eine gute Natur jedoch hat es aus sich selbst (F I, 671).

Die Kunst – Aufbau, geschickte Schürzungen und Lösungen, Detailbehandlung und der pointierte Dialog – wurde positiv hervorgehoben. Fontane merkte allerdings an, dass die französischen Stücke aus diesem Grund gekünstelt, gezwungen und lebensfremd wirkten.

Originalität

Was machte für Theodor Fontane ein gelungenes Theaterstück aus? Für ihn war es wichtig, dass ein Bühnenwerk originell war. Ihn amüsierten keine Stücke, die sich an Schemata oder Klischees orientierten. Der Stoff musste nicht unbedingt neu sein, aber die Variation überraschend. Über Gustav von Mosers „Mädchenschwüre“ schrieb Fontane begeistert:

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Nie hab´ ich ihn glänzender operieren sehen. Es zählt nicht gerade zu den allerbesten seiner Arbeiten, aber an Virtuosität schlägt es vielleicht alle. Nichts ist neu und alles ist verzerrt; von Lebenswahrheiten keine Spur und natürlich ebenso wenig von folgerichtiger Entwickelung. Alles Willkür; nie Verlegenheit was zu tun, weil alle Mittel gelten. Die Szene, der Moment herrschen souverän. Und doch ist es lehrreich und amüsant zu verfolgen, wie er´s macht (FK II, 174).

Fontane ging noch näher auf das Stück ein. Er beschrieb den komischen Effekt:

Dies macht einen komischen Effekt und alles lacht […]. Alles das ist sinnlos oder überflüßig, nicht nur überflüßig für die momentane Wirkung, für eine Wirkung, der ich gut unterlag wie meine Nachbarn, wie das ganze Haus. Und darin scheint mir doch, faute de mieux die Berechtigung dieser Gattung von Stücken zu liegen (FK II, 174).

Auch „das Talent zu unterhalten“ sprach Fontane in der Kritik von Mosers „Mädchenschwüre“ an. Er zeigte damit auf, dass es nicht nur zu kritisieren war, wenn einmal ein Stück nicht der höchsten Sittlichkeit folgte. Es gab für ihn ebenso „harmlose“ Werke, in denen dieser Sittlichkeitskonflikt nicht störte.

Aber das Talent zu unterhalten, das Alte neu, das Abgestandene frisch zu machen, ist ganz eliment. Alles in allem, es ist ein wahrer Segen, oder doch mindestens eine Freude, unter unsern wenigen nennenswerten Lustspieldichtern ein so fruchtbares, so amüsantes und doch auch so harmloses Talent zu besitzen. Es ist eben nicht nötig […] alles vom Standpunkt höchster Sittlichkeit aus zu betrachten (FK II, 174).

In der Kritik von Adolf Wilbrandts „Die Vermählten“ vom 26. September 1871 äußerte sich Fontane zum Thema „Neugehalt“. Er war inhaltlich nicht begeistert von diesem Werk.

[…] man berechnet eine Epoche eben nicht nach dem Alten, was sie hat und bringt, sondern nach ihrem Neugehalt. Wenn dies (Die Vermählten) das Deckblatt war, so können wir uns von dem, was dahinter liegt, nicht allzuviel versprechen (FK I, 40f).

Weiters beschrieb Fontane in dieser Rezension die Anforderungen, welche aus seiner Sicht an die erfinderische Kraft des Dichters zu stellen seien.

Der Inhalt des Stückes ist uralt. […] Hier beginnen die Anforderungen an die erfinderische Kraft des Dichters; er muß im Stande sein, neue Situationen zu schaffen, den Entwickelungsfaden originell zu spinnen und wenn wir ihn selbst von dieser Verpflichtung lossprechen wollen, so muß er es wenigstens verstehen, uns angenehm zu täuschen, uns die alten Situationen als neue erscheinen zu lassen (FK I, 40f).

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In der Theaterkritik vom 3. April 1884 von Richard Voss` „Der Mohr des Zaren“ brachte Fontane seine Vorstellungen von einem guten Stück auf den Punkt.

Was ist nun ein gutes Stück? Oder um mich bescheidener und vorsichtiger auszudrücken, was nenn´ ich ein gutes Stück? Wenn ein Stück sich eine mir sympathische Aufgabe stellt und diese Aufgabe klar und verständig löst, wenn die Menschen und Situationen, mit deren Hilfe diese Lösung erfolgt, sich ebenso sehr innerhalb des gesunden Menschenverstandes wie der Wahrscheinlichkeitsgesetze halten, mit anderen Worten wenn Unsinnigkeiten und Willkürlichkeiten gleichmäßig vermieden und alle diese Dinge zum letzten und besten und auch noch so in die Erscheinung werden, daß mich´s unterhält und abwechselnd rührt und erheitert, so nenn´ ich ein solches Stück ein gutes Stück […] (FK IV, 18).

Diese von ihm erwarteten Aufgaben an ein Bühnenwerk erfüllte seiner Meinung nach beispielsweise das Stück „Ein Kind des Glücks“ von Charlotte Birch-Pfeiffer. So schrieb er über die Aufführung vom 11. Juni 1881:

Es unterhält von Anfang an, es erheitert und rührt, und alles das ohne Anwendung falscher Mittel. Es ist gut in den Charakteren, gut in der Motivation und Aufbau, dabei durchweg liebenswürdig, und selbst die gewagte Stelle, die den Konflikt heraufbeschwört und insoweit der Keim des Stückes überhaupt ist, selbst diese gewagte Stelle ist minder gewagt, als sie manchem erscheinen mag. Ich halte diese Form poetischer Trotzköpfigkeit für ebenso wahr wie berechtigt (FK III, 147).

Naturalismus

Theodor Fontanes wahrscheinlich bedeutendste kulturgeschichtliche Leistung innerhalb seiner Kritikerzeit liegt in der Akzeptanz und Förderung des in dieser Zeit entstandenen Naturalismus – vor allem der naturalistischen Dramatik Ibsens und Hauptmanns. Dies gehörte zur späten Phase seiner theaterkritischen Karriere.36 Eigentlich waren Aufführungen auf den freien Bühnen nicht Fontanes Ressort, da er nur für das königliche Schauspiel engagiert war. Paul Schlenther, der ebenfalls Redakteur bei der „Vossischen Zeitung“ und zuständig für die anderen Theater - und Sonntagsausgaben war, besorgte Fontane eine Karte für die geschlossene Vorstellung von Ibsens „Gespenster“ vom 9. Januar 1887 im Residenztheater in Berlin. Kurz nach dieser Aufführung erkundigte sich Fontane bei Schlenther, ob es ihm etwas ausmache, wenn er (Fontane) sich ebenfalls in wenigen Zeilen zu Ibsens Stück äußere. 37

Mich selber drängt es ebenfalls, etwas über dies merkwürdige Stück zu sagen, weshalb ich bei Ihnen anfrage, ob es Sie nicht verdrießen würde, wenn ich mich sechsunddreißig oder achtundvierzig Stunden nach Ihnen auch noch in der >Vossin< vernehmen ließe. Von einem 30

Widerstreit der Meinungen kann dabei gar keine Rede sein. Ich bin selbst so sehr die helle Bewunderung, daß ich mit meiner Altherrenweisheit weder Ihnen noch Ibsen sonderlich ins Gehege kommen würde (FK IV, 271) .

Schlenthers Kritik vom 10. Januar 1887 stellte das Stück äußerst begeistert vor. Der Kritiker apostrophierte die Aufführung als „das sensationellste Ereignis dieser Theatersaison“. 38 Die Redaktion der „Vossischen Zeitung“ distanzierte sich allerdings in einer Schlussnotiz von Schlenthers Kritik.

Wir haben unserem Referenten zur Beurteilung des Ibsenschen Stückes […] gern das Wort gegeben, können uns seinem Urteil jedoch nicht anschließen. […] Ein Kunstwerk soll uns Genuß, Freude, Erhebung bereiten, nicht Entsetzen, Qual und, was noch viel schlimmer ist, hoffnungslose Verzweiflung – auch dann nicht, wenn, was wir dem Ibsenschen Stück bestreiten, die Handlung auf Wahrheit beruht (FK IV 271).

Am 13. Januar 1887 folgte Fontanes Kritik über dieses Stück. Schon am Anfang seiner Rezension erklärte er, warum er sich – nach Schlenther und der Redaktion – zu dieser Aufführung äußern musste. Fontane hob Paul Schlenthers Kritik („P.S.“) als gelungen hervor, indem er schrieb, dass „P.S.“ schon „liebevoll eingehend“ über die Sonntagsaufführung berichtet habe (Vgl. FK IV 95). Fontane besprach in seiner Rezension weder die Dramaturgie noch die Inszenierung des Werkes. Sein Hauptaugenmerk lag auf zwei selbst formulierten Thesen, die er aus Ibsens Stück herauslas. Er schlussfolgerte: Liebesheirat sei Pflicht und es sei Pflicht, sich aus jeder anderen, insbesondere jeder vom Partner gebrochenen ehelichen Bindung zu lösen, weil andernfalls Verfall drohe. 39 Die dreifache Betrachtung des Ibsen´schen Stückes – Schlenther, die Redaktion und Fontane – zeigte, dass die „Vossische“ sowohl Neues akzeptierte, als auch verschiedene Meinungen zu den Neuigkeiten anerkannte. Ebenso ist aus der Kritik Fontanes herauszulesen, dass er – durch die Anerkennung von Schlenthers Kritik bezüglich Dramaturgie und Inszenierung – den jüngeren Kollegen schätzte und akzeptierte. 40 Für Fontane war dieses Stück ein Wendepunkt. Ab diesem Zeitpunkt arbeitete er nicht mehr ausschließlich für das königliche Schauspiel, sondern besuchte immer wieder Vorstellungen der freien Bühne und der naturalistischen Dramaturgie. Defensiv beschäftigte sich Fontane mit dem Kunstcharakter der neuen Stücke. Offensiv setzte er sich aber mit der thematischen Innovation auseinander. 41

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3. JULIUS RODERICH BENEDIX

Während der Beschäftigung mit Fontane als Theaterkritiker fielen mir immer wieder die Rezensionen über den deutschen Bühnenautor Julius Roderich Benedix ins Auge. Nahezu jede in der „Vossischen Zeitung“ veröffentlichte Kritik über ein Benedix´sches Stück wurde von dem Theaterkritiker durchwegs positiv bewertet, er zog den Lustspieldichter auch zum Vergleich mit anderen Autoren heran. Worte wie „deutsch“, „schlicht und einfach“, „liebenswürdig“, „sentimental“ oder „deutsches Gemüt“ wurden immer wieder verwendet, um Benedix´sche Werke zu beschreiben. Mehrfach ist aus Fontanes Kritiken herauszulesen, dass Benedix´ Stücke zu dieser Zeit das A und O der Lustspielaufführungen waren und vom Publikum geschätzt, geliebt und selten kritisiert wurden. Laut einem statistischen Rückblick wurden Benedix´ Stücke auf dem königlichen Theater in Berlin im Zeitraum zwischen 1842 und 1885 weit über eintausend Mal aufgeführt. 42 Ab 1885 gibt es allerdings keine vergleichbare Statistik, um die Tabelle weiterzuführen. Anhand der folgenden Tabelle wird ersichtlich, wie oft die jeweiligen Benedix´schen Werke aufgeführt wurden und über wie viele Jahre sie auf den königlichen Bühnen gespielt wurden. Dabei kristallisieren sich die damaligen Publikumslieblinge heraus. „Die Dienstboten“ wurde innerhalb von 27 Jahren 151 Mal aufgeführt, „Die zärtlichen Verwandten“ schafften es innerhalb von 19 Jahren auf 135 Aufführungen. Ebenso zählen „Aschenbrödel“ mit 51 Vorstellungen zwischen 1867 und 1879 und „Der Störenfried“ mit 97 Vorführungen zu den meist gespielten Werken. Auch „Doktor Wespe“ (60 Aufführungen), „Der Weiberfeind“ (73 Aufführungen), „Der Vetter“ (51 Aufführungen), „Eigensinn“ (60 Aufführungen), „Die Hochzeitsreise“ (71 Aufführungen), „Das Gefängnis“ (83 Aufführungen), und „Ein Lustspiel“ (75 Aufführungen) erzielten gute Erfolge. Neben der Vielzahl an Erfolgen zeigen sich aber auch Misserfolge. Benedix schrieb an die 100 Bühnenwerke, lediglich 29 wurden zwischen 1842 und 1885 im königlichen Schauspielhaus in Berlin aufgeführt. Die Lustspiele „Die Sündenböcke“ und „Zwischenträgerei“ wurden allerdings nur einmal gespielt.

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Tab. 1: Aufführungen Benedix´scher Werke auf den königlichen Bühnen in Berlin zwischen 1842 – 1885

Jahr Titel des Stückes Aufgeführt von – bis Anzahl Aufführungen Innerhalb von Jahren

1842 Doktor Wespe (1842–1870) 60 28 1843 Der Weiberfeind (1843–1858) 73 15 1844 Der Steckbrief (1844) 5 1 1846 Der alte Magister (1846–1870) 45 24 Der Vetter (1846–1882) 51 36 1847 Eigensinn (1847–1879) 60 32 Die Banditen (1847) 6 1 1848 Die Sündenböcke (1848) 1 1 1850 Die Hochzeitsreise (1850–1885) 71 35 1851 Das Gefängnis (1851–1885) 83 34 Der Liebesbrief (1851–1852) 6 2 1852 Das Lügen (1852) 5 1 Die Eifersüchtigen (?) ? ? ? 1853 Mathilde (1853–1860) 20 7 Ein Lustspiel (1853–1885) 75 32 1857 Die Dienstboten (1857–1884) 151 27 1858 Die Schuldbewussten (1858) 4 1 1861 Der Störenfried (1861–1885) 97 24 1862 Die Fremden (1862) 2 1 1863 Sammelwuth (1863) 3 1 Gegenüber (1863–1876) 18 13 1864 Ausreden lassen (1864–1868) 11 4 1866 Epigramme (1866) 7 1 Die zärtlichen Verwandten (1866–1885) 135 19 1867 Zwischenträgerei (1867) 1 1 Aschenbrödel (1867–1879) 51 12 1868 Die Neujahrsnacht (1868–1874) 30 6 Relegierte Studenten (1868–1869) 9 2 1870 Landwehrmanns Christfest (1870–1871) 6 2

1842– 29 Stücke 1842–1885 1.086 Aufführungen Min. 1 Jahr 1870 Max. 36 Jahre 43

Wer war der heute niemandem mehr bekannte Julius Roderich Benedix? Warum wurde der Lustspieldichter von Fontane so geschätzt? Innerhalb dieses Kapitels wird Julius Roderich Benedix als Mensch und Autor betrachtet und auch seine Wirkung auf die Gesellschaft seiner Zeit analysiert.

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3.1 Ein Leben gewidmet der Bühne

Julius Roderich Benedix wurde am 21. Januar 1811 in Leipzig geboren. Er entstammte einer alten sächsischen Kaufmannsfamilie. In seiner Geburtsstadt besuchte er zuerst die Landes- und Fürstenschule zu Grimma, danach die Thomaschule. Benedix war aber nur ein mittelmäßiger Schüler und verlor bald das Interesse an einem Schulabschluss. Durch die Bekanntschaft der Eltern, die schon begeisterte Theaterbesucher waren, mit dem Schauspielerehepaar Eduard Genast und Christiane Böhler wurde in dem Schüler die Liebe zum Theater entfacht. In der Abschlussklasse der Thomaschule brach der junge Benedix seine Ausbildung ohne Examen ab. 44 Am 1. Mai 1831 „zog Benedix mit leichtem Herzen und leichtem Beutel in die Welt hinaus“. 45 Er begann seine Laufbahn bei einem Wandertheater und fand eine Anstellung als Schauspieler bei der Bethmann'schen Gesellschaft. Er reiste mit ihr durch thüringische Städte. Etwas später fand er eine Position in einer Mülheimer Theatergruppe, der er bis 1838 angehörte. Im September 1838 übersiedelte Benedix nach Wesel am Niederrhein, wo er teilweise die Regie des dortigen Theaters führte. Da der Künstler für seine schauspielerischen Leistungen nie großen Beifall erhalten hatte, schloss er sein Wanderdasein ab und begann selbst für die Bühne zu schreiben. 46 Er beendete sein Leben als Schauspieler auf der Bühne und wurde ein Schriftsteller hinter der Bühne. 1839 hatte sein Erstlingswerk „Das bemooste Haupt“ Premiere auf dem Theater und es wurde ein außerordentlicher Erfolg. Es wurde auf fast allen Bühnen in Deutschland aufgeführt. 47 Noch während seiner Wanderbühnenzeit heiratete Benedix 1835 in Emmerich Maria Ludovica Philippina Theresia von Sommers, die Tochter eines damaligen Schauspieldirektors. Sie bekamen den gemeinsamen Sohn Hugo. 48 Doch die Ehe war durchwegs unglücklich. Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, schrieb Benedix eine Vielzahl an Dramen und seit er in Wesel lebte, übernahm er auch zeitweise journalistische Aufträge bei der Redaktion der Volkszeitschrift „Sprecher“. 49 1842 zog er nach Köln. Hier wurde er durch seine Vorlesungen über Goethes „Faust“ bekannt, die sehr stark besucht wurden. Im Jahr 1844 übernahm Benedix für ein Jahr die technische Direktion des Theaters in Elberfeld. 1847 wurde er unter Gerlach technischer Direktor an der Kölner Bühne. Auch hier hielt er Vorlesungen, diesmal über die jüngsten Lyriker und Dramatiker Deutschlands. Als es in Köln zur Eröffnung der rheinischen Musikschule kam, erhielt Benedix aufgrund seiner gut besuchten Vorlesungen dort eine Lehrstelle. Er war zuständig für Unterricht in „Literatur und Declamation“. Diese Stellung 34 veranlasste Benedix, sein Lehrbuch „Der mündliche Vortrag“, das den Wert der richtigen und deutlichen Aussprache und der grammatischen Satzbildung hervorhebt, zu verfassen – es dauerte sechs Jahre bis zur Fertigstellung. 50 Während dieser Zeit vertiefte er seine journalistischen Tätigkeiten und schrieb Beiträge für Kinkels Jahrbuch „Vom Rhein“, aber auch für die „Niederrheinische Musikzeitung“, die „Rheinische Zeitung“, das „Frankfurter Konversationsblatt“ und die „Kölnische Zeitung“. 51 Zu dieser Zeit war Benedix aber auch noch nicht so intensiv mit dramatischen Produktionen beschäftigt. Er schrieb die kulturhistorischen „Bilder aus dem Schauspielerleben“, die Einblicke in das Leben von Schauspielern auf deutschen Wanderbühnen geben. Der Bühnenautor verfasste aber auch Operntextbücher und versuchte sich als Volksschriftsteller und Erzähler, unter anderem mit „Deutschen Volkssagen“ oder dem Roman „Der Landstreicher“. 52 Während dieser journalistisch und dichterisch produktiven Zeit vernachlässigte Benedix das Theater jedoch nicht. Einige Jahre war er an der Kölner Bühne Regisseur und Dramaturg. 53 Ab 1855 war der Lustspieldichter für vier Jahre Intendant des Stadttheaters in am Main. 1859 legte er diese Funktion nieder und kehrte nach Köln zurück. 54 Benedix lernte die Koloratur-Sängerin Franziska Veith kennen und lieben. Um sie zu heiraten, ließ er sich nach über 20 Jahren Ehe von seiner Frau Maria Ludovica Philippina Theresia von Sommers scheiden. Doch Veith sagte ihm kurzfristig – angeblich wegen eines elterlichen Verbots – ab. Noch im selben Jahr (1859) kehrte Benedix nach Leipzig zurück. 55 Die Zeit in der Universitätsstadt nutzte er, um seinen Doktortitel zu erlangen, da es ihn störte, dass man ihn schon immer Doktor nannte, obwohl er keiner war.56 Leipzig war auch die Stadt, in der Benedix 1860 zum zweiten Mal heiratete. Seine zweite Frau hieß Leotine Paulmann und war Schauspielerin und Tochter des Hofburgschauspielers Julius Paulmann. Benedix hatte sie kennengelernt, als sie bei ihm dramatischen Unterricht nahm. Als die beiden heirateten, war er fast 50, sie 23 Jahre alt. Mit ihr baute er sich das harmonische Leben auf, das er sich lange ersehnt hatte. 57 Auch mit Paulmann hatte der Dichter ein Kind, eine Tochter namens Ottilie. 58 In dieser Zeit schrieb er neben zahlreichen Lustspielen noch „Die Shakespearomanie. Zur Abwehr.“ (1873). Während des deutsch-französischen Krieges veranlasste er aus patriotischen Gründen die Herausgabe der „Soldatenlieder“ und schrieb eigene Beiträge dazu. Ebenso verfasste er 1871 „Das Franzosentum. Ein Spiegelbild aus dem letzten Kriege“, eine Flugschrift. Zwar war er noch immer schriftstellerisch tätig, allerdings ging es ihm körperlich

35 nicht mehr gut. Im Jahr 1869 erlitt er mehrere Schlaganfälle hintereinander.59 Im Jahr 1870 wurde in der Zeitschrift „Die Gartenlaube“ dazu aufgerufen, eine Ehrengabe für den deutschen Dichter abzugeben, denn Schriftsteller bekamen vom Staat keine Pension und somit schwand das Geld, sobald die Erwerbskraft nachließ. Die Sammlung sollte 1871 zu Benedix´ Geburtstag überreicht werden. 60 Allerdings brach 1870 der deutsch-französische Krieg aus und die Sammlung geriet in Vergessenheit.61 Am 26. September 1873 starb Benedix nach längerem Leiden vollkommen verarmt in Leipzig. 62 Die Inschrift auf seinem Grab lautet:

Heiteren Sinnes und lauteren Herzens Ein Heger und Pfleger edler Sitten und deutschen Gemüts. 63

Nach seinem Tod wurde erneut durch „Die Gartenlaube“ zu einer Ehren-Dotation aufgerufen, um die Hinterbliebenen von Benedix abzusichern. 64

3.2 Werke

Obwohl Roderich Benedix – wie schon erwähnt – nicht nur für die Bühne schrieb, bekam er doch die meiste Aufmerksamkeit für sein enormes Repertoire an Lustspielen. Seit seinem Debüt „Das bemooste Haupt“ 1839 legte Benedix die Feder kaum noch aus der Hand. Seine Bühnenstücke wurden in 27 Bänden unter dem Titel „Gesammelte dramatische Werke“ zwischen 1846 und 1875 herausgegeben. Insgesamt veröffentlichte der Dichter innerhalb von 34 Jahren 109 Werke für die Bühne. Wenn man bedenkt, dass Benedix das Schreiben nur als Nebenberuf zu seinen Tätigkeiten als Schauspieler, Direktor oder Intendant am Theater, Journalist, sowie Roman- und Lehrbuchautor ansah, ist diese Zahl beachtlich. Alle seine Bühnenwerke verbindet, dass sie sich in einem bürgerlich-familiären Milieu bewegen. Benedix schrieb Dramen, Schauspiele und Lustspiele, darunter finden sich historische (z. B. „Brandenburgischer Landsturm“), vaterländische (z. B. „Einquartierung“), politische (z. B. „Der Steckbrief“) und Familien-Lustspiele. 65 Die meisten seiner Stücke sind allerdings Familien-Lustspiele, davon schrieb er rund 45 Werke für die Bühne. Auch einige Possen wie beispielsweise „Fuchshetze“ oder „Der Liebestrank“ finden sich in seinem Bestand. Ein Stück wird seiner Meinung nach zur Posse,

[…] wenn es die feine Wahrheit verläßt und in seiner Zeichnung zur Carricatur übergeht, d.h. Carricatur in gutem Sinne genommen. Wenn Sie z. B. einen Menschen mit ungewöhnlich großem Kopfe zeichnen, so haben Sie eine Carricatur. Eben so, wenn Sie in 36

der Posse an einem Menschen vorzugsweise nur eine Eigenschaft hervortreten und die andere unbeachtet lassen. Sie haben dann einen Charakter carrikirt, man könnte vielleicht eben so richtig deutsch sagen, übertrieben. Eben so können Sie Begebenheiten und Situationen übertreiben, wenn Sie über die Grenzen der Wahrscheinlichkeit hinaus gehen. 66

Benedix versuchte Komik nicht durch die Wirkung von Karikaturen in den komischen Figuren oder im Wortwitz, sondern durch die Verwicklung zu erreichen. 67 „Man hat dies Situationskomik genannt, ich nehme gerne diesen Namen an.“ 68 In der autobiografischen Schrift, die unter dem Titel „Das bemooste Haupt“, 1871 in der Gartenlaube erschienen, schrieb er über die Wirkung seiner Bühnenwerke:

Meine Stücke haben auf den ersten Bühnen Deutschlands Eingang gewonnen, die größten Hoftheater haben mehr als dreißig derselben auf dem Repertoire. Ebenso haben die kleinsten Theater bis zu den Privattheatern sich von meinen Stücken genährt. Auch über die Grenzen Deutschlands haben meine Arbeiten ihren Weg gefunden. Ich besitze Uebersetzungen in englischer, französischer, vlämischer, holländischer, dänischer, schwedischer, russischer, finnischer, polnischer, czechischer, magyarischer, rumänischer, serbischer Sprache. 69

Den Grund für die Beliebtheit seiner Stücke sieht Benedix in den bürgerlichen Stoffen und Motiven, denn für ihn waren die Moralvorstellungen des Bürgertums die Säule eines gesunden Staatslebens. 70 Außerdem hat er jede Frivolität gemieden, eine sittliche Grundlage war demnach Pflicht. Schließlich hat sich Benedix stets an den Grundsatz gehalten, nur mit der „größten Einfachheit“ zu wirken. Das bedeutet, dass er auf Bühnenmittel verzichtete, die nur der Schaulust dienten (z. B. übertriebene Dekorationen und Kostüme). 71

3.3 Weltanschauung

Benedix´ Zeitgenosse Ludwig Barnay, der die Funktion des Schauspieldirektors am Stadttheater von Frankfurt und später am Stadttheater zu innehatte, schrieb in seinen Erinnerungen auch über Roderich Benedix:

Roderich Benedix. Das war ein prächtiger Mensch, ein echt deutscher Mann, voll Gemüt, Klugheit und außerordentlicher Güte. Wer mit ihm verkehren durfte, mußte ihn herzlich lieb gewinnen. Seine anspruchslose, patriarchalische Art, sein warmes Herz, sein einfaches, biederes Wesen gewannen ihm alle Herzen. Er war ein geschworener Feind alles Aeußerlichen und kehrte sich wenig an die gesellschaftlichen Umgangsformen. Er gab gar nichts auf seine äußere Erscheinung. Der behäbige Mann trug meist einen dicken Flausrock, einen kräftigen Stock und bedeckte sein Haupt mit einem runden, weichen Filzhute. Er

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sprach mit tiefer Stimme sein kräftig Wörtlein, vermied aber ängstlich jedes Wort, das die Sitte hätte verletzen können. Seine Pfeife und sein Glas Bier waren ihm unentbehrlich. 72

Benedix war von seinem Wesen her ein ruhiger Mann, der es nicht genoss, in der Öffentlichkeit zu stehen, was im Widerspruch zu seiner Schauspielerkarriere steht. Er schätzte es auch nicht, als Festredner zu fungieren. Viele Kollegen sprachen ihm ein geringes Selbstbewusstsein zu, von einigen wurde dies sogar als Schwäche interpretiert.73 In Benedix´ Weltanschauung finden sich aber auch andere Widersprüche. Der Dichter war – wie schon erwähnt – ein Mann mit bestimmten moralischen Grundsätzen. Er glaubte an das Gute im Menschen und an die ständige Weiterentwicklung der Gesellschaft im positiven Sinne. Er lehnte jegliche kirchliche Autorität ab, ebenso deren Vertreter. An seine Schwester schrieb er in einem Brief: „Die bitteren Feinde der guten Sache der Menschheit sind die Pfaffen aller Art […], die ich so hasse, wie man nur hassen kann.“ 74 Er selbst sah den Hauptzweck der Religion in der Moralität, und diesen konnte die Kirche für ihn nicht erfüllen. In den zahlreichen Werken tritt fast nie ein Geistlicher auf. Bezeichnend war auch, dass Benedix ohne den Segen der Kirche bestattet wurde. 75 Benedix war außerdem ein sehr harmoniebedürftiger Mensch. Er ließ sich nach mehr als 20 Jahren von seiner ersten Frau scheiden, da diese Ehe für ihn nicht dem entsprach, woran er glaubte, nämlich an die harmonische Liebe. Trotz der fehlenden inneren Sympathie hatte er sich stets bemüht, ein wohlwollender und zuvorkommender Ehemann und Vater zu sein. Erst in seiner zweiten Ehe fand er dieses Glück, von dem man auch genug in seinen Lustspielen lesen kann. 76 Er sah die Rolle einer Ehefrau in einer „Kameradin, die durch angeborene und erworbene Bildung Teilnahme und Verständnis für das Streben und Kämpfen des Mannes hat“ 77 . Er folgte dem bürgerlichen Ideal der Romantik, das an Frauen Frömmigkeit, Keuschheit und Hausmütterlichkeit ehrte. 78 Daran anknüpfend stellt das Thema Sexualität einen weiteren Widerspruch in seiner Lebenseinstellung dar. 79 Obwohl Benedix in seinen Werken ständig das heile Eheleben idealisierte und nie das Thema Ehebruch behandelte sowie selbst sagte, dass er die Ehe als eine notwendige und ehrwürdige Einrichtung betrachtete, tolerierte er es auch, wenn nahestehende Schauspielerkolleginnen und -kollegen ehelos zusammen lebten. Er versuchte für sich, den goldenen Mittelweg zwischen streng bürgerlichen Vorstellungen und lockerer Künstlermoral zu finden, denn er wollte nie, dass das menschliche Glück unter der strengen Sitte leiden sollte. 80

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Was den Staat anlangt, so war Benedix „ein Patriot, wie man es kurz zu sagen pflegt.“ 81 Er hatte eine ausgeprägte Liebe zum deutschen Vaterland wie auch zur deutschen Sprache. Dies zeigt sich in seiner Einstellung zu fremdländischen Stoffen am Theater. Er lehnte alles ab, was aus dem Ausland kam. Teilweise grenzte sein Patriotismus an Chauvinismus 82 . Dennoch wollte er seinen Bruder davon abhalten, den Militärdienst abzuleisten. In einem Brief riet Benedix ihm, dass er versuchen solle, sich dem Dienst zu entziehen. Er sah nicht ein, dass Deutschland von einem Bürger verlangte, die Waffe zu ergreifen. Diese Pflicht diene doch – wie er meinte – dem Vaterland nicht. 83

3.4 Ein Überblick über die komischen Produktionen

In diesem Kapitel werden ausschließlich die komischen Produktionen von Julius Roderich Benedix berücksichtigt, da diese für die Analyse von Fontanes Kritiken im darauffolgenden Kapitel als Grundlage dienen sollen.

3.4.1 Sprache

Es ist ein hoher Genuß, ein Dichtwerk hervorzubringen. Man empfängt im Geiste den ersten Gedanken, man läßt ihn in sich wachsen und reifen, die Gestalten, die man zeichnen will, gewinnen mehr und mehr an Lebensfülle, die Fäden des Werkes knüpfen sich immer mehr zu festem Gewebe, bis das Ganze Vollendung gewonnen hat und zum Niederschreiben fertig ist. 84

Durch die Ausführungen in seiner Autobiografie gibt Benedix Einblicke in den Entstehungsprozess seiner Werke insbesondere in die Konstruktion der Figuren. Er verwendete für seine Lustspiele einen natürlichen Umgangston, wie man ihn in einer deutschen bürgerlichen Familie fand. Das meist Kritisierte an Benedix war allerdings seine Sprache. Beispielsweise bezeichnete Emil Müller-Samswegen in seiner Auseinandersetzung mit dem bürgerlichen Drama die Sprache des Dichters als unpoetisch, die Wirkung der Werke auf das Publikum als ungerechtfertigt und zufällig.

Uns ist es nach der Lecture eines Benedix´schen Stückes stets unbegreiflich gewesen, wie ein solches all und jedes poetischen Reizes baares Opus dem Publicum von der Bühne herab gefallen kann. Und doch gefällt die Mehrzahl seiner Lustspiele nicht nur; sie elektrisirt sogar das Publicum. 85

Auch Julian Schmidt, der eine „Geschichte der deutschen Literatur seit Lessing´s Tod“ (1858) schrieb, ließ die sprachliche Leistung Benedix´ nicht gelten. Schmidt bezeichnete die Sprache 39 des Künstlers als plump, sie zerstöre jeden guten Einfall und sei niveaulos. Außerdem wirke sie „unbehülflich“, was dem gewöhnlichen Publikum gefalle.

Endlich ist sein Dialog, wie seine Sprache überhaupt, ungebildet und unbehülflich. Ueber das Niveau des ganz Gewöhnlichen muß doch die poetische Sprache hinausgehn, und wenn in unsern Gesellschaften kein besonders feiner Ton herrscht, so ist doch immer noch mehr Bildung darin, als man nach Benedix schließen sollte. Es verkümmert die Wirkung der besten Einfälle und Erfindungen, wenn die Plumpheit der Sprache so alles Maß überschreitet – was freilich für das gewöhnliche Publicum ganz bequem sein mag. 86

Benedix wurde oft vorgeworfen, dass er sich eines niederen Sprachniveaus bediente, weil er selbst ungebildet und nicht zu Höherem fähig sei. Dies entsprach aber nicht den Tatsachen. Benedix hatte sich in seiner Zeit als Professor an der Musikschule ausführlich mit der deutschen Sprache beschäftigt. Er legte größten Wert auf korrekte Aussprache. In seiner Zeit als Theaterintendant verlangte er dies von seinen Schauspielerinnen und Schauspielern und musste des Öfteren gestehen, dass es bei der Mehrzahl der Darsteller an der Sprachausbildung mangelte. Heinrich Laube schrieb nach Benedix´ Tod über die Reaktionen des Dichters auf die Sprachkritik seiner Werke: Er nahm die Kritik zwar zur Kenntnis, blieb seinem Stil aber stets treu.

Benedix hat gründlich und durchwegs eigenthümlich über unsere Sprache und über Anwendung derselben auf der Bühne geschrieben, er hat wie ein berufener Schulmann thematisch gelehrt und hat seine Lehre praktisch bethätigt. Gar mancher Schauspieler kann das bezeugen. […] Achselzuckend nahm er die bei uns zahlreichen Kritiken hin, welche dem schöpferischen Autor in geringschätzigem Tone gute Lehren gaben, ohne eine Ahnung zu haben von den Quellen der Schöpfungskraft. Er hatte wie ein Pionnier so mühsam und so selbstständig Alles durchgemacht, was Schriftthum und Theaterthum betrifft, daß er sich zum Achselzucken wohlberechtigt wußte bei grüner Theorie, welche ihn abkanzelte. Und wie ist er abgekanzelt worden für seine stetige Wiederkehr mit neuen Stücken! – Nun, er kehrt nicht wieder, und die Lücke ist da. Die Unzufriedenen mögen in diese Lücke eintreten! 87

Ebenso entkräftete Laube das Argument der Benedix-Gegner, dass Benedix „naturalistisch dahinschreibe“.

„Benedix“ – pflegten sie [die Kritiker] zu sagen – schreibt so naturalistisch dahin, was ihm auf der Straße begegnete!“ Das war durchaus nicht der Fall. Benedix war eine künstlerische Natur. Sein starkes Talent war von einem sicheren Compaß geleitet, und war unterstützt von einer guten Schulbildung. 88 40

Genau hierin lag für Laube Benedix´ Talent. Nur weil dieser keine ernsten Themen aufgegriffen habe, dürfe man dies nicht als Mangel an Bildung ansehen. 89 Jedoch musste auch Laube zugeben, dass Benedix´ Dialoge im Allgemeinen trocken waren.90 Benedix schrieb über alltägliche Dinge und Probleme, mit denen sich das Publikum identifizieren konnte. Er verwendete keine unnötige Dekoration, um Effekte zu erhaschen, weder bei den Bühnenmitteln noch bei der Sprache. Das galt bei seinen Widersachern als ungebildet und widersprach dem zeitgenössischen Bildungsideal. Andere wiederum empfanden seinen Stil zwar als einfach, aber liebenswürdig.

Zu diesen einfachen Mitteln gehört auch Benedix Sprache. Auch in ihr ist aller Flitter, alle Phrase vermieden. Sie ist einfach, natürlich, ohne Schwulst, wie das ganze Leben und die Kreise es sind, aus denen er seine Gestalten und Stoffe wählt. Sämmtliche Stücke Benedix´ sind Original und lehnen sich nie an einen fremden Stoff an. 91

Karl Holl verfasst 1923 als Professor für Literaturgeschichte an der Technischen Hochschule in Karlsruhe das Werk „Geschichte des deutschen Lustspiels“ 92 , in der er auch über Benedix schrieb, dass die Stärke des Lustspielautors in seinem gutmütigen, moralisch einwandfreien Charakter und seinem leicht entzündlichen Herzen bestanden hätte. Als Schwäche hob Holl allerdings ebenfalls die Sprache hervor: „Ein Dichter ist er nicht, aber ein gründlicher Kenner der Bühnenwirkung und der Mittel, sie zu erzielen.“93 Die Gegner sprachen von fehlender „Eleganz des Ausdrucks“ und fehlender „Schlagfertigkeit“ des Dialogs 94 , die Benedix- Befürworter nannten es hingegen „Klarheit, Einfachheit und grammatikalische Sauberkeit“ 95 . In seinen „Bildern aus dem Schauspielerleben“ erklärte Benedix, warum er eine solche Sprache verwendete. Die feinen Lustspiele verwendeten die Sprache der „feinen Welt“, die dem breiten Publikum fremd war. Ein „geistreicher Dialog“ war dem Publikum unverständlich, ebenso der Wortwitz, der oft Bildungsinhalte voraussetzte. Auch feine Intrigen – glaubte Benedix – würden nicht verstanden. Ebenso kritisierte er die Salonwelten der französischen Lustspiele, in die sich das deutsche Publikum auch nicht einfühlen konnte. 96 Er entschied sich also bewusst für das bürgerliche Milieu und dessen Umgangston.

Meine Stücke nehmen ihre Stoffe meistens aus dem Bürgerthum, weil mir in diesem der Kern unseres Volkes zu ruhen scheint. Die vielgeschilderte geistreiche Salonwelt, uniformiert in Frack und Glacéhandschuhen, existiert wenig und ist ebenso eine Fiction, wie auf der anderen Seite die gemüthliche Biederheit der Bauern in der Idylle. Im Bürgerthum wurzelt der Fortschritt, der Fortschritt der ganzen Menschheit in Einsicht und Sittlichkeit, und darum, glaube ich, sei im Bürgerthume der Volksgeist am klarsten ausgesprochen. 97

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Er veranschaulichte seine Aussage noch, indem er schrieb:

Dabei meine ich nicht eine besondere Classe des Volkes aufzustellen, denn zum Bürgerthum sind Alle zu rechnen, welch Standes sie seien, welche im Schaffen und Arbeiten ihre Aufgabe erkennen. Und ich habe nur aus dem d e u t s c h e n Bürgerthume meine Stoffe genommen, weil der Dichter national sein soll, und weil das deutsche Volk etwas besitzt, was anderen Völkern bis auf den Namen abgeht – Gemüth. 98

3.4.2 Komik

Um Benedix´ Komik zu verstehen, lohnt ein Blick auf sein Werk „Shakespearomanie“. Er kreidete Shakespeare alles an, was nicht seinen persönlichen Anschauungen entsprach. Beispielsweise verriss er die Komik des Briten in dessen Komödien. Sie erfüllte ihn mit Abscheu. Von einem Lustspiel sollte – seiner Meinung nach – „kein Lachen erwartet werden“.99 „Es genügt seinem Zwecke schon, wenn es Heiterkeit, heitere Befriedigung hervorruft. Diese bekundet sich in gehobener Stimmung der Zuschauer, die sich im Lächeln äußert.“ 100 Die „Reize der Komik“ bestünden darin, „ernsthafte, dramatische Konflikte des häuslichen Lebens unter besonderer Beleuchtung erscheinen [zu] lassen“. 101 Für Julius Roderich Benedix war es nicht schicklich, durch die Komödie lautes Lachen zu erregen, dieses verstieß für den Moralisten gegen den guten Ton. Nach der Meinung des Künstlers lachen wir über drei Dinge: „über Witz, über komische Situationen, über drollige Persönlichkeiten“. 102 Das Lachen über Wortwitz lehnte Benedix nicht grundsätzlich ab; dieser durfte nur nicht wie gesucht aussehen, sondern zufällig erscheinen und keinesfalls übertrieben werden, denn Wortwitze in Hülle und Fülle schadeten jedem Lustspiel und ständen nur „Witzbolden und Witzköpfen“ zu. 103 Die komischen Situationen zählte der Bühnenwerkautor zum Hauptfeld des Lustspiels. 104

„In diese Situationen können die ernsthaftesten und würdigsten Personen gerathen, sowie die heitersten und komischsten. Diese Situation herbeizuführen ist die Aufgabe der Verwicklung, sie nach allen Seiten hin befriedigend heiter aufzulösen, ist die Aufgabe des Baues des Stückes.“ 105

Bei der Konstruktion von komischen Charakteren warnte Benedix davor, lächerliche Figuren zu schaffen, denn mit diesen lache man nicht, sondern man verlache sie und damit sei der Zweck verfehlt. 106 Der Unterschied zwischen lächerlich und komisch lag für Benedix darin, „daß bei dem Lachen über das Lächerliche immer Hohn beigemischt ist, bei dem Lachen über das Komische fehlt der Hohn.“ 107 Da das Ziel Erheiterung und nicht lautstarkes Lachen war,

42 musste ein Lustspielautor Benedix´ Meinung nach darauf achten, dass er seinen Figuren auch einen sympathischen Zug zuwies. Nur dann konnte man lachen, weil es komisch und nicht, weil es lächerlich war.108 „Wenn man über die Menschen lachen will, muß man sie lieben, sonst ist das Lachen Hohn“. 109

Die Positionsbestimmungen in der „Shakespearomanie“ entsprechen exakt dem Konzept, wie es Benedix in seinen eigenen Lustspielen anwendet hat. Die Komik beruht vorwiegend auf Situationskomik. Im Laufe des Stückes verwirren sich die Fäden der Handlung immer mehr durch Missverständnisse aller Art und führen so zu komischen Situationen. Nicht selten findet man mehr als nur einen Konflikt. Die Konflikte greifen ineinander und führen zu gehäuften Irrtümern. Durch zum Großteil überraschende Wendungen finden die Intrigen und Verwirrungen dann zu einem glücklichen Ende. Des Öfteren tritt ein wohltätiger „deus ex machina“ in Aktion. Auch die von Benedix entworfenen Figuren entsprechen dem in der „Shakespearomanie“ beschriebenen Modell. Es sind nicht die eigentlichen „komischen Figuren“, wie beispielsweise der Hanswurst. Die Charaktere dienen mit ihren Schwächen dazu, dass ein komischer Konflikt und komische Situationen entstehen können. Die Figuren wirken in ihren Schwächen wie Eigensinn oder Eifersucht aber nie lächerlich. Alle von Benedix entworfenen Figuren sind detailliert ausgeführt. Jede Gestik, jede Mimik ist von Benedix genau festgelegt und gibt der Inszenierung seiner Werke sehr wenig Spielraum. Das Liebenswürdige und Sympathische, das den Figuren beigelegt werden soll, ist in nahezu allen Fällen die Besserung. Die Menschen werden von ihren Schwächen befreit. Besonders häufig kommen bei Benedix aber die gutmütig-heiteren Figuren – oft Frauen, mit ehrbaren Grundsätzen und nobler Einstellung – vor. Sie dienen als Gegenpart zu den Intriganten und werden meist in die Intrigen verwickelt. Zuweilen lassen sich diese Charaktere von den schlechten Eigenschaften anstecken. Wortwitz findet man in Benedix´ Schauspielen nur in den seltensten Fällen. Er lässt seine Figuren beispielsweise Fremdwörter falsch oder als Modeerscheinung verwenden. So verwendet die Figur der Dorothea in „Der Steckbrief“ (B III, 1-120) französische Worte, um schick und gebildet zu wirken. Sie nennt den Professor Hausmann „Assessor Hausmann“, gebraucht französische Grußworte und benennt ihre zwei Angestellten Mathes und Christoph in Jean und Louis um.

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Wortwitz – im weiteren Sinne – kreierte der Lustspieldichter auch durch Wort- oder Satzwiederholungen, wie zum Beispiel in seinem Lustspiel „Eigensinn“ (B V 119-150), indem er den Satz „Gott sei Dank, der Tisch ist gedeckt“ durch Eigensinn zu dem Problem von drei Paaren – einem Dienstbotenpaar, einem frisch verheirateten Paar und den Eltern der jungen Ehefrau – werden lässt. Die drei Männer erbitten sich als Liebesbeweis von ihren Frauen, dass sie diesen Satz aussprechen. Die Frauen hingegen sehen nicht ein, warum so eine Aussage ein Liebesbeweis sein sollte. Letztlich geben die Frauen nach und sprechen den Satz „Gott sei Dank, der Tisch ist gedeckt“ aus und das familiäre Glück ist wieder hergestellt. Auch Geschwätzigkeit, das „Nicht-zu-Wort-kommen-Lassen“ oder Verlegenheitsantworten zählen zum Benedix´schen Wortwitz. In den meisten Fällen wirkt der Wortwitz aber mit der Situationskomik zusammen.

Das Lustspiel „Das Gefängnis“ als Beispiel der Benedix´schen Komikkonzeption

Um die Benedix´sche Verwicklungstechnik im Detail darzustellen, wird das Lustspiel „Das Gefängnis“ herangezogen. Die Ausgangssituation ist folgende: Baron Wallbeck lebt über seine Verhältnisse. Er hat sein Vermögen durch Feste und Frauen schon nahezu aufgebraucht und steht kurz davor, alles zu verlieren. Den Ausweg aus seiner finanziellen Misere stellt die Figur der Adelgunde von Delmhorst dar, die ebenfalls eine Adelige ist. Durch ein Testament von Wallbecks Onkel wird bestimmt, dass Adelgunde und Wallbeck heiraten sollen. Lehnt Wallbeck ab, bekommt er nichts von dem Erbe. Falls Adelgunde ablehnt, wird das Vermögen zwischen den beiden gerecht aufgeteilt. Das Problem, das sich hier stellt, ist, dass Wallbeck überhaupt nicht an einer Hochzeit interessiert ist. Er will sich nicht binden, er will weiter feiern. Er entspricht dem Typ des Hagestolz, der im Kapitel „Charaktere und Typen“ noch näher behandelt wird. 110 In diesem Stück gibt es auch die Figur des Doktor Hagen. Er ist ein Gelehrter, dessen Hauptfach Geschichte ist. Seine Arbeit ist ihm so wichtig, dass er seiner Frau Mathilde viel zu wenig Aufmerksamkeit zukommen lässt. Seine Frau Mathilde liebt ihn sehr und akzeptiert seine Arbeitswut und den damit verbundenen Liebesentzug. Hagen muss ins Gefängnis, weil er jemanden beleidigt hat. 111 Diese zwei Figuren – Hagen und Mathilde – stehen in direkter Verbindung zu Wallbeck. Hagen ist sehr interessiert an der Familiengeschichte des Barons und möchte Dokumente von ihm für seine historischen Arbeiten. Mathilde hat sich – ohne Wissen ihres Mannes – Geld vom Baron geborgt, um die Spielschulden ihres Bruders bezahlen zu können. 112

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Die Figur Hermine tritt in Erscheinung. Hermine und Mathilde waren in ihrer Schulzeit beste Freundinnen. Hermine ist die Tochter eines ehemaligen mittellosen Soldaten. Ihre Mutter starb früh und so wurde sie von der Familie eines Generals aufgenommen, dem Hermines Vater das Leben gerettet hatte. Die Tochter dieses Generals ist Adelgunde von Delmenhorst. Mathilde erzählt bei Hermines Besuch von ihren Schulden bei Baron Wallbeck und dass er sich ihr gegenüber verändert hat, nahezu anzüglich auf sie reagiert. Auch erzählt Mathilde von den Lieblosigkeiten in ihrer Ehe. Hermine ist Hagen allerdings noch nie begegnet.113 Und Hermines Vater Friedheim ist nach seiner Soldatenzeit Gefängnisinspektor geworden. Der Kreis schließt sich. Die Verwicklungen beginnen, als Wallbeck sich entschließt, Mathilde verführen zu wollen. Auch er hat bemerkt, dass Hagen ihr zu wenig Aufmerksamkeit zukommen lässt und wittert seine Chance. Er schmiedet den Plan, dass Ramsdorf, ein guter Bekannter des Barons, im Wirtshaus auf Hagen trifft, um ihn zu einem Schachspiel aufzufordern, damit dieser die Zeit übersieht. Währenddessen will Wallbeck zu Mathilde, um sein Glück bei ihr zu versuchen. Als er allerdings bei der treuen Frau eine Abfuhr bekommt und gerade das Haus verlässt, erscheint ein Gerichtsdiener im Garten, um Hagen ins Gefängnis zu bringen. Damit Mathildes Ruf als ehrbare Frau nicht in Verruf gerät, beschließt Wallbeck, sich als Hagen auszugeben und dessen Strafe anzutreten. Er wird ins Gefängnis gebracht. 114 Als Hagen am nächsten Morgen im Gefängnis erscheint, um seine Strafe abzusitzen, trifft dieser auf Wallbeck. Die Gerichtsbediensteten glauben ihm nicht, dass Wallbeck nicht Hagen ist. Unter vier Augen erzählt ihm Wallbeck, sei es zu der Verwechslung gekommen, als er abends spazieren ging und die Wohnungstür von Hagens Haus offen gestanden ist. Der Baron versichert Hagen, dass er lediglich nachsehen wollte, ob alles in Ordnung sei und in diesem Moment der Gerichtsdiener kam, um Hagen abzuholen. Um den Ruf von Mathilde zu wahren, habe er sich mitnehmen lassen. 115 Da dieser Rollentausch auch zu einer Strafe führen würde, beschließen die beiden Männer, dass Wallbeck als Hagen im Gefängnis bleibt. Hagen soll als Wallbeck auf dessen Familiengut fahren, um seine Angelegenheit dort zu regeln, nebenbei könne er dort in den Familiendokumenten stöbern, die ihm bei seinen historischen Arbeiten helfen würden. Mathilde wird nicht eingeweiht und so beginnt die Verwicklung. 116 Wallbeck lernt im Gefängnis die Tochter des Gefängnisinspektors Friedheim, Hermine, kennen und lieben. Um die Tarnung nicht auffliegen zu lassen, gibt er sich auch vor ihr als Doktor Hagen aus. Währenddessen stöbert Hagen im Familiengut Dutzende Dokumente

45 durch. Unerwartet trifft auch Adelgunde dort ein. Sie lernt den rauchenden, nur an Büchern interessierten Hagen als Wallbeck kennen. Er legt raue Sitten an den Tag, ist – wie auch zu Mathilde – sehr lieblos und ungeschickt im Umgang mit Frauen. Unbewusst erreicht er genau das, was Wallbeck erreichen wollte. Sie ist nicht interessiert an ihm und somit würde das Vermögen zwischen Adelgunde und Wallbeck aufgeteilt werden. Diese Aktion scheint momentan geglückt ausgegangen zu sein. 117 Wallbeck ist inzwischen fest davon überzeugt, die liebreizende Hermine zu heiraten. Er will Friedheim um die Hand seiner Tochter bitten, diese jedoch möchte den Vater zuvor einweihen. Über die Heiratspläne überrascht, kommt Friedheim in Hagens Haus und wünscht ihn zu sprechen. Dort erfährt er, dass Hagen bereits verheiratet ist. Er erzählt Mathilde von dem Geschehenen. 118 Als Hagen wiederkommt, konfrontiert Mathilde ihn mit den Vorwürfen. Auch Adelgunde stößt zu diesem Gespräch hinzu. Sie enttarnt Hagen als den Mann, der sich als Baron ausgegeben hat. Hagen versucht, seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen und beichtet Mathilde, dass er nicht im Gefängnis war. Es wird noch schlimmer, da die beiden Frauen ihn nicht aussprechen lassen. Das „Nicht-zu-Wort-kommen-Lassen“ ist bei Benedix ein beliebtes Mittel, um komische Situationen zu erzeugen. 119

Hagen . Nein, nein, nein, in Teufels Namen! Ihr bringt mich ja noch ganz von Sinnen! So hört doch, seid einmal ruhig, laßt mich reden. (Zu Adelgunden.) Ich war im Gefängnis! Adelgunde . Wie? Hagen (zu Mathilden). Das heißt: ich war nicht im Gefängnis! Mathilde . Wie? Hagen (zu Adelgunde). Ich bin verheiratet! Adelgunde . Also! Hagen (zu Mathilden). Aber ich hab´s verschwiegen! Mathilde . Also! Hagen (zu Adelgunden). Ich wußte nicht, daß Sie kommen würden. Adelgunde . Wie? Hagen (zu Mathilden). Wallbeck hatte mir nichts gesagt! Mathilde . Wie? Hagen (zu Adelgunden). Ich bin Hagen! Adelgunde . Wie? Hagen (zu Mathilden). Ich bin nicht Baron! Mathilde . Wie? Hagen (zu Adelgunden). Begreifen Sie? Adelgunde . Nein!

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Hagen (zu Mathilden.). Begreifst du? Mathilde . Alles! Hagen . Gott sei Dank! Mathilde . Du bist ein Verräter! Hagen . Nein! (zu Adelgunden.) Der Baron hat gesessen. Adelgunde . Wie? Hagen (zu Mathilden). Ich war verreist! Mathilde . Wie? 120

Statt die gesamte Situation zu erklären, macht Hagen es noch schlimmer und gibt lediglich unverständliche Wortbrocken von sich. Das Kommunikationsproblem wird letztendlich durch Wallbeck aufgelöst, der wenig später den Raum betritt. Er versucht, die Sache aufzuklären und die anwesenden Damen vom Rollentausch zu überzeugen. Gerade als dies zu gelingen scheint, tauchen Friedheim und Hermine auf, und der Rollentausch wird erneut zum Thema. Es gelingt, die Situation aufzuklären. 121 Zu guter Letzt erkennt Adelgunde in Ramsdorf einen alten Verehrer wieder und Hermines Vater soll eine neue Arbeit auf den Gütern von Adelgunde annehmen. Sie gibt auch ihren Segen für die Heirat von Wallbeck und Hermine und sagt ihnen eine gute Aussteuer zu. Hagen und Mathilde haben sich schließlich ebenfalls ausgesprochen. Somit sind alle Beteiligten glücklich und zufrieden. Der Baron ist von seinem Hagestolz-Dasein befreit. Hagen hat gelernt, seiner Frau mehr Vertrauen, Ehrlichkeit und Aufmerksamkeit entgegenzubringen. 122 Bei diesem Lustspiel ist der Rollentausch das Leitmotiv, aus dem dann Verwechslungen und Missverständnisse hervorgehen. Benedix beweist sein Talent im Spinnen von Vernetzungen zwischen den einzelnen Figuren und lässt Situationen, die zur Auflösung von Verwicklungen beitragen, oft auch zufällig wirken.

3.4.3 Charaktere und Typen

Das Benedix´sche Lustspiel ist hauptsächlich ein Lustspiel der Verwicklung und der komischen Situationen und zeigt in der Anlage seiner Charaktere eine gewisse Schablonenhaftigkeit. Die „Typen“ gelten im Allgemeinen als Repräsentanten eines bestimmten Typs von Mensch. Sie weisen je nach Typ bestimmte Merkmale auf, beispielsweise Geschlecht, Alter, Stand, Beruf und Ähnliches. Benedix´ Typen werden zwar häufig mit individuellen Charakterzügen ausgestattet, folgen aber bestimmten Mustern.123

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Benedix knüpfte wesentlich an August von Kotzebues Figurencharakteristik an, jedoch mit dem Unterschied, dass Benedix viel Schwank- und Possenhaftes ausklammerte. Somit wirken seine Charaktere alltäglicher und realistischer. Es lässt sich in der großen Menge der Personen, die in der Benedix´schen Lustspielwelt auftreten, ein Grundstock von Typen aufzeigen, deren sich Benedix immer wieder bedient, um seine Verwicklungen in Bewegung zu setzen. 124 Die Type der „alten Jungfer“ wird in Benedix´ Lustspielen gern verwendet. Während Kotzebue diesen Typus sehr grell gestaltet, indem er die Lüsternheit und Prüderie in den Vordergrund stellt, legte Benedix diesen etwas menschlicher an. 125 Die Figur der Katharina Werner aus „Der Liebestrank oder die neue Erfindung“ (B III, 121-231) hat sich der Wissenschaft verschrieben. Sie tritt als die alte Tante auf, die ständig über Astrologie und Forschung redet. Diese „alte Jungfer“ ist so konstruiert, dass sie sich der Wissenschaft gewidmet hat, um den Männern näher zu sein. Ihre Nichte Eugine, die auch nicht mehr die Jüngste ist, erklärte sie aber, dass sie es endlich aufgeben soll, noch nach einem Manne zu angeln (Vgl. B III, 151). Eugine wird mit ihren 37 Jahren auch schon als „alte Jungfer“ dargestellt. Sie will noch um jeden Preis heiraten und schreckt auch nicht davor zurück, den von sich überzeugten Egoisten Grundling zu heiraten (Vgl. B III 121-231). Während Benedix dem Charakter der „alten Jungfer“ in mehreren Lustspielen oft wenig ansprechende Züge wie beispielsweise Frömmelei und Habsucht („Der Ruf“) oder eine böse Zunge („Aschenbrödel“) zuwies, so wirkt sein Lustspiel „Die alte Jungfer“ (B X, 93-185) wie eine Ehrenrettung dieser Stereotype. Der Dichter machte hier die Jungfer Margarethe zur Heldin der Handlung. Obwohl auch diese Frau Schwächen aufweist, unter anderem die übertriebene Liebe zu einem alten, hässlichen Hund, penible Genauigkeit und ein forscher Umgang mit ihrem Dienstmädchen, entpuppt sie sich innerhalb des Geschehens als Retterin eines jungen Mannes, der unfreiwillig zum Militär einberufen werden soll. Außerdem sorgt sie dafür, dass der junge Mann Ewald seine einzige Liebe Klotilden heiraten darf (B X, 93-185). Das männliche Gegenstück zur „Alten Jungfer“ stellt der „Hagestolz“ dar, den Benedix ebenfalls oft zu einer der Hauptfiguren seiner Werke wählt. Der typische „Hagestolz“ entspricht einem nicht mehr jungen Mann, der unverheiratet ist und dies auch um jeden Preis bleiben möchte. 126 Wie auch bei anderen Stereotypen wandelte Benedix seine Hagestolz- Figuren des Öfteren so ab, dass man sowohl den Hintergrund für dieses Dasein erfährt als auch innerhalb der Handlung eine Besserung sichtbar wird. Im „Lustspiel“ (B IX, 95-240) entspricht der pensionierte Gerichtsrat Brömser diesem Typen. Er ist alleinstehend und der Ehe gegenüber negativ eingestellt. Er will alle Männer um sich 48 herum von der Ehe abbringen, da er in seiner Zeit bei Gericht mit Scheidungen zu tun hatte und nur die negativen Aspekte des Bündnisses kennt. Er trägt maßgeblich zu den Verwirrungen und Verwicklungen rund um die Liebe bei. Letztlich wird ihm klar, dass das, was ihn und seine Vermieterin verbindet, weit mehr als eine geschäftliche Allianz ist. Der Gerichtsrat hält um ihre Hand an und wird somit von seinem Hagestolz-Dasein befreit. Brömser wird zu der auflösenden Instanz, die letztendlich drei Paare glücklich zusammenführt (Vgl. B IX, 95-240). Ein anderes Beispiel stellt das Stück „Der Weiberfeind“ 127 dar. Hier übernimmt Freiling die Rolle des „Hagestolz´“ . Er ist als Weiberfeind verschrien. Auch hier zeigt Benedix eine Vorgeschichte auf. Freiling wurde von seiner ehemaligen Verlobten betrogen. Dies verletzte ihn so sehr, dass er sich für immer von den Frauen fernhalten wollte. Er wird gegen Ende des Stückes ebenfalls gebessert und erkennt, dass nicht alle Frauen so heuchlerisch sind.128 Es gibt auch Abwandlungen des „Hagestolz´“, wie im oben dargestellten Beispiel „Das Gefängnis“ 129 , wo der Baron Wallbeck nicht heiraten möchte, da er sich nicht einschränken lassen will. Zwei weitere Typen, deren sich Benedix bediente, sind nahezu immer an das Geschlecht gebunden. So ist die Type der „Naivität“ meist mit der Weiblichkeit, die der „Schüchternheit“ mit der Männlichkeit verbunden. 130 Die typische Charakterisierung „der Naiven“ entspricht einem jungen Mädchen in kindesfroher Ausgelassenheit und Einfalt. Sie neigt zu romantischen Schwärmereien und zeichnet sich durch eine enorme Gesprächigkeit (auch Plapperhaftigkeit) aus. 131 „Die Naive“ findet man etwa bei Alwine in Benedix´ Werk „Der Störenfried“ (B XV, 1-133). Sie ist voll übersprudelnder Heiterkeit. Es kommen ihr oft aus Rührung die Tränen, da sie fühlt, wie schön das Leben ist. Alwine verwendet gehörte Fremdwörter in komischer Weise und als man sie Plappermäulchen nennt, versucht sie, sich zu beherrschen, hält dies aber nicht lange durch und macht ihrem Wortschwall dann erst wieder gewaltig Luft (Vgl. B XV, 1-133). Die „ Type des Schüchternen“ wird in der Figur des Dichters Heinrich Falkner in „Der Ruf“ (B IV, 23-134) ersichtlich. In einem Gespräch wird er von seinem Freund Schlinger durch folgende Worte charakterisiert: „Sie sind schüchtern, wie eine sechzehnjährige Pfarrerstochter, Sie besitzen eine Bescheidenheit, wie sie sonst nur in Romanen vorkommt, arm sind Sie, wie ein Candidat der Theologie, und bei alle dem haben Sie kein Glück. […](B IV, 48)“ Innerhalb der Handlung wächst Heinrich jedoch über sich hinaus und am Ende verlobt er sich sogar.

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Bei Benedix trägt die Type der „ lustigen Dienerschaft“ auch oft zu komischen Situationen bei. Sie hat bei Benedix bürgerliche Züge. 132 Die Dienerschaft mischt sich in Dinge ein, die sie nichts angehen. Sie dient aber auch dazu, vergangene Elemente, die wichtig für das Verständnis der weiteren Handlung sind, zu vermitteln. Zu den Charakteristiken des lustigen Dieners gehören beispielsweise die Trinkgeldfreundlichkeit wie beim Diener Kaspar aus dem Lustspiel „Die Männerfeindinnen“ (B I, 1-116). Er leistet dafür listige Dienste, die ihm nicht von seiner Hausherrin Julie aufgetragen wurden, aber letztendlich der „gnädigen Frau“ helfen. Er verspricht jedem, vom dem er ein Trinkgeld bekommt, dass er Stillschweigen bewahren werde. Aber auf die Frage seiner Herrin, ob er etwas vor ihr zu verheimlichen versuche, antwortet Kaspar: „Von Ihnen nehme ich nun wol ein Trinkgeld, aber bezahlen oder bestechen lasse ich mich nicht (B I, 73).“ Die gnädige Frau durchschaut sein Tun und stellt ihm Fragen, auf die hin er zwar – wie er versprochen hatte – nichts verrät, aber seine Gestik verrät ihn und zeigt die wahre Antwort (Vgl. B I, 74). Kaspar ist auch sehr raffiniert, er hilft seiner Herrin durch eine List, von ihrer Männerfeindlichkeit loszukommen. Er erzählt ihr, dass der Mann, dem sie verfallen ist, wegen ihres männerfeindlichen Tuns für drei Jahre nach Italien reisen wird. Nur so erkennt Julie ihre wahren Gefühle und wird glücklich (B I, 1-116). Ein anderes Beispiel für eine Benedix´sche Dienerfigur stellt Adam aus „Dr. Wespe“ (B II, 151-274) dar. Er wird von der jungen Theudelinde für den berühmten Doktor Wespe gehalten. Da sie ihn nicht zu Wort kommen lässt, um die Situation aufzuklären, bleibt es bei der Verwechslung. Sie bittet den „falschen Doktor“, dass er sie besuchen kommt, da sie ihm ihre Gedichte vortragen möchte. Adam wird neugierig, entschließt sich, ihre Einladung anzunehmen und borgt sich dazu von seinem Herrn, Dr. Wespe, sogar passende Kleidung aus. Adam gefällt sich immer mehr in seiner meist stummen Rolle als Doktor. Obwohl er mit sich hadert, hat er „doch nicht die Courage, ihr die Wahrheit zu gestehen (B II, 244)“. Ins Benedix´sche Lustspiel eingestreut findet sich immer wieder die „Type der Gecken“ 133 . Benedix kennzeichnet sie durch vornehmes Getue und Ignoranz. „Die Gecken“ stellen eine Art lustige Figuren dar, die aber zumeist als Karikaturen gewertet werden können.134 Herr von Hahndorf im Lustspiel „Die Mode“ (B II, 66-151) legt enormen Wert auf seine Aufmachung. „Jabots, Manschetten, Lorgnetten und Cravatten (B II, 117)“ sind bei ihm die wichtigsten Attribute. Er sagt von sich selbst, „jeder Stich an mir ist nach dem letzten Journal (B II, 117)“. Er ist uneinsichtig, wenn jemand nicht seine Anschauungen in Bezug auf Mode teilt. Er bedient sich vieler französischer Ausdrücke und will damit vornehm wirken. Auch die Figur des „Dr. Wespe“ (B II, 151-274) im aus dem oben erwähnten gleichnamigen Lustspiel

50 repräsentiert die „Gecken-Type“. Er ist Lyriker, Redakteur und Dramaturg und macht sich durch geckenhafte Eitelkeit und Aufgeblasenheit lächerlich (B II, 151-274). Auch die „Type der Kunstdilettanten“ wird von Benedix durch Eitelkeit und Starrsinn in Szene gesetzt. 135 Dazu gehören beispielsweise die Musikenthusiasten aus dem Lustspiel „Das Concert“ (B X, 187-319). Die Vertreter der Musikgesellschaften Euterpe 136 und Polyhymnia 137 bekriegen sich, lassen kein gutes Haar am jeweils anderen. Es entsteht ein komischer Effekt durch die Eifersüchteleien und durch die gegenseitigen Anfeindungen der Gesellschaften aufgrund ihrer unterschiedlichen Meinungen. Eine Anhängerin der Polyhymnia ist zum Beispiel die verwitwete Frau Birkfeld, die Doktor Gerstheim, der Musikkritiker ist, maßregelt, da er eine Sängerin, die in einem Euterpe-Konzert aufgetreten ist, gelobt hat. Sie hebt Mitglieder der Polyhymnia als Liebhaber von Bach, Haydn, Mozart und Beethoven hervor, macht aber gleichzeitig die Vorlieben für Bellini und Rossini der Euterpe-Gesellschaft herunter. Der reiche Weinhändler Schwarz wiederum gehört der Euterpe an, er ist Vorstand der Gesellschaft. Als der unkundige Otto, sein zukünftiger Schwiegersohn, allerdings den Unterschied zwischen Euterpe und Polyhymnia nicht kennt, reagiert er sehr feindselig (B X 187-319). Der kluge Doktor Gerstheim erklärt die Situation:

Die Kriegsluft ist dem Menschen angeboren, und da wir leider in der Politik Frieden haben, so lassen wir unserem kriegerischen Muthe in Literatur und Kunst freien Spielraum. Statt Blut fließt zwar nur Dinte, aber die Feindschaft ist nicht minder Groß, als wenn Kanonen gegen einander donnerten (B X, 203).

Der Weinhändler Schwarz kündigt dem jungen Otto sogar an, dass er mit ihm nichts mehr zu tun haben wolle, wenn er sich den Polyhymianern anschließen sollte (B X, 300). Der Konflikt taucht in mehreren Figuren-Konstellationen auf und zieht sich durch das ganze Lustspiel. Für die Benedix´sche „Type der Lehrer- und Professorengestalten“ stellt das Stück „Plautus und Terenz“ (B XXIV, 233-262) das Paradebeispiel dar. 138 Die zwei Professoren der Philologie, Dölderlin und Wiesenbach, kennen einander schon seit ihrer Schulzeit und haben zusammen studiert. Als sie einander Jahrzehnte danach in einem Badeort wiedertreffen, bemerken sie durch einen Zufall, dass sie beide unter einem Pseudonym bei verschiedenen Zeitungen schreiben, sich öffentlich gegenseitig beschimpfen und bekriegen. Während Dölderlin ein Verehrer des römischen Komödiendichters Plautus ist, bewundert Wiesenbach den ebenfalls römischen Komödiendichter Terenz. 139 Die Professoren halten an ihren Ansichten fest. Es kommt so weit, dass sie sich duellieren wollen. Die Gelehrten sind starrköpfig und rechthaberisch. Es gibt für sie nur eine Welt, in der sie sich wohlfühlen und

51 zwar die Philologie. Letztendlich wird das drohende Duell durch die Tochter von Dölderlin verhindert, die mit dem Argument, dass sich Römer nicht duellierten, sondern dass diese schreckliche Sitte aus dem grausamen Altertum komme, die Professoren wieder zur Vernunft bringt (Vgl. XXIV, 233-262). Die „Type der reichen Erbin und der reichen jungen Witwe“ verwendet Benedix, um sein Idealbild der wahren Liebe in seinen Lustspielen umzusetzen. 140 Die reiche Erbin oder Witwe wird meistens ihres Wesens wegen umschwärmt und geliebt, wie die reiche junge Witwe Franziska Hainwald im „Lustspiel“ (Vgl. B IX, 95-240), die nach Intrigen und Verwicklungen dann doch auf die Liebe zu Karl Fichtenau stößt (Vgl. B, IX, 95-240). Im Lustspiel „Der Liebesbrief“ (B VII, 97-194) muss die reiche Erbin Walpurg von Seehaus befürchten, dass sie nur wegen des Geldes begehrt wird. Sie reicht am Ende des Stückes trotzdem Oswald ihre Hand und hat keine Zweifel mehr, dass er sie wirklich der Liebe wegen heiraten will (Vgl. B IX, 95-240). Bei Benedix taucht die „Type des Aschenbrödels“ im bürgerlichen Rahmen auf. 141 Die junge Waise Elfriede im Lustspiel „Aschenbrödel“ (B XXI, 1-141) ist Schülerin in einer Pension, in der sie nicht gut behandelt wird. Sie fällt durch ihre Schönheit, Klugheit und ihr liebenswürdiges Wesen auf. Als sie den Baron Albrecht kennenlernt, verliebt sie sich in ihn. Elfriede gibt ihm einen Ring als Versprechen, ihm treu zu bleiben. Dieser Ring bringt den Baron Albrecht auf die Spur ihrer wahren Herkunft: Sie ist eine Gräfin von Buchenthal. Somit dürfen die beiden standesgemäß heiraten (Vgl. B XXI, 1-141).

3.4.4 Motive der Benedix´schen Komik 142

Neben den Motiven Rollentausch und Verwechslung sind noch weitere Leitmotive charakteristisch für die Benedix´sche Komik wie beispielsweise die Verkleidung oder auch der (anonyme) Brief. Im Stück „Lustspiel“ (B IX, 95-240) schreibt der Neffe des Gerichtsrates selbst anonyme Briefe an die Frau, der er versprochen wurde, um seinen eigenen Ruf zu ruinieren und so der gewünschten Verehelichung zu entgehen. Auch ein gern verwendetes Motiv ist die Gefangennahme aufgrund falscher Verdachtsmomente. Im Lustspiel „Die Banditen“ (B V, 1-118) spielen sowohl dieses Element als auch die Verkleidung eine Rolle: Zwei eifersüchtige Frauen verkleiden sich als Banditen, um ihre Männer auf einem Maskenball zu kontrollieren. Ihre Verkleidung führt zu Verwechslungen – sie werden für gesuchte Banditen gehalten – und bringt sie kurzzeitig ins Gefängnis (Vgl. B IX, 1-118). Missverständnisse durch Verwicklungen oder auch durch

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Kommunikationsprobleme wie das „Nicht-zu-Wort-kommen-Lassen“ oder das „Aneinander- Vorbeireden“ sind ein bereits erwähnter zentraler Punkt in den Benedix´schen Lustspielen. Ebenso sind es kleine menschliche Schwächen wie Eifersucht oder Eigensinnigkeiten, die immer wieder eine wesentliche Rolle spielen. Weiters gern genützte Stoffe sind die Entführung bzw. die Flucht aus dem Elternhaus, die Parallele (z. B. Herrschaft – Diener oder bürgerlicher Gelehrter – adeliger Erbe) oder auch das Erscheinen eines „deus ex machina“143 , wie es sich im Lustspiel „Die Dienstboten“ 144 zuträgt. Hier wird ein Lotterielos zum „himmlischen Boten“ und die Gerechtigkeit zwischen den guten, braven Dienstboten und dem egoistischen als Gegenpart wird durch den Gewinn – und somit der finanziellen Lösung ihrer Probleme – wieder hergestellt. Typisch bei Benedix ist, dass er seine Stücke in den meisten Fällen nicht nur auf einem Motiv aufbaut. So spielen beispielsweise Rollentausch und Verwechslung oft zusammen, Verkleidung, Verwechslung und Gefangennahme aufgrund falscher Verdachtsmomente werden in einem Stück kombiniert, ebenso wie die menschlichen Schwächen Eigensinn und Eifersucht sich gerne mit dem „Nicht-zu-Wort-kommen-Lassen“ oder mit dem „Aneinander- Vorbeireden“ koppeln.

3.4.5 Gesellschaftskritik in Benedix´ Lustspielen

Auch wenn Benedix´ Stücke beim groben Durchlesen den Eindruck erwecken, als wären sie seichte, leichte Kost für den Leser beziehungsweise für das Publikum, lassen sich doch in einer Vielzahl seiner Werke gesellschaftskritische Muster erkennen. Behandelt werden dabei Themen, die einen Bezug zum realen Leben in dieser Zeit darstellten. In erster Linie war es Benedix wichtig, mit seinen Werken Moralvorstellungen zu vermitteln. In einer Rezension aus der Beilage der Sonntagszeitung „Sonntagsblatt. Unterhaltungsblatt zu den Bamberger Neuesten Nachrichten“ erschien im Jahre 1869 eine Kritik über „Die religirten Studenten“. Der Autor dieser Kritik brachte es auf den Punkt:

Er [Benedix] betrachtet die Schaubühne nicht als eine „Anstalt zum Vergnügen", sondern, wie sie Schiller haben wollte, als eine „moralische Anstalt", in der Ideal und Realität sich ausgleichen soll, und in der der „moderne" Geist in der Kunst zur edelsten Erscheinung kommen muß, um zur Bildung und Erziehung der Gesamtmasse beitragen zu können. 145

Dabei hob Benedix aber nicht den Zeigefinger, um das Publikum eines Besseren zu belehren, sondern versteckte die Kritik an der Gesellschaft und somit seine Belehrung in den Figuren, genauer gesagt in deren Eigenheiten. 53

Benedix ist ein sehr bewußter Dramatiker, er greift nicht in's Blaue nach seinen Stoffen, ihm ist nicht daran gelegen, bloß ein lachendes Publikum zu gewinnen. Er geht beinahe bei jedem seiner Stucke viel weiter […], er verfolgt die Thorheiten der Zeit, geißelt sie mit Spott und Satyre, macht sie in der lebendigen Anschauung von der Bühne herunter lächerlich und erreicht somit den ihm vorschwebenden Zweck, unter der Maske des Scherzes in keineswegs allzuuntergeordneten Fragen der Vernunft neues Terrain zu gewinnen, neue Jünger zuzuführen. Das ist das außerordentlich Werthvolle an Benedix´s Lustspielen, das ist der Vorzug, der ihm in hohem Grade vor Andern zukommt. 146

Benedix machte aber nicht die Charaktere lächerlich, sondern deren Schwächen, so wie er es auch in der „Shakespearomanie“ forderte. Beispielsweise stellte er die zu dieser Zeit aufkommenden Emanzipationsbewegungen der Frauen an den Pranger. In „Dr. Wespe“ (B II, 151-274) zeichnete der Lustspieldichter die Figur der Elisabeth, der Tochter des reichen Wechslers Zündorfs, deren Emanzipationstrieb rein auf Äußerlichkeiten beruht, indem sie Männerkleidung trägt. Sie weigert sich, den Unterschied zwischen Mann und Frau nach herkömmlicher Sitte gelten zu lassen (Vgl. B II, 151-274).

Elisabeth (in Männertracht, ein Mützchen auf dem Kopfe, eine Cigarre im Munde, steht vor dem Spiegel und mustert ihren Aufzug). Thefla (sitzt rechts und liest).

Elisabeth. Wie steht mir die Mütze? Wie gefalle ich dir?

Thefla. Für eine Maskerade recht artig.

Elisabeth. Was Maskerade! Du weißt, daß ich diese Kleidung jetzt immer tragen werde.

Thefla. Es ist dein Ernst nicht.

Elisabeth. Es ist mein Ernst. Ich fühle Muth und Kraft in mir, die Emancipation unseres Geschlechts, von der man schreibt und spricht, auch in der That auszuführen, und ich fange damit an, die unbequeme, hinderliche Kleidung, die wir bisher trugen, wegzuwerfen und mich nach Männerart zu kleiden.

Thefla. Meinst du, damit sei die Emancipation vollendet?

Elisabeth. Das nicht, aber es ist ein Anfang, es zeigt den Männern, was wir wollen (B II, 178).

Elisabeth wird im Laufe des Stückes umgestimmt. Das Motiv der Frauen-Emanzipation zeigt sich auch in den „Männerfeindinnen“ (B I, 1-116) oder im „Junker Otto“ (B XII, 35-103).147 In dem Lustspiel „Mode“ (B II, 66-151) wiederum belächelte Benedix die Sucht, alles aus dem Ausland schön zu finden, in den „Sonntagsjägern“ (B II, 1-66) die Manie nach dem Ritual des Jagens. 148 54

Aus Benedix´ Lebenslauf und Weltanschauung geht deutlich hervor, dass der Dichter privat sehr viel Wert auf ein harmonisches Familienleben legte. Dieses Motiv zog sich auch durch seine Werke. Indem er seinen Figuren Eigenschaften wie Eigensinn, Eifersucht oder Ähnliches zuwies, wollte er demonstrieren, wie lächerlich es ist, wegen Kleinigkeiten und Eigenarten die Harmonie einer Lebensverbindung zu zerstören. Er zeigte durch die Auflösungen in seinen Stücken, dass er Vertrauen, Ehrlichkeit und Kommunikation in der Ehe als notwendig ansah. Im Lustspiel „Die Eifersüchtigen“ (B VII, 58-96) verschweigen zwei verheiratete Männer ihren Frauen, dass sie ein „geheimes Zimmer“ gemietet haben, um ihren Hobbys nachzugehen. Die Frauen erfahren jeweils durch Bekannte von diesem Zimmer, vermuten eine Affäre, stacheln sich gegenseitig auf. Wie bei jedem Benedix-Stück kommt es dann zur Konfrontation – in diesem Fall im angemieteten Zimmer. Nach einer Aussprache und dem Zugeständnis der Frauen, dass die Männer ihre Hobbys auch im Eigenheim ausführen dürfen, kommt es letztendlich zum Happy End (Vgl. B VII, 58-96). Ein weiteres Thema, das bei Benedix immer wieder eine tragende Rolle spielt, ist der ehefeindliche Mann, wie zum Beispiel im „Lustspiel“ (B IX, 95-240), im „Weiberfeind“ 149 oder im „Gefängnis“ 150 . Dies alles zeigt Benedix´ Strategie, Gesellschaftskritik an das Publikum zu bringen. Das Publikum fühlte sich dadurch aber nicht belehrt, sondern konnte über die Eigenarten der Charaktere lächeln. „Er hat seinen Beruf ernst und würdig aufgefaßt, und hat viel damit genützt und geleistet; von der charakter- und inhaltslosen Posse, welche die deutsche Bühne jetzt so widrig überschwemmt, hat seine Muse sich stets fern gehalten.“ 151

3.5 Beliebtheit und Wirkung

Dieses Kapitel widmet sich der Frage, warum der Lustspieldichter – trotz seiner Beliebtheit zu Lebzeiten – heute nur mehr eine unbedeutende Stellung in der Literaturgeschichte einnimmt, während August von Kotzebue mehr Aufmerksamkeit zuteil wird. Dazu muss gesagt werden, dass Benedix´ Patriotismus seinem bleibenden Erfolg entgegenwirkte. Denn obwohl Benedix in seiner autobiografischen Schrift von zahlreichen Übersetzungen sprach, so waren diese nicht so verbreitet, als dass er sich damit einen Namen im Ausland gemacht hätte, obwohl seine Werke sogar die Bühnen in Nordamerika und Petersburg erreichten. Zwar waren seine Stücke auf den holländischen und flämischen Bühnen beliebt 152 , seinen großen Erfolg feierte er aber hauptsächlich in den deutschsprachigen Ländern, während Kotzebue auch im Ausland große Beliebtheit erfuhr und sich einen Weltruf schuf.153 55

Warum aber wurden Benedix´ Erfolge auch in Deutschland und Österreich vergessen, obwohl zahlreiche namhafte Autoren – zum Beispiel Heinrich Laube, Ernst Keil, Rudolf von Gottschall, Theodor Fontane, und andere – ihm seinerzeit so viel Lob aussprachen? Lobeshymnen auf den Bühnenautor, wie das Porträt Benedix´ in der Zeitschrift „Tonhalle. Organ für Musikfreunde.“ waren in den produktiven Zeiten des Dichters keine Seltenheit. Nahezu in jedem Porträt wurde hervorgehoben, dass er viel produzierte. Davon abgesehen gehen die Meinungen zu Benedix´ Produktionen auseinander: „Viel und Gut“ oder nur „Viel“. Es gab viele Benedix-Anhänger, aber auch solche, die seine Leistungen nicht schätzten, sie sogar verachteten, wie sich aus dem folgenden Zitat erschließen lässt:

Es giebt wohl kaum einen gebildeten Menschen in unserm Volke, welcher nicht von der großen verdienstlichen Thätigkeit dieses Dichters vollkommen überzeugt wäre. Selbst Diejenigen, welche es nicht fertig bringen, die beiden sich gewöhnlich widerstrebenden Begriffe des „Viel und Gut" in Roderich Benedix ohne Disharmonie vereinigt zu denken, müssen zugestehen und gestehen auch ohne irgend welches unbehagliche Gefühl zu, daß das rastlose und dabei bis zu einer gewissen peinlichen Ordnung stetige dichterische Schaffen von Roderich Benedix für die deutsche Bühne in einer an brauchbaren Schöpfungen eigentlich dürftigen Periode geradezu conservirend und unentbehrlich geworden ist. 154

Kurz nach dem Tod von Julius Roderich Benedix im Jahre 1873 schrieb Heinrich Laube über den Künstler einen Beitrag in der Neuen Freien Presse, der einer Laudatio glich. Er lobte an ihm, dass er schnell und gute Stücke geschrieben hatte, verglich ihn mit einem ursprünglichen Humusboden, „welcher ohne Zuthat Jahr für Jahr keimt und treibt und Ernte bringt. Ohne Zuthat.“ 155 Er wies allerdings auch auf die Seiten hin, die von Benedix´ Gegnern aufgegriffen wurden:

Nun, in Betreff höheren Geschmacks werden seine Gegner Waffen genug in der Hand haben. Man wird Benedix vorwerfen, daß er die bloße Gymnasium-Bildung nie ganz verleugnen gekonnt, und daß ihm die letzte Höhe der Anschauung gefehlt habe. Man wird ihm nachsagen, daß er auch sein Bestes, die patriotischen Interessen, hart angefaßt habe und daß er beschränkt geblieben sei. Daß er von starrer Heftigkeit in seinen Ansichten gewesen, daß diese Heftigkeit die weichen, weiten Linien des Menschenwesens nicht erkannt, und daß auch das Gleichgiltige in seinen Händen wie dogmatische Unfehlbarkeit geherdet worden sei. 156

Abschließend forderte er seine Leser auf, sich nicht daran zu stören, dass einige Kritiker einen höheren Geist für das Lustspiel verlangten. Das Ableben Benedix´ würde einen wesentlichen Verlust für die Lustspielproduktion und auch für ihre Qualität bedeuten. 157

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Benedix vertrat als Dichter das Prinzip, das „ungeschminkte, klare und sittlich wahre Deutschthum gegen die Ausländerei“ 158 , wie er es nannte, zu stellen. Gerade dieses Prinzip machte ihn bei vielen deutschen Kritikern und Autoren so beliebt. Seit Anfang des Jahrhunderts wurden immer mehr Übersetzungen französischer Boulevardstücke auf deutschen Bühnen aufgeführt. Die französische Dramatik machte sich breit und ermutigte deutsche Autoren zur Nachahmung, von der Karl Holl behauptete, dass sie „ohne die romantische Eleganz in Dialog und Szenenführung gepfefferte Pikanterie und witzige Zweideutigkeit in platte Lüsternheit und eindeutige Gemeinheit“ 159 verkehren würde. Die strengen Kritiker sahen diese Stücke als Bedrohung an:

Wie konnte die Bühne ihrer edelsten Aufgabe, das Volk zu bilden und sittlich zu heben, gerecht werden, wenn vorzugsweise Stücke auf ihr zur Aufführung kamen, die an dem Geiste eines Volkes hervorgegangen waren, der dem des deutschen Volkes immer fremd bleiben wird? 160

Deshalb war dieser Kreis der Kritiker der französischen Stücke über Bühnenautoren wie Benedix sehr erfreut:

Benedix machte es sich zur Aufgabe, dem Lustspiele in Deutschland selbst einen Boden zu gewinnen und der Verbildung des Geschmackes, der Erschlaffung der sittlichen Anschauungen, welche durch die französischen Stücke in jeder Weise gefördert wurden (und zwar um so mehr, als jene Stücke durch ihre leichte gefällige Form, das Piquante der Handlung und den oft schimmernden Geist, mit dem sie umhüllt waren, bestechen), einen Damm entgegen zu setzen. Und diese Aufgabe ist ihm gelungen. 161

Benedix verwendete ausschließlich deutsche Charaktere und Anschauungen, was ihm sein Publikum hoch anrechnete. Man gewann wieder Sinn für das einfache bürgerliche Leben, für warme und natürliche Empfindungen und wandte sich mehr und mehr von den französischen Stücken und denen eines August von Kotzebues ab, die oft unsittliche Verhältnisse darstellten. 162 Auch Albert Entsch schrieb zum 25-jährigen Dichterjubiläum im Deutschen Bühnen-Almanach dem Dichter den Vorzug zu, dass er den deutschen Boden für das Lustspiel zurückgewonnen und somit die Herrschaft der französischen Stücke gebrochen habe.

Blicken wir auf Benedix ganze fünfundzwanzigjährige dramatische Thätigkeit zurück, so fällt uns ihre Wirksamkeit deutlich in die Augen. Unleugbar hat Benedix durch dieselbe im besten Sinne des Wortes volksthümlich gewirkt, hat dem Lustspiel einen deutschen Boden gewonnen, hat die Herrschaft der französischen Stücke gebrochen, den Salonstoff

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überwunden und den bürgerlichen Verhältnissen und Lebensanschauungen aus den Bühnen den Weg gebahnt. 163

Benedix´ Erfolg in dieser Zeit zeigte sich aber vor allem dadurch, dass vieles, was der Dichter zu Papier brachte, kurze Zeit später auf den Bühnen Deutschlands aufgeführt wurde. Zahlreichen Werke Benedix´ wurden zu Publikumslieblingen und viele über Jahrzehnte hindurch gespielt (siehe Tab. 1: Aufführungen Benedix´scher Werke auf den königlichen Bühnen in Berlin zwischen 1842 – 1885, Seite 33).

Ihr Werth ist, wenigstens relativ, dadurch constatirt, daß sie das deutsche Repertoir beherrschen und daß die hervorragendsten Bühnen sich förmlich beeilen, jedes neue Stück des Verfassers in Scene zusetzen, obschon keine derselben ein Dichtwerk im höhern Sinne des Wortes ist.“ 164

Für das Theaterpublikum bedeuteten die Benedix´schen Stücke eine heitere Abwechslung. Denn der Lustspielautor achtete genauestens darauf, was man einem Publikum zumuten durfte und was die Menschen amüsierte.

Er but gesundes, für den Theatermagen des Publikums leicht verdauliches Brot; und man konnte noch zufrieden sein, daß er es war, der den Großbetrieb der dramatischen Nahrungsmittel von Raupach übernommen hatte. Raupachs mit historischen Rosinen und philosophischen Zuckermandeln überfüllte Lebkuchen hatten immer schlechte Träume verursacht; bei Benedix lachte sich das Publikum in den berühmten Schlußabrechnungs- und Verlobungsszenen, bei denen es selten weniger als vier glückliche Paare gab, so gründlich aus, so daß gesunder, traumloser Schlaf als Folge sicher war. 165

Einen plausiblen Hinweis darauf, warum Roderich Benedix in Vergessenheit geraten ist, lieferte allerdings bereits Heinrich Laube in seinem Werk „Das Burgtheater“ noch vor dem Tod des Dichters:

Roderich Benedix ist sehr schätzbar für die Theaterdirectionen. Er gewährt ihnen alljährlich Lebensmittel; man nennt sie Hausmannskost. Leider ist er eben deshalb von geringer Bedeutung geworden für das literarische Theater. Denn er produciert zu leicht und zu rasch und seine Stücke schlagen keine tieferen Wurzeln. Sein Erfindungstalent ist ein in Deutschland seltenes und sollte uns zu einer redlichen Aufmerksamkeit für ihn verpflichten. Gewohnheit wie das Bedürfnis des Erwerbes verleiten und nötigen ihn zur Hast; vielleicht um dieser Hast willen sind seine zahlreichen Arbeiten selten frei von Banalität. Vielleicht! Denn es giebt freilich schöpferische Naturen, die nur dann schöpferisch sind, wenn sie sich beeilen können. Benedix zum Beispiel ist sehr schwer dahin zu bringen, daß er Aenderungen in seinen Stücken vornehme. Leicht empfangen, leicht geboren, sind ihm seine Kinder auch

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fertig, wenn sie da sind; er ist immer schon inmitten einer neuen Geburt, wenn man ihm über sein letztes Kind Betrachtung aufnöthigen will. 166

Die viel zitierte Menge an Produktionen wurde Benedix anscheinend zum Verhängnis. Wie Laube hervorhebt, konnte sich das Publikum nicht ausruhen. Seine Werke wurzelten nicht in ihren Herzen, da er zu rasch neue Werke herausbrachte. Und obwohl er in diversen Literaturgeschichten als „Durchschnittsgeschmack der damaligen Zeit“ gehandelt wurde und einst zu den meist gespielten Bühnenautoren Deutschlands gehörte 167 , sind seine Lustspiele heute trotzdem weitgehend in Vergessenheit geraten.

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4. FONTANES KRITIKEN ÜBER BENEDIX

4.1 Aus Fontanes Kritiken über Benedix

In diesem Kapitel soll anhand Fontanes Rezensionen ersichtlich gemacht werden, warum sich Benedix weit über seine Zeit als Lustspieldichter hinaus einer so großen Beliebtheit erfreuen durfte. Der Theaterkritiker wird hier als Sprachrohr herangezogen, um die damaligen Gründe für die Beliebtheit des Dichters beim Volk zu eruieren.

Tab. 2: Fontanes Rezensionen aus der „Vossischen Zeitung“ über Julius Roderich Benedix´ Werke Stück Aufführungsdatum Anmerkung 168

Landwehrmanns Christfest 21. December 1870 Uraufführung Der Störenfried 2. Oktober 1871 Die Neujahresnacht 28. November 1871 Aschenbrödel 5. März 1872 Aschenbrödel 8. April 1873 Aschenbrödel 6. Mai 1873 Der Störenfried 14. Mai 1873 Die Neujahresnacht 31. December 1873 Aschenbrödel 5. Januar 1874 Gegenüber 23. Januar 1874 Die Dienstboten 4. September 1874 Ein Lustspiel 14. Mai 1875 Der Vetter 25. September 1875 Aschenbrödel 13. December 1875 Die zärtlichen Verwandten 17. Februar 1876 Die Eifersüchtigen 3. Oktober 1876 Gegenüber 14. Oktober 1876 Die Eifersüchtigen 23. November 1876 Der Störenfried 1. April 1878 Der Störenfried 10. Mai 1878 Ein Lustspiel 24. Mai 1878 Die zärtlichen Verwandten 1. September 1878 Das Gefängnis 15. September 1879 Die zärtlichen Verwandten 2. Oktober 1879 Das Gefängnis 29. April 1880

Der Vetter 21. Januar 1881 Das Gefängnis/ Die Dienstboten 24. März 1881 Der Störenfried 4. März 1882 Die zärtlichen Verwandten 19. December 1883 Eigensinn 28. Oktober 1886 Gegenüber 16. Februar 1887 Gegenüber 17. Mai 1887 Aschenbrödel 13. November 1889

33 Kritiken Im Zeitraum von 1870 bis 1889

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Wie die Tabelle 2 illustriert, hat Fontane während seiner Zeit bei der Vossischen Zeitung (1870 bis 1889) 33 Theaterkritiken über zwölf verschiedene Stücke von Benedix verfasst. Gekoppelt mit der Tatsache, dass er Benedix´ Stücke nie negativ beurteilt hat, kann das allein schon als eindeutige Wertung angesehen werden. Nicht nur einmal beschrieb der Kritiker Benedix als den Publikumsliebling, der wieder einmal den Geschmack getroffen hätte. Anhand eines Zitats aus Fontanes Kritik des Stückes „Die Neujahresnacht“ vom 18. November 1871 lässt sich gut zeigen, wie berühmt und angesehen der Lustspieldichter wirklich war:

Das Benedixsche Schauspiel („Neujahresnacht“) leitete den Abend ein. Wir kannten es noch nicht, ein Geständnis, das wir natürlich mit Beschämung ablegen, nachdem uns neulich ein Anonymus mitgeteilt hat, daß wir als Kritiker die Pflicht hätten, Roderich Benedix´ sämtliche Werke zu kennen. Ach, wenn Anonymus wüßte, was wir alles nicht wissen. Aber eines wissen wir nun doch, daß uns der humoristische Benedix lieber ist, als der sentimentale (F I, 97).

Das Kritik auslösende Geständnis, dass er das Werk von Benedix noch nicht vollständig kannte, legte Fontane ab, als im Anschluss an eine Uraufführung von Otto Franz Gensichens „Die Minnewerben“ am 2. Oktober 1871 auch die Aufführung des Lustspiels „Der Störenfried“ gegeben wurde. Er notierte: „Dem kleinen einaktigen Stück folgte Benedix´ „Störenfried“. Mit Beschämung gestehen wir, daß wir es noch nicht kannten. Wir blieben also. Nie ist uns unser Ausharren besser gelohnt worden. Brillant! Und zwar: sans phrase. (F I, 70)“ Schon hier wird begreiflich, wie bekannt die Werke Benedix´ zu Theodor Fontanes Kritikerzeit in Berlin waren. Ein Kritiker musste seine Stücke kennen, ansonsten wurde er gemaßregelt. Da Fontane zu dieser Zeit allerdings noch nicht lange seine Kritikerstellung inne hatte, wurde er lediglich höflich auf seinen Faux pas hingewiesen. Aber auch das teilte er seinen Leserinnen und Lesern mit, indem er den Vorfall in seiner nächsten Rezension über Benedix sogar erwähnte und sich rechtfertigte, dass auch Theaterkritiker nicht jedes Stück kennen müssten. Innerhalb der nächsten Jahre folgten viele Kritiken. Fontane vermied daraufhin, Unkenntnis eines von Benedix´ Stücken zu bekennen. Was aber war an Roderich Benedix´ Werken so einzigartig, dass man ihn und alle Werke kennen musste? Studiert man Fontanes Kritiken, lässt sich nicht nur der Grund für die Beliebtheit von Benedix´ Stücken erkennen, auch die gesamtgesellschaftliche Grundstimmung und die Spannungsfelder dieser Zeit werden deutlich.

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Nicht nur einmal hob Fontane in seinen Kritiken „das Deutsche“ an diesen Lustspielen hervor. Über die Vorstellung von „Aschenbrödel“ am 13. November 1889 notierte Fontane: „Das Stück selbst tat dem Publikum wieder ersichtlich wohl wie alles, was von Benedix kommt; er hat, innerhalb seiner bescheidenen Sphäre, den deutschen Ton und das deutsche Bedürfnis am besten getroffen (F II, 656).“ Fontane war zu diesem Zeitpunkt schon ein an Erfahrung gereifter Kritiker, der wusste, wovon er sprach. Anhand zahlreicher Kritiken wird erörtert, was Fontane unter dem Begriff „Deutsch“ verstand. Es ist ein Kollektivum an Eigenschaften, das er den Lustspielen zuschrieb. Beispielsweise durfte ein deutsches Lustspiel nicht den Anstand beziehungsweise die Sitte verletzen, es musste schlicht sein und die Komik durfte nicht auf Anzüglichkeiten – wie bei den aus dem Französischen übersetzten Stücken – basieren. Zudem musste es in einer gewissen Art realistisch sein und nicht zu sehr vom Alltäglichen abweichen. Gerade deshalb durfte es ein wenig sentimental und auch einen Hauch trivial sein, aber nicht aufregen; leicht verdauliche Kost also. Nun folgend, werden die „deutschen“ Attribute des Theaters und insbesondere der Stücke, die der Kritiker so schätzte, anhand spezifischer Beispiele detaillierter erläutert.

4.1.1 Die Kunst der Einfachheit

Bei seiner Rezension von der Benedix´schen Uraufführung von „Landwehrmanns Christfest“ am 21. Dezember 1870 stellte Fontane an erster Stelle fest, dass der Inhalt des Stückes bereits vorab durch den Titel ersichtlich war; erst danach ging er kurz auf den Inhalt ein. Er merkte an, dass er kaum ein anderes Stück gesehen hatte, das „so viele feuchte Augen“ erzeugte. Vom Ausgang des Stücks zeigte er sich so begeistert, dass er sich merklich bemühte, den Grund dafür zu definieren:

Benedix muß es also doch wieder mal getroffen haben. Und er hat es getroffen. Eine solche Szene, denn weiter ist es nichts, uns derartig vorzuführen, daß unsere Schlichtheit wie Wahrheit des Lebens berührt, ohne daß seine Plattheit verdrießt, das können nur wenige. Viele können es ähnlich machen; aber nun einen ganz ungestörten Effekt hervorzubringen, wie es Benedix gemacht hat, dazu bedarf es zweier Dinge, die in glücklicher Zusammenwirkung viel seltener sind, als mancher glauben möchte: gute, gesunde Natur und bewährte Routine. Beides hat Benedix (F I, 22).

Hier sprach Fontane die Eigenschaft Benedix´ an, schlichte , alltägliche Situationen und die Wirklichkeit des bürgerlichen Lebens so darzustellen, dass sie realistisch wirkten, aber nicht

62 langweilten. Dafür seien laut Fontane die zwei Kriterien „gesunde Natur“ und „bewährte Routine“ des Dichters ausschlaggebend gewesen. In einer Kritik über „Gegenüber“ vom 23. Januar 1874 – wenige Monate nach dem Tod von Julius Roderich Benedix – resümierte Fontane lobend zu dessen Lebenswerk:

In einer biographischen Skizze, die bald nach dem Tode Benedix´ erschien, begegneten wir der Bemerkung, daß der Heimgegangene, bei sonst heiterer Beanlagung, doch beständig einen Unmut darüber empfunden habe, nicht nach seinem vollen Werte geschätzt und – honoriert worden zu sein. Und, sprechen wir es aus, bei der gestrigen Aufführung seines Lustspiels „Gegenüber“ empfanden wir es aufs lebhafteste, daß er, wenn je ein Dichter, zu diesem Unmute voll berechtigt war. Er wußte gewiß so gut, wie einer, daß „Störenfried“ und „Aschenbrödel“ nicht die höchsten Aufgaben der Kunst erfüllten; aber gerade deshalb, weil sie nicht ein Höchstes repräsentieren, weil sie lediglich gefällig und angenehm und unterhaltsam waren, weil sie zerstreuten, erheiterten, wohltaten, ohne an Herz und Hirn ernsthafte und deshalb unbequeme Anforderungen zu stellen, gerade deshalb war er berechtigt, sich geborgener, gehätschelter, vor allem auch belohnter sehen zu wollen. Er hat nicht nur, wie kein anderer, den deutschen Ton getroffen, er hat uns auch eben dadurch, daß er diesen Ton und mit ihm zugleich unser Herz traf, den Beweis geführt, daß ein vom Französischen losgelöstes, ehebruchsloses Lustspiel sehr wohl möglich ist. Und so hat er denn geradezu eine nationale Bedeutung für uns, die über seine eigenen Tage hinaus fortwirken muß, indem es möglich sein wird, allzeit mit dem Bemerken auf ihn hinzuweisen: das war der Weg. All das wußte er – jeder weiß am Ende, was er wert ist – und eine leise Verstimmung mußte ihn überkommen, wenn er auf den Lebensgang Scribes und des älteren Dumas hinsah. Mancher wird hier lächelnd antworten: er war eben weder der eine noch der andere. Allerdings nicht, aber er war Benedix, und hat als solcher das deutsche Leben ebenso charakterisiert wiedergegeben wie jene das französische (F I, 323f).

Diese Zeilen über die Leistung des Dichters lassen Fontanes Hochachtung gegenüber Benedix posthum erkennen. Fontane betont darin, dass die Benedix´sche Kunst nicht das Höchste repräsentierte, dass sie jedoch ins Herz traf. Seine Werke waren angenehm, durchaus unterhaltsam, sie zerstreuten, erheiterten und sie taten vor allem wohl. Es wurde darin nichts verkompliziert, sondern sie waren in Einfachheit gehalten. Für Fontane war ebenso wichtig, dass sich die Komik der Stücke nicht auf gesellschaftlich relevante und ernste Themen wie den Ehebruch stützte. Bei der Aufführung „Die zärtlichen Verwandten“ vom 19. Dezember 1883 thematisierte Fontane den Kunstgeschmack des Publikums im Zusammenhang mit Benedix´ Stücken.

Die „Zärtlichen Verwandten“ bleiben Lieblingsstück, weil sie zu den bestgespielten Stücken zählen; alles klappt, vieles ist vorzüglich. Und so will es mir auch nicht wohlgetan erscheinen, Betrachtungen über den Verfall eines „höheren Kunstgeschmacks“ daran zu 63

knüpfen. Bei vielen mag es „Verfall“ sein, wenn sie mit Vorliebe von der Aufführung Benedixscher Stücke sprechen, bei andern ist es Fortschritt und reifere Erkenntnis von dem, worauf es in der Kunst einzig und allein ankommt. Ein gut gemalter Kohlkopf jagt drei schlecht gemalte Heilige zum Tempel hinaus (F II, 267).

Laut Fontane war es also keineswegs der Verfall des höheren Kunstgeschmacks, der Benedix zu seiner Beliebtheit verhalf, sondern vielmehr die Erkenntnis des Lustspieldichters, worauf es bei der Kunst einzig und allein ankam, nämlich auf eine klare, unbeschwerte, unterhaltsame und leicht verständliche Vermittlung von Inhalten.

4.1.2 Liebenswürdige Sentimentalität

In der Kritik zu dem Stück „Der Störenfried“ vom 14. Mai 1873 beschrieb Fontane seine Definition von Liebenswürdigkeit und machte sie in den Bühnenwerken von Roderich Benedix aus.

Das Stück, wie so ziemlich alle Benedixschen, zählt zu dem Liebenswürdigsten, was man auf unserer Bühne sehen kann. Ein wenig sentimental, ein ganz klein wenig trivial, aber wohltuend, wahr, gesund und deutsch. Unser Publikum weiß nicht, welchen Schatz es an seinem alten Roderich hat, und die wenigen, die es wissen, zeigen es nicht genug (F I, 271).

Dem Künstler gelang es durch seine Figuren und die Handlung seiner Stücke, Gefühle zu erzeugen. Fontane beschrieb dies mit den Worten „ein wenig sentimental“, was wohl zu bedeuten hat, dass er es nicht als die Hauptaufgabe sah, übertriebene Gefühlserregung dominieren zu lassen, sondern stattdessen ein gesundes Maß an Emotionen zu gewährleisten, um das Publikum mitfühlen zu lassen. Fontanes fast spielerische Wertung, die Werke des Künstlers seien „ein klein wenig trivial“, brachte zum Ausdruck, dass Benedix´ Werke für die Allgemeinheit durchaus zugänglich und verständlich waren. Hauptaugenmerk Benedix´scher Liebenswürdigkeit lag für Fontane aber in der wohltuenden Art und Weise seiner Stücke begründet. Wie bereits zuvor im Kapitel über Theodor Fontane erwähnt, war der Kritiker nicht erfreut über Bühnenwerke, die ihre Komik auf Themen wie Ehebruch, Franzosenfeindlichkeit und Religiosität aufbauten. Darauf spielte er auch mit dem Adjektiv „gesund“ an. Wohltuend waren für ihn unaufgeregte Situationen, die sich im wahren Leben dieser Zeit abspielen konnten, jedoch nicht zu sehr polarisierten.

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Über die Vorstellung von Benedix´ „Die Eifersüchtigen“ vom 3. Oktober 1876 schrieb der Kritiker der „Vossischen Zeitung“:

Der Abend schloß mit den „Eifersüchtigen“ von Benedix, einer jener einaktigen kleinen Sachen, von denen man nicht weiß, ob ihre Unbedeutendheit die Liebenswürdigkeit oder die Liebenswürdigkeit die Unbedeutendheit vergessen macht (F I, 506).

Mit dieser Wertung betonte Fontane einerseits, dass Benedix´ Stücke zwar inhaltlich nicht den allgemeinen hohen Regeln der Kunst entsprechen würden und ihnen somit nicht allzu viel Bedeutung in der Weltliteratur zukommen würde, allerdings nahm er dieser Aussage im selben Moment die negative Schärfe, indem er relativierend an die Liebenswürdigkeit appellierte. In der Rezension von dem Stück „Der Störenfried“, das am 1. April 1878 am königlichen Schauspielhaus in Berlin aufgeführt wurde, ging es Fontane zuerst um die Schauspieler Minona Frieb und Theodor Döring, die er für die Idealbesetzung für Benedix´sche Stücke hielt. Demnach hob der Kritiker hervor:

Es läßt sich nichts Entzückenderes sehen. Ich wähle diesen Ausdruck absichtlich, denn weit über das bloße Amüsiertwerden hinaus hat man den tiefer gehenden künstlerischen Genuß, etwas in seiner Art durchaus Vollkommenes auf sich wirken sehen. Und dazu das Stück selbst. Wie wohltuend! Was ihm von Alltäglichkeit und Sentimentalität anhaftet, verschwindet neben der Fülle seiner Vorzüge. Zwei, drei Winter lang sehe ich nun französische Komödien und freue mich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ihrer Kunst, will sagen ihres Aufbaus, ihrer geschickten Schürzungen und Lösungen, ihrer wundervollen Detailbehandlung ihres pointierten Dialogs. Aber unter allen diesen Stücken ist keines, indem so viel gesundes Leben steckte wie in diesem „Störenfried“. Alle haben sie etwas mehr oder weniger Gekünsteltes, Gezwungenes, während der Wert eines Kunstwerks umgekehrt in seiner Ungezwungenheit zu liegen scheint. Schwierigkeiten überwinden ist gut, aber uns den Eindruck überwundener Schwierigkeiten ganz ersparen, ist noch besser. Das höchste Maß von Kunst wird dies gelegentlich erreichen, eine gute Natur jedoch hat es aus sich selbst. Sie sieht richtig, und sie wählt richtig. Und das entscheidet. Alles andere ist schließlich Larifari (F I, 671).

Aufbauend auf die schauspielerischen Leistungen in diesem Stück sprach sich der Kritiker über das „Entzückende“ aus. Beides zusammen – die Leistungen der Schauspieler sowie das Stück an sich – stellte für den Kritiker etwas Vollkommenes dar. Es war in seinen Augen mehr als ein bloßes „Amüsiertwerden“. Mit dem Vergleich zu den französischen Komödien drückte Fontane aus, dass Benedix´ Stücke „leichter“ und verträglicher für das Publikum wären als die geschickt geschürzten Französischen. Zusätzlich betonte er das gesunde Leben

65 in den Werken des deutschen Lustspielautors. Während die französischen Komödien auf Fontane gekünstelt und gezwungen wirkten, verehrte er bei Benedix die Kunst der Einfachheit als maßgebendes Prädikat eines gelungenen Lustspiels. Der von Fontane in dieser Kritik durchaus wertende Hilfsausdruck „entzückend“ hob aber gleichzeitig den Charakter Benedix´scher Lustspiele hervor: Sie waren ihm zufolge angenehm, erfrischend, herzlich, aufmunternd, ja sogar bezaubernd. In Fontanes Beurteilung von „Das Gefängnis“ vom 15. September 1879 berichtete er enthusiastisch über das Stück.

Ich habe die Tugend und die Schwäche, für Benedix zu schwärmen und für keines seiner vielen Stücke mehr als für das „Gefängnis“. Nach der charakterbildlichen Seite hin ist es vielleicht schwächer als das meiste von ihm, aber keines ist so geschickt geschürzt und keines verfügt über ein solches Maß liebenswürdigster und erheiterndster Komik. Der vierte Akt ist in seiner Art ein Meisterstück (F I, 805).

In diesem Stück begeisterten ihn allerdings nicht – wie sonst so oft hervorgehoben – die gelungen inszenierten Charaktere, sondern das „geschickt Geschürzte“, das trotzdem zu „liebenswürdigster und erheiterndster Komik“ führte. Nicht nur Fontane fand Begeisterung für das Stück „Das Gefängnis“. So diente das Werk als maßgebliche Vorlage für das von Johann Strauss verfasste Libretto der Operette „Die Fledermaus“ 169 – neben dem Lustspiel „Le Réveillon“ von den Franzosen Henri Meilhac und Ludovic Halévy. 170 Große Anerkennung für Benedix drückte Fontane in einer Kritik von „Aschenbrödel“ vom 13. November 1889 aus. Er verglich Benedix´ Sentimentalität mit der von den Rührstücken Ferdinand Raimunds, den er in vollem Maße verehrte.

An Sentimentalität wird einem in fast all seinen Stücken und speziell in diesem viel zugemutet, aber es kommen doch auch Stellen vor, die, in der Schönheit und selbst in einer gewissen Tiefe des Rührenden, an Raimund gemahnen, der freilich der Meister bleibt (F II, 656).

Raimund blieb zwar für den Theaterkritiker der Meister, aber durch diesen Vergleich wird ersichtlich, dass bei Fontane der Begriff Sentimentalität nicht generell als abwertend zu sehen war. Fontane setzte das Sentimentale mit dem Rührenden direkt in Beziehung. Alles, was jedoch über Rührung hinausging, nannte er trivial.

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4.1.3 Über schauspielerische Leistungen

Mehrere Ausschnitte aus Fontanes Kritiken belegen den großen Wert, den er auf die Darstellung Benedix´scher Figuren legte. Sie sollten genau in dem Sinne gespielt werden, wie Benedix sie gestaltet, ja, wie er sie erdacht hatte. Beispielsweise rezensierte der Kritiker die Titelrolle in der Vorstellung „Der Vetter“ vom 25. September 1875 folgendermaßen:

Im „Vetter“ spielte Herr Oberländer die Titelrolle. Er gab ein vorzügliches Charakterbild, dem gegenüber uns die Betrachtung nicht nachhaltig stören soll, daß sich Benedix diesen „Vetter“ doch wohl um einen Grad schärfer und schneidiger gedacht hat. Er ist zu sehr Simpelonkel, zu wenig Respektsperson. Es fehlt an Nerv- und Knochensubstanz, die dieser molluskenhaften Gutmütigkeit erst zu einem Rückgrat verhelfen. Aber sei es darum. Zu weich gehalten oder nicht, es war jedenfalls eine konsequent durchgeführte Figur, eine Darstellung aus einem Guß, der wir zuletzt, trotz aller Abweichungen von einem uns vorschwebenden Ideal, weder ihrer Berechtigung noch ihrer Wirksamkeit absprechen wollen (F I, 440).

In einer anderen Kritik von „Der Störenfried“ vom 10. Mai 1878 wies Fontane auf die Vor- und Nachteile von Gastauftritten hin. Die Schauspielerin Gräffner vom Neuen Stadttheater in Magdeburg (Vgl. F I, 679) – hier in der Rolle der Alwine – war heftiger Kritik von Fontane ausgesetzt.

Ein Gastieren in diesem Stücke bringt Vorteile und Nachteile mit sich. Das Publikum ist von der ersten bis letzten Szene in bester Laune, darin liegt der Vorzug; aber dieser Vorzug wird wieder balanciert durch das beinah ausnahmslos glänzende Spiel unserer einheimischen Kräfte, das, indem es zu Vergleichen zwingt, auch an das Spiel des Gastes gesteigerte Anforderungen stellt. Diesen Anforderungen genügte Fräulein Gräffner kaum. Sie ist noch unfertig, steckt noch in Schule und Befangenheit. Es fehlte ihrem Spiel das Leichte, Gefällige, Graziöse, das die kindliche Schlichtheit und Einfachheit in dieser Rolle begleiten muss auch der naive Ton, in dem Fräulein Abich so glücklich ist, glückte ihr nicht recht (F I, 679f).

Die Schauspielerin Julie Abich, die Fontane in einer Kritik verriss, kam vom Stadttheater in Frankfurt und hatte ebenso einen Gastauftritt in einer Vorstellung des „Aschenbrödels“ am 13. Dezember 1875, hier spielte sie die Elfriede (Vgl. F I 474).

Im Charakter der Elfriede treten zwei Seiten gleich bemerkenswert hervor: sie ist weich und beinah gedrückt sentimental, aber sie hat nebenher den Mut und den Hochmut der poetischen Natur. Die eine Hälfte dieses Charakters kam in dem Spiel des Fräulein Abich zur Erscheinung, die andere nicht (F I, 474).

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Auch Abich genügte Fontanes Ansprüchen einer Benedix´schen Figur nicht. Noch in derselben Kritik unterstrich Fontane allerdings die großartigen Leistungen der beiden Berliner Hofschauspieler Minona Frieb und Theodor Döring (Vgl. F I, 680), die er auch in der Kritik „Störenfried“ vom 1. April 1878 als Idealbesetzung Benedix´scher Stücke ansah.

Das für die Jubiläumsfeier gewählte Stück war der „Störenfried“, dasselbe, in dem Frau Frieb und Herr Döring, ihr alter Lustspielpartner, zu ungezählten Male ihre gemeinschaftlichen Triumphe gefeiert haben. Und so auch gestern wieder. Es läßt sich nichts Entzückenderes sehen. Ich wähle diesen Ausdruck absichtlich, denn weit über das bloße Amüsiertwerden hinaus hat man den tiefer gehenden künstlerischen Genuß, etwas in seiner Art durchaus Vollkommenes auf sich wirken sehen (F I, 671).

In einer Kritik über das Stück „Der Störenfried“ vom 14. Mai 1873 konkretisierte er seine Meinung über die beiden Schauspieler Frieb und Döring und erhob das Berliner Schauspielhaus aufgrund deren Leistungen gar zur Idealbühne für alle Benedix´schen Lustspiele.

Unser Königliches Theater ist übrigens sehr wahrscheinlich dasjenige im ganzen Reich, das unserem Dichter am meisten gerecht wird,- für ihn eine Art Idealbühne. Das Zusammenspiel des Herrn Döring und der Frau Frieb ist in allen Benedixschen Stücken ein absolut vollendetes; die gestrige Aufführung des Störenfried gab wieder ein Zeugnis davon (F I, 271).

Bei „Ein Lustspiel“ vom 14. Mai 1875 hatte der Schauspieler Haack vom Lobe-Theater in Breslau einen Gastauftritt. Obwohl Fontane die schauspielerischen Leistungen von Frieb und Döring erneut zufriedenstellten, war der Kritiker mit den Rollen an sich nicht zufrieden. Er kritisierte vor allem Herrn Haack in der Rolle des Fichtenau, der sie seiner Meinung nach so spielte, dass die komische Wirkung von Benedix nicht umgesetzt wurde.

So angenehm die Abende sind, an denen es uns vergönnt ist, in Benedixschen Lustspielen, gleichviel in welchem, dem Zusammenspiel von Frau Frieb und Herrn Döring zu folgen, so gewiß ist es doch auch, daß dieses Zusammenspiel aus der Fichtenau-Rolle des Herrn Haack keine die komische Wirkung steigernde Beisteuer empfangen konnte. Herr Haack gab die Rolle nicht provinzial befangen, er gab sie durchaus residenzlich sicher (F I, 427);

In der Aufführung „Der Vetter“ vom 21. Januar 1881 entsprach ein Schauspieler nicht den Vorstellungen Fontanes von einer Benedix´schen Figur. Fontane legte großen Wert auf das korrekte Spiel der von Benedix´ perfekt konstruierten Charaktere.

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Am wenigsten gelungen erschien mir der reiche Großhändler Gärtner. Es ist ja gewiß sehr gut, wenn der Versuch gemacht wird, aus einer Trivialfigur eine Charakterrolle herzustellen. Aber wenn dieser aufs Streckbett gelegte Charakter beinahe unerquicklich wirkt, ist es besser, die Trivialfigur in ihrer Trivialität steckenzulassen (F II, 16).

In einer Rezension über die Aufführung von Aschenbrödel am 13. November 1889 – kurz vor dem Ende seines Wirkens als Kritiker am königlichen Schauspielhaus in Berlin – äußerte sich Fontane nahezu melancholisch über das Spiel. Die Rollen waren neu verteilt und einstudiert worden. Der Kritiker vermisste das Zusammenspiel der gewohnten Akteure. Obwohl er den Beifall des Publikums erwähnte, hob er noch im selben Satz hervor, dass eine neue Epoche angebrochen war.

Der gestrige Abend brachte, neu einstudiert, Roderich Benedix´ „Aschenbrödel“, das seit etwa einem Jahrzehnt nicht mehr zur Aufführung kam. Keine Rolle (vielleicht mit einer einzigen Ausnahme) war mehr in alten Händen: Hiltl, Döring, die Frieb, alle hinüber, andere Welt in die Welt hinaus oder „untergetaucht“. Ich sehe von Vergleichen ab, um so lieber, als das sehr erheiterte und von Szene zu Szene seinen reichsten Beifall spendende Publikum niemanden aus einer abgelaufenen Epoche zu vermissen schien. Alles wird ersetzt, wenn nicht voll, so halb, und die, die das Volle nicht gekannt haben, freuen sich dankbar des Halben und haben auch die Pflicht dazu (F II, 645).

4.2 Erwähnungen Benedix´ in anderen Kritiken Fontanes

Es ist aber nicht nur wichtig, was Theodor Fontane über die einzelnen Aufführungen Benedix´scher Stücke schrieb, sondern vor allem auch, dass und wie der Kritiker den Lustspielautor in anderen Kritiken erwähnte. Fontane verwendete den Dichter immer wieder als Vorbild oder zog ihn für Vergleiche heran. In einer Kritik über Henrik Ibsens „Die Frau vom Meere“, die am 19. März 1889 aufgeführt wurde, bezeichnete er die Kunst des Dichters als „harmlosen Benedix-Stil“ (Vgl. F II,609). Was aber meinte der Kritiker mit dieser Bemerkung? Um zu verstehen, worum es Fontane bei diesem Vergleich ging, muss der Inhalt von Ibsens Stück kurz erläutert werden: Es handelt von Ellida, die die zweite Frau von dem verwitweten Arzt Wangel ist. Wangel hat aus erster Ehe zwei Töchter mitgebracht, Bolette und Hilde. Ellida entfernt sich immer weiter von Wangel und lebt sich auch nicht in die Familie ein. Grund für Ellidas Verhalten ist aber, dass sie bereits vor Wangel einen Mann kennengelernt hat, dem sie versprochen hat, die Treue zu halten, während er auf See war. Der Mann, „der Fremde“, kehrt zurück und fordert Ellida auf, mitzukommen. Sie ist im Zwiespalt. Der Mann ist für sie wie das Meer, anziehend

69 und abschreckend zugleich. Als Wangel Ellida‘s Unschlüssigkeit bemerkt, lässt er ihr schweren Herzens freie Wahl. Aufgrund dieser selbstlosen Tat von Wangel entscheidet sich Ellida für ihn. Der Fremde ist jetzt nicht mehr anziehend, da sie frei entscheiden konnte. 171 Da die beiden Autoren weder in der Kategorie Lustspiel noch in ihrer Art zu schreiben in Verbindung zu bringen sind, kann Fontane nur auf die Figurencharakteristik und die Thematik angespielt haben. Wie bei Benedix werden die Figuren bei Ibsen – wenn auch tiefgründiger – positiv dargestellt. Man kann den einzelnen Charakteren folgen und es bleibt nichts offen. Diesen Zug hat Fontane auch bei Benedix des Öfteren positiv hervorgehoben. Keine der Figuren hat hinterlistige Züge an sich. Des Weiteren könnte man Fontanes Aussage „harmloser Benedix-Stil“ mit dem Thema des Schauspiels in Verbindung bringen. Den Inhalt der Stücke nicht aufregend – sprich harmlos – zu gestalten, war für Fontane eine der besonderen Vorzüge der Werke des Lustspielautors Benedix. Auch Ibsen bedient sich einer Thematik, die keine „falsche“ Vorbildfunktion für das Publikum hatte. Zurück zum Werk Ibsens. Die Krise wird durch eine Beziehung vor der Ehe ausgelöst, an die Ellida immer wieder denken muss. Als der Ehemann Wangel selbstlos handelt und ihr die Option zu wählen gibt, entscheidet sich die Figur der Ellida für ihren Mann. Ehebruch ist also auch kein Thema in Ibsens Stück. Es wird – für Fontane – richtig gehandelt. Es gibt auch ein „gutes“ Ende in Bezug auf die familiäre Situation der Arztfamilie, als sich Ellida entscheidet, die Mutterrolle einzunehmen. 172 Eine andere – eher unwahrscheinliche – Deutung von Fontanes Zitat „harmloser Benedix- Stil“ könnte mit dem Kunstcharakter zusammenhängen. Fontane erwähnte in seinen Kritiken mehrmals, dass Benedix´ Werke nicht den Regeln der hohen Kunst entsprächen. Auch der Inhalt Ibsens „Die Frau vom Meere“ ist generell eher trivial gehalten und nicht so verschachtelt wie etwa bei französischen Komödien (Vgl. F I, 671). Für derartige Verschachtelungen bestand nach Fontane keinerlei Notwendigkeit, da er exakt definierte, worauf es in der Kunst seiner Meinung nach wirklich ankam, nämlich auf eben dieses Unspektakuläre, Ungezwungene, Nachvollziehbare, Alltägliche und Einfache (Vgl. F II, 267). Dies könnte Fontane bei seinem Vergleich Ibsens mit Benedix ebenso gemeint haben. Begeisterung fand Fontane für die Vorstellung von Ulrich von Baudissins „Fünfundzwanzigtausend Taler“ am 7. April 1879.

[…] So ähnlich erging es mir gestern mit dem kleinen Baudissinschen Lustspiel. Es liegt ganz nach der Seite hin, die meinem Geschmack entspricht; ich liebe das kleine Genre, das

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harmlos Gemütliche, das Roderich Benedixsche, aber enfin muß ich doch auch hier sagen: etwas zuwenig Unkas und etwas zuviel Lederstrumpf (F I, 769).

Auch in dieser Kritik betonte Fontane das „Harmlose. Diesmal beschrieb er es als das „harmlos Gemütliche“ und bezeichnete dies in Relation als „das Roderich Benedix´sche“. Gleichzeitig gestand der Kritiker, dass dieser Stil genau seinem Geschmack entspräche. In der Kritik von Carl Töpfers Stück „Hermann und Dorothea“ – eine Dramatisierung von Goethes Epos 173 – vom 16. März 1876 schrieb Fontane:

Es ist eine wahre Herzensfreude, mal eine Stunde lang unter echten und guten Menschen verweilen zu können. Ein geschworener Feind der deutschen Gemütlichkeit, erquickt uns doch das Gemüt. Herman und Dorothea sind die schönsten Träger desselben. Was in Benedix´ Arbeiten so wirksam ist, hier haben wir es verklärt, jeglicher Trivialität entkleidet. Es wären Studien für das deutsche Schauspiel an diesem Stücke zu machen. Wie schön, wie mustergültig die zweite Hälfte des dritten Akts! Das Publikum schien im Ganzen unsre Empfindungen zu teilen (F I, 503).

In diesem Zitat werden die Figurencharakteristiken von Carl Töpfer und Roderich Benedix verglichen. Töpfer, der schon früh Erfahrungen mit dem Theater machte, indem er sich einer Schauspielgruppe anschloss, wurde erstmals von Joseph Schreyvogel als fähiger Schauspieler, Regisseur und Dramatiker beschrieben. 1815 übersiedelte er nach Wien. Im Jahr 1820 kam „Hermann und Dorothea“ im Burgtheater zur Aufführung und feierte große Erfolge. 174 Wie zuvor bereits erwähnt, schätzte Fontane an Benedix, dass seine Figuren natürlich, alltäglich und vor allem auch positiv gestaltet waren. Auch im hier kritisierten Stück fanden sich keine übertriebenen, millieuzugeschriebenen Charakterschwächen, die oft in Komödien dazu dienten, das Publikum auf Kosten der handelnden Figuren zu belustigen. Fontane beurteilte daher die Figurengestaltung beider Dichter positiv. Im selben Absatz betonte er jedoch, dass Carl Töpfers Stück – im Gegensatz zu Benedix´ Arbeiten – „jeglicher Trivialität entkleidet“ wurde. Goethes Werk wurde zwar, laut Ludwig Fränkel, der eine Kurzbiographie über Töpfer schrieb,

[…] zu einem spießbürgerlichen Sittenbild herabgedrückt; trotzdem fand die Dramatisierung des Urdichters vollste Zustimmung, der nur bedauerte, nicht selbst das Wagniß riskiert zu haben, andererseits für sein Gedicht die ersehnte Popularisierung danach erhoffte. 175

In einer Rezension über Heinrich Laubes „Die Karlsschüler“ vom 19. Februar 1881 bezeichnete der Kritiker Benedix und Laube als seine Lieblingsdramatiker des 19. Jahrhunderts.

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Unter den Dramatikern im zweiten Drittel dieses Jahrhunderts sind Benedix und Laube meine ganz entschiedenen Lieblinge. Sie haben eminent das, auf was es mir anzukommen scheint: Kenntnis des Lebens und des Theaters, Bonsens und Phrasenlosigkeit. Was ihnen vorgeworfen wird, daß es ihnen an „Poesie“ fehle, das ist gerade ihr Vorzug. In dem Betracht ihr Vorzug, weil es ihnen, eben weil sie dies Manko fühlten, auch immer weitab gelegen hat, sich auf die „höchste Höhe“ hin ausspielen zu wollen. Man kann nicht bloß sehr gute, sondern auch sehr reizende Stücke schreiben, ganz ohne Poesie, namentlich aber auch ohne das, was ein Philister Poesie zu nennen beliebt. Das Unglück fängt erst an, wenn die ledernsten Kerle von der Welt, die von Jugend anstatt mit dem Robinson mit dem Shakespeare zu Bette gingen, ins Hoch-Drama hineingeraten und in Nachahmung jener Sprache, die selbst bei dem immortal William oft nur unter seiner alles deckenden Flagge hinzunehmen ist, in jenem Bilderwulst einherstolzieren, der mit Unverständlichkeit und Langeweile gleichbedeutend ist. In jenem Bilderwulst, der dem Philister als „schöne Sprache“ gilt, dem Eingeweihten aber der Schrecken aller Schrecken bedeutet. Eine wirkliche Bildersprache, die den Gedanken leuchten läßt, statt ihn zu verdunkeln, ist eine große Gabe (F II, 26);

Sein Bekenntnis zu Benedix – und auch Laube – als seinen persönlichen Lieblingen war nicht neu. In dieser Rezension begründete er seine Begeisterung für die beiden Dramatiker, indem er beiden zuschrieb, Kenntnis des Lebens und des Theaters, Bonsens und Phrasenlosigkeit aufzuweisen. Genau das mache sie aus. Mit der „Kenntnis des Theaters“ sprach der Kritiker auf die Erfahrungen der beiden Männer an. Heinrich Laube fing in den 1840er Jahren an, für die Bühne zu schreiben. Seit dieser Zeit, in der unter anderem die Trauerstücke „Monaldeschi“ und „Graf Struensee“ sowie die Lustspiele „Rokoko“, „Gottsched und Gellert“ oder eben das Schauspiel „Die Karlsschüler“ entstanden, blieb Laube dem Theater treu. Von 1849 bis 1867 war er als Direktor am Wiener Burgtheater tätig. 176 Auch in Benedix´ Biographie lässt sich – wie zuvor schon erwähnt – eine frühe und durchgehende Tendenz zum Theater erkennen. Er war Schauspieler, Lustspielautor, technischer Direktor an der Kölner Bühne und später Intendant des Stadttheaters in Frankfurt am Main. 177 Mit der Anmerkung „Bonsens und Phrasenlosigkeit“ schrieb der Kritiker den beiden Dramatikern gesunden Menschenverstand und -kenntnis zu, die sie erfolgreich einsetzten, um ihre Werke zu konstruieren. Indem Fontane verteidigend anmerkte, dass es den Werken keinesfalls – wie oft kritisiert wurde – an Poesie fehle, vielmehr, dass das gerade ihr Vorzug sei, differenzierte er klar seine eigene Meinung – die Vorliebe zu diesen Werken – von jener der „Philister“, die derartige

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Bühnenstücke nicht als Poesie oder höhere Kunst ansahen. Der Kritiker sah es als Unglück, dass diese Menschen, die mit Shakespeare aufwuchsen und die „hohe Kunst“ zur Norm erhoben, eine solche Kunst, wie sie Benedix oder Laube erschufen, nicht zu schätzen wussten. Die „schöne Sprache“ und der „Bilderwulst“, die von den „Philistern“ so gerühmt wurde, brachten laut Fontane nur Unverständlichkeit und Langeweile mit sich. Für ihn bestand der Vorzug dieser einfachen Stücke darin, dass sie durch die Sprache Gefühle erzeugten und so ein „Mitleben“ ermöglichten. Am 11. Juni 1881 wurde Charlotte Birch-Pfeiffers neu einstudiertes Werk „Ein Kind des Glücks“ aufgeführt. Die Autorin war – wie auch Benedix – ein Liebling des deutschen Publikums. Sie war neben ihrer Schriftstellerei auch Schauspielerin an mehreren Theatern. Ihr Gesamtwerk bis zu ihrem Tod 1868 umfasst mehr als 90 Titel. 178 Fontane schien in ihren Werken Ähnlichkeiten zu Benedix´ Stücken zu sehen. Über die Vorstellung von Birch- Pfeiffers Stück schrieb er:

Was schon zu den Lebzeiten der Birch, aller Spötterei zum Trotz, von Unbefangenen wieder und wieder anerkannt wurde, „daß sie viel talentvoller sei als ihre vornehm auf sie niederblickenden Gegner“, das haben die seit ihrem Tode verflossenen Jahre bestätigt. Was lebt denn noch aus den 30er und 40er Jahren? Die Birch und der Benedix, und Benedix und die Birch. Ihre Stücke sind viel weniger veraltet als beispielsweise die Bauernfeldschen, und selbst Gutzkow und Laube, denen im einzelnen, also beispielsweis an ein paar Stellen im Uriel Acosta und in den Karlsschülern ein Übergewicht zuzugestehen ist, treten im ganzen hinter sie zurück (F II, 71).

Ähnlich wie über Roderich Benedix schrieb Fontane, dass die Leistung der Schriftstellerin nicht genug gewürdigt worden wäre. „Die Birch hat keine >>schöne Sprache<<, aber die >>Nicht-schöne Sprache<< ist lange nicht das Schlimmste“ (F, II, 71), kommentierte Fontane die Kritik um die Autorin. Er verglich die Leistungen von Benedix und Birch-Pfeiffer mit denen von Karl Gutzkow, Heinrich Laube und Eduard von Bauernfeld. Er kam zu dem Schluss, dass die beiden Erstgenannten wesentlich zeitlosere Motive verwendeten und somit weniger schnell als veraltet galten. Fontane beschrieb jedoch noch weitere Parallelen zwischen „der Birch“ und „dem Benedix“. In derselben Kritik beschrieb er die Vorzüge von „Ein Kind des Glücks“.

Es unterhält von Anfang an, es erheitert und rührt, und alles das ohne Anwendung falscher Mittel. Es ist gut in den Charakteren, gut in der Motivation und Aufbau, dabei durchwegs liebenswürdig, und selbst die gewagte Stelle, die den Konflikt heraufbeschwört und insoweit der Keim des Stückes überhaupt ist, selbst diese gewagte Stelle ist minder gewagt, als sie

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manchem erscheinen mag. Ich halte diese Form poetischer Trotzköpfigkeit für ebenso wahr wie berechtigt (F II, 71).

Er hob in den Werken von beiden immer wieder hervor, dass sie gleichermaßen unterhielten und rührten. Auch die gut ausgeführten Charaktere werden des Öfteren erwähnt. Ebenso verbindet die beiden Autoren, dass sich Fontane bei beiden positiv dazu äußerte, sie würden keine „falschen Mittel“ verwenden. Der Kritiker betonte dies in derselben Rezension nochmals genauer. „Beiläufig eine wahre Herzstärkung, mal einem Bühnen-Schwarzrock zu begegnen, der kein Heuchler, Intrigant oder sonstiges Scheusal ist (F II, 71).“ Unter „falschen Mitteln“ verstand Fontane also die oben erwähnten Unterpunkte Religiosität, Untreue und Ehebruch oder das Französische. Er empfand es als unzumutbar, eine Komödie auf solchen Themen aufzubauen. Über Gustav zu Putlitz´ Werk „Die Idealisten“ vom 8. November 1881 schrieb Fontane:

Es ist ein alter Satz, daß die Mischung von Humor und Sentimentalität kein deutsches Herz zu widerstehn imstande sei. Und wie es ein alter Satz ist, so auch ein richtiger, wie wir uns bei jeder Aufführung Benedixscher Arbeiten immer wieder mit Augen überzeugen können. Aber es kommt bei jedem dramatischen Kuchen auf die Zutaten an, also darauf, ob Mehl und Ei noch frisch sind oder ob sie schon lang` und an einer feuchten Stelle gelagert haben. Nun, Humor und Sentimentalität sind an und für sich ganz unzweifelhaft wundervolle Zutaten und brauchen auch nicht absolut frisch aus dem Nest oder aus der Mühle zu kommen, aber sie dürfen auch nicht mehr oder weniger dumpfig geworden sein und dieser Putlitzsche Humor und diese Putlitzsche Sentimentalität, sie sind dumpfig (F II, 91).

Der Theaterkritiker merkte auch hier an, dass kein „deutsches Herz“ im Stande sei, einer guten Mischung von Humor und Sentimentalität zu widerstehen. Dies brachte er mit Benedix in Verbindung, der seiner Meinung nach genau diese Mischung beherrschte. Um aber zu zeigen, dass es bei dieser Zusammensetzung nicht nur auf die Zutaten ankam, benutzte er – wie schon bei Gustav von Mosers Kritik „Reflexe“ – eine Kuchen-Metapher. Diesmal spielte er aber auf die Frische der Zutaten an. Humor und Sentimentalität wären wundervolle Zutaten, sie müssten auch nicht ganz frisch sein, aber nicht „dumpfig“, wie es bei Putlitz der Fall sei. In derselben Kritik konkretisierte er die Aussage seiner Metapher noch mit den Zeilen:

[…] Alles in diesen „Idealisten“ berührt altmodisch, trotzdem das Jahr 1873 auf dem Zettel steht, und bringt uns dies Altmodische speziell dadurch so sehr und so störend zum Bewußtsein, daß nicht das Gute, Gesunde, Herzerquickende, sondern umgekehrt das Enge, Beschränkte, Krankhafte, jedenfalls das unsympatisch Berührende vergangener Jahrzehnte

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darin zur Erscheinung kommt. Und so wirkt es, trotz seiner neuzeitigen Einkleidung und Entstehung, um vieles älter als Benedixsche und Bauernfeldsche, ja vor allem auch als Putlitzsche Stücke, die schon vor dreißig Jahren geschrieben wurden (F II, 91).

Trotz der Einbettung in ein modernes Umfeld wirkte das Putlitz´sche Stück auf Fontane also wesentlich älter, verstaubter und überkommener als Benedix´sche Werke, die einige Jahrzehnte zuvor entstanden waren, ja, sogar als Putlitz´ eigene Stücke, die dreißig Jahre davor geschrieben worden waren. In einer Rezension über Heinrich Laubes „Der eine weint, die andere lacht. Ein Schauspiel aus dem Französischen“, und danach Roderich Benedix´ „Die Dienstboten“ vom 4. September 1874 (Vgl. F I, 372f), notierte Fontane zuerst seine Gedanken zu Laubes Stück. Eigentlich schätzte er den deutschen Dichter sehr, zählte ihn sogar zu seinen „ganz entschiedenen Lieblingen“ (Vgl. F II, 26). Dieses Schauspiel aber – wie schon der Beiname sagt – wurde von Laube aus dem Französischen übersetzt und traf nicht den Geschmack des Theaterkritikers. Ihn stellte darüber hinaus die Leistung einer Schauspielerin, die die Rolle einer französischen Witwe spielte, ganz und gar nicht zufrieden. Ihr gelang es laut Fontane nicht, der Witwe den dämonischen Hintergrund zu geben, der ihr vom Stück zugedacht war. Das „furchtbar Schreckliche“ (Vgl. F I, 373) ging verloren. „Man muß vor solchen Weibern stehen wie vor einem Abgrund: Entsetzen und unwiderstehlicher Zug in die Tiefe zugleich. Nur wo das geleistet wird, sind sie, über das bloße Genrehafte hinaus, in der Kunst berechtigt (F I, 373)“. Zu Benedix´ „Die Dienstboten“ aber vermerkte der Kritiker dann erleichtert:

Trösten wir uns. Unsers alten Benedix einaktiges Lebensbild „Die Dienstboten“, womit der Abend schloß, führte uns in reinere Luft. Wir atmeten hoch auf und gedachten Mörikes, der – wie er selbst in einem seiner zahlreichen Gedichte erzählt – nach Durchlesung eines Bandes Kamillenteelyrik, in seinen Garten stürzte, um einen Rettich auszureißen und ihn mit Haut und Haaren zu verzehren (F I, 373).

Um diesen Vergleich zu erläutern, muss zuerst Mörikes Gedicht „Restauration“, das Fontane hier anspricht, herangezogen werden.

Gedicht von Eduard Mörike: Restauration [nach Durchlesung eines Manuskripts mit Gedichten]

Das süße Zeug ohne Saft und Kraft! Es hat mir all mein Gedärm erschlafft. Es roch, ich will des Henkers sein, Wie lauter welke Rosen und Camilleblümlein.

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Mir ward ganz übel, mauserig, dumm, Ich sah mich schnell nach was Tüchtigem um, Lief in den Garten hinter‘m Haus, Zog einen herzhaften Rettich aus, Frass ihn auch auf bis auf den Schwanz, Da war ich wieder frisch und genesen ganz. 179

Mörike galt lange als klassischer Vertreter des Biedermeier, der die vertraute und enge Heimat besingt. Er suchte meist den Stoff, auf dem seine Dichtung basierte, in seinem eigenen Lebensumfeld. Er entsprach dem ursprünglich agrarisch strukturierten Königreich Württemberg im späten industriellen Umbruch. 180 Vordergründig geht es in Mörikes Gedicht um Restauration, um die Wiederherstellung eines verdorbenen Magens, auf den sich „Das süße Zeug ohne Saft und Kraft“ eines Lyrikmanuskripts geschlagen hat. Es soll verdeutlichen, wie Dichtung auf das Leben wirken kann. Als Korrektionsmittel verwendet Mörike hier „einen herzhaften Rettich“; das sei „was Tüchtiges“. 181 Im Gedicht „Restauration“ hat ein Leser einen „Garten hinter´m Haus“ und bewirtschaftet diesen auch, dies wird zumindest angedeutet. Er bringt seinen Unwillen über eine bestimmte Art von Pflanzenmetaphorik zum Ausdruck. Die Kamille galt als volksmedizinische Allheilpflanze wie auch der Rettich. Der Leser scheint selbst ein Dichter zu sein, sonst hätte man ihm wohl kein „Manuskript mit Gedichten“ zur „Durchlesung“ zugespielt. Hier verteufelt ein Dichter einen anderen. So ist das Gedicht auch als indirektes Streitgedicht zweier Parteien auf dem literarischen Markt zu verstehen. Der Hohn gilt hier dem literarischen Betrieb. 182 Wenn man dieses Werk als Grundlage für Fontanes Vergleich heranzieht, lässt sich erkennen, dass Laubes Schauspiel „Der eine weint, die andere lacht“ den Theaterkritiker sehr belastete. Da kam ihm das Benedix´sche Lustspiel, nach dem „süßen Zeug“ – der französischen Tradition von Lustspielen – als rettender „herzhafter Rettich“, der wieder zur Genesung des verdorbenen Magens beitrug, gerade recht.

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5. CONCLUSIO

In dieser Arbeit wurden die drei großen Kapitel „Theodor Fontane“, „Julius Roderich Benedix“ und „Die Kritiken Fontanes über Benedix“ ausgearbeitet. Der erste Abschnitt der Arbeit beschäftigte sich mit der Person Theodor Fontane und zwar ausschließlich als Theaterkritiker. Intention dieses Kapitels war es, einen Überblick über die Funktion und die Bedeutung von Fontanes Theaterkritiken zu skizzieren. Durch seine journalistischen Arbeiten bei der „Kreuzzeitung“ und später bei der „Vossischen Zeitung“ konnte man davon ausgehen, dass Fontane das Werkzeug für die Theaterkritik mitbrachte und als Kritiker beachtet wurde. Vor allem anhand der subjektiven Färbung seiner Kritiken konnte man herauslesen, dass er seine Kritikertätigkeit nicht rein als Arbeit verstand. Darüber hinaus war es Fontane ein Anliegen, sich für gesellschaftliche Werte einzusetzen. Das Niveau des Theaters und natürlich auch die Schriftstellerei bedeuteten ihm viel. Für ihn hatte das Theater in dieser Zeit einen Bildungsauftrag. Deswegen reagierte Fontane auf Themen wie Ehebruch, Antikatholisches oder Antifranzösisches sehr feindselig. Er befürchtete, dass der Vorbildcharakter des Theaters dazu führen könnte, das Volk mit diesen „Tabu-Themen“ zu verderben. In seiner Funktion als Kritiker stand es Fontane frei, welche gesellschaftskritischen Themen er zur Sprache brachte und so setzte er in seinen Kritiken bewusst Akzente. Fontane sah seine Funktion als Kritiker nicht darin, die Meinung des Publikums wiederzugeben, denn für ihn war die Theaterkritik keine „Beifallsstatistik“. Ebenso sah er in ihr auch kein reines „Tadelinstitut“ (Vgl. FK IV, 103). Fontane legte großen Wert darauf, dass er sich als Kritiker „die Freude des Lobenkönnens“ nicht durch missglückte Kleinigkeiten verderben ließ. Wenn das Gute in einem Stück überwog, hielt er es für wichtig, dies auch kund zu tun. Wenn sich das Gute und das Schlechte allerdings die Waagschale hielten, gab er seinen Lesern und Leserinnen auch dies bekannt (Vgl. FK I, 209f). Seine brillante, pointierte Sprachverwendung, sein Sarkasmus, seine Metaphern und die genaue Schilderung von Details machten das Besondere an Fontanes Kritiken aus. Dieser Schreibstil zeigte sich auch in seinen Romanen. Er setzte seine Fähigkeiten gezielt und gekonnt ein, um seine Romanfiguren zu charakterisieren. Auf diese Weise war Fontane in der Lage die Figuren, als auch ihre soziale Umgebung und ebenso ihre Sprache sehr treffend darzustellen. Durch das Selbstbewusstsein, mit dem Fontane seine Kritiken schrieb, aber auch durch seine für die damalige Zeit innovative Art, Kritiken zu schreiben, war er zwar kein von allen

77 geliebter Kritiker – einige belächelten ihn, andere machten aus den Initialen „Th. F.“ Theaterfremdling 183 , wieder andere fürchteten ihn –, aber er revolutionierte die Theaterkritik des 19. Jahrhunderts auf seine Weise. Als interessantes Detail bei der Beschäftigung mit dem Kritiker erwies sich Fontanes Zuwendung zum Naturalismus. Obwohl er sich selbst als Schriftsteller für den Realismus entschied, wendete er sich in seinen Kritiken dennoch dem Naturalismus zu und förderte seine Vertreter mit positiven Rezensionen. Der Kritiker rückte von der Meinung der Redaktion der „Vossischen Zeitung“ ab, dass ein Kunstwerk Genuss, Freude und Erhebung bereiten solle. Er empfand es als angenehme Innovation, dass es etwas Neues gab, das die gesellschaftlichen Probleme und Erfahrungen schilderte. Mit der Hinwendung zum Naturalismus stellte sich Fontane ebenso gegen die damals bestehenden Zensurmaßnahmen des Kaisers Wilhelm II., dem der Naturalismus ein Dorn im Auge war. Demonstrativ kündigte der Kaiser nach dem Besuch von Gerhard Hauptmanns „Die Weber“ 1892 seine Theaterloge in Berlin. 184 Der zweite Abschnitt widmete sich der Person Julius Roderich Benedix. Anhand seiner Biographie wird ersichtlich, dass Benedix, bevor er Lustspielautor wurde, bereits Schauspieler an verschiedenen Theatern war. Später war er Direktor des Theaters in Elberfeld, danach in Köln, ab 1855 Intendant des Stadttheaters in Frankfurt am Main. Er hatte also schon genügend Erfahrung und Kenntnis vom Theater, bevor er als Bühnenautor erfolgreich wurde. Anschließend wurde ein Überblick über Benedix´ Schaffen gegeben. Er schrieb innerhalb von 34 Jahren 109 Werke für die Bühne. Um die Benedix´sche Komik analysieren zu können, war es notwendig, die Weltanschauung des Dichters darzustellen. Daraus wurde ersichtlich, dass es Parallelen zwischen seinem Leben und seinem Schaffen gab. So zeigte sich beispielsweise auch in seinen Werken eine moralische Grundtendenz. Auch seine Abneigung gegenüber „Pfaffen“ ließ sich in den Stücken erkennen, da er sich keiner Figuren, die als Vertreter der Kirche auftraten, bediente. Es zeigten sich aber auch Widersprüche. Obwohl er in seinen Bühnenstücken immer die wahre Liebe predigte und die Trennung oder Scheidung von Paaren nicht gestattete, ließ er sich von seiner ersten Frau scheiden. Seine zweite Ehe gestaltete sich viel harmonischer. Sein Patriotismus, den ihm auch Heinrich Laube zusagte, zeigte sich nicht nur in der Liebe zum Staat, sondern auch in seinen Werken, indem er aus dem Französischen übersetzte Stücke ablehnte.

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Anhand der Streitigkeiten rund um das Thema „Benedix´sche Sprachgestaltung“ zeigte sich ein Zwiespalt der Experten-Meinungen. Die einen fanden seine einfache Sprachgestaltung nicht poetisch genug, erkannten seiner Sprache und somit auch seinen Werken den künstlerischen Gehalt ab. Die anderen sahen seine Sprache als Stilmittel an und stellten den Inhalt und die geschickten Verwicklungen in den Vordergrund. Vor allem seine sittliche Konfliktentwicklung und schließlich auch die Auflösung fanden bei den Benedix-Liebhabern großen Gefallen. Von dieser Seite wurde der künstlerische Charakter anerkannt. Tatsache ist, er konstruierte Dialoge, die mit einfachsten Mitteln die größte komische Wirkung erzeugten. Dies schien auch Fontane anzuerkennen, als er in einer Kritik nach dem Tod des Dichters sein Schaffen vor den Lesern der „Vossischen Zeitung“ in Schutz nahm. Er postulierte, dass Benedix zwar nicht die Aufgaben der hohen Kunst erfüllt habe, aber gerade die Tatsache, dass die Stücke nicht das Höchste repräsentierten, dass sie „nur“ gefällig, angenehm und unterhaltsam waren, weil sie zerstreuten, erheiterten und wohltaten, ohne dass sie an Herz oder Hirn ernsthafte und deshalb unbequeme Anforderungen stellten, verlieh ihnen ihre Berechtigung (Vgl. F I, 323f). Fontane sprach Benedix auch zu, aus genau diesen Gründen den deutschen Ton getroffen zu haben. Er würde das charakteristisch deutsche Leben wiedergeben (Vgl. F I, 323f). Durch die Analyse der Komikkonzeption bei Benedix wurde ersichtlich, warum Theodor Fontane den Dichter immer wieder mit dem Begriff „harmlos“ in Verbindung brachte. Er bediente sich vielmehr der Situationskomik, als des Wortwitzes. Durch geschicktes Zusammenspiel verschiedenster Typen und Charaktere, die natürliche menschliche Schwächen aufweisen, gelang es Benedix immer wieder, Verwicklungen und Konflikte so aufzubauen, dass die Situationen unlösbar schienen. Durch Zufälle, ab und zu auch durch einen „deus ex machina“, gelang es ihm, die Auflösung der verzwickten Situationen zu meistern. Was Fontane ebenfalls mit „harmlos“ in Verbindung brachte, war, dass sich Benedix Komik keiner unschicklichen Themen bediente, sondern Situationen beschrieb, die in einem deutschen gutbürgerlichen Milieu auch wirklich geschehen konnten und durften. Auch aus seiner Figurengestaltung wurde ersichtlich, dass Benedix keine „schlechten Menschen“, sondern lediglich Figuren mit Charakterschwächen – wie Eifersucht, Eigensinn, Rechthaberei, und ähnliches – konstruierte. Als vorbildlich sah Fontane die Tatsache an, dass die Figuren in Benedix´ Stücken nicht „lächerlich“ wirkten, denn über solche lache man nicht, sondern man verlache sie. 185 Deshalb war es dem Lustspielautor wichtig, dass jede seiner Figuren stets einen sympathischen Charakterzug aufwies, „denn wenn man über die Menschen lachen will, muß man sie lieben, sonst ist das Lachen Hohn.“ 186 Im Verlauf der 79

Stücke sahen die handelnden Personen aber ihre „Fehler“ ein und besserten sich. Benedix machte dabei nie einen Unterschied, ob es sich um Figuren aus dem gutbürgerliches Milieu oder beispielsweise deren Dienstboten handelte. Im Kapitel „Charaktere und Typen“ wurde gezeigt, dass Benedix sich bestimmter Stereotypen bediente, um seine Charaktere zu entwerfen. Er verwendete die Typen „alte Jungfer“, „Hagestolz“, „die Naive“, „der Schüchterne“, „die lustige Dienerschaft“, „die Gecken“, „die Kunstdilettanten“, „Lehrer- und Professorengestalten“, „die reiche Erbin oder die reiche Witwe“ und „Aschenbrödel“ immer wieder neu und fein gezeichnet, um seine Verwicklungen zu inszenieren. Ebenso baute der Lustspieldichter seine Handlungen auf immer wiederkehrenden Motiven – wie beispielsweise Rollentausch, Verkleidung, den anonymen Brief, Gefangennahme aufgrund falscher Tatsachen, Kommunikationsprobleme, kleine menschliche Schwächen – auf, die er aber immer wieder frisch und innovativ gestaltete. Wie Fontane sah auch Benedix das Theater nicht als „Anstalt des Vergnügens“, sondern als „moralische Anstalt“ 187 , die einen Vorbildcharakter zu erfüllen habe. So griff er auch immer wieder Themen – „Torheiten der Zeit“ – auf, die er in der Gesellschaft kritisch sah. Seine Werke weisen also starke gesellschaftskritische Tendenzen auf. Mit seinen Figuren brachte er gesellschaftliche „Torheiten“ auf die Bühne, um sie dem Publikum aufzuzeigen. Er stellte unter anderem die Emanzipationsbewegungen seiner Zeit in mehreren Stücken an den Pranger, indem er ihre Merkmale in Gestalt seiner Figuren – etwas übertrieben – darstellte. Auch der damalige Brauch, dass alles aus dem Ausland (speziell aus dem Französischen) „chic“ war, stand dem Patriotismus des deutschen Dichters entgegen und wurde in seinen Werken kritisch thematisiert, ebenso die Motive des ehefeindlichen Mannes, Eifersucht und Eigensinn. Ehebruch war aufgrund seiner persönlichen Einstellung zum Theater als moralische Anstalt auch nie ein Thema, das Benedix auf die Bühne brachte. Im letzten Abschnitt wurde darzustellen versucht, was die beiden Personen Fontane und Benedix verbindet. Zu diesem Zweck wurden die Theaterkritiken von Theodor Fontane analysiert. Aus ihnen erschlossen sich nicht nur Informationen über Benedix´ Werke, ihre Wirkung auf das Theaterpublikum und die Beliebtheit der Stücke, sondern auch ihre Verbindung zu den Vorlieben und kritischen Themen Fontanes. Mithilfe der Rezensionen, die Fontane im Zeitraum zwischen 1870 und 1889 über Benedix´ Aufführungen am königlichen Schauspielhaus in Berlin verfasste, wurde gezeigt, was Fontane – und daraus kann man auch auf das Theaterpublikum dieser Zeit schließen – an dem Lustspieldichter so geschätzt hat. Die Tatsache, dass Fontane zu Beginn seiner Kritikerzeit für

80 die Unkenntnis eines Benedix´schen Stückes gemaßregelt wurde, zeigte aber auch die allgemeine Beliebtheit und den Bekanntheitsgrad des Autors zu dieser Zeit. Fontanes Bewertungen der Komödien Benedix´ waren nie negativ zu deuten. Selbst wenn er etwas kritisierte, hob er noch in derselben Rezension die vielen Vortzüge des Lustspielautors hervor. Die Beurteilungen Fontanes wurden bei der Analyse der Bühnenkritiken in drei Punkte unterteilt. „Die Kunst der Einfachheit“ zeigt auf, dass der Theaterkritiker die Einfachheit an den Werken von Benedix schätzte. Einerseits war er von der Konstruktion der alltäglichen, realistischen Situationen begeistert, andererseits bewertete Fontane es als positiv, dass Benedix nichts verkomplizierte. Seine Werke waren somit „trivial“ gehalten und durch und durch an Einfachheit gebunden. Auch den Sprachgebrauch von Benedix´ Stücken beschrieb Fontane als einfach, was aber keineswegs als negative Wertung zu sehen war. Der Unterpunkt „Liebenswürdige Sentimentalität“ behandelte Fontanes Wertungen der Liebenswürdigkeit und die Sentimentalität, die die Stücke beinhalteten. Im Abschnitt „Über schauspielerische Leistungen“ sollte gezeigt werden, wie wichtig es dem Kritiker war, dass bei der künstlerischen Gestaltung der Figuren darauf geachtet wurde, dass sie so gespielt wurden, wie Benedix sie ursprünglich gedacht und konstruiert hatte. Schließlich wurden Fontanes Kritiken über andere Bühnenautoren betrachtet, in denen er den Lustspielautor Benedix erwähnte. Untersucht wurde hierbei, in welcher Hinsicht Benedix bei Vergleichen oder Bewertungen herangezugen wurde. Bei näherer Betrachtung dieser Kritiken zeigte sich, dass Roderich Benedix stets als Vorbild oder positiver Vergleich herangezogen wurde. Was sich im Kapitel „Theodor Fontane“ durch die Bearbeitung der kritischen Themen und Vorlieben schon abgezeichnet hatte, konnte im Kapitel „Fontanes Kritiken über Benedix“ noch einmal bestätigt werden. Die detaillierte Auseinandersetzung mit Julius Roderich Benedix war auch deswegen hilfreich, um die Rezensionen des Theaterkritikers über den Dichter genauer einordnen zu können, Hintergründe mit einzubeziehen und somit mehr über Theodor Fontanes „Geschmack“ zu erfahren. Mit dieser Arbeit konnten aber vor allem die Vorzüge des heute kaum mehr bekannten Lustspielautors herausgearbeitet und belegt werden. Es fehlt allerdings der objektive Gegenpart eines Benedix-Kritikers, um auch die Schwächen des Autors genauer erörtern zu können. Durch Artikel aus Zeitschriften und Beschreibungen von Zeitgenossen oder Kollegen konnten immerhin einige kritische Stimmen zu Benedix ausgemacht werden. Demnach wäre es aber interessant gewesen, sich auch mit anderen Theaterkritikern – beispielsweise Theodor

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Lessing oder Alfred Kerr – zu beschäftigen, die vor, in und nach Fontanes Zeit tätig waren und deren Kritiken zu Benedix´ Aufführungen von anderen Bühnen Deutschlands oder auch Österreichs in die Analyse miteinzubeziehen.

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5. Endnoten

1 Vgl. Luise Berg-Ehlers: Theodor Fontane und die Literaturkritik. Zur Rezeption eines Autors in der zeitgenössischen konservativen und liberalen Berliner Tagespresse. Bochum: Verlag Dr. Dieter Winkler 1990. S. 27. 2 Christian Grawe: Fontane-Chronik. Stuttgart: Reclam 1998. S. 131. 3 Vgl. Berg-Ehlers, Theodor Fontane und die Literaturkritik. S. 159. 4 Vgl. Ebda. S. 159. 5 Vgl. Ebda. S. 160. 6 Vgl. Ebda. S. 161. 7 Vgl. Grawe, Fontane-Chronik, S. 134. 8 Zit. n. Kerstin Stüssel: Fontanes Theaterkritik. In: Beiträge zur Geschichte der Theaterkritik. Hrsg. von Gunther Nickel. Tübingen: Narr Francke Attempo Verlag 2007. S. 172. 9 Grawe, Fontane-Chronik. S. 135. 10 Ebda. S. 136. 11 Ebda. S. 136. 12 Vgl. Ebda. S. 133. 13 Vgl. Ebda. S. 133. 14 Vgl. Berg-Ehlers, Theodor Fontane und die Literaturkritik. S. 181. 15 Vgl. Ebda. S. 180–181. 16 Vgl. Ebda. S. 180–181. 17 Grawe, Fontane-Chronik. S. 139. 18 Vgl. Stüssel, Fontanes Theaterkritik. S.172. 19 Vgl. Ebda. S. 171. 20 Stüssel, Fontanes Theaterkritik. S.172. 21 Ebda. S. 173. 22 Rüdiger R. Knudsen: Der Theaterkritiker Theodor Fontane. Berlin: Selbstverlag der Gesellschaft für Theatergeschichte. (= Schriften der Gesellschaft für Theatergeschichte. Bd. 55.) S. 192. 23 Ebda. S. 194. 24 Definition: mit Abscheu zurückweisen; verabscheuen, entschieden ablehnen. (In: Der Neue Brockhaus. Lexikon und Wörterbuch in fünf Bänden und einem Atlas. Vierter Band. : F.A. Brockhaus 1960. S. 142.) 25 Definition: Sarkasmus bezeichnet bitteren Hohn und beißenden Spott. (In: Der Neue Brockhaus. Lexikon und Wörterbuch in fünf Bänden und einem Atlas. Vierter Band. Wiesbaden: F.A. Brockhaus 1960. S. 452.) 26 Definition: Zynismus ist eine bewusste Anstandsverletzung, Missachtung und Verhöhnung der Gefühle, Werte, Symbole einer Gesellschaftsschicht. (In: Der Neue Brockhaus. Lexikon und Wörterbuch in fünf Bänden und einem Atlas. Fünfter Band. Wiesbaden: F.A. Brockhaus 1960. S. 633.) 27 Theodor Fontane: Werke, Schriften und Briefe. Hrsg. von Walter Keitel; Helmuth Nürnberger. München: Carl Hanser Verlag 1969. S. 328. 28 Vgl. Ebda. S. 328. 29 Ebda. S. 328. 30 Ebda. S. 328-329. 31 Vgl. Berg-Ehlers, Theodor Fontane und die Literaturkritik. S. 160. 32 Fontane, Werke, Schriften und Briefe. S. 130. 33 Ebda. S. 49. 34 Vgl. Ebda. S. 49 35 Felix Emmel: Schauspielführer. Von Aischylos bis Peter Weiss. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH 1968. S. 96–112. 36 Vgl. Stüssel, Fontanes Theaterkritik. S. 175. 37 Vgl. Ebda. S. 177. 38 Vgl. Ebda. S. 177. 39 Vgl. Ebda. S 178. 40 Vgl. Ebda. S. 178–179. 41 Vgl. Ebda. S. 179. 42 Vgl. Carl Schäffer, C. Hartmann: Die königlichen Theater in Berlin. Statistischer Rückblick auf die künstlerische Thätigkeit und die Personal-Verhältnisse während des Zeitraums vom 5. December 1786 bis 31. December 1885. Berlin: Verliner Verl.-Comtoir 1886. S. 102–270.

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43 Vgl. Ebda. S. 102–270. 44 Vgl. Wilhelm Schenkel: Roderich Benedix als Lustspielautor. Frankfurt a.M.: Englert & Schlosser 1916. S. 1–2. 45 Ebda. S. 2. 46 Vgl. Ebda. S. 2–8. 47 Vgl. Zeno.org. Meine Bibliothek: Benedix, Julius Roderich. Biographie. Online im Internet: URL: http://www.zeno.org/nid/20004548523 [Stand 2012-03-08]. 48 Vgl. Ebda. 49 Vgl. Ebda. 50 Vgl. Roderich Benedix: Das bemooste Haupt. In: Die Gartenlaube. Illustriertes Familienblatt. 1871. H. 1. S. 6. Und Online im Internet: URL: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Die_Gartenlaube_%281871%29_004.jpg [Stand 2015-22-10]. 51 Vgl. Schenkel, Roderich Benedix als Lustspielautor. S. 10–11. 52 Vgl. Zeno.org, Benedix, Julius Benedix. [Stand 2012-03-08]. 53 Vgl. Schenkel, Roderich Benedix als Lustspielautor. S. 11. 54 Vgl. Zeno.org, Benedix, Julius Benedix. [Stand 2012-03-08]. 55 Vgl. Schenkel, Roderich Benedix als Lustspielautor. S. 15–16. 56 Vgl. Benedix, Das bemooste Haupt. S. 6. 57 Vgl. Schenkel, Roderich Benedix als Lustspielautor. S. 15–16. 58 Vgl. Zeno.org, Benedix, Julius Benedix. [Stand 2012-03-08]. 59 Vgl. Schenkel, Roderich Benedix als Lustspielautor. S. 17. 60 Vgl. Ernst Keil: Ehrengabe für einen deutschen Dichter. In: Die Gartenlaube. Illustriertes Familienblatt. 1870. H. 22. S. 352. Und Online im Internet: URL: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Die_Gartenlaube_%281870%29_352.jpg [Stand 2015-22-10]. 61 Vgl. Heinrich Laube: Roderich Benedix. In: Neue Freie Presse. Morgenblatt. 1. November 1873. H. 3302. S. 1–2. Und Online im Internet: URL: http://anno.onb.ac.at/cgi- content/anno?aid=nfp&datum=18731101&zoom=33 [Stand 2015-22-10]. 62 Vgl. Schenkel, Roderich Benedix als Lustspielautor. S. 17. 63 Ebda. S. 17. 64 Vgl. ANONYM : Ehren-Dotation für Roderich Benedix. In: Die Gartenlaube. Illustriertes Familienblatt. 1873. H. 40, S. 658. Und Online im Internet: ULR: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Die_Gartenlaube_%281873%29_658.JPG [Stand 2015-22-10]. 65 Vgl. Schenkel, Roderich Benedix als Lustspielautor. S. 39–55. 66 Roderich Benedix: Bilder aus dem Schauspielerleben. Leipzig: Friedr. Ludw. Herbig 1850. S. 131. 67 Vgl. Benedix, Das bemooste Haupt. S. 6. 68 Ebda. S. 6. 69 Ebda. S. 6. 70 Vgl. Schenkel, Roderich Benedix als Lustspielautor. S. 29. 71 Vgl. Benedix, Das bemooste Haupt. S. 6. 72 Ludwig Barnay: Erinnerungen I. Berlin: Fleischel Verlag 1903. S. 159. 73 Vgl. Schenkel, Roderich Benedix als Lustspielautor. S. 20–21. 74 Ebda. S. 22 75 Vgl. Ebda. S. 22–23. 76 Vgl. Ebda. S. 20. 77 Ebda. S. 30. 78 Vgl. Ebda. S. 30. 79 Vgl. Ebda. S. 23–24. 80 Vgl. Ebda. S. 23–24. 81 Laube, Roderich Benedix. S. 2. 82 Definition: übersteigender Vaterlandstolz; von Chauvin abgeleitet, einem prahlerischen Rekruten in dem Lustspiel „La cocarde tricolore“ (1831) der Brüder Cogniard. (In: Der Neue Brockhaus. Lexikon und Wörterbuch in fünf Bänden und einem Atlas. Erster Band. Wiesbaden: F.A. Brockhaus 1960. S. 441.) 83 Vgl. Schenkel, Roderich Benedix als Lustspielautor. S. 28. 84 Benedix, Das bemooste Haupt. S. 6. 85 Emil Müller-Samswegen: Das bürgerliche Drama. In: Anregungen für Kunst, Leben und Wissenschaft. Hrsg. von Franz Brendel; Richard Pohl. Dritter Band. Leipzig: Verlag von C. Werseburger 1858. S. 207. Und Online im Internet: URL: http://books.google.at/books?id=njc9AAAAcAAJ&pg=PP5&dq=Anregungen+f%C3%BCr+Kunst,+Leben+ und+Wissenschaft+1858&hl=de&sa=X&ei=RjNTT6WLJIqLhQfkjfWhBA&ved=0CDMQ6AEwAA#v=one

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page&q=Anregungen%20f%C3%BCr%20Kunst%2C%20Leben%20und%20Wissenschaft%201858&f=false [Stand 2015-22-10]. 86 Julian Schmidt: Geschichte der deutschen Literatur seit Lessing´s Tod. Dritter Band. Leipzig: Friedrich Ludwig Herbig 1858. S. 109. 87 Laube, Roderich Benedix. S. 1. 88 Ebda. S. 1. 89 Vgl. Ebda. S. 1. 90 Vgl. Ebda. S. 1. 91 Albert Entsch: Roderich Benedix. Ein Dichter-Jubiläum. In: Deutscher Bühnen-Almanach. 29. Jg.. Berlin: 1865. S. 90. Und Online im Internet: URL: http://books.google.at/books?id=jcMOAAAAYAAJ&pg=RA1- PA74&dq=Deutscher+B%C3%BChnen- Almanach+band+29&hl=de&sa=X&ei=qy9TT8eyKMHJhAfK2P3mCw&ved=0CC8Q6AEwAA#v=onepage &q&f=false [Stand 2015-22-10]. 92 Karl Holl: Geschichte des deutschen Lustspiels. Mit 100 Abbildungen. Leipzig: Verlagsbuchhaltung J. J. Weber 1923. S. 282. 93 Ebda. S. 283. 94 Vgl. Müller-Samswegen, Das bürgerliche Drama. S. 206. 95 Rudolf von Gottschall: Die deutsche Nationalliteratur des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 4. Breslau: Trewendt 1903. S. 214. 96 Vgl. Benedix, Bilder aus dem Schauspielerleben. S. 130–131. 97 Benedix, Das bemooste Haupt. S. 6. 98 Ebda. S. 6. 99 Vgl. Schenkel, Roderich Benedix als Lustspielautor. S. 37. 100 Roderich Benedix: Shakespearomanie. Zur Abwehr. Stuttgart: Verlag der J. G. Cotta´schen Buchhandlung 1873. S. 255. 101 Vgl. Schenkel, Roderich Benedix als Lustspielautor. S. 37. 102 Benedix, Shakespearomanie. S. 256. 103 Vgl. Ebda. S. 256. 104 Vgl. Ebda. S. 256. 105 Ebda. S. 257. 106 Vgl. Ebda. S. 257. 107 Ebda. S. 257–258. 108 Vgl. Ebda. S. 258. 109 Ebda. S. 258. 110 Vgl. Roderich Benedix: Das Gefängnis. Lustspiel in vier Aufzügen. Leipzig: Verlag von Philipp Reclam jun. 1905. (= Universal-Bibliothek. 4552.) 111 Vgl. Ebda. 112 Vgl. Ebda. 113 Vgl. Ebda. 114 Vgl. Ebda. 115 Vgl. Ebda. 116 Vgl. Ebda. 117 Vgl. Ebda. 118 Vgl. Ebda. 119 Vgl. Ebda. 120 Ebda. S. 75. 121 Vgl. Ebda. 122 Vgl. Ebda. 123 Vgl. Walter Johann: Das Benedixsche Lustspiel. Mit besonderer Berücksichtigung von Lustspieltypen und Situationskomik. Diss. Wien 1919. S. 54. 124 Vgl. Ebda S. 54. 125 Vgl. Ebda. S. 57. 126 Vgl. Ebda. S. 60–61. 127 Roderich Benedix: Der Weiberfeind. In: Haustheater. Sammlung kleiner Lustspiele für gesellige Kreise. Hrsg: Roderich Benedix. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1868. S. 1–27. 128 Vgl. Ebda. 129 Benedix, Das Gefängnis. 130 Vgl. Johann, Das Benedixsche Lustspiel. S. 62. 131 Vgl. Ebda. S. 62.

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132 Vgl. Ebda. S. 64. 133 Definition: Geck: ursprünglich Narr und in diesem Sinne noch jetzt am Rhein für Faschingsnarr, dann im übertragenen Sinne Modenarr, Stutzer. (In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. Band 7. Leipzig: 1907. S. 423. Und Online im Internet: URL: http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Geck [Stand 2015-22-10].) Definition: Stutzer: Stutzer bezeichnet einen eitlen Menschen, welcher sich besonders durch eine der neuesten Mode angemessene, ja dieselbe übertreibende Kleidung auszuzeichnen sucht. Zwar unterscheidet sich der Stutzer noch dadurch von dem Gecken, daß seine Eitelkeit nicht zur Widerwärtigkeit wird, sich auf die Kleidung beschränkt und in der Übertreibung der Mode nicht geschmacklos sich zeigt, doch verräth er mit seiner Eitelkeit immer einen schwachen, unausgebildeten oder verkehrten Verstand, und wird mit Recht von dem Verständigen belächelt. (In: Aus: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon. Band 4. Leipzig: 1841. S. 324.Und Online im Internet: URL: http://www.zeno.org/Brockhaus-1837/A/Stutzer?hl=stutzer [Stand 2015-22-10].) 134 Vgl. Johann, Das Benedixsche Lustspiel. S. 66. 135 Vgl. Ebda. S. 67. 136 Definition: Euterpe: Muse aus der Tonkunst und des lyrischen Gesanges. (In: Der Neue Brockhaus. Lexikon und Wörterbuch in fünf Bänden und einem Atlas. Zweiter Band. Wiesbaden: F.A. Brockhaus 1960. S. 121) 137 Definition: Polyhymnia, Polymnia: [griech.]. Die Muse des Gesangs. (In: Der Neue Brockhaus. Lexikon und Wörterbuch in fünf Bänden und einem Atlas. Vierter Band. Wiesbaden: F.A. Brockhaus 1960. S. 208.) 138 Vgl. Johann, Das Benedixsche Lustspiel. S. 68. 139 Titus Maccius Plautus: lat. Komödiendichter (251 v. Chr.–183/184 v. Chr). Dem Handlungsverlauf der griechischen Vorlagen folgte er in den Grundzügen, in Einzelheiten verfuhr er sehr frei. Seine Komödien sind von sprudelnder, oft derber Komik, lebendig im Dialog und sehr bühnenwirksam. Für das Lustspiel der europäischen Völker sind sie wegweisend geworden. (In: Der Neue Brockhaus. Lexikon und Wörterbuch in fünf Bänden und einem Atlas. Vierter Band. Wiesbaden: F.A. Brockhaus 1960. S. 192) Publius Terentius Afer Terenz: lat. Komödiendichter in Rom (um 195 v. Chr.–159 v. Chr.). Er war neben Plautus der wichtigste Vertreter der altlateinischen Komödie. Er hat das alte Singspiel zum Sprechdrama umgewandelt. Die Einheit der Handlung und die reine Sprache der römischen Aristokratie angestrebt. Seine Werke zeigen gute Charakterisierungskunst. (In: Der Neue Brockhaus. Lexikon und Wörterbuch in fünf Bänden und einem Atlas. Fünfter Band. Wiesbaden: F.A. Brockhaus 1960. S. 226) 140 Vgl. Johann, Das Benedixsche Lustspiel. S. 70. 141 Vgl. Ebda. S. 71. 142 Vgl. Ebda. S. 83–92. 143 Vgl. Ebda. S. 83–92. 144 Roderich Benedix: Die Dienstboten. In: Haustheater. Sammlung kleiner Lustspiele für gesellige Kreise. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1868. S. 303–340. 145 Anonym: Die religirten Studenten. In: Sonntagsblatt. Unterhaltungsblatt zu den „Bamberger Neuesten Nachrichten“. 7. Februar.1869. H. 6, S. 23. Und Online im Internet: URL: http://books.google.at/books?id=4dJFAAAAcAAJ&printsec=frontcover&dq=Sonntagsblatt&hl=de&sa=X&e i=8ClTT5veHOel4gStkOTODQ&ved=0CD4Q6AEwAjgK#v=onepage&q&f=false [Stand 2015-22-10]. 146 William Neumann: Roderich Benedix. Cassel: Ernst Balde 1853. (= Moderne Klassiker. Deutsche Literaturgeschichte der neueren Zeit in Biographien, Kritiken und Proben. Bd. 23) S. 13. 147 Vgl. Neumann, Roderich Benedix. S. 13. 148 Vgl. Ebda. S. 14. 149 Benedix, Der Weiberfeind. 150 Benedix, Das Gefängnis. 151 Vgl. Neumann, Roderich Benedix. S. 14. 152 Vgl. Anonym: Roderich Benedix. Mit Portrait. In: Die Tonhalle. Organ für Musikfreunde. 14. September 1870. H. 37. S. 582. Und Online im Internet: URL: http://books.google.at/books?id=t1NDAAAAcAAJ&pg=PA581&dq=tonhalle+Roderich+Benedix.+Mit+Port rait&hl=de&sa=X&ei=hClTT6_aGKzQ4QTT_43NDQ&ved=0CDUQ6AEwAA#v=onepage&q&f=false [Stand 2015-22-10]. 153 Vgl. Schenkel, Roderich Benedix als Lustspielautor. S. 72. 154 Die Tonhalle, Roderich Benedix. S. 581. 155 Laube, Roderich Benedix. S. 1. 156 Ebda. S. 2. 157 Vgl. Ebda. S. 2. 158 Die Tonhalle, Roderich Benedix. S. 582. 159 Holl, Geschichte des deutschen Lustspiels. S. 286. 160 Die Tonhalle, Roderich Benedix. S. 582.

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161 Ebda. S. 582. 162 Vgl. Ebda. S. 582. 163 Entsch, Deutscher Bühnen-Almanach. S. 91. 164 Vgl. Die Tonhalle, Roderich Benedix. S. 582. 165 Max Martersteig: Das deutsche Theater im neunzehnten Jahrhundert. Eine kulturgeschichtliche Darstellung. Leipzig: Verlag von Breitkopf & Härtel 1924. S. 444. 166 Heinrich Laube: Das Burgtheater. Ein Beitrag zur deutschen Theater-Geschichte. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1868. S. 247–248. 167 Vgl. Holl, Geschichte des deutschen Lustspiels. S. 284. 168 Vgl. Theodor Fontane: Causerien über Theater. Erster Teil – Dritter Teil. Hrsg. von Edgar Gross. München: Nymphenburger Verlagshandlung 1967. (= Theodor Fontane: Sämtliche Werke. Bd. 22.) 169 Vgl. Heinz Kern: Opernführer. Die Fledermaus. Online im Internet: URL: http://www.opera- guide.ch/opera.php?uilang=de&id=346#libretto [Stand 2015-22-10]. 170 Vgl. Ebda. 171 Vgl. Henrik Ibsen: Die Frau vom Meere. Schauspiel in fünf Akten. Bremen: Europäischer Literaturverlag GmbH 2011. 172 Vgl. Ebda. 173 Vgl. Ernst Lautenbach: Lexikon Goethe-Zitate. Auslese für das 21. Jahrhundert aus Werk und Leben. Bobingen: Kessler Verlagsdruckerei 2004. S. 1241. 174 Vgl. Ludwig Fränkel. Töpfer, Karl. Online im Internet: URL: http://www.deutsche- biographie.de/pnd104309040.html [Stand 2015-22-10]. 175 Ebda. 176 Zeno.org. Meine Bibliothek: Laube, Heinrich. Biographie. Online im Internet: URL: http://www.zeno.org/nid/20005230101 [Stand 2015-22-10]. 177 Vgl. Zeno.org, Benedix. 178 Zeno.org. Meine Bibliothek: Birch-Pfeiffer, Charlotte. Biographie. Online im Internet: URL: http://www.zeno.org/nid/20004557352 [Stand 2015-22-10]. 179 Zitiert nach: Hans-Ulrich Simon: Mörike im Spiegel seiner Briefe von Verlegern, Herausgebern und Redakteuren. Stuttgart: Cotta 1997. (= Veröffentlichungen der Deutschen Schillergesellschaft 48) S. 12. 180 Vgl. Simon, Mörike im Spiegel seiner Briefe von Verlegern, Herausgebern und Redakteuren. S. 12. 181 Vgl. Ebda. S. 13. 182 Vgl. Ebda. S. 13. 183 Vgl. Paul Schlenther: „Der Herr hat heute Kritik“. In: Erschrecken Sie nicht, ich bin es selbst. Erinnerungen an Theodor Fontane. Hrsg. von Wolfgang Rasch; Christine Hehle. Berlin: Aufbau Taschenbuch Verlag 2003. S. 100. 184 Vgl. Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hrsg. von Wolfgang Beutin; Klaus Ehlert [u.a.]. Stuttgart/: Verlag J.B. Metzler 2001. S. 346–347. 185 Roderich Benedix, Shakespearomanie. S. 257–258. 186 Ebda. S. 258. 187 Sonntagsblatt, Die religirten Studenten. S. 23.

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6. LITERATURVERZEICHNIS

Primärliteratur

BENEDIX , Roderich: Aschenbrödel. In: Gesammelte dramatische Werke. Einundzwanzigster Band. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1868. S. 1–141.

BENEDIX , Roderich: Bilder aus dem Schauspielerleben. Leipzig: Friedr. Ludw. Herbig 1850.

BENEDIX , Roderich: Das Gefängnis. Lustspiel in vier Aufzügen. Leipzig: Verlag von Philipp Reclam jun. 1905. (= Universal-Bibliothek. 4552.)

BENEDIX , Roderich: Das Concert. In: Gesammelte dramatische Werke. Zehnter Band. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1857. S. 187–319.

BENEDIX , Roderich: Der Liebesbrief. In: Gesammelte dramatische Werke. Siebenter Band. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1870. S. 97–194.

BENEDIX , Roderich: Der Liebestrank oder die neue Erfindung. In: Gesammelte dramatische Werke. Dritter Band. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1846. S. 121–231.

BENEDIX , Roderich: Der Ruf. In: Gesammelte dramatische Werke. Vierter Band. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1848. S. 23–134.

BENEDIX , Roderich: Der Steckbrief. In: Gesammelte dramatische Werke. Dritter Band. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1846. S. 1–120.

BENEDIX , Roderich: Der Störenfried. In: Gesammelte dramatische Werke. Fünfzehnter Band. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1863. S. 1–133.

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BENEDIX , Roderich: Die alte Jungfer. In: Gesammelte dramatische Werke. Zehnter Band. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1857. S. 93–185.

BENEDIX , Roderich: Die Banditen. In: Gesammelte dramatische Werke. Fünfter Band. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1847. S. 1–118.

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BENEDIX , Roderich: Die Dienstboten. In: Haustheater. Sammlung kleiner Lustspiele für gesellige Kreise. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1868. S. 303–340.

BENEDIX , Roderich: Die Eifersüchtigen. In: Gesammelte dramatische Werke. Siebenter Band. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1870. S. 58–96.

BENEDIX , Roderich: Die Männerfeindinnen. In: Gesammelte dramatische Werke. Erster Band. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1846. S. 1–116.

BENEDIX , Roderich: Die Mode. In: Gesammelte dramatische Werke. Zweiter Band. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1846. S. 66–151.

BENEDIX , Roderich: Die Sonntagsjäger. In: Gesammelte dramatische Werke. Zweiter Band. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1846. S. 1–66.

BENEDIX , Roderich: Dr. Wespe. In: Gesammelte dramatische Werke. Zweiter Band. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1846. S. 151–274.

BENEDIX , Roderich: Eigensinn. In: Gesammelte dramatische Werke. Fünfter Band. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1847. S. 119–150.

BENEDIX , Roderich: Junker Otto. In: Gesammelte dramatische Werke. Zwölfter Band. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1860. S. 35–103.

BENEDIX , Roderich: Lustspiel. In: Gesammelte dramatische Werke. Neunter Band. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1855. S. 95–240.

BENEDIX , Roderich: Plautus und Terenz. In: Gesammelte dramatische Werke. Vierundzwanzigster Band. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber 1871. S. 233–262.

BENEDIX , Roderich: Shakespearomanie. Zur Abwehr. Stuttgart: Verlag der J. G. Cotta´schen Buchhandlung 1873.

FONTANE , Theodor: Causerien über Theater. Erster Teil. Hrsg. von Edgar Gross. München: Nymphenburger Verlagshandlung 1967. (= Theodor Fontane: Sämtliche Werke. Bd. 22.)

FONTANE , Theodor: Causerien über Theater. Zweiter Teil. Hrsg. von Edgar Gross. München: Nymphenburger Verlagshandlung 1967. (= Theodor Fontane: Sämtliche Werke. Bd. 22.)

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FONTANE , Theodor: Causerien über Theater. Dritter Teil. Hrsg. von Edgar Gross. München: Nymphenburger Verlagshandlung 1967. (= Theodor Fontane: Sämtliche Werke. Bd. 22.)

FONTANE , Theodor: Theater-Kritiken. Erster Band 1870–1874. Hrsg. von Siegmar Gerndt. München: Carl Hanser Verlag 1969.

FONTANE , Theodor: Theater-Kritiken. Zweiter Band 1875–1878. Hrsg. von Siegmar Gerndt. München: Carl Hanser Verlag 1969.

FONTANE , Theodor: Theater-Kritiken. Dritter Band 1879–1883. Hrsg. von Siegmar Gerndt. München: Carl Hanser Verlag 1969.

FONTANE , Theodor: Theater-Kritiken. Vierter Band 1884–1894. Hrsg. von Siegmar Gerndt. München: Carl Hanser Verlag 1969.

FONTANE , Theodor: Werke, Schriften und Briefe. Hrsg. von Walter Keitel; Helmuth Nürnberger. München: Carl Hanser Verlag 1969.

IBSEN , Henrik: Die Frau vom Meere. Schauspiel in fünf Akten. Bremen: Europäischer Literaturverlag GmbH 2011.

Sekundärliteratur

BERG -EHLERS , Luise: Theodor Fontane und die Literaturkritik. Zur Rezeption eines Autors in der zeitgenössischen konservativen und liberalen Berliner Tagespresse. Bochum: Verlag Dr. Dieter Winkler 1990.

BARNAY , Ludwig: Erinnerungen I. Berlin: Fleischel Verlag 1903.

BROCKHAUS BILDER -CONVERSATIONS -LEXIKON . Band 4. Leipzig: 1841. S. 324.Und Online im Internet: URL: http://www.zeno.org/Brockhaus-1837/A/Stutzer?hl=stutzer [Stand 2015-22-10].

DER NEUE BROCKHAUS . Lexikon und Wörterbuch in fünf Bänden und einem Atlas. Erster Band. Wiesbaden: F.A. Brockhaus 1960.

DER NEUE BROCKHAUS . Lexikon und Wörterbuch in fünf Bänden und einem Atlas. Zweiter Band. Wiesbaden: F.A. Brockhaus 1960.

DER NEUE BROCKHAUS . Lexikon und Wörterbuch in fünf Bänden und einem Atlas. Vierter Band. Wiesbaden: F.A. Brockhaus 1960.

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DER NEUE BROCKHAUS . Lexikon und Wörterbuch in fünf Bänden und einem Atlas. Fünfter Band. Wiesbaden: F.A. Brockhaus 1960.

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Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Aufführungen Benedix´scher Werke auf den königlichen Bühnen in Berlin zwischen 1842 – 1885 Tab. 2: Fontanes Rezensionen aus der „Vossischen Zeitung“ über Julius Roderich Benedix´ Werke

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Kurzreferat

Theodor Fontane, Julius Roderich Benedix und das königliche Schauspielhaus in Berlin Heike Jantschner

Diese Arbeit beschäftigt sich mit Theodor Fontane als Theaterkritiker für die Vossische Zeitung und Julius Roderich als Lustspielautor. Die Kernfragen der Arbeit lauten: Wer war der heute kaum noch bekannte Roderich Benedix? Warum waren seine Werke zu seinen Lebzeiten und Jahrzehnte postum noch so beliebt auf deutschen Bühnen? Worin liegt der Grund für dessen Beliebtheit? Um diesen Fragen nachzugehen, werden Theodor Fontanes Theaterkritiken vom königlichen Schauspielhaus in Berlin allgemein betrachtet, daraufhin seine Kritiken über Benedix genau analysiert. Daraus ergab sich, dass Benedix zu den beliebtesten deutschen Bühnenautoren seiner Zeit zählte. Seine Motive, Figuren sowie seine Komik waren neben den damals aufkommenden französischen Lustspielen und später dem Naturalismus eine erfrischende, harmlose, deutsche Alternative.

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Abstract

Theodor Fontane, Julius Roderich Benedix and the royal theater in Berlin Heike Jantschner

The present work deals with the combined analysis of Theodor Fontane as a theater critic and Julius Roderich Benedix as a comedy author, respectively. The core issues of this volume can be summarized as follows: Who was this today rarely known man called Roderich Benedix? Why was his work during his lifetime as well as over decades posthumous that famous on German scenes? To respond to these raised questions, the critics of Theodor Fontane during his work at the royal theater of Berlin were, first of all, examined on a general basis followed by a detailed analysis of his critics regarding Benedix. This leads to the conclusion that Benedix ranked among the most popular scene writers at that time. The motives, characters created by him as well as his inimitable comic were, beside the arising comics from France and the upcoming naturalism, refreshing, harmless alternatives made in Germany.

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