Calixto Bieito Inszeniert Franz Schrekers Die Gezeichneten Premiere: Sonntag, 21
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Pressemeldung | 9.1.2018 | acr Zwischen Psychoanalyse und Symbolismus, Thriller und Tabu Calixto Bieito inszeniert Franz Schrekers Die Gezeichneten Premiere: Sonntag, 21. Januar 2018 | 18 Uhr Nach Pelléas et Mélisande, Satyagraha und Anatevka wird mit Franz Schrekers Die Gezeichneten ein weiteres herausragendes Musiktheaterwerk des 20. Jahrhunderts an der Komischen Oper Berlin zu erleben sein. Eine Insel der Lust vor den Toren Genuas, verschwundene und missbrauchte Mädchen, ein körperlich und seelisch deformierter Kunstliebhaber das sind die Zutaten des spätromantisch- psychologischen Meisterstücks. Schrekers Protagonisten sind auf der Suche nach Erlösung durch Liebe und Schönheit, verlieren sich aber in den Abgründen politischer Machtspiele und erotischer Exzesse. Regisseur Calixto Bieito setzt ein illustres Ensemble in Szene, darunter die international gefeierte Sopranistin Ausrine Stundyte in der weiblichen Hauptrolle, der englische Tenor Peter Hoare als tragischer, missgebildeter Held und das ehemalige Ensemblemitglied Michael Nagy als moralisch korrupter Gegenspieler. Die Musikalische Leitung liegt in den Händen von Stefan Soltesz. Die Gezeichneten von Franz Schreker wurde lange Zeit selten gespielt. In den 1920er-Jahren zählte der Österreicher mit Wirkungsstätte in Berlin zu den meistgespielten deutschsprachigen Komponisten, bevor ihn die nationalsozialistische Ideologie 1933 als »entarteten« Künstler zum Schweigen verdammte. Nach dem Krieg zunächst vergessen, erleben seine Werke seit einigen Jahren eine Renaissance. Selten behandelte eine Oper so explizit die Tabus einer Gesellschaft, gingen unterdrückte sexuelle Triebe und deren Sprengkraft mit so großem Sog in ein musiktheatralisches Werk ein und selten beleuchtete ein Opernstoff so eindringlich menschliche Abgründe. In ihrer Modernität rührt Die Gezeichneten heute wie damals an brisante Themen: Worüber trauen wir uns nicht zu reden? Und wie gehen wir mit dem um, was dann doch an die Oberfläche des Schweigens dringt? In weit ausgreifenden Melodiebögen und experimentellen harmonischen Entwicklungen bis an den Rand der Tonalität gestaltet Franz Schreker schillernde Seelenporträts. Inspiriert durch Symbolismus und Psychoanalyse entfaltet er ein Musiktheater musikalischer und dramatischer Grenzüberschreitung. Seine Figuren sind buchstäblich voneinander Gezeichnete. Das 1918 uraufgeführte Werk bescherte Schreker seinen endgültigen Durchbruch und stellte ihn für die Zeitgenossen auf eine Stufe mit Richard Strauss. Mit seiner Debütinszenierung an der Komischen Oper Berlin, Mozarts Die Entführung aus dem Serail, entfachte Calixto Bieito 2005 einen handfesten Opernskandal und sorgte auch mit seinen weiteren Arbeiten für starke, durchaus verstörende Bilder. In seiner achten Arbeit am Haus fragt er mit Die Gezeichneten nach den letzten Tabus des erotischen Begehrens in einer zügellosen und amoralischen Gesellschaft. Er inszeniert die Handlung in einer verdichteten Gegenwart, die Bühnenbildnerin Rebecca Ringst und Kostümbildner Ingo Krügler gestalten. Stiftung Oper in Berlin | Komische Oper Berlin Dr. Andrea C. Röber Behrenstraße 55 57, 10117 Berlin Pressesprecherin Telefon +49 (0)30 202 60 370 [email protected] Fax +49 (0)30 20260 366 www.komische-oper-berlin.de Bildmaterial unter www.komische-oper- berlin.de/presseservice/pressefotos_informationen/produktionen/d/die-gezeichneten/ Die Gezeichneten Oper in drei Akten [1918] Dichtung vom Komponisten In deutscher Sprache Stab Musikalische Leitung: Stefan Soltesz Inszenierung: Calixto Bieito Bühnenbild: Rebecca Ringst Kostüme: Ingo Krügler Licht: Franck Evin Chöre: David Cavelius Dramaturgie: Simon Berger Besetzung Herzog Antoniotto Adorno/Il Capitaneo di Giustizia: Joachim Goltz; Graf Andrae Vitelozzo Tamare: Michael Nagy; Lodovico Nardi, Podestà der Stadt Genua: Jens Larsen; Carlotta Nardi, seine Tochter: Ausrine Stundyte; Alviano Salvago, ein genuesischer Edelmann: Peter Hoare; Guidobald Usodimare: Adrian Strooper; Menaldo Negroni: ; Michelotto Cibo: Tom Erik Lie; Gonsalvo Fieschi: Johnathan McCullough; Julian Pinelli: Önay Köse; Paolo Calvi: Samuli Taskinen*; Ginevra Scotti: Katarzyna Wlodarczyk*; Martuccia, Haushälterin bei Salvago: Christiane Oertel; Pietro: Christoph Späth; Ein Mädchen: Mirka Wagner; Ein Jüngling: Emil Lawecki*; Chorsolisten der Komischen Oper Berlin und Vocalconsort Berlin *Mitglied des Opernstudios Vorstellungen Einführungsmatinee: 7. Jan 2018 | 12 Uhr (ab 10 Uhr Opernfrühstück) Premiere: Sonntag, 21. Januar 2018 | 18 Uhr Weitere Termine: 27. Jan; 1., 10., 18. Feb; 11. Jul 2018 Karten Preise: 12 - Kartentelefon (030) 47 99 74 00 | Mo bis Sa: 9 bis 20 Uhr, So- und Feiertage: 14 bis 20 Uhr [email protected] www.komische-oper-berlin.de Handlung Sein Lebtag ist Alviano Salvago auf der Suche nach wahrhaftiger Liebe. Sein Lebtag ist der von Schmerzen Geplagte auf der Flucht vor seinem hässlichen Geheimnis, dessen Entdeckung er wie nichts sonst fürchtet: Er liebt Kinder. Und unterdrückt dieses Begehren. Der Wahrheit über sich hat er ein monumentales Refugium geschaffen, zu dem niemand Zutritt hat. Dies ist sein »Elysium«. Anders als Alviano überlassen sich seine reichen Freunde, allen voran ihr schöner Anführer Tamare, ihren abgründigen, brutalen Lüsten und Neigungen. Als immer mehr junge Töchter und Söhne aus der Stadt verschwinden, muss Alviano auch um die Entdeckung seines Geheimnisses fürchten. Die Begegnung mit Carlotta, der schönen und am Herzen erkrankten Künstlerin, bietet ihm die Möglichkeit zum Ausbruch aus seiner Welt. Mit ihrer Kunst schafft sie Porträts von Menschenseelen. Sie scheut Alviano nicht, sie spricht mit ihm, und während sie an seinem Bildnis arbeitet, öffnet er sich zum ersten Mal einem anderen Menschen. Sie findet einen Weg in Alvianos Innenwelt er glaubt, sie zu lieben. Doch sie gibt sich Tamare hin und stößt Alviano von sich; denn ihr Werk hat sie vollendet. Carlottas Porträt enthüllt Alvianos lang verdrängtes Geheimnis: die schaurige Offenbarung seines »Elysiums«. Es kommt zur öffentlichen Katastrophe, in der Alviano, Tamare und Carlotta einander in den Abgrund reißen ... Hintergrund Obwohl erst zwischen 1913 und 1915 entstanden, ist Schrekers Oper Die Gezeichneten ein Fin-de-siècle Drama, in dem neben den Momenten der Dekadenz der charakteristische Gegensatz zwischen Kunst und Leben im Mittelpunkt steht. Auftraggeber des Textes zur Oper war Alexander Zemlinsky, der Schreker um ein Libretto über die Tragödie des hässlichen Mannes bat. Da aber Schreker von dem Stoff so angetan war, formte er ihn selbst zu seinem Opernhauptwerk. Der triumphale Erfolg der Uraufführung etablierte Schreker endgültig als einen der bedeutendsten Opernkomponisten des frühen 20. Jahrhunderts. Mit seinen Werken war er, bis zur Verfemung durch die Nationalsozialisten, bisweilen erfolgreicher als Richard Strauss. Die Gezeichneten gerieten dann für viele Dekaden in Vergessenheit und wurden erst dank einer Aufführung in Frankfurt 1979 wiederentdeckt. Das vergessene Meisterwerk hat heute völlig zu Recht wieder seinen Weg auf die Opernbühnen der Welt gefunden und wird auf den Spielplänen immer häufiger gesehen. Quelle/Weitere Informationen: www.universaledition.com/de/komponisten-und-werke/franz- schreker-659/werke/die-gezeichneten-2011 Über den Komponisten Franz Schreker (geboren 1878 in Monaco; gestorben 1934 in Berlin) gehört zu den kreativsten und interessantesten Komponistenpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Gemeinsam mit Alexander Zemlinsky, Arnold Schönberg, Anton Webern, Alban Berg und Erich Wolfgang Korngold repräsentiert er die Wiener Moderne. Mit seinen Musikdramen Der ferne Klang (uraufgeführt 1912), Die Gezeichneten (1918) und Der Schatzgräber (1920) um nur die bekanntesten zu nennen beschreitet er den neuen Weg eines psychologischen Musiktheaters, das sich an den aktuellen Strömungen der zeitgenössischen Literatur Naturalismus, Impressionismus und Symbolismus orientiert und das neue Menschenbild der Psychoanalyse durch eine avancierte musikalische Dramaturgie gestaltet. Außer seinen Musikdra - und Chorwerke, Tanzpantomimen und Kammermusik. Als Leiter des Philharmonischen Chors und als Leiter einer Kompositionsklasse am Wiener Konservatorium setzt sich Franz Schreker insbesondere für die Förderung der Neuen Musik ein. Nach dem überwältigenden Erfolg seiner Oper Der ferne Klang bei ihrer Uraufführung in Frankfurt am Main (1912) gilt er als Vertreter der musikalischen Avantgarde. In zeitgenössischen Rezensionen wird der junge Schreker mehrfach in einem Atemzug mit Arnold Schönberg genannt; später wird er immer wieder mit Richard Strauss verglichen. Die zunehmende Wertschätzung des Komponisten schlägt sich in seiner Berufung zum Direktor der Berliner Musikhochschule nieder, die er von 1920 bis 1932 leitet. Hier wirkt Franz Schreker als geschätzter Pädagoge. Zu seinen Schülern zählen u. a. Alois Haba, Ernst Krenek, Berthold Goldschmidt und Karol Rathaus. Seine größten Erfolge im öffentlichen Musikleben feiert Schreker in den 1920er Jahren. In der Wahl seiner Sujets und in der Textgestaltung (Schreker verfasst wie Wagner seine Libretti selbst) hält er lange an der Ästhetik des Fin de siècle fest; in der musikalischen Gestaltung bezieht er Stilelemente des Expressionismus ein. Seine letzte Werke, die Opern Christophorus und Der Schmied von Gent, zeugen von einer intensiven Auseinandersetzung mit der gewandelten Ästhetik der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Gleichwohl stoßen seine Werke bei der jungen Generation der »Neuen Sachlichkeit« zunehmend auf Kritik. Gegner erwachsen