Karsthydrogeologie Des Kitzsteinhorn- Massivs (Hohe Tauern, Salzburg)
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Karsthydrogeologie des Kitzsteinhorn- Massivs (Hohe Tauern, Salzburg) ZUSAMMENFASSUNG ABSTRACT Unterhalb des 3203 m hohen Kitzsteinhorns Karst hydrogeology of the Kitzsteinhorn (Salzburg) hat sich im Gletschervorfeld des massif (Hohe Tauern, Salzburg) Schmiedinger Kees in den dortigen Kalk - A high-alpine karst landscape developed in glimmerschiefern eine hochalpine Karst - metamorphic carbonates in the glacier landschaft entwickelt. Während Ober - forefield of Schmiedinger Kees north of flächenkarstformen nur außerhalb der spät - Kitzsteinhorn (3203 m, Salzburg). Surface neuzeitlichen Moränenwälle auftreten, karst features occur exclusively outside the finden sich hunderte Meter tiefe Schacht - terminal moraine ridges which formed dur - Katharina Lechner höhlen, wenngleich in geringerer Anzahl, ing the Little Ice Age, while a few Institut für Geologie, Universität Innsbruck; auch innerhalb davon. Im östlich angren - vertical caves, some hundreds of metres geo.zt gmbh, Saline 17, 6060 Hall in Tirol zenden Kapruner Tal treten mit den Kessel - deep, are also present within the previously [email protected] fallquellen stark schüttende Quellen zu glaciated terrain. High-discharge springs Tage. Der konstant hohe Basisabfluss der emerge some 1000 m deeper in the Christoph Spötl Kesselfallquellen von knapp über 100 l/s im adjacent Kaprun Valley. Their constant and Institut für Geologie, Universität Innsbruck, Winter wird im Sommer von einem stark high winter base flow of close to 100 l/s is Innrain 52, 6020 Innsbruck schwankenden Direktabfluss überlagert und superimposed by a highly variable fast flow [email protected] erreicht Höchstwerte von über 1000 l/s. Die component during summer with peak val - Durchlaufzeit beträgt dabei nur mehrere ues exceeding 1000 l/s. The residence time Giorgio Höfer-Öllinger Stunden bis wenige Tage. Das Einzugsgebiet of the water during summer ranges from Geoconsult ZT GmbH, Hölzlstraße 5, 5071 dieser Quellen umfasst etwa 11 km ² und several hours to a few days. The mean Wals bei Salzburg seine mittlere Höhe liegt zwischen ca. 2500 elevation of the springs’ catchment area [email protected] und 2600 m. Sie korreliert mit jener der lies between 2500 and 2600 m (areal Karstlandschaft am Fuße des Gletschers. extent of about 11 km ²) and correlates Eingelangt: 1.4.2016 with the elevation of the karst landscape Angenommen: 8.6.2016 at the foot of the glacier. EINLEITUNG Das Kitzsteinhorn-Massiv liegt am Nordrand der Ho - 2007). Zudem wurden von den Kraftwerksbetreibern hen Tauern im Bundesland Salzburg. Vom Fuße des Markierungsversuche zur Erfassung unterirdischer Gipfelaufbaus öffnet sich in nördliche Richtung das Fließwege durchgeführt. Kar des Schmiedinger Kees. Gegen Osten fallen die Ziel der gegenständlichen Studie war es, bestehende Bergflanken steil in das Kapruner Tal ab. An der oro - Untersuchungen mit modernen Methoden (u.a. graphisch linken Seite des Kapruner Tals entspringen stabile Isotope) zu untermauern bzw. neue Erkennt - die Kesselfallquellen. nisse über die Ausprägung sowie Entstehung der Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wird im Kapruner Tal Karstlandschaft und insbesondere Einblicke in das die Kraftwerksgruppe Glockner-Kaprun betrieben. Die hydrogeologische System des Kitzsteinhorns zu geologische und hydrologische Situation des Gebiets gewinnen. ist daher sowohl von wissenschaftlicher als auch von Die Fragestellung bezieht sich vor allem auf die Her - wirtschaftlicher Bedeutung. kunft der sehr ergiebigen Quellen im Kapruner Tal Seit 1980 wird in diesem Gebiet Höhlenforschung be - und den Zusammenhang mit dem hochalpinen Karst - trieben (Klappacher, 1992; Ciszewski & Klappacher, gebiet. Die Höhle / 67. Jg. / Heft 1 –4/2016 65 Lechner, Spötl, Höfer-Öllinger / Karsthydrogeologie des Kitzsteinhorn-Massivs (Hohe Tauern, Salzburg) GEOLOGIE UND HYDROGEOLOGIE Das Untersuchungsgebiet ist Teil des penninischen mehr als zehn Höhlen im Vorfeld des Schmiedinger Glockner-Deckensystems des Tauernfensters. Die Kees erfasst. Das tiefste Höhlensystem stellt die das Kitzsteinhorn-Massiv aufbauenden Gesteins - Feichtner-Schachthöhle (2573/3) mit einer vertikalen einheiten setzen sich aus metamorph überprägten Ausdehnung von –1145 m dar. Sedimenten sowie Ophiolithen, d.h. Resten der mag - Im Tauernfenster bilden metamorphe Karbonatgestei - matischen ozeanischen Kruste, zusammen. Die am ne Karstaquifere, die an geringpermeable Silikatgestei - weitesten verbreiteten Gesteine sind unreine Mar - ne grenzen und so zur Ausbildung von Kontakt- bis more und Kalkglimmerschiefer sowie Amphibolite Streifenkarst führen. Aufgrund der lokal stark ausge - und Prasinite. Erstgenannte sind aufgrund ihres Kar - prägten Verkarstung stimmen die hydrogeologischen bonatgehaltes wasserlöslich und verkarstungsfähig, Einzugsgebiete der Abflüsse aus den Tauerntälern wohingegen Amphibolite und Prasinite geringdurch - nicht immer mit den orographischen überein (Gader - lässig sind. mayr, 1994). Das Kar des Schmiedinger Kees wird Folglich sind die Karsterscheinungen und Höhlen am durch den Zeferetgraben entwässert. Die Abfluss - Kitzsteinhorn ausnahmslos in den Marmoren bzw. menge ist jedoch im Vergleich zur Einzugsgebietsgröße Kalkglimmerschiefern entwickelt. Insgesamt sind gering (Liegler, 1984). METHODIK Als Grundlage für die geologischen Aufnahmen diente unterhalb der Quellzuflüsse ermittelt und an drei ein - die Geologische Karte der Republik Österreich zelnen Quellaustritten die physikalischen Parameter 1:50.000, Blatt 153 Großglockner (Höck & Pestal, 1994). gemessen. An einem Quellaustritt zeichnete ein Da - Das Auftreten von Oberflächenkarst wurde kartiert tensammler (SEBA Dipper-PTEC) über den gesamten und Höhlen bzw. Schächte lokalisiert. Zudem wurden Messzeitraum stündlich elektrische Leitfähigkeit, Gerinne, Quellen und Schwinden aufgenommen. Zur Wassertemperatur und Wasserstand auf. Erfassung der hydrogeologischen Situation wurde zu - Von Oktober 2013 bis Oktober 2014 wurden auf unter - nächst eine umfassende Bestandsaufnahme durchge - schiedlichen Höhenlagen in monatlichen Intervallen führt. Basierend auf Daten des Wasser-Informations - Niederschlagsproben gesammelt. Auch an Quellen systems Salzburg sowie Archivdaten der VERBUND und Oberflächengewässern wurden im Zuge der mo - Hydro Power GmbH wurden von Oktober 2013 bis natlichen Messrunden Proben gezogen. Von den Was - Oktober 2014 ausgewählte Quellen und Oberflächen - serproben wurden am Institut für Geologie an der gewässer im Kapruner Tal und unterhalb des Schmie - Universität Innsbruck die δ18 O- sowie δ2H-Werte be - dinger Kees beobachtet. Dabei wurden monatlich die stimmt. Aus den δ18 O-Werten des Niederschlags, ge - elektrische Leitfähigkeit, Wassertemperatur und wichtet nach der Niederschlagssumme in der jeweili - Schüttung bzw. der Abfluss gemessen. Bei Niedrig - gen Periode und der Höhe der Messstelle gegenüber - wasser im März 2014 wurde entlang der Kapruner gestellt, wurde der lokale Höheneffekt ermittelt. Aus Ache eine Quellkartierung durchgeführt. Monatlich den durchschnittlichen Isotopenzusammensetzungen wurde die Gesamtschüttung der Kesselfallquellen der Quellwässer sowie Oberflächengewässer und dem anhand von Abflussmessungen mittels Salzver - ermittelten Höheneffekt konnte schließlich die mitt - dünnungsmethode an der Kapruner Ache ober- und lere Höhe der Einzugsgebiete abgeschätzt werden. KARSTGESTEINE UND -FORMEN Hauptfelsbildner im Untersuchungsgebiet sind die Das Karstgebiet liegt primär außerhalb der neuzeit - Marmore bzw. Kalkglimmerschiefer, die im frischen lichen Moränen, d.h. in einem Gelände, das während Bruch grau bis weiß sind und braun anwittern. Massi - des letzten Gletscherhöchststands um 1850 (am Ende ge, kalkreiche Bänke wechsellagern mit dünnplattigen, der sogenannten Kleinen Eiszeit) und vermutlich wäh - geschieferten Abfolgen. Letztere enthalten 57 –73 rend des gesamten Holozäns (d.h. während der letzten Gew.-% CaCO 3, während massiger ausgebildete unrei - 11.700 Jahre) eisfrei war. Im Bereich unmittelbar un - ne Marmore einen Anteil von 80 –90 Gew.-% aufweisen terhalb der heutigen Gletscherstirn des Schmiedinger (Lechner, 2015). Kees, also in einem Gebiet, das erst seit wenigen Jahren 66 Die Höhle / 67. Jg. / Heft 1 –4/2016 Lechner, Spötl, Höfer-Öllinger / Karsthydrogeologie des Kitzsteinhorn-Massivs (Hohe Tauern, Salzburg) bis Jahrzehnten eisfrei ist, sind Karsterscheinungen haben dürften. Von den bekannten Höhlen liegt nur nur in sehr geringem Maße zu beobachten. Hier die Kitzsteinhornhöhle (2573/2), deren Eingang vor dominieren frische Gletscherschliffe, Rundhöcker- wenigen Jahren zugeschüttet wurde, im Gletschervor - Morphologien sowie – nahe der heutigen Gletscher - feld. Im Zuge der im Auftrag der Tauernkraftwerke AG stirn – subglazial entstandene Kalkkrusten, die rasch zwischen 1979 und 1982 durchgeführten Markierungs - verwittern. Aktive Schwinden wurden im Bereich versuche wurden jedoch auch am Gletscher eingespei - zwischen Gletscherrand und 1850/60er Moräne nicht ste Farbstoffe in den Kesselfallquellen nachgewiesen festgestellt. Die wesentlichen Schmelzwassergerinne (Klappacher, 1992). fließen oberflächlich in den Schmiedingersee. Im Außerhalb der neuzeitlichen Ufer- und Endmoränen Gletschervorfeld wurden einige wenige enge und hat sich auf den Marmoren bzw. Kalkglimmerschiefern derzeit nicht aktive Schächte gefunden, die zu Zeiten eine hochalpine Karstlandschaft entwickelt. Die Ge - größerer Gletscherausdehnung als Schwinden fungiert steine zeigen gerundete Formen, Strukturkarren und Abb. 1: Strukturkarren