DIPLOMARBEIT Die Kunst Der Fortbewegung in Der
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Die approbierte Originalversion dieser Diplom-/Masterarbeit ist an der Hauptbibliothek der Technischen Universität Wien aufgestellt (http://www.ub.tuwien.ac.at). The approved original version of this diploma or master thesis is available at the main library of the Vienna University of Technology (http://www.ub.tuwien.ac.at/englweb/). DIPLOMARBEIT Die Kunst der Fortbewegung in der Stadtlandschaft Architektur, Parkour und die physische Aneignung urbaner Räume ausgeführt zum Zwecke der Erlangung des akademischen Grades einer Diplom-Ingenieurin unter der Leitung von Ao.Univ.Prof Dipl.-Ing. Dr.techn. Sigrid Hauser E253-4 Institut für Architektur und Entwerfen Abteilung Hochbau und Entwerfen eingereicht an der Technischen Universität Wien Fakultät für Architektur von Tanja Dinter e9425662 Hermanngasse 29/8 | 1070 Wien Wien, am 13. Oktober 2009 Die Kunst der Fortbewegung in der Stadtlandschaft Architektur, Parkour und die physische Aneignung urbaner Räume Einleitung 1 1. Architektur, Parkour und die Aneignung urbaner Räume 11 1.1. Was ist Parkour? 15 1.1.1. Auf dem Weg zu einer Definition 21 1.1.1.1. David Belle‘s Parkour 23 1.1.2. Vorläufer und Einflüsse 31 1.1.2.1. Georges Hébert und die Methode Naturelle 33 1.1.2.2. Martial Arts. Comics. Tiere. 37 1.1.3. Parkour Worldwide 41 1.1.3.1. Verbreitung. Kommerzialisierung. Institutionalisierung. 45 1.1.3.2. Parkour in Österreich 51 1.2. Aspekte der Wechselbeziehung zwischen architektonischem Raum und Körper 57 1.2.1. Körper - Abstraktionen 61 1.2.1.1. Das Lesende Auge und die Zeichenhaftigkeit des Raums 63 1.2.1.2. Das Parkour Auge 71 1.2.2. Der Körper als Fluchtpunkt 79 1.2.2.1. Raumwahrnehmung mit allen Sinnen 81 1.2.2.2. Orientierung im Körper - Orientierung im Raum 87 1.2.2.3. Messen mit dem bewegten Körper 97 1.2.3. Über den Umgang mit architektonischen Objekten und anderen Dingen 99 1.2.3.1. Das Existieren der Dinge 101 1.2.3.2. Physische Kommunikation mit den Dingen 103 1.2.4. Taktiken des Gebrauchs 109 1.2.4.1. Adaptieren und Interagieren 113 1.2.4.2. Die Praktiken der Situationisten: dérive und détournement vs. déplacement und Zweckentfremdung im Parkour 117 1.2.4.3. Aneignen 129 1.2.5. Die Produktion von Präsenz 137 1.2.5.1. Performative Räume 139 1.2.5.2. Strukturierte Improvisation 141 1.2.5.3. Das Etablieren von Schwellen & Choreographien zu deren Überschreitung 145 2. Trainingsgelände für Traceure 153 2.1. Ursprünge in den Pariser Banlieues 157 2.1.1. Geburtsorte des Parkour - Évry | Lisses | La Dame du Lac 171 2.1.1.1. Von A nach Lisses - Pilgerwege 179 2.2. Die Stadt als Bewegungsraum 185 2.2.1. Drei aktuelle Taktiken der urbanen Raumaneignung im Vergleich mit Parkour 187 2.2.1.1. Skateboarding vs. Parkour 187 2.2.1.2. Buildering vs. Parkour 191 2.2.1.3. Urban Exploration vs. Parkour 193 2.2.2. Wem gehört der öffentliche Raum? 199 2.2.3. Sicherheit vs. Bewegungsfreiheit 201 2.2.4. Die Rechte des Kindes 207 2.2.5. Jugendgerechtes Planen und Bauen 207 2.3. Anforderungen an ein Trainingsgelände 219 2.3.1. Hotspots in Wien 219 2.3.2. Outdoor und Indoor Trainingsanlagen für Traceure 232 2.3.2.1. JiYo-Park, Dänemark 232 2.3.2.2. Jyväskylä Park, Finnland 227 2.3.2.3. Turnhalle Sportunion Schönbrunn, 1150 Wien 227 2.3.2.4. Temporäres Workshopgelände Wien & Berlin 2008 229 2.3.3. Beispiele für „bewegungsevokative“ Architektur 231 2.3.3.1. Endless House | Friedrich Kiesler 231 2.3.3.2. Spielplatzgestaltung | Isamu Noguchi 233 2.3.3.3. Negev Monument | Israel | Dani Karavan 237 2.3.3.4. Yoro Park | Japan | Madleine Gins & Shusaku Arakawa 239 2.3.3.5. Casa da Música | Portugal | OMA 241 2.3.3.6. White Bouncing Castle & Schleifen | William Forsythe, Dana Caspersen & Heiner Blum 245 2.3.4. Anforderungen an ein Trainingsareal 247 2.3.4.1. Outline für ein Trainingsareal der TRACE FAMILY 247 2.3.5. Analyse: Hindernisse und Techniken 257 2.3.6. Analyse: Formen und Materialien 259 Zusammenfassung und Ausblick 265 Anhang 271 A 1 Interview mit Leech 273 A 2 Erfahrungsbericht „Art of Movement“-Workshops Wien und Berlin 307 Abkürzungen 313 Literatur 313 Filme 318 Websites 319 Bildnachweis 324 Danksagung 333 Vorwort Ein Diskurs läßt sich also dann als wissenschaftlich kennzeichnen, wenn er die Bedingungen und Regeln seiner Produktion verdeutlicht und vor allem die Verhältnisse, unter denen er entstanden ist. Michel de Certeau, Kunst des Handelns1 1 1988, 102. Architektur, Parkour und die physische Aneignung urbaner Räume - Weshalb wurde Parkour als Thema gewählt? Und in welchem Zusammenhang steht diese Kunst der Fortbewegung mit Architektur und der Aneigung urbaner Räume? Als Choreographin und Tanzpädagogin, deren beruflicher Alltag aus Bewegungsfindung, deren Deu- tung, Rhythmisierung und Komposition besteht, war ich auf der Suche nach einem Thema, das es erlaubt, diese Qualitäten auch in die theoretische Auseinandersetzung mit Architektur einfließen zu lassen. Mit dem Phänomen Parkour kam ich erstmals im Jahr 2005 in Berührung, als mir ein Freund mit den Worten: „So etwas hast du noch nie gesehen! Das ist einfach unglaublich, was diese Jungs machen. Darüber solltest du deine Diplomarbeit schreiben,“ ein Video von David Belle auf Youtube zeigte. Ich war begeistert, konnte mir jedoch noch nicht vorstellen, wie es mir gelingen sollte, die architektonische Komponente dieser Bewegungskunst - die Interaktion mit dem Stadtraum - wissenschaftlich herauszuar- beiten. Dazu kam ein selbstgewähltes Hindernis von beachtlicher Größe: meine hauptberufliche Tätigkeit im tänzerischen Bereich machte eine durchgehende und ausschließliche Beschäftigung mit der Arbeit unmöglich. Doch das Thema ließ mich nicht los, ich recherchierte, fand unterstützende Literatur - u.a. Juhani Pallasmaas The Eyes of the Skin, Architecture and the Senses, Iain Bordens Skatebording, Space and the City, Architecture and the Body und Wolfgang Meisenheimers Das Denken des Leibes und der architektonische Raum - und war im Dezember 2007 dann soweit, mir eine wissenschaftliche theoretische Arbeit darüber zuzumuten. Im Februar 2008 führte ich ein Interview mit einem der „Parkour-Praktizierenden der ersten Genera- tion“ Österreichs: Leech alias Tunc Uysaler (siehe Anhang). Schon bei unserem ersten Kennenlernen äußer- te Leech den Wunsch ein Trainingsareal in Wien bauen zu lassen. Dieser Wunsch bekam im Interview noch stärkeres Gewicht. Meine ursprüngliche Idee, das Thema rein theoretisch zu behandeln geriet ins Wanken - sollte ich aus aktuellem Anlass, die Trainingspark-Idee aufgreifen und als Diplomarbeit einen Entwurf da- für abgeben? Parallel dazu begann ich mich gemeinsam mit meinem „Bauherren“ mit der Frage nach einer möglichen Realisierung des Projekts zu beschäftigen. Da Traceure jedoch ständig unterwegs sind und ich selbst die Arbeit immer wieder zugunsten von kurzfristig realisierbar gewordenen Tanzprojekten unterbre- chen musste, gestaltete sich die Zusammenarbeit nicht einfach und ich beschloss, bei der Erarbeitung einer theoretischen Grundlage für den Entwurf eines Trainingsgeländes für Traceure zu bleiben. Als Basis für die Lektüre dieser Arbeit möchte ich der Leserin und dem Leser folgende Gedanken mit auf den Weg geben: Heinz von Foerster sprach in Bezug auf Lebewesen von nicht-trivialen Maschinen2. Triviale Maschinen lie- 2 Heinz von Foerster, 2 x 2 = fern vorhersehbare Ergebnisse. Jeder Taschenrechner „weiß“ 2 x 2 = 4. Und bestätigt damit die bestehen- grün. Originaltonaufnahmen, Klaus Sander, Hg., 2-CD-Set. de Weltordnung. Nicht-triviale Maschinen sind nicht determiniert und liefern unvorhersehbare Ergebnisse. supposé, Köln 1999. Sein kleiner Neffe „wusste“ 2 x 2 = grün. Und erschuf damit ein neues Universum. Die Aufgabe der Architektur (und der Architektinnen und Architekten) sehe ich in diesem Sinn darin, zwischen trivialen und nicht-trivialen Maschinen zu übersetzen. Das ist eine doppelte Übersetzungstätigkeit. Als ersten Akt übersetzen Architekten universelle Weltordnung (evolutionär, fehleranfällig, kreativ, also nicht-trivial) in die künstliche, abstrahierte, trivial organisierte Weltauffassung der menschlichen Kultur. In einem zweite Akt übersetzen nicht-trivial operierende Menschen diese gebauten Manifeste menschlicher Kultur in Dinge des alltäglichen Gebrauchs. Dieser zweite Akt wird von der „kulturellen Elite“ oft ignoriert. bzw. als triviale Funktion (Prozess) angesehen, die schon in der ersten Übersetzung enthalten ist. Wie arrogant. Einerseits gesteht man sich selbst zu, die universelle Weltordnung wahrnehmen, erkennen und reproduzieren zu können, andererseits mutet man seinen Mitmenschen zu, ihre Tätigkeit als Bedienungspersonal von trivialen Maschinen als Wohnen zu akzeptieren.3 Natürlich müssen Bauwerke 3 vergl. Vilém Flusser, Lebens- in gewisser Weise als triviale Maschinen funktionieren. Doch selbst eine Wohn-Maschine entspricht noch raum, Weltraum, Quantenraum. In: Arch+ Nr. 111, März 1992, 52: nicht Architektur. Provokanter formuliert grenzt das Denken, Entwerfen und Verwirklichen eines Bauwerks Der Magier denkt, ich sitze hier als trivialer Maschine an Geiselnahme und die meisten Bewohner von Wohnanlagen, die nach funktionellen und um mich herum laufen die Gesichtspunkten entworfen wurden, fühlen sich in diesen tatsächlich eingesperrt bzw. ausgegrenzt. Dinge. Der historische Mensch denkt, hier steht die Maschine und die Leute laufen um die Genau an diesem Punkt setzt die, aus raumsoziologischer Sicht interessante, selbstgewählte Auseinan- Maschine, und der nachhisto- rische Mensch denkt, hier ist dersetzung von Traceuren mit ihrer gebauten Umgebung an. Da sie diese als Unannehmend empfinden, der Apparat