Neue Filme Tödliche Zeilen Scary Stories to Tell in the Dark
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HORROR Neue Filme Tödliche Zeilen Scary Stories to Tell in the Dark. Regie: André Øvredal. Mit Zoe Margret Colletti, Michael Garza, Austin Zajur, Dean Norris. Start: 31. Oktober. ● Immer wieder wird beklagt, dass junge Menschen zu wenig lesen. Die- ser Film dreht sich um ein Buch, von dem die jugendlichen Helden besser die Finger gelassen hätten. Denn darin steht Seite für Seite, Zeile für Zeile, wie sie demnächst sterben werden – ohne dass sie durch dieses Wissen in der Lage wären, in ihr Schicksal ein- zugreifen. »Scary Stories to Tell in the Dark« kommt pünktlich zu Hallo- ween ins Kino, um Teenagern einen ordentlichen Schrecken einzujagen. Der Film, von Oscar-Preisträger Guillermo del Toro (»The Shape of Water«) produziert, basiert auf meh- reren Gruselgeschichten des US- Autors Alvin Schwartz und spielt 1968 in einer amerikanischen Kleinstadt. Der Vietnamkrieg fordert jeden Tag neue Opfer, Richard Nixon will ins Weiße Haus und steckt mitten im Wahlkampf, als ein paar Freunde in einem verfallenen Haus auf ein altes Buch stoßen und irgendwann fest - stellen, dass es ihre Gedanken lesen kann und ihre Ängste kennt. Der nor- Hauptdarsteller Damon, Bale in »Les Mans 66 – Gegen jede Chance« wegische Regisseur André Øvredal schafft es, eine erst heimelige, dann RENNSPORTDRAMA auf der Suche nach der ultimativen zunehmend bedrohliche Atmosphäre Tollkühner Unsinn Transzendenz, wenn sich im Rausch aufzubauen. Leider bleibt die Auf - der Geschwindigkeit Körper und lösung der Geschichte etwas hinter Le Mans 66 – Gegen jede Chance. Seele voneinander lösen und so etwas ihrer aufregenden Prämisse zurück. Regie: James Mangold. Mit Matt Damon, Christian Bale. Start: 14. November. wie Ewigkeit zu ahnen ist. 100 Mil - Lars-Olav Beier lionen für einen durch und durch ● Wahrscheinlich ist das ein beson- altmodischen Film, in dem Christian ders heroisches Projekt in posthe- Bale den exzentrischen britischen roischen Zeiten: Fast 100 Millionen Rennfahrer Ken Miles spielt (in der Dollar hat der Film »Le Mans 66 – anderen Hauptrolle Matt Damon als Gegen jede Chance« gekostet, ein Rennstallbesitzer Carroll Shelby) Film über das 24-Stunden-Rennen und sich eines dieser typischen eng - von Le Mans im Jahr 1966, als der lischen Rennfahrergesichter der etwas spießige Ford-Konzern die Sechzigerjahre zugelegt hat: ledrige coolen Ferraris aus Italien schlagen Haut und scharfe Kanten, flackernde wollte. Ein Film über Zeiten, in denen Blicke und männliche Falten, die tollkühne Männer in ihren wunder- der viele Whisky und die vielen schönen Ungetümen Leib und Leben Zigaretten geworfen haben. Erzählt riskierten und dabei Unmengen von wird die wahre Geschichte eines histo- Kohlendioxid in die Luft bliesen für … rischen Sieges und eines tragischen ja, was eigentlich genau? Der Beste, Todes. Eine berührende Feier des Un- der Schnellste, der Mutigste zu sein sinns und der Unvernunft. Lothar Gorris Szene aus »Scary Stories …« 38 SPIEGEL BESTSELLER / HERBST 2019 MUSICAL ein Ziel kennt: Sie will zum ersten Volle Fahrt auf dem Mal in ihrem Leben nach New York. Vergnügungsdampfer Zuschauer, die Wert auf Logik und Plausibilität legen, sollten vor dem Ich war noch niemals in New York. Film lieber ein paar Gläser grie- Regie: Philipp Stölzl. Mit Heike Makatsch, chischen Wein trinken. Dann fällt es Katharina Thalbach, Uwe Ochsenknecht, Moritz Bleibtreu. Start: 17. Oktober. ihnen vermutlich leichter, die grotes- ken Wendungen zu akzeptieren, die ● Kreuzfahrten sind gerade etwas in dazu führen, dass die vielen Figuren Misskredit geraten. Schlau also, dass auf einer Überfahrt von Hamburg Regisseur Philipp Stölzl erst gar nicht nach New York zusammentreffen. versucht, den Eindruck zu erwecken, Wenn die Reise erst mal losgeht, wird sein Udo-Jürgens-Musical sei auf ei- die schlingernde Handlung gerad - nem richtigen Schiff gedreht worden. liniger, und die Nummernrevue Voller Absicht erzeugt er eine bon- nimmt Fahrt auf. Erstaunlich, wie Szene aus »Ich war noch niemals in New York« bonbunte Kunstwelt. Er beherzigt das unter Stölzls Regie sogar die notori- Erfolgsrezept der Abba-Filme, die sche Knallcharge Uwe Ochsenknecht möglichst viele Hits durch eine turbu- in der Rolle eines Gigolos plötzlich lente Handlung miteinander verban- auftrumpft und leichtfüßig über das den. Das Multitalent Stölzl (»Nord- Deck fegt. Nebenbei ist der Film na- wand«, »Goethe!«) ist für diesen Job türlich eine Tour de Force durch das eine Idealbesetzung. Er hat schon Mu- Lebenswerk des 2014 verstorbenen sikvideos für Madonna oder Ramm- Jürgens. Er selbst ist nicht zu hören, stein gedreht und zahlreiche Opern dafür geben die Schauspieler mit In- inszeniert. In »Ich war noch niemals brunst Gassenhauer wie »Siebzehn in New York«, einer Adaption des Jahr, blondes Haar«, »Immer wieder gleichnamigen Bühnenmusicals von geht die Sonne auf« oder »Aber bitte 2007, gelingen dem Regisseur schmis- mit Sahne« zum Besten, auch dann, sige und berührende Tanz- und Ge- wenn sie gar nicht singen können, wie sangsszenen, obwohl das schauspiele- etwa Moritz Bleibtreu. Als er Jürgens’ rische Personal dafür nicht in jedem ersten Hit »Merci, Chérie« anstimmt, Fall maßgeschneidert scheint. Heike fällt ihm ein kleiner Junge in die Para- Makatsch spielt die überehrgeizige de und bittet ihn eindringlich, damit TV-Moderatorin Lisa, deren Mutter aufzuhören. Dass der Film sogar aus Maria (Katharina Thalbach) eines seinen eigenen Unzulänglichkeiten Tages in der Küche umkippt, das Ge- ironische Volten entwickelt, macht dächtnis verliert und danach nur noch seinen Charme aus. Lars-Olav Beier Fotos: Fox, Entertainment One, Universal Pictures, Entertainment One (Seite 40) 39 Darstellerin Knightley in »Official Secrets« POLIT-DRAMA KOMÖDIE Frau unter Beschuss Lachhafte Bonzen Official Secrets. Parasite. Regie: Gavin Hood. Mit Keira Knightley, Regie: Bong Joon-ho. Mit Song Kang-ho, Lee Ralph Fiennes, Rhys Ifans. Sun-kyun, Cho Yeo-jeong. Start: 17. Oktober. Start: 21. November. ● Diese Klassenkampfkomödie bringt ● Regisseur Gavin Hood macht in auch strenge Kunstkinoliebhaber »Official Secrets« dokumentarisch ver- zum Lachen. Im Mai gewann sie die bürgtes Polit-Kino. Getreulich erzählt Goldene Palme in Cannes und geht er vom Fall der britischen Geheim- für Südkorea ins Oscar-Rennen – darf dienstmitarbeiterin Katherine Gun, man angesichts der Lobeshymnen für die kurz vor Beginn des Irakkriegs im den Film einwenden, dass Regisseur Jahr 2003 der Weltpresse enthüllte, Bong Joon-ho hier doch eher Kabarett wie der US-Geheimdienst NSA mit und Kleinkunst zeigt als tolles Kino? miesen Tricks und Fehlinformationen »Parasite« erzählt von der armen, den Sicherheitsrat der Vereinten Na- kauzig-liebenswerten Kleinfamilie tionen zu manipulieren versuchte. Der Kim, die in einem Kellerloch haust Film betreibt eine sehr verdienstvolle und sich trickreich ins Haus einer Aufklärungsarbeit über einen halb reichen Familie einschleicht. In ab - vergessenen historischen Skandal. Die gefeimt schönen, geradezu gossen - Heldin wird als Verräterin angeklagt elegischen Bildern zeigt Bong den und auch privat drangsaliert. Ralph Kampf der Kims um Tage löhnerjobs Fiennes spielt mit rührend hölzernem und Würde. Mit satirischem Grimm Engagement einen Menschenrechts - führt er die Wohnung der Reichen als anwalt, der einer mit langer Haft und lachhaftes Bonzenidyll vor und er- sogar Tod bedrohten Heldin beisteht. zählt eine lehrreiche Fabel von der Der sonst fast immer zottelige Rhys Art, wie sie früher Bertolt Brecht oder Ifans ist hier als seriöser Reporter zu Friedrich Dürrenmatt geschrieben bestaunen. Keira Knightley reckt aus- haben – zum Glück kommt es zu gro- giebig ihr stolzes Kinn und ist verläss- tesken und ulkigen Über raschungen. lich zerbrechlich. »Official Secrets« Der Regisseur ist entschlossen, So - mag bisweilen ein etwas hemdsärme - zialkritik und Klamauk zusammen - liger Film sein, der ab und zu durchaus zuzwingen. Sosehr man sich über subtiler sein könnte. Die Geschichte, die grob modellierten Figuren amüsie- die er erzählt, ist aber erschütternd ren kann, ans Herz wachsen sie einem und packend. Wolfgang Höbel nicht. Wolfgang Höbel 40 SPIEGEL BESTSELLER / HERBST 2019.