SCHMIDTS JAHRBÜCHER DBB IN- UND AUSLÄNDISCHEN

REDIGIRT

VOR

Prof. D p. A. W IN T E R

ZU LEIPZIG.

Band 804. JAHRGANG 1884. — Nr. 11.

LEIPZIG 1884.

VERLAG VON OTTO WIGAND.

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■! '• .-'A. •• . . ^ ” v v ’ ;' v< Inhalt ^ A. Auszüge. Medicinische Physik, Chemie und Botanik. Gynäkologie und Pädiatrik. Nr. 566—581. 551. Chirurgie, Ophthalmologie und Otiatrik. Anatomie und Physiologie. Nr. 552—555. Nr. 582—586. Hygieine, Diätetik, Pharmakologie und Psychiatrie. Nr. 587—592. Toxikologie. Nr. 556—558. Staatsarzneikunde. Pathologie, Therapie und medicinische Medicin im Allgemeinen. Nr. 593—594. Klinik. Nr. 559—565. 1 B. Originalabhandlungen u. üebersichten. Nr. XI. S. 201. C. Kritiken. Nr. 67—75. D. Miscellen. S. 224. * INHALT:

A. Auszüge.

1. Medicinische Physik, Chemie und Botanik. 564. Barthelemy. Syphilis hereditaria tardiva mit Affek­ tion der Leber. S. 152. 551. Robert, R . Ueber Fäulniss und Fäulnissprodukte 565. Ziehl, F. Zur Casuistik seltener Formen von Syphilis. (Ptomatine). S. 113. S. 152. V. Gynäkologie und Pädiatrik. II. Anatomie und Physiologie. 566. Zur Casuistik der angebornen Bildungsfehler der weiblichen Genitalien. S. 154. 552. Waldeyer, W. Wie soll man Anatomie lehren und lernen ? S. 123. 567. Hegar, A. Ueber einige Folgezustände hochgradiger Erschlaffung der Beckenbauchwand. S. 154. 553. Rabl, C. Ueber Zelltheilung. S. 124. 568. Budin, P. Ein neues Instrument zur Ausspülung 554. Studien über Regeneration der Gewebe; unter Leitung der Uterushöhle, die sogenannte Hufeisenkanalsonde. von Prof. W. Flemming ausgeführt von A. Bocken- S. 155. dahl, R. Drews, O. Möbius, E. Paulsen und J. Schedel. S. 125. 569. Lahs. Was heisst unteres Uterussegment? S. 156. 570. Heitzmann, J. Vicariirende Menstruation und Men- 555. Hermann, L. Ueber den Einfluss des Nervensystems strualexantheme. S. 156. auf die Resorption. S. 128. 571. Kisch, E. H. Dyspepsia uterina. S. 158. 572. Quinlan, E. J. B. Nutzen der Nährklystire bei schwerem reflektorischen Erbrechen. S. 159. III. Hygieine, Diätetik, Pharmakologie und 573. Zur Casuistik der Dystocien. S. 159. Toxikologie. 574. Betty, C. Zwei Fälle von Retention der Placenta in Folge von Uteruskrampf. S. 160. 556. Ueber Cannabis indica und deren Präparate. S. 129. 575. Grammatikati, J. Ueber die phosphor- und schwefel­ 557. a. Filippow, M. Zur therapeutischen Bedeutung sauren Verbindungen des Harns in den ersten Tagen des Sauerstoffs und Ozons. — b. Binz, C. Die Wir­ des Wochenbetts. S. 160. kung ozonisirter Luft auf das Gehirn. S. 132. 576. Haidien, R. Akute Pankreatitis im Wochenbett. 558. Rosenthal, M. Untersuchungen und Beobachtungen S. 160. über Arzneimittel. S. 133. 577. Cayaux, H. B. Ueber die Ernährung der Säuglinge in Indien. S. 161. 578. Blomberg, C. Pemphigus neonatorum. S. 161. IV . Pathologie, Therapie undmedicinische Klinik. 579. Nolen, W. Ueber spastische Spinalparalyse in der Kindheit. S. 162. 559. Erb, W. Ein Fall von Hämorrhagie in das Corpus 580. Adsersen, H .; H. J. Möller. Fälle von Bronchial­ callosum. S. 134. croup bei Kindern. S. 162. 560. Schultze, Fr. Ueber eine eigentümliche progres­ 581. Roemer. Ovariotomie bei einem 1 Jahr 8 Monate sive atrophische Paralyse bei mehreren Kindern der­ alten Kinde; Heilung. S. 163. selben Familie. S. 135. 561. Wagner, Paul. Beiträge zur Lehre vom Tetanus. VI. Chirurgie, Ophthalmologie und Otiatrik. S. 135. 562. Beiträge zur Lehre von der Purpura. S. 148. 582. Deahna. Ueber neuere Verbandmittel undVerband- 563. Monastyrski. Casuistische Beiträge zur Lehre von methoden. S. 164. den syphilitischen Gelenkleiden. S. 151. 583. Zur Casuistik der Geschwülste. S. 174. JAHRBÜCHER

der in- und ausländischen gesammten Medicin.

Bd. 204.______1884. ______J9 2. A. Auszüge.

I. Medicinische Physik, Chemie und Botanik.

551. Ueber Fäulniss und Fäulnissprodukte beiten1) mit berücksichtigt, von denen die von ( Ptomatine); von Dr. R. Kobert1). Czagyn verfasste in unsern Jahrbüchern noch keine Ueber eine Ptomatinvergiftung durch verdor­ Erwähnung gefunden hat. bene Fische erstattet Prof. N a u n y n Bericht (Mit­ Die Erkrankung betraf 6 Personen; die Vergif­ theil. flb. Landwirthsch., Gartenbau u. Iiauswirthsch. tungssymptome traten erst sehr spät, nach 15 Std., VI. 5. p. 26. 1884). auf und bestanden in Trockenheit im Halse, Schluck­ beschwerden, Schwere in den Gliedern. Die Augen­ In einer wohlhabenden Familie Saalfelds in Ost- preusaen waren am Montag einer Woche Schleien in Essig untersuchung ergab Parese der MM. recti superiores, eingekocht worden; dieselben hatten dann bis zum Sonn­ inferiores, interni u. obliqui, Lähmung der NN. oculo- abend gestanden und waren erst an jenem Tage in an­ motorii und daher Ptosis, Verlust der Accommodations- scheinend gut conservirtem Zustande genossen worden. und Lichtreizreaktion der Pupille, hochgradige My- An der Mahlzeit hatten sich Vater, Mutter, 3 erwachsene Töchter und 1 Knabe von ungefähr 12 J. betheiligt; alle driasis, Doppeltsehen und Verschleierung des Ge­ mit Ausnahme des Vaters erkrankten schwer am folgen­ sichtsfeldes. Pulsbeschleunigung war nicht vorhan­ den Tage; die Mutter starb schon nach wenigen Tagen, den, was der Differentialdiagnose wegen sehr wichtig eine der ältern Töchter nach etwa 2 Wochen. Die sehr ist. Die Sprache war näselnd, der Stuhl angehalten. sonderbaren Krankheitserscheinungen waren ähnlich wie in manchen Fällen der Diphtheritis: es bestand als Haupt­ Zwei der Pat. gingen unter Anfällen von Dyspnoe erscheinung eine Lähmung der Schlundmuskulatur mit der zu Grunde. Die Sektion ergab keine nachweisbare Unmöglichkeit zu schlucken, und die Kr. konnten in der Veränderung. Nähe nicht deutlich sehen, ein Symptomenbild, welches Kurz erwähnt möge hier noch ein Fall werden, für Ptomatinvergiftung ganz typisch ist und auf dessen Aehnlichkeit mit Atropinvergiftung wir in diesen Jahr­ in welchem ein junges Mädchen nach Genuss von büchern schon oft hingewiesen haben. Die Vergiftung Kalbsleber starb. Dieselbe stammte von einem 4 T. war nicht durch Kochen der Fische in einem kupfernen zuvor getödteten Thiere, welches an Pleuropneumonie Kessel, auch nicht durch zufällige oder absichtliche Ver­ wendung von Schierling an Stelle von Petersilie hervor­ gerufen , das Gift steckte vielmehr in den Schleien, aber 0 Casselmann, A., Ueber einen Versuch hinsicht­ nur weil sie in einem Zustande beginnender Verwesung lich der Wirkung angeblich giftiger Fische auf eine Katze. waren; es hatte sich eben in ihnen ein typisches Ptomatin Pharmac. Ztschr. f. Russland X. p. 193. 1871. entwickelt. Goertz, A., in Yokohama, Ueber d. in Japan vor­ kommenden Fischvergiftungen. Petersb. med. Wchnschr. Auf dieselben Fälle bezieht sich auch ein Aufsatz 1878. p. 94. Ober Fischvergiftung von Dr. Jul. Schreiber Hermann, F., Vergiftung durch gesalzenen u. ge­ (Berl. klin. Wchnschr. XXI. 11 u. 12. p. 162.183. dörrten Stockfisch. Ibid. 1878. p. 371. 1884). Derselbe bietet jedoch ein besonderes Inter­ Czagyn, W., Fall von Fischvergiftung durch Hä­ esse, namentlich da Sehr, bei seinem Ueberblick ringe. Wratsch 1883. p. 27. Russisch. — Eine weitere über die Fischvergiftung überhaupt 4 russische Ar- hierher gehörige Arbeit in russischer Sprache von P. Prochorow über die Giftigkeit einiger Neunaugen (Wratsch 1884. p. 54) ist von Schreiber leider nicht ') Schluss vgl. Jahrbb. CCIV. p. 3. berücksichtigt worden. Ref. Med. Jahrbb. Bd. 204. Hft. 2. 15 114 I. Medicinische Physik, Chemie 11. Botanik. gelitten hatte. Vater, Mutter und 3 Geschwister, liche Respiration lange fortgesetzt lebensrettend wir­ welche gleichfalls von der Leber genossen, waren ken könne. Diese Angabe ist von grossem Interesse, mit Magenschmerzen, Erbrechen und Durchfall so denn es würde das Schlangenptomatin vielleicht als heftig erkrankt, dass sie 2 T. lang das Bett hiiten curareartig wirkend erscheinen lassen, ein Symptom, mussten, genasen jedoch wieder (Lancet I. 18; welches bekanntlich sehr vielen Ptomatinen (z. B. May 3. 1884. p. 418). dem von Harkawy) zukommt. Aron nimmt von dem Gifte der Brillenschlange übrigens nur eine cen­ Ueber die Natur des Schlangengiftes, tral lähmende, also morphiumartige Wirkung an. seine Wirkung auf lebende Wesen und die dagegen A. J. Wall (Indian snake poisons, their nature einzuschlagende Therapie liegt eine bemerkens­ and effects. 1883. W. H. Allen & Co. w erte Abhandlung von Joseph Payr er vor 171 pp.) wurde von der englisch-indischen Regierung (Med. Times and Gaz. Febr. 2. 1884). beauftragt, nach Mitteln gegen Schlangenbiss zu Man ist jetzt darüber einig, das Schlangengift suchen, und stellte in Folge dessen zunächst Ver­ zu den Ptomatinen wenigstens so lange zu rechnen, suche über die Wirkung der Schlangengifte an. bis eine genaue Analyse desselben vorliegt und seine Im Grossen und Ganzen kann man 2 Klassen Nichthierhergehörigkeit beweist (vgl. unsern Bericht von Schlangengiften unterscheiden, welche als Vipern­ über die Versuche von Aron: Jahrbb. CCI. p. 15). gift und Natterngift bezeichnet werden. In Britisch Indien sterben jährlich 20000 Men­ Von den Vipern wurde namentlich Daboia Rus- schen in Folge von Schlangenbiss, da die Therapie seli [zu der Unterordnung Solenoglypha der Ophi- sich bisher noch als sehr ohnmächtig erwiesen hat. dier gehörig, Ref.} untersucht. Der Biss dieses Die Drüsen der Schlangen, welche das Gift produ- Thieres ist sehr schmerzhaft und bewirkt rasch Ent­ ciren, entsprechen bekanntlich der Parotis der höhern zündung. Ist dabei viel Gift in den Körper ge­ Thiere. Das Gift ist in frischem Zustande eine vis- langt, so treten schnell heftige Convulsionen centralen cide transparente Flüssigkeit; getrocknet verliert es Ursprungs auf, denen bald Paralyse der Muskeln und 50— 75°/0 Wasser und stellt eine halbkrystallinische Tod durch Respirationsstillstand folgt, während das Masse dar, ähnlich dem Gummi arabicum; mikro­ Herz noch fortschlägt. Die Convulsionen bleiben skopisch zeigt es sich völlig strukturlos. Eine kleine auch bei Einleitung künstlicher Athmung nicht aus, Menge desselben kann man dadurch sich verschaffen, fehlen jedoch in Extremitäten, deren motorische Ner­ dass man Schlangen in vorgehaltene Gegenstände ven durchschnitten sind. Verläuft die Vergiftung beissen lässt. Dabei erschöpft sich die Giftigkeit in Folge geringerer Menge des applicirten Giftes nach längerem Beissen, kehrt aber in der Ruhe langsam, so können die Convulsionen ausbleiben und schnell wieder. Bemerkenswerth ist, dass die Schlan­ die Lähmung primär auftreten. Sie befällt dann gen sich selbst und Thiere derselben Gattung durch ziemlich gleichmässig das ganze Centralnervensystem. Bisse nie vergiften, ungiftige Schlangen dagegen Verläuft die Vergiftung noch langsamer, so ähnelt eben so sicher wie andere Thiere. Ref. erinnert sie einer schweren Infektionskrankheit. Besonders dabei an die ganz ähnliche Erscheinung beim Kröten­ in solchen Fällen kommt es dann zu Erbrechen, flüs­ gift. Dieses gehört pharmakologisch in die Digi- sigen Defäkationen; beiden Entleerungen ist viel talingruppe und darum kann man Kröten jedes be­ Blut beigemischt. In den Nieren ist starke Hyper­ liebige Gift der Digitalingruppe in einer lOmal grös­ ämie, im Harn oft schon nach 6 Std. Eiweiss zu sern Dose, als nöthig ist, um einen gleich grossen finden. Das Blut hat seine Gerinnbarkeit verloren [?]. Frosch zu vergiften, einspritzen, ohne dass die Thiere Der Tod erfolgt durch Collapsus oder an Lungen­ daran sterben. Wie Ref. fand, gilt diess aber nur ödem. für fertig entwickelte Kröten; die Krötenlarven, Das Gift von Echis carinata und das der ameri­ welche bekanntlich noch kein Gift secerniren, sind kanischen Klapperschlange ist dem der Daboia sehr auch gegen die Wirkung desselben nicht geschützt; ähnlich. sie sterben daher nach derselben Dose, welche nöthig Als Typus des Natterngiftes wird von Wall ist, um eine gleich grosse Froschlarve zu tödten. das der Cobra (Naja tripudians) aufgestellt. Nach Das Schlangengift wirkt nach Fayrer unge­ Infektion mit demselben tritt entweder binnen 1— mein rasch, und zwar nicht nur vom Blute aus, son­ 2 Std. der lethale Ausgang ein oder das Individuum dern auch bei Applikation per os; es ist daher sehr wird sehr bald wieder ganz gesund. Veränderungen gefährlich, Schlangenbisswunden auszusaugen. Seine des Blutes, blutige Entleerungen und Eiweissharn Wirkung erstreckt sich auf die nervösen Central­ fehlen dabei stets, dagegen ist immer starke Saliva- organe, besonders auf die Medulla obl., und erzeugt tion vorhanden; darauf folgt Erbrechen und moto­ schnell allgemeine Lähmung; vielleicht wirkt das rische Lähmung. Beim Menschen zeigt sich früh­ Gift auch auf die Herzganglien. Ausserdem bewirkt zeitig Unvermögen, die Augen offen zu halten ; darauf es heftige lokale Entzündung mit nachfolgenden folgt völlige Lähmung der Unterextremitäten, wäh­ Hämorrhagien und septischen Processen. Uebrigens rend die obern zunächst noch normal funktioniren. ist bald das eine, bald das andere VergiftungsBym- Dann tritt Verlust des Schluckvermögens und der ptom mehr ausgeprägt. Nach an Thieren ange­ Sprache auf, indem Lippen, Zunge und Kehlkopf stellten Versuchen schien cs F a y r e r , als ob künst­ gelähmt werden. Unter leichten Zuckungen erfolgt I. Medicinische Physik, Chemie u. Botanik. 115 der Tod durch Athemlähmung. Das Bewusstsein trix seu Trigonocephalus contortrix seu Scytalus scheint bis zum Ende hin noch vorhanden zu sein. cupreus, Copperhead der Amerikaner). Sie ist der Beim Bunde tritt ein fast genau gleiches Symptomen- Klapperschlange nahe verwandt, ungefähr 1 m lang, bild auf mit Erbrechen, Salivation und motorischer in den Vereinigten Staaten heimisch, aber sehr Lähmung; doch werden hier alle 4 Extremitäten selten. Ihre Haut zeigt eine schöne Kupferfärbung. ziemlich gleichzeitig befallen und hört die.Athmung Nach K a r y kann ihr Biss selbst Pferde tödten. plötzlich auf. Wenn keine künstliche Respiration O tt kam bei seinen Versuchen über dieses eingeleitet wird, kommt es dabei zu heftigen Kräm­ Thier zu folgenden Resultaten. Das Gift von An­ pfen ; ist jedoch für künstliche Athmung gesorgt, so cistrodon ist weniger stark als das der Klapper­ bleiben beim Hunde die Reflexe der Augenlider noch schlange1). Die Herzthätigkeit erlahmt nach beiden lange bestehen und das Herz schlägt noch Stunden Giften schnell und der Tod folgt. Die sensibeln lang weiter. An Fröschen tritt die Vergiftung unter Nerven bleiben von beiden Giften unbeeinflusst, nicht dem Bilde einer centralen und peripheren Läh­ dagegen die sensorischen Centra. Die Muskelerreg­ mung auf. barkeit ist bei der Vergiftung mit dem erstgenannten Dem Gifte der Naja tripudians ähnlich soll nach Gifte beim Tode noch fast normal. Beide Gifte Wall das von Bungarus coeruleus u. von Koploce- sind einander sehr ähnlich, und es dürfte Das, was phalus porphyriacus wirken. Das Gift von Bun­ für das eine gefunden ist, auch für das andere Gel­ garus fasciatus hingegen bedingt in minimalen Mengen tung haben. Der Tod tritt unter Pulsverlangsamung applicirt einen infektiösen Process, welcher oft erst ein. Der Blutdruck wird durch beide Gifte stark am 5. Tage auftritt, in Eiterungen der verschieden­ herabgesetzt. Das Blut zeigt keine mikroskopischen sten Schleimhäute (Conjunctiva, Nase, Rectum, Veränderungen. Haiford in Melbourne dagegen Vagina) besteht und dadurch tödtlich wirken kann. behauptet, es träte eine ungeheure Vermehrung der Das Daboiagift wird beim Erwärmen auf 80° Anzahl der weissen Blutkörperchen ein. Yarrow unwirksam; das Cobragift dagegen wird selbst bei glaubt Veränderungen der Form der rothen Blut­ einstündigem Erhitzen auf 107° noch nicht ganz körperchen und Abnahme der Geldrollenbildung con- unwirksam (wohl aber bei 2stündigem). statirt zu haben. Vom Klapperschlangengift be­ Carbolsäure hat auf Cobragift nur wenig Ein­ hauptet Fletcher, es sei bei stomachaler Appli­ wirkung ; stärkere das Kali hypermanganicum. kation ungiftig, da es nicht resorbirbar sei und im Mit dem Namen Bungar bezeichnen die Inder Verdauungskanale in eine unschädliche Substanz eine grosse äusserst gefährliche Giftnatter. Bungarus umgewandelt werde. Uebereinstimmend geben alle coeruleus, von den Engländern Krait, von uns Feld­ Beobachter an, dass der Biss von Ancistrodon con­ schlange genannt, ist eine 1.5 m lange Species. tortrix ungemein starke Lokalerscheinungen, wie Von Brillenschlangen gebissene Bungaren sterben Schwellung, Entzündung, Verfärbung und Absce- nach F a y r e r. dirung, hervorrufe, enorm schmerzhaft sei u. zu Deli­ Folgenden Fall von tödtlicher Vergiftung beo­ rien und anderen schweren Allgemeinerscheinungen bachtete A. L o n g (Brit. med. Journ. March 1.1884. führe. In einem von Kunkler 1859 beschrie­ p. 404) nach einem Bisse dieses Thieres in die Hand benen Falle, der einen Knaben betraf, trat danach bei einem 33jähr. Manne. der Tod ein; in allen ändern Fällen (u. Yarrow Derselbe erkrankte unter heftigen Schmerzen im führt eine grosse Zahl derselben aus der amerikani­ Epigastrium und Athembeschwerden, die sich bald zum schen Literatur an) erfolgte langsam Heilung. Ab- Stimmritzenkrampf steigerten. Puls = 96. Haut trocken, scedirungen sind sehr häufig. heiss. Wunde kaum geschwollen. Pupillen dilatirt. Etwas später schwoll der Hals äusserlich etwas an. Anhangsweise seien hier noch einige Notizen Das allgemeine Unbehagen wurde durch ein warmes Bad über Schlangengift im Allgemeinen mitgetheilt. gemildert. Nach Lacerda Filho reagirt das Gift der süd­ Um 7 Uhr, 2 Std. nach dem Bade : starke Pupillen­ amerikanischen Schlangen stets neutral, ist eine durch­ erweiterung, Puls 100. Spasmodische Anfälle wie vorher. Um 9 Uhr Hessen die Anfalle nach. Pat. musste die scheinende geruchlose Flüssigkeit und zeigt unter Nacht in sitzender Stellung zubringen, schlief aber etwas. dem Mikroskope sich lebhaft bewegende Körperchen, Früh 5 Uhr. Plötzliche Verschlimmerung; Puls die jedoch auf Zusatz von Alkohol, Chloroform oder kaum wahrnehmbar, Herzthätigkeit flatternd u. unregel­ Borsäure zur Ruhe kommen. Bei 0° und bei 90° mässig, Temp. = 102.6° F. (ca. 39.2 C.). Gleich darauf Eintrit des Todes. verlor das Gift seine Wirksamkeit. Als bestes Ueber amerikanische Schlangen liegen folgende Gegenmittel erwies sich ihm Alkohol, bis zur Trunken­ M ittheilungen vor. heit gegeben. Isaac Ott, über Schlangengift: Virginia Medical Das Gift der Brillenschlange wurde von Gautier Monthly, February 1883. Robert Fletcher, neue Experimente über Schlangengift: Amer. Journ. of med. Sc. CLXXI. p. 431. *) Hinsichtlich des Klappersclilangengiftes sei hier July 1883. an eine Notiz von Cr o ft (Chem. News XLVI. 1882. H. C. Yarrow, ein Fall von Vergiftung durch denp. 165) erinnert, wonach man in Texas allgemein eine Biss von Ancistrodon contortrix. Ibid April 1884. p. 422. starke Lösung von Jod in Jodkalium anwendet. Mit dem aus der Giftdrüse ausgepressten Gifte vermischt gab diese In die Gruppe der Sumpflochottern (Cenchris) Lösung sofort einen reichlichen Niederschlag von hell­ gehört die Mokassinschlange (Ancistrodon contor­ brauner Farbe. 116 I. Medicinische Physik, Chemie u. Botanik. untersucht. Durch Erhitzen auf 100° wurde es Ueber den Gebrauch des Wassers der Seeigel in nicht wirkungslos, wohl aber durch Zusatz von Na­ der Therapie haben J. Moursou u. F. Schlag- tronlauge. denhauffen (Journ. de Ther. X. p. 281. 1883) Ueber das Gift von Heloderma suspeclum (Gila Untersuchungen angestellt. monster) haben Weir Mitchell und E. T. Rei­ Die Seeigel (Strongylocentratus lividus Brand, chert (Philad. med. TimesXIII. p. 405. 1882—83) Toxopnejistes Lachen) werden von October bis März Untersuchungen angestellt*). an den Küsten des Mittelmeeres häufig gegessen, Das Thier ist mit Unrecht von vielen Autoren und zwar bilden die Geschlechtsdrüsen (Ovarien und für unschädlich gehalten worden, denn es hat nach Testikel) das Nahrhafte an ihnen. Das in den Drü­ M. u. R. hohle typische Giftzähne u. secernirt eine sen enthaltene wässrige Fluidum wird zur Anfeuch­ toxische Substanz, welche aus Giftdrüsen kommt tung von Brod benutzt und dasselbe als Nahrungs­ und die Wunde vergiftet. Auch Heloderma horridum und Appetit machendes Mittel sehr geschätzt; bei ist giftig. Phthise ist es schon seit alten Zeiten empfohlen. Dr. Shutfeldt, welcher von einem nicht sehr Das Geschlechtsdrüsenwasser ist leicht opak, roBig grossen Exemplare der Heloderma suspectnm am Daumen gefärbt und hat ein spec. Gewicht von 1028—1030. Es gebissen wurde, empfand sofort heftige stechende Schmer­ hält sich mehrere Tage unzersetzt; schlüsslich lässt es zen im Arm u. in der ganzen Körperhälfte. Er kam einer bräunliche Flocken ausfallen und riecht dann nach Schwe­ Ohnmacht sehr nahe u. seine Haut fing reichlich an zu transspiriren. Ueber Nacht konnte er absolut nicht schlafen, felammonium. Die anfangs neutrale Reaktion ist dann alkalisch. obgleich die Wunde in Eis gepackt worden war. Die ganze Hand war bis dahin stark geschwollen. Morgens Der rothe Farbstoff ist löslich in Alkohol und in ging die Schwellung zurück und nach einigen Tagen trat Aether und scheint ein lecithinartiger Körper zu sein. Heilung ein. 100 ccm des Seeigelwassers enthalten 0.460 g orga­ nische Substanz und 3.665 g Asche. Die Asche enthält Zum Zweck der Giftgewinnung Hessen M. u. R. Schwefelsäure, Chlor, Magnesium, Calcium, Natrium und ein Heloderma in eine vorgehaltene Untertasse beissen, Kalium (und zwar im Verhältniss von 115Na : 2 K). wobei einige Tropfen leicht blutig tingirten Spei­ Das frisch entnommene Seeigelwasscr enthielt an chels seitlich abtropften. Dieses Sekret hatte einen Gasen pro Liter: 0.80 ccm O, schwachen, nicht unangenehmen Geruch und war 15.20 ccm N, deutlich alkalisch, während das Gift aller Gift­ 18.00 ccm C02. schlangen sauer reagirt. Vier Tropfen des Giftes Die organischen Bestandteile, welche ausser dem wurden mit etwas Wasser verdünnt in die Brust­ schon genannten lecithinartigen Körper gefunden wurden, muskulatur einer grossen Taube injicirt. sind Eiweiss, Harnstoff, Fett und ein Ptomatin; Zucker und Harnsäure konnten nicht gefunden werden. Nach 3 Min. fing das Thier an zu schwanken, in der 5. trat Dyspnoe auf, in der 6 .‘erfolgte unter Krämpfen Das Ptomatin geht (neben fettigen und lecithin­ und Pupillenerweiterung der Tod. Die Injektionsstelle artigen Körpern) in den Aetherauszug über. Es zeigte nicht die geringste lokale Reizung, während bei bildet Niederschläge mit Tannin, Phosphormolybdän­ ändern Schlangengiften starke Lokalerscheinungen ganz typisch sind. Muskeln und Nerven reagirten deutlich auf säure und Quecksilberjodidjodkalium. Die Vff. halten elektrische Reizung. Herz in Diastole. Baucheingeweide es für ein Zersetzungsprodukt des Körpereiweiss und blutüberfüllt. meinen, dass es ein normales Exkretionsprodukt der Der Blutdruck wurde an Kaninchen mit intakten und durchschnittenen Yagis untersucht. Nach Injektion von Seeigel sei. 10 mg in die Jugularvene trat sehr schnell Abfall des In Bezug auf die therapeutischen Wirkungen des Blutdrucks ein. Der Puls war erst retardirt, dann be­ Seeigelwassers fanden die Vff., dass es auf Kranke schleunigt. Die Sektion ergab keinerlei anatomische Ver­ einen „eupeptischen“ Einfluss ausübt. In grossen änderungen ; alle Muskeln waren noch erregbar. Dosen wirkte es abführend. Das darin enthaltene Am isolirten Froschherzen bewirkte das Gift schnell Abnahme der Frequenz und der Stärke der Herzschläge. Ptomatin erwies sich an Fröschen als ungiftig. Die Vff. schliessen aus diesen Versuchen, dass Ueber das Gift der Batrachier liegen Unter­ das Gift ein primäres Herzgift ist, was von den bis suchungen von G. Calmets vor (C. r. de l’acad. jetzt untersuchten Schlangengiften nicht gesagt wer­ des Sc. XCVIII. p. 536. 1883). den kann. Das Gift der Kröten enthält nach C. eine kleine Für Menschen ist das Gift nicht tödtlich; immer­ Menge Methylcarbylamin, dem es theilweise seinen hin aber sind die Intoxikationserscheinungen doch Geruch und seine Giftigkeit verdankt; hauptsächlich recht ernst. Kleine Thiere dagegen werden schnell aber enthält es Methylcarbylaminsäure, deren Gegen­ getödtet. • wart das Auftreten von Methylcarbylamin erklärlich macht. Die Säure kann übrigens synthetisch dar­ *) Die Krustenechse, Escorpion der Kreolen, Tola- gestellt werden. In der Drüse entsteht die Säure Chini der Azteken, Heloderma suspectum und horridum aus Glykocoll unter Fixation der Elemente der vertritt eine besondere Sippe (Heloderma) u. mit einigen Ameisensäure. Aehnlich sind die Verhältnisse bei anderen verwandten Gruppen eine eigne Familie (Trachy- dermidae) der Eidechsen und ist durch Deppe und durch Triton cristatus und bei Salamandra terrestris. Sumichrast zoologisch untersucht. Sie lebt nur auf Die pbysiolog. Eigenschaften, welche V u l p i a n der Westseite der Cordilleren in trocknen Gegenden, dem Salamandergifte und Paul Bert dem Scor- stinkt Behr und ist vom Volke seit alten Zeiten für giftig gehalten worden. Echte Giftdrüsen hat aber noch kein piongifte zuschreibt, sind identisch; sie ähneln denen Forscher bisher gefunden. K o b e r t. des Amylcarbylamin. Die Carbylamine sind un­ I. Medicinische Physik, Chemie u. Botanik. 117 gemein giftig, giftiger als wasserfreie Blausäure. die Vermuthung naheliegend, dass dem Allantoin Ein Kaninchen, welches einige Sekunden Dämpfe eine weite Verbreitung im Pflanzenreiche zukommt von Methylcarbylamin zu riechen bekam, fiel wie oder dass Verbindungen ähnlicher Struktur dasselbe vom Blitze getroffen nieder, schrie und starb. in ändern Pflanzenarten vertreten. Anhangsweise sei hier noch eine merkwürdige In ihrer 2 .Mittheilung berichten Sch. u. Barb. Beobachtung erwähnt, welche Paul Bert 1882 über eine von ihnen entdeckte aromatische N-Ver- gemacht hat. Indem er die an Drüsen reiche Haut bindung in den Keimlingen von Lupinus luteus, am Halse der Frösche kratzte, gelang es ihm, eine welche jedenfalls auch als Eiweisszersetzungsprodukt Flüssigkeit zu sammeln, welche sich als giftig er­ anzusehen ist, da sie sich in dem reifen Samen nicht wies. Einige Tropfen davon einem Sperlinge ein­ findet und erst beim Verlaufe der Keimung im Dun­ gespritzt , bewirkten Tod desselben unter Krämpfen keln sich anhäuft, in ihrer Constitution ein Seiten­ und Stillstand des Herzens in Systole. Am Frosch stück zum Tyrosin darstellend; es ist die Phenyl­ verlief die Vergiftung ebenso. Auf die Conjunctiva amidopropionsäure. Auch konnte bei der künst­ von Warmblütern gebracht, erregt das Gift ein eigen- lichen Zersetzung einer aus Kürbissamen abgeschie­ thümliches Augenleiden. denen Globulinsubstanz mit Salzsäure u. Zinkchlorür ein Produkt erhalten werden, welches mit ihr wahr­ E. Schulze u. J. Barbieri, Ueber das Vorkom­scheinlich identisch ist. Ein Gleiches dürfte von dem men von Allantoin im Pflanzenorganismus. Berl. ehem. Tyroleucin gelten, welches Schützenberger bei Ber. 1881. p. 1602. — Dieselben, Ueber das Vorkom­ Zersetzung des Albumin mittels Barytwasser erhalten men von Phenylamidopropionsäure unter den Zersetzungs­ hat. Jedenfalls ist es von hoher Bedeutung, dass produkten der Eiweissstoffe. Das. p. 1785. wir hierdurch ein zweites N-haltiges Benzolderivat Wir nähern uns mehr und mehr der Auffassung, unter den in der Pflanze gebildeten Eiweisszersetzungs­ dass die Stoffwechselprodukte thierischer und pflanz­ produkten haben. licher Zellen im Wesentlichen die gleichen sind. Aus Nencki, Beiträge zur Biologie der Spaltpilze. diesem Gesichtspunkte hat R e i n k e in seinem Lehr- Leipzig 1880. buche der allgemeinen Botanik bereits hervorgeho­ F. Schaffer, Zur Kenntnisa des Mykoprotein. ben , dass zwei der wichtigsten im Thierkörper ge­ Journ. f. prakt. Chemie N. F. XXIII. p. 302. 1881. bildeten Eiweisszersetznngsprodukte, Harnstoff und In Gemeinschaft mit Nencki hat Schaffer Harnsäure, in den Pflanzen nicht gefunden worden die chemische Zusammensetzung der Fäulnissbak- sind. Es erschien ihm naheliegend, dass andere terien untersucht und gefunden, dass dieselben einen N-baltige Verbindungen in den Pflanzen diese beiden ihnen eigenthümlichen Eiweisskörper, Mykoprotein Körper physiologisch vertreten möchten, und er er­ genannt, enthalten neben 84°/0 Wasser, etwas Fett innert an die (von uns schon besprochenen : Bd. CCI. und Asche. Die mit Aetherweingeist entfetteten p. 4) nahen chemischen Beziehungen, z. B. des Theo­ Bakterien lösen sich beim Digeriren mit O.öproc. bromin und des Coffein, zu jenen beiden Substanzen. Kalilauge in der Wärme ohne Ammoniak- und Es erscheint denkbar, dass bei der regressiven Stoff­ Schwefelwasserstoffentwicklung auf und die Lösung metamorphose des vegetabilischen Protoplasma Ei­ scheidet beim Uebersättigen mit Salzsäure und Ver­ weissderivate gebildet werden, welche, chemisch dem setzen mit concentrirter Kochsalzlösung das Myko- Harnstoffe nahestehend und ihn physiologisch ver­ protei'u wieder aus. Das mit Kochsalzlösung ge­ tretend , dennoch in der Regel nicht zur Anhäufung waschene Mykroprotein enthält 52.3°/0 Kohlenstoff, gelangen, weil die Pflanze diese Stoffe alsbald wieder 7.4°/o Wasserstoff und 14.8°/0 Stickstoff. Dieselbe für Eiweisssynthesen zu verwenden vermag. Ist es Zusammensetzung besitzt die auf gleiche Weise ge­ doch experimentell erwiesen, dass der Harnstoff auch reinigte Eiweisssubstanz der Bierhefe. Da das Myko­ für die Ernährung der höhern Gewächse eine vor­ protein keinen Schwefel enthält, so berechnen N. u. zügliche N-Quelle bildet. Sch. als einfachste Formel für dasselbe C25H4.2N509. Die hier bestehende Lücke ist nun, wenn auch Frisch gefällt ist es in Wasser, Säuren und Alkalien zunächst nur für eine Pflanze, von Schulze und leicht löslich, reagirt schwach sauer, löst sich aber Barbieri ausgefüllt worden. Sie stellten nämlich nach dem Trocknen bei 110° nicht mehr vollständig. aus den Knospen von Platanus orientalis in nicht In Neutralsalzlösungen ist es unlöslich; durch Wein­ unbeträchtlicher Menge Allantoin dar, eine Sub- geist wird es nicht gefällt und mit Salpetersäure giebt stanz, die ihren chemischen Eigenschaften nach etwa es nicht die Proteinreaktion, dagegen mit alkalischer zwischen Harnstoff und Harnsäure steht und aus Kupferlösung die Violettfärbung. Es ist links­ Harnsäure durch Oxydation dargestellt werden kann; drehend. auch aus dem Allantoin der Platanen Hess sich Harn­ Beim Schmelzen des Mykoprotein mit Kali wur­ stoff gewinnen. Während das Allantoin in den Knos­ den neben Spuren von Skatol und Indol Phenol und pen dieses Baumes 0.5— l.O°/0 der Trockensubstanz fette Säuren, vorwiegend Valeriansäure, erhalten; in ausmachte, waren in den jungen Blättern davon nur der wässrigen Lösung der Schmelze fand sich ausser­ Spuren enthalten und daraus darf man wohl folgern, dem Leucin. dass dasselbe Tbei den Wachsthumsprocessen wieder N. Sieber hat Beiträge zur Kenntniss der für Synthesen verbraucht wird. Ebenso erscheint chemischen Zusammensetzung der Schimmelpilze 118 I. Medicinische Physik, Chemie u. Botanik. geliefert (Journ. f. prakt. ChemieN. F. XXIII. p. 412. ohne freien Sauerstoff leben kann, in ein solches, 1881). welches sehr wohl ziemlich lange die ihm zum Leben Zur Beschaffung reinen, von Spaltpilzen freien nöthige Wärme durch Zerlegung gährungsfähiger Materials wurden phosphorsäurehaltige (also saure) Substanzen bilden kann, dargethan sein. Wie V. Nährlösungen angewandt, die ausser Wasser, Zucker, weiter fand, wandelt der Bacillus subt. die Kohle­ Chlor, Kali, Natron, Kalk und Magnesia theils Gela­ hydrate zunächst in Milchsäure um und hat eine tine , theils Salmiak enthielten. Auf diese Nährlö­ grosse Neigung, auf Kosten der letztem Buttersäure sungen wurden Sporen u. Fäden von Peniciliium und zu bilden. Aspergillus glaucus ausgesät, und zwar in flachen W. D. Miller bespricht die Gährungsvorgänge Schalen, welche der Luft eine möglichst grosse Ober­ im menschlichen Munde und ihre Beziehung zur fläche darboten. Mikroskopische Untersuchungen Caries der Zähne und zu verschiedenen Krank­ hatten ergeben, dass in der salmiakhaltigen Nähr­ heiten (Bes. Beil. zu Nr. 36 d. deutschen med. Wo- lösung sich vorwiegend Aspergillus glaucus entwickelt chenschr. 1884. p. 43). hatte, in der mit Gelatine ausserdem Penicillinm und Nachdem 1881 Underwood u. Milles das Mucor mucedo. Nach 2V2monatl. Stehen bei Zim­ Eindringen von Spaltpilzen in cariöses Zahngewebe mertemperatur wurden die gebildeten Pilzmassen ge­ constatirt hatten, war eine genaue biologische Unter­ sammelt und analysirt. Es ergab sich: suchung dieser Pilze äusserst wünschenswerth. M. Gelatine. Salmiak. hat nun aus cariösem Zahnbein 5 verschiedene Arten W asB er...... 84.71% 85.74% von Spaltpilzen isolirt, welche er als a, ß , y, S u. s Alkohol- u. Aetherextrakt 25.57 14.57 bezeichnet. Allen 5 Sorten kommt die Eigenschaft nur in Aether löslich 18.70 11.19 zu, Lösungen von gährungsfähigen Kohlehydraten Die Elementaranalyse nach Extraktion mit Alkohol und Aether ergab: in Gährung zu versetzen, wobei Milchsäure gebildet Asche 6.83% 0.87% wird, und zwar inaktive Aethylidenmilchsäure. Freier N 6.58 5.33 Sauerstoff ist für das Zustandekommen dieser Gäh­ C 44.16 46.00 rung nicht nöthig, wohl aber vielleicht zum Wachs­ H 6.10 6.89 thum der Pilze. Die mit Alkoholäther extrahirte Pilzsubstanz bestand wesentlich aus Eiweiss und Cellulose; Mykoprotein war Die Pilze wirken zugleich invertirend, d. h. sie nicht vorhanden. zerlegen den gährungsunfähigen Rohrzucker in gäh- Nimmt man nun an, dass die mit Aether und Alkohol rungsfähige Glykose. Der Zerfall der letztem in extrahirten Schimmelpilze ausser Aschenbestandtheilen Milchsäure geht ohne Kohlensäurebildung, wohl nach wirklich nur noch aus Eiweiss und Cellulose bestehen, und setzt man den Stickstoffgehalt des Eiweiss gleich 16%, der Formel: C6H1206 = 2C3H603 vor sich. so ergiebt sich für 100 Theile trockne Schimmelpilze fol­ Schliffe von völlig gesundem Zahnbein der Wir­ gende Zusaammensetzung: kung dieser Pilze ausgesetzt, wurden rasch entkalkt Gelatine. Salmiak. und die mikroskopische Untersuchung ergiebt dann in Aether lösliche Materie 18.70% 11.19°/, in Alkohol * » 6.87 3.36 massenhafte Bakterien in den Zahnkanälen. 0.73 Einige über die Einwirkung von Antisepticis auf E iw e iss...... 29.88 28.95 die Entwicklung dieser Pilze und die durch dieselben C e llu lo s e ...... 39.66 55.77 hervorgebrachte Milchsäurebildung angestellten Ver­ Die auf gelatinehaltiger Nährlösung gewachsenen suche ergaben folgendes Resultat: Schimmelpilze haben demnach einen bedeutend höhern Säurebildung Gehalt an in Alkohol und in Aether löslichen Mate­ durch: gehemmt aufgehoben S u b lim a t ...... 1 ;500000 1:100000 rien und an Asche. 100000 50000 In seinen Studien zur Chemie des Bacillus Jod (in Alkohol) . . • 15000 6000 subtilis weist G. Vandevelde aus Gent (Ztschr. J o d o fo r m ...... 10000 5000 f. physiol. Chemie VIII. p. 367. 1884) darauf hin, Naphthalin . . . • 9000 4000 S e n f ö l ...... 5000 2000 dass Pasteur, Joubert, Chamberland und Kali hypermang. • • • 2000 1000 Roux (1881) einerseits und Spilmann (1880) Eucalyptusöl .... 600 andererseits dargethan haben, dass der Bacillus an- Carbolsäure .... 1000 500 1000 500 thracis bei^Abwesenheit von Sauerstoff bald abstirbt. 250 125 V. untersuchte nun den damit vielleicht nahe ver­ Natr. carbonicum . . . 200 100 wandten Bacillus subtilis auf sein Sauerstoffbedürf- Salicylsäure (in Alkohol) 125 75 niss und zeigte in einer an interessanten chemischen Alkohol abs...... 25 10 Thatsachen reichen Arbeit, auf die wir hier aber Als ein Beispiel von Gastro-lntestinal-Mykose nicht näher eingehen können, dass dieser Pilz aller­ in Folge der Einwirkung von niedern Pilzen u. Schim­ dings ziemlich lange ohne Sauerstoff, d. h. also in mel veröffentlicht J.Brendon Curgenven (Brit. der Weise der Fermente, leben kann. Wenn dem­ med. Journ. June 14. p.1137. 1884) den Fall einer nach die viel besprochenen Büchner’schen Um­ Dame, welche viele alte Blumenstöcke in ihrem Zim­ züchtungsversuche des Bacillus subtilis in Bacillus mer hatte und unter schweren Allgemeinerscheinun­ anthracis sich bestätigt hätten, so würde damit der gen, Albuminurie u. s. w., erkrankt war. In den UebergaDg eines Wesens, das nur sehr kurze Zeit Blumentöpfen [und im Harne ?] fand sich Peniciliium I. Mediciniscke Physik, Chemie u. Botanik. 119

crustaceum oder Aspergillus glaucus. Auch nach unverzüglich in den Wärmeschrank unbedeckt gestellt. Genuss von Greengages sah G. Collapsus u. schwere Schon nach 24 Stunden waren regelmässig dünne Erscheinungen. Schimmeldecken mit blossem Auge erkennbar und In der Sitzung des Berl. med. Gesellschaft vom nach weiteren 24 Stunden trat Fructifikation ein, 21. Nov. 1883 sprach Virchow (Berl. klin. ohne dass das Blut dabei etwa in Fäulniss über­ Wchnschr. Nr. 50. p. 779. 1883) über 2 verschie­ gegangen wäre (wenigstens während der ersten dene Sorten von Pilzkrankheiten. Die eine Sorte 8 Tage). schadet nur dadurch, dass die Pilze bei ihrer Ver­ G. zieht daraus folgenden Schluss: Wie man mehrung mechanisch schädlich wirken, so z. B. bei sich auch das Blut alterirt denken mag, das Eine der Aktinomykose, während die -andere (Milzbrand) ist einleuchtend, dass eine Entmischung, eine De- durch ein von den Pilzen entwickeltes chemisches composition nicht vorhanden ist, dass auch zu dem Gift, ein wahres Ptomatin, deletär wirkt. Nach Blute kein Pilzgiftstoff, kein Ptomatin, kein myste­ V.’s Ueberzeugung „bleibt nichts weiter übrig, als riöses Etwas hinzugekommen ist, dass das Blut also anzunehmen, dass die Pilze im Stande sind, eine nicht als Flüssigkeit im humoralen Sinne, sondern bestimmte Einwirkung auf Bestandtheile des Körpers nur als lebendes Gewebe in seinen Wechselbe­ auszuüben, vermöge deren sie toxische Substanzen ziehungen zu anderen Geweben, also im cellularen erzeugen, und dass diese Substanzen es schlüsslich Sinne ein anderes geworden ist. Die bei der Impfung sind, die ähnlich, wie wir das jetzt allmälig in grösserer eintretende Aenderung besteht nach G r. darin, dass Ausdehnung auch bei septischen Processen ange­ ein Kampf zwischen den parasitären Sporen und nommen sehen, ihre besondere Wirkung auf die den thierischen Gewebezellen eintritt. Aus diesem wichtigsten Organe des Körpers entfalten.“ Kampfe, der allerdings die Organe entweder in Eine Schutzimpfung ist nach Virchow nur heftige Entzündungsreaktion versetzen muss, wie denkbar bei der Sorte, welche im Körper einen Gift­ bei den halbmalignen Arten, oder direkt die Schimmel­ stoff erzeugt (Pocken), während bei der ersten so nekrose hervorrufen muss, wie bei Inoculation völlig wenig wie bei Krätze oder Favus durch Ueberstehen maligner Varietäten, wenn anders er wirksam sein einer Infektion eine Sicherheit gegen eine zweite soll, gehen die thierischen Zellen als Sieger hervor, gegeben werden kann. Wern ich hat bekanntlich da sie im ersten Falle an Energie stärker, im zweiten eine Theorie der Impfung aufgestellt, welche mit an Zahl dem kleinen Häuflein der eingeimpften V i r c h o w ’s Ansicht im engsten Zusammenhange Sporen gegenüber in unverhältnissmässiger Ueber- steht. Dieselbe, welche man kurz als die chemische macht sind. Dieser Kampf kewirkt für die Gewebe Theorie der Schutzimpfung bezeichnen kann, ist dasselbe, was bei den Pflanzenzellen durch eine von Paul Grawitz in einer Abhandlung über Kultur erzeugt wird, in welcher die Pilze gegen die die. Theorie der Schutzimpfung (V i r c h o w ’s hohe Temperatur und die concurrirenden Bakterien Avch. LXXXIV. p. 87. 1881) bekämpft worden. widerstandsfähiger werden; er erhöht also die L e­ bensweise der Thierzellen gegen die Parasiten. Durch eine Reihe von Impfungen von Kaninchen Die Immunität nach präventiver Impfung entsteht mit malignen Schimmelmassen bemüht sich G., zu zei­ durch Anpassung der Gewebszellen an das energische gen, dass nach einmaliger erfolgreicher Impfung später Assimilationsvermögen der Pilze, und ihre Dauerhaf­ selbst bei Einführung kolossaler Mengen maligner tigkeit auf Monate und Jahre hinaus beruht auf Ver­ Schimmelsporen nicht ein einziger mykotischer Herd erbung dieser höheren physiologischen Ernährungs­ entsteht, während bei einem vorher nicht geimpften energie von einer Zellengeneration auf die andere. Thiere dadurch tödtliche „Verpilzung“ herbeige­ P. Ambrojewitsch erörtert die Behandlung führt wird. Es handelt sich also hier nicht etwa der Leichengiftinfektion (Wratsch 1883. p. 578). nur um eine Abschwächung der Pilzkrankheit, wie Die das Ptomatin der Leichenvergiftung hervor­ etwa bei den Pocken oder der Hühnercholera oder bringenden Bakterien gehören zu den sogenannten dem Milzbrand, sondern um eine geradezu absolute Anaerobien von Pasteur. Daher glaubte A. Thiere Immunität. » gegen die Vergiftung sichern zu können, wenn er Hinsichtlich der Frage, wodurch diese Immuni­ sie grössere Mengen Sauerstoff athmen liess als in tät bewirkt worden ist, weist G. darauf hin, dass, der Norm. An Meerschweinchen misslang jedoch wenn durch die erste Impfung im Blute der Thiere dieser Versuch. Auf Vögel wirkte das Gift über­ ein chemischer Stoff, welcher die Entwicklung der haupt nicht ein, wie A. sich denkt, wegen des höheren Pilze unmöglich macht, gebildet worden wäre, Sauerstoffgehaltes ihres Blutes. Von der [falschen, dieses sich auch noch bei Entnahme dieses Blutes Ref.] Voraussetzung ausgehend, dass Chloralnarkose zeigen müsste. Zu diesem Behufe tödtete er aus den Sauerstoffgehalt des Blutes steigere, narkotisirte der Reihe der immun gewordenen Kaninchen, welche A. vergiftete Meerschweinchen mit Chloral u. brachte zuletzt die Einführung ungeheurer Sporenmassen aus­ sie ausserdem auch noch in eine Sauerstoffatmo­ gehalten hatten, ohne zu erkranken, einige durch sphäre. In der That zeigten sich die Thiere unter Eröffnung der Carotiden; das Blut wurde in einer solchen Umständen gegen die Leichengiftinfektion sauberen erwärmten Schale aufgefangen, sofort in resistenter, besonders wenn dieselbe erst nach Ein­ reine Kolben vertheilt, mit Aspergillus besät und tritt der Narkose und nachdem das Thier bereits 120 I. Medicinische Physik, Chemie u. Botanik. eine Stunde lang im Sauerstoff gelegen hatte, vor­ bildet, so wurden diese auch bei mehrstündigem genommen wurde. Sauerstoffzutritt nicht gleich wieder zerstört. Chemisch charakterisirten sich die gebildeten Dass die Anwesenheit von Sauerstoff wirklich Ptomatine als alkaloidähnliche Basen dadurch, dass die Ptomatinbildung modificirt, ja ganz aufhebt, sie mit Phosphorwolframsäure, Jodlösungen, Subli­ zeigt eine interessante Arbeit vonG.Vandevelde mat , aber nicht mit Platinchlorid Niederschläge (Extrait des Arch. de Biologie publ. par Van Bene - bildeten und rothes Blutlaugensalz reducirten. den u. Van Bambeke. T. V. Gand, Vander- poorten 1884. 8°. 12 pp.). In einer Arbeit über putride Intoxikation und Aus allen bis jetzt vorliegenden Berichten über septische Infektion, metastatische Abscesse und die Entstehung von Ptomatinen geht hervor, dass Pyämie kamen E. Sommer und Gut mann in sie sich besonders gern und besonders reichlich da Dorpat (Virchow’s Arch. LXXXIII. p. 99. 1881) bilden, wo der Zutritt des Luftsauerstoffs beschränkt zu folgenden uns hier interessirenden Resultaten. oder unmöglich ist. Es war daher die Frage zu In faulenden Flüssigkeiten bildet sich ein che­ beantworten, was aus den Ptomatinen wird, wenn misches, putrides Gift, durch welches Thiere getödtet sie mit viel Sauerstoff und den Bakterien, welche werden können. Das Blut putrid vergifteter Thiere sie hervorgebracht haben, längere Zeit in Contakt hat nicht infektiöse Eigenschaften. Gewöhnliche gelassen werden, sowie andererseits, ob es bei ge­ Fäulnissbakterien gehen im cirkulirenden Blute gröss- nügendem Sauerstoffzutritt überhaupt zur Entstehung tentheils unter und vermehren sich erst nach dem von Ptomatinen kommt. Tode des Thieres. Die (resp. gewisse) Fäulniss­ bakterien produciren das putride Gift, da Injektionen Ehe wir auf die Beantwortung dieser Fragen, künstlich gezüchteter Fäulnissbakterien dieselbe Wir­ die sich Vandevelde gestellt hatte, eingehen kung haben, wie Injektionen putriden Giftes. Fau­ können, müssen wir einer Arbeit von Hoppe-Sey- lige Substanzen je nach den Stadien der Fäulniss, ler1) gedenken, welche gewissermaassen die Vor­ der Temperatur, dem Nährboden u. s. w. subcutan studie zu V ’s. Untersuchungen bildet. In dieser beigebracht, rufen theils Abscesse, theils brandige hat nämlich H.-S. unter Anwendung seines in diesen jauchige Zerstörungen, theils Phlegmonen, theils Ery­ Jahrbüchern schon mehrfach erwähnten Flaschen­ sipel, theils putride Vergiftung hervor. Das Blut hat apparates gezeigt, dass bei reichlichem Sauerstoff­ bei genannten Krankheiten keine infektiösen Eigen­ zutritt und beständiger Wegnahme der gebildeten schaften, wohl aber besitzen die Entzündungsprodukte Kohlensäure und des gebildeten Ammoniaks sich solche. In faulenden thierischen Geweben kann sich zwar sehr reichlich Fäulnissbakterien in Faulflüssig­ unter Umständen das septische Contagium entwickeln. keiten bilden, dass aber von den gewöhnlichen Fäul- Die contagiöse Septikämie ist aber streng von nissprodukten, wie Sumpfgas, Wasserstoff, Indol u. der putriden Intoxikation, der Pyämie und den Skatol, nichts entsteht, sondern nur Kohlensäure, Ammoniak und Wasser. metastatischen Processen zu trennen. Die Septik­ ämie gehört zu den Infektionskrankheiten, macht ein Denselben Flaschenapparat benutzte nun Vande­ Incubationsstadium durch und wird durch speciflsche velde. Die der Fäulniss unterworfene Flüssigkeit Schizomyceten veranlasst. Das septische Contagium enthielt in allen Versuchen 0.2°/0 K2HP04, 0.05°/0 wird durch Kochen, Fäulniss und antiseptische Mittel Mg SO*, 0.02°/o Ca Cl2, 2.00% Pepton von Witte. zerstört und gleicht darin dem Milzbrandcontagium. Inficirt wurde die Flüssigkeit durch eine Spur Künstliche Kulturen mit den specifischen septischen fauler Pankreassubstanz. Bei jedem Versuche wurden Bakterien schlagen meist fehl. Es giebt verschie­ 2 gleiche Quanta inficirter Flüssigkeit verwendet u. dene Arten der Septikämie 5 die der Kaninchen ist bei Sommertemperatur der Fäulniss überlassen, nur wesentlich verschieden von der der grossen Haus- wurde die eine in verschlossener Flasche und die thiere. Die Septikämie der Kaninchen lässt sich andere im H. - S. ’schen Apparate aufbewahrt. Da­ nicht auf die grössern Hausthiere übertragen, wohl bei ergab sich, dass schon nach einigen Stunden in aber umgekehrt. Als wirksames Material bezeichnen der dem Sauerstoff entzogenen Partie sich Substanzen verschiedene Autoren verschiedene Stoffe, meistens gebildet hatten, welche, nach dem Verfahren von aber gefaultes Blut. Guarescly und M0ss0 isolirt, Frösche lähmten, K. Osol (Das Anthraxvirus. Med. Centr.-Bl. während in der dem Sauerstoff ausgesetzt gewesenen Nr. 23. p. 401. 1884) hat durch Kochen und Fil- Partie nichts Derartiges entstanden war. Nur einmal, triren aus dem Blute von an Milzbrand gestorbenen wo der Apparat seine gewöhnliche Rotationsbe­ oder schwer erkrankten Thieren eine syrupöse gelbe wegung aus Versehen für einige Stunden einge­ Flüssigkeit dargestellt, welche frei von Mikroorganis­ stellt hatte, war es zur Bildung eines tetanisirenden men war, aber bei subcutaner Applikation ausgepräg­ Ptomatin gekommen. Waren einmal Ptomatine ge- ten Milzbrand u. Entwicklung von Milzbrandbacillen1)

J) Auch die von Archangelski (Ein Beitrag zur 0 Ueber die Einwirkung von Sauerstoff auf die Lebens-Lehre vom Milzbrandcontagium. Inaug.-Diss. Dorpat thätigkeit niederer Organismen. Ztschr. f. physiol. Chem. 1884) als Vorstufen der Bacillen nachgewiesenen Proto- VIII. p. 214. 1884. kokken fehlten nicht. I. Medicinische Physik, Chemie u. Botanik. 121 hervorrief. 0 . glaubt daraus schliessen zu dürfen, Von den gewonnenen Ergebnissen interessirt uns hier dass die Giftigkeit des Milzbrandblutes auf einem von Folgendes. den Milzbrandbacillen producirten Ptomatin beruht, Die Septikämie bedingt bei Schafen nicht nur welches seinerseits die eigenthümliche Wirkung haben quantitative, sondern auch sehr wesentliche qualita­ soll, die in jedem normalen Thierkörper vorhandenen tive Aenderungen in der Zusammensetzung der rothen unschädlichen Mikroorganismen in specifische Milz- Blutkörperchen. Namentlich unterliegt hierbei das brandbacillen umzuformen. Verhältniss zwischen Hämoglobin und Stromagehalt Vergleichende Analyse des Blutes gesunder und sep­ der Blutkörperchen einem starken Wechsel. Bei tisch inficirter Schafe, mit besonderer Rücksichtnahme diesem Wechsel können die rothen Blutkörperchen auf die Menge und Zusammensetzung der rothen Blutkör­ perchen; von Eduard v. Götschel. Inaug.-Diss. sowohl hämoglobinärmer und zugleich stromareicher, Dorpat 1883. 8. 76 S. mit 1 Tafel. als auch umgekehrt hämoglobinreicher und zugleich Experimentelle Studien über die quantitativen Ver­ stromaärmer werden. Die letztere Art der Aende­ änderungen des Hämoglobingehaltes im Blute bei septi­ rung der Zusammensetzung der rothen Blutkörperchen schem Fieber; von J. Mobitz. Inaug.-Diss. Dorpat 1883. 8. 70 S. hat v. Götschel nur bei wachsendem Gesammtge- Diese beiden Arbeiten, welche unter A. S c h m i d t ’s halt des Blutes an rothen Blutkörperchen beobachtet, Leitung angefertigt worden sind, enthalten zwar Vie­ die erstere dagegen begegnete ihm sowohl während les , was uns hier nicht interessirt und was sich im dieser Gehalt in Zunahme, als auch während er in Auszug überhaupt nicht wiedergeben lässt, wir müs­ Abnahme begriffen war. Bei 2 gesunden Schafen sen sie aber wenigstens insofern berücksichtigen, als gelang es ihm zwar, zu constatiren, dass Menge und sie die Kenntniss der ehem. Veränderungen des Blu­ Zusammensetzung der rothen Blutkörperchen ge­ tes bei der septischen Infektion gefördert haben. wissen Tagesschwankungen 1) unterliegen, diese sind Alfred Sommer1) hat unter A. Schmidt’s aber unbedeutend in Vergleich mit den durch die Leitung ein Verfahren gefunden, welches geeignet Septikämie bewirkten Schwankungen. Die Concen- scheint zur Bestimmung zweier wichtiger Werthe im tration der Blutkörperchen schwankte gleichfalls im Blute, nämlich des Gewichtes der rothen Blutkörper­ Laufe von 2 Tagen, jedoch bei septikämischen Thie­ chen (bezogen auf 100 g Blut) und des Gewichtes ren nicht stärker, als bei gesunden. Die Concentra- der Trockensubstanz derselben (bezogen ebenfallsauf tion des Plasma unterlag in allen Versuchen nur un­ 100g). v. Götschel suchte nun weiter die Frage bedeutenden Aenderungen; es zeigte sich aber, dass zu beantworten, wie sich diese Werthe bei der sep­ das Blutplasma2) septikämischer Schafe in anderer tischen Infektion ändern. Diese Vergleichung war Hinsicht wesentlich verändert ist: insbesondere ver­ ihm an die Hand gegeben durch den Umstand, dass liert dasselbe zu allererst sein Vermögen, das Fibrin­ einerseits N. H ey 1a) und S. Maissurianz3) auf ferment von seinem Zymogen in der Substanz der mikroskopischem Wege (durch Zählung) ermittelt zerfallenen Leukocyten abzuspalten; in einem höhern hatten, dass die rothen Blutkörperchen nach septi­ Stadium der Krankheit geht auch die Gerinnungs­ scher Infektion sehr grossen quantitativen Schwan­ fähigkeit 3) des Plasma verloren, so dass selbst nach kungen unterliegen, und andererseits Mobitz durch spektrophotometrische Analyse das Vorhandensein *) In Bezug hierauf ist es vielleicht von Interesse, dieser Schwankungen auch für das Hämoglobin con- einige Beobachtungen von G. Fano (Lo Sperimentale statirte. Von weitern Autoren, deren Versuchsergeb­ Sett., Ott. 1882) über die Zusammensetzung der rothen nisse zum Ausgangspunkt vorliegender 2 Arbeiten Blutkörperchen unter normalen und pathologischen Ver­ hältnissen anzuführen. Durch Injektion von Pepton in dienten, sind zu nennen F. Hoffmann4), N. Bo- das Blut oder bei reichlicher Aufnahme desselben vom janus5), E. v. Samson-Himmelstjerna6), Darm aus wird das Plasma stark verdünnt, der Cruor aber Fried r. Rauschenbach7) und Grub er t 8). nimmt an Gewicht zu. Diese Zunahme des Cruor ist die Folge einer Zunahme der gerinnungsfähigen Albuminoide, ’) Zur Methodik der quantitativen Blutanalyse. und zwar weil morphologische Elemente des Cruor die Inaug.-Diss. Dorpat 1883. Eigenschaft haben, injicirtes Pepton aufzunehmen, nach­ 2) Zählungsresultate, betreffend die farblosen u. die dem sie es in gerinnungsfähiges Globulin durch einen Re- rothen Blutkörperchen. Inaug.-Diss. Dorpat 1882. duktionsprocess umgewandelt haben. Als solche Elemente 3) Experimentelle Studien über die quantitativen Ver­ erwiesen sich die rothen Blutkörperchen; sie nehmen da­ änderungen der rothen Blutkörperchen im Fieber. Inaug.- bei, ohne ihre Gestalt zu ändern, an specif. Gewicht zu. Diss. Dorpat 1882. Später geben sie das in Globulin umgewandelte Pepton *) Ein Beitrag zur Physiologie u. Pathologie d. farb­ wieder ab an die Gewebe. losen Blutkörperchen. Inaug.-Diss. Dorpat 1881. 2) Offenbar wirkt der septikämische Process auch auf 5) Experimentelle Beiträge zur Physiologie u. Patho­ andereKörperbcstandtheile chemisch ein. So theilt Stol- logie des Blutes der Säugethiere. Inaug.-Diss. Dorpat nikow (Virchow’s Arch. XC. p. 437. 1882) mit, dass 1881« schon verhältnissmässig geringfügige Vergiftungen mit 6) Experiment. Studien über das Blut in physiologi­ Jauche oder septischem Gifte das Glykogen der Leber scher u. pathologischer Beziehung. Inaug.-Diss. Dorpat völlig zum Verschwinden bringen. 1882« 3) Bei ähnlichen von Angerer u. Bergmann an- ') Ueber die Wechselbeziehungen zwischen Proto­ gestellten Versuchen, über welche wir früher (Jahrbb. plasma u. Blutplasma. Inaug.-Diss. Dorpat 1882. CXCV. p. 7) berichtet haben, nahm die Gerinnungsfähig­ *) Ein Beitrag zur Physiologie des Muskels. Inaug.- keit des Blutes bedeutend zu, wodurch schwere Störungen Diss. Dorpat 1883. bedingt wurden. Med. Jahrbb. Bd. 204. Uft. 2. IC 122 I. Medicinische Physik, Chemie u. Botanik.

Zusatz von Fibrinferment keine Gerinnung erfolgt. stört werden ; er ist aber auch nach anderer Richtung Dagegen behielt die Substanz der zerfallenen Leuko- entbehrlich, weil die zur Untersuchung bestimmten cyten (todtes Protoplasma) ihre Spaltbarkeit durch Theile unter so gutem Verschluss an den Experten gesundes Blutplasma bis zum Eintritt des Todes. versandt werden, dass Zwischenpersonen durch et­ Wir haben früher (Jahrbb. CCI. p. 16) Versuche waigen Fäulnissgeruch nicht belästigt werden kön­ mitgetheilt, aus denen Coppola schliessen zu dür­ nen. Endlich aber erklären Lacassagne und fen glaubte, dass auch im normalen frischen Bunde- Chapuis den Weingeist als geradezu schädlich und blute Ptomatine enthalten sind. In einer neuen die Aufgabe des Gerichtschemikers unter Umständen Mittheilung (Arch. ital. de Biol. IV. p. 63; vgl. a. erschwerend. Wenn bei stattgehabter Vergiftung Gaz. chimica ital. XII. 1882 u. XIII. 1883) zieht mit arseniger Säure bei der Leichenöffnung im Cen­ er diese Angabe zurück, da er diese Basen nicht trum zahlreicher die Schleimhaut des Verdauuogs- wieder fand, wenn er das Blut direkt aus der Ader kanals bedeckender Ekchymosen weisse Körner ge­ des lebenden Thieres in Benzin einströmen liess. funden und damit der ehem. Expertise die Wege Man muss überhaupt jetzt viele der Mittheilungen vorgezeichnet waren, so wird ihr dieser Vortheil als­ über die Ptomatine mit Misstrauen ansehen, da Nach­ bald wieder entzogen durch den aufgegossenen Spi­ untersucher meist nichts von Dem finden, was die ritus, welcher als gutes Lösungsmittel jene Punkte Voruntersuchung ergeben zu haben schien. Es ist von fester arseniger Säure verschwinden lässt und eben sehr nöthig, dass endlich auch auf diesem Ge­ den schon klaren Fall aufs Neue verschleiert. Ueber- biete angefangen wird, Kritik zu üben. Namentlich haupt unmöglich würde aber durch den Alkoholzu­ durch Benutzung des Stas-Otto’schen Verfahrens satz der Nachweis von Phosphor nach der Methode sind, wie Coppola ganz richtig angiebt, sehr viele von Mitscherlich, da eben hierdurch das cha­ Täuschungen entstanden. rakteristische Leuchten verhindert wird. In diesem Sinne begrüssen wir auch die Mitthei­ Gegen diesen Standpunkt nimmt nun neuerlich lung mit Freuden, welche Eugenio di Mattei Cazeneuve (Lyon medical) sehr entschieden Stel­ über die Wirkung wässriger Auszüge aus Leichen- lung, indem er Punkt für Punkt jene Anschauungen theilen, welche sich im Zustande noch nicht weit bekämpft und widerlegt und seine Gegner der Unter­ vorgerückter Fäulniss befinden, gemacht hat (Arch. schätzung des nachtheiligen Einflusses der Fäulniss per les sc. med. VI. 4. Nr. 24. p. 426. 1883). zeiht. Wenn es auch, so argumentirt Caz., fest­ Dieselbe schliesst sich an eine Arbeit M.’s über die steht, dass Strychnin inmitten von Fäulnissprocessen scheinbare Giftigkeit der wässrigen Auszüge frischer Jahre lang intakt bleibt, und auch die übrigens für thierischer Organe (1. c. 3. Nr. 15). Wir heben aus den Toxikologen wenig relevanten Chinaalkaloide der neuen Arbeit Folgendes hervor. unter ähnlichen Umständen ziemlich beständig sind, Wässrige Auszüge aus solchen Leichentheilen, so ist es auf der ändern Seite aber auch bekannt, die 24— 30 Stunden alt sind, wirken, gleichgültig, dass Emetin ein sehr zur Zersetzung disponirter Kör­ ob man sie intravenös, subcutanoder intraabdominell per und dass Aconitin eine so alterable Verbindung applicirt, nicht giftig, wofern sie gut filtrirt sind; ist, dass ihre Anwesenheit in den Blättern von Aconi­ unfiltrirt tödten sie die Versuchsthiere durch Septi- tum lediglich deshalb so lange übersehen wurde, kämie, welche die mitgerissenen organischen faulen­ weil sie schon durch die bei der Verarbeitung be­ den Partikelchen bedingen. nutzten Agentien umgewandelt worden war. In Wenn sich die Sache so verhält, so ist es auch noch höherem Grade neigt Digitalin zur Zersetzung, nicht gleichgültig, in welcher Weise bei gerichtlichen und wenn dann auch wieder Atropin und Morphin Sektionen die Leichentheile aufbewahrt werden. nach Monaten noch in faulenden Medien nachgewie­ Die in Deutschland, Oesterreich und in Italien sen werden konnten, so sind dafür Colchicin und So­ geltenden gesetzlichen Bestimmungen über das Ver­ lanin von äusserst leichter Zersetzbarkeit. Erwägt fahren in Fällen stattgehabter oder vermutheter Ver­ man, dass gerade die als leicht sich zersetzend be- giftung hatten Lacassagne und Chapuis (Ann. zeichneten Alkaloide zu verbrecherischen Zwecken d’Hyg.) veranlasst, für Frankreich ähnliche gesetz­ wohl nur von Personen verwendet werden können, liche Anordnungen zu verlangen und einen Entwurf welche mit deren Eigenschaften genau vertraut sind, hierzu der Beurtheilung zu unterbreiten. In letzte­ und deshalb die kleinsten, zur Erreichung schlimmer rem ist von dem in Italien vorgeschriebenen Ueber- Absichten nöthigen Gaben benutzt werden, so muss giessen der zur eingehenden ehem. Untersuchung man sich sagen, dass, wenn in einem solchen Falle bestimmten Leichentheile und sonstiger Stoffe mit auch noch die Fäulnissprocesse wirken konnten, die Alkohol Umgang genommen. Die Genannten ver­ Möglichkeit chemischen Nachweises stattgehabter werfen nämlich diesen Zusatz entschieden, u. zwar Vergiftung mehr als zweifelhaft wird. Sobald die aus folgenden Gründen: Einmal behaupten sie, ist Fäulniss aber mehrere Tage angedauert hat, sind derselbe überflüssig, denn die Wissenschaft lehrt, sicher zu den schon vorhandenen Giften auch noch dass weder die unorganischen, noch die pflanzlichen Ptomatine hinzugekommen und erschweren die Un­ Gifte, speciell die Alkaloide, durch die Fäulniss zer­ tersuchung noch viel mehr. II. Anatomie u. Physiologie. 123

II. Anatomie u. Physiologie. 552. Wie soll man Anatomie lehren und W. hält zunächst die Zugabe eines 10. Semesters lernen ? Rede, gehalten zur Feier des Stiftungs­ für unerlässlich. Da aber dieses Mittel sich nicht tages der militärärztlichen Bildungsanstalten zu noch ausgedehnter verwenden lässt, so unterscheidet am 2. Aug. 1884; von Prof. W. W a 1 d ey e r. W. zwischen Dem, was der Studirende, um als Arzt (Deutsche med. Wchnschr. Nr. 37 u. 38. 1884.) in den gewöhnlichen und dringenden Fällen das In den zahlreichen neuern Kundgebungen, wel­ Seinige leisten zu können, nöthig hat zu lernen und che sich mit dem anatomischen Unterricht befassen, was ihm nützlich ist. Für das Nöthige sind obli­ finden sich vorzügliche Erörterungen über die Frage, gatorische Vorlesungen einzurichten und ist daraus wie die Institute der Anatomie eingerichtet und ver­ zu prüfen. Für das Nützliche sind ebenso Lehr­ waltet werden sollen, welche Gebiete sämmtlich zum stühle u. Anstalten zu gründen wie für das Nöthige, Unterricht in der menschlichen Anatomie gehören damit Jeder Gelegenheit hat, sich darin auszubilden, und wie die menschliche Anatomie gelehrt werden ein Zwang aber wird hierin nicht geübt, weder durch solle. W.’s interessante Rede beschäftigt sich vor­ obligatorische Vorlesungen, noch durch Examina. züglich mit der Untersuchung der Frage, wie sie zu Endlich ist die Art des Unterrichts zu ändern. Von erlernen sei. den 10 Semestern sind 2 ausschliesslich für rein Für den Anatomen besteht die Aufgabe, den an­ naturwissenschaftliche Fächer abzutrennen (für Che­ gehenden Mediciner in die Elemente seines Berufes mie, Physik, Botanik, Zoologie und Mineralogie) und einzuführen, ohne ihn im Anfang mit zu viel Einzel­ das Tentamen physicum hat sich auf Chemie und heiten und streitigen Punkten zu überladen, sonst Physik, Botanik und Zoologie zu beschränken. Die gehen ihm die wichtigsten Grundlagen verloren oder Absolvirung des Tentamen physicum bedingt erst die erscheinen ihm unwesentlich, er kennt das Zweifel­ Inscribirung in die medicinische Fakultät. Dann hafte besser als das seit Galen aufgespeicherte folgen 3 Semester, die den propädeutisch-medicini- sichere, feststehende Material. Auf dem Präparir- sehen Wissenschaften gewidmet sind, in deren einem saale, der mit der elementaren Vorlesung in Ver­ auch der militärischen Dienstpflicht genügt werden bindung steht, darf weder ein genetischer, noch ein kann. Diese Wissenschaften sind: Anatomie in physiologischer, noch ein comparativer Standpunkt allen ihren Zweigen, Embryologie, Physiologie, phy­ von vornherein eingenommen werden, da der junge siologische Physik nebst den betreffenden Uebungs- Mediciner erst die nackten Thatsachen kennen lernen cursen. Mit diesen Wissenschaften kann sich näm­ muss. Mit dem gleichen Recht wie der Anthropotom lich der durch das Tentamen physicum Entlastete mögen auch der Physiologe und Zoologe berufen natürlich viel intensiver beschäftigen; er wird nicht sein, Entwicklungsgeschichte, vergleichende Ana­ in einer wahren Musterkarte verschiedenster Stoffe tomie, allgemeine Anatomie und Histologie zu lehren; herumgeworfen, wie es zur Zeit der Fall ist; der was hiervon der Anthropotom noch vortragen solle, Student kann dann wieder studiren, während er ist nach W. am besten ihm selbst zu überlassen. jetzt beim besten Willen nicht mehr zu studiren ver­ Nothwendig aber müsse derselbe auch mikroskopisch- mag, wo er doch soll. Die topographische Anatomie anatomische Präparirübungen halten, d. h. einen würde W. am liebsten in die nunmehr folgenden praktischen Cursus der mikroskopischen Anatomie klinischen Semester verlegen, wohin sie besser passt geben, indem dieser Theil zu dem makroskopischen als in die naturwissenschaftlichen und propädeuti­ die unumgängliche Ergänzung bilde. Dem Lernen­ schen Semester. In den klinischen Semestern kann den sind dabei nicht fertige Präparate einzuhändigen, dann auch noch dieses und jenes Specialcapitel über sondern er hat sie selbst herzustellen. Den Beginn Anatomie gehört werden, wodurch das anatomische der Präparirübungen setzt W. in dasselbe Semester, Gedächtniss eine höchst willkommene Auffrischung welches der descriptiven Anatomie zufällt; mit be­ erfährt. Solche Specialvorlesungen haben natürlicher sonderer Sorgfalt lässt er Eingeweide, Bänder und Weise noch jenen ändern grossen Nutzen, dass bei Gelenke präpariren. ihnen das betreffende Thema in gehöriger Ausführ­ Die Wissenschaften sind beträchtlich fortgeschrit­ lichkeit behandelt werden kann, was bei der ein­ ten, die Ansprüche gesteigert; der Tag aber hat führenden elementaren Hauptvorlesung nimmermehr seine 24 Std., die menschliche Lebenszeit ihre frü­ möglich ist. Es ist klar, dass die wichtigem Punkte here Dauer beibehalten. Beim Lehren und Lernen der Vorlesung sich bei richtiger Darstellung um so der wissenschaftlichen Disciplinen bewegen wir uns mehr herausheben, je gründlicher wir einen Gegen­ ebenfalls noch in dem Rahmen der frühem Zeit und stand bis in seine Einzelheiten verfolgen. Endlich so sind Missverhältnisse unvermeidlich. Die Frage, empfiehlt W. den Studirenden, soweit Zeit und Ge­ wie Abhülfe zu schaffen sei, wird sich nach W. über legenheit reicht, auch eine Beschäftigung mit An­ kurz oder lang gebieterisch in den Vordergrund thropologie, sowohl im Interesse dieser Wissenschaft, drängen und ihre Lösung wird eine gründliche Aen- als auch in dem der Studirenden. Bei den rastlosen derung unseres gesammten Studienwesens herbei­ Durchwühlungen des Bodens, die nicht direkt zum führen. Zwecke der Bergung der von ihm eingeschlossenen 124 II. Anatomie u. Physiologie. vorhistorischen Denkmäler veranstaltet werden, son­ An der ruhenden Zelle untersucht R. zuerst die dern zum Zweck von Strassenbauten geschehen, Verhältnisse der Zellsubstanz (an Epithel- u. Drüsen­ geht alljährlich viel kostbares Material verloren, weil zellen, Nerven — Bindesubstanz — und Muskel­ es an geeigneten Persönlichkeiten fehlt, welche auf zellen), dann diejenigen des Kerns. jene Gegenstände ein Auge haben, sie zu sammeln Man darf von vornherein zwar die Erwartung und an Centralstellen abzuliefern vermögen. W. be­ hegen, dass, wenn ein Gebilde uns immer auf’s Neue trachtet namentlich die Aerzte als die Berufenen und durch ungeahnte Complicirtheit seines Wesens über­ legt darum den Studirenden auch diesen Gegenstand rascht hat, endlich einmal eine Zeit kommen werde, an das Herz. in welcher es mit Complicirtheiten genug sein wird, Wie man leicht aus diesem Ueberblick erkennt, in welcher das Ende erreicht und alle wesentlichen ist der von W. behandelte Gegenstand ein ebenso Verhältnisse erschöpft sein werden. Denn bis in wichtiger als weitgreifender und es bedarf des Stu­ alle Ewigkeit hinaus werden neue Dinge sich nicht dium des Originals, um die Begründung aller Einzel­ finden lassen, sondern allen Dingen kommt nur ein heiten durchsichtig zu finden. Selbst der bedenk­ gewisses begrenztes Maass von Eigenschaften zu. lichste Punkt seiner Ausführungen — der einzig be­ Je complicirter uns also bereits ein Ding vorliegt, denkliche nach unserem Urtheil — , die Sonderung in um so mehr können wir uns damit trösten, dass wir Anstalten für das Nöthige u. das Nützliche, in Fach- seiner Erschöpfung bereits näher sind. Freilich sind und Hochschulen, wie man es auch vielleicht nennen wir von der vollständigen Erfassung irgend eines könnte, gewinnt durch die nähern Ausführungen ein Naturkörpers, und wäre es der einfachst scheinende, minder auffallendes Ansehen. Allem Uebrigen aber noch überaus weit entfernt. Hieraus lässt sich er­ wird wohl Niemand seine Anerkennung zu versagen messen , wie viel uns noch von der Kenntniss eines im Stande sein. (Raube r.) so hochstehenden Körpers wie die Zelle nothwendiger Weise abgeht. 553. Ueber Zelltheilung; von Prosektor Dr. Nach R. weist Alles, was wir an und in der C. Rabl in Wien. (Morphol. Jahrb. X. 214— 330. kleinen Fabrik, die wir Zelle nennen, sehen klar und 1884.) unverkennbar darauf hin, dass ein grosses Gesetz R a b 1 ’s sorgfältige u. reichhaltige, jahrelangen dem Ganzen zu Grunde liegt. Denn wir begegnen Bemühungen entsprossene Arbeit zerfällt in 2 Theile, ähnlichen Vorgängen, wie wir sie bei der Theilung von welchen der vorliegende erste die ruhende und thierischer Zellen antreffen, auch bei der Theilung sich theilende Zelle behandelt, während der zweite pflanzlicher Zellen und ebenso bei der Theilung jener der Untersuchung einiger wichtiger histologischer niedern Organismen, die ein Zwischenreich zwischen Probleme gewidmet sein wird. Thieren und Pflanzen ausmachen, weder zu dem Zuerst wendete sich R. an Proteus, später mit einen, noch zu dem ändern gestellt werden können. grösserem Vortheil an die Salamanderlarve. Die Schon dieser Umstand darf nach R. mit Recht als ein Zellkerne sind bei ihr noch grösser als bei Proteus Beweis betrachtet werden, dass auch in der ruhen­ und sind unschwer auch ohne die Anfertigung von den Zelle eine typische Uebereinstimmung des Baues Schnitten zugänglich. Es wurde nämlich von der vorhanden sein müsse. Wohl zeigt uns der Zellleib genannten Larve die Epithelplatte vom Mundboden und selbst der Kern mannigfache Verschiedenheiten, des Kiemengerüstes verwendet, die, wie schon wenn wir Vergleichungen anstellen; allein es ist F l emmin g hervorgehoben hatte, durch die ein­ fraglich, ob jene nicht als solche sekundärer Art be­ fache Schichtung der Zellen sich zu Kerntheilungs- trachtet werden müssen. studien besonders eignet. Von Proteus gelangten Dem Zellkern schreibt R. hauptsächlich zwei hauptsächlich die Haut und die Nieren zur Beobach­ Funktionen zu: Ernährung und Fortpflanzung. Es tung, erstere, weil Hoffnung vorhanden war, über die ist daher der Versuch gerechtfertigt, alle verschie­ Stellung der Pole und die Beziehung der Zelltheilung denen Kernformen auf ein gemeinsames Schema zu­ zum Wachsthum etwas Näheres zu erfahren; letz­ rückzuführen. Da die Theilung des Kerns ein Stück tere, weil an den Kerntheilungsfiguren die achroma­ Entwicklungsgeschichte ist, letztere aber in so vielen tische Spindelfigur meist deutlicher gesehen werden Dingen sich als der zuverlässigste Schlüssel bewährt konnte als an« den Zellen anderer Organe. Die Be­ hat, so liegt es nahe, diesen Weg zu betreten. Nun obachtung am lebenden Objekt (Tritonenlarven) er­ erscheint es gewiss als kein Spiel des Zufalls, dass gab keine neuen Erfahrungen und ward darum junge Tochterknäuel den Anfangsknäueln des Mutter­ wesentlich mit der Untersuchung fixirter und gefärb­ kerns in ihrem Bau so ausserordentlich ähnlich sehen. ter Präparate vertauscht. R. bespricht ausführlich Sowie sich der Kern zur Theilung anschickt oder aus seine Befunde über folgende Phasen der Kernthei- einer Theilung hervortritt, zeigt er deutlich eine Pol- lung: 1) Knäuelform der Kernfigur (Mutterknäuel); seite und eine Gegenpolseite. An der Polseite selbst 2) Sternform der Kernfigur (Mutterstern); 3) Um­ erscheint wieder eine enger begrenzte Stelle, das ordnung der chromatischen Figur (Aequatorialplatte); Polfeld. Die einzelnen Fäden des Kerns laufen von 4) Sternform der Tochterkerne (Tochtersterne) und der Gegenpolseite aus, ziehen nach der Polseite und 5) Knäuelform der Tochterkerne (Tochterknäuel). in das Polfeld, biegen hier schlingenförmig um und II. Anatomie u. Physiologie. 125 kehren wieder zur Gegenpolseite zurück. So ver­ Es giebt, wie Flemming mit vollem Recht hält es sich bei den untersuchten Thierzellen und hervorhebt, eine beträchtliche Zahl von Fragen in allem Anschein nach auch bei den Pflanzenzellcn. der Physiologie und Morphologie der Gewebe und Sollte nun in der ruhenden Zelle keine Spur von Organe, für die es nur des Nachweises bedarf: ob dieser Anordnung mehr vorhanden sein ? Die Faden­ und in wie grösser Reichlichkeit die Zellen durch bildung hebt allmälig an, die Fäden besitzen anfangs Theilung vermehrt werden, — um sie theils zu be­ rauhe, zackige Ränder, als stünden sie noch mit antworten, theils ihrer Lösung um einen erheblichen einem feinsten Fasernetz in Verbindung, und ebenso Schritt näher zu führen. Der Erfüllung dieser Auf­ werden die Fäden wieder in den Endstadien knotig gabe ist die vorliegende reichhaltige Abhandlung ge­ und schicken kleine Fortsätze aus. So liegt es nahe, widmet, welche aus 9 einzelnen Theilen zusammen­ dass auch im Ruhezustand, nach Ausbildung des gefügt ist; sie alle streben indessen natürlicherweise Kerngerüstes, ein Rest der Fäden erhalten bleibt mit zu einem und demselben Ziel zusammen. Ueber die wesentlich derselben Verlaufsweise wie im Knäuel. hauptsächlichsten Ergebnisse orientiren die folgenden Von diesen Fäden („primäre Kernfäden“) gehen feine Mittheilungen. sekundäre Fäden als seitliche Fortsätze aus, von diesen vielleicht noch tertiäre u. s. w. Die einzelnen I. Die Zellvermehrung in den Lymphdrüsen Fäden können untereinander in Verbindung treten und verwandten Organen und ihr Einfluss auf und in den Knotenpunkten des Netzes können grö­ deren B a u ; von W. Flemming. bere Chromatinmassen zu nucleolenartigen Gebilden Schon Brücke hatte vor einer Reihe von Jah­ sich sammeln. Werden diese selbstständiger, so ren nachgewiesen, dass in den Lymphdrüsen und können sie zu wahren Nucleolen werden. Nimmt verwandten Organen die Neulieferung der Lymph- man nun nach R. an, dass beim Beginn einer Thei- zellen ihre wesentliche Stelle hat. Er suchte diese lung die chromatische Substanz auf vorgebildeten Stelle ganz richtig in den Rindenknoten und Knoten­ Bahnen in die primären Kernfäden ströme, so wird da­ strängen. Dieser Nachweis wurde wesentlich be­ durch in der einfachsten Weise der Mutterknäuel auf­ gründet durch die Beobachtung, dass bei Thieren, gebaut. Beim Uebergang des Tochterknäuels zur die mit fettarmer Nahrung gefüttert sind, die den Ruhe treiben die Knäuelfäden seitliche Sprossen, Mesenterialdrüsen zuströmende Lymphe ganz klar welche ihrerseits wieder Fortsätze aussenden können, ist, während die ausströmende durch unzählige längs der Sprossen vertheilt sich die chromatische Lymphzellen getrübt erscheint. Der direkte Nach­ Substanz. Die Theilung der chromatischen Substanz weis einer Bildung von Leukocyten in den lympha­ ist in letzter Instanz auf eine Längsspaltung der tischen Organen stand jedoch bisher, sovielfach auch Knäuelfäden zurückzuführen. Ob die Kernfäden aus in der Folge die bezüglichen Fragen erörtert wor­ einer einzigen Substanz oder nach Strasburger den waren, noch immer aus. Flemming zeigt aus Hyaloplasmasträngen und den eingelagerten nun mittels der Untersuchung der Lymphdrüsen auf Chromo-Mikrosomen bestehen, ist für diese Auffas­ die in ihren Elementen vorkommenden Kerntheilun- sung gleichgültig; doch ist Strasburger’s An­ gen, dass dieselben, ebenso wie die sogen. Darm­ sicht wahrscheinlich zu Recht bestehend. follikel , in der That ausgezeichnete Brutstätten der Bei einer Vergleichung der Stadien des Mutter- Neubildung von Lymphzellen auf dem Wege in­ und Tochterkerns scheint es R. den thatsächlichen direkter Kerntheilung sind. Diese Theilungen er­ Verhältnissen besser zu entsprechen, nicht etwa den folgen in überraschender Massenhaftigkeit. Es wur­ Tochterkern in umgekehrter Reihenfolge die Sta­ den untersucht: Mesenterialdrüsen von 2 völlig er­ dien des Mutterkerns wiederholen zu lassen, sondern wachsenen Schlachtochsen, von 2 Kaninchen, die in gleicher Reihenfolge. Dass, wie Roux sinnreich Peyer’schen Drüsenhaufen des Blinddarms der letz­ ausführte, der Vortheil der Längsspaltung der Fäden tem, die Balgdrüsen der Zungenwurzel. In diesen in der Möglichkeit beruhe, verschiedene Qualitäten Organen wimmelt es von indirekten Theilungen. Sie der Fäden gleichmässig zu vertheilen, ist für R. kommen in den Lymphdrüsen in besonderer Masse zweifelhaft. Er giebt zu, dass vielleicht die einzelnen in den Rindenknoten vor, mehr zerstreut in den Kernfäden einander nicht durchweg gleichwertig Marksträngen, auch hier und da in den Lymphbah- seien, hält es jedoch für unbewiesen, jedem einzelnen nen. Was in den Rindenknoten sofort auffällt, ist Mutterkorn eine besondere Qualität zuschreiben zu ihre herdweise Lokalisation. In den Rindenknoten wollen. Die chemische Untersuchung freilich glaubt von Lymphdrüsen kennt man schon seit geraumer alle Mutterkörner für gleichwertig ansprechen zu Zeit in einfacher oder mehrfacher Zahl helle rund­ sollen. (Räuber.) liche Bezirke, die schon bei schwacher Vergrösserung wahrgenommen werden können. Beim Rind sind 554. Studien über Regeneration der Ge­diese hellen Bezirke besonders scharf und auffällig webe; unter der Leitung von Prof. W. Flem- durch eine schmale dunklere Zone gegen die weitere rning ausgeführt von A. Bockendahl, R. Peripherie abgegrenzt, die wieder hellere Färbung Drews, 0. Möbius, E. Paulsen u. J. Sche­ zeigt. In den hellen Centren („Sekundärknötchen“) de 1. (Arch. f. mikroskop. Anat. XXIV. p. 1—103. liegen Zellen mit grössern Kernen, die zugleich auch 1884.) an Protoplasma reicher sind, so dass dadurch die 126 II. Anatomie u. Physiologie.

Kerne ziemlich auseinandergerückt stehen. Beson­ III. Zellvermehrung in der Tonsilla palatina ders stark tritt der Unterschied bei reiner Kernfär­ beim Erwachsenen; von R. D r e w s , Cand. med. bung hervor. Gerade diese Sekundärknötchen nun D. untersuchte die Gaumentonsillen vom Meer­ sind wahre Herde der indirekten Kerntheilungen und schweinchen, Kaninchen, von der Katze, der Ziege und sie verdienen darum den Namen Keimcentren der dem Schweine. In dem dicht- und kleinzeiligen Ge­ Lymphknoten. Die sich theilenden Zellen sind freie, webe der Tonsillen sind Sekundärknötchen in un­ im Reticulum enthaltene Zellen; ihre Töchter rücken regelmässiger Vertheilung und von verschiedenen allmäiig in die Lymphbahnen hinaus. Grössen eingestreut. In den Sekundärknötchen der Was ist der Grund, dass gerade im Centrum Tonsillen kommen die oben erwähnten tingiblen Kör­ eines Rindenknotens, oder überhaupt an einer beson- per in ganz ähnlicher Weise vor und scheinen hier dern Stelle, die Zelltheilungen lokal in so grösser ebenfalls stets in Zellen zu liegen. Die Mitosen sind Menge auftreten? Wahrscheinlich liegt der Grund so zahlreich, dass D. in der mitotischen Zelltheilung in den Verhältnissen der Gefässvertheilung und viel­ den wesentlichen Faktor für die Vermehrung von leicht auch in der Beschaffenheit der Gefässwände, Leukocyten erblickt. D. bestätigt die Auswanderung die hier eine leichtere Transsudation ermöglichen. von Lymphzellen aus den Tonsillen in den Isthmus Im Uebrigen betrachtet F l. die Keimcentren nicht faucium, wie sie von S t Öhr nachgewiesen worden als ständige, sondern als fluktuirende Einrichtungen, ist; er hält diese Auswanderung jedoch nur für eine welche aus kleinen Anfängen hervorgehen, anwach- Theilerscheinung, indem er die Fortschaffung eines sen und nach verschieden langer Wirksamkeit wie­ ändern Theils in Lymphbahnen für möglich erklärt. der zurücktreten u. sich verlieren können. Mit ändern IV. Zellvermehrung in der Milz beim Erwach­ Worten: Die Zelltheilung in den Lymphdrüsen tritt senen; von 0 . Möbius. lierd- und schubweise auf. Dem entspricht, dass In allen Präparaten von Milzen erwachsener Ka­ die Sekundärknötchen, welche in früherer Zeit mit ninchen und Meerschweinchen Hessen sich Mitosen Namen von sehr problematischem Werth bezeichnet nachweisen, und zwar waren sie am reichlichsten in worden sind, nicht allein sehr verschieden an Grösse, den Malpighi’schen Knötchen vorhanden. Jedes der sondern auch sehr regellos in ihrer Vertheilung sind. Knötchen zeigt in der Mitte ein helles Feld, das von Die Ursache, welche die junge Brut nach aussen einer dunklem, verschieden breiten Zone umgeben drängt, ist leicht kenntlich. Sie ist in dem Druck ist. In jedem M.’schen Körperchen ist stets nur ein enthalten, den die wuchernden Zellenmassen auf ein­ Keimcentrum vorhanden und zeigen dieselben wech­ ander ausüben; hierzu kommt noch ein vermehrter selnde Grössen. Die M.’schen Körperchen betrachtet Transsudationsdruck. Möbius entsprechend der oben erwähnten Theorie In den Peyer’schen Darmknötchen wurde eine FI e m m i n g ’s als fluktuirende lokale Hyperplasien Anordnung nach Keimcentren und umgebender Rin­ der cytogenen Arterienscheide. Es fanden sich auch denmasse nicht ausgesprochen gefunden; F 1. lässt die tingiblen Körper wieder. Auch in der Pulpa es noch zweifelhaft, ob sie wirklich fehlt oder ob jene der Milz finden sich überall zerstreut reichlich mito­ Knötchen selbst als Keimcentren aufzufassen sind. tische Zelltheilungen vor. Während die neugebilde­ ten Zellen der M.’schen Körperchen entschieden ein II. Ueber die Theilungsarten der Leukocytenneues Material an Leukocyten für die Lymphe und und über eigenthümliclie Anordnungen chromati­ das Blut liefern, können die Mitosen der Pulpa scher Substanz in Zellen der Lymphdrüsen; von sämmtlich oder nur zum Theil mit der Vermehrung W. Flemming. von Hämatoblasten in Zusammenhang gebracht wer­ Die ersten hierher gehörigen Beobachtungen stam­ den. men von Peremeschko und sind zu denselben V. Zellvermehrung und ihre Begleitungserschei­ mehrseitige andere hinzugekommen. Zunächst stellt nungen in hyperplastischen Lymphdrüsen und Ton­ F 1. fest, dass das Vorkommen von wahrer indirekter sillen ; von Dr. E. P a u 1 s e n. Kerntheilung bei Leukocyten als eine Thatsache be­ Als wichtigste Objekte dienten zur Untersuchung trachtet werden muss, die keinem Zweifel mehr unter­ amputirte Stücke hypertrophischer Gaumentonsillen liegt. Die Kemtheilungsart bei der normalen Lympli- und sogen, rheumatische Bubonen. In den Rinden­ zellenregeneration weicht nicht oder doch nicht knoten der letztem traten, soweit die Rindenknoten wesentlich ab von der gewöhnlichen, allgemein ver­ wohl erhalten waren, die oben beschriebenen Sekun­ breiteten Form der Karyokinesis (Mitosis). Ausser­ därknötchen deutlich hervor und zeigten sich in ihnen dem aber kommen in den Lymphdrüsen, und zwar zahlreiche Mitosen. Solche fanden sich ferner überall besonders in den Keimcentren, aber auch in ändern zerstreut, wo lymphatisches Gewebe noch erhalten Organen, eigenthümliche tingible Körper in Zellen geblieben war. Die Drüsenkapsel zeigte sich stark eingelagert vor, die nicht als Kernfragmentirungen verdickt, viele Theile des Innern der Drüse zeigten betrachtet werden können, welche vielmehr ihrem sich ersetzt durch theils kernreiches, theils derbfase­ Wesen nach noch fraglich sind. Neben der indirek­ riges Bindegewebe, in welchem sich reichlich stark ten Kerntheilung behauptet insbesondere Lav- entwickelte Blutgefässe befanden. dovsky die direkte Kerntheilung als häufiges Vor- In den hypertrophischen Gaumentonsillen war kommniss bei leukocyten. die Zahl der Theilungsherde eine ganz überraschende. II. Anatomie u. Physiologie. 127

Zugleich zeichneten sich letztere durch ihre Grösse sie aus den Knötchen in die Retikularräume der Pulpa aus. Die Knötchen lagen zum Theil so dicht bei­ und von hier in die Venenwurzeln gelangen: zwischen einander, dass sie sich gegenseitig berührten, ja in­ jenen und diesen sind offene Wege anzunehmen. Die einander flössen. Ein wesentlicher Unterschied der von der Thymus oben bemerkte Eigentümlichkeit Kerntheilungsbilder von den Verhältnissen normaler glaubt F l. auf die eigenthümliche Entstehungsweise Lymphdrüsen war selbst mit Zuhülfenahme der besten der Thymus zurückführen zu sollen. Linsensysteme nicht zu bemerken. Absonderliche VIII. Ueber die Regeneration des Tracheal- Formen, wie sie Arnold fand, ist P. geneigt, auf epithels; von Dr. A. Bockendahl. Rechnung der verschiedenen Behandlungsweise, nicht B .’s Arbeit knüpft vor Allem an Drasch’s aber des natürlichen Vorkommens zu setzen. bezügliche Untersuchungen an, welche, obwohl mit VI. Zellvermehrung in der Thymusdrüse; von den bekannten Vorsichtsmaassregeln und nach den J. Schedel. besten Methoden angestellt, dennoch karyokinetische Nach Analogie der Neubildung der Zellen in den Kerntheilungen am erwähnten Ort nicht bestätigen Lymphdrüsen hätte man annehmen sollen, dass auch konnten. B. gedenkt auch der Beurtheilung der in der Thymus die Regeneration der Zellen wesent­ Befunde von Drasch durch Henle, welcher lich in der Markzone vor sich gehe. Diess ist jedoch dafür hält, dass im Flimmerepithel nur in seltenen nach J. Schedel nicht der Fall. Eigentliche Keim- Fällen neue Zellen gebildet werden; hieraus er­ centren kommen nach seinen Untersuchungen nicht kläre sich, dass D. an Hunderten von Präparaten vor; die Zelltheilung findet vielmehr fast ausschliess­ nur eine einzige mitotische Figur gesehen. Im All­ lich in der Peripherie der kleinsten Läppchen statt. gemeinen gelangte Bockendahl zu einer Bestä­ Der Theilungsherd verläuft rings um die Markzone tigung der Henle ’schen Ansicht, dass das Flimmer­ und nur vereinzelte Zelltheilungen finden sich in letz­ epithel der Luftwege nur eine geringe Neubildung terer selbst. Dagegen treten sie häufig selbst noch zeige. B. untersuchte Tracheen erwachsener Hunde, in dem äussersten, der bindegewebigen Scheidewand Katzen, Kaninchen und Meerschweinchen ; zur Ver­ dicht anliegenden Theil der Rinde auf. Am deut­ gleichung dienten auch Tracheen junger Thiere und lichsten traten diese Verhältnisse hervor an Schnitten von Embryonen. durch die Thymus einer jungen Ziege. Die Thei- lungsfiguren sind zwar sehr klein, lassen sich jedoch An 12 Schnitten, die auf einem Objektträger mittels Oeltauchlinsen als mitotische ihrer überwie­ vereint lagen, zählte B. in jedem einzelnen 3—5 genden Mehrzahl nach mit Sicherheit ansprechen. mitotische Kerntheilungsfiguren; an anderen Prä­ An Schnitten von der Thymus der Katze und des paraten zeigten sie sich spärlicher oder fehlten fast Kalbes wurden die gleichen Verhältnisse beobachtet, ganz; ein herdweises Vorkommen war ausge­ doch fanden sich hier Zelltheilungen auch in der schlossen. Bei keiner der untersuchten Thierspe- Marklage häufiger, nie aber traten sie in Herdgrup- cies fehlten Mitosen im Trachealepithel vollständig. pirung auf. Tingible Körper fanden sich auch in Bald lag eine Mitose zwischen Basalzellen, bald höher der Thymus vor. oben u. endlich auch am freien Rande. Die Achse VII. Schlussbemerkungen über die Zellvermeh­ der Kernfigur lag meist schief zur Schleimhaut, zu­ rung in den lymphoiden Drüsen; von W. Flem - weilen aber auch senkrecht und parallel der elasti­ ming. schen Faserschicht. Mehrere Male sah B. Tochter­ kerne mit deutlichem Zellcontour, ein Beweis, dass Die Deutung als „periphere Lymphdrüsen“, nach erfolgter Kerntheilung wirklich zwei neue welche Brücke den Lymphknötchen des Darms, der Mund- und Schlundschleimhaut und den Tonsillen Zellen entstehen, was Drasch ebenfalls bezweifelt gegeben hat, ist nach dem Vorausgehenden sicher hatte. Das Auffinden von Mitosen wird erschwert als berechtigt zu betrachten. Beachtung beansprucht durch das oft reichliche Vorkommen von Leuko­ aber zugleich die von Stöhr nachgewiesene Aus­ cyten in allen Schichten des Epithels. Dasselbe wanderung von Lymphkörperchen aus den genannten Ergebniss lieferten Schnitte von zwei menschlichen Organen durch das Epithel atif die freie Oberfläche. Tracheen. An jungen Thieren, die noch nicht aus­ Nach Flemming ist für dieselben daher die An­ gewachsen waren, zeigten sich die Mitosen etwas nahme einer doppelten Funktion, Lieferung von zahlreicher. Zahlreicher zeigten sie sich auch an Lymphzellen in den Lymphstrom und auf die Aussen- Stellen, die durch das Einblasen reizender Dämpfe in fläche, eine Nothwendigkeit geworden. Den Nach­ erhöhte Thätigkeit versetzt waren. weis einer massenhaften Vermehrung von Leukocyten IX. Ueber die Regeneration verschiedener Epi- in der Milz betrachtet F l. mit gutem Grunde als thelien durch mitotische Zelltheilung; von W. einen weitern Wahrscheinlichkeitsbeweis für die Exi­ Flemming. stenz einer lakunaren Blutbahn der Pulpa. Die in Ueber den Befund von Mitosen im Malpighi- den Milzknötchen neugelieferten Zellen müssen doch schen Stratum der Haut des Erwachsenen haben irgend wohin gelangen und es bietet sich als nächst- Unna und Flemming schon früher berichtet. liegende Annahme, dass sie in das Milzvenenblut ge­ Seitdem fand F. in der Haut von erwachsenen Kanin­ langen und dessen bekannten Leukocytenreichthum chen, Meerschweinchen und Katzen reichlich Mitosen bedingen. Wenn diess aber der Fall ist, so müssen in der genannten Epidermisschicht. Auch für die 128 II. Anatomie n. Physiologie.

Annahme eines schubweisen Auftretens ergaben sich ist, eine eigene Sache bleibe. So habe das inäqual neue Belege. Die Mitosen fanden sich in den tiefen sich furchende Ei ungleichwerthige Pole und un­ Schichten, nicht allein in der tiefsten Lage. Die gleiche Tochterzellen; aber auch bei äqnal sich Theilungsachsen stehen meist schräg, zuweilen quer. furchenden Eiern verhalte es sich im Grunde nicht Sehr häufig sind Mitosen in der Keimschicht der anders. Für die meisten Fälle scheint es F l. daher Haare. Häufiger wie in der Haut kommen Mitosen verständlicher, dass die zwei Schwesterzellen aus in dem Epithel der Mundhöhle vor, und zwar in den je einer Theilung ungleiche Dispositionen mitbe­ 2—3 tiefen Zellenlagen. Im Epithel des Oesophagus kommen, als dass sie stets gleiche haben sollten. hatte schon vor Jahren Ebertli Kerntheilungen Für diese Ungleichheit lässt sich in den Tochtevzelleu gesehen. Im Darmepithel erwachsener Kaninchen und auch schon in ihrer Mutterzelle nach einem waren sie seltener, als in der Mundhöhle und Haut, morphologischen Ausdruck suchen. Vielleicht ist doch sicher vorhanden. die Zeit nicht mehr fern, wo man nach F 1 e m m i n g ’s Recht zahlreich fanden sich ferner Mitosen im Ausdruck „in der Anordnung der Kernfiguren An­ Flimmerepithel des Eileiters erwachsener Kaninchen haltspunkte finden wird, um eine Ungleichwerthig- und Katzen. Schon zuvor hatte N. Harz zahlreiche keit der Pole schon an der in Theilung begriffenen Mitosen im Follikelepithel von Mäusen und anderen Zelle zu bestimmen.“ (Räuber.) Thieren gefunden und beschrieben; F 1. bestätigt diesen Befund mit der Bemerkung, dass in einem 555. Ueber den Einfluss des Nervensy­ mittelreifen Kaninchenfollikel vielfach mindestens 50 stems auf die R esorption; von Prof. L. Her­ im Gang befindliche Mitosen zu finden sind. Ihre mann. (Arch. f. Phys. XXXIV. 9.10. p. 508.1884.) Vertheilung ist eine gleichmässige. Theilungen Um den Einfluss des Nervensystems auf die Re­ kommen auch in ganz reifen Follikeln vor, sowohl sorption kennen zu lernen, führte Vf. bei je zwei im Wandepithel, als im Discus proliger. Diejüngsten Fröschen, deren einem er den Plex. ischiad. durch­ Follikel, in welchen F. Mitosen auffand, sind be- schnitten , unter sonst möglichst gleichen Verhält­ merkenswerther Weise solche, in welchen Epithel­ nissen eine leichte Strychninvergiftung herbei, indem zellen noch einschichtig liegen und kurze Prismen­ er mit dem Gift getränktes Papier auf gleichgrosse form besitzen. Am glattzeiligem Follikel - Epithel Flächen der rechten Oberschenkel der Frösche brachte, sind bis jetzt Theilungen nicht gesehen worden, dasselbe aber sofort wegnahm und die Thiere sorg­ soweit Säugethiere in Frage stehen; wohl aber bei fältig abwusch, sobald die ersten Krämpfe sich zeigten. Amphibien. Die allererste Bildung des Epithels Es ergab sich nun durch zeitweise Prüfung, dass aber geht vielleicht vom Ei selbst aus. In allen beim unversehrten Frosch die Krämpfe stets V2 bis Follikeln, die bereits Liquor gebildet hatten, hebt 1 Stunde früher eintraten und bereits am zweiten F . das Vorkommen blasser rundlicher Körper her­ 1 Tag der Reflexkrampf meist geschwunden war, beim vor, die in das Follikelepithel eingesprengt liegen verletzten dagegen sich beträchtlich länger erhielt. („Epithelvacuolen“). Zuweilen sind in diesen Ge­ Dieselben Erscheinungen traten auch bei Fröschen bilden noch deutliche Kerne vorhanden. Im Ganzen ein, welche erst 2 bis 3 Tage nach der Nervendurch­ erscheinen die Epithelvacuolen als Umwandlungs- schneidung in gedachter Weise behandelt worden produkte von Epithelzellen, die in der Verflüssigung waren. zum Liquor folliculi begriffen sind, der theilweise allerdings auch ein Transsudat darstellt. Die Zell- Diese Verschiedenheit der Wirkung lässt sich theilungen im Follikelepithel dienen alsdann nicht nach Vf. nur aus einer Beziehung der Innervation allein zur einfachen Vermehrung des Epithels, zur Aufsaugung erklären, von der es aber zweifel­ sondern auch zum Ersatz von untergehendem Epi­ haft bleibt, ob sie direkt oder durch die Innervation thel. des Kreislaufs bedingt ist. Der spätere Eintritt der Ausser in den Epithelgeweben, die soeben be­ Erholung beim verletzten Thier ist nur dadurch zu sprochen "wurden, fand F. bei erwachsenen Thieren erklären, dass dasselbe grössere Mengen des Giftes Mitosen auch im Bindegewebe der Haut, der Mund­ in seinen Körper aufgepommen hat, als das unver­ schleimhaut, der Darmwand, in der Mucosa des Ei­ letzte. Das gelähmte Bein muss um gleichen Strych­ leiters und überall vertheilt im Ovarialgewebe, so­ ningehalt des Gesammtblutes hervorzubringen, mehr wie in der glatten Muskulatur der letztgenannten Strychnin aufnehmen, als ein ungelähmtes. Hieraus Orte. Besonders zahlreich sind Mitosen in den ist zu entnehmen, dass durch die Nervendurch­ Thecae folliculorum. Durch den Nachweis von schneidung nur die Fortschaffung des Giftes aus Theilungen von Bindegewebszellen wird es nahe seiner Resorptionsstätte in den allgemeinen Kreis­ gelegt, auch die Lebensdauer derselben als eine be­ lauf gestört werde, nicht aber die Aufsaugung aus grenzte aufzufassen und die Theilung im Sinn einer dem umgebenden Medium, letztere vielmehr unab­ Regeneration zu verstehen. hängig vom Nervensystem vor sich gehe. Wie verhält es sich mit der Gleichheit der Tochter­ Es ist also zu schliessen, dass der erste Akt der zellen ? F l. spricht sich dahin aus, dass es mit der Resorption, das Eindringen der Substanz in das Ge­ sogenannten Gleichheit der Tochterzellen einer Thei­ webe, unabhängig vom Nervensystem durch rein lung, auch dort, wo sie dem Anschein nach vorhanden physikalische Verhältnisse vor sich geht, dass aber III. Hygieinö, Diätetik, Pharmakologie u. Toxikologie. 129 die Weiterbeförderung entweder durch den Kreislauf fässe liegende Zwischenorgane vom Nervensystem selbst, oder durch irgend welche ausserhalb der Ge- in gewissem Grade abhängig ist. (0. Naumann.)

III. Hygieine, Diätetik, Pharmakologie u. Toxikologie. 55G. Ueber Cannabis indica und deren und anästhesirendeEigenschaften besitzt und auf Re­ Präparate. spiration, Puls und Verdauung keinen naebtheiligen Unter dem Titel „die Cannabis indica in ihrer Einfluss ausübt. Als Krankheiten, bei denen unter frühem u. heutigen therapeutischen Verwendung“ gehöriger Vorsicht die Cannabis Anwendung ver­ hat Aug. FlörchingerA) eine sehr fleissige Zu­ dient, bezeichnet F l. solche, bei denen ein Hypno- sammenstellung der in der fragl. Hinsicht bekannten tikum oder Anästhetikum angezeigt ist, andere Nar­ Thatsachen gegeben und im Anschluss daran das kotika aber nicht verwendet werden können. Aus­ Ergebniss einiger von ihm selbst an Thieren und serdem gehören hierher manche Formen von Geistes­ kranken Menschen angestellter Versuche mitgetheilt. störung und die sogen. Neurosen. Besonders ge­ Wir beschränken uns hier auf die Angabe der letz­ rechtfertigt erscheine die Anwendung des Mittels tem. beim Tetanus und bei vielen Neuralgien. Von den (G) Kranken litt einer seit einigen Ta­ J. D. Cronin (Brit. med.Journ. June9. 1883. gen an einem Leberabscess, während die ändern mit p. 1117) empfiehlt die Tinctura Cannabis indicae chron. phthisischen Affektionen der Lungen behaftet (3mal tägl. 5 Tropfen) als ein sehr gutes Tonikum waren. Das bei allen angewendete Präparat war für das Nervensystem, namentlich bei Erregtheit das Extrakt, welches in der Pulverform, und zwar nach grossen Blutverlusten, sowie bei nervöser Schlaf­ in der Gabe von 0.1g in den spätem Nachmittag­ losigkeit der Frauen. stunden (4— 6), mit 1— 2stitndigen Intervallen 3mal W. M. Kelly (1. c. June 30. p. 1281) sah bei verabreicht wurde. Die in diesen Fällen constant einer 60 J. alten Dame, welche an rheumatischen beobachtete Wirkung der Cannabis war Herabsetzung Schmerzen litt, nach Verabreichung von 3 cg E x- der Temperatur, sowie Herbeiführung von Schlaf tracti Cannab. ind. mit 6 cg Ferri reducti sofort und Anästhesie. Dagegen fehlte die von manchen heftige Symptome von Intoxikation auftreten: Be­ Autoren beobachtete diuretische Wirkung, sowie auch nommenheit des Kopfes, Kälte und Taubheit der die von allen Beobachtern als charakteristisch be- Finger, Gesichts- und Gehörshallucinationen. Alle zeichnete Wirkung auf das Seelenleben, speciell die diese Erscheinungen verloren sich binnen einigen Phantasie. Keiner der fragl. Kr. gab auf Befragen Stunden von selbst, traten aber noch 2mal nach er­ an, dass er nach Einnehmen des Mittels angeregt, neutem Einnehmen der erwähnten Dosis auf. K. ist erheitert oder auch nur in seiner Stimmung wesent­ geneigt, einer erblichen gichtischen Disposition gros­ lich verändert gewesen sei, und eben so wenig war sen Einfluss auf Entstehung dieser Wirkung der Can­ äusserlich an ihnen etwas wahrzunehmen, was auf nabis zuzuschreiben. eine solche Wirkung schliessen liess. Zur Erklärung Wm. Strange (1. c. July 7) berichtet einen dieser auffallenden Erscheinung weist F l. darauf weitern Fall, in welchem nach Gebrauch des Ex­ hin, dass nach manchen Autoren die Cannabis als traktes Intoxikationserscheinungen auftraten. Pulver weniger wirksam ist, wie im Trank, sowie Ein Phthisiker hatte aus Versehen als Zusatz zu einer Mixtur im Gesammtgewicht von 240 g anstatt der darauf, dass das Präparat weniger wirksam gewesen Tinktur 3.75 g des Extraktes erhalten und gleich au 8ei, als das aus dem Orient bezogene Extrakt, da der Flasche einen grössern Schluck getrunken. Drc bei dem Trocknen der Pflanze manche flüchtige Ver­ Stunden darauf fand Str. denselben anscheinend im Ster­ bindungen verloren zu gehen scheinen, deren Wir­ ben liegend, mit vollständiger superficieller Anästhesie, fast bewusstlos, unfähig, Jemanden zu erkennen. Die kung vorzugsweise die Ganglienzellen der grauen Pupillen waren erweitert, reagirten jedoch noch gegen Hirnsubstanz trifft. Ausserdem sei zu berücksichti­ Lichtreiz; der Puls war nicht aussetzend, das Athmen gen, dass die Wirkung der Cannabis in besonders nicht erschwert. Nach sofortiger Verabreichung eines hohem Grade von den individuellen Verhältnissen des Brechmittels wurde eine reichliche Menge des grünen Ex­ traktes mit Magenschleim vermischt entleert. Pat. er­ Einzelnen abhängt, so dass sie mit völliger Sicher­ hielt dann eine starke Portion Brandy u. wurde in das Bett heit nicht im Voraus zu bestimmen ist. Dieser Um­ gebracht, wo er bald in einen tiefen Schlaf verfiel. Am stand, sowie das Auftreten schwerer Erscheinungen nächsten Morgen fand ihn Str. wieder genesen. von Seiten des Nervensystems (akute Manie, anhal­ Die Wirkung des Mittels hat S t r. an sich selbst tende Krämpfe tetanischer Natur) haben es daher zu erproben Gelegenheit gehabt, da er wegen kör­ herbeigeführt, dass die Anwendung der Cannabis perlicher Schmerzen und nervöser Erregung 6 Mon. viel seltener geworden ist als früher, ja von dersel­ lang jede Nacht ziemlich grosse Dosen desselben ben geradezu ganz abgerathen wird. F l. hält es in Verbindung mit Bromkalium (6— 12 cg des Ex­ jedoch nicht für gerechtfertigt, ein Mittel ganz bei trakts oder 20—30 Gtt. der Tinktur mit 2—4 g Seite zu setzen, das anerkannter Maassen hypnotische Bromkalium) genommen hat. Das Angstgefühl und die gedrückte Stimmung wurden dadurch beseitigt ') Inaug.-Diss. München 1884. 8. 31 S. und es trat ruhiger Schlaf ein. Med. Jahrbb. Bd. 204. Ilft. 2. 17 130 III. Hygieine, Diätetik, Pharmakologie u. Toxikologie.

Auch in einem ändern Falle erzielte S t r. sehr Darmstadt dargestelltes Präparat, welches von dem gute Wirkung durch eine Verbindung von Bromka­ um die Kenntniss der Hypnotika so hoch verdienten lium und Extr. Cannabis ind. (4.0 g :0.5 g 2— 3mal Med.-R. Fronmüller in Fiirth als vortreffliches tägl.) bei einer an akuter Melancholie leidenden Hypnotikum sehr warm empfohlen worden ist (Me­ Frau. morabilien XXVII. 5. p. 257. 1882). Str. glaubt, dass das Mittel gewöhnl. in zu klei­ Das Cann. tann. stellt ein gelblich braunes, in nen Dosen verordnet wird; er selbst giebt meist Wasser und Aether gar nicht, in Alkohol kaum lös­ 6 cg des Extraktes oder 20—30 Tropfen der Tink­ liches Pulver dar; eine geringe Quantität Alkali macht tur pro dosi. dasselbe in Wasser löslich. Das Pulver, welches Dr. v. M e r i n g (Arch. f. Psychiatrie u. s. w. XV. einen nicht unangenehmen Geruch, bitterlichen, tan­ 1. p. 275. 1883.) berichtet über Versuche, welche ninartigen Geschmack hat, ist mit oder ohne Zucker er mit Cannabis indica, und zwar speciell mit C/iur- ziemlich gut zu nehmen. Unter dem Mikroskope rus angestellt hat. Mit letzterem Namen belegt man (300fache Vergr.) zeigt dasselbe amorphe, mit spitzen das Harz, welches aus den im Norden von Indien ca. Enden versehene bräunliche Plättchen. 2000 m hoch gebauten Hanfpflanzen au9fliesst. Das benutzte Präparat stammte aus Yarkand und stellte Das fragliche Präparat war von F. selbst bei eine braunschwarze, compakte, ziemlich weiche Masse Veröffentlichung seiner Mittheilung 57, von seinem von Hanfgeruch und harzartigem Geschmack dar. Sohne 6 Mal angewendet worden, und zwar bei 21 Es war in Wasser unlöslich; in Alkohol, Aether, Männern und 42 Weibern, welche im Alter von 17— Petroläther, Schwefelkohlenstoff u. Mandelöl dagegen 73 J. (vorwiegend zwischen 20 u. 40 J.) standen zu 2 Dritttheilen löslich. Ein Alkaloid liess sich in und meistens weibliche Dienstboten, Gesellen oder diesem Harzpräparate nicht nachweisen. Wurde das­ Fabrikarbeiter waren. Die Indikation zur Anwen­ selbe mit Wasser destillirt, so ging mit den Dämpfen dung des Cann. tann. war bei allen Kr. die Erzie­ ein ätherisches Oel in geringer Menge über, welches lung von Schlaf, und zwar bei den verschiedensten intensiv nach Hanf roch und ohne besondere Wir­ Krankheitszuständen: bei Lungentuberkulose 40mal, kungen war. Der Rückstand dagegen war intensiv Abdominaltumoren u. Quecksilberintoxikation je 4mal, wirksam. Geringe Dosen davon (0.06—0.15 g), in chron. Bronchitis u. Alkoholismus je 3mal, Asthma Pillen oder alkoholischer Lösung genommen, riefen und Bleikolik je 2mal, akuter Pneumonie, Geistes­ bei Menschen nach 1— 5 Std. folgende Erscheinun­ störung, Perimetritis, Abdominalneuralgie je lmal. gen hervor: Schwere und Eingeschlafensein der Glie­ Ein grösser Theil der Kr. hatte zuvor Opiate, bez. der , Zuckungen in den Muskeln, elektr. Erschütte­ Morphium inj ektionen, erhalten. Die Dosis, welche rungen, Ohrensausen, Schwerhörigkeit, mangelhafte gewöhnlich am Abend 9 V2 Uhr verabreicht wurde, Perception, Gefühl von Hitze und Kälte im Kopf, aber, wie F. hervorhebt, bei fortgesetztem Gebrauche Schwindel, Flimmern vor den Augen, Blickverdunke­ gesteigert werden muss, schwankte zwischen 0.1 u. lung, Unsicherheit des Ganges, Trockenheit im Munde, 1.5g; am häufigsten betrug sie 0.1 (8mal), 0.2 Gefühl der Beklemmung. Auf diese mehr oder weni­ (lOmal), 0.3g (29mal). Guter Erfolg, d. h. Ein­ ger unangenehmen Symptome folgt meist ein ange­ schlafen nach 4/2— 1 Std. und wenig unterbrochener nehmes Stadium: die Personen werden heiter, lachen ruhiger Schlaf bis zum Morgen wurde 37mal erzielt, sehr laut; die Phantasie wird sehr rege; es treten 15mal gelangten die Kr. erst später zu einem öfters Sinnestäuschungen (besonders des Gesichts) auf; Bil­ unterbrochenen unruhigen Schlafe; llm al blieb das der kommen und gehen in raschem Wechsel; das Mittel ohne Wirkung. Intoxikationssymptome traten Bewusstsein ist nie geschwunden. Sonderbarerweise nur in 6 Fällen am nächsten Morgen auf: 2mal (nach werden die Gesichtsphantasmen nur bei geschlossenen 0.2 u. 0.35 g) Eingenommenheit des Kopfes, 3mal Augen wahrgenommen und sind sich die Personen (nach 0.3, 0.45, 0.5 g) in Verbindung mit Schwin­ in der Regel der Täuschung bewusst. Später schla­ del, lmal ziemlich starke, aber bald vorübergehende fen dann manche Pat. für einige Stunden ein. Ueble Betäubung (bei einem Kr., der wegen heftiger Schmer­ Nachwirkungen, wie Kopfweh oder Schwindel, wur­ zen bei Bleikolik 0.75 u. am nächsten Abend 1.50 g den nur selten beobachtet. Der Stuhlgang war un­ erhalten hatte). Erbrechen hat F. nie beobachtet, beeinflusst , der Appetit dagegen entschieden gestei­ eben so wenig einen Einfluss auf Temperatur, Puls­ gert. Der Puls war anfangs meist beschleunigt. Die frequenz und Diurese. Auch der Stuhlgang wurde Pupillen wurden gewöhnlich weit. Bei einzelnen nicht gehemmt; er trat bei 46 Pat. am nächsten Personen trat vorübergehend starke Muskelstarre und Morgen nach dem Einnehmen ein, während diess Flexibilitas cerea auf. nach F .’s tabellarischen Aufzeichnungen über die Dr. R. Kobert, welcher 2mal von dem v.M e- Wirkungsart der Opiate unter 1000 Fällen nur nmj’schen Präparate Dosen selbst einnahm, welche 42mal stattfand. bei ändern Menschen intensive Wirkungen hervorge­ In Bezug auf die Präparate der Cannabis ind. bracht hatten, empfand indessen von allen eben an­ erwähnt Fronmüller noch, dass die hypnotische gegebenen Symptomen fast nichts. Kraft des indischen Hanfharzes neuerdings wesent­ Schlüsslich haben wir noch des Cannabinum lich stärker geworden sei, so dass er jetzt die Gabe tannicam zu gedenken, ein von Herrn Merck in desselben nur auf 12 cg festsetzen könne, während III. Hygieine, Diätetik, Pharmakologie u. Toxikologie. 131 er vor 10 J. noch 24cg, vor 30 J. sogar 4 8 cg als angewendet, 3mal mit gutem, je lmal mit unvoll­ zulässig bezeichnen konnte. kommenem oder keinem Erfolge; Dosen von 1 und Von weitern Mittheilungen über das Cannabi- 2 dg hatten eher eine geringe Steigerung der nervö­ num tannicum haben wir zunächst eine Diskussion sen Symptome herbeigeführt. In 2 Fällen von hy­ zu erwähnen, welche Anfang 1883 in dem Vereine sterischer Agrypnie waren kleine und mittlere Dosen für innere Medicin zu Berlin stattgefunden hat (Deut­ (bis zu 6 dg) ohne Erfolg, dagegen trat ein solcher sche med. Wchnschr. IX. 12. p. 180. 1883). deutlich ein nach Dosen von 5 u. 6 dg in 2 Fällen Dr. Lublinski hat das fragl. Mittel in der von beginnender Paralyse der Irren und nach 0.5, Poliklinik bei 30 Pat., die vorher noch keine Schlaf­ bez. 1.0—1.5 g in 2 F. von Hirnapoplexie. mittel gebraucht hatten, angewendet, namentlich bei Bei Phthisikern kam das Cann. tann. in 21 F., Phthisikern, um ihnen Schlaf und Ruhe vor dem sämmlich in einem vorgeschrittenen Stadium, u. zwar Husten zu verschaffen. Er hat jedoch durch 3 dg bei Personen zur Verwendung, welche auch von den gar keinen, ja selbst durch 6 dg und mehr nur in gewohnten Morphiumgaben keine Linderung des wenigen Fällen, und zwar nur bei decrepiden Per­ Nachthustens erfuhren. Gaben von 1— 3 dg bewirk­ sonen für 4—5 Std., Schlaf erzielt. Bei kräftigen ten unter 8 F. nur 3mal kurzdauernden Schlaf, keine Personen, bei denen aus verschiedenen Ursachen Milderung des Hustenreizes, dagegen trat in 7 unter Hypnotika angezeigt waren, trat selbst nach 9 dg 13 F. nach 4 dg bis 1 g ruhiger erquickender Schlaf kein Erfolg ein. L. bezeichnete die Wirkung des ein, der jedoch auch hier von Hustenanfällen unter­ Morphium und des Chloral selbst in kleinen Gaben brochen wurde, die indessen seltener auftraten und als viel kräftiger und sicherer, als die des Cann. schneller vorübergingen. tann., dessen hoher Preis übrigens auch der allge­ Gegen symptomatische Schmerzen bei somati­ meinem Anwendung desselben im Wege stehe. schen Leiden wurde das fragl. Mittel 16mal (darun­ Prof. Leyden ist nach ziemlich reichen Erfah­ ter 8 Fälle von Carcinom) angewendet. In 5 Fällen rungen, in der Klinik sowohl, als in der Privatpraxis, war der Erfolg nach 3 dg nur gering, in 11 F. nach zu der Ueberzeugung gelangt, dass das fragl. Mittel 4 dg bis 1 g nur 3mal gut, 2mal gering, 6mal blieb allerdings eine gewisse Brauchbarkeit besitze. Es er ganz aus. Am Tage verabreicht hatte das Mittel stehe in der Mitte zwischen Bromkalium und den gar keinen Einfluss auf die Schmerzen. Opiumpräparaten, könne aber letztere durchaus nicht In 6 Fällen von Herzklappenfehlern mit hoch­ ersetzen. Bei irgend ernsten Schmerzen oder schwe­ gradigen Compensationsstörungen wurde nur 3mal ren asthmat. Anfällen hat L. nie eine Wirkung von durch Gaben von 5 dg bis 1 g vorübergehende Be­ dem Cann. tann. gesehen, vielmehr dasselbe nur bei ruhigung und kurzer Schlaf erzielt. verhältnissmässig leichten Störungen wirksam ge­ Im Ganzen sah P. unter seinen 63 Fällen in funden. 37 kurze Zeit nach Eingabe des Mittels einen guten Dr. Hill er hat bei an Opiate nicht gewöhnten und andauernden Schlaf eintreten, in den übrigen Phthisikern mittels 5 cg Cann. tann. in der Re­ — 6 Fällen war die Wirkung sehr gering oder fehlte voll­ gel Schlaf für die ganze Nacht erzielt. In Fällen, ständig. Von — stets schnell vorübergehenden — in denen Schmerzen oder psychische Erregtheit (De­ üblen Nebenerscheinungen hat er beobachtet: in 6 F. lirien) die Schlaflosigkeit bedingen, hält er dasselbe Eingenommensein des Kopfes mit leichtem Schwin­ jedoch nicht für empfehlenswerth. del beim Erwachen am nächsten Morgen; in 4 F. Zu einem im Ganzen ähnlichen Resultate, wie (schon nach Gaben von 1— 5 dg) einen Zustand von die Genannten, ist auch Dr. K. Pusinelli (Berl. Aufregung, nervöser Unruhe und erhöhter Schlaf­ klin. Wchnschr. XXL 1. 1884) bei Versuchen ge­ losigkeit , bei schwächlichen Personen, kurz nach langt, welche in der innern Abtheilung des Stadt- dem Einnehmen des Mittels; in 5 F. Erbrechen nach kraukenhauses zu Dresden angestellt worden sind. mittlern und grossen Gaben; in 2 F. Trockenheit Das Cann. tann. wurde 63 Personen (32 M., im Halse am nächsten Morgen. Schwere Intoxika­ 31 W.) im Alter von 16— 75 (durchschnittlich 30 tionserscheinungen , sowie die nach Einnehmen des bis 40) Jahren stehend und meistens der arbeitenden Extr. Cann. ind. stets auftretende Berauschung Klasse angehörend verabreicht. Die Indikation zur mit heitern Delirien und die erhebliche Exaltation Anwendung war theils rein nervöse (9 F.), theils vor Auftreten des Schlafes, wurden nie beobachtet, symptomatische Schlaflosigkeit bei verschiedenen ebenso aber auch keine Verlangsamung des Stuhl­ somatischen Erkrankungen (54 F.). Von den betr. ganges. Ein Einfluss des Mittels auf den Nacht- Kr. war der grösste Theil an eine ziemlich bedeu­ schweiss, den Puls, die Temperatur, die Diaphorese tende Menge von Morphium gewöhnt. Die Dosis, und Diurese liess sich in keinem Falle wahrnehmen. durchschnittlich am Abend verabreicht, betrug am Nach seinen Erfahrungen bezeichnet P. das Can- häufigsten (je 12mal) 5 dg u. l g , je 8mal kamen nabinum tannicum als ein mildes, bei richtiger An­ 1) 2, 3dg, je 5mal 4 u. 6 dg, 3mal 1.5g, 2mal wendung sicher und ohne Nebenerscheinungen wir­ 8 dg zur Verwendung. kendes Schlafmittel, das auch gut genommen wird. In den 9 F. rein nervöser oder hyster. Schlaf­ Einen vollständigen Ersatz für andere Hypnotika losigkeit wurde 5mal eine Gabe von 3 dg bis l g gewährt das Cann. tann. dagegen nicht; es kann 132 III. Hygieine, Diätetik, Pharmakologie u. Toxikologie. nur bei Unwirksamkeit solcher oder Gewöhnung an säure durch untergesetzte Kalilösung aufgezehrt wurde). dieselben vorübergehend mit Vortheil angewendet In dem einen Versuche blieb der Frosch 24, im 2. etwa 48 Std. im Sauerstoff, ohne besondere Abweichungen in werden. Ein Anodynon ist das fragl. Mittel ent­ der Zahl der Athembewegungen aufzuweisen. In noch schieden nicht. Die Indikation für Anwendung des­ weitern Versuchen betrug die Zahl der Athembewegungen selben besteht nach P. überhaupt nur bei rein ner­ 29—32 in 15 Sek. während der Luftathmung und 25—29, vöser, habitueller, neurasthenischer Schlaflosigkeit nachdem sich der Frosch bereits 23'/4 Std. im O befun­ den hatte, oder 25—28 in der Luft und 24—28 im O und bei derjenigen, welche bei chronischen, schmerz­ nach 9 Stunden. Zuweilen zeigte sich bei oberflächlichem losen Krankheiten mit langer Bettruhe auftritt. Am Athmen eine Zunahme oder bei tiefern Athemzügen eine zweckmässigsten wird das Mittel in später Abend­ Verringerung der Zahl der Athembewegungen, während stunde (9—10 Uhr), und zwar in der Gabe von 0.3 sich die Thiere im O befanden. Apnöe trat nie ein. bis 1.5 g verabreicht; eine kleinere Gabe dürfte nur Hiernach ist dem 0 kein Vorzug vor der ge­ bei Kindern von günstiger Wirkung sein, bei kräfti­ wöhnlichen Luft beim Athmen beizumessen, wenig­ gem Erwachsenen kann man mit 0.5—1.0 g begin­ stens nicht hinsichtlich der Wirkung auf Temperatur, nen. Eine Gewöhnung an das Cann. tann. tritt nach Herzschlag und Athemfrequenz. Auch vergleichende P.’s Beobachtungen erst nach Wochen langem Ge­ Belebungsversuche, welche F. mit Fröschen anstellte, brauche desselben ein. (W i n t e r.) die er durch Dämpfe von Chloroform, Alkohol, Schwefelwasserstoff oder Kohlenoxyd bis zum Auf­ 557 a. Zur therapeutischen Bedeutung des hören des Athmens und der willkürlichen Bewegun­ Sauerstoffs und O zons; von Dr. M. F i 1 i p p o w. gen vergiftet hatte, zeigten zwar einigen Unterschied (Arch. f. Physiol. XXXIV. 7. 8. p. 335. 1884.) in der Erholungsdauer, je nachdem die Frösche in b. Die Wirkung ozonisirter Luft auf das reinem 0 oder in gewöhnlicher Luft sich befanden, G ehirn; von Prof. C. Binz in Bonn. (Berl. klin. doch war dieser Unterschied zu gering, als dass Wchnschr. XXI. 40. 1884.) er nicht durch Eigenart und etwaigen Unterschied im Vergiftungsgrade erklärt werden könnte; dazu Filippow theilt nach Anführung der haupt­ schwankte die Erholungszeit nicht stets zu Gunsten sächlichsten, die Wirkungen des Ozon, Sauerstoff und des Sauerstoffs. Wasserstoffhyperoxyd auf den Thierkörper behan­ delnden Arbeiten eine Anzahl eigener hierauf bezüg­ II. Versuche mit Ozon. licher Untersuchungen mit, welche er unter Leitung Das Ozon ward aus reinem trocknen 0 mittels Durch­ leitung von Elektricität dargestellt. des Prof. J. D o g i e 1 im Laboratorium zu Kasan aus­ Es wurden zunächst Versuche an 3 tracheotomirten geführt hat. Hunden angestellt, deren Trachea mit einem ozonhalten­ I. Versuche mit Sauerstoß und atmosphärischer Luft. den Gefäss durch ein Rohr verbunden war. Dieses ge­ F. bediente sich bei diesen Versuchen einer Kaut­schlossene Gefäss hatte ein Zuleitungsrohr und enthielt schukmaske, welche durch ein Ansatzrohr mit einem Barytwasser zur Bindung der ausgeathmeten Kohlensäure. O-Behälter oder Luftbehälter in Verbindung war. Der Die Art. crur. stand mit dem Kymographion in Verbin­ Apparat hatte ein Ausathmungs- und ein Einathmungs- dung. (Klappen-) Ventil, welche sich in entgegengesetzter Rich­ Es zeigte sich in diesen Versuchen bei derOzon- tung öffneten und schlossen, so dass die ausgeathmete einathmung eine Verminderung der Herzschläge (in Luft nicht wieder in den Apparat zurück konnte. Ein T-förmiges, mit einem Hahn versehenes Einschaltungs­ dem einen Falle von 20 auf 16 in 10 Sek.), die als rohr ermöglichte die abwechselnde Einathmung von O eine Reflexwirkung anzusehen ist, da das Ozon die und Luft, das betr. Gas strich vor Eintritt in den Apparat Nerven der Athmungsschleimhaut reizt. Die ein­ durch Wasser, die Athmung durch die Nase ward durch getretene starke Schleimabsonderung (die Thiere einen Korkklemmer ausgeschlossen. Während dieser, theilweise mit dem Plethysmogra­ wurden durch Ersticken getödtet) bestätigt diess. phen angestellten Versuche betrug die Temperatur des Folglich ruft das Ozon, in grösserer Menge einge- Versuchsraums in der Regel 17—20° C., die des Wasch­ athmet, Veränderungen der Athmungsorgane hervor, wassers 18—19°. Die O-Einathmungen dauerten einige wie sie bei der Einathmung von Chlor oder Ammo­ 30 Minuten. niak und ändern stark reizenden Mitteln beobachtet Vergleicht man nun die bei diesen Versuchen er­ werden. Bei Einathmung verdünnten Ozons war haltenen Zahlen während der Einathmung des 0 mit eine Verminderung des Pulses wenig oder kaum be­ denen, die beim Athmen der gewöhnlichen Luft ver­ merkbar ; auch war keine Schleimanhäufung, noch merkt sind, so ist kein Unterschied wahrzunehmen, überhaupt eine Veränderung in den Respirations­ so dass F. dijrch diese wie durch viele andere Ver­ wegen nachzuweisen. Ozonisirtes Wasser, in die Vena suche zu dein Schlüsse kam, dass sowohl beim Men­ jugul. gespritzt, bewirkte ebensowenig eine Ver­ schen wie bei Thieren (Hund, Frosch) die Körper­ änderung der Pulszahl, als die gleiche Menge destil- temperatur und die Pulszahl während der abwech­ lirten Wassers. selnden Athmung des 0 und der Luft unverändert F. stellte schlüsslich noch an sich selbst und bleiben, wie es schon Naumow und Beläjew ändern Personen Versuche mit Ozon an. Dasselbe (Gaz. lekar. XV. 1873) ausgesprochen haben. ward im Sitzen vor einem Trichter, aus welchem es Für seine Versuche an Fröschen hatte F. einen be- sondern Apparat gefertigt, welcher es ermöglichte, die strömte, eingeathmet, um so verdünnter natürlich, Thiere viele Stunden lang in einer leicht erneuerbaren je entfernter man vom Trichter war. Es trat bei O-Atmosphäre zu halten (wobei die entwickelte Kohlen­ der Einathmung verdünnten Ozons eine geringe Puls- III. Hygieine, Diätetik, Pharmakologie u. Toxikologie. 133 beschletmigung und Erhöhung der Temperatur ein, zung der Schleimhäute ableitet. Eine solche Ueber- doch zeigte sich diess nur zu Anfang des Versuchs ladung mit Kohlensäure ist aber selbst bei einem und bei Personen, die zum 1. Male Ozon einathmeten. Frosche B a r low’s nicht anzunehmen, welcher Subjektiv trat nach längerem Einathmen verdünnten 1j2 Std. lang in einem für ihn sehr grossen Behälter Ozons ein Wärmegefühl in der Brust ein, eine ge­ sass, unter dem Einflüsse des Ozon reflexlos wurde ringe Abstumpfung und Schläfrigkeit und unbedeu­ und ohne irgend welche Nachwirkung sich wieder tender Hustenreiz. Schlaf konnte F. weder bei Men­ erholte. Dieser Annahme widerspricht nach Binz die schen, noch bei Thieren herbeiführen. Eine Katze bekannte grosse Widerstandsfähigkeit der Frösche (welche Thiere nach Binz besonders leicht ein- gegen einen kurzen Abschluss der Luft — selbst schlafen) war zwar, unter eine ozonhaltige Glocke wenn ein solcher durch Reizung der Luftwege bedingt gebracht, nach einiger Unruhe mehr still und schien gewesen sein sollte. An und für sich lässt schon schläfrig zu werden, kam jedoch selbst nach 1 stän­ die starke Hautathmung des Frosches in so kurzer diger Versuchsdauer nicht in wirklichen Schlaf. Stets Zeit eine Depression durch Kohlensäurevergiftung trat starke Speichelabsonderung in Folge der Ozon- nicht aufkommen. Ebenso wenig gestattet das Minus einathmung bei diesen Thieren ein. der Ausscheidung von Kohlensäure, welches B a r - F. zieht aus seinen Versuchen folgende Schlüsse: low bei Ozoneinathmung gefunden, einen Rückschluss 1) Die Einathmung reinen Sauerstoffs besitzt kei­ auf Stauung der Kohlensäure im Organismus, weil nen Vorzug vor der Einathmung gewöhnlicher reiner ihm auch ein Minus von 0 entspricht. Uebrigens Luft, wenigstens nicht in Bezug auf Herzcontrak- war bei allen Versuchspersonen von Binz das Ath- tionen, Athmung und Körpertemperatur. men durchaus leicht gewesen. (0 . Naumann.) 2) In Fällen von Vergiftung mit Chloroform, 558. Untersuchungen und Beobachtungen Acthylalkohol, Schwefelwasserstoff oder Kohlenoxyd über A rzneim ittel; von Prof. M. Rosenthal in ist von der Einathmung des reinen Sauerstoffs kein Wien. (Anzeiger d. k. k. Ges. d. Aerzte zu Wien grösserer Nutzen zu erwarten, als von Einathmung Nr. 12. 1883/84.) reiner gewöhnlicher Luft. 3) Die Einathmung verdünnten Ozons kann nicht 1) Borsäure. Zum Studium dieses zu Anfang als einschläferndes Mittel, wie Binz es will, be­ des vorigen Jahrhunderts von Homberg vielfach trachtet werden. empfohlenen, gegenwärtig jedoch blos manchmal in 4) Die Einathmung von concentrirtem Ozon ruft der Chirurgie und Dermatologie, dagegen kaum in eine starke Reizung der Schleimhäute hervor und ist der innern Medicin angewendeten Mittels wurde Vf. sowohl für Mensch als Thier deshalb schädlich. durch die Beobachtung veranlasst, dass bei Cystitis 5) Die Aufnahme von Ozon in das Blut durch ammoniacalis die üblichen Mittel nicht immer aus­ die Athmungsorgane ist wie bisher als unbewiesen reichen, indem die Balsame und Terpentin, ebenso zu betrachten. auch die Salicyl- und Benzoesäure wohl Ansäuerung des Harns, jedoch bei längerem Gebrauche auch Gegen diese Ausführungen bemerkt Prof. Binz, gastrische Beschwerden bewirken. Das innerlich dass er, was zunächst das Einschlafen der Katzen bei nicht immer gut vertragene Kali chloricum bewährt Ozoneinathmung anlange, von einem solchen über­ sich überdiess nicht als Spülwasser für die Blase bei haupt nicht gesprochen, sondern nur gesagt habe, bakterienhaltigem Harne. die Katzen würden „somnolent“, also nur schläfrig Bei innerem Gebrauche der Borsäure (zu 1— (mithin ähnlich wie bei F.). l l/2 g) beobachtete Vf. an sich und Ändern Säuerung Hinsichtlich der Wirkung des Ozon auf den Men­ des früher neutralen Harns. Der Gebrauch von 4— schen sei bei F.’s Versuchen der grosse Fehler be­ 6 g bewirkte etwas Uebelkeit und Steigerung der gangen worden, dass man die Versuchsperson habe Diurese, von 12— 15 g (in 3 Dosen) unangenehmes sitzen und dabei noch die Aufmerksamkeit auf ein Magengefühl, Erbrechen und Appetitlosigkeit, die in der Achselhöhle fest zu haltendes Thermometer nach Aussetzen des Mittels sich bald verloren. habe richten lassen, während er (Binz) seine Ver­ Weitere Beobachtungen lehrten, dass bei leichterer suchspersonen, um alle Gegenreize zu entfernen, habe Cystitis eine 2— 3proc. Borsäurelösung (über Tag liegen lassen. Nichtsdestoweniger habe doch auch genommen) baldige Ansäuerung und Klärung des F . trotz dem Sitzen Abstumpfung und Schläfrigkeit Harns erzielen kann. Auch in 5 Th. kochenden bei seinen Versuchspersonen beobachtet. Glycerins gelöste und sich lange pilzfrei erhaltende Auch J. B a r low in Glasgow (Journ. of Anat. Borsäure kann hierzu verwendet werden; 3— 4proc. and Physiol. XIV. p. 107) sei zu ganz gleichen Er­ Borsäurelösung erwies sich bei schleimeitriger Cysti­ gebnissen gelangt, insbesondere beobachtete derselbe tis mit Pilzbildung als vorzügliche Injektionsflüssig­ ein starkes Herabdrücken der Häufigkeit des Pulses keit, um Pilzentwicklung zu hemmen. und hält eine starke Depression des Gehirns durch Die angeführten Beobachtungen, sowie die über Ozon für unzweifelhaft. Nur hinsichtlich der Erklä­ conservirende Wirkung der Borsäure auf Peptone rungsweise ist Binz anderer Ansicht wie B a r 1 o w , veranlassten Vf., die Borsäure bei Magenektasie zu welcher Letzterer diese Depression von einem Ueber- versuchen, um auf abnorme Gährungsvorgänge im schuss von Kohlensäure im Blut in Folge der Rei­ Magen und deren Pilz Wucherungen hemmend einzu­ 134 IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.

wirken. Bei einer mit Dyspepsie und Erbrechen merksam, die auch im gen. Versuche den Zerfall der übelriechender, gährender Massen behafteten Frau Oxydverbindungen des Stickstoffs und die Oxydation gelang es auch, durch Magenausspülung mit 3—4proc. der Gerbsäure zur Folge hatten. Bei eitrigem B la­ Borsäurelösung und innerl. Gebrauch des Mittels, senkatarrh wirken Irrigationen der Blase mit amyl- die Hefepilze des Mageninhaltes zu eliminiren und nitrithaltigem Wasser (5— 6 Tropfen auf !/2 Liter durch methodische Wasserkur die Magenektasie zur Wasser) nach Vf. durch Hemmung der Pilzbildung Rückbildung zu bringen. recht vortheilhaft. Schlüsslich erwähnt Vf., da3S die subcutane In­ Prof. v. Dittel hat Ausspülungen der Blase jektion von 4proc. Borsäurelösung von ihm selbst und mit Amylnitrit bei Erkrankungen derselben, die star­ Ändern ohne Beschwerde vertragen wurde. Nach ken Gestank verbreiten (wie Diphtheritis, Krebs), zur wenigen Injektionen wurde der neutrale Harn, sowie Beseitigung desselben sehr wirksam gefunden. die alkalische Mundflüssigkeit sauer, letztere nahm 3) Subcutane Eisen - Injektionen. Anämische nach etwa 24 Std., ersterer erst nach Tagen die Magenkranke vertragen häufig innerlich keinerlei frühere Reaktion wieder an. Die Borsäure-Injek­ Eisenpräparate. Eisenoxydhydrat ist nach Vf. an tionen erwiesen sich bei leichten Blasenkatarrhen, den Magen wänden der Versuchsthiere Öfter ungelöst sowie bei Phosphaturie als wirksam. anzutreffen und trägt an der Appetitlosigkeit der 2) Amylnitrit. Zunächst erwähnt Vf. als BeweisPat. Schuld. Nach Beobachtungen von Düster­ für die bisher weniger gewürdigte vasomotorische hoff u. Bubnow wird die Pepsinverdauung durch Wirkung desselben dass er in 4 Fällen von Mi­ die verschiedenen Eisenmittel in ungleichem Grade gräne auf Amylnitrit-Inhalationen sofort Beseitigung gestört. Für solche Fälle empfiehlt sich daher die des Scotoma scinfillans beobachtet habe, was auf subcutane Injektion des Eisens. Dieselbe wurde zu­ Lösung des durch Sympathicusreizung reflektorisch erst von Vf. (1867) mitFerr. tartar. oxydul., Chinin, erzeugten Gefässkrampfes im centralen Opticusgebiet ferro-citricum und 1878 mit Ferr. pyrophosphor. hindeutet, welches von den Carotiszweigen beherrscht cum Natro citrico (1: 6) vorgenommen. Letzteres wird. In zwei ändern Formen von Migräne, mit Präparat ist zwar wirksam, doch bedingt die subcut. entoptischen farbigen Figuren oder dunkeln Ringen, Injektion bei empfindlichen Kr. Öfters örtliche Ent­ war die Amyluitrit - Einathmung ohne Effekt. In zündung. Nach neuern Versuchen empfiehlt Vf. sub­ einem Falle von vasomotorischer Neurose des Nasen­ cutane Injektionen von Ferr. peptonatum (1 : 10) rachenraums (mit periodischer Röthung und Schwel­ und von Ferr. oleinicum (durch 2tägiges Digeriren lung des Rachens und der Nasenhöhle, die in der von Eisen mit Oelsäure im Wasserbade bereitet) mit Zwischenzeit abgeblasst erschienen) trugen Amyl- Olivenöl (1: 20). Bei Gebrauch letzterer Präparate nitrit-Inhalationen zur raschen Beseitigung der Be­ stellen sich keinerlei örtliche Beschwerden ein und schwerden bei. Auch Dr. Urbantschitsch be­ machen sich die günstigen Wirkungen des Eisens obachtete eine ähnliche günstige Wirkung des Amyl­ bald bemerklich. nitrit bei der gen. Neurose. 4) Subcutane Silber-Injektionen. Die neuer­ In Bezug auf die antiseptische Wirkung des Amyl­ dings, besonders auf Empfehlung von Eulenburg, nitrit führt R. an, dass er bei Versuchen über Verhütung vielfach angewendeten subcutanen Injektionen von der Pilzbildung in Arzneien auf Zusatz von Aetherarten unterschwefligs. Silbernatrium, von Silbcralbuminat gefunden habe, dass Chinin-, Alaun-, Tanninlösungen oder Arg. pyrophosphoricum hält Vf. für nicht zweck­ bei Znfügenvon einpaarTropfen Amyinitriis sich länger mässig, da diese Präparate sich leicht zersetzen conserviren lassen. Bei Einwirkung kleiner Mengen und örtlich reizen. Er bedient sich des Argentum Amylnitrit auf concentr. Tanninlösung zeigte sich als aceticum (durch Fällen von Silbernitratlösung mit noch nicht bekannte interessante Reaktion starkes essigsaurem Natron bereitet), das ein grauweiss- Aufbrausen in der Flüssigkeit unter Entwicklung liches, krystallinisches, in 100 Th. Wasser lösliches von Aethergeruch, von salpetriger und Untersalpeter­ Pulver darstellt. Im Verhältniss von 0.05 :10 Aq. säure, sowie von NO, nebst einem Präcipitat von gelöst und zu einer halben Spritze eingespritzt, ruft bräunlichen Flocken aus der getrübten Tanninlösung. es bei nicht zu langer Aufbewahrung des Mittels Prof. Ludwig, der diese Reaktion bestätigte, keine örtliche Reizung hervor. In 4 Fällen von machte Vf. auf die von Prof. K e k u 1 e in den Salpeter- Tabes bewirkten letztere Injektionen 2mal auffällige säure-Aethera^ten nachgewiesenen Zersetzungen auf­ Milderung der ataktischen Störungen. (Winter.)

IV. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 559. Ein Fall von Hämorrhagie in dasstehen kann, ohne nachweisbare Störungen zu machen. Corpus callosum ; von Prof. W. Erb. (Vircliow’s Beobachtungen von Blutungen oder Erweichungen im Arch. XCVII. p. 329. 1884.) Balken liegen nicht vor. Es ist daher der Fall Ueber die Funktion des Corpus callosum ist bis­ E r b ’s von grossem Interesse. her nichts bekannt. Man weiss nur aus den Fällen Ein Gljähr. Schlosser war im Walde aufgefunden mit angebornem Balkenmangel, dass eine völlige worden. Er kam leicht somnolent in die Klinik und gab oder nahezu völlige Verkümmerung des Balkens be­ an, dass er vor 6 Tagen mit Kopfschmerz, Schwindel, Er­ IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik. 135

brechen, Nackenstarre, Schmerzen im Nacken, im Kreuz den Händen, bes, im Ulnarisgebiet, etwas herabgesetzt und in den Beinen, unwillkürl. Harnabgang erkrankt sei. zu sein. Bei allen 3 Kindern waren die 2. und 3. Zehe Lähmungserscheinungen fehlten, die Sensibilität war nor­ beider Füsse durch eine stärker entwickelte Schwimmhaut mal, die Athmung war langsam und schnarchend, der Puls mit einander verbunden. verlangsamt (48). Nach einigen Tagen traten Nacken­ Sch. hält es für wahrscheinlich, dass hier mul­ starre und Steifigkeit des Kückens ein, Kopfweh und Schwindel. Der Patellarreflex verschwand. Das Senso- tiple periphere Läsionen Ursache der atrophischen rium war benommen und es bestanden leichte Fieberbe­ Lähmung sind. Dafür spricht das vollständige Er­ wegungen. Die Wirbelsäule wurde völlig steif, alle Be­ griffensein bestimmter Nervengebiete, das Fehlen der wegungen zeigten sich mehr und mehr erschwert. Leichte fibrillären Zuckungen, die complete Entartungsreak­ Delirien , Zuckungen , Erbrechen traten auf und endlich nach lOtäg. Aufenthalt in der Klinik erfolgte der Tod. tion, die Sensibilitätsstörung an den Händen. Bei der Sektion fand man eine hämorrhagische Lepto- In ätiologischer Hinsicht könnte es sich um eine meningitis an Hirn und Rückenmark. Das Corpus callo- angeborne Disposition handeln oder um eine Schäd­ sum war fast in seiner ganzen Ausdehnung hämorrhagisch lichkeit, welche in gleicher Weise die Kinder wäh­ zertrümmert. Nur in ganz geringer Ausdehnung erstreckte sich die Blutung in die benachbarten Theile. Die Hirn­ rend ihres Lebens betroffen hätte, oder um beides. substanz war sonst nicht verändert. Diesen Befund be­ Eine äussere Schädlichkeit konnte Sch. nicht nach­ stätigte die mikrosltop. Untersuchung. Nur das Genu weisen, doch hält er ihr Vorhandensein für wahr­ corp. call, und der nach der Comiss. ant. absteigende scheinlich. Mit der Zurückführung auf erbliche Dis­ Theil waren erhalten, vom Splenium corp. call, und vom Fornix war gar nichts vorhanden. Die Blutung erstreckte position müsse man sehr zurückhaltend sein, bis sich nur vorn rechts einige Millimeter weit in den Gyrus nicht weitere Beobachtungen vorliegen. Sch. macht fornicatus hinein. Nirgends war eine weitere Blutung im darauf aufmerksam, dass Poliomyelitis acuta zuwei­ Gehirn nachzuweisen, Fasern und Zellen waren im Gehirn len einige Geschwister befällt. Seeligmüller wie im Rückenmark ganz normal. Die weichen Häute des Gehirns und Rückenmarks Hessen ausser der hämor­ erwähnt, dass 2 Kinder einer Familie mit einer Zwi­ rhagischen Infiltration deutliche Zeichen entzündlicher schenzeit von etwa 8 Mon. hinter einander an spina­ Trübung und Verdickung erkennen. ler Kinderlähmung erkrankten. Sch. selbst beob­ Die während des Lebens beobachteten Symptome achtete im Mai 1884 2 Kinder von 1, bez. 3 Jahren, entsprachen im Allgemeinen einem mässigen Hirn- bei denen eine atrophische Lähmung hier des rechten druck und erklären sich durch die meningealen Ver­ Unterschenkels, dort des linken Oberarms mit einer änderungen. Trotz der hier vorhandenen Complika­ Zwischenzeit von 8 Tagen entstanden war. [Ref. tion mit meningealer Blutung und Meningitis cerebro­ hat eine einschlagende Beobachtung gemeinsam mit spinalis lehrt daher dieser Fall, „dass bei einem er­ Dr. Sänger gemacht, welche nicht ohne Interesse wachsenen , vorher nicht gehirnkranken Menschen ist. Zwei bis dahin gesunde Geschwister waren zu fast das ganze Corp. callosum zerstört werden kann, nahezu derselben Zeit erkrankt, das eine an spinaler, ohne dass irgend eine Störung der Motilität, der das andere an cerebraler Kinderlähmung. Ein Coordination, der Sensibilität, der Reflexe, der Sinne, l^ jä h r . Mädchen war am 29. Juni 1882 mit Fie­ der Sprache und ohne dass eine erhebliche Störung ber (bis 38.4°), Appetitlosigkeit, Unruhe, Verdrehen der Intelligenz einzutreten braucht.“ (Möbius.) der Augen u. s. w. erkrankt, der Sjähr. Bruder am 30. Juni in ähnlicher Weise (Fieber bis 39.5°, Appetit­ 560. Ueber eine eigenthümliehe progressivelosigkeit, Schlafsucht). Am 4. Juli badete die Mut­ atrophische Paralyse bei mehreren Kindern ter beide Kinder in einem kühlen Raume mit Wasser derselben F am ilie; von Prof. F r. Schu 11ze. von 22°R. Unmittelbar danach bemerkte sie, dass (Berl. klin. Wchnschr. XXI. 41. p. 649. 1884.) bei dem Mädchen der linke Arm unbeweglich herab­ Eltern und Grosseltern der erkrankten Kinder hatten hing. Bald fiel auf, dass auch der Knabe den rech­ nicht an Nervenkrankheiten gelitten. Ein 13jähr. Kind ten Arm schonte. Ref. fand am 7. Juli bei dem war gesund geblieben, ein jüngeres war im Alter von 13 Mädchen schlaffe Lähmung des linken Arms mit er­ Monaten gestorben. Auch die erkrankten Kinder waren gesund geboren, hatten mit J. laufen gelernt u. waren haltener Beweglichkeit der Finger, Parese des linken erst im 2. Lebensjahre erkrankt. Es hatte sich nämlich Beins, bei dem Knaben schwache Parese des rechten bei allen in gleicher Weise allmälig ohne Schmerzen oder Arms mit deutlicher Spannung der Muskulatur und Krampferscheinungen an beiden Füssen Pes varus ausge­ Steigerung der Sehnenreflexe auf der rechten Seite. bildet. Bei dem jüngsten, Sjähr. Mädchen bestand Atro­ phie und Lähmung nur der Peronäusgebiete (mit Ent­ Bei dem Mädchen besserte sich in der Folge der Zu­ artungsreaktion), die Waden, Oberschenkel u. s. w. waren stand , doch ist eine atrophische Lähmung des Del- normal. Bei dem öjähr. Knaben bestanden ebenfalls toideus und der Beuger am Oberarm zurückgeblieben. Lähmung und degenerative Atrophie aller vom Peronäus Bei dem Knaben bildete sich eine spastische Hemi­ versorgten Muskeln, ausserdem aber fast complete Läh­ mung und hochgradige Atrophie mit Entartungsreaktion parese aus mit choreaähnlichen Bewegungen der auch in beiden N. tibiales und ihren zugehörigen Muskeln. Hand, ohne Aphasie.] (Möbius.) Bei dem 8jähr. Mädchen endlich war der Befund wie bei dem Knaben, aber ausserdem waren die Oberschenkel dünn und schwach, fehlte das Kniephänomen, bestand 561. Beiträge zur Lehre vom Tetanus; zu­ hochgradige Atrophie der kleinen Handmuskeln, begin­ sammengestellt von Dr. Paul Wagner in Leipzig. nende Atrophie im Radialis- und Ulnarisgebiet. Fibril­ Auch die letzten Jahre haben wieder eine grosse läre Zuckungen fehlten in allen 3 Fällen, Sensibilitäts­ störungen an den Füssen Hessen sich nicht nachweisen. Anzahl von Veröffentlichungen über den Tetanus ge­ Bei dem Sjiilir. Mädchen schicn die Empfindlichkeit an bracht, die jedoch zumeist aus kleinern casuistischen 13G IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.

Mittheilungen bestehen. Grössere Arbeiten über die­ 2) Ein 28jähr. Kutscher erhielt am 31. Jan. 1863 sen Gegenstand sind in der letzten Zeit nur einige mit dem Peitschenstiel einen Schlag gegen den linken untern Augenhöhlenrand. 1. Februar: Kau-, Nacken-, wenige erschienen. Das grösste Interesse richtet Bauchmuskeln starr. Beim Versuche, zu schlucken u. s.w., sich naturgemäss auf die therapeutischen Bestrebun­ sehr starke Schlingkrämpfe. Vollkommene linkseitige gen und so bildet denn auch den Hauptinhalt der Facialislähmung. 3. Febr.: Tod. (Rose: 1. c. p. 86.) meisten , manchmal sehr zweifelhaften Mitteilungen 3) Ein Schiffer zog sich durch einen Fall eine tiefe Wunde vorn am rechten Oberkiefer zu. In der 2. Krank­ der Erfolg oder die Erfolglosigkeit irgend eines heitswoche Aufnahme in das Krankenhaus. Completer ältern oder neuern Mittels. Die Aetiologie, patho­ Trismus, leichte Nacken- und Bauchstarre. Rechtseitige logische Anatomie, sowie Symptomatologie sind im Facialisparalyse. Nach einigen Tagen Extraktion eines Verhältniss zur Therapie meist nur sehr wenig in durch Eiterung gelockerten Splitters aus der Wunde. Mit der Extraktion schwanden alle die eigenthümlichen den betreffenden Aufsätzen berücksichtigt worden. Symptome von Kopftetanus. Pat. wurde vollkommen ge­ Wir beginnen unsere Zusammenstellung mit einer heilt entlassen. (Rose: 1. c. p. 87.) Reihe von Fällen, welche in Bezug auf Aetiologie In den letzten Jahren sind nun eine Reihe von und Symptomatologie eine Reihe von Eigentüm­ Fällen mitgetheilt worden, welche in die Kategorie lichkeiten gegenüber den gewöhnlichen Fällen von dieses sogen. Kopftetanus gehören. Die meisten Wundstarrkrampf zeigen. Fälle sind auch von den Beobachtern als solche be- In seiner Arbeit über den Starrkrampf (Pitha- zeichnetjworden. Ausserdem sind neuerdings 2 grös­ Billroth's Handbuch d. Chir. p. 79. 1870) sagt sere Arbeiten und Zusammenstellungen über diese Rose bei Gelegenheit der Differentialdiagnose zwi­ Tetanusform erschienen, beide mit Mittheilung je schen Hydrophobie und Tetanus, dass das Ilaupt- eines neuen Falles. symptom der Hydrophobie die Affektion der Schling­ Die eine Arbeit stammt von Bernhardt (Ein muskeln sei, die beim Tetanus meist, aber nicht Beitrag zur Lehre vom Kopftetanus [Tetanus hydro­ immer unbetheiligt seien; der Tetanus beginne ganz phobicus R o s e ’s]: Ztschr. f. klin. Med. VII. 4. typisch in den Kau- und Nackenmuskeln, die bei der p. 410); der zweite Aufsatz ist von Güter bock Wasserscheu frei bleiben. „In der That — fährt (Ueber den sogen. Kopftetanus: Arch. f. klin. Chir. Rose dann fort — sind die Schlingmuskeln nicht XXX. 4. p. 835) veröffentlicht worden. Ausser den immer beim Starrkrampf unbetheiligt; es kommen bereits oben kurz angeführten 3 ältern Fällen wer­ einzelne Fälle vor, die im weitern Verlaufe das volle den in diesen beiden Arbeiten zusammen 12 weitere Bild der Wasserscheu zeigen. Diese Fälle haben Beobachtungen angeführt. Ref. kann zu diesen auch überhaupt manches Eigene, so dass sie auch Fällen noch einen weitern, bisher nicht veröffentlich­ eine eigene Bezeichnung verdienten. Die Wunde ten Fall hinzufügen, welchen er als Assistent in der scheint dabei stets im Gebiet der 12 Hirnnerven zu chirurgischen Klinik zu Leipzig beobachten konnte. liegen, man kann die Abart deshalb vielleicht als 4) Kirchhoff (Kiel): Berl. klin. Wchnschr. 25. Kopftetanus oder Tetanus hydrophobicus bezeich­ 1879. Am 6. Febr. 1879 fiel eine 52jähr. Frau mit dem nen.“ Diese so seltenen Fälle von Kopftetanus haben Gesicht in Dornbüsche. Einige Domen wurden sofort aber nun noch eine ganz besondere Eigentümlich­ herausgezogen. In den nächsten Tagen schwoll das Ge­ keit : es tritt nämlich eine Lähmung des N . facialis sicht an. Am 13. Febr. konnte Pat. den Mund nicht mehr auf, und zwar stets auf derselben Seite, an welcher öffnen, Schlingen und Athmung wurden erschwert. Am 14. Febr. trat Krampf, am 15. Lähmung des linken N. sich die ursprüngliche Verletzung befand. Es ist facialis ein. dieses Verhalten um so auffallender, weil der Tetanus Am 16. Febr. Aufnahme in die Kieler Klinik. Tris­ sonst stets ohne paralytische Erscheinungen verläuft. mus, Opisthotonus, Inspiration unbehindert; jede Exspira­ Rose stellt sich vor, dass beim Tetanus von der tion von einem kurz abgesetzten Stöhnen begleitet, wobei ein Sprühregen von Speichel aus dem Munde kam. Da­ Verletzung aus eine Schwellung des Nervenstammes bei stets stärkerer Opisthotonus. Linkseitige Facialis- stattfindet, die zwar für gewöhnlich keine Symptome parese. In der linken Schläfengegend kleiner Abscess, macht, im Gebiet des Facialis jedoch durch Einklem­ dessen Berührung starke tetanische Krämpfe hervorruft. mung im unnachgiebigen Canal. Fallop. zur Läh­ In Narkose Incision, es findet sich ein 3V2 cm langer mung führen kann, wenn sie einen gewissen Grad Dorn. Beim Versuch, zu trinken, sowie schon beim An­ blick von Wasser starkes Sträuben, stärkerer Opistho­ erreicht hat. tonus. Pat. nimmt im Bett meist eine halb sitzende, halb In seiner Arbeit hat Rose 3 Fälle von Kopf­ kauernde Stellung ein. tetanus angeführt, von denen er 2 selbst beobachtet, Trotz 6 g Chloralhydrat u. 15 g Kalium bromat. kein Schlaf. einen 3. in der frühem Literatur gefunden hat. 17. Febr. Muskeln der linken Gesichtshälfte bei fara- Da Knecht in seinen frühem Zusammenstel­ discher Reizung erregbar. Tetanische und hydrophobische lungen über Tetanus diese Fälle nicht weiter erwähnt Erscheinungen im Gleichen. Gleiche Medikation. hat, so sei es gestattet, dieselben der bessern Ueber- 18. Febr. früh 6 Uhr Tod. Temperatur 40° C. Die Sektion, 6 Std. n. d. T., ergab nichts Charak­ sicht wegen noch nachträglich kurz anzuführen. teristisches. Der linke N. facial. zeigte auch mikrosko­ 1) Ein 33jähr. Mann erhielt einen Peitschenhieb pisch in nichts Pathologisches. das linke Auge. Hornhautriss. Nach 10 Tagen Ausfluss : K. betrachtet diesen Fall als einen der von Rose von Feuchtigkeit. Am 11. Tage Panophthalmitis u. Tris­ mus. Ausgeprägte Schlingkrämpfe. Am 18. Tage völlige j sogen. Fälle von Tetanus hydrophobicus. Aus der Lähmung der rechten [!] Gesichtshälfte. Am 19. Tage , Anamnese geht mit Sicherheit hervor, dass Pat. nie Tod. (G. Pollock 1847.) L'von einem Hunde gebissen worden ist. IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik. 137

5) v. Wahl: Petersb. med. Wchnschr. 1882. 39. ranhe, nicht allzu tiefe D elle; von ihr ausgehende Fis­ Ein 41jähr. Mann stürzte in der Trunkenheit die suren waren nicht zu constatiren. Trepanation des Kno­ Treppe herab. Die rechte Stirnseite zeigte oberhalb des chens , sowie Punktion der Dura-mater ergaben aber Orbitalrandes Hautabschürfungen und war bis zur Wange durchaus normale Verhältnisse. Desinfektion der Wunde, herab sugillirt. Am 9. Tage Trismus und rechtseitige Verband mit Sublimatkochsalzgaze. Die Wunde heilte Facialislähmung. Bei der 12 Tage nach der Verletzung reaktionslos. Anfang November traten die Kau- und erfolgenden Aufnahme in das Spital zeigte sich hoch­ Schlingbeschwerden immer mehr in den Vordergrund; zu­ gradige Kiefersperre, complete Lähmung des rechten gleich kam es zu ziehenden Schmerzen und deutlicher Facialis; krampfhafter Schluss des linken Auges; die Spannung in den Masseteren. Am 5. Nov. wurde zuerst Muskulatur auch auf der gelähmten Gesichtshälfte brett­ eine Starre der Nackenmuskulatur bemerkt. Zur Nacken- hart, die Sensibilität daselbst etwas herabgesetzt. Rumpf starre trat Starre in den Rücken-, Brust- und Bauch­ und Extremitäten zeigten noch keinerlei tetanische Sym­ muskeln und dieselbe schritt noch weiter vor auf die ptome. Am nächsten Tage wegen aspliyktischer Be­ Schenkel; dazu kamen tonische Zuckungcn. Am 9. Nov. schwerden Tracheotomie. Tags darauf noch Krampf im u. an den folgenden Tagen war Pat. auf dem Höhepunkt der rechten Cucullaris. Die Gaumenmuskulatur zeigte nor­ Erkrankung: Kopf tief in den Nacken gezogen ; der ganze male Beweglichkeit. Ernährung mit Schlundsonde. Am Körper in Schweiss gebadet. Sensorium vollkommen 7. Tage Tod an Pneumonie. klar. Sehr starker Trismus. Bei jedem Versuche zu trin­ Die Sektion ergab keine Verletzung der Schädel­ ken Schlundkrämpfe. Nacken-, Rücken-, Brust-, Bauch- knochen, keine Abnormitäten an den Gehirnnerven. und Oberschenkelmuskulatur straff gespannt. Auf alle 6) Lehrnbecher: Bayr. ärztl. Inteil.-Bl. 1882.46. Reize reagirte Pat. mit tonischen Zuckungen. Die Dauer Ein 49jähr. Mann zog sich am 24. Juni 1882 durch eines derartigen Anfalls wechselte, durchschnittlich dauerte Fall eine kleine Wunde über dem linken Augenhöhlen­ er 1 Minute. Temperatur stets normal, Puls ziemlich rande zu. Die Wunde wurde mit Wasser ausgespült und voll, 88—105. Strengste Ruhe; 2stündl. 2—3 Gtt. Tinct. mit einem Tuche verbunden; Pat. arbeitete fort. Am Opii simpl., so dass Pat. durchschnittlich pro die 20 Gtt., 1. Juli kam Pat. wegen Schluckbeschwerden zu Lehrn­ einige Mal jedoch auch 30 Gtt. erhielt. becher. Es zeigte sich am linken obern Augenhöhlen- Ganz allmälig, wie der ganze Symptomencomplex rande eine 1.5 cm lange, wenig gequetschte Wunde, die entstanden war, verschwand derselbe auch wieder. Bis nirgends die Kopfschwarte durchbohrte; bei der Reini­ zum 22. Nov. wurden noch, wenn auch nur schwache, gung fand man in ihr 2 stecknadelkopfgrosse Stückchen tonische Zuckungen beobachtet und noch bis zum Ende alten Holzes. Desinfektion, Jodoformborpulverband. Pat. des Monats bestanden leichte Contrakturen in den Extre­ hatte ausgeprägten Trismus ; deutliche linkseitige Facialis- mitäten. Die Kopfwunde war Ende November fest vernarbt. parese. Ordination: 5g Chloral und 0.03g Morphium. Am 13. Dec. wurde Pat. völlig geheilt entlassen. 2. Juli: Pat. hatte in der Nacht 5 Std. geschlafen. Nachträglich wurde noch ermittelt, dass im glei­ Seit früh starke Zunahme der Beschwerden. Steifigkeit chen Hause, das Pat. bewohnte, kurze Zeit vor seiner der Nacken- und Rückenmuskulatur. Erkrankung schon ein Fall von Wundstarrkrampf Von Mittag ab konnte Pat. nichts mehr schlucken; jeder Versuch, dem Pat. irgend welche Flüssigkeiten bei­ mit tödtlichem Ausgange vorgekommen war; ein zubringen, bewirkte die stärksten Krämpfe der Schlund­ Umstand, der ebenso wie das damals in Freiburg muskulatur. Am 3. Juli früh Tod. gleichsam en- und epidemische Auftreten des Tetanus Die Sektion ergab nichts Besonderes. Gehirn ziemlich blutreich, etwas ödematös. sehr für die Infektiosität dieser Krankheit sprechen 7) Middeldorpf: Bresl. ärztl. Ztschr. 1883. 8. dürfte. 9jähr. Knabe, aufgenommen am 28. Oct. 1882. 8) Mayer (Fall IX^): Prag. med. Wchnschr. 1883. 14 Tage vor seinem Eintritt war er von einem ändern 24—38. Knaben mit einer spitzen Feile in die Gegend der rechten Ein 18jähr. Mädchen fiel am 28. Dec. 1879 mit dem Schläfe gestochen worden. Geringe Blutung, keine Hirn- Gesicht gegen einen scharfkantigen Gegenstand, wobei es crscheinungen. Der Verband wurde von einem der An­ oberhalb des linken Arcus superciliar, eine Verletzung gehörigen besorgt. Einige Zeit darauf Schlingbeschwer­ erlitt. Keine Hirnerscheinungen. Die Wunde wurde ge­ den, Erschwerung des Kauaktes, veränderter Gesichts­ näht und verbunden und war in wenigen Tagen vollkom­ ausdruck. men geheilt, so dass Pat. wieder arbeiten konnte. Nach Die Untersuchung ergab einen kleinen, aber ziemlich 8 T. linkseitige Facialisparalyse. Gegen Abend konnte kräftigen Jungen. Etwas über der Mitte der leicht ge­ Pat. den Mund nicht mehr gut öffnen, ohne jedoch dabei schwollenen rechten Schläfe eine rundliche, linsengrosse, Schmerzen zu haben. Pat. arbeitete fort bis zum20. Jan. mit blutig-eitrigem Schorfe bedeckte Wunde, aus deren 1880, wo sich Steifigkeit im Nacken und in der Wirbel­ Tiefe sich ein Tropfen nicht übelriechenden Eiters ent­ säule, sowie Starre der Bauchmuskulatur einstellten. leerte. Die eingeführte Sonde gelangte auf von Periost Bei der Aufnahme in das Hospital am 21. Jan. fand entblösstem Knochen und constatirte beim Herumführen man am linken Arcus superciliar, eine gut geheilte, lineare, eine mässige Unebenheit der Knochenoberfläche. Die röthliche, wenig empfindliche Narbe. Kurze tetanische Kiefer konnten nur wenig und mit sichtlicher Anstrengung Anfälle. Nach Injektionen von Chloralhydrat (0.5— geöffnet werden. Ferner wurde eine rechtseitige, die 1.0 g) zeitweiliger Nachlass der tetanischen Symptome. — verschiedenen Aeste des N. facial. in verschiedener In­ 23. Jan.: Zustand verschlimmert, Excision der Narbe. — tensität — die obern stärker als die untern — betreffende 25.: Athembeschwerden, die jedoch bereits am folgenden Paralyse, resp. Parese, dieses Nerven mit sekundären Tage nachliessen. — 27.: Besserung; Facialisparalyse Contrakturen nachgewiesen. Die Rumpf- und Extremi- zum grössten Theile beseitigt. Pat. am 20. Febr. geheilt tätenmuskulatur schien beiderseits gut innervirt zu wer­ entlassen. den.^ Sensorium normal. Kein Fieber. Pat. konnte nur 9) Nankivell: Lancet II. 2; July 14. 1883. wenig flüssige Kost zu sich nehmen. Obstipation. Ein 43jähr. Arbeiter zog sich am 10. März 1883 eine In der Meinung, dass die Facialisaffektion in direk­ Verletzung am Nasenrücken zu, die sich nach 2 T. mit tem Zusammenhang mit der Verletzung stehen könne, starker Entzündung complicirte. Am 17. März Nachmit­ wurden am 31. Oct. in Chloroformnarkose die Weich- tags fiel dem Pat. auf, dass er den Mund nicht mehr theile über der Wunde gespalten. Der freiliegende Kno­ ordentlich öffnen könne; ausserdem war es ihm nicht chen zeigte auf der im Uebrigen intakten Oberfläche eine möglich, das rechte Auge zu schliessen. Die Unter­ fast 20-Pfennigstückgrosse, rundliche, an ihrem Grunde suchung ergab eine vollkommene rechtseitige Facialisläh- Med. Jahrbb. Bd. 204. lieft 2. 13 138 IV. Pathologie, Therapie n. mcdicinische Klinik.

mung, die jedoch mittels eines schwachen galvanischen 12) Gütcrbock: Arch. f. klin. Chir. a. a. O. Stroms neutralisirt werden konnte. Am 21. März trat Am 6. Dec. 1883 wurde in G. ’s Privatklinik ein Nackenstarre hinzu und am 24. März starb Pat. unter all­ 31jähr. Kutscher mit frischer rechtseitiger Facialis­ gemeinen tetanischen Krämpfen. lähmung und deutlichem Trismus aufgenommen. Ana­ 10) Bond: Brit. med. Journ. Nov. 10. 1883. mnestisch ergab sich, dass Pat. vor 14 Tagen durch Fall Ein 23jähr. Mann zog sich am 5. Juni 1883 eine eine unbedeutende oberflächliche Hautwunde oberhalb des schwere Verletzung der Kopfschwarte in der rechten rechten Augenbrauenbogens erlitten hatte. Die lineare Schlafen-Scheitelgegend zu. Keine Schädelfraktur. Am Wunde, von einem Arzte genäht, heilte innerhalb weniger 21. Juni — also am 16. T. nach der Verwundung — klagte Tage. Vier bis 5 T. vor der Aufnahme sollen sich die ersten Pat. zuerst über Steifigkeit an der rechten Genickhälfte ; Symptome von Trismus, und etwa gleichzeitig auch die am nächsten Tage kam es zu Trismus und am 23. Juni Zeichen einer rechtseitigen Facialislähmung eingestellt waren die Bauchmuskeln vollkommen rigid. Die Wunde haben. Am 3. Dec. wurde Pat. von Dr. Remak unter­ zeigte dabei immer ein gutes Aussehen; 3stündl. 2 g Brom­ sucht, welcher einen wohlausgebildeten Trismus, sowie kalium. — 25. Juni: Patellarreflex und Fussklonus er­ eine periphere rechtseitige Gesichtsnervenlähmung con- heblich gesteigert. — 27.: Tetanische Krämpfe. — 29.: statirte. Die elektrische Untersuchung des Facialisge- Vollkommene Paralyse des rechten Facialis. — 8. Juli: bietes ergab für beide Stromesarten überall ganz normale Pat. bewusstlos; ein mehrere Minuten dauernder, äusserst Reaktionen. Bei einer Narkotisirung des Pat. stellten heftiger Krampfanfall; danach Bewusstsein wieder her­ sich gleich im Beginn heftiger Opisthotonus, sowie starke gestellt. — 14.: Neuer, sehr heftiger, allgemeiner, teta- Asphyxie ein, so dass künstliche Respiration eingeleitet nischer Krampfanfall; rechte Gesichtshälfte nicht am werden musste. Als Pat. wieder zu sich kam, konnte er Krampfe betheiligt, noch deutlich gelähmt. Keine Schlund­ den Mund öffnen ; die Inspektion der Mund- und Rachen­ krämpfe, Pat. kann Flüssigkeiten leicht schlucken. Unter höhle ergab nichts Abnormes. Chloral- und Opiumbehandlung langsame allmälige Besse­ Die Untersuchung bei der Aufnahme ergab einen rung. — 16. A ug.: Facialisparalyse verschwunden. — kräftig gebauten Mann, welcher oberhalb der rechten 18. A ug.: Pat. entlassen. Augenbraue eine 2V2 cm lange , lineare, verschiebbare Narbe zeigte. Kinnbacken fest aneinander gepresst, Kau­ B. glaubt die rechte Facialislähmung dadurchmuskeln beiderseits bretthart. Nacken steif. Die für erklären zu können, dass es im rechten Facialiskern Tetanus charakteristische Physiognomie; auch an der zu bedeutendem Läsionen gekommen sei. rechten Seite trotz der Lähmung Steife der Wangen- und 11) Bernhardt: Ztschr. f. klin. Med. VII. 4.1884. Kiefermuskulatur. Zeitweise wurden Krämpfe ausgelöst; Ein 32jähr. Mann liess sich am 17. Oct. 1883 eine es bestand starke Transspiration; seit einigen Tagen Ob­ Dermoidgeschwulst am linken Arcus supraorbit. exstir- stipation. Pat. erhielt Chloral und Morphium subcutan. piren. Die Wunde heilte schnell. Am 22. Oct. Schwie­ Der Schlingakt erschien erschwert und am 7. Dec. musste rigkeit beim Mundöffnen, sowie Hängen der linken Ge­ das Chloral im Klystir applicirt werden. An demselben sichtshälfte. In den nächsten Tagen Schmerzen im Rücken, Tage 5 starke Anfälle von Opisthotouus. Am 8. 5 stärkere sowie erhebliche Beschwerden beim Schlucken u. Schlin­ und mehrere kleinere Anfälle; Nachmittags Sensorium gen. In der Nacht vom 29. zum 30. Oct. hatte Pat. nur etwas benommen. Pat. hat bisher 30 g Chloral bekommen. wenig geschlafen ; bei jedem Versuche zu schlucken stell­ Hohe Pulsfrequenz, Temp. 39° C. Chloral ausgesetzt; ten sich Schlingkrämpfe ein. eine Injektion von Kampheräther. Alle Fütterungsver­ Bernh. sah den Pat. am 30. Oct. zum 1. Male und suche, wegen Unmöglichkeit zu schlucken, vergeblich. fand linkseitige Facialislähmung und ausgesprochenen Rechtseitige Facialislähmung unverändert. — Am 9. Trismus. Die Kiefer konnten nicht von einander ent­ sehr häufige Anfälle mit asphykt. Erscheinungen; Puls fernt werden; sehr oft trat beim Versuche, den Mund zu immer frequenter. Abends 10 Uhr Tod. öffnen oder auch spontan ein weithin hörbares Zähne­ Die Lähmung der rechten Gesichtshälfte war knirschen unter krampfhaften Contraktionen der sich hart trotz den Krämpfen bis zuletzt kenntlich. anfühlenden Masseteren ein. Feste Nahrungsmittel konnte Die 17 Stunden nach dem Tode vorgenommene Pat. nicht in den Mnnd bringen; Flüssigkeiten, die durch die Zahnlücken in die Mundhöhle gebracht wurden, erreg­ Autopsie, welche sich auf die Schädelhöhle beschrän­ ten sofort krampfhafte Contraktion der Schlundmuskeln ken musste, ergab nichts Besonderes. Auch der und konnten nicht hinabgebracht werden. Die frische Facialis, welcher bis zu seinem Eintritt in den Fallo- Operationsnarbe war nicht besonders schmerzhaft. Sen- pischen Canal verfolgt werden konnte, zeigte mikros­ sorium vollkommen frei. Die elektrische Erregbarkeit war auf der linken gelähmten Gesichtshälfte wohl erhalten, kopisch keinerlei Abnormitäten. nur der M. frontal, sin. zeigte partielle Entartungsreak­ Nachstehende 3 Fälle werden von Güterbock tion. Die Kinngegend u. Unterlippe zeigten ein mässiges noch aus der Literatur angeführt. Taubheitsgefühl; an den Extremitäten bestanden keine 13)St.Bartholomew’sHosp. Rep. 1874. Append. Spannungs- oder Lähmungszustände. Pat. wurde in das Spital Bethanien aufgenommen. p. 40. Zerrissene Wunde des linken untern Augen­ 1. N ov.: Gesicht bleich, verfallen, mit Scliweiss bedeckt. lides. Facialislähmung und Trismus traten gleichzeitig Links Facialislähmung, Kieferklemme, Schlundkrämpfe am 6. Tage nach der Verletzung ein. Der Tod erfolgte am 16. Tage nach Beginn der Symptome. bestehen fort. Puls weich, sehr frequent; Temperatur 14) Kirchner: Aerztl. Bericht über das königl. erhöht. Am 2. Nov. erfolgte Mittags der Tod, nachdem preuss. Feldlazareth im Palast zu Versailles während der kurz vorher spötatane Zuckungen aufgetreten waren. Belagerung von Paris. 1872. p. 30. 21. Octbr. 1870 Hirn und Rückenmark hatten bis zum 24. Nov. Schuss am rechten Auge. Blutextravasat in der Orbita, in 5proc. Carbolsäurelösung gelegen, ehe sie B. be­ starker Exophthalmus, beginnende Trübung der Cornea; kam. Makroskopisch zeigte sich die Hirnpia auf Sehvermögen erloschen; sehr geringer Schmerz; Allge- gemeinbeflnden gut. 27. Oct. Etwas Halsschmerz; der Convexität milchig getrübt, sonst keinerlei Ab­ Facialislähmung rechts. 28. Beschwerden beim Schlucken. normitäten. Schlund und Oesophagus normal. Ein­ 29. Trismus; Morphiuminjektion. 30. Tetanus. l.N ovbr. zelne ausgeschnittene Zweige des linken N, facial. Tod. Bei der Sektion fand sich die Kugel fest eingekeilt zeigten mikroskopisch nichts Abnormes. Die Gegend in der untern Augenhöhlenwand. 15) Zsigmondy: Aerztl. Bericht der k. k. allgem. unter der Narbe am linken obern Augenhöhlenrand Krankenhauses zu Wien vom Jahre 1879. p. 76. 41jähr. war blutig suffundirt. Mann l i t t s e i t 8 Tagen an Schmerzen eines cariösen Zahnes IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik. 139

und Schwellung der rechten Gesichtshälfte. Gleichzeitig die Kiefer und Lippen fest aufeinander pressten und mit der Schwellung trat Mundsperre ein. Bei der Auf­ äusserst schmerzhafte Spannungen in beiden Wangen­ nahme zeigte sich die rechte Gesichtshälfte stark ge­ gegenden hervorriefen. Diese Krämpfe, die meist reflek­ schwollen, geröthet, schmerzhaft. Beide Masseteren, be­ torisch bei Berührung der Lippen auftraten, hielten 3—5 sonders der rechtseitige, waren contrahirt, die Kiefer Sekunden an. Aber nicht blos während eines Krampf­ aneinander gepresst. Rechtseitige Facialislähmung. anfalles war Pat. nicht im Stande, den Mund weit zu Innere Organe ohne Abnormitäten ; Temp. normal. Pat. öffnen, sondern auch während der freien Intervalle konnte gab an, dass er namentlich zur Nachtzeit häufig klonische Pat. die Kiefer höchstens 1‘/2 cm weitauseinander bringen. Krämpfe besonders in den Masseteren bekomme. Am 6. Octbr. Kein Fieber. Kaumuskelkrampf häufiger, 25. Sept. wurden in Narkose aus dem rechten Unter­ jedes Mal von längerer Dauer. Bei jedem Versuche, flüssige kiefer 3 cariöse Mahlzahnwurzeln u. aus dem Oberkiefer oder feste Nahrungsmittel über die Lippen zu bringen, 1 cariöser Mahlzahn entfernt. Am Nachmittag konnte ein Krampfanfall. Ausserdem aber traten seit diesem Pat. den Mund bis auf 1 cm öffnen. 26. Sept. Trismus Tage sowohl bei jeder Nahrungsaufnahme, als auch wenn wieder in der frühem Weise vorhanden. Trotz Opiaten, Pat. den in der Mundhöhle angesammelten Schleim und Elektricität, Tinct. Belladonnae. Steigerung der Erschei­ Speichel hinunterschlucken wollte, Schlingmuskelkrämpfe nungen. Pneumonie beider unterer Lungenlappen. Tod. auf. Wein-Wasserklystire. Morphium. Die Obduktion ergab nichts Besonderes. 7. Octbr. Untersuchung in Chloroformnarkose. Die 16) Folgenden Fall hat Ref. in der chirurg. KlinikKiefer können nur mit grösster Mühe, auch im paralyti­ zu Leipzig beobachtet: schen Stadium der Narkose, auseinandergebracht werden. Wilhelm Z., 42 Jahre alt, ein grösser, kräftig gebauter, Ausser starker Schwellung der Zunge, des weichen Gau­ gut genährter Mann, hatte sich am 28. Sept. 1881 des mens und des Rachens nichts Abnormes. Extraktion Morgens 1 ,'66 Uhr in einem Anfalle von Geistesverwirrung von 2 Zähnen behufs eventueller Anwendung der Schlund­ mittels eines Teschings vor die Stirn geschossen. Das sonde. Tesching war mit Hühnerschrot und nur wenig Pulver 8. Octbr. In der letzten Nacht hat Pat. plötzlich geladen. Pat. war nicht bewusstlos, die Blutung ans der 1—2 Esslöffel stark riechenden Eiters ausgehustet. Danach Wunde aber ziemlich bedeutend. etwas Erleichterung. Im Uebrigen ist der Allgemeinzu­ Befund bei der Aufnahme l'/2 Std. später an dem­ stand schlecht. Kein Fieber. Puls ca. 120. Facialis­ selben Tage: Sensorium völlig frei. Temp. 37°, Puls 80, lähmung, Krämpfe der Kau- und Schlingmuskulatur un­ liesp. 20. Kopf: Auf der Mitte der Stirn, nur unmerklich verändert. etwas nach links, dicht unter der Glabella, etwa in der 9. Octbr. Seit letzter Nacht sind noch anfallsweise Höhe der Sinus frontales eine ziemlich kreisrunde, erbsen­ auftretende respirator. Krämpfe hinzugetreten: Pat. grosse Wunde, mit eingedrückten, gequetschten und blau­ richtet sich plötzlich auf u. macht krampfhafte mit lautem schwarz verfärbten Rändern. Aus der Wunde sickerte Schreien verbundene, tiefe Inspirationen; alle inspirator. zwischen Blutgerinnseln schwarzes, dünnflüssiges Blut Hilfsmuskeln sind in angestrengtester Thätigkeit; das hervor, welches in reichlicherer Menge ausfloss, wenn Gesicht wird hochgradig cyanotisch; der Puls klein und man auf die durch subcutanen Bluterguss stark vorge­ unregelmässig. Nach ca. 3—5 Minuten Dauer vergeht wölbte Haut der Umgebung drückte. Der subcutane der Krampf und tritt eben so plötzlich und heftig in Bluterguss erstreckte sich bis unter die Haut des stark 2 Stunden wieder auf. geschwollenen, linken oberen Augenlids. Druck auf die 10. Octbr. Trotz grossen Morphiumdosen fast alle sngillirten Hautpartien war schmerzhaft. Augen: normal. 2 Stunden Respirationskrämpfe; Schlund- und Kaumuskel­ Pupillen gleich weit, beiderseits gleich gut reagirend. Seh­ krämpfe fast alle 3—5 Minuten. Nacken-, Rumpf-, vermögen ungestört. Das linke Augenlid wegen starker Extremitätenmuskulatur vollkommen frei. Wegen gefahr­ Schwellung aktiv nicht zu eröffnen. drohender Zunahme der Asphyxie Tracheotomie. Danach die respirator. Krämpfe von etwas geringerer Aus Nase und Ohr keine Blutung. Geruch und Ge­ Heftigkeit. Zunehmender Sopor, Puls wird kleiner und hör normal. Gesichtsmuskeln von normaler Beweglichkeit. äusserst frequent. Zunge feucht, geradeherausgestreckt. Thorax, Abdomen, Mittags 2 Uhr Tod in einem erneuten respiratorischen Extremitäten ohne Abnormität. — Desinfektion der Wunde Krampfanfall. und deren Umgebung. Carboijuteverband. 29. Sept. Anhaltender Auswurf von hellrothem, Bei der Autopsie fand man den Schädel in der flüssigem Blut. Gegend der Crista galli von einer für eine dicke Die Umgebung der Wunde ist stärker geschwol­ Sonde durchgängigen Oeffnung durchbohrt. Die len ; bei Druck starke Empfindlichkeit. Ueber der Innenfläche der Dura - mater war frei. Zwischen Nasenwurzel die ausgedehnteste Schwellung, bei Druck auf diese Abfluss einer grossen Menge eines fast rein Dura und Schädel befand sich ein kleiner Bluterguss. blutigen, leicht riechenden Sekrets aus der Wunde. In der Spitze der rechten Grosshirnhemisphäre, an 30. Sept. Wegen Communikation der Wunde durch der Verbindung der 2. und 3. Stirnwindung am die Sinus frontales mit d e r atmosphärischen Luft, der anti­ Uebergang der medialen und lateralen Fläche lag septische Verband durch Bor-Salicylcompressen und Eis ein haselnussgrosser, im Innern gelber Erweichungs­ ersetzt. 1. Octbr. Pat. fieberfrei. Schwellung in der Um­ herd , der sowohl die graue, wie weisse Substanz gebung der Wunde im Zurückgehen. Abfluss des Sekretes betraf. — Eitriger Katarrh der Stirn- und Nasen­ noch nicht vollkommen genügend; über dem inneren Augen­ höhlen ; N. facial. ohne Abnormität. winkel der rechten Seite durch Senkung eine kleine Tasche Von den bisher bekannten 16 Fällen von Kopf­ entstanden, aus der bei Druck früh und abends ca. i/2 I heelöffel, rein eitrigen, aber immer noch durch Pulver tetanus betrafen 9 Männer im Alter von 23— 49 J., schwarz gefärbten Sekretes entleert wird. je 1 Fall betraf einen 9jähr. Knaben, ein 18jähr. 4. Octbr. Nachdem Pat. am vorhergehenden Abend Mädchen, eine 41jähr. und eine 52jähr. Frau. Bei zum 1. Mal über leichten krampfartigen Schmerz in den 3 Patienten fehlt eine Altersangabe. Wangen geklagt hatte, trat an diesem Tage eine deutliche linkseitige Facialislähmung auf, die hauptsächlich die Der Sitz der ursprünglichen Wunde war in den mittleren und unteren Partien des Facialis betraf. meisten Fällen die Augengegend, 3 Mal das Auge 5. Octbr. Am Morgen zeigten sich anfallsweise auf­ oder die Augenlider selbst, in 3 Fällen die Schläfen­ tretende, titanische Krämpfe der Kaumuskulatur, welche gegend, in je einem Falle der Nasenrücken und die 140 IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.

Stirn. Einmal ging der Starrkrampf von einem ging in diesen 4 Fällen ohne specielle Behandlung cariösen Backzahn aus. in ca. 3—4 Wochen zurück. In den Fällen mit Die Facialislähmung betraf unter den 16 Fällen lethalem Ausgange, wo Gehirn und Rückenmark nach vierzehn Mal dieselbe Seite, wo die ursprüngliche dem Tode genauer untersucht wurden, konnten kei­ Verletzung war. Der eine Fall — Wunde am nerlei charakteristische Befunde constatirt werden. Nasenrücken — ist wegen Sitzes der Wunde in der Auch die Untersuchung des N. facialis, sowie des Mitte des Gesichtes nicht zu verwerthen; in dem Fallopi’schen Kanals, soweit dieselbe vorgenommen ändern Falle, welcher aber nicht ganz einwurfsfrei wurde, führte zu keinem bemerkenswerthen Resul­ ist, soll die Wunde auf der entgegengesetzten Seite tate. gesessen haben. Ueber den Eintritt der Facialis­ Bernhardt, welcher den eigenthümlichen lähmung sind in den meisten Fällen keine genau­ Symptomencomplex als „Kopftetanus mit gleich­ eren Zeitangaben gemacht worden. Es ergiebt zeitiger, dem Sitze der Wunde entsprechender Fa­ sich aber mit grösser Wahrscheinlichkeit, dass meist cialislähmung“ bezeichnen möchte, stellt am Schlüsse Facialislähmung und Trismus gleichzeitig aufge­ seiner Arbeit folgende 4 Sätze auf. treten sind; in einem Falle ist diess auch besonders 1) Nicht alle Fälle von Kopftetanus endigen mit hervorgehoben worden. In einigen Fällen freilich dem Tode. wurde die Lähmung des Facialis erst einige Tage 2) Die von selbst Jzur Heilung kommenden voll­ nach den ersten tetanischen Symptomen wahrge­ kommenen Facialislähmungen gehören nicht zu den nommen. schweren Formen. Die Facialislähmung hat sich in allen genauer 3) Der Name Tetanus hydrophobicus passt nicht beobachteten Fällen als eine peripherische erwiesen. für alle derartige Fälle, da Schlundkrämpfe fehlen Eine genaue elektrische Untersuchung ist nur in können. 3 Fällen ausgeführt worden. In dem v. Wahl- 4) Die vollkommene, mit dem Sitze der Wunde ’schen Falle reagirten die gelähmten Gesichtsmuskeln gleichseitige Facialislähmung ist ein in der That gegen den faradischen Strom ganz normal, vielleicht höchst bemerkenswerthes Charakteristikum für alle war die Erregbarkeit sogar etwas erhöht; in dem derartigen Fälle. Bern har d t ’schen Falle war die elektrische Er­ Güterbock fragt nach Analyse der zusammen­ regbarkeit der gelähmten Seite für beide Stromes­ gestellten Fälle von Tetanus hydrophobicus, welche arten eine normale, nur der N. frontal, zeigte partielle in keiner Weise anders verliefen, als die sonst be­ Entartungsreaktion; in dem Falle von Güter bock kannten Fälle von Wundstarrkrampf, „ob man denn war normale elektrische Erregbarkeit vorhanden. wirklich nach dem Vorgänge Edm. Rose’s befugt Besonders bemerkenswerth ist, dass in 3 Fällen ist, aus dem Tetanus hydrophobicus eine besondere eine Contraktur und Starrheit, sowie convulsivisches Gruppe, getrennt von den übrigen Tetanusfällen, zu Zucken der gelähmten Gesichtsmuskulatur beobachtet bilden, oder ob es nicht richtiger wäre, hier die Exi­ wurde. Hierzu bemerkt Bernhardt: „ Für unsere stenz einer speciellen Abart von Facialislähmungen Fälle ist der convulsivische Zustand des Reflexor­ anzunehmen.“ Güter bock getraut sich auf Grund gans, der Medulla oblongata, jedenfalls das Primäre des vorliegenden Materials noch nicht, diese Frage und beweist das Zusammenvorkommen von Lähmung zu entscheiden, ebenso wie nach seiner Ansicht eben und Contraktur (beziehentl. Krampf) im Facialisge- dieses Material nicht einmal dazu ausreicht, den Te­ biet der verwundeten Gesichtshälfte, dass trotz unter­ tanus hydrophobicus Rose, ausser durch die gleich­ brochener Willensleitung dennoch spastische Zu­ zeitige Facialislähmung, näher zu charakterisiren. stände in dem gelähmten Gebiete auftreten können, Güter bock hat nämlich gefunden, dass in einzel­ Zustände, welche reflektorisch durch anhaltende nen Fällen von Starrkrampf, bei welchen die Wunde sensible Reizung in den Reflexbogen zu Stande im Gebiet eines der 12 Hirnnerven sitzt, öfters ge­ kommen.“ wisse Eigenthümlichkeiten Vorkommen, welche das Güter bock weist darauf hin, dass einerseits Auffallende der Facialislähmung ein wenig zu mil­ eine andauernde Starrheit der Gesichtsmuskeln nicht dern und etwas wie eine Art Uebergang zu den regelmässig beim Wundstarrkrampf gefunden werde, sonst bekannten Vorkommnissen von Tetanus trau- dass dieselbe aber andererseits dann, wenn sie auf­ maticus darzustellen scheinen. Das Auftreten von trete, nicht ein specielles Attribut des Rose sehen Starrkrampf nach Verletzungen im Bereiche eines Kopftetanus «darstelle. Ausser dem Nerv, facialis der 12 Hirnnerven ist nach der vorliegenden Casui- waren in erheblichem Grade stets noch der motorische stik ein ziemlich seltenes; noch 'seltener werden da Ast des Trigeminus, sowie in den meisten Fällen natürlich die Besonderheiten sein, bei denen es sich die Nerven, welche dem Schlingakt vorstehen, er­ um eine abnorme Nerventhätigkeit Seitens eines der griffen. Während Bernhardt reflektorische Schling­ 12 Hirnnerven handelt. Namentlich sind eine Reihe krämpfe annimmt, ist Güterbock geneigt, das von Starrkrampffällen nach Kopfwunden bekannt, Nichtschluckenkönnen von der Facialisparalyse ab­ in denen Schlingbeschwerden ohne Facialislähmung hängig zu machen. auftraten. Eine Besonderheit bilden nach Güter- Von den 16 Fällen von Kopftetanus endeten 4 bock ferner die eigenthümlichen Gesichtsverzerrun­ in Genesung. Die Lähmung der Gesichtsmuskeln gen, welche manchmal bei Tetanus in Folge von III. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik. 141

Wunden im Bereiche eines der 12 Hirnnerven Vor­ Amputation an den obern Extremitäten auf, und end­ kommen. lich complicirte er noch 2mal einfachere Geschwulst­ Ehe wir zu den übrigen Fällen von Tetanus operationen. Diese 23 Fälle von im Hospital selbst übergehen, erscheint es uns am zweckmässigsten, zwei entstandenem Wundstarrkrampf, welche auf 2148 grössere statistische Uebersichten zu erwähnen, von grössere Operationen kommen, endeten sämmtlich denen die erste ein treffendes Bild giebt von der lethal. Häufigkeit und Sterblichkeit an Tetanus zu Kriegs­ Bei den 280 mit Tetanus aufgenommenen Kr. zeiten, während die zweite Uebersicht veranschau­ bestand in 159 Fällen (93 M., 66 W.) der sogen. licht, wie häufig der Starrkrampf in Britisch-Indien idiopathische Tetanus; von diesen Kr. starben 111 auftritt u. wie gross die Mortalität an dems. in diesem (53 M., 58 W.). In 121 Fällen trat der Starr­ Klima ist. Grössere statistische Arbeiten über den krampf nach den verschiedenartigsten Verletzungen Tetanus aus deutschen Krankenhäusern u. Kliniken ein, und zwar wurden 67 Männer und 54 Weiber sind uns nicht bekannt. Glücklicher Weise gehört betroffen. Davon starben 101 Kr. (64 M., 37 W.). ja bei uns der Starrkrampf, sei er traumatischer, Von den 280 Fällen starben also fast 76°/0, u. zwar oder rheumatischer, oder idiopathischer Natur, zu den trat der tödtliche Ausgang in fast 1/3 aller Fälle am seltenem Krankheiten. 1. oder 2. Krankheitstage ein. Hatten die Pat. die Die erste Statistik, welche aus dem amerikan. 2. Krankheitswoche glücklich überstanden, so war Secessionskriege stammt (The surgical History of the die Prognose fast sicher günstig. Die Morbidität war of rebellion III. II. 1883) ist in unsern Jahr­ und Mortalität in den verschiedenen Lebensaltern büchern (Bd. CCIII. p. 110) schon erwähnt worden. veranschaulicht folgende Tabelle. Es erkrankten: Sie möge jedoch der Vollständigkeit halber hier noch­ 1— 14 Tage alt 34, davon starben 29 mals kurze Berücksichtigung finden. 1— 5 Jahre „ 5 „ „ 3 Unter den 246712 Fällen von Verwundungen 5 15 „ „ 2o n 11 15 4» „ n 195 n n lo4 kam es 505mal zu Tetanus, d.h. also etwa 0.20°/0. über 45 „ „ 23 „ „ 15 Was den Sitz der betreffenden, von Tetanus gefolg­ Von den 280 Kr. waren 47 Europäer; von diesen ten Verletzungen betrifft, so war die Verwundung: warcu es wieder 21 Kinder im Alter bis zu 14 Tagen, 21mal an Kopf und Hals, welche von dem Starrkrampf befallen wurden. 55mal am Stamm, Der Einfluss der Jahreszeit auf die Erkrankung er- giebt sich aus folgender Uebersicht: 137mal an der obern und Nov. bis Febr. 96, davon tödtlich 80 292mal an der untern Extremität. März bis Mai 71 „ „ 44 Eine besondere Prädisposition von Fuss- und Hand­ Juni bis Oct. 113 „ „ 8 8 verletzungen ergab sich nicht, denn unter den 137 Zum Schluss seiner werthvollen Zusammenstel­ Fällen der obern Extremität war nur 37mal die lung giebt W. noch einige therapeutische Notizen, Hand, unter den 292 Fällen der untern Extremität von denen wir nur hervorheben wollen, dass chirur­ nur 57mal der Fuss Sitz der Verletzung; 116mal gische Eingriffe, wie Amputationen, Nervendehnun­ folgte der Tetanus unmittelbar auf Amputationen, gen u. a. so gut wie keinen Einfluss hatten; die 15mal nach Resektionen. Von den 505 Fällen star­ besten Resultate schienen noch das Chloralhydrat und ben 451, d. i. 89.3°/0. Unter den Heilungsfällen Morphium, resp. Opium zu geben. befinden sich einzelne leichtere Formen; in einigen Ueber das Wesen des Tetanus herrschen zur geheilten Fällen scheint die Anwendung von Narko- Zeit noch immer die verschiedensten Hypothesen, ticis einigen Erfolg gehabt zu haben. doch scheint in neuerer Zeit die früher namentlich In 203 Fällen betrug die Dauer des Tetanus von Roser und B i 11 r o t h vertretene Ansicht, dass nur 3 Tage, 2 Fälle davon genasen; am längsten der Starrkrampf eine zymotische Krankheit sei, wie­ dauerte 1 Fall mit 27 Tagen. der mehr Boden zu gewinnen. So ist es namentlich In einigen Fällen war die Entfernung von Fremd­ nach Strümpell (Spec. Pathologie u. Therapie II. körpern, die Excision von Neuromen von günstigem 1. 1883) am wahrscheinlichsten, „dass der Tetanus Einfluss auf den drohenden Tetanus ; von 29 Fällen, eine specifische Infektionskrankheit ist“. Seine An­ wo wegen beginnenden Tetanus die Amputation aus­ sicht begründet er mit dem oft beobachteten endemi­ geführt wurde, heilten einige wenige. schen Auftreten des Tetanus, mit der Entstehung Die zweite statistische Uebersicht hat James desselben nach äussern Verletzungen, mit den wie­ R* Wallace (Lancet II. 6 ; Aug. 12. 1882), und derholt beobachteten allgemeinen Prodromalerschei­ zwar aus dem Medical College Hospital in Cal- nungen. „So erklärt es sich auch, dass trotz den cutta veröffentlicht. schweren nervösen Erscheinungen keine grobem In dem Decennium von 1869— 1879 wurden in anatomischen Veränderungen vorhanden sind, indem dem betr. Hospitale 280 Kr. mit sichern tetanischen der Infektionsstoff, ähnlich wie z. B. bei der Lyssa, Symptomen aufgenommen. In dem Hospitale selbst vorherrschend in toxischer Weise wirkt.“ An einer erkrankten ausserdem noch 23 Pat. an Tetanus. ändern Stelle (Ueber die Ursachen der Erkrankungen Bei diesen trat der Starrkrampf 8mal nach Exstir­ des Nervensystems. Arch. f. klin. Med. XXXV. 1. pation von elephantiastischen Scrotalgeschwülsten, p. 14) spricht sich Strümpell noch viel entschie­ 7mal nach Amputation an den untern, 6mal nach dener für die infektiöse Natur des Tetanus aus. Es 142 IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik. sei gestattet, den ganzen hierauf bezüglichen Passus Fremdkörper direkt einen kleinern oder grössern wörtlich anzuführen. Nervenstamm gespiesst und Trismus und Tetanus „Unter den Krankheiten, welche bisher als allgemeine hervorgerufen hat, welche mit Entfernung des Fremd­ Neurosen ohne bekannte anatomische Ursache bezeichnet körpers schwanden, scheint nach S. die infektiöse, werden, giebt es auch einige, bei welchen die Annahme einer mikroparasitären Krankheitsursache im Hinblick auf resp. toxische Natur des Tetanus aus folgenden Grün­ die Krankheitserscheinungen nicht nur berechtigt ist, son­ den am wahrscheinlichsten. dern auch das Verständniss der letztem wesentlich er­ 1) Fast sämmtliche Fälle, besonders aber die leichtert. Nur eine dieser Krankheiten, bei welcher eine schweren, treten bei vernachlässigten, schmutzigen derartige Annahme fast unabweisbar erscheint, mag hier erwähnt sein, der Tetanus. Wenn man die zum Theil Wunden oder bei von vornherein durch unreine geradezu absonderlichen Theorien liest, welche über die Fremdkörper verunreinigten, z. B. häufig bei Schuss­ Genese des traumatischen Tetanus früher aufgestellt sind, wunden auf oder sie begleiten septische Processe, wie so erscheint es schwer verständlich, dass der Gedanke, beim Neugebornen am Nabel. — 2) Bei Abwesen­ den Wundstarrkrampf auch in ätiologischer Beziehung den übrigen accidentellen Wundkrankheiten analog zu setzen, heit einer Allgemeininfektion müsste die Amputation nicht schon lange ausgesprochen ist. Schon der Vergleich des verletzten Gliedes stets eine lebensrettende Opera­ mit der klinisch in vielen Punkten ähnlichen Lyssa hätte tion sein, wie etwa die Entfernung des den Nerven- auf die Möglichkeit der Entstehung des Tetanus aus infek­ stamm spiessenden Splitters; dieses ist aber bekannt­ tiösen Ursachen hinweisen müssen. Bedenkt man ferner, wie oft der Tetanus in epidemischer und endemischer lich nicht der Fall. — 3) Der Tetanus traumat. unter­ Weise bei Verwundeten desselben Lagers, desselben Spi­ scheidet sich in Nichts von der Strychninvergiftung tals aufgetreten ist, wie oft gewisse Verhältnisse der Wit­ und die Abstufungen seiner Intensität kommen denen terung, der Bodenbeschaffenheit und sonstige äussere bei verschieden grossen Dosen Strychnin gleich. — Umstände einen zweifellosen Einfluss auf die Häufigkeit seines Vorkommens ansgeübt haben, so sind alle diese 4) Diess Alles lässt die Annahme nicht unerlaubt er­ Erscheinungen nur durch die Annahme eines specifisch scheinen, dass in der Wunde die Bildung einer specif. infektiösen Agens verständlich. Wenn neben dem trau­ Noxe, etwa eines Fäulnissalkaloids, statthabe, wel­ matischen Tetanus dieselbe Erkrankungsform auch schein­ ches den Organismus schon in geringer Quantität zu bar spontan oder nach rheumatischen Schädlichkeiten auf- tritt, so besteht hierbei dasselbe Verhältniss, wie etwa inficiren vermag. — 5) Die Fälle von Tetanus rheu- beim Erysipel, welches ebenfalls einerseits als acciden- mat. nach Erkältungen beweisen noch nichts gegen telle Wundkrankheit, andererseits als scheinbare Primär­ die Infektionstheorie, denn die Erkältung ist nur ein erkrankung auftritt. Betrachtet man endlich den gesamm- begünstigendes Moment für die Einwirkung infek­ ten Krankheitsverlauf des Tetanus, so zeigt sich auch tiöser Substanzen. hierbei eine Anzahl von Momenten, welche auf die infek­ tiöse Natur der Erkrankung hinweisen, so namentlich das Demnach will S. nur 2 Quellen für den Tetanus Vorkommen allgemeiner Prodromalerscheinungen, das aufgestellt wissen: 1) Steigerung der Reflexerreg­ Verhalten des Fiebers, das gelegentliche Auftreten ge­ barkeit durch mechanischen direkten Reiz eines Ner- wisser Complikationen (akute Nephritis) und Anderes.“ venstammes (Splitter, Kugel, Nadel) — diese Form Derselben Ansicht neigt sich der Hauptsache nach ist direkt heilbar durch Entfernung des Reizes. — auch A. Selenkow zu, welcher folgenden Fall 2) Steigerung der Reflexerregbarkeit durch Reiz des mittheilt (Petersb. med. Wchnschr. 50. 1883). Centralorgans Seitens eines im Blut cirkulirenden Ein 21jähr. Schlosser hatte sich am 10. Juni 1883 mit einer Eisenstange am linken Unterschenkel verletzt. Infektionsstoffes oder Giftes — septischer, toxischer, Am 17. Juni kam er in das Spital mit einer schmutzigen, rheumatischer Tetanus. Die Heilbarkeit dieser Form gerötheten, unterminirten Geschwürsfläche auf der vordem ist direkt abhängig von der Quantität des aufgenom­ Tibiafläche. Reinigung der Wunde, Jodoformverband. menen Giftes und von der Möglichkeit seiner Aus­ Pat. ging wieder nach Hause. Am 20. Juni liess er sich aufnehmen, da er Tags vorher einen lästigen Contraktions- scheidung aus dem Organismus. zustand der Brustmuskeln verspürt habe, welcher ihn Was die Aetiologie des Tetanus anlangt, so ist auch jetzt nicht tief aufathmen lasse. noch immer am zweckmässigsten, den Tetanus aus 20. Juni: Tonische Contraktur der Kiefer-, Rücken-traumatischen und rheumatischen Ursachen aus­ lind Bauchmuskeln ; sehr häufige Streckkrämpfe ; 4mal täglich 2 g Chloral. — In den folgenden 2 Tagen keine einander zu halten, sowie Fälle, bei denen keins von Besserung; 4maltäglich 4gChloral. — 26. Juni: Tonische diesen beiden ätiologischen Momenten zutrifft, als Krämpfe auch in den untern Extremitäten; 2mal täglich idiopathischen Tetanus zu bezeichnen. Wie vor­ 15 g Chloral. Darauf stets mehrstündige Ruhe bei Be­ sichtig man aber mit der Diagnose eines rheumati­ nommenheit. 1. Juli: Puls aussetzend; anstatt des Chloral früh schenu. und idiopathischen Tetanus sein muss, zeigt Abends 0.06äMorphium. — 5. Juli: Vollkommene Starre: der folgende Fall von E. Bloch (Aerztl. Mittheil, nur die Oberextremitäten frei; Temp. 39.6°; früh und aus Baden 14. 15. 1881). Abends 15g Chloral. — 16. Juli: Entwicklung eines klei­ Ein 15jähr. Bursche hatte nach einem Bade teta- nen tiefen Leistendrüsenabscesses in der linken, der unter­ nische Krampferscheinungen bekommen, die allmälig in dessen fast geheilten Wunde entsprechenden Seite. Nach ausgesprochenen Starrkrampf übergingen. Bei einer ge­ 4 Tagen Incision, Entleerung eines Esslöffels guten Eiters. nauen Untersuchung fand sich unter dem Nagel einer Drei Tage darauf allmäliger Nachlass der Erscheinungen. grossen Zehe ein Sandkorn stecken, welches wohl beim Abends Morphium. — Am 14. Aug. Pat. geheilt entlassen. Baden im Flusse dahin gelangt war. Nach Entfernung Das Interessante dieses Falles liegt nach S. des kleinen Fremdkörpers heilte der Starrkrampf binnen namentlich in der fast plötzlichen Abschwächung der einigen Tagen ohne alle Medikation. »Ein wahrer Schulfall von rheumatischem Tetanus Krampfanfälle durch die Abscessöffnung. Abgesehen wurde Dank der sorgfältigen Untersuchung zum Wund­ von den seltenen Fällen reiner Reflexneurose, wo ein starrkrampf. “ IV. Pathologie, Therapie rt. medicinische Klinik. 143 Ein ausgeprägtes Beispiel von rheumatischem Thos. S. Sozinskey: Philadelphia med. and snrg. Tetanus ist dagegen der folgende Fall von X. X. Reporter XLIX. p. 438. 510. Nov. 3 and 10. 1883. Southey (Transact. of the clin.Soc. ofLondon IX. Ein 41/s>jähr. Knabe hatte sich am 2. Mai 1883 mit 1876). einem Ziegelstein die Mittelphalanx des kleinen Fingers verletzt. Ein Arzt untersuchte den Finger nur sehr ober­ Ein 20jähr., wohlgenährter Mann war am 14. Juni flächlich und verband ihn mit Heftpflaster. Der Finger 1875 stark durchnässt worden und hatte die nassen Klei­ entzündete sich und nach etwa 10 Tagen kam ein Stück­ der anbehalten. Am 16. bekam er Schmerzen im Rücken, chen Ziegelstein heraus. Am 15. Mai: erste Symptome Steifigkeit im Nacken ; ausserdem bemerkte er Schwierig­ von Trismus. Die nächsten Tage Verschlimmerung. keiten beim Oeffnen des Mundes. Am 17. Juni kam der Pat. erhält eine Arznei aus Bromkalium, Chloralhydrat 1. Anfall von Opisthotonus, der sich bis zum 28. Juni 2— und Ergotin bestehend. Innerhalb eines Monates lang­ ■} Mal täglich wiederholte. Bei der Aufnahme des Pat. same Genesung. in das Hospital, 28. Juni, zeigte sich ausgesprochener Trismus, Starre der Rücken- und Beinmuskulatur. Bei H. T u p p e r t : Bayr. ärztl. Intell.-Bl. XXXI. 37.1884. der Untersuchung trat ein schwerer tetanischer Krampf­ Ein 13jähr. Bauernjunge stiess sich einen Holz­ anfall auf: Opium und Bromkalium (3.75 g). splitter in den Ballen der linken kleinen Zehe. Ara 29. Juni: Fast stündlich ein Anfall von Opisthotonus. 3. Tage Schmerz, Eiterung aus der Stichöffnung. Der Concentrirter, dunkler Harn. Temp. 99.2°F. [ca.37.4°C.], Splitter konnte leicht ausgezogen werden, die Wunde Puls 94, Resp. 24. verheilte. Gerade 14 Tage nach der Verletzung Steifig­ 30. Juni: Schlechte Nacht. Krämpfe weniger häufig, keit im Nacken, Trismus. Am folgenden Tage heftige jedoch keine vollständigen Remissionen. Harnmenge grös­ tetanische Paroxysmen mit Opisthotonus. An diesem ser. Leib stark aufgetrieben. Ein sehr schwerer Krampf­ Tage, am 14. Juli 1884, wurde T. hinzugezogen. Nach anfall. Temp. 99°F. [37.2C.], Puls 116, Resp. 36. Spaltung der Narbe fand sich am hintern Ende des Wund­ 1. Juli: Stuhlentleerung. Starre der Kiefermuskelnkanals die etwas mehr als hirsekorngrosse Spitze des ein- geringer. Nur ein Anfall am Tage. — 6. Juli: Drei teta­ gestossenen Spans. Reinigung der Wunde, Listerverband. nische Krampfanfälle, jedoch nur auf die Waden be­ Vom nächsten Tage an Besserung; nach 3 Wochen schränkt. Von da an langsame Genesung. Heilung. Innerlich erhielt Pat. im Ganzen 4 g Chloral­ hydrat, 4 g Bromkalium, 0.03 g Morphium. Die Behandlung bestand ausser in Purgantien — namentlich wegen der andauernden Obstipation Eine in äthiologischer Hinsicht besondere Stellung — in 3stündl. Gaben von 1 Dr. (ca. 4 g) Bromkalium nehmen der Tetanus puerperalis und der Tetanus zusammen mit Succ. conii. Diese Mittel kamen aber neonatorum ein. erst vom 13. Krankheitstage an zur Verwendung, Der sogenannte puerperale Tetanus kommt in während bis dahin Chloral und Stimulantien ohne unserem gemässigten Klima nur ganz vereinzelt vor, Erfolg angewendet worden waren. Ausserdem be­ so dass die meisten Lehrbücher über Geburtflhülfe kam Pat. im Hospital täglich ein 1 ständiges warmes und Wochenbettkrankheiten den Starrkrampf ent­ Bad, welches sehr beruhigend wirkte. weder gar nicht, oder nur ganz kurz erwähnen. Viel Aetiologisch interessant und in manchen Fällen häufiger scheint, wie überhaupt der Tetanus, auch sehr wichtig für unser therapeutisches Handeln sind, die puerperale Form desselben in den Tropen, und diejenigen Fälle von Tetanus, welche anscheinend zwar namentlich bei den farbigen Klassen vorzu­ durch in Wunden zurückgehaltene Fremdkörper ver­ kommen, wie aus einer Arbeit von Garrigues ursacht werden. Als Beispiele mögen die folgenden (Americ. Journ. of obstetr. Oct. 1882.) hervorgeht. Fälle dienen. Je nach der Zeit, in welcher der Starrkrampf auf- Po well: Philadelphia med. and surg. Reporter tritt, unterscheidet G. eine puerperale Form, einen XLVII. p. 427. Oct. 14. 1882. Schwangerschafts- und einen Laktationstetanus. Eine 18jähr. Köchin hatte sich einen 3/4 Zoll langen Von ungünstigem Einfluss scheint namentlich Abortus Holzsplitter in die rechte Fusssohle eingetreten; derselbe bei älteren Frauen, sowie das Vorausgehen von war nicht extrahirt worden. 10 Tage später die ersten tetanischen Symptome. Blutungen zu sein. Möglicherweise liegt aber bei Wunde auf der Fusssohle geschlossen, sehr schmerzhaft letzteren Fällen in der Tamponade ein ätiologisches bei Druck. Erweiterung der Wunde, Extraktion des Moment. Besonders hervorgehoben zu werden ver­ Splitters, Ustiou der Wundfläche. Abends ein schwerer dient die mit unseren Erfahrungen nicht im Ein­ tetanischer Krampfanfall. Behandlung mit Narkoticis. Trotz verschiedenen Zwischenfällen — Behandlung eines klang stehende Thatsache, dass der Tetanus nament­ Quacksalbers etc. — Genesung. lich in den drei ersten Schwangerschaftsmonaten zur Hollevoct: Arch. med. Beiges. Oct. 1883. Beobachtung komme. Ein Soldat wurde aus nächster Nähe in den linken Schröder (Lehrbuch der Geburtshülfe 1884.) Oberarm geschossen. Die an der Aussenseite einge­ drungene Kugel zerschmetterte den Knochen, ging an der sagt: „Die Aetiologie des Tetanus puerperalis ist Innenseite durch Muskulatur und Haut hindurch und drang noch ganz dunkel, ich erwähne ihn im Anhang zu durch die Weichtheile am rechten Oberarm in die Gegend den Infektionskrankheiten, weil er höchst wahr­ des Olecranon. Aus dem Verluste der Sensibilität des scheinlich durch Infektion oder wenigstens Reizung 5. Fingers der rechten Hand diagnosticirte man eine Verletzung desN. ulnaris. Die ersten 4 Wochen günstiger einer puerperalen Wunde hervorgerufen wird. Auch Heilungsverlauf. Dann schlechtes Allgemeinbefinden; die Momente, die den Ausbruch des Tetanus be­ tetanische Symptome, welche sich so steigerten, dass Pat. günstigen, sind noch nicht festgestellt. Am un­ am 18. Tage nach Beginn des Tetanus starb. sichersten ist wohl der Einfluss der Erkältung, relativ Die Sektion ergab ein scharfkantiges, plattgedrücktea Bleifragment am linken N. medianus. Der Nerv zeigte am häufigsten trat Tetanus ein nach stärkeren Blut­ in der Umgebung des Bleistückchens starke Hyperämie, ungen, besonders dann, wenn dieselben die Tampo­ keine Eiterung. nade nöthig machten.“ 144 IV. Pathologie, Therapie 11. medicinische Klinik.

Die bisher bekannten Fälle von Tetanus puer- 22. Juli: Temp. 39°; Puls 94. Leib aufgetrieben, peralis sind in der Mehrzahl nach pathologischen empfindlich; reichlicher jauchiger Ausfluss. — 23.: Er­ scheinungen von Trismus ; Sprechen und Schlucken zeit­ Geburten oder nach Abortus eingetreten, welche zu weise unmöglich. Temp. 40° ; Puls 110. Während der einer mehr weniger schweren septischen Infektion Nacht mehrmals ausgesprochene tetanische Krämpfe: führten. Speciell werden in einigen Fällen zurück­ Chloralhydrat. Morphium subcutan. — 24.: Tetanus der gebliebene, jauchige Placentarreste als ätiologisches Nacken-, Brust- und Bauchmusknlatur; Temp. 41°; Puls 160: fortgesetzte Chloralhydratklystire und subscutane Moment des Starrkrampfes beschuldigt. Die Symp­ Morphiuminjektionen. — 25. : Temp. 41.5°; Puls unzähl­ tome dieser puerperalen Form unterscheiden sich in bar. — Tetanische Erscheinungen im Gleichen. — 27. : nichts wesentlich von dem gewöhnlichen traumatischen Früh Tod. Temp. 42.3°. Tetanus, dagegen scheint die Prognose bei ersterer Ein 2. Fall von Tetanus puerperalis wurde von W.’s Form eher noch schlechter als sonst zu sein. Vater 1872 beobachtet. Eine 27jährige Frau bekam 5 Tage nach einem Abortus tetanische Krämpfe, denen sic Die folgenden Fälle mögen zur Illustrirung des nach 4 Tagen erlag. Gesagten dienen. Die Aetiologie für den ersten Fall liegt nach Palmer: Wien. med. Wchnschr. XXX. 35. 1880. W. in der zurückgebliebenen Placenta, die als fremder Vf. wnrde am 4. Juli 1880 zu einer im 7. Monat der Schwangerschaft befindlichen 35jähr. Multipara gerufen. Körper die Uterusnerven gereizt hat, die durch die Er fand Placenta praevia. In der Nacht vom 5. bis 6. Juli vorhergegangenen schweren Entbindungen vielleicht Blutung ; immer kräftigere Wehen ; der vortretende Kopf stärker reizbar waren. Für diese Ansicht spricht tamponirte. Rasche günstige Geburt eines lebenden nach W. namentlich auch folgender von B a n g a in Kindes. Die nächsten 4 Tage trotz gutem Allgemeinbe­ finden, normalen Lochien doch immer höhere Abend- Chicago beobachteter Fall: temperaturen. Eine 33jähr. Frau, die bereits 3 Mal geboren und 11. Juli früh ausgeprägter Trismus; starke Nacken­abortirt hatte, erlitt zum 4. Male einen Abortusim2.Monat. starre : Morphium subcutan. — 12. Allgemeiner, starker Die 6 Wochen lang audauernde Blutung hörte endlich Tetanus. Tod an Erstickung in Folge von tetanischcr nach Abgang eines grossen Blutklumpens auf. An dem­ Spannung sämmtlicher Atkemmuskcln. selben Tage traten Erscheinungen von Trismus auf; am 3. Tage ausgesprochener Tetanus, der nach 24 Stunden Vf. glaubt in diesem Falle als ätiologisches den Tod herbeiführte. Die Sektion ergab keine äussere Moment am ehesten rheumatische Einflüsse geltend Verletzung. Im mangelhaft involvirten Uterus lag ein machen zu müssen, für welche die im hohen Grade Stück der zurückgebliebenen Placenta. geschwächte Frau in ihrer ärmlichen, wenig ge­ B. Arnold. Würtemb. Corr.-Bl. LIV. 27. 1884. schützten Wohnung sicher sehr zugänglich war. Eine fast 27 J. alte, etwas fettleibige Person, welche bereits 2mal geboren hatte, längere Zeit gebärmutterlei­ Jedenfalls kann man aber mit eben so grösser Wahr­ dend und häufig von Gesichtsrose ergriffen gewesen war, scheinlichkeit annehmen, dass in der Uterushöhle noch hatte zuletzt am 17. Jan. 1877 geboren. Mitte Mai d. J. Placentarüberreste sitzen geblieben sind, oder dass concipirte sie wieder und erlitt am 20. Juli abermals einen der Starrkrampf einfach durch die natürliche Ver­ Abortus; eine profuse Blutung stand auf 3malige Tampo­ nade. wundung der Gebärmutterhöhle verursacht wurde. Am 22. Juli schwacher, etwas übelriechender, bluti­ Scheef: Würtemb. Corr.-Bl. LIV. 24. 1884. ger Ausfluss, welcher sich bis zum 27. verlor. Am 28. Patientin, 27 Jahr alt, überaus kräftig, hatte viermal stand Pat. ohne Erlaubniss auf; am folgenden Tage be­ geboren, das letzte Mal am 16. Aug. 1883. Die Geburt kam sie nach einer Erkältung durch Zugluft beim Sitzen verlief normal, während der Nachgeburtsperiode trat am offenen Fenster eine Schwellung des Gesichts und heftige Blutung ein, welche durch Einspritzungen in die leichte Zahnschmerzen. Am 30. spannende Schmerzen Uterushohle und Tamponade der Vagina gestillt wurde. in Wangen, Nacken und linker Schulter. Am 31. fand Pat. stand bereits am 5. Tage auf. Am 23. Aug. empfand A. eine gleichmässige ödematöse Schwellung des Gesichts dieselbe plötzlich Morgens beim Gähnen einen eigenthüm- ohne Röthung, Empfindlichkeit und ohne Fieber. Beim lich spannenden Schmerz in den beiderseitigen Kaumuskeln. Kauen spannende Schmerzen in den Kiefergelenken. Dieser Zustand soll nur 5 Minuten gedauert haben. Am — 1. August: ödematöse Schwellung verschwunden. — 24. Aug. Morgens 3 Uhr trat der 1. vollentwickelte An­ 2.: ausgesprochener Trismus und Opisthotonus; wieder­ fall von Trismus und Tetanus auf, der Uterus, wegen der holte Krämpfe ; Morphium. — Rasche Zunahme der teta­ gleichmässigen Anspannung der Bauchdecken schwer zu nischen Erscheinungen. Am 4. Aug. Abends leichter Blut­ palpiren, war nicht besonders gross, nicht schmerzhaft. abgang aus den Genitalien, der am 6. Abends aufhörte, Lochien etwas reichlich, sonst normal. Trotz Morphium aber am 9. wieder eintrat. Morphium und Chloral ohne und Chloral rasche Zunahme der tetanischen Symptome. anhaltende Wirkung auf den Tetanus. — Am 10. Nach­ Am 26. Aug. früh Tod in einem Anfalle. mittags Tod in einem schweren Krampfanfall. Die Sektion ergab einen puerperalen, doppelt faust- Bei der am folgenden Tage vorgenommenen Sektion grossen Uterus; zurückgebliebene Placentarreste, jauchige fand man den Uterus von der Grösse einer Orange, schlaff, Endometritis. 4 die Höhle leer, die Innenfläche am Fundus mit grünlichem, Werner: Zeitschr. f. Wundärzte und Geburtshlfr. fetzig zottigem Belag. p. 263. 1881: Baumgärtel: Ztschr. f. Wundärzte u. Geburts­ 36 Jahr alte schwächliche Frau, welche vor 2 V2 Wehn, helfer 1880. p. 51. ihr 10. Kind ohne Kunsthülfe geboren hatte. Starke Eine Multipara in der Mitte der Dreissiger abortirte Blutung kurz nach der Geburt. Am 25. Juli die ersten im 4. Schwangerschaftsmonate am 23. Aug. 1878. Bereits Symptome von Trismus. Tod am 31. Juli. am 25. ausgesprochener Tetanus, welcher sich rasch so Wendling : Wien. med. Presse. XXII. 37. 1881. steigerte, dass nach Mitternacht der Tod eintrat. Eine 45jähr. Frau, welche bereits 5 Geburten, alle Der sogen. Tetanus neonatorum, welcher sich mit mehr weniger schweren Complikationen, überstanden an die Abstossung des Nabelstranges anschliesst, ist hatte, wurde am 20. Juli 1877 von einem Mädchen ent­ bunden, wobei die Hälfte der Placenta im Uterus zurück- wohl in den meisten Fällen als traumatischer Teta­ blieb. Carbolauswaschungen. nus aufzufassen. Die Nabelwunde ist in diesen Fäl- IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik, 145 len entweder septisch entzündet oder sie zeigt ein Atropininjektionen blieben ohne Einfluss, vielmehr traten vollkommen normales Aussehen, wie in folgendem tetan. Krämpfe auf. Physostigmin, Morphium, Nicotin wurden ohne jeden Einfluss angewendet. Am 2. T. nach Falle von Ilooper May (Med. Times and Gaz. Beginn des Tetanus erfolgte der Tod. June 10. 1882). E. D. Mackellar: Mit Guineawurm complicirter Am 3. April 1882 wurde ein 7 Tage alter Knabe in traumat. Tetanus (Glasgow med. Journ. XIV. p. 30; Jnly das Kinderhospital aufgenommen, der angeblich bis zum 1880). Tage vorher vollkommen gesund gewesen war. Zu dieser Der Fall betrifft einen löjähr. Hindujungen, der bei Zeit traten Mundsperre, Starre der Muskeln und Krämpfe einer Hungersnoth seinen Eltern entlaufen und während ein. Die Eltern des Kindes, sowie 4 Geschwister waren seines Herumtreibens von einem Stier in die Seite gestos- der Angabe nach gesund. Das Kind soll keiner Erkältung sen worden war. Bei der Aufnahme in das Spital fand ausgesetzt worden sein. Bei der Aufnahme zeigte das­ sich linkerseits dicht unterhalb der wahren Rippen eine selbe Trismus, tetanische Starre der Muskeln, häufige 2 Zoll lange, 1 Zoll breite granulirende Wunde, die nach Streckkrämpfe. Die Nabelwunde, noch nicht vollkommen oben zu mit dem Darm communicirte. Ab und zu entleer­ verheilt, war aber von gutem Aussehen. Warme Bäder, ten sich unverdaute Substanzen von schwach fäkalem Ge­ 2stündl. 0.06 g Chloral und Bromkalium. — 4. April früh: ruch. Am 3. Tage nach der Aufnahme trat Trismus und Tod. — Die Sektion ergab nichts Besonderes. Opisthotonus hinzu; 2 Tage später der Tod. Die in früherer Zeit von Sims ausgesprochene Bei der Sektion (12 Std. n. d. T.) fand man fibrinöse Hypothese, dass der Starrkrampf der Neugebornen Peritonitis; frische Verwachsungen zwischen Colon und Bauchwand ; an einer Stelle Perforation des Darms und dadurch entstehe, dass die unter das Os parietale ge­ Verwachsung mit der äussern Wundfläche, ferner Zerreis- schobene Hinterhauptsschuppe eine Compression des sung der Milz. Im subserösen Gewebe der Harnblase lag Pons und der Medulla oblongata verursache, ist in ein Guineawurm. Einen 2. fand man bei der Eröffnung letzter Zeit wieder von J. F. Hartigau (Amer. des Wirbelkanals entsprechend den obern Dorsal wirbeln. Das eine Ende des Wurms war dicht unter der Rücken- Journ. of med. Sc. CLXXXIII. p. 84. Jan. 1884) haut zu fühlen; er hatte den Erector spinae perforirt und aufgenommen worden. Derselbe hat aus den letzten war durch eine Intervertebralöffnung in den Rückenmarks- 4 Jahren eine Reihe von 229 Todesfällen an Tris­ Kanal cingetreten. mus neonatorum zusammengestellt. Knaben und Edward Cureton: Idiopathischer 1 'etanus bei Mädchen wurden fast in gleicher Anzahl betroffen; einem 78 J. alten Manne (Lancet I. 10 ; March 1884). Pat., ein 78jähr. Tagelöhner, welcher sich bis vor 3 die meisten Kinder erkrankten am 4.— 6. Tage nach Jahren einer guten Gesundheit erfreute, hatte seit dieser der Geburt und starben 2—3 Tage nach den ersten Zeit öfter an nicht sehr heftigen Glieder- und Gelenk­ Krankheitssymptomen. schmerzen zu leiden. Am 25. Dec. 1883 wurde er von Bei fast allen Sektionen — H. machte deren ca. einem Schnupfen befallen und mehrere Tage später stell­ ten sich Gliederschmerzen ein. Am 8. Jan. 1884 klagte 150 — fand sich ein vollkommen normaler Nabel­ Pat. über Nackensteifigkeit und am folgenden Tage zeig­ befund, dagegen zeigten sich die Gehirn- u. Rücken­ ten sich ausgesprochene Symptome des Trismus, welche markshäute stark injicirt, die hintern Grosshirnpar­ in den nächsten Tagen immer heftiger wurden. Dazu tien , sowie das Kleinhirn oberflächliche kleine Blu­ kamen heftige opisthotonische Krämpfe. Am 5. Krank­ heitstage traten auch in der Ruckenmuskulatur tonische tungen. Krämpfe, sowie heftige Suffokationsanfälle auf, denen Bei sehr vielen seiner Fälle konnte H. sowohl im Pat. am 6. Tage erlag. Leben, als auch bei der Sektion in der That eine Irgend eine Verletzung war nicht nachzuweisen ge­ Verschiebung des Os occipitale unter das Os parie­ wesen. Grosse Dosen von Bromkalium zeigten sich voll­ tale ein- oder beiderseits nachweisen. kommen erfolglos. Paul Kempf: Tetanus nach der Vaccination, Zu­ Therapeutisch suchte H. durch Lagerung des sammenhang mit Wurmleiden? (Philad. med. and surg. Kindes auf die Seite oder durch Compression des Reporter XLVIII. 26. p. 683. June 1883.) Schädels das Os occipitale richtig zu stellen; in Ein 9jähr., früher stets gesunder Junge war vor 3 W. schweren Fällen schlägt er vor, die Hinterhaupts­ mit humanisirter Lymphe geimpft worden. Zwei Pusteln schuppe auf operativem Wege zu eleviren. hatten sich ohne besondere Entzündungserscheinungen ent­ wickelt. K. fand deutliche Mundsperre, Steifigkeit und Dauernde oder vorübergehende Erfolge von sei­ Schmerzen im Nacken, sowie ein eigenthümlich verzerrtes ner Methode sah H. namentlich bei ältern Kindern, Gesicht; Temperatur normal. Bromkalium und Chloral. die keine sehr schweren Symptome darboten. Während der Nacht heftige Krämpfe : ausgeprägter Tris­ Aetiologisch sehr interessant und selten sind fol­ mus; Opisthotonus. Risus sardonicus. Fieber; nach jedem Reize allgemeiner Muskelspasmus. Eine genaue Unter­ gende Fälle. suchung ergab ausser den 2 Impfschorfen, sowie einigen B a t e s : Traumat. Tetanus in Folge von Vaccination Herpesbläschen an dem After keinerlei Verletzung. Chlo­ (Med. News May 13. 1882). ral und Bromkalium in grössern Dosen. In den nächsten Ein 15jähr. Mulatte wurde am 9. Febr. 1882 mit 3 Tagen keine Aenderung, namentlich während der Nacht humanisirter Lymphe vaccinirt. Am 8. März Erscheinun­ äusserst heftige Muskelspasmen. Der Trismus wurde so gen von Trismus und Tetanus. Eine genaue Untersuchung heftig, dass Pat. per os nichts nehmen konnte, deshalb des Körpers ergab nicht die geringste Verletzung, mit Aus­ subcutane Morphiuminjektionen. nahme einer ganz kleinen, gut aussehenden Ulceration an Am 8. Krankheitstage Abgang einer grossen Ascaris der Impfstelle. Tod binnen 15 Tagen. lumbricoides. Nach Verabreichung von Santonin gingen James M. Bennett: Tetanus nach Ovariotomie innerhalb der nächsten 2 Tage 13 grosse Spulwürmer ab. (Lancet II. 23 ; Dec. 1881). Zeitweise enorme Schweisssekretion, Miliariaeruption. Am 10. Aug. 1881 Ovariotomie bei einer 41 J. alten Die tetanischen Symptome nahmen langsam an Intensität Frau. Gutes Allgemeinbefinden bis zum 15. Tage, an ab. Drei Wochen nach dem Krankheitsbeginn war Pat. welchem Pat. die ersten Erscheinungen von Tetanus zeigte. ausser aller Gefahr. Med. Jahrbb„ Bd. 204. Hft. 2. 19 146 IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.

Die pathologische Anatomie des Tetanus hat Im frischen Zustande waren die erwähnten Höhlen mit bisher die am wenigsten ergiebigen und verw ert­ einer besondern Membran ausgekleidet und hatten einen grobfasrigen, röthlichbraunen Inhalt. An der Grenze der baren Resultate geliefert. Auch in den letzten Jah­ betreffenden Höhlen zeigten sich zerfallene Nervenzellen. ren sind keine für den Starrkrampf specifischen Ver­ Der Hauptbefund bei der mikroskopischen Untersuchung änderungen am Centralnervensystem aufgefunden bestand in einer starken Hyperämie der grauen Substanz worden. Die meisten Autoren geben demnach auch der Hals- und Lendenanschwellung, ausserdem in zahl­ reichen Blutextravasaten, sowie endlich in Erweichung an, dass die makroskopische und mikroskopische dieser grauen Partien. An allen übrigen Organen wurde Untersuchung des Gehirns und Rückenmarks von an nichts Pathologisches gefunden. Tetanus verstorbenen Kranken stets vollkommen Im Anschlüsse an diese Arbeit mögen noch die negative Resultate ergeben habe, mit Ausnahme folgenden Mittheilungen Erwähnung finden, welche einiger unwesentlicher Veränderungen, die man aber mehr oder weniger die gleichen pathologisch-anato­ auch eben so häufig bei ändern Krankheiten finde. mischen Resultate ergeben, wie sie auch von ändern Ausgeprägtere und tiefer gehende pathologisch­ Autoren gefunden worden sind. anatomische Veränderungen, die einzelne Autoren im Poncet (Dictionnaire de med. etc. par Jaccoud Centralnervensystem von an Tetanus Verstorbenen XXXV. p. 416) fand bei der kurz nach dem Tode gefunden haben wollen, sind wohl in den meisten vorgenommenen Autopsie eines an traumatischem Fällen zufällige Befunde, die mit dem Tetanus nichts Tetanus verstorbenen Soldaten Folgendes: Die Menin­ zu thun haben. Oder die Krankheit war kein wirk­ gen zeigten eine sehr lebhafte Hyperämie und zahl­ licher Tetanus. reiche Ekchymosen. Das Rückenmark wurde in So hat namentlich R. W. Amidon (Arch. of Müller’scher Flüssigkeit sorgfältig gehärtet, dann ge­ Med. I. 3. p. 265. June 1879) in einem Falle von schnitten. Die Schnitte wurden in Carmin gefärbt. Tetanus die weitgehendsten Veränderungen in den Eine genaue Untersuchung des Rückenmarks, der Centrainervenorganen gefunden, wie sie bisher noch Medulla oblongata, der Nerven des verletzten Glie­ nicht wieder beschrieben worden sind. Auch James des ergab keinerlei Abnormitäten; nur das Ependym Tyson (Practitioner CX. p. 109. Aug. 1877) hat des Centralkanals zeigte Desquamation, Gefässinjek- in 2 Fällen von Tetanus sehr prägnante Befunde ge­ tion, sowie theilweise Fettkörnchenherde, also Be­ habt, nämlich Erweichung der hintern Hörner. funde, die man oft, wenn auch weniger ausgeprägt, Es würde zu Weit führen, wollten wir diese Be­ am normalen Rückenmark findet. funde , die sicher mit dem Tetanus keinen direkten Joseph Coats (Med. - chir. Transact. LXI. Zusammenhang haben, genauer referiren. Wir be­ p. 79. 1878) hat über das Centralnervensystem bei gnügen uns damit, den folgenden Befund, der wohl Tetanus und Hydrophobie genaue Untersuchungen auch sicher mit dem Tetanus als solchem nichts zu angestellt, und zwar erstrecken sich dieselben über thun hat, etwas genauer anzuführen. Derselbe kam 5 Fälle von traumatischem Tetanus beim Menschen nach R.E. Carrington u. G. A. Wright (Guy’s und einen Fall beim Pferde, sowie über je 2 Fälle Hosp. Rep. 3. S. XXIV. p. 185. 1879) bei einem von Hydrophobie beim Menschen und beim Hunde. 12 J. alten, am 28. Nov. 1878 wegen ausgedehnter Am Schlüsse seiner Arbeit bespricht C. die grosse Verbrennungen aufgenommenen Mädchen zur Be­ Aehnlichkeit, welche die pathologisch-anatomischen obachtung. Befunde bei Tetanus und Hydrophobie darbieten. Die Verbrennung erstreckte sich über den Rücken, Wir berücksichtigen hier nur die Befunde beim Wund­ die linke Brusthälfte, beide Arme, einen Oberschenkel starrkrampf. sammt Hinterbacke. Am 29. Nov. pneumonische Sym­ Die Untersuchung des Rückenmarks ergab sehr ptome. — Am 1. Dec. beginnende Eiterung; Schmerzen in der rechten Seite. — Am 4. Dec. Vormittags traten starke Hyperämie, die namentlich in der Gegend der leichte, sich bald wiederholende Muskelzuckungen auf; Sulci und des Centralkanals, wo die Gefässe am die Muskeln wurden dann steif, es kam zu Opisthotonus reichlichsten vorhanden sind, stark ausgeprägt war. und zeitweise zu klonischen Krämpfen. Injektionen mit Ziemlich charakteristisch war der Befund grobkörni­ Morphium und Curare blieben ohne Erfolg. Tod 8 Std. nach Beginn des Tetanus. ger, myelinhaltiger Massen, die ziemlich gleichmässig Nachdem das Rückenmark 3 W. in Müller’scher Lö­ um die Gefässe herum gelagert waren. Nur ab und sung, 1 W. in Chromsäure und 1 W. in Alkohol gehärtet zu zeigte das Gewebe Lücken, die nach C.’s Mei­ worden war, wurde es untersucht. Makroskopisch zeigte nung durch Ausfallen der Myelinkörper entstanden sich ausser einer massig starken Füllung der Gefässe, dass die rechte Hälfte der Cervikalanschwellung von vorn sind. In einem Falle fand C. eine ziemlich aus­ nach hinten abgeplattet und in die Breite gezogen war. gebreitete Degeneration eines Streifens der weissen Anf dem Querschnitte bemerkte man eine die graue Sub­ Rückenmarkssubstanz. stanz einnehmende Höhle, welche die ganze Länge der Im verlängerten Mark fanden sich der Haupt­ Anschwellung einnahm, aber, nach oben und innen spitz zulaufend, sich nach innen nur bis an die graue Commissur sache nach dieselben Verhältnisse wie im Rücken­ erstreckte. Der Hauptsache nach lag sie in dem äussern mark ; ausserdem aber noch kleine Hämorrhagien, vordem Theil des grauen Vorderhorns; ihre ganze Länge namentlich am Boden der Rautengrube. betrug ca. 2 Zoll (ca. 5 cm). Um den Centralkanal herum Der Pons und das Corpus striatum, beide nur waren keinerlei Abnormitäten vorhanden. Eine fast gleiche, nur etwas kleinere Höhle befand sich in der Len- je in einem Fälle untersucht, sowie die Vierhügel denanschwellung, und zwar anf der linken Seite. Ihre zeigten ebenfalls die gleichen Veränderungen, letz­ Länge betrug »/a, ihre Breite 1/ie Zoll (ca. 12 u. 1,5 mm). tere in bedeutend höherem Grade wie erstere. IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik. 147

Die motorischen Regionen der Hirnrindenwin­ 7. Nov. früh mehrere starke tetanische Anfälle; dungen , die in 2 Fällen untersucht wurden, boten beim Versuch, zu trinken, Schlingkrämpfe. 11 Uhr Vor­ mittag. Dehnung des N. cruralis im Scarpa’schen Schenkel­ das eine Mal ähnliche Verhältnisse dar wie das dreieck. Keine Naht; Jodoformverband. Nach der Ope­ Rückenmark. In dem ändern Falle fand sich nichts ration sofort heftigster Schlingkrampf mit starkem tetani­ Derartiges, dagegen in der Umgebung der Capillaren schen Anfall. Ueberhaupt hatte die Nervendehnung nicht ein gleichförmiges, gelbliches Exsudat. Theilweise den geringsten Einfluss auf die Krampfanfälle ausgeübt, nicht einmal ein momentaner Nachlass der Erscheinungen hatte dasselbe eine solche Mächtigkeit erreicht, dass wurde herbeigeführt. es die Gefässe comprimirte. Die tetanischen Anfälle wurden immer häufiger; der In einem Falle wurden schlüsslicli noch die Ner­ Pat. immer schwächer. Am 8. Nov. früh 2 !/2 Uhr er­ folgte der Tod. ven in der Umgebung der Wunde untersucht, ohne dass etwas Abnormes an denselben gefunden werden Der vorliegende Fall widerlegt nach Oe. die konnte. Vermuthung Rose’s, dass gerade nur diejenigen Fälle mit Schlingkrämpfen verlaufen, bei denen die George Arthur Woods (Lancet II. 1 0 ; veranlassende Verletzung im Bereiche der Gehirn­ Sept. 1878), der bei einem lethal endenden Falle nerven ihren Sitz hat. von Wundstarrkrampf das Rückenmark makrosko­ Auch Prof. Albert in Wien hat nach einer pisch und mikroskopisch untersuchen konnte, fand mündlichen Mittheilung an Oe. einen Fall beobach­ an den mikroskopischen Schnitten eine sehr starke tet, in welchem nach Exstirpation der Mamma Te­ Erweiterung der kleinsten Arterien, sowie der peri- tanus mit ausgesprochenen Symptomen von Hydro­ vaskularen Lymphräume. Letztere enthielten zahl­ phobie auftrat. reiche Rundzellen. Dieses abnorme Verhalten be­ traf hauptsächlich die graue Substanz in der Um­ [In dem referirten Falle fehlte das eine Haupt­ gebung des Centralkanals. Daselbst zeigte auch die symptom des Kopftetanus, nämlich die Facialisläh­ Grundsubstanz eine starke Kerninfiltration, während mung !] die Nervenzellen selbst ein normales Verhalten dar­ Teuee: Berl. klin. Wchnschr. XVII. 37. 1880. Eine Söjähr. Frau zog sich bei einem Fall eine 1 cm boten. grosse Wunde an der Nasenwurzel zu. Vier Tage später Die Sxjmptomatologie des Tetanus, von welcher (am 8. Nov.) Schmerzhaftigkeit u. Röthung der Umgebung wir die ausreichendsten und genauesten Kenntnisse der Wunde. Am 10. Nov. fand T. gute Eiterung der Wunde; Entblössung beider Nasenbeine von Periost; haben, ist in den letzten Jahren nur wenig durch vollkommene Paralyse der linkseitigen Gesichtsmuskula­ andere Mittheilungen bereichert worden, wenn wir tur ; hochgradige Contraktur des linken Masseter und von den an der Spitze unserer Mittheilung referirten Temporalis. Der Mund konnte nur mühsam etwas geöff­ Fällen von Kopftetanus absehen. Einzelne ähnliche net werden; keine entzündliche Affektion daselbst. — 11. Nov. Etwa */2stündl. klappende Kiefercontraktionen oder gleiche Symptome zeigen die beiden folgenden linkerseits. — 12. Nov. Auch rechterseits Facialispara- Fälle, von denen der erstere zugleich auch ein schla­ lyse und Masseterencontraktion. gendes Beispiel von derjErfolglosigkeit der Nerven­ 13. Nov. Fortdauernder Trismus; häufige Streck- dehnung bietet. Die ändern noch kurz erwähnten krämpfe. Nachmittags 4 Uhr Tod. Fälle zeigten symptomatologisch einzelne Eigentüm­ Der Fall ist von besonderem Interesse, einmal lichkeiten , welche sich aus den Krankengeschichten wegen des bisher noch nicht beobachteten Auftretens von selbst ergeben. von einseitigem Trismus, dann aber wegen des Vorkommens von doppelseitiger Facialisparalyse bei F. Oester reicher: Wien. med. Presse XXIII. 21. 22. 1882. Trismus und Tetanus. Ein an massigen Genuss von Spirituosen gewöhnter, Rudolf v. Jaksch: Wien. med. Presse XXIV. sonst vollkommen gesunder Mann hatte sich am 31. Oct. 17. 18. 1883. 1880 beim Durchgehen der Pferde am linken Knie ver­ Eine 38jähr. Frau fiel eine Holztreppe herab und letzt; die Verletzung wurde von einem in der Nähe woh­ verletzte sich die rechte Stirnseite. Die Wunde heilte nenden Arzte mit in Eisenchlorid getränkter Charpie ver­ rasch. Nach 1 Woche stellten sich Schmerzen in der bunden. Als 0 e. den Kr. am folgenden Tage unter­ Narbe, sowie ziehende Schmerzen in der ganzen rechten suchte, fand er oberhalb des linken Kniegelenks eine Gesichtshälfte ein. Dabei kam es zu einer leichten An­ grosse unregelmässige Quetschwunde der Weichtheile. schwellung des rechten Augenlides. In der 3. W. wurde Mit dem Finger gelangte man auf die an einer ca. Kreu­ die angeschwollene Narbe incidirt und ein Holzsplitter zerstück grossen Stelle vom Periost entblösste Patella, entfernt. Keine Schmerzen mehr; Abnahme der An­ die nach oben zu oberflächlich gesplittert war. Das Ge­ schwellung. Nach einigen Tagen stellte sich ein allmälig lenk war nicht eröffnet. Carbolausspülung, Jodoform­ immer stärker werdender Trismus ein, ohne dass es zu verband. Nackenstarre oder ändern tetanischen Symptomen gekom­ 2. Nov. Ausgesprochener Ikterus. — 3. Nov. Ver­men wäre. Dabei Albuminurie, hochgradige Respirations­ bandwechsel. Wunde normal.— 4. Nov. Heftige Schmer­ und Pulsfrequenz. Tod unter den Symptomen von Lun­ zenin der kranken, vom Fuss- bis zum Kniegelenk öde- genödem. matös geschwollenen Extremität; Erguss in das Knie­ Kough: Lancet II. 16; Oct. p. 665. 1881. gelenk. Ein Maurer zog sich am 28. Juni 1881 eine Ver­ 6. Nov. Keine Schmerzen. Schwellung vermindert.letzung der Hohlhand zu und wurde am 15. Juli mit teta­ Schwierigkeit beim Schlucken ; Mund kann nur 2 cm weit nischen Symptomen in das Hospital aufgenommen. Die geöffnet werden. In der Nacht: deutlicher Trismus, ge­ ca. 2 Zoll (ca. 5cm) lange, unregelmässige Wunde zeigte ringe Nackenstarre ; tetanische Contraktionen in der ver­ schlaffe Granulationen. Keine abnormen Sensationen in letzten Extremität. Injektion von 2mal 0.05 g Morphium den Armnerven. Starker Trismus, Opisthotonus, starre und 0.005 g Curare. Bauchmuskeln. Tetanische Krämpfe traten auf stärkere 148 IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.

äussercReize nicht ein. Die ersten tetanischen Symptome merkbar und schnell wieder verschwindend, bald sollen nach Aussage des Fat. am 12. Juli sich gezeigt heftig genug, um den Tod des Pat. herbeizuführen. haben. Pat. bekam stündl. 2.5 g Bromkalium und 1.25 g Chloral, bis Schlaf erfolgte. Langsam fortschreitende 3) Sie lassen als Ursache gewisse Modifikationen Besserung, die nur am 22. Juli durch stärkern Trismus in der Beschaffenheit der Nervencentren erkennen; vorübergehend gestört wurde. Am 28. Aug. vollkommene meist verdanken sie ihr Auftreten einer gewissen Heilung. Hirnanämie, während in ändern Fällen aktive Blu­ J. Robinson u. Stcnson Hookcr (Lancet 1.9; tungen in die Hirnmassc nachzuweisen sind. March 1883) beobachteten einen Fall von sehr lange dauerndem Tetanus bei einem 14jähr. Knaben, welcher 4) Diese Blutungen sind ihrer Ausbreitung nach sich am 31. Mai 1882 beim Baden durch einen Glasscher­ meist auf kleine Räume beschränkt, treten aber an ben eine Wunde am grossen Zehenballen zugezogen hatte. zahlreichen Stellen auf, und zwar erfolgen sie theils Am 9. Juni, als die Wunde schon fast geheilt war, be­ in die Meningen, theils in die Hirnmasse, theils end­ merkte Pat. die ersten Symptome von Kiefersperre und Nackenstarre. In den nächsten Tagen kam es zu allge­ lich gleichzeitig in beide. meiner Muskelstarre, sowie zu tonischen Krämpfen. Die­ 5) Man beobachtet nicht selten wirkliche hämor­ ser Höhepunkt der Krankheit dauerte 20 Tage, doch erst rhagische Herde ohne festen Sitz, deren Folgen dann nach 50 Tagen war jede Spur von Muskelrigidität ver­ die gleichen sind, wie bei gewöhnlicher Hirnhämor- schwunden. Die Behandlung, die in der ersten Zeit zwi­ schen Chloralhydrat, Bromkalium, Chloroform schwankte, rhagie. •* beschränkte sich zuletzt nur auf das Calabarcxtrakt, das 6) Dergleichen Hämorrhagien, gleichviel in wel­ in solchen Dosen gegeben wurde, dass Pat. 3 Tage „voll­ cher Ausbreitung sic auftreten, sind immerhin eine kommen blind“ war. seltene Erscheinung bei Purpura, was in der hoch­ J. P. Glover: Lancet II. 12; Sept. p. 492. 188-4. gradigen Himanämie bei der grossen Mehrzahl sol­ Ein 26jähr. Mann erkrankte am 1. Aug. 1884 mit Nackenschmerzen, die in den nächsten Tagen auch weiter cher Kranken seinen Grund hat. nach unten ausstrahlten. Dazu kam Trismus. Bei der 7) Ihre Pathogenie unterscheidet sich in nichts Aufnahme in das West London Hospital (4. Aug.) fand von den in ändern Organen bei Purpura auftretenden man starken Trismus, geringe Starre der Halsmuskeln, Hämorrhagien, jedoch ist hierbei den Verhältnissen das Zwerchfell aber vollkommen frei. Der Leib, hart, zeigte häufige tonische Spasmen. Massige Nacken- und der Cirkulation und den Gefässalterationen nament­ Rückenstarre. Eine Verletzung konnte nicht aufgefunden lich in jenen Fällen Rechnung zu tragen, welche werden; nur am Hypothenar der einen Hand zeigte sich einen chronischen Verlauf haben und bei schon sehr eine kleine frische Narbe. Am 5. Aug. schwerer allge­ geschwächten Kranken auftreten. meiner Krampfanfall, Respirations- und Herzstillstand, langsame Erholung. Nach 1 Stunde ein gleicher, aber 8) Die klinischen Erscheinungen differiren sehr schwächerer Anfall. Am 7. Aug. Tod. Die Behandlung je nach der Ausbreitung und Intensität der consta- hatte in Anwendung eines Eisbeutels auf Kopf u. Wirbel­ tirten Läsionen; jedoch giebt es Fälle, in denen trotz säule , sowie von Chloral und Morphium innerlich bestan­ den. Die 24 Std. nach dem Tode vorgenommene Autopsie der Existenz solcher Läsionen während des Lebens ergab Hirn und Rückenmark vollkommen normal. keinerlei Symptome sich bemerkbar machen, wäh­ Der Fall ist nach G. deshalb von Interesse, weil rend andererseits die vorhandene Anämie als einzige man zuerst an eine spinale Meningitis dachte, da die Ursache erheblicher Störungen zu constatiren war. geringe Nackenstarre, das Freibleiben der Zwerch­ 9) Die Diagnose solcher Zufälle ist in der Mehr­ fellmuskulatur, das leichte Schlucken, die verhältniss- zahl der Fälle keine leichte; doch wird man selbst mässig geringen Spasmen gegen einen Tetanus zu bei ausgesprochener Anämie die Vermuthung statt- sprechen schienen. (Schluss folgt.) gefnndener Hämorrhagie festhalten müssen. Die Prognose hat sich direkt nach der Intensität der 562. Beiträge zur Lehre von der Purpura. Nervenerscheinungen zu richten. In einer sehr fleissigen und von umfassender Folgenden bemerkenswerthen Fall von Purpura Literaturkenntniss zeugenden Arbeit hat J. B. D u- haemorrhagica mit intercurrenter Variolois hat Dr. plaix (Arch. gen. 7. S. XI. p. 408. 568. April, Rathery (L’Union 100. 1883) beobachtet. Mai 1883) eine Uebersicht der neuern Untersuchun­ J., Fleischer, 34 J. alt, robust und muskulös, kein gen über Purpura im Allgemeinen und speciell über Trinker, bisher nie krank, in der Kindheit geimpft, aber nicht revaccinirt, fing seit Dec. 1882 an zu husten. Im die bei Purpura haemorrhagica vorkommenden Jan. 1883 zeigten sich Blutspuren im Auswurf nnd ausser- Hämorrhagien in den Nervencentren gegeben. Wir dem traten wiederholt Anfälle von profusem Nasenbluten verweisen wegen der Einzelheiten (namentlich wegen ein. Pat., war seitdem abgemagert, hatte wenig Appetit, der mehr oder weniger ausführlich angeführten 23 keinen Schlaf nnd schwitzte in der Nacht; ausserdem zeigte die Bindehaut der Augen leicht ikterische Färbung. Krankheitsgeschichten) auf das Original nnd begnü­ Die Untersuchung des Thorax ergab hinten leichte gen uns, die von D. selbst aus seinen Studien ge­ Dämpfung über beiden Lungenspitzen, ausserdem links zogenen Schlussfolgerungen mitzutheilen. trocknes Knistern; die übrigen Organe waren gesund, Temperatur früh zwischen 37 und 38°, Abends zwischen 1) Im Verlaufe der Purpura haemorrhagica tre­ 38 und 39°. Von Anfang April ab wiederholte sich das ten gewisse Hirnerscheinungen in ziemlicher Häufig­ Nasenbluten fast täglich, so dass mehrmals Tamponade keit auf, deren Ursachen auf gewisse Hirnläsionen nothwendig wurde; gleichzeitig zeigte sich ein Blutaustritt zurückzuführen sind. im linken Auge: Ergotin innerlich und subentan. — Am 9. April erfolgte nach heftigem Schmerzgefühl ein Aus­ 2) Diese Hirnsymptome bei Purpura sind von tritt einer serös-blutigen Flüssigkeit aus dem linken Ohr, sehr verschiedenartiger Intensität, bald kaum be­ nebst profusem Nasenbluten; gleichzeitig zeigten sichBlu- IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik. 149 tungen aus dem Zahnfleische und kleine Blutflecke an den der Tiefschicht, wahrscheinlich durch Dazwischen­ Unterextremitäten. Neben dem Ergotin wurde jetzt die treten einer serösen Flüssigkeit bedingt, wahrnehmen Potio Toddii mit 4g Chinaextrakt verordnet, worauf das Fieber zwar zurückging, die Blutungen aus Nase und Ohr konnte. Das Rete Malpighii erschien normal und aber fortdauerten, während sich auch einzelne Petechien ruhte auf der Dermis, deren Papillen an ihrer Basis an der Stirn und den Oberextremitäten zeigten und in der gelbe Flecke zeigten, die sich bei stärkerer Ver- linken Weiche eine bis zum Scrotum sich erstreckcndc grösserung als in der Masse des Subpapillarstratum Ekcbymose bemerkbar wurde. Im Urin war wederZucker noch Eiweiss nachznwcisen. Am 13. April trat neue liegende vergrösserte, mit Blutkügelchen erfüllte Ca- Fiebersteigerung auf unter Fortdauer der Blutungen aus pillaren darstellten. Bei einem Präparate, was meh­ Ohr und Zahnfleisch, während vom 17. April ab das Nasen­ rere solche dilatirte Capillaren enthielt, erschien das bluten wegblieb und auch die Purpuraflecke, sowie die umgebende Bindegewebe deprimirt und wie zurück­ Ekchymose in der Weichengegend abblassten; ebenso liessen die Schweisse nach , Schlaf und Appetit besserten geschoben, so dass das Präparat an Angiom erinnerte. sich, die Temperatur war normal. In den Papillen waren nur einzelne Capillaren zu Am 9. Mai trat, nach vorausgegangener heftiger Epi- sehen, welche nahezu das normale Volumen hatten. ßtaxis, ein Schüttelfrost mit Schmerz in den Schenkeln Zwischen den Fächern der Bindegewebsfasern und und Erbrechen auf. Temperatur 40.0° früh, 40.4° Abends. in den Epidermoidalzellen waren keine Blutkügelchen Dabei erfolgte unter heftigen Schweissen der Ausbruch eines Ausschlags im Gesicht, welcher in den folgenden sichtbar. Tagen sich unzweifelhaft als Variolois erwies. Während Nach diesem Befunde könnte man zu der An­ des Verlaufs der letztem trat keine Blutung auf, auch war nahme kommen, dass Angiom und Purpura auf iden­ keine der Pusteln hämorrhagisch. Vom lß. Mai begann tischer Ursache, einer passiven Dilatation der Ca­ das Eintrockncn der letztem und seitdem ist keine wei­ tere Blutung aus dem Ohre, keine neue Ekchymosc auf­ pillaren, beruhen, und dass diese Identität nicht blos getreten. Das am 28. Mai untersuchte Blut ergab leicht bei den von Schleimhaut bedeckten Stellen, sondern gezackte Ränder der rothen Blutkörperchen; ihre Zahl auch unter der Oberhaut anzunehmen ist. J. unter­ betrug 1300000 auf lqmm, weisse Blutkörperchen waren suchte deshalb auch Hautstücke, wo die bereits ver­ nur in geringer Anzahl vorhanden. — Vier Wochen später erfolgte ein nochmaliger Ausbruch von Purpura unter gilbten Flecke auf ein Zurückgehen der Eruption mässigen Fiebercrscheinungcn und Ocdcm der Knöchel, schliessen liessen, und fand hier die Gefässe durch während an den Lungensymptomen unzweifelhaft ein Fort- Blutkörperchen dilatirt, während das Bindegewebe schreiten zu eonstatiren war. Pat. verlangte seine Ent­ mit Lymphzellen durchsetzt war, welche durch Dia- lassung ; etwas Weiteres über ihn ist nicht bekannt ge­ pedesis der Gefässe ausgetreten waren, wie diess auch worden. durch eine Lage von Blutkörperchen, welche jedes R. ist geneigt, die Purpura mit einer scorbu- Gefäss umgab, bewiesen wurde. tischen Diathese in Verbindung zu bringen. Die Blu­ Endlich möge hier noch eine Abhandlung von tungen aus dem Ohre sind eine sowohl bei Purpura, Dr. H. Arragon über die Angiome der Schleim­ als auch bei ändern hämorrhagischen Erkrankungen häute und deren Beziehungen zur Purpura hae- seltene Erscheinung. Nächstdem ist aber auch das morrhagica (Arch. de Physiol. 3. S. II. 7. p. 352. Auftreten einer Variolois im Verlaufe der Purpura Oct. 1883) Erwähnung finden. um so mehr bemerkenswerth, als dasselbe bei Mangel Die tief gelegenen erektilen Geschwülste der jedes epidemischen Einflusses erfolgte, wodurch nach Schleimhäute unterscheiden sich in Nichts von ähn­ R. ein neuer Anhaltspunkt für die Wahrscheinlich­ lichen Geschwülsten an ändern Körpertheilen. Lie­ keit einer Analogie zwischen Purpura und Variola, gen dieselben dagegen oberflächlich, so ist meist namentlich der hämorrhagischcn Form der letztem, die Schleimhaut selbst mit ihren Papillen der Sitz gegeben wird. solcher Dilatationen. An Schnittpräparaten eines Dr. J a r d c t (Progres med. XII. 23 ; Juin 1884) solchen Tumor sieht man das arterielle Centralgefäss berichtet über einen tödtlich verlaufenen Fall von stark erweitert und die Papille vor sich hertreibend, Cylinder-Epitheliom des Rectum und der Leber, welche hypertrophirt u. den Malpighfschen Schleim­ welcher wegen der Complikation mit Purpura hae- körper abflacht, gleichzeitig mit der Centralarterie viorrhagica bemerkenswerth erscheint. Wir berück­ werden aber auch die sie umgebenden feinen Capil­ sichtigen hier nur die auf letztere Affektion bezüg­ laren ektatisch. Die Erweiterung erfolgt durch den lichen Angaben. Dieselbe war 3 W. vor dem Tode Druck der Blutwelle, welcher einen beständigen Stoss zunächst in der Leistengegend unter der Form von auf die obere Fläche des Gefässes ausübt, weshalb stark juckenden Flecken aufgetreten, welche sich auch dessen Seitenfläche meist weniger dilatirt er­ allmälig über die Hüften und Schenkel ausgebreitet, scheint. Dass diese Erweiterung die Arteriole und hatten. Die Sektion hatte ausser dem Epitheliom nicht die Venula betrifft, erhellt auch aus den in der genannten Organe interstitielle Nephritis er­ solchen Tumoren gewöhnlich bemerkbaren Pulsa­ geben. tionen, welche mit dem Radialpuls isochronisch sind. Ein behufs mikroskopischer Untersuchung un­ Betrachtet man die Innenfläche einer solchen Dilata­ mittelbar nach dem Tode aus der Haut herausge­ tion, so sieht man die Endothelialzellen des Gefässes schnittener Purpurafleck wurde zunächst in absolutem zwar zum Theil von ihrem Platz verdrängt, sonst Alkohol gehärtet, worauf man an durch die ganze aber in keiner Weise verändert. Die erektilen Tu­ Hautschicht geführten Schnitten eine Trennung der moren der Schleimhäute sind daher durch Erwei­ Hornschicht der Epidermis vom Stratum lucidum u. terung der Papillargefässe und des feinen Gefäss- 150 IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.

netzes der subepithelialen Schicht bedingt; in ihrer zu den bisher geschilderten der Schleimhäute hebt Umgebung sieht man sowohl in den superficiellen, A. hervor, dass die Gefässe der Papillen bei Pur­ als in den tiefem Schichten mehr oder weniger grosse, pura nicht selten eine der oben beschriebenen durch­ rundliche, disseminirte Cysten, deren flüssiger Inhalt aus ähnliche Bildung und Dilatation zeigen. An nach Cornil und Ran vier feine Granulationen einem in Alkohol gut conservirten Schnittpräparate und einzelne Blutkörperchen enthält; sie sind be­ eines Purpura-Angiom der Unterlippe, von einem grenzt durch eine dünne Schicht fibrösen Gewebes 51jähr., an Purpura haemorrhagica im Hotel Dieu und die rareficirte Epithelialhülle der Mucosa, wäh­ gestorbenen Manne, zeigte sich eine constante Dila­ rend ihre Innenfläche mit einer vaskularen Endo­ tation der Papillen-Gefässe, weiche mit Blutkügel­ thelialschicht ausgekleidet ist. Ihnen zur Seite ge­ chen reichlich erfüllt waren. Die Dilatation war im wahrt man Papillen, deren erweiterte Capillar- Centraltheile am bedeutendsten, und betrug im Dia- gefässe unter einander communiciren und in der meter 0.1—0.3 mm, also 15—30mal mehr, als im Bildung eines cavernösen Gewebes aufgehn, dessen Normalzustande. Das freie Ende der erweiterten Höhlen nicht unter einander communiciren, auch aus Gefässe reichte bis nahe an die Schleimhautober­ der allgemeinen Cirkulation kein Blut mehr erhal­ fläche, von letzterer durch 2—3 Epitheliumlagen ten , demnach als wirkliche seröse Cysten er­ getrennt; ihre Wandungen waren sehr verdünnt, an scheinen. Sie sind nach Jamain und Terrier ihrer Innenfläche mit Endothel ausgekleidet. Der Folge einer theilweisen Obliteration der Gefässe, in Form nach erschienen sie theils als Gefässschlingen, welchen das zurückbleibende Blut allmälig sich iu theils in ovoider oder sphäroider Form ; in ihrer Serum um wandelt, in dessen Mitte bisweilen noch Umgebung war das Bindegewebe fast ganz ge­ Iuselchen von noch nicht umgewandelten Blutkügel­ schwunden, so dass die Epithelialzellen wie in deren chen flottiren. Die Ansicht V i r c h o w ’s , dass diese Wandung implantirt erschienen; letztere zeigten Cysten stets geschlossen sind und mit den Gefassen weder Kern-, noch Bläschenbildung, waren jedoch in keinerlei Verbindung stehen, bezeichnet A. auf tumeficirt. Grund seiner eignen an Präparaten gemachten Beob­ An diesen selbstbeobachteten Fall knüpft A. achtungen (unter Beigabe von Abbildungen) als die Mittheilung von 4 ändern, bis jetzt noch nicht unzutreffend. Im Anfänge mindestens besteht eine publicirten Fällen. solche Communikation zweifellos, und wenn Vir- 1) D e n t u and H i 11 a i r e t. Eine Frau von 28 J ., chow diese Umwandlung von Blutgefässerweiterun­ sonst ganz gesund, auch nie syphilitisch inficirt gewesen, hatte am linken Zungenrand einen erbsengrossen Tumor, gen in seröse Cysten für ein relativ seltnes Vorkom­ welcher in seiner ganzen Ausdehnung von bläulichen men erklärt, so sprechen hiergegen die zahlreichen papillaren Vorsprüngen besetzt war, so dass derselbe Beobachtungen von Bell, Michel, Lücke u.A., einer kleinen Erdbeere ähnelte. An seiner Oberfläche sowie die Thatsache, dass die Innenwandung solcher waren keine Spuren von Ulcerationen wahrzunehmen, beim Druck hatte man das Gefühl von Pseudofluktuation Cysten stets mit einer Lage von Endothelialzellen und es verschwanden momentan die blauen Punkte auf ausgekleidet ist, welche doch nur auf einen vasku­ derselben. Die Geschwulst wurde mittels des Thermo­ laren Ursprung zurückzuführen sind. kauter entfernt und Pat. konnte nach 10 Tagen entlassen Man beobachtet bei einer grossen Anzahl von werden ; von einem Recidiv ist nichts bekannt geworden. — Nach Härtung des Präparats durch Osmiumsäure und Angiomen ein fortschreitendes Wachsthum, was nur Alkohol sah man an Querschnitten der Geschwulstober­ durch Annahme einer progressiven peripherischen fläche, dass die hier bemerklichen bläulichen Vorsprünge Reizung erklärlich wird, welche eine Erweiterung von verschieden grossen Höhlen, welche Blut enthielten, der Gefässe mit nachfolgender Bildung beträchtlicher gebildet wurden. Diese Höhlen waren von der Epithe­ lialschicht der Zungenschleimhaut ausgekleidet und zeig­ Sinuositäten herbeiführt. Nicht selten findet man ten eine Art Verbindungswand, welche an gewissen Stellen nur grössere „Blutlachen“ , welche dadurch ent­ behufs Durchtritts von Gefassen verschiedenen Kalibers stehen, dass die Wandungen der erweiterten Gefässe durchbrochen waren; einzelne derselben waren juxta- das intermediäre Gewebe durch Druck atrophisiren, ponirt und durch Bindehautscheidewände von einander so dass schlüsslich deren Innenwandungen in Con- getrennt. Die Wandungen sämmtlicher Höhlen erschie­ nen von plattzeiligem Epithel ausgekleidet, dessen Kerne takt treten und sich zu einer einzigen Wandung ver­ etwas vorsprangen. — Man hatte es also hier mit einem schmelzen, bis diese endlich durch die langwährende erektilen Tumor, oder besser gesagt, mit einem caver­ Usur durchbohrt wird. Solche Perforationen ver- nösen Angiom zu thun. 2) Polaillon. Br., 15 J. alt, hatte seit ihrer Ge­ grössern sich* allmälig und verbinden sich mit den burt an der rechten Seite der Zungenspitze einen Tumor, benachbarten1 zu Cavernen, welche mit Blut erfüllt welcher zeitweilig von verschiedener Grösse erschien, sind, was bei der Leichtigkeit, Schnelligkeit und ohne jedoch das Sprechen zu behindern. Auch dieser Gewalt, mit welcher das Blut durch die Tumoren Tumor wurde mittels des Thermokauter mit bestem Er­ folg entfernt. Die Schnittflächen desselben zeigten hyper­ fliesst, leicht erklärlich ist. Deshalb findet man auch trophische, unter dem Pflasterepithel der Zunge liegende bei gehärteten Schnittpräparaten von cavernösem Papillen, in denen ovoid- oder sphäroidartig dilatirte, mit Angiom nur selten einige weisse Blutkörperchen, Blut gefüllte Gefässe lagen. Diese vaskularen Erwei­ weil ihre Mehrzahl durch den schnellen Blutstrom terungen betrafen meist Capillargefässe, sassen fast un­ mittelbar unter dem Epithel; ihre obem Endigungen mit fortgerissen wird. waren nach der Oberfläche der Papilla gerichtet, in welche In Bezug auf die bei gewissen Formen von Pur- sie eintraten. Die Wandung der dilatirten Gefässe er­ pura beobachteten Angiome und deren Beziehungen schien sehr dünn, von ihrem Endothel ausgekleidet, und IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik. 151

atand in unmittelbarer Verbindung mit dem etwas abge- 28 Decigr. schwer und 3 cm lang. Vollständige Heilung. tlachten umgebenden Bindegewebe. An ihren Endigungen Die anatomische Untersuchung ergab alle Charaktere eines waren sie durch eine verdünnte Epithelialschicht von ein­ cavernösen Angiom; selbst in der Substanz des Zäpfchens ander getrennt und durch eine dünne Bindegewebsschicht fanden sich lange Gefässkanäle mit dem Charakter dila- abgeflacht. Diese ampullaren Papillargefässerweitcrun- tirter Capillaren und Venulae; die voluminösesten der­ gen sassen demnach unmittelbar an der Oberfläche des selben reichten bis unter die Hornschicht der Mucosa. An Tumor und bedingten ein Emporheben der Zungen- den Schnittpräparaten konnte man deutlich alle zur Bil­ schleimhaut. Schleimcysten in der superficiellen Zungen- dung der Uvula gehörigen Elemente, wenn auch durch schicht waren nicht vorhanden ; unter den Papillen fanden vaskulare Sinus getrennt, wahrnehmen ; nur die gewöhn­ sich mit Blut gefüllte Hohlen. lich vorhandenen kleinen Muskelfascikel waren nicht zu 3) Verneuil. V., 16 J. alt, zeigte an der Innen­bemerken. fläche der Unterlippe rechts neben der Commissur eine Ala Hauptergebnis» seiner Untersuchungen stellt kleine höckerige Geschwulst, welche anscheinend aus A. schlüsslich folgende Sätze auf: 1) Die Angioma kleinen stecknadelkopfgrossen Cysten bestand und sich der Mucosae zeigen eine Papillarhypertrophie, welche tief unter der Mucosa ausbreitete; letztere war dabei nicht verfärbt, aber etwas blässer. Stach man eine solche auf Dilatation der Gefässe beruht und dadurch die­ Cyste an, so trat eine seröse Flüssigkeit aus, weshalb die sen Geschwülsten das höckerige Ansehen giebt. — Diagnose zwischen Sarkom, Cystenadenom und Hyper­ 2) Die hypertrophische Papille wird durch eine cen­ trophie der Lippendrüsen schwankte. Bei der gleichfalls trale Arteriola oder Venula ausgefüllt, welche ekta- durch den Thermokauter vollzogenen Entfernung entleerte sich neben Serum aus einzelnen Cysten, aus Grund und sirt und mit Blut gefüllt erscheint. — 3) Die Blut­ Rändern der Geschwulst ziemlich viel Blut. Da bei der herde schliessen sich bisweilen von allen Seiten ab Operation ein Rest erektilen Gewebes zurückgeblieben und bilden mit Serum gefüllte Cysten. — 4) Das war, so erfolgte nach einigen Monaten ein Recidiv, nach Endothel, welches die innere Wandung dieser Cysten gründlicher Exstirpation trat jedoch dauernde Heilung ein. Die durch Müller'sehe Lösung, Gummi u. Alkohol auskleidet, und die theilweise obliterirten Gefässe, gehärteten und durch Perpendikulär- und Achsenschnitte welche zweifellos in dieselben einmünden, deuten hergestellten Präparate des zuerst entfernten Tumor zeig­ auf den vaskularen Ursprung derselben hin. ten eine unregelmässige, höckrige Schnittfläche, an der (Krug.) das Epithel der Mundschleimhaut erhalten, wenn auch an den höckrigen Stellen etwas verdünnt war. Das Papillar- 563. Casuistische Beiträge zur Lehre von netz war stark entwickelt, in allen Papillen fanden sich den syphilitischen Gelenkleiden; von Dr. Mona- erweiterte Gefässe; die innere Wandung war von vasku- larem Endothel ausgekleidet, sonst normal. Ein gleiches s t y r s k i. (Jesh. kl. Gas. — Petersb. med.Wchnschr. Verhalten zeigten die serösen, von der freien Oberfläche Nr. 32. p. 340. 1884.) durch eine sehr dünne Epithelschicht getrennten Cysten. I. Bei einer Person, welche ihm behufs der Resektion Die Papillen waren durch ein Stroma von Bindegewebe des Ellenbogengelenks zugeschickt worden war, fand Vf. gebildet, in welchem sich stark entwickelte Gefässschlin- am rechten Schienbein 2 schmerzhafte Tophi und 1 ulceri- gen zeigten, die an der Papillenbasis mit einem reichen rendes Hantgumma. Die Patella war auffallend verdickt, Gefässnetze anastomosirten und so gewissermaassen das jedoch nicht schmerzhaft. Das rechte Ellenbogengelenk erste Entwicklungsstadium des Tumor unter dem Bilde eines einfachen Angiom darstellten. Ober- und unterhalb war sehr stark geschwollen, deutlich fluktuirend, bei Pal­ dieses Gefässnetzes fanden sich mit Blut gefüllte Höhlen, pation nicht schmerzhaft, dagegen Druck auf den äusseren Humeruscondylus sehr schmerzhaft. Durch einePra- mit denen ein oder mehrere kleine Gefässe anastomosir­ v a z ’sche Spritze wurden 10 g einer klaren Synovia ent­ ten. Einzelne dieser Blutherde waren geschlossen und leert. Das Hautgumma wurde gespalten und ausgekratzt. enthielten zum Theil oder gänzlich in Serum umgewan­ Hierauf wurde eine antisyphilitische Kur eingeleitet. Nach deltes Blut, während andere wirkliche Cavernen bildeten. kurzer Zeit schwand die Schwellung des Ellenbogengelenks Es handelte sich also um ein cavernöses Angiom bei In­ vollständig; normale Beweglichkeit stellte sich wieder taktheit der Schleimdrüsen und der Muskulatur der Lip­ ein. Bei Rotationsbewegungen bemerkte man anfangs pen , während das zwischenliegende Bindegewebe noch auch aus d e r Entfernung Reibegeräusch, welches nach und intakt war. — Der zweite recidive Tumor zeigte weniger nach schwächer wurde und später nur für die Hand fühl­ Cysten, die Papillen waren nicht so entwickelt, um als bar blieb. wirkliche Papillome gelten zu können; ihre Hypertrophie II. Eine 29 Jahre alte Bauerfrau hatte mehrmals hatte sich durch einfache Proliferation gebildet, sie er­ abortirt und litt an Fluor albus. Bei der Exploration er­ schienen verlängert, wie gestielt, ihr oberes Ende war gaben sich Gummata am Manubrium sterni, Narben in durch vasknlarc Ektasie dilatirt, ihre Basis eingeschnürt; der Fossa supraclavicularis sinistra und an der linken der dilatirte Theil enthielt bereits in der Degenerescenz Schulter, am rechten Vorderarm und an der rechten Hand, begriffene Blutkügelchen. Es würde bei längerer Dauer sowie Periostitis jüngeren Datums im unteren Dritttheil jedenfalls eine seröse Cyste entstanden sein; an einzelnen des linken Schienbeins. Das linke Knie war sehr stark Stellen war schon eine superficielle Proliferation von geschwollen in Folge von Flüssigkeitsansammlung. Ausser­ embryonalem Binde- uud Epithelialgewebe bemerkbar, dem fand sich nach innen von der Patella und unter die­ in dem einzelne ganz kleine Cysten zu sehen waren. selbe dringend eine derb elastische, hühnereigrosse, 4) L e Fort. J., 51 J. alt, bisher stets gesund,schmerzlose Geschwulst, welche unter der normalen Haut namentlich nie syphilitisch inficirt, nirgends an Oberhaut verschiebbar war. Alle Erscheinungen schwanden unter oder Schleimhäuten Spuren von Angiom zeigend, klagte einer specifischen Behandlung theils vollständig, theils über einen Reiz im Kehlkopfe, der ihn zu häufigem Räus­ bis auf einzelne Reste; der Erguss in das Kniegelenk hatte pern veranlasste. Beim Herabdrücken der Zunge sah sich wesentlich verringert, und die Geschwulst an der man eine vom Zäpfchen ausgehende, nach beiden Gaumen­ Patella bis auf Pflaumengrösse verkleinert. bögen ausgebreitete, von vorn nach hinten abgeflachte III. Neben Periostitis der 6. und 7. Rippe erschien Geschwulst mit einem 6 mm langen Stiel. Die bedeckende das linke Kniegelenk stark geschwollen, die Haut über Schleimhaut war normal. Die Geschwulst zeigte theils der Patella narbig und mit dem Knochen verwachsen. konische,^ theils sphärische, mehr oder weniger vorsprin­ Die Schwellung des Gelenkes rührte von einer Flüssig­ gende Wärzchen, Pulsation war nicht zu bemerken. Die keitsansammlung her. Die linke Patella war bedeutend mit der galvanischen Schlinge entfernte Geschwulst war dicker als die rechte; unter derselben und nach innen von 152 IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik. der Strecksehne fand sich eine knollige schmerzlose Ge­ Beobachtung XXIX. Es handelt sich hier um ein schwulst von Apfelsinengrösse; dieselbe war unter der nor­ Mädchen von 5 Jahren 2 Monaten, dessen Mutter angeb­ malen Haut beweglich. Die Bewegungsfähigkeit des lich stets gesund und kräftig war. Dieselbe hatte nie Kniegelenkes war nicht wesentlich beeinträchtigt. Die abortirt, 4 Kinder ausgetra^en und gesäugt. Das er­ Geschwulst hing mit dem Recessus sup. zusammen. Diese wähnte Mädchen war das jüngste der Kinder. Der früher Erscheinungen liessen sich schnell durch eine specifische gesunde Vater soll angeblich an akuter Tuberkulose ge­ Behandlung beseitigen. Als Pat. die Entlassung ver­ storben sein; er ward erst krank zur Zeit der Geburt langte, war die Geschwulst bis auf die Hälfte verkleinert. dieses 4. Kindes. Während das Kind bis zum 14. Monat IV. Pat. war seit dem 7. Lebensjahre krank. An an der Mutterbrust gesäugt wurde, fiel es um diese Zeit der Streckseite des linken Ellenbogengelenks fanden sich rasch ab, wurde kachektisch, bekam Geschwüre im Munde, strahlende Narben, an der Umgebung serpiginöse Ge­ an den Lippen und am Kinn. Grosse Schwäche kam schwüre und erbsengrosse Knoten. Beide Schienbeine hinzu und das Kind erholte sich niemals wieder vollständig. waren verdickt, auf Druck schmerzhaft. Die Beweglich­ Später trat Croup ein ; von Dr. 0 u d i n wurde die Tracheo­ keit des rechten Kniegelenkes war trotz bedeutendem tomie mit Erfolg gemacht. Ergüsse und Verdickung der Kapsel vollkommen frei; Seit dem 14. Juli 1883 wurde das Kind kränker; es die Palpation verursachte aber äusserst heftige Schmerzen. kam Ikterus hinzu, jedoch ohne Appetitverlust. Seit Im anderen Kniegelenke war ebenfalls leichter Erguss Anfang August Abmagerung, Ikterus unverändert, keine vorhanden, doch war hier die Berührung schmerzlos. Diarrhöe, weisse Stühle, dunkler Urin. 27. August: Nach Punktion des r. Kniegelenks wurden ungefähr 90 g starke Kachexie, äusserste Abmagerung, Ikterus, hek klarer Synovia entleert. Nach einer antisyphilitischen tisches Fieber, Schlaflosigkeit, Kopf- u. Bauchschmerzen. Behandlung schwanden alle krankhaften Symptome; cs Stuhlentleerungen u. Urin unverändert, häufiges Erbrechen. traten Reibegeräusche ein. Specifische Behandlung durch Quecksilbereinreibungen V. Pat. war vor 9 Jahren syphilitisch angesteckt ge­ und Jodkalium; Besserung. Am 8. Septbr. Rückfall. wesen und bemerkte jetzt nach einer Erkältung Schmerzen Schwefels. Chinin. — 10. Sept. kein Fieber mehr; Chinin im Halse. Es ergab sich steife Kopfhaltung, der Kopf ausgesetzt; Fortgebrauch der Quecksilberkur. war etwas nach hinten geneigt, der Cucullaris rechts ge­ Am 20. Sept. hatte sich der Allgemeinzustand wesent­ spannt. In der Gegend des 2. Halswirbels, rechts vom lich gebessert. Das Kind konnte sich erheben u. Nahrung Dornfortsatz, befand sich eine diffuse ziemlich harte Ge­ zu sich nehmen und fing an zu spielen. Der örtliche Zu­ schwulst. Druck auf den Dornfortsatz und die Querfort­ stand war unverändert. Bis zum 6. Octbr. hatte sich sätze war nicht schmerzhaft, dagegen Empfindlichkeit nichts wesentlich geändert; das Allgemeinbefinden jedoch zwischen Quer- und Dornfortsatz vorhanden. Rotations­ noch etwas gebessert. Der Leib war weniger anfge- bewegungen waren wegen Schmerzen unmöglich ; schlaf­ trieben, die Leber weniger hart, sie überragte den Rippen­ lose Nächte. — 38 Einreibungen beseitigten complet alle rand um die Breite mehrerer Quer-Finger, bei Druck, Erscheinungen. (J. E dm. G ü n tz.) welcher nicht schmerzhaft war, bemerkte man weder Ein­ senkungen, noch Fluktuation, aber eine deutliche harte 564. Syphilis hereditaria tardiva mitStelle. Die Abdominalvenen waren angeschwollen nn l Affektion der L eber; von Dr. Barthelemy. cs bestand Vergrösserung der Milz. (Arch.gßn. 7. S. XIII. p. 513.674 Mai, Juin. 1884.) Die Besserung des Zustandes in Folge der specifischen Quecksilber- und Jodtherapie bestätigte Vf. hat eine Zusammenstellung der ihm aus der die Diagnose auf Syphilis. Trotz dem Mangel Literatur zugänglichen Fälle gegeben, betreffs deren weiterer Symptome ist diese Syphilis als heredi­ wir auf das Original verweisen. Einige noch nicht täre aufzufassen, und zwar aus folgenden Gründen : publicirte, geben wir kurz wieder. Geschwürsnarben am Mund und am Kinn, Otorrhöe Beobachtung X V I I von Dr. C r e q uy. Ein 2'/2jähr. Kind, von einem syphilitischen Vater und einer syphilis­ seit der Geburt, Bildungsfehler der Zähne, Beschaffen­ freien Mutter stammend nnd früher vollständig munter heit der Leber und Milz. Hochgradige sklerosirende und gesund, erkrankte in dem angegebenen Alter an Ab­ Entzündung der Leber tritt bei einem Kinde nur bei magerung und Verminderung des Appetits. Bei der angeborener Syphilis auf. Das Kind wurde, da die Untersuchung fand Cr. eine leicht ikterischeFärbung der llaut und die Leber ein wenig grösser. Es wurde in der Mutter die Pflege in geeigneter Weise nicht durch­ Milch etwas Liquor van Swieten gegeben. Alsbald nahm führen konnte, in die Klinik des Prof. F o u r n i e r das Kind wieder zu und bot nichts weiter Abnormes. Zwei gegeben, woselbst es jedoch nach 6 Wochen unter Jahre später traten dieselben Erscheinungen wieder auf. den Erscheinungen einer akuten Tuberkulose starb. Der Ikterus war aber stärker. Während mehrerer Monate wurde wieder Liquor van Swieten gegeben und Die Sektion ergab akute Granulationsbildung in den auch jetzt verschwanden die Erscheinungen wieder voll­ Lungen. In der Leber fanden sich multiple, disse- ständig. Weitere Notizen über den syphilitischen Zustand minirte Gummata; im Kleinhirn zeigte sich eine des Kindes fehlen. Gummigeschwulst, welche im Leben keine Erschei­ Beobachtung XXIV. Im Jahre 1868 starb ein Kind auf der Abtheilung des Vfs., ungefähr im Alter von 20 nungen bedingt hatte. Monaten mittler zweifelhaften Diagnose einer Meningitis Nach der Zusammenstellung aller Fälle kommt tuberculosa.. Vf. konnte aber charakteristische Verän­ Vf. zu dem Resultate, dass die auffälligsten Störungen derungen im Gewebe der Leber nachweisen. Die Leber der hereditären tardiven Syphilis in den bekannten war mit entfärbten, ein wenig gelblichen Knoten durch­ setzt von einer etwas festeren Consistenz als das normale Veränderungen der Leber zu finden siud, welche in Gewebe der Umgebnng. Das junge Bindegewebe bestand den bekannten verschiedenen Stadien Vorkommen. namentlich aus fibroplastischen Elementen; die Leber- (J. Ed m. Güntz.) zellen waren im Centrum der Neubildung theils sehr atro ­ phisch, theils geschwunden, an den übrigen Stellen aber 565. Zur Casuistik seltener Formen von normal. — Vf. nimmt an, es habe sich hier zweifellos Syphilis. Aus der med. Klinik in ; am die syphilitische Affektion der Leber gehandelt, wie sie zuerst vonGublerundDittrichinPragbeschrieben von Dr. F. Ziehl. (Deutsche med. Wchnschr. XI. worden ist. 27. 28. 1884.) IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik 158

1) Pemphigus syphiliticus. Eiue 29 J. alte Bauerfrau hervorgingen und seit 8 Tagen sich auch an den Armen wurde am 28. Aug. mit Geschwüren in Mund und Rachen entwickelten. aufgenommen. Sie gab an, niemals krank gewesen zu Bei der Aufnahme des massig kräftig entwickelten sein , wav seit 9 J. verheirathet und Mutter von 4 gesun­ Mannes fand man an den Unterschenkeln zahlreiche, bis den Kindern, hatte niemals abortirt, nur litt sie seit 2 J. markstiiekgrosse Geschwüre; an den Oberschenkeln weni­ an Fluor albus. Auch der Ehemann war angeblich ge- ger. Allgemeine Lymphdrüsenschwellung, Geschwüre an Bund. Seit eioem Jahre hatte das gegenwärtige Uebel den Tonsillen; an der Streckseite des Ellenbogens ein ganz mit Geschwüren in Mund und Rachen begonnen, welche beschränktes makulös-papulöses Exanthem. Am After jeder Behandlung getrotzt hatten. Es bestand unerträg­ ulcerirte Kondylome. Nach einer 4wöchentl. Schmierkur lich übler Geruch aus dem Munde und ausserdem hatten heilten die Geschwüre ganz rapid, so dass der Pat. das sich an verschiedenen Stellen der Haut kleine Geschwüre Hospital verliess, obwohl eine Fortsetzung der Kur indi- gebildet, welche aber nach kurzer Zeit wieder geheilt cirt war. Schon nach 4 Wochen kehrte er mit Rupia und waren. Zuletzt kamen noch 2 kleine Geschwüre am Ekthyma zurück. Nach 6wöchentl. Gebrauch von Ricord's Nabel hinzu. Die Pat. hatte vermuthlich Quecksilber­ Pillen waren sämmtliche Erscheinungen getilgt, so dass pillen gebraucht. Pat. „geheilt“ entlassen werden konnte. Die Untersuchung ergab massig kräftige Muskulatur Es werden ausserdem noch 3 Fälle von solcher und ziemlich gute Ernährung. Die Lippen waren excoriirt, akut verlaufender Syphilis, Syphilis maligna, be­ die Schleimhaut des Mundes war in grösser Ausdehnung geschwürig zerstört, die Zunge an den Rändern ebenfalls richtet, welche alle durch Quecksilber geheilt wur­ mit Geschwüren bedeckt, die hintere Rachenwand dagegen den. frei. Starke Anschwellung der Submaxillardrüsen. An Vf. giebt eine Uebersicht der einander sehr wider­ der linken Ellenbeuge bestanden 2 kleine, umschriebene, sprechenden Ansichten über die Behandlung dev brannrothe Papeln, welche abschuppten. Uebrigens keine Lymphdrüsenschwellung; innere Organe ohne nachweis­ Syphilis maligna. N e i s s e r , bekanntlich sonst ein bar bemerkbare Abnormität. Kein Fieber. Ausser dem grösser Vertheidiger des Quecksilbers, verwirft das­ Verdacht auf Syphilis entsprach das Krankheitsbild dem selbe in solchen Fällen. Wenn aber derselbe als Regel einer schweren Stomatitis mercnrialis „in Folge des Miss­ aufstellt, dass die Medikation hier, wie überall, nicht brauchs von Quecksilber“. Späterhin entwickelten sich noch weitere syphilitische Papeln, welche die Diagnose nur von der Beschaffenheit der Krankheit, sondern nunmehr feststellten. Auf Gebrauch von Kali chloricum von der Individualität des Kranken abhänge, so besserte sich die Mundaffektion, namentlich auch der Ge­ stimmt diess nicht mit der von N. an einem ändern ruch aus dem Munde. Gegen die fortgesetzt sich ent­ Orte aufgestellten Behauptung überein, dass der Ver­ wickelnden neuen Papeln wurde Decoctum Zittmanni ver­ ordnet. Da sich unter dessen Gebrauch weitere frische such, die Ursache der galoppirenden Syphilis bei den Papeln zeigten, wurden ausserdem noch Ricord's Pillen einzelnen Kranken in schwächlicher, widerstands­ gegeben. Hierauf wurde die schon gebesserte Stomatitis unfähiger Körperbeschaffenheit zu finden, mit der wieder bösartiger, die Papeln zerflossen in Geschwüre, klinischen Erfahrung trotz speciell darauf gerichteter welche am Nabel die Grösse einer Handfläche erreichten. Neue Papeln entwickelten sich fortgesetzt. Jetzt wurden Untersuchung nicht in Einklang zu bringen sei. Auch eine Schmierkur und Sublimatbäder versucht. Diese ist es nicht verständlich, warum dann erst ein sogen, Therapie musste nach 8 Tagen wieder ausgesetzt werden, roborirendes Verfahren eingeleitet werden soll, ehe weil die Stomatitis wieder zunahm. Von Anfang October Quecksilber gegeben wird. Vf. weist allerdings auf ab hörte der Knötchenansschlag auf; es traten aber rothe Flecke in der Umgebung der Geschwüre hervor, welche 4 F. hin, in denen ohne vorhergegangenes roboriren­ sich in erbsen- bis bohnengrosse, mit Serum gefüllte Pem­ des Verfahren durch Quecksilber Heilung erzielt phigusblasen um wandelten. Diese füllten sich innerhalb wurde, allein es steht fest, dass in vielen Fällen von 24 Std. mit Eiter, wenn sie vorher nicht geplatzt waren. galoppirender Syphilis das Quecksilber Schaden ge­ Nach dem Zerplatzen trat keine Neubildung der Haut ein, sondern letztere hob sich am Rande der so entstandenen bracht hat. Geschwüre zu neuen Blasen ab. Diese Blasenerhebung Schlüsslich wird noch ein Fall von Gehirnsyphilis dauerte während des Octobers fort bis zum Tode der im Beginn des sekundären Stadium ausführlich be­ Patientin. Einzelne Blasen erreichten Hühnereigrösse. richtet, in welchem zur Zeit der Entlassung nach Fast keine Region deB Körpers, ausser Handteller und Fusssohlen, blieb von dieser Blasenbildung verschont. einer Schmierkur noch geringe Parese der rechten Gegen Ende October war der 3. Theil der Körperober­ Zungenhälfte und etwas Schwäche in den Extremi­ fläche theils mit Geschwüren bedeckt, theils der Epidermis täten bestand. Die Lähmung des Faciali3 war ganz beraubt, theils mit Blasen übersäet. Die Kr. bot einen rückgängig geworden. Wir verweisen in Bezug auf höchst bejammernswerthen Anblick u. brachte die grösste Zeit des Tags im Bade zu , wodurch die Schmerzen ge­ diesen Fall auf das Original u. heben nur hervor, dass mildert wurden. Die Therapie blieb erfolglos. Abends derselbe einen Beweis gegen die frühere Annahme kam Fieber hinzu, Oedem der Beine stellte sich ein, liefert, dass im Beginn des sekundären Stadium nur starke Diarrhöe, Delirium und im Zustande der Somno­ ganz leichte, schnell vorübergehende Hirnerscheinun- lenz trat der Tod ein. Die Sektion ergab ausser allgemeiner Lymphdrüsen­ gen aufzutreten pflegen, die Lähmungserscheinungen schwellung, den Veränderungen auf der Haut u. im Munde dagegen erst in den spätem Perioden der Syphilis und Spuren von Amyloidentartung der Nieren nichts Ab­ Vorkommen. normes. Endlich wird noch ein bemerkenswerther Fall 2) Syphilis maligna. Ein 22jähr. Mann steckte sich von Syphilis mitgetheilt, welcher einen akuten Ge­ Ende Juli 1882 mit Schanker an und wurde deshalb ört­ lich mit Jodoform und ausserdem mit der Schmierkur be­ lenkrheumatismus vortäuschte. Auch bezüglich die­ handelt. Drei Monate nach der Infektion entstanden Ge­ ses Falles muss auf das Original verwiesen werden. schwüre an den Unterschenkeln , die aus kleinen Pusteln (J. Ed m. G ttntz.)

Med. Jahrbb. Bd. 204. Hft.2. 20 154 V. Gynäkologie u. Pädiatrik.

V. Gynäkologie und Pädiatrik. 566. Zur Casuistik der angebornen Bil­entwickelt sich dann das früher schmächtige Horn dungsfehler der weiblichen Genitalien. und bleibt auch nach der Entbindung in einem kräf­ Dr. Dyhrenfnrth in Breslau (Gynäkol. Centr.- tigem Zustande. Sehr häufig übrigens findet sich Bl. VIII. 25. p. 385. 1884) fand bei einem 22jälir. beim einhörnigen Uterus das andere Horn in Form Dienstmädchen, welches vollständig das Aussehen eines Buckels nur schwach entwickelt. Hiervon konnte eines kräftigen, gut entwickelten Weibes darbot, jedoch in den erwähnten Fällen, in denen wegen der gut entwickelte Brüste und normale, gut behaarte schlaffen und weichen Bauchdecken und des weiten äussere Genitalien, beim Auseinanderziehen der La­ Beckens eine ziemlich genaue Untersuchung möglich bien einen vollkommen geschlossenen Hymen, ein war, nichts aufgefunden werden. Introitus vaginae existirte jedoch nicht. Einen Fall von Uterus et vagina duplex beob­ In diesem Hymen bemerkte man kleine Vertiefun­ achtete H. bei einer 23jähr. ledigen Person, die seit gen, nirgends aber war eine Durchlöchernug vorhanden. ihrem 15. Jahre ziemlich regelmässig menstruirt ge­ Bei der combinirten Rectaluntersuchung ergab es sich, dass der Uteruskörper klein und retroflektirt war. Da wesen war und nie geboren hatte, aber seit 1 Mon. die betr. Person angab, dass sie bereits seit ihrem an Leukorrhöe litt. 16. Lebensjahre regelmässig menstruirt sei, so bestellte Die Untersuchung ergab normale äussere Genitalien. sie D. bei der nächsten Menstruation wieder zu sich. Die Hinter dem Hymen (flmbriatus) zeigte sich ein vertikal Untersuchung zu dieser Zeit liess erkennen, dass das Blut etwas schräg stehendes, die Vagina in 2 ungleiche Hälf­ aus der Harnröhre floss. Eine Communikation derUrethra ten theilendes Septum. Die rechte Hälfte war etwas mit den innern Genitalien ■ war nicht aufzufinden. Das enger als die linke. Jede der beiden Vaginae besass eine etwa kirschgrosse Corpus uteri hatte keinen Cervikal- zierliche Vaginalportion. Das Orificium ext. war als enger kanal, sondern an dessen Stelle befand sich eine nach Querspalt zu fühlen. Die beiden Halskanäle waren in vorn und rechts verlaufende bandförmige Membran, die ihrem untern Theile durch eine kurze feste Brücke mit aber die Blase oder das Becken nicht erreichte. Ovarien, einander verbunden. Deutlich fühlte mau, wie die beiden sowie Vagina Hessen sich nicht nachweisen. Bei der Uterushörner fast rechtwinklig von einander abwichen. später wieder eintretenden Menstruation ergab die mikro­ Ferner Hessen sich die Ovarien, die Tuben als etwas em­ skopische Untersuchung des Blutes die Abwesenheit von pfindliche Stränge, sowie das Lig. rotundum deutlich nach­ zeitigen Bestandteilen der Uterusschleimhaut. Woher weisen. In den rechten Uterus drang die Sonde etwa die Blutung aus der Harnröhre stammte, blieb unerklärt. 5'/2, in den linken 6cm weit ein. Die Bartholin’sclien Weitere, etwa endoskopische Untersuchungen konnten Drüsen waren haselnussgross angeschwollen (Retentions­ nicht angeBtellt werden. cysten). Dr. J. Heitzmann (Wien. med. Presse XXV. H. hebt hervor, dass er schon früher (Spiegel­ 15. 17. 1884) theilt aus der Poliklinik des Prof. bilder I. Abth. 1883) einen analogen Fall mitgetheilt B a n d 1 folgende 2 Fälle von Uterus unicornis mit. hat, in welchem eine hartnäckige Scheidenblennor- Der 1. Fall betraf ein 17jähr. Mädchen, welches im rhöe erst dann gehoben wurde, als die Duplicität 15. J. zuerst menstruirt hatte. Die Menstruation blieb der Scheide gefunden worden war. Dass die Ge­ ein ganzes Jahr lang regelmässig, das folgende Jahr da­ burt bei Uterus et vagina duplex gut zu Ende gehen gegen hörte sie ganz auf; Pat. fing an, an Fluor albus zu leiden, es stellte sich Appetitlosigkeit und öfters auch kann, hat die Erfahrung allerdings bewiesen; im Erbrechen ein. Bei der öfters vorgenommenen Unter­ Allgemeinen aber kommen bei dieser Anomalie regel­ suchung, sowohl durch die sehr enge Vagina, als auch widrige Geburten öfter vor als bei normalen Ver­ durch Rectum und Bauchdecken, fand man eine kleine hältnissen. Rokitansky macht besonders in dieser Portio und im Anschlüsse an diese einen etwa nussgrossen Körper, mit welchem wiederum ein wurmförmiges, nach Beziehung auf das Fehlen eines Gebärmuttergrundes rechts und oben gerichtetes, 3—4 cm langes Gebilde in aufmerksam, das Organ ist dann unfähig, die nöthige Zusammenhang stand. Unter diesem lag das rechte, bei Austreibungskraft zu entwickeln. Auch mag hierbei Druck empfindliche Ovarium. Auf der linken Seite war die abnorme Lage der einen geschwängerten Uterus­ ein dem walzenförmigen Gebilde entsprechender Körper nicht aufzufinden, auch fehlte hier das Ovarium. Eine hälfte , ferner der oft ungünstige Sitz der Placenta Sondirung war wegen des beschränkten Raumes der Va­ dazu beitragen, dass solche Geburten oft mit Schwie­ gina nicht möglich. rigkeiten und Gefahren verbunden sind. (Höhn e.) Der andere Fall betrifft ein 16jähr. Mädchen, bei wel­ chem die Periode zum 2. Male eingetreten war und in Folge 567. Ueber einige Folgezustände hoch­ der langen Dauer der Blutung erhebliche Schwäche sich gradiger Erschlaffung der Beckenbauchwand; eingestellt hatte. Die Verhältnisse der Genitalorgane waren die gleichen wie in dem 1. Falle, nur konnte man von Prof. A. Hegar in Freiburg. (Deutsche med. in Folge der grössern Nachgiebigkeit der Vagina hier Wchnschr. X. 36. 1884.) sondiren. Der Uteras liess sich dann mit Leichtigkeit in die Medianlinie stellen und die Sonde drang ungefähr 6 cm Vf. macht zunächst darauf aufmerksam, dass weit ein. beim sogen. Hängebauch anatomische Veränderungen Die lang anhaltende Blutung führt H. auf das nicht nur in den Muskeln und Aponeurosen, sondern Vorhandensein einer keineswegs bedeutenden Emme- auch in dem Bauchfell mit seinen Duplikaturen u. tritis zurück. Ein Eingriff ist in solchen Fällen nicht dem von diesen eingeschlossenen Gewebe vor sich angezeigt, da das Vorhandensein eines einhörnigen gegangen sind. Ja diese Veränderungen erstrecken Uterus die geschlechtlichen Funktionen in keiner sich auch auf den Beckenboden, das Beckenzwerch­ Weise beeinträchtigt. Tritt Schwangerschaft ein, so fell, den Levator ani und auf die Fascia pelvica, V. Gynäkologie u. Pädiatrik. 155

ebenso sind auch die Ligg. sacrouterina und lata gebildet. Dieser Schlussapparat wird aber insuffi- hieran betheiligt. Die Erschlaffung der Bauchdecken cient, wenn der abdominale Druck bedeutend herab­ findet man nicht blos bei Frauen, welche Schwanger­ gesetzt wird, wie das bei Bauchbrüchen der Fall ist. schaften überstanden haben, sondern, allerdings nicht Zugleich sinkt auch der Druck im obern Theile der in den höchsten Graden, auch bei Jungfrauen und Vagina (Ampulle), was dann leicht zu hypertrophi­ Nulliparen. Hier sind als ätiologische Momente schen Zuständen führen kann. So erklärt sich schlechte Ernährung, chronische Leiden, Mangel auch der eigenthümliche Fall von Prochownik, in an körperlicher Bewegung etc. zu nennen. Bei welchem das Collum uteri elephantiasisartig anschwoll. hochgradigen Erschlaffungszuständen kann es auch, Ebenso ist dann auch der Eintritt der Blutung er­ sowohl in Folge der Bänderschlaffheit, als auch des klärlich. Diese Blutungen können selbst typisch herabgesetzten intraabdominalen Druckes, zu Dislo- werden und es ist anzunehmen, dass die Nerven, cirung und abnormer Beweglichkeit der Bauchor­ welche aus dem Lendenmark entspringen, durch die gane kommen (Nieren, Milz, Leber, Uterus, Blase, fortwährende Zerrung bei Hängebauch das Centrum Darm). Bei dem Magen können solche Erschlaffungs­ der Geschlechtsfunktionen irgendwie beeinflussen. zustände zu Dilatation führen, bei den Gedärmen Kräftige Ernährung, gute Leibbinden, nötigenfalls zu Auftreibungen durch Gase. Alle Blutgefässe die Kolpoperinäorrhaphie werden gegen diese Leiden des Unterleibes, besonders die Venen, sind stärker vom Vf. empfohlen. (Höhne.) angefüllt, resp. erweitert, was besonders deutlich 568. Ein neues Instrument zur Ausspülung bei den Hämorrhoidalgefässen und denjenigen der der Uterushöhle, die sogen. Hufeisenkanalsonde; Ligg. lata (Varicen) hervortritt. von Dr. P. Budin. (Progres med. XII. 31. 33flg. Von den Symptomen solcher Relaxationszustände 1884.) nennt Vf.: Kreuzschmerzen, Schwäche im untern Theile des Rückgrats, ziehende Schmerzen in den Als einen Mangel aller bisher in Verwendung Regg. iliacae, Gefühl von Abwärtsdrängen etc. Diese gekommenen Instrumente zur Ausspülung der Uterus­ Erscheinungen — vom Vf. als Lendenmarksymptome höhle bezeichnet Vf. den Umstand, dass der Rück­ bezeichnet — rühren ohne Zweifel von der Dehnung fluss der injicirten Flüssigkeit nicht in genügender her, welche die Nerven des Plexus lumbalis und Weise stattfindet. Vf. hat daher ein sehr einfaches sacralis zu erleiden haben. Den Kreuzschmerz leitet Instrument construirt, welches nach seinen am Vf. bei solchen Kranken auch mit davon her, dass Schlüsse mitgetheilten Erfahrungen jenen Ansprüchen in Folge der Lähmung der Bauchdecken die Thätig- vollkommen genügt. Man kann sich dieses im Ori­ keit des Rückgratstreckers eine erhöhte und unaus­ ginal abgebildete Instrument am besten vorstellen, gesetzte ist. Das Becken befindet sich nämlich bei wenn man bei einer gewöhnlichen Kanalsonde der jenem Zustande in starker Neigung, so dass die ganzen Länge nach einen rinnenförmigen Eindruck Lendenwirbelsäule stark lordotisch gekrümmt ist. gemacht sich denkt. Diese Vertiefung muss aber Auf diese Weise fällt der Schwerpunkt des Ober­ nur so weit gehen, dass der Innenraum der Sonde körpers nach vorn; der Verlagerung des Gewichts noch weit genug ist, um die eingespritzte Flüssigkeit nach vorn arbeiten nun die Rückenstrecker entgegen, bequem durchzulassen. An dem zuerst einzuführen- Vf. bezeichnet sie als das Spannseil. Das umge­ den gerundeten und etwas gebogenen Ende des In­ kehrte Verhältniss findet statt bei der von Duchenne strumentes sind seitliche Oeffnungen zum Austritt beschriebenen Lähmung des Rückenstreckers. Hier der Flüssigkeit in die Uterushöhle angebracht. Das wird das Spannseil von den Muskeln des Bauches hintere Ende besitzt ein Ansatzstück für den mit und der vorderen Fläche des Oberkörpers gebildet, einem Gefässe verbundenen Gummischlauch. Findet da der Schwerpunkt des Oberkörpers nach hinten nun die Flüssigkeit bei erhobenem Gefässe und nach verlegt ist. Einführung des Instrumentes in die Uterushöhle ihren Bemerkenswerth sind die Beobachtungen, welche Weg dahin durch das geschlossene Rohr, so fliesst Vf. an Frauen machte, an welchen die Castration dieselbe nach Eintritt in die Uterushöhle durch jene vorgenommen worden war. Wenn dieselben sich von Rinne, welche nun durch die Uteruswände umgeben Anstrengungen fern hielten und die verordnete Bauch­ wird, bequem wieder aus, ohne dass eine Verstopfung binde trugen, befanden sie sich wohl, Blutabgänge durch Blutcoagula u. s. w. entstehen kann, wie es fanden nicht statt. Sobald die Operirten aber die oft bei der doppelläufigen Sonde vorkommt. Noch Bauchbinde weglegten und anstrengende Arbeiten deutlicher lassen sich diese Verhältnisse veranschau­ unternahmen, traten Rückenschmerzen und die übrigen lichen, wenn man einen Querschnitt dieses Instrumen­ nervösen Symptome auf, auch zeigte sich Blutabgang tes betrachtet. Derselbe hat naturgemäss die Form und es bildete sich ein Bauchbruch. Vf. erklärt eines Hufeisens. Vf. hat 6 verschiedene Grössen in sich diese Erscheinung so, dass nach der Operation ihren Querschnitten abbilden lassen. oft durch Entzündung hervorgerufene Verwachsungen Für die Richtigkeit dieser Anschauungen spricht entstehen, wodurch zugleich der Uterus gewöhnlich auch das Experiment. Wurde nämlich ein bimför­ gut befestigt wird. Durch den normalen intraabdo- miger Kautschukballon mit einer bestimmten Menge minaleu Druck legt sich nun die vordere Vaginal- Sägespänen angefüllt und dann durch die oben er­ waud fest an die hintere au und es wird so ein Schluss wähnte Sonde mit einer bestimmten Quantität Wasser 156 V. Gynäkologie u. Pädiatrik. ausgespritzt, so lief letzteres in ganz befriedigender 569. Was heisst „unteres Uterinsegment“P Weise durch jene Rinne vollständig wieder aus. Beantwortet von Prof. Lahs. (Arch. f. Gynäkol. Die Vorzüge dieses Instrumentes sind nach Vf. XXIII. p. 215. 1884.) folgende. 1) Das Zurückfliessen der injicirten Flüs­ Ueber die verschiedenen Auffassungen betr. des sigkeit ist durch die Hufeisenform gesichert. — 2) Die Verhaltens der Cervix in der Schwangerschaft haben leichte Krümmung der Sonde, die glatten und sanft wir schon wiederholt berichtet (Jahrbb. CLXXVII. gebogenen Ränder der Rinne erleichtern die Einfüh­ p. 47, CLXXVIII. p. 157, CLXXXI. p. 145). Prof. rung. — 3) Da keine Blutgerinnsel und Gewebs- Schatz (vgl. Jahrbb. CC. p. 143) kann sich be­ fetzen in das Innere des Instrumentes eindringen kanntlich mit der Bezeichnung „unteres Uterinseg­ können, so ist es schon hinreichend, vor der Injek­ ment“ nicht einverstanden erklären. Prof. Lahs tion eine desinficirende Flüssigkeit durch die Sonde dagegen will diesen von ihm schon früher gebrauch­ laufen zu lassen. ten Ausdruck beibehalten und rechtfertigt diess durch In Bezug auf das Material, aus dem das Instru­ folgende Darlegung. Er vindicirt dem untern Uterin­ ment gefertigt werden soll, hat Vf. verschiedene Ver­ segmente eine obere und eine untere Grenze. Nur suche angestellt. Sowohl die aus Metall, als aus im Anfänge der Geburt lässt sich Cervix und unteres Glas gefertigten Sonden zeigten verschiedene Nach­ Segment unterscheiden, im vorgeschrittenen Stadium theile. Vf. kam endlich auf den Gedanken, diesel­ dagegen, wo der Cervikalkanal bis zum äussern ben aus Celluloid herstellen zu lassen und, aus die­ Muttermunde vollständig ausgebreitet ist, kann for­ sem Material gefertigt, entsprechen sie allen Anfor­ mell doch nur vom untern Segment die Rede sein. derungen. Sie besitzen eine gewisse Elasticität und Die obere Grenze des untern Uterinabschnittes ist Weichheit, welche letztere durch warmes Wasser Das, was man bisher mit dem Namen .ßraime’sches erhöht wird, dadurch aber schmiegt sich das Instru­ Os internum, Contraktionsring, mechanischer oder ment allen Biegungen der Uterushöhle leicht an. klinischer Muttermund bezeichnete. Diese Grenze Ferner besitzt dieses Material einen gewissen Grad wird aber nach L. besser Beckeneingangsstriktur von Durchsichtigkeit und man kann so leicht erken­ benannt. Als die erste Ursache dieser Striktur sieht nen, ob ein fremder Körper in dem Innern des In­ er eben den Beckeneingang an, welcher, aus knö­ strumentes sich befindet. Endlich wird das Mate­ chernen Wandungen bestehend, den Uterus an seiner rial durch alle zum Ausspülen gebrauchten anti­ Ausdehnung hindert, dieselbe kommt oberhalb des septischen Flüssigkeiten durchaus nicht verändert Beckeneinganges zu Stande. Auch nach unten findet (nur Aether löst es auf). Man kann das Instru­ in beschränkter Weise durch das Gewicht des Uterus­ ment in einer solchen Flüssigkeit gleich auf bewahren. inhaltes, ferner durch die Bauchpresse eine Ausdeh­ Vf. hat solche Sonden von 5— 15 mm Durchm. an­ nung der Gebärmutter statt. Alles vom Uterus, was fertigen lassen. Uebrigens lässt sich dieses Instru­ unterhalb der Beckeneingangsstriktur liegt, ist das ment auch recht gut für andere Hohlorgane (Blase) untere Segment desselben. oder Höhlen (Eiterhöhlen) verwenden. Als Beweis Demnach sind die Vaginalportion, der Cervikal­ für den guten Erfolg, welchen diese Methode der kanal , das Os externum und der Müller'sehe Ring Ausspülung der Uterinhöhle stets gehabt hat (seit Theile des untern Uterinsegments. Besonders hebt 18 Mon. in Gebrauch), führt Vf. mehrere ausführ­ aber L. noch hervor, dass der Müller’&ihe Ring nicht liche Beobachtungen an, welche jedoch übrigens ein und dasselbe sei, was beim nichtschwangern kein Interesse darbieten. Uterus das Os internum ist. In der letzten Zeit der Wir schliessen hieran gleich die von Dr. R. H e r- Schwangerschaft und während der Geburt ist es am d e g e n in Milwaukee gegebene Beschreibung eines besten, von der Bezeichnung Collum und Cervix uteri amerikanischen Irrigations - Apparates (Gynäkol. ganz abzusehen, man hat es zu dieser Zeit eben nur Centr.-Bl. VIII. 16. p. 245. 1884). mit dem untern Uterinsegment zu thun. „Die sogen. Fountain-Syringe ist ein gewöhnlicher (Höhn e.) Irrigator, an dem der metallne oder gläserne Wasserbehäl­ ter durch einen zusammenlegbaren weichen Behälter aus 570. Vicariirende Menstruation und Men- Gummistoff ersetzt ist. Dieses Wasserreservoir von der Gestalt der bocksbeutelflaschenförmigen Eisbeutel hat strualexanthem e; von Dr. J. Heitzmann. oben einen di^Eingiessöffnung offen haltenden Metallring, (Wien. med. Jahrbb. 1884. p. 1— 37.) 3 cm im Durchmesser, mit Vorrichtung zum Aufhängen, im Grunde deh praktisch eingepassten Schlauch. Länge Es sind zwar ziemlich viele Fälle als Menstruatio und Kaliber des Schlauches, Ansatzstücke, gerade oder vicaria veröffentlicht worden, allein es ist sehr nöthig, gekrümmt, aus Glas oder Hartgummi, Quetsch- oder unter diesen Fällen diejenigen von wirklicher Men­ anderer Hahn : nach Belieben, ebenso die Grösse. Die wei­ struatio vic. auszuwählen. Eine wesentliche Bedin­ teste Nummer hält IV2 Liter. Das Material ist sehr gut und schadet weder das heisseste Wasser, noch das feste gung für dieselbe ist die Periodicität. Doch kann Zusammenwickeln im geburtshülflichen Etui. “ In Ame­ man auch, wo diese stattfindet, nicht immer von vica- rika kostet der Apparat 8 Mk., H. glaubt aber, dass der­ riirender Menstruation sprechen. Vf. erinnert in die­ selbe in Deutschland würde billiger herzustellen sein. ser Beziehung an die periodisch auftretenden Blutun­ Die Redaktion des Centr.-Bl. hebt jedoch hervor, dass dieser Apparat schon vor 10 J. von Dr. S c h ü c k in g gen bei Männern oder Frauen im klimakterischen (Pyrmont) angegeben worden sei. (H öhne.) Alter. V. Gynäkologie'u. Pädiatrik. 167

Bevor Vf. weiter auf die Menstr. vic. eingeht, die wahre Menstruation ist das Auftreten zur Zeit der beleuchtet er die Bedeutung der normalen Menstrua­ Geschlechtsreife anzusehen. Alle Blutungen, mögen tion für den weiblichen Gesammtorganismus. Früher sie periodisch wiederkehren und selbst aus den Ge­ nahm man an, dass in Folge von Reifung und Lö­ schlechtsorganen stammen, will Vf. nicht zu den sung eines Eichens im Ovarium eine Hyperämie der menstrualen Blutungen gerechnet wissen, wenn sie Schleimhaut und hiermit alle Erscheinungen der Men­ entweder vor oder nach der Zeit der Geschlechtsreife struation einträten. Folgerichtig musste nun eine Vorkommen. Der Zweck u. die Aufgabe der Menstrua­ Menstruationsstörung auf eine Störung der Funktion tion ist noch nicht endgültig festgestellt, selbst die der Ovarien zurückgeführt werden. Durch neuere Sigismund ’sclie Erklärung (Berl. klin. Wchnschr. Untersuchungen ist es aber erwiesen, dass die Men­ IX. 1872) ist durch neuere Beobachtungen hinfällig struation von der Ovulation nicht unbedingt abhängig geworden (W. F. B e n h a m , Ueber die Beweiskraft ist, eine Thatsache, auf welche schon früher die Fälle des Corp. lut. für Schwangerschaft etc. Edinb. med. hinwiesen, in welchen während der Schwangerschaft Journ. Aug. 1873). die Menstruation ihren ungestörten Fortgang nahm. Bei den genauer beobachteten Fällen von vica- Noch mehr wurde aber die frühere Anschauung zwei­ riirender Menstruation fanden sich Abnormitäten oder felhaft durch die Erfahrung, dass die Menstruation Erkrankungen der Gebärmutter oder ihrer Nachbar­ in einzelnen Fällen nach Exstirpation der Eierstöcke schaft. Besonders häufig zeigte sich der Uterus ab­ regelmässig wiederkehrte. Endlich weist Vf. auf die norm klein, entweder also in der Entwicklung zurück- von Leopold an Ovarien gemachten Beobachtun­ stehend oder vorzeitig in der Rückbildung begriffen. gen hin, wodurch vollends die alte Anschauung über Was die Lokalisation der Blutung betrifft, so kann den Zusammenhang der Menstruation mit der Ovula­ sie erfolgen entweder auf der gesunden, normalen tion widerlegt wurde. Was die physiologischen Vor­ Schleimhaut irgend eines Organs — Mastdarm, Blase, gänge bei der Menstruation selbst betrifft, so haben Magen, Lungen, Nase — , oder die Blutung zeigt die neuern Untersuchungen (Kundrat u. Engel­ sich an irgend einer pathologisch veränderten Stelle mann, Rüge und Mörickc, Leopold u. s. w.) — Narben, Wunden, Geschwüre. Vf. führt meh­ im Ganzen zu einem befriedigenden Resultate geführt. rere Beispiele aus der Literatur an, aus welchen zu­ Dagegen ist es der Physiologie noch nicht gelungen, nächst hervorgeht, dass die zur Zeit der Menstruation in Betreff der Periodicität der Menstruation eine be­ eintretende Congestion auch auf andere Theile des gründete Erklärung zu geben. Es kann eben nur Organismus mit übergeht; liegt nun irgend eine Be­ im Allgemeinen angenommen weiden, dass es eine hinderung des Blutabganges aus den Genitalien vor, specifiscbe Thätigkeit der die Gebärmutter versorgen­ so sucht die Natur, um das gestörte Gleichgewicht den vasomotorischen Nervencentren giebt, durch in der Blutvertheilung wieder herzustellen, einen welche eine typisch wiederkehrende Schleimhaut­ ändern Ausweg. Falls aber die die menstruale Con- hyperämie hervorgerufen wird. Obwohl es nun für gestion auslösenden Nervencentren fortfunktioniren, die vicariirende Menstruation eben so wenig eine ge­ so wird der Ausweg an der Stelle gewählt werden, nügende Erklärung giebt, wie für die periodische welche den geringsten Widerstand leisten kann — Blutung ans den Sexualorganen, so ist die Thatsache Locus minoris resistentiae. Am häufigsten findet die doch schon bedeutsam, dass diese periodisch wieder­ Blutung aus der Nase statt, sodann aus den Lungen; kehrende Turgescenz und Hyperämie sich nicht blos in 3. Reihe stehen die Magenblutungen. Die sogen. auf die Geschlechtsorgane erstreckt, sondern dass Menstrualgeschwüre findet man bei Frauen, deren zur Zeit der Periode eine allgemeine Blutdruckstei­ Periode ganz unregelmässig ist oder auch ganz auf­ gerung im ganzen Organismus stattfindet. So hat gehört hat. Zu der Zeit, wo die Menstruation ein- man beobachtet, dass bei manchen weiblichen Indivi­ treten sollte, bluten diese Geschwüre oder sondern duen zur Zeit der Periode sich regelmässig Husten­ auffallend viel Eiter ab. anfälle mit Schleimauswurf einstellten, auch die oft Vf. theilt ausführlicher 2 in der Wiener allgem. vorkommenden Kopfschmerzen bei der Menstruation Poliklinik unter Prof. B an dl beobachtete Fälle mit. deuten auf eine Congestion nach diesem Theile hin. Bei beiden betr. Mädchen — die eine im Alter von Aus noch verschiedenen ändern Beobachtungen geht 16, die andere von 21 Jahren — war die Menstrua­ also hervor, dass zur Zeit der Menstruation ein tion noch gar nicht eingetreten. Statt derselben stell­ physiologischer Vorgang sich abspielt, welcher nicht ten sich monatlich Schwellungen der Unterextremi­ ausschliesslich auf das Genitalsystem beschränkt ist. täten ein und gleichzeitig entstanden Blutaustritte Hiermit ist nun auch das Unterscheidungsmerkmal unter die Haut von grösserem und kleinerem Um­ zwischen menstrualer und nicht (pseudo-) menstrualer fange. Auch diese Erscheinungen erklärt Vf. aus Blutung gegeben, insofern jede mit den Erscheinun­ dem gesteigerten Blutdrucke. In beiden Fällen gen der Congestion einhergehende Blutung des in­ wurde die Schleimhaut der Genitalien unentwickelt takten Endometrium als wahre Menstruation aufzu­ befunden, in der Art, dass sie zur menstrualen Funk­ fassen ist. Die Periodicität allein giebt hierbei nicht tion untauglich war. Der Ausgleich fand durch die den Ausschlag; sie kann hier und da bei der wahren Haut statt, und zwar der Extremitäten, vielleicht des­ Menstruation fehlen und bei nicht menstrualen Blu­ halb, weil die betr. Personen schwere Arbeit zu ver­ tungen vorhanden sein. Als 2. Charakteristikum für liebten hatten und dadurch schon eine venöse Stau­ 158 V. Gynäkologie u. Pädiatrik. ung an den Extremitäten sich bilden musste. Die Wenn es hiernach recht gut erklärlich ist, dass übrigen Organe, wie Lungen, Ilerz u. s. w., waren Störungen in den weiblichen Sexualorganen auch bei diesen Mädchen vollständig gesund und normal. solche in den Verdauungsorganen hervorbringen Die Auffassung des Vf. in diesen beiden Fällen er­ können, so muss auf der ändern Seite hervorgehoben wies sich als richtig; denn nach der Behandlung, werden, dass es meist nur bestimmte krankhafte welche in Sondirung des Uterus und Bekämpfung des oder abnorme Zustände der Geschlechtsorgane sind, Collumkatarrhes mittels der B andt achen Kanüle be­ welche Veranlassung zur sogen. Dyspepsia uterina stand, blieben jene Schwellung und Blutaustritte weg geben. Solche Zustände sind Lageveränderungen und es stellte sich in Folge wiederholter Reizung des des Uterus, ferner durch irgend welche Ursachen be­ Endometrium regelmässig die Periode ein. Uebri- wirkte Vergrösserung desselben (Myome, chronische gcns sind auch Fälle bekannt, in denen nicht die Metritis, Schwangerschaft u. s. w.); ferner auch grosse Extremitäten, sondern das Gesicht, die Brüste u. s. w. Beckenexsudate, Ovarialtumoren und tiefgehende Ge­ Sitz des Oedems und der Sugillationen wurden. schwüre der Cervix uteri. Unter den Lageverände­ Die Haut kann aber noch in anderer Weise be­ rungen sind für die Dyspepsia uterina besonders die theiligt sein, indem sich Menstrualexaniheme bilden. Retroflexionen von Bedeutung. Dagegen üben nun Hierfür bringt Vf. mehrere Beispiele aus der Lite­ nach den Erfahrungen des Vfs. die Krankheiten, die ratur ; manche dieser Fälle sind jedoch nicht sicher sich auf die Schleimhaut der weiblichen Genitalorgane als Menstrualexantheme anzusehen. Dagegen bat beziehen (Entzündungen der Vulva und Vagina, der Vf. selbst 2 sehr ausgeprägte Fälle beobachtet, Uterusschleimhaut), nicht jenen störenden Einfluss welche ausführlicher mitgetheilt werden. Auch in auf die Verdauungsorgane aus, und zwar wahrschein­ diesen Fällen wurden die Genitalorgane noch nicht lich deshalb, weil in den tiefem Schichten des Uterus vollständig entwickelt gefunden. Bei beiden Per­ die markhaltigen Nervenfasern immer spärlicher wer­ sonen (20 und 17 Jahre alt) zeigten sich periodisch den und die Sensibilität der Uterusschleimhaut eine wiederkehrende Hautausschläge mit starkem Jucken sehr geringe ist (vgl. die Untersuchung von Fran­ verbunden; das eine Mädchen hatte die Menstruation kenhäuser). noch gar nicht gehabt, bei dem 2. war sie sehr un­ Vf. geht nun zu den Symptomen der uterinen regelmässig. Letzteres wurde vom Vf. längere Zeit Dyspepsie über. Appetitlosigkeit ist nicht constant, behandelt (mit dem Wärmeregulator), so dass voll­ dagegen tritt meist saures Aufstossen, Sodbrennen, ständige Regelmässigkeit der Menstruation eintrat Schmerz nach Einnahme von Speisen, zuweilen nach und das Exanthem ganz wegblieb. (Höhne.) jeder Mahlzeit sich wiederholendes Erbrechen ein. Dabei wird über Luftansammlung im Magen und 571. Dyspepsia uterina; von Dr. E. H.Darm neben Stuhl Verstopfung geklagt. Nach den Kisch. (Berl. klin. Wchnschr. XX. 18. p. 263. Untersuchungen des Vfs. dauert die Magenverdauung 1883.) länger als normal, wahrscheinlich ist auch hier die Vorliegende Arbeit handelt von den bei Frauen Acidität des Magensaftes abnorm vermehrt. In einem so häufig beobachteten Verdauungsstörungen, welche Falle beobachtete Vf. bei einer mit uteriner Dys­ bei Fehlen irgend eines organischen Leidens des pepsie hehafteten Person das von Kussmaul be­ Magens oder Darms durch Erkrankungen des weib­ schriebene und „peristaltische Unruhe des Magens“ lichen Genitalapparates auf dem Wege des Reflexes benannte Phänomen ( Volkmann’s klin. Vorträge hervorgerufen werden. Nr. 181). Zu diesen Symptomen treten nun noch Es ist experimentell erwiesen (Kretschy: allgemeinere hinzu, wie Neuralgien, Herzklopfen, Deutsches Arch. f. klin. Med. 1876; Fleischer: Schwindel, Kopfschmerz, nervöses Asthma. Schmerz­ Berl. klin. Wchnschr. 1882), dass durch Vorgänge punkte sind bei der Untersuchung der Brustwirbel in den weiblichen Sexualorganen die Magenverdauung nicht nachzuweisen, was Vf. besonders hervorhebt, beeinflusst wird. So ändert sich z. B. die Curve da von Leyden (Klinik der Rückenmarkskrank­ der Säure des Magens, wenn die Menses eintreten, heiten) darauf aufmerksam gemacht wird-, dass sie und wird wieder normal, wenn dieselben vorüber bei mit Rückenmarkserkrankung zusammenhängenden sind. In Folge dieser Veränderung geht die Ver­ Magenleiden am häufigsten der Sitz des Schmerz­ dauung während der Periode viel langsamer vor sich. punktes seien. Es ist wohl als natürlich anzusehen, Weiter ist es bekannt, dass Erregungen vom weib­ dass solche Kranke nach längerem Bestehen der lichen Genitaläpparate aus auf das Brechcentrum — Krankheit körperlich und psychisch (Melancholie möglicher Weise mit dem Athmungscentrum identisch u. s. w.) herunterkommen. (Grimm und G r e v e) — reflektorisch wirken. Der Verwechselt kann die Dyspepsia uterina werden Nerv, welcher hauptsächlich den Magen mit moto­ (und es ist die Differentialdiagnose oft recht schwie­ rischen Fasern versorgt, ist der Vagus, ausserdem rig zu stellen): 1) mit chronischem Magenkatarrh; gehen wahrscheinlich auch vom Sympathicus moto­ bei diesem sind aber die Appetitlosigkeit und die rische Fäden zu diesem Organe hin. Endlich ist Veränderungen der Mundschleimhaut viel constanter von Pflüger nach ge wiesen, dass von den Central­ und treten mehr in den Vordergrund; — 2) mit organen des Nervensystems nach dem Muskelapparat Magengeschwür; hier könnte etwa das paroxysmen- des Darms bewegunghemmende Fasern ausgehen. artige Auftreten der Schmerzen und etwaige blutige V. Gynäkologie u. Pädiatrik. 159

Beimengung im Erbrochenen vor Irrthum schützen. Zustande vollster Prostration, mit kalten Extremitäten Endlich könnte auch 3) Magencarcinom vorliegen; u. schwachem Puls in das Spital aufgenommen wurde. zur Gewissheit würde diese Diagnose werden, wenn Nachdem ein Pflaster auf das Epigastrium, sowie die Sexualorgane keine die Dyspepsia uterina her- 4 Tropfen verdünnter Blausäure mit 10 Tropfen Aq. vorrnfenden Veränderungen zeigten, dagegen sich Laurocerasi in einem Dessertlöffel Eiswasser, aller Geschwulst am Magen constatiren Hesse. Mit der 3 Std. ohne Erfolg angewendet worden waren und von L e u b e sogen, nervösen Dyspepsie, darf die die Schwäche immer wieder zugenommen hatte, wurde uterine nicht verwechselt werden , da bei jener von aller 3 Std. ein Nährklystir applicirt, worauf sich den Magennerven aus ein störender Einfluss auf das der Zustand am folgenden Morgen so weit gebessert Nervensystem ausgeht, bei dieser hingegen das um­ hatte, dass Pat. Eiswasser in kleinen Quantitäten gekehrte Verhältniss stattfindet und die Magenthätig- schlucken konnte und bei sich behielt. Da das keit vom Nervensystem aus auf reflektorischem Wege Rectum durch die Klystire etwas gereizt wurde, so beeinflusst wird. liess Vf. letzteren eine kleine Menge Opiumtinktur Die Prognose der uterinen Dyspepsie ist im All­ zusetzen. Das Erbrechen hörte bald ganz auf, Pat. gemeinen nicht günstig, da die ihr zu Grunde lie­ konnte allmälig wieder auf dem gewöhnlichen Wege genden Leiden oft sehr schwer zu heben sind und Nahrung zu sich nehmen und genas vollständig nur mit deren Entfernung oder Besserung auch die wieder. Dyspepsie weichen wird. Hiermit ist zugleich ge­ Die angewendeten Nährklystire bestanden aus sagt, welchen Weg die Therapie einzuschlagen hat. 60 g Beef-tea u. 30 g Milch, welcher, auf ca. 20° C. Vor Allem muss eben dahin gestrebt werden, das erhitzten, Mischung dann noch ein Theelöffel voll Grundübel zu heben oder zu vermindern; ist dieses Beuger ’scher Pankreasflüssigkeit, sowie ein Dessert­ nicht möglich, so bleibt freilich nur eine symptoma­ löffel Brandy zugesetzt, und die Mischung dann in der tische Behandlung übrig. Bei dem Erbrechen der Temperatur der Blutwärme applicirt wurde. Die Schwängern, welches Vf. von dem Druck des im Quantität eines solchen Klystirs soll 120 g nicht kleinen Becken sich vergrössernden Uterus ableitet, überschreiten, da das Klystir sonst leicht wieder aus­ wird ja Nachlass eintreten, sobald der Uterus aus geleert wird; bei erhöhter Reizbarkeit des Darms dem kleinen Becken emporsteigt. Wenn aber zu­ setzt man, wie bereits oben erwähnt, einige Tropfen gleich eine Lageanomalie des schwängern Uterus Opiumtinktur zu. (K r u g.) vorhanden ist, so kann ein solcher Reiz hervor­ gebracht werden, dass es zum sogen, unstillbaren 573. Zur Casuistik des Dystocien. Erbrechen kommt. [Hierdurch allein dürflte aber Dr. A. Roger (Gaz. des Höp. 23.1884.) theilt wohl kaum das unstillbare Erbrechen erklärt sein, folgenden Fall mit, in welchem das Geburtshinder- da auch Fälle bekannt sind, wo selbst bei der Sek­ niss durch Hydrocephalus des Kindes bedingt war. tion keine Erkrankung oder sonstige Veränderungen Bei einer 36jähr. Frau, welche vor 20 Mon. ein Kind in den Sexualorganen nachgewiesen werden konnte, normal geboren hatte, fand R. Truncns und Schultern des ganz abgesehen davon, dass bei einer fortdauernden in Steisslage befindlichen Kindes bereits geboren. Ein Ursache, wie Lageveränderungen u. s. w., das Er­ Arzt hatte bereits vergeblich versucht, mittels Einbringens brechen nicht wie in vielen Fällen in Folge starker des Fingers, dann auch des stumpfen Hakens in die Mund­ höhle, den Kopf herabzuleiten. Der Hals war verlängert, Gemüthserregungen mit einem Male für immer ver­ der Kopf stand aber am obern Beckenringe, das Kinn lag schwinden könnte.] nach der Sacralgegend hin, das Occiput oberhalb des Os Da bei der uterinen Dyspepsie nachgewiesener pubis, der Unterkiefer war fracturirt. Beim Entblössen der Frau fiel der ungewöhnlich grosse Umfang des Ab­ Maassen die Acidität des Magensaftes erhöht ist, so domen auf, welcher trotz der bereits erfolgten Austreibung empfiehlt Vf. bei der symptomatischen Behandlung des Kindeskörpers noch derselbe war, wie bei einer am den Gebrauch kohlensaurer Alkalien und des Glauber­ Ende der Schwangerschaft stehenden Frau, während salzes. Die Diät muss eine leichte, kräftige und der Fundus uteri noch 4 —5 cm über der Nabelgegend nicht zu reizende sein. Besondern Werth aber bei stand; dabei fühlte man einen starken resistenten Tumor durch, so dass R. im ersten Augenblicke an eine ZwilliDgs- der Behandlung der uterinen Dyspepsie legt Vf. auf schwangerschaft dachte. Alle Versuche, mit der einge­ die Balneotherapie u. hier werden besonders Marien­ führten Hand den Kopf zu lockern, selbst nachdem R. bad, Franzensbad, Elster genannt. mit einem Finger in die Orbita des inzwischen gestorbenen Am Schlüsse theilt Vf. aus seiner Marienbader Kindes eingedrungen war, blieben erfolglos, ebenso glitten die am Hinterhaupte angelegten Zangenlöffel ab, ja bei Kurpraxis noch 2 Fälle mit, in welchen nach glück­ gleichzeitigem Ziehen des zweiten Arztes am Kindeskörper lich gelungener Behandlung des Grundleidens (Retro- riss letzterer an der Halsgegend ab, sodassnurderKindes- flexio uteri) alle Symptome der uterinen Dyspepsie kopf im Uterus zurückblieb. R. entschloss sich jetzt zur in über Erwarten kurzer Zeit verschwanden. Perforation und stiess die Cephalotribe durch das Fora- men occipitale ein, wobei eine Menge seröser, mit Hirn­ (Höhn e.) masse vermischter Flüssigkeit (ca. 500 g) hervorstürzte. 572. Nutaen der Nahrklystire bei schweremDer Kopf wurde dann nochmals mit der Zange gefasst und reflektorischen Erbrechen j von E. J. B. Quin- unter gleichzeitigem Zug an dem zurückgebliebenen Hals­ lan. (Lancet. II. 24; Dec. 1883.) reste entwickelt. Derselbe machte den Eindruck eines Kautschukballons, seine einzelnen Knochen standen weit Eine 21 J. alte Frau litt seit 6 Tagen an c o n - von einander ab und liessen sich, ohne zu zerbrechen, über­ tinuirlichem uterinen R eflex-E rbrechen, so dass sie im einander schieben. Bald darauf ging die Placenta ab, ICO V. Gynäkologie u. Pädiatrik. die Gebärmutter contrahirte sich normal. Die durch den 575. Ueber die phosphor- und schwefel­ Gebärakt nicht wesentlich geschwächte Frau zeigte nor­ sauren Verbindungen des Harns in den ersten malen Puls und erholte sich schnell. Tagen des W ochenbettes; von Dr. J.Gramma- In dem von Dr. v. Langsdorff (Gynäkol. tikati in St. Petersburg. (Gynäkol. Centr.-Bl. Centr.-Bl. VIII. 46. 1883.) veröffentlichten Palle VIII. 30. p. 467. 1884.) bildete eine eigenthümliche Neubildung in der mütter­ Vf. hat seine Untersuchungen in der Klinik des lichen Vagina das Geburtshindernisa. Prof. Slawjansky angestellt. Ueber das Ver­ Eine seit 2 J. verheirathete, 33jähr. Frau stand am halten der phosphors. Verbindungen im Harne der Ende ihrer ersten Schwangerschaft. Die Wehen waren Wöchnerinnen sind allerdings schon von W i n c k e l normal eingetreten, das Wasser war abgeflossen, obschon (1865), Henrichsen (1866) u. Klein wächter aber die Wehen stark waren, rückte der in 1. Lage be­ findliche Kopf nicht vor. Die Hebamme hatte eine Ver­ (1876) veröffentlicht worden. Specielle Unter­ engerung der Scheide gefunden und liess deshalb v. L. suchungen über die schwefels. Salze im Harne der rufen. Derselbe fühlte bei der Untersuchung der höchst Wöchnerinnen sind dagegen noch nicht angestellt aufgeregten Frau an der vordem Vaginalwand unterhalb worden. Diese Lücke empfand Vf. ganz beson­ der Insertion der Scheide an das Collum uteri einen scharfrandigen klappenartigen Vorsprung, welcher den ders in einem Falle von akuter Leberatrophie bei Kopf des Kindes zurückhielt. Mit grösser Mühe wurde einer Wöchnerin, wo der Harn eine grosse Menge der Kopf mittels der Zange so weit heruntergebracht, dass von Sul phaten enthielt; ein Vergleich mit den norma­ man den Schädel theilweise zu Gesicht bekommen konnte. len Verhältnissen konnte aber aus obigem Grunde Beim Aaseinanderhalten der Labien gewahrte man nun eine über den Scheitel des Kindes fest angespannte band­ nicht angestellt werden. artige Masse, welche von den Scheidenwänden aasging, Bei den im Ganzen 46 Analysen, welchc Vf. 2 Querfinger breit und in der Mitte kleinfingerdick war. mit dem Harne gesunder Wöchnerinnen vornahm, Nach Trennung dieses Bandes mittels eines geknöpften wurde nach der Titrirmethode verfahren — essig- Bistouri ging die Extraktion des Kindes leicht von Statten. Die Blutung nach Durchtrennung des Bandes war ziem­ saures Uran für Phosphate, Chlorbaryum für Snl- lich bedeutend, das Wochenbett verlief jedoch ohne Stö­ phate. Aus den hierbei aufgestellten Tabellen geht rung. (H öhne.) zunächst für die phosphorsauren Verbindungen des normalen Harns der Wöchnerinnen hervor, dass das 574. Zwei Fälle von Retention der Pla-Maximum der täglichen Menge auf den 1. Tag centa in Folge von Uteruskrampf; von Dr. C. nach der Geburt fällt; am 2. Tage sinkt die Menge Betty. (Gaz. des Höp. 95. p. 754. 1884.) und steigt am 3. und 4. Tage wieder an ; fällt aber Eine junge Frau hatte am normalen Ende ihrer vom 5. Tage an wieder. Die zweite Steigung 1. Schwangerschaft ohne Kunsthülfe ein Kind geboren. (3. un^ 4. Tag) hängt wahrscheinlich mit dem Ein­ Die Nachgeburt dagegen ging nicht ab, obgleich man die­ tritte der Milchsekretion zusammen; mit welchem, selbe durch vorsichtiges Ziehen an der Nabelschnur herauszubefordem gesucht hatte. Vf., welcher mehr als wie Vf. an einem ändern Orte (Russ. Medicin 1884. 2 Std. nach der Austreibung des Kindes bei der Entbun­ Nr. 8) nachgewiesen hat, eine grössere Ausschei­ denen ankam, konnte im linken Hypochondrium den dung der Stickstoffbestandtheile durch den Harn vollkommen zusammengezogenen Uterus leicht durch­ auftritt. Im Allgemeinen ist das Resultat Uber die fühlen. Bei der Vaginaluntersnchung fand sich die Nabel­ schnur durch den innern Muttermund fest znsammen- Phosphate übereinstimmend mit dem von Klein- geschnürt und beim Vordringen mit dem Finger wurden wächter. Die mittlere tägliche Menge der Phos­ heftige Schmerzen hervorgerufen. Es wurden nunmehr phate ist nach den Analysen des Vfs. 1.678 g, die k e i n e Extraktionsversuche weiter angestellt, sondern Anti- Mittelzahl dagegen aus allen frühem Untersuchun­ spasmodika angewendet, allein 48 Std. nach Anstreibung des Kindes war die Nachgeburt noch immer nicht abge­ gen ist 1.576 Gramm. gangen. Der Allgemeinzustand war übrigens zufrieden­ Die mittlere tägliche Menge der schwefelsauren stellend, der Puls ruhig, kein Fieber vorhanden. Da Verbindungen hat Winckel nach 12 Analysen auf jedoch dieser Zustand die Wöchnerin sowohl, als deren 1.248 g bestimmt. Aus den 46 Analysen des Vfs. Familie zu beunruhigen anfing, leitete Vf. die Chloroform­ narkose ein, worauf er mit Leichtigkeit mit der Hand bis ergiebt sich 1.433 g als Mittelzahl für die tägliche in den Fundus nteri Vordringen und die nirgends fest­ Menge der Sulphate. Bei diesen, wie bei den Phos­ sitzende Placenta erfassen und herausbefördem konnte. phaten wird normaler Weise durchschnittlich nie Es war somit anzunehmen, dass der Spasmus des Collum über 2 g mit dem Harne ausgeschieden. Die Sul­ uteri die einzige Ursache der Retention gewesen war. phate steigen besonders am 4. Tage hoch und fallen Auch dei* 2. Fall betraf eine junge Erstgebärende, vom 5. an wieder ab. welche leicht , aber etwas schnell mit einem lebenden Kinde niedergekommen war. Nach Abnabelung des Kin­ Im Allgemeinen geht aus Vfs. Untersuchungen des schoss das Blut aus dem placentaren Ende der Nabel­ hervor, dass die Ausscheidung der phosphorsauren, schnur im Strahle hervor. Zuerst glaubte man, es be­ wie der schwefelsauren Salze von den Schwankungen fände sich ein 2. Fötus noch im Uterus, da im Epigastrium des Harnstoffs, resp. Stickstoffs, abhängig ist. ein rundlicher harter Körper zu fühlen war. Vf. wies aber nach, dass ein Krampf des Uternskörpcrs bestehe, (Höhne.) wodurch auch die Placenta zurückgehalten werde. Ein 576. Akute Pankreatitis im Wochenbett; Eindringen in den Muttermund war unmöglich; es wurde von Dr. R. H a i d 1 e n in Stuttgart. (Gynäkol. Centr. - daher wie im 1. Falle verfahren. — In beiden Fällen Bl. VIII. 39. p. 609. 1884.) wurden nach Entfernung der Placenta Sublimatinjektionen gemacht, bei beiden Entbundenen verlief das Wochenbett Vf. theilt folgenden interessanten Fall aus der normal. (H öhne.) Privatpraxis dea Dr. Fehling in Stuttgart mit. V. Gynäkologie u. Pädiatrik. 161

Aehnliche Fälle von Pankreatitis in der Literatur und der Behandlung überhaupt nothwendig. Die aufzufinden, ist dem Vf. nicht gelungen, nur in dem mittlere Zusammensetzung der Milch von den in­ Lehrbuch der spec. Pathologie und Therapie von dischen Kühen scheint nicht wesentlich verschieden Strümpell (Bd. I. p. 714) findet sich eine Be­ von der der europäischen. Condensirte Milch ist in schreibung des Krankheitsbildes der tödtlich ver­ Indien in ausgedehntem Gebrauch, und zwar aus­ laufenden Entzündung des Pankreas, welche mit schliesslich die der Anglo-Swiss-Company zu Cham. dem Verlaufe des vom Vf. beobachteten Falles über­ Zum Ersatz der mangelhaften Eiweisszufuhr bei der einstimmt. künstlichen Ernährung empfiehlt C. die Anwendung Die betr. Frau war 33 J. alt und seit 5 J. verhei- von möglichst frischen Hühnereiern, in den ersten rathet. Die erste Geburt erfolgte im März 1883. Wäh­ Monaten soll nur das Eiweiss genommen werden, rend der Schwangerschaft litt Pat. viel an Magenbeschwer­ den und Kopfweh, am normalen Ende derselben traten später auch das Eigelb, roh mit Wasser geschlagen heftige Leibschmerzen auf, zum Theil mit leichter peri- oder auch langsam gekocht, ausserdem Beeftea. tonitischer Reizung. Die Entbindung wurde wegen Wehen­ (Walter Berger.) schwäche mit der Zange beendet. Das Wochenbett ver­ lief normal, nur in der 3. Woche trat einige Male Blutung 578. Pemphigus neonatorum; vonC.Blom- ein. Ausserdem aber hatte Pat. zeitweise Anfälle von b e rg. (Tidsskr. f. prakt. Med. IV. 4.1884.) Schmerzen in der Magengegend. Ein solcher Anfall stellte sich auch am 30. April ein ; der Sohinerz, in der Gegend Ein 6 Tage altes Mädchen bekam in der Umgebung des Pylorus, war äusserst heftig und von Erbrechen ge­ der Genitalien und an den angrenzenden Theilen der folgt. Kein Fieber, Pnls 100 und regelmässig. Die Schenkel zahlreiche, zerstreute Blasen von der Grösse Magengrube war sehr empfindlich u., obgleich noch keine eines Hanfkoms bis zu der einer Haselnuss, die sich in Symptome von Peritonitis vorhanden waren, collabirte den nächsten Tagen allmälig auf die untern Extremitäten Pat. immer mehr. Das Sensorium war intakt. Harn ausbreiteten, wo sie zahlreich waren und dicht standen ; ging in geringer Menge spontan ab, Stuhlentleerung auch über die übrigen Körpertheile breiteten sie sich aus, fehlte. Nach vorübergehender Besserung verschlimmerte an Unterleib und Brust waren sie zerstreut vorhanden, sich am nächsten Tage der Zustand. Heftiger Schmerz am Rücken vereinzelt, ziemlich zahlreich im Gesicht, auf trat wieder in der Magengrube auf, daneben bestand star­ der Kopfhaut und an den Armen. Die Schleimhäute blie­ ker Meteorismus und Kälte der Extremitäten und nach ben während der ganzen Zeit frei. Nach 14 Tagen er­ einer Krankheitsdauer von im Ganzen 96 Std. erfolgte folgte kein neuer Ausbruch mehr. Abgesehen von Mace- der Tod. ration der Epidermis an den Genitalien und in deren Bei der Sektion fand sich keine ausgesprochene Peri­ nächster Umgebung war die Haut vor dem Ausbruch der tonitis, dagegen wichtige Veränderungen am Pankreas; Efflorescenzen normal und die Blasen schienen überall nach allen Richtungen vergrössert, stellte es eine braun- auf vorher normaler Haut aufzntreten. Die einzelnen rothe, blutig suffundirte Masse dar, die Folge einer akuten Blasen entstanden akut, erreichten rasch ihre volle Grösse, Entzündung. Alle ändern Organe waren vollständig ge­ waren von einem schwach rothen Hof umgeben, gefüllt sund. (H öhne.) mit gelblichem serösen Inhalt, barsten meist nach 2 bis 3 Tagen und hinterliessen feuchtes rothes Corium, das 577. Die Ernährung der Säuglinge in In­nur im Gesicht mit dünnen Krusten bedeckt war. An der dien; von H. B. Cayaux. (Geneesk. Tijdschr. Kopfhaut erreichte eine Blase die Grösse einer Haselnuss. Am rechten Fuss nahm eine einzige Blase die Zehen und voor Nederl. Indie N. S. XII. 5. S. 304— 320. die ganze Planta ein, nach der Beratung schälte sich die 1883.) Epidermis in einem einzigen handschnhförmigen Stücke In Indien ist es nach C. eher Ausnahme als ab. Die Handteller waren beiderseits frei. Nach der Epidermisablösung heilten die Excoriationen rasch und Regel, dass eine in Europa geborene Mutter ihr hinterliessen keine Pigmentirung. Die Allgemeinstörung Kind selbst stillt; meistens stillen solche Mütter ihre war gering, nur die ersten Tage war das Kind etwas un­ Kinder überhaupt nicht, oder nur wenige Wochen ruhig. oder Monate. Der Ersatz der Muttermilch ist des­ Die 3 Dienstmädchen der Familie, die theils mit dem Kinde selbst zu thun hatten, theils dessen Wäsche halb für europäische Aeltern in Indien eine Frage wuschen, bekamen 3—6 Tage nach dem Ausbruche der von grösser Bedeutung. Ammenmilch ist natürlich Krankheit bei dem Kinde stark juckende Bläschen an den der beste Ersatz und nur dann, wenn die Erlangung Fingern und theilweise auch an den Handrücken. einer guten Amme mit sehr grossen Schwierigkeiten Von den 4 übrigen Kindern der Familie, die im Alter von 2—8 J. standen, bekam das jüngste 2 erbsengrosse verbunden ist, sollte man sich entschliessen, zu einem Blasen am rechten Schenkel und eine bohnengrosse an ändern Ersatzmittel seine Zuflucht zu nehmen. dem rechten Arme, das nächstälteste eine erbsengrosse Von künstlichen Nahrungsmitteln sind in Indien an den Nates. Die Mutter des Kindes bekam 10 Tage im Allgemeinen Kuhmilch, condensirte Milch und nach dem Auftreten der Krankheit bei dem Kinde eine erbsengrosse Blase mit serös eitrigem Inhalte am Halse Nestle’s Mehl (Farine lactee) die gebräuchlichsten. in der Höhe des rechten'Kieferwinkels. An den Mammae Den Vorzug verdient unter diesen Ersatzmitteln ent­ konnten keine Blasen entdeckt werden. Alle diese Per­ schieden Thiermilch, besonders Kuhmilch, sowohl in sonen erfreuten sich dabei ungestörten Wohlbefindens. Bezug auf die Zuträglichkeit für den Organismus B. machte an sich selbst 2 Inoculationen am der Säuglinge, als auch in Hinsicht auf den Nähr- linken Vorderarm. Schon nach 2 Std. zeigte sich werth derselben. Reine gute Kuhmilch zu kaufen unter Jucken Röthung um die Inoculationsstellen, ist indessen in Indien vielleicht noch schwieriger, am folgenden Morgen waren 2 linsengrosse Blasen als in den europäischen Städten; dagegen ist es vorhanden, die Vaccinebläschen täuschend ähnlich leichter, sich selbst eine Kuh zu halten, dabei aber sahen, mit $iner Vertiefung in der Mitte und von strenge Ueberwachung des Melkens, der Fütterung einem rothen Hof umgeben. Nach 3 Tagen trock- Med. Jahrbb. Bd. 204. Hft. 2. 21 162 V. Gynäkologie u. Pädiatrik.

neten die Blasen ein, während die Haut in grösserem Kurzem aufgetreten. Das Fehlen der Sehnenreflexe Umfange erythematös wurde. Weiter war nichts zu ist auch in ändern Fällen von spastischer Spinal- bemerken. (Walter Berger.) paralyse bei Kindern beobachtet worden. Die starke Contraktion der verschiedenen Muskeln an den Bei­ 579. Ueber spastische Spinalparalyse innen , die nicht durch Intention aktiver Bewegungen, der K indheit; von Dr. W. Nolen in Rotterdam. sondern hauptsächlich durch psychische Reize ver­ (Weekbl. van het Nederl. Tijdschr. voor Geneesk. stärkt wurden, können nach N. nur auf einem ab­ 18. 1884.) normen Reizzustande der motorischen Bahnen be­ Der Kr., ein kräftig entwickelter, 6 J. alter Knabe, ruhen. Der Annahme von Eisenschitz gegen­ stammte von gesunden, nicht mit einander blutsverwandten über, dass es sich bei congenitaler spastischer Para­ Eltern, war normal geboren, nicht scheintodt zur Welt gekommen and war bis anf Krämpfe im Alter von 3 Mon., lyse nicht um eine eigentliche Paralyse handelte, die nach Erzielung von Defakation rasch aufhörten und hebtN. hervor, dass in seinem Falle an einer solchen weder von Fieber, noch von Schielen begleitet gewesen kein Zweifel sein konnte. (W a 11 e r B e r g e r.) waren, immer gesund gewesen, hatte aber nicht stehen können und nicht laufen gelernt. Hereditäre Disposition zu Nervenkrankheiten bestand nicht. Die Intelligenz 580. Fälle von Bronchialcroup bei Kin­ war gat. dern; von H. Adsersen (Hosp.-Tid. 3. R. I. 49. Im Gesicht war nicht die geringste Abweichung zu 50. 1883) und H. J. Möller (Das. II. 12. 1884). entdecken, auch kein Strabismus bestand, die Papillen waren gleich weit and reagirten gut, die Zunge wurde A d s e r s e n ’s Fall betrifft einen 7 J. alten Knaben, gerade herauBgestreckt, Uvula and weicher Gaumen zeig­ der ausser den gewöhnlichen Kinderkrankheiten im 2. ten keine Abweichung in der Stellung. Beweglichkeit Lebensjahre einige Male capillare Bronchitis gehabt hatte. u. Ernährung der Arme erschienen normal; an der Wirbel­ Ende Febr. 1883 erkrankte Pat. mit intermittirendem säule liess sich nichts Abnormes entdecken. Pat. lag mit Fieber, das später continuirlich wurde, doch mit deutlichen in die Höhe gezogenen, in den Kniegelenken gebeugten Exacerbationen gegen Abend. Pat. klagte anfangs über Beinen im Bett, passiven Bewegungen leistete Rigidität den Hals, ohne dass die Untersuchung etwas Abnormes der Muskeln starken Widerstand, nur mit Anwendung von ergab. Ende März stellte sich Husten ein, Mitte April einiger Gewalt gelang es, die Beine in den Kniegelenken Kurzathmigkeit mit geringer Dämpfung unter der rechten zu strecken oder zu abduciren. Die Wadenmuskeln Clavicula und Rasselgeräuschen unter der Spina scapulae waren im Znstande der Contraktion, die Füsse standen mit saccadirtem Inspirationsgeräusch. Der Auswurf war in Varo-Equinns-Stellong, die Zehen waren etwas dorsal- nicht reichlich, enthielt kein Blut; ob Membranen ausge­ wärts flektirt. Fasste man den Knaben nnter den Armen hustet wurden, liess sich nicht feststellen. Der Kr. ma­ gerte dabei ab, erholte sich aber später wieder etwas. nnd versuchte ihn stehen za lassen, so worden die Kniee Am 22. Mai 1883 wurde Pat. im Küstenhospital von Refs- gegen einander gedrückt, während die Unterschenkel näs aufgenommen. Die Temperatur war immer erhöht, über einander schlugen und die Füsse in Varo-Equinus- wenn auch nicht bedeutend. Durch den Aufenthalt und Stellung den Boden berührten; stehen konnte Pat. nicht. Die Beine konnten weder nach vorn, noch nach hinten zu die Behandlung im Hospitale wurde der Ernährungszu­ bewegt werden, mit der grössten Anstrengung vermochte stand besser. Unter fortdauernd gutem Allgemeinbefinden, Pat., im Bett liegend, das linke Bein einige Centimeter nur nach etwas mehr hervortretendem Husten wurden am in die Höhe zu heben. In den Muskeln beider Beine be­ 4. Juli 4 Pseudomembranen ausgehustet, am nächsten standen fortwährende Zuckungen, durch welche die Beine Abend wieder eine und so im Verlaufe etwa einer Woche im Ganzen 10, von denen 5 Morgens, 1 Vormittags, 2 manchmal plötzlich in die Höhe oder über einander ge­ schleudert wurden; durch Gemüthsbewegangen wurden Abends und 2 während der Nacht ausgehustet wurden. diese Zuckungen stärker; am heftigsten worden sie, wenn Bei jedem Paroxysmus fand sich Dämpfung, die nachAus- Pat. in ein warmes Bad gebracht wurde, obwohl er sich hustung der Membran wieder verschwand; nach dem 2. viel Mühe gab, sie zu unterdrücken. Durch Druck auf Paroxysmus fand sich an der vordem rechten Thoraxfläche die Fasssohlen oder durch Berührung des Bodens bei unten tympanitischer Schall und bei stärkerer Perkussion Versuchen, den Pat. zu stellen, wurden diese unwillkür­ Schall des zersprungenen Topfes, wahrscheinlich beruhend lichen Contraktionen weder hervorgerufen, noch vermehrt, auf akutem vicariirenden Emphysem mit mangelhafter eben so wenig durch Versuch, die Beine aktiv zu be­ Elasticität des Lungengewebes. Die Auskultation ergab wegen. Daroh starkes Kneipen wurden sie aber ver­ ziemlich constant geschwächte Respiration, mitunter mehrt, kn Schlafe hörten sie aaf. Die Unterschenkel er­ Rasselgeräusche, die aber sehr wechselnd waren. Dys­ schienen etwas schwach gegen die Oberschenkel. Die pnoe war während der Anfälle nicht vorhanden, die Mem­ Reaktion gegen den galvanischen und den Induktions- branen wurden meist ziemlich leicht ausgehustet. Seiten­ Strom war weder qualitativ, noch quantitativ verändert, stechen war wiederholt vorhanden, aber nicht zur Zeit die Sensibilität ungestört; Hautreflexe waren in geringem der Aushustung der Membranen. Der Knabe erholte sich Maasse vorhanden, das Fussphänomen fehlte an beiden wesentlich in der Folge, zeigte aber immer etwas Fieber. Seiten, der Patellarreflex war an beiden Seiten schwach Die Membranen stellten sehr schöne Ausgüsse der vorhanden, rechts am schwächsten; Cremaster- u. Bauch­ Bronchien dar, die feinsten Verzweigungen hatten kein reflexe waren , deutlich vorhanden, Periostreflex fehlte. Lumen, wohl aber die mittlern und grossen Zweige; sie Die Deiakation war normal, nur einmal war unwillkür­ schienen aus den feinsten bis zu den mittelgrossen Bron­ liche Entleerung vorhanden gewesen, aber es bestand chien herzustammen, die grössten zeigten auf dem Quer­ Hamincontinenz. schnitte deutliche Schichtung. Bei der mikroskopischen Untersuchung fand sich ein faseriges Netzwerk (Fibrin), Gegen die Diagnose der spastischen Spinalpara­ eine Menge Rundzellen enthaltend, in der Mitte und in der lyse könnte zunächst das Vorhandensein einer Blasen­ Peripherie zeigten die Membranen in den Hauptzweigen störung sprechen; E rb rechnet indessendergleichen Fettentartung, an vielen Stellen fanden sich Epithel­ Störungen zu den Complikationen der Krankheit, die zellen. durch Uebergreifen der Affektion von* den Seiten­ A. hat versucht, die verschiedenen Exacerbatio­ strängen anf benachbarte Theile entstehen. Im vor­ nen des Fiebers mit der Bildung der Schichten in den liegenden Falle waren die BlasenstöruDgen erst vor Membranen in Uebereinstimmung zu bringen, aber V. Gynäkologie u. Pädiatrik. 163 ohne bestimmtes Resultat, obwohl vor dem Aushusten längertes Exspirium, sonst überall sibilirendes und feuch­ der . Membran sich etwa soviel Temperatursteige­ tes Rasseln. Der Puls hatte 120 Schläge in der Minute, 1 die Temperatur betrug 40°, der Ham enthielt etwas Ei­ rungen zeigten, als die Membran Schichten besass, weiss. Der Husten wurde immer quälender. Am 7. April wobei die höchste Temperatur der ersten Ablagerung zeigte sich ein Conglomerat von Geschwülsten nnter der zu entsprechen schien. CUvicala und in der Achselhöhle rechts. Die Pulsfrequenz H. J. Möller theilt 3 Fälle mit, von denen erwar auf 140 gestiegen, die Abendtemperatur betrag stets 40°. Am 14. Juni liessen sich Cavernen ia der rechten selbst einen beobachtet hat, während ihm die ändern Lungenspitze nachweisen. Gegen Ende August wurde von Dr. G. M ö 11 e r in Attrup mitgetheilt worden sind. der Husten ausserordentlich quälend trad erst nacfc lsdger 1) Ein 13 J. alter Knabe erkrankte am 27. Oct. 1879 Anstrengung wurden reichliche zähe Massen ausgehustet. unter Erscheinungen , die anfangs auf Typhös za deaten Ein solches Expektorat zeigte sich als weisse dentritisch schienen, da dieser in der unmittelbaren Nachbarschaft verzweigte Masse mit grössern Ausbuchtungen und ohne sich vorfand; später aber wurde diese Annahme zweifel­ Kanal in der Mitte. Wahrscheinlich wurden anch noch haft, als sich am 19. Nov. Dämpfung unter der rechten andere solche Massen ausgehnstet, diess liess sich aber Clavicula einstellte, aber ohne abnorme Auskultations- nicht feststellen. Die Kräfte schwanden immer mehr und erscheinungen. Erst am 12. Dec. trat Husten auf und es die Kr. starb am 15. September. wurde ein charakteristischer Abguss von Bronchien dritter In diesem Falle war die croupöse Affektion un­ und niedrigerer Ordnung ausgehustet. Am 13. Dec. fand zweifelhaft sekundär und Complikation eines tuber­ sich nirgends Dämpfung, aber Rasseln unter der linken Scapula. Es wurden mehrere Bronchialausgüsse ausge­ kulösen Processea bei einem ausgesprochen scrofu- hustet, ebenso am 16. D ec.; die Expektoration geschah lösen Individuum. mit grösser Mühe und war von weithin hörbaren pfeifen­ Nach diesen Beobachtungen nimmt M. verschie­ den und rasselnden Geräuschen und Dyspnoe begleitet. Stimmfremitus und Respirationsgeräusche waren rechts dene Formen der croupösen Bronchitis bei Kindern geschwächt, links normal; Dämpfung war nirgends vor­ an. Ausser der am häufigsten vorkommenden Form, handen. Es erfolgte immer neues Aushusten von Bron­ in der sich Croup von Rachen und Kehlkopf nach chialausgüssen. Am 24. Dec. fanden sich ausgebreitete unten fortpflanzt, kann Croup auch als Complikation Rasselgeräusche u. Dämpfung in der Infrascapulargegend anderer Krankheiten, speciell Scarlatina (mit Pneu­ rechts. Milz und Leber waren vergrössert. Die Tempe­ ratur war immer erhöht gewesen. Nach einigen Tagen monie) und Tuberkulose, und als selbstständiges un- starb der Knabe. complicirtes akutes Leiden Vorkommen; wie in dem Dass sich Croup im Gefolge von Typhus bei die­ von M. selbst beobachteten Falle. sem Kr. entwickelt haben kann, lässt sich nach M. (Walter Berger.) uicht ganz von der Hand weisen, richtiger kommt es aber M. vor, den vorausgegangenen fieberhaften Zu­ 581. Ovariotomie bei einem 1 Jahr 8 Mo­ stand auf die Entwicklung des Bronchialcroup zu be­ nate alten Kinde, Heilung; von Dr. R o e m e r. ziehen. Die Vergrösserung der Leber und Milz ist (Deutsche med. Wchnschr. IX. 52. p. 762. 1883.) nach M. auf das Fieber und Cirkulationsstörungen in Die Gebart des erwähnten Kindes soll nach Aussage der Lunge zurückzuführen. der Hebamme schwer gewesen sein, das Kind einen auf­ 2) Ein 11J. alter Knabe erkrankte am 21. Sept. 1879 fallend starken Leib gleich von Anfang an gehabt haben. ziemlich plötzlich mit Fieber und Schmerzen in den gros­ Die ersten Gehversuche machte das Kind im Alter von sen Gelenken; auf Beinen und Rücken zeigten sich er­ 5/i Jahren; damals fiel den Angehörigen schon der eigen- höhte rothe Flecke und grössere Ekchymosen, an der lin­ thümliche Gang des Kindes auf, ärztliche Hülfe wurde ken Seite des Halses eine grosse, empfindliche, nicht fluk- aber erst wegen schnellen Wachsthums der Geschwulst tuirende Geschwulst (Parotitis). Im Hause hatten meh­ im Leibe gesucht. rere Personen an Angina gelitten. Am 25. Sept. waren Bei der Aufnahme des Kindes in die Poliklinik des die Krankheitserscheinungen geschwunden ; in der linken Augusta-Hospitals sprang der Leib beim aufrechten Stehen Infrascapulargegend fand sich Dämpfung und Bronchial­ stark hervor, die Lendenwirbelsäule war stark lordotisch. respiration. Am 4. Dec. hustete Pat., der seit 8 Tagen Unter Narkose fühlte man eine vom kleinen Becken auf­ wieder erkrankt war und mit Blut gemischten Auswurf steigende, leicht bewegliche und fluktuirende Geschwulst. gehabt hatte, den Ausguss eines grössern verzweigten Bei der Probepunktion floss eine klare eiweisshaltige Bronchialstamms aus. Respiration und Puls waren äus- Flüssigkeit ab. Am 20. Aug. wurde die Kr. im Hospi­ serst beschleunigt. In der rechten Scapulargegend fand tale aufgenommen. Die Geschwulst hatte sich seit 3 W. sich Dämpfung mit cavernöser Respiration und starkem wieder stark vergrössert, sie war nach rechts und links Widerhall, links fand sich Dämpfung an der Seite, aber leicht beweglich. Die 2. am 23. Aug. vorgenommene bronchiale Respiration mit verstärktem Stimmfremitus im Punktion ergab 300 ccm Flüssigkeit. Am 28. Aag. wurde untern Theile der Infraspinata; vorn begann Dämpfung unter Chloroformnarkose und Sublimatspray die Laparo­ an der 5. Rippe; nur sparsames Rasseln war vorhanden. tomie vorgenommen. Dieselbe ging glücklich von Stat­ Bald trat Besserung ein und Pat. genas. ten, auch die Nachbehandlung wurde durch nichts gestört. Am 12. Tage war der Bauchsohnitt per pr. int. geheilt, M. ist geneigt, anzunehmen, dass in diesem Falle so dass das Kind bereits am 12. Sept. als geheilt ent­ nach Scarlatina eine croupöse Affektion in der einen lassen werden konnte. Der in gefülltem Zustande etwa Lunge entstand, wieder zurückging und erst nach kindskopfgrosse Tumor stellte sich als ein Teratom längerer Zeit bei Entwicklung einer croupösen Bron­ heraus. chitis exacerbirte. Wahrscheinlich war der Tumor angeboren, ent­ 3) Bei einem 14 J. alten Mädchen hatte die Krank­ wickelte sich anfangs langsam, später aus unbekann­ heit angeblich mit einer Angina parotidea begonnen. Am ter Ursache sehr rapid. Auch dieser Fall bestätigt 20. Febr. 1883 fanden sich scrofulöse Drüsengeschwülste am Halse, zum Theil mit Ulceration. An der rechten die Annahme, dass die Ovarialgeschwülste bei Kin­ Lungenspitze bestand geringe Dämpfung mit etwas ver­ dern meist Dermoide sind; auch in diesem Falle stärktem Stimmfremitus, an beiden Lungenspitzen ver­ fanden sich Knochen- und Knorpelgetfebe, Haare 164 VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. und epitheliale Bildungen. Dagegen ist noch kein so jungen Kinde mit gutem Erfolge ausgeführt wor- Fall bekannt, in welchem die Ovariotomie bei einem den ist. (Höhn e.)

VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.

582. Ueber neuere Verbandmittel undStillung keine vollständige war, Wismuthkrüll ein­ Verbandmethoden; zusammengestellt von Dr. gelegt. D e a h n a *). Erst nach 12— 48 Std. (abhängig von etwaiger Die von Prof. Dr. Kocher2) ausgegangene Nachblutung) werden die Wunden geschlossen, ohne Empfehlung des Bismut hum subnitricum dass irgend eine Oeffnung bleibt. Da sich die Se­ als eines neuen Antiseptikum gründet sich auf die kundärnaht bei allen Wunden an wenden lässt, die Möglichkeit, bei Anwendung desselben die Drainage überhaupt verkleben können, so folgert K., dass die gänzlich entbehren zu können und dadurch eine un­ Bildung von Wundsekret über Va— 1 Tag hinaus mittelbare Verklebung der meisten Wunden herbei­ keine nothwendige Consequenz der Wunde an und zuführen. Ein Hülfsmittel zur Erreichung dieses für sich sei. In der Vertrocknung der Wundober­ Zweckes ist die Sekundärnaht. fläche durch die adstringirende Wirkung des Wis­ Anfangs wurde Wismuthpulver auf die Wunden muth ist ein Theil der günstigen Erfolge bei seiner gepinselt, später eine lOproc. Wismuthlösung, bis Anwendung zu suchen. endlich sich herausstellte, dass eine lproc. Wismuth- Die Blutstillung ist thunlichst exakt vorzuneh­ mischung allen Anforderungen der Antisepsis ent­ men, die Wundränder und Wundflächen sind über- spreche. Die Anwendungsweise ist folgende. Das diess in ganzer Ausdehnung thunlichst exakt zu com- extra zubereitete, fein gepulverte Wismuthsalz wird primiren; K. verwendet dazu eine Combination von mit Wasser allmälig und langsam auf das Innigste Heftpflaster- und Kautschukstreifen, wobei keine cir- verrieben, wodurch man eine emulsionsähnliche kulare Umschnürung eines Körpertheils nothwendig Mischung erhält. Aus einer Spritzflasche wird von ist. Eine Casuistik von 36 Fällen erläutert die vor­ Zeit zu Zeit auf die Operationsfläche diese Mischung stehenden Erörterungen. aufgespritzt, ebenso beim Verbandwechsel; erst Später (Chir. Centr.-Bl. X. 23. Beilage p. 4. wenn die Wunde vernäht ist, wird dicker Wismnth- 1883) änderte K. seine Ansichten über die Wirkungs­ brei aufgetragen, welcher zu einer Kruste eintrock­ weise des Wismuth dahin, dass dasselbe nicht auf net. Dasselbe geschieht, wenn die Wunde bis auf die Infektionsträger, die Kokken, sondern auf den einen oberflächlichen Granulationsstreif verheilt ist. Nährboden wirke, indem es diesen für die Entwick­ Der anfängliche Verband wird mit Läppchen hydro­ lung der Mikroorganismen untauglich mache. Man philen Stoffes gemacht, welche zum Theil geordnet, kann deshalb neben demselben andere Antiseptika, zum.Theil in Form von Krüllgaze aufgelegt werden, wie Carbol, nicht entbehren. nachdem sie in lOproc. Wismuthmischung ausge­ Israel (a. a. 0 .) bestätigt die von Kocher drückt worden sind. Darüber legt man Kautschuk­ hervorgehobene, toxische Wirkung des Wismuth. tuch und Watte. Er beobachtete nach Anwendung desselben akute, Eine Reihe von Versuchen hatte ergeben, dass gangränescirende Stomatitis, nach deren Heilung die die Fäulnissbakterien in Wismuthpräparaten nicht befallenen Schleimhautpartien blauschwarz gefärbt entwicklungsfähig sind. Mit der Dosirung muss blieben. In der Umgebung der Operationswunde man vorsichtig sein, da öfters Intoxikationserschei­ (Achselhöhle) zeigten sich nach 2 — 3 Monaten nungen beobachtet wurden. Dieselben bestanden bis kirschkerngrosse Knoten, die sich als Ablage­ in Erregung akuter Stomatitis, mit Schwellung des rungen von Wismuth auswiesen. Zahnfleisches, der Zunge und des Rachens, Locke­ Dr. B. Riedel (Das. p. 4. u. Arch. f. klin. Chir. rung der Zähne und Schwarzfärbung des Zahnfleisch­ XXIX. 2. p. 468. 1883) wandte das Wismuth erst randes, Darmkatarrh und desquamativer Nephritis. rein, später zusammen mit Sublimat an. Die se­ Ueberall, wo Zersetzungen im Körper stattfinden, kundäre Naht übte R. nur selten. Der Verlauf der bildet sich Schwefelwismuth, welches die schwarze Wunden war in Betreff der Asepsis meist ein durch­ Verfärbung beäingt. Seit der Anwendung der lproc. aus befriedigender, die Heilungsdauer eine eben so Wismuthmiscliung wurden diese Erscheinungen nicht kurze als bei dem Lister’achen Verbände. Die Fäul- mehr beobachtet. niss hindernde Wirkung des Wismuth soll auf der Nach der Operation werden die Suturfäden (Seide) fortwährenden Abgabe kleiner Mengen von Salpeter­ eingelegt in allen Fällen, wo die rasche Beendigung säure beruhen. Diese destruirende Wirkung des des Verbandes erwünscht war, aber nicht geknüpft, Mittels kommt in einer Fleischwunde nur wenig zur sondern ein Wismuthverband angelegt; wo die Blut- Geltung, in der Pleurahöhle indessen führt sie zu Pleuritis, in der Bauchhöhle zu weitgehender Ver­ >) Vgl. Jahrbb. CCIV. p. 41. klebung der Darmschlingen und je nach der Dicke 2) V o lk m a n n ’s Sammlung klin. Vortr. Nr. 224.der Auflagerung, zu Entzündung, selbst Perforation Leipzig 1882. 8. 28 S. des Darmes. Bei Bauchoperationen ist Wismuth des­ VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. 165 halb nicht in grössern Mcugen und stets mit grosscr tersuchungen angestellt hatte. Die bei Anwendung Vorsicht zu verwenden. Bei gewöhnlichen Wunden dieses Mittels erzielten Resultate sind von demselben bildet es nur eine zarte Kruste, beigenähten Wunden ausführlich veröffentlicht worden (Deutsche Ztschr. scheint es die primäre Verklebung eher zu begünsti­ f. Chir. XVII. 3. 4. p. 235. 1882). gen. Vergiftungserscheinungen wurden von R. nicht P. fand, dass schon 0.5proc. Lösung des Al. beobachtet, doch kamen auch immer nur kleine acet. ausreichte, um leicht in Fäulniss übergehende Mengen zur Verwendung (2—4 g). Der Einfluss Substanzen vor dem Eintritt derselben zu schützen, des Wismuth auf Abscesshöhlen ist nicht bedeutend, dass stärkere Lösungen (1.5—2.O°/0) im Stande auch gegen Erysipel ist es unwirksam. waren, schon vorhandene Vegetationsformen der Bak­ Prof. v.Langenbeck (Chir.Centr.-Bl.a.a.0. terien zu tödten. Selbst ein Procentgehalt von 0.3 p. 4) sprach sich in der Diskussion des Chirurgen- konnte die Bakterienentwicklung in der zur Verwen­ Congresses warm für die Behandlung mit Wismuth dung gekommenen Nährlösung hindern; 2.4% ge­ aus. Er näht indessen primär und drainirt, entfernt nügten stets, um die Fortpflanzungsfähigkeit der aber das Drainrohr schon am 2. Tage. Für Schorf­ Bakterien zu unterdrücken. heilung zieht er das Jodoform vor. Dr. E. Hahn Die Technik beim Gebrauche des Al. acet. schloss (a. a. 0. p. 5) rühmt gleichfalls die blutstillende und sich im Wesentlichen der L i s t e r ’schen an. Reini­ austrocknende Wirkung des Mittels. gen des Operationsfeldes und der Instrumente mit 5proc. Carbollösung, da sich das Al. acet. nicht ver­ Prof. Petersen (Deutsche med. Wchnschr. IX. seift und die Instrumente in der sauren Lösung stumpf 25. p. 365. 1883) bemerkte bei der Anwendung und schmutzig werden. Zu allen übrigen Verrich­ des Bism. subnitr., dass dasselbe in Höhlenwunden tungen und zum Spray wurde eine 21/2proc. Lösung Conkremente bilde, die Eiterung verursachen und des Al. acet. verwendet. Anästhesien an den Hän­ oft schwer zu entfernen seien. Ausserdem kam den wurden selten beobachtet, dagegen machte die unter ca. 50 Fällen 2mal Wismuthintoxikation vor, Lösung die Hände rauh. Die Unterbindung geschah einmal als Gingivitis und Stomatitis und einmal als meist mit Catgut, selten mit Czerw^’scher Seide. Niederschlag des Pulvers auf der Schleimhaut des Als Material zum Verband dienten in 5proc. Alaun­ Zahnfleisches, so dass das Mittel vollständig auf- lösung aufbewahrte Gazecompressen. Auf die Wunde gegeben wurde. Als Ersatz des Bism. subnitr. ver­ kam Protective-Silk, darüber Gazecompressen, unten wendete P. (1. c. p. 366) auf den Rath Quincke’s und oben als Abschluss lOproc. Salicylwattestreifen, das Zinkoxyd. In Höhlenwunden hat dasselbe die Befestigung geschah mit 2.5proc. Callicobinde. nicht die gerügten Eigenschaften des Wismuthoxyds, Länger als 8 Tage blieb kein Verband liegen. Zu bei oberflächlichen Wunden, z. B. Verbrennungen, der gleichfalls angewandten permanenten Irrigation Ausschabungen von Lupus u. s. w., leistet es da­ wurde eine O.öproc. Lösung als ausreichend be­ gegen gleich vorzügliche Dienste. Es ist ein vor­ funden. Der Spray von essigsaurer Thonerde be­ treffliches antiseptisches Exsiccans, indem es in vielen wirkt durch seine adstringirenden Eigenschaften ein Fällen die Bildung einer irgend erheblichen Menge Trockenlegen der Wunden, so dass die capillare von Wundsekret verhindert, bei mehr oberfläch­ Blutung wesentlich beschränkt wird. lichen Wunden bildet es mit der ersten Wundfeuch- Eine essigsaure Thonerde in fester Form giebt tigkeit einen festhaftenden aseptischen Schorf. Mit cs nicht, beim Trocknen wird das Präparat zu Thon­ der Wunde muss es in direkte Berührung gebracht erdehydrat. Das Präparat wurde in der Weise her­ werden, die Blutung also vollständig gestillt sein. gestellt, dass zur Lösung von 500 g Patentthonerde Ueber die dünne Zinkoxydschicht kommt nur noch 400 g Acid. acet. dil. offic. verwendet wurden. Die eine Schicht Watte oder ein anderer aufsaugender durch Decantiren und Filtriren erhaltene Flüssigkeit Stoff zu liegen. Ueberdiess ist das Mittel sehr wohl­ wies dann in lOOTheilen ca. 4.5 Theile wasserfreie feil. Trotz ausgedehnter Verwendung wurden keine Thonerde oder ca. 15°/0 zweifach essigsaure Thon­ Vergiftungserscheinungen beobachtet. In Höhlen­ erde auf. Während einiger Zeit wurde die Menge wunden kam es später nicht mehr als Pulver, son­ der zum Lösen bestimmten Essigsäure auf 700 er­ dern in 1— lOproc. wässriger Mischung zur Ver­ höht, doch kam man wegen dadurch bedingter Ekzem- wendung. bildung wieder davon zurück. Die essigsaure T hon er de, bereits im An Stelle der essigsauren Thonerde wurde eine J. 1827 von Gannal wegen ihrer fäulnisswidrigen Zeit lang die essigweinsaure Thonerde verwendet. Eigenschaften beachtet, Ende der 50er Jahre von Es genügten von derselben 0.6°/0, um die Bakterien­ Prof. Burow in Königsberg zur äusserlichen An­ entwicklung zu hindern, und 3.5°/0, um die Fort­ wendung, später zur Wundbehandlung empfohlen, pflanzungsfähigkeit derselben zu unterdrücken, doch wurde von Prof. P. Bruns u. von Prof. Billroth liess die Wirksamkeit dieses Mittels mehrmals im als ausgezeichnetes desinficirendes Mittel bezeichnet. Stich, weshalb man dasselbe wieder aufgab. Prof. Maas benutzte in seiner Klinik zu Frei­ Der Bericht erstreckt sich auf die vom 20. Juni burg die essigsaure Thonerde, über deren antisep­ 1879 bis 1. Aug. 1881 ausgeführten wichtigem tische Eigenschaften Dr. 0. Pinn er (Berl. klin. Operationen, bei denen consequent das Al. acet. zur Wchnschr. XVII. 12. 13. 1880) experimentelle Un­ Verwendung kam. Die damit erzielten Resultate 166 VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. waren günstiger als die vorher (vom 1. April 1877 bis in Bezug auf die schlüssliche Conflguration des Anus 20. Juni 1879) mit dem typischen Zwter-Verbande vorzüglich. erzielten, doch ist P. geneigt, diess weniger dem Dem Princip, jeden äussern, mechanischen oder Mittel an sich, als dessen grösseren procentischen chemischen Reiz von der Wunde fernhalten zu wollen, Constanz zuzuschreiben. Für Dauerverbände eignet wird von dem durch Prof. Esmarch in Kiel inau- sich dieser Verband wie alle feuchten Verbände nicht. gurirten u. von Dr. G. Ne über seither fortwährend Der Spray wurde beibehalten aus der Erwägung, verbesserten antis eptischenD au er verband dass in Krankenhäusern der Luft als Infektionsträger am meisten zu entsprechen gesucht. keine geringe Bedeutung beizumessen sei. Bei den Ne über (Arch. f. klin. Chir. XXIV. 1. p.314. in dem genannten Zeitraum im Freiburger akadem. 1879) wurde durch die Vorwürfe, welche wegen Krankenhause aufgenommenen 2183 Kranken wur­ der parenchymatösen Nachblutungen mehrfach gegen den 708 Operationen, darunter 119 Tracheotomien, die Anwendung der künstlichen Blutleere erhoben vorgenommen. Von Wunderkrankungen kamen unter worden sind, veranlasst, diese Frage näher zu unter­ dem Verbände von Al. acet. nur 6 Fälle von Ery­ suchen. N. erkennt das Vorhandensein der paren­ sipel vor mit mildem Verlauf, mit Ausnahme eines chymatösen Nachblutungen an, kann denselben aber tödtlich endigenden nach Mamma-Amputation. [Von in den meisten Fällen keine grosse Bedeutung bei­ aussen wurden 2 Fälle, davon ein tödtlich endendes messen. Sorgfältige Anlegung der Ligaturen vor gangränöses Erysipel des rechten Oberschenkels, Lösung des Schlauches, Erhebung des Gliedes, Com- aufgenommen.] Von Pyämie kam kein F all, von pression der Hautlappen, Eiswasserberieselung ge­ Septikämie, ausser einer mit entwickelter Sepsis auf­ nügten, um ein reichlicheres Nachsickem des Sekretes genommenen complicirten Oberarmfraktur, ein zwei­ zu verhindern, so dass der erste Verband anfangs felhafter bei Patellarnaht vor. durchschnittlich 4 Tage liegen bleiben konnte. Zu­ Auf der S c h e d e ’schen Abtheilung im allgem. nehmende Sorgfalt in der Technik des ersten Ver­ Krankenhause zu Hamburg (Arch. f. klin.Chir. XXVIII. bandes ermöglichte es, dass derselbe schlüsslich so p. 677.1883) wurde, nachdem verschiedene Mischun­ lange liegen bleiben konnte, bis die Wunden bis auf gen antiseptischer Stoffe, wie Salicylsäure, Chlor­ die Drainlage und die Stichkanäle geheilt waren. zink , essigweins. Thonerde und andere mit Argilla Es fehlte nur die Verwendung eines resorbirbaren Näh- alba, Amylum, kohlensaurem Kalk keine befriedi­ und Drainmaterials, um eine absolute oder doch an­ genden Resultate gegeben hatten, in einem mecha­ nähernd vollkommene Heilung unter einem Verbände nischen Gemenge von Holzkohlenpulver und essig­ zur Regel zu erheben. Das Material zu ersterem weinsaurer Thonerde ein das Jodoform in vieler Be­ fand sich im Catgut; nach längern Versuchen fand ziehung ersetzendes Pulver gefunden. sich das Material zu letzterem in decalcinirten Kno­ chenröhren. Dieselben wurden aus Pferde- oder Die sehr einfache Bereitungsweise bestand darin, Rindsknochen hergestellt, zunächst 10 Std. in Salz­ dass fein gepulverte Holzkohle in einem Tiegel ge­ säurelösung gelegt, dann in 5proc. Carbollösung aus- glüht u. alsdann mit Alumina aceto-tartarica pulver. gewässert und in lOproc. Carbolöl aufbewahrt. im Verhältniss von 7 : 3 vermischt wurde. Ein Ge­ Der Dauerverband, bei welchem das Material in menge aus gleichen Theilen rief zuweilen einen leich­ keiner Weise geschont werden darf, wird in der ten Aetzschorf auf frischen Wunden hervor, derselbe Weise angelegt, dass zunächst auf die Wunde Krüll- stiess sich indessen nach wenigen Tagen ab. gaze kommt, welche durch carbolisirte Gazebinden Die esdgsaure Thonerde, ein krystallisirendes fixirt wird. Dieselbe soll die Wunde weit nach oben Doppelsalz, hat den Vorzug der fast in allen Ver­ u. unten überragen und in 1 — 2 Finger dicker Lage hältnissen möglichen leichten Löslichkeit neben einer bedecken. Auf diese Weise wird die Extremität zu­ energischen antiseptischen Wirkung. Dieselbe wurde nächst spindelförmig eingehüllt. Zeigen sich dann in 3- und bproc. Lösung als Desinfektionsflüssigkeit noch Unebenheiten, so werden dieselben mit Salicyl- bei Kindern und in Fällen, wo die Carbolsäure nicht watte ausgefüllt. An der abhängigsten Stelle der gerathen erschien, ferner zu antiseptischen Umschlä­ Wunde wird auf die Krüllgaze noch eine mindestens gen in l/2—3proc. Lösung mit gutem Erfolg ver­ zolldicke Watteschicht gelegt. Jetzt folgt die 9facli wendet. Toxjsche Erscheinungen kamen nicht vor. geschichtete Listergaze. Diese überragt die Wund- Die Wundhöhlen nach Nekrotomien u. s. w. wurden gegend allseitig um mindestens 3—5 Handbreiten dicht mit dem Thonerde-Kohlenpulver ausgefüllt, mit und muss an beiden Grenzen mit handbreiter zoll- einigen Lagen Mull und einem Stück Pergament­ dicker Salicylwatte unterfüttert sein. Die Gaze wird papier bedeckt. Der erste Verband konnte 1 bis stark comprimirt und durch appretirte Gazebinden 2 Wochen liegen bleiben, kleinere Wunden heilten angewickelt. Eine den ganzen Verband deckende, unter dem Schorf. Besonders günstige Resultate allseitig comprimirende elastische Binde vollendet den wurden unter Anwendung des Pulvers bei Exstir­ Verband. Dieser erste Verband blieb in den mit- pation des Rectum erzielt, indem man das Annähen getheilten 36 Fällen bis zu 20 Tagen liegen. Bei des Rectumstumpfes an die äussere Haut aufgab, die diesen trat 8mal absolute Heilung nach dem ersten Wundhöhle mit dem Pulver ausfüllte, mit Watte be­ Verbandwechsel ein, 4mal klaffte die Wunde ein deckte und befestigte. Die Resultate waren auch wenig beim ersten Verbandwechsel, 19mal war VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. 167

Prima-intentio eingetreten in ganzer Ausdehnung der wendung einer neuen Methode der Ableitung des Wundlinie, bis auf ganz kleine Stellen, die meist, Wundsekrets, nämlich der Hautdurchlochung. aber nicht immer, der Drainlage entsprachen. Unter Im Laufe der Zeit stellten sich verschiedene 3 Fällen von Ovariotomie trat in 2 der Tod an Peri­ Mängel der resorbirbaren Drains heraus. Zuweilen tonitis ein, ebenso in einem Falle von Resectio ilei. wurden sie verflüssigt, unter Umständen dauerte die Bei einer Ablatio mammae entstand tödtliche Septik- Resorption sehr lange, zuweilen blieb sie ganz aus, ämie in Folge von Sekretretention. Viermal fand wenn das Knochenrohr im Centrum eines Blutge­ sich mässige Eiterung vor, eben so oft Geruch des rinnsels lag. Sehr verschieden fiel die Resorption Sekrets. aus, wenn das Drainrohr verschiedene Gewebe pas- Die Ergebnisse seiner Untersuchungen über die sirte. Wenn daraus auch keine erheblichen Nach­ Veränderungen, welche decalcinirte Knochenröhren theile erwuchsen, so war doch die Ungleichmässig- in Weichtheilwunden erfahren können, fasst N. keit der Resorption recht unbequem. Da ein gleich­ (Arch. f. klin. Chir. XXV. 1. p. 116. 1880) in fol­ mässig resorbirbares Material nicht aufzufinden war, gende Sätze zusammen. so versuchte N., wo eine zu langsame Resorption der 1) Eine gelatinöse Aufquellung und unter Ab-Knochendrains in Aussicht war, für Abfluss der Se­ stossung feinster Partikelchen eintretende Auflösung krete zu sorgen, ohne überhaupt Drains anzulegen. findet nur dann statt, wenn das Drainrohr in einem Er fand dieses Mittel in der Hautdurchlochung, welche katarrhalischen oder eitrigen Wundsekret längere mittels eines zangenartigen Instrumentes, wie es die Zeit liegt. — 2) Gewöhnlich erfolgt die Resorption Lederarbeiter verwenden, ausgeführt wird. durch die allseitig andrängenden Granulationen. — Die Lösung der Frage der Sekretableitung bei 3) Unter nekrotischen Gewebstheilen bleibt das Drain­ den mit Dauerverbänden behandelten Wunden stellt rohr lange Zeit unverändert; je nach dem verschie­ sich N. etwa folgendermaassen vor. denen Feuchtigkeitsgehalt der gangränösen Partie 1) Weder Drainage noch Hautdurchlöcherung, tritt früher oder später eine langsam fortschreitende sondern fester Schluss der Wunde durch die Naht Erweichung der oberflächlichen Schicht ein. — bei kleinen oberflächlichen und glatten Wunden. 4) Vollkommen unbeeinflusst betreffs seiner Consi- 2) Hautdurchlöcherungen bei grössern Weich­ stenz und Gestalt bleibt das entkalkte Knochendrain­ theilwunden, welche in ihrer grössten Ausdehnung rohr, wenn es allseitig von einem Blutcoagulum um­ dicht unter der Haut liegen und voraussichtlich inner­ geben ist. halb längstens 10 Tagen per prim. int. geheilt sein Die mit dem Dauerverbande weiter erreichten werden. Resultate, welche in dem gleichen Berichte erwähnt 3) Resorbirbare Drains, event. unter gleichzei­ sind, waren sehr günstig. Nach 131 Operationen tiger Anwendung der Kanalisation, bei solchen Wun­ wurden 101 Heilungen unter einem Verbände erzielt, den, deren Heilung voraussichtlich erst nach Wochen meist ohne Temperatursteigerung und ohne Eiterbil­ erreicht sein wird. dung , welche nur in je 6 Fällen auftraten. Ausser 4) Gummidrains, event. gleichzeitig mit resorbir­ einer bereits vor der Operation bestehenden Septik- baren Drains, und Kanalisation bei Wunden, welche ämie kamen accidentelle Wundkrankheiten überhaupt zwar voraussichtlich aseptisch, aber unter Eiterung nicht vor und der antiseptische Verlauf wurde nie­ heilen werden. mals gestört. Nach den übrigen 27 Operationen er­ Eine weitere Modifikation des Dauerverbandes folgte ebenfalls meistens Prima-intentio in grösster stellte N. (Berl. klin. Wchnschr. XVIII. 49. p. 734. Ausdehnung der Wunde. Veranlassung zur vorzei­ 1881) vermittelst Polstern aus Jute oder Watte her, tigen Erneuerung des Verbandes boten Nachblutun­ die mit Jodoform imprägnirt waren. Die Resultate gen, Phlegmonen, Resektionen und andere Wunden, waren auch hier ausgezeichnet. Endlich aber fand bei denen die Heilung unter einem Verbände kaum er in dem Torfmull ein Verbandmaterial, wel­ möglich erscheint. Der Dauerverband selbst erfuhr ches durch seine stark aufsaugenden und austrock­ mehrere Aenderungen. Statt der Krüllgaze wurde nenden Eigenschaften dem Dauerverband noch eine später direkt auf die Wunde ein antiseptisches Pol­ wesentliche Stütze verlieh (Arch. f. klin. Chir. XXVII. ster gelegt, in der Weise, dass ein flacher, quadra­ 3. p. 757. 1881). tisch oder rechteckig geformter Beutel aus carboli- N. wurde auf diesen Stoff aufmerksam durch eine sirter Gaze gleichmässig mitCarboljute gefüllt wurde. Beobachtung bei einem Torfarbeiter, welcher eine Behufs einer gleichmässigen Compression muss der complicirte Vorderarmfraktur mit dick aufgestriche­ Verband sehr fest angelegt und durch eine, das Ganze nem Torfbrei behandelt hatte. Unter diesem Ver­ deckende, elastische Bindentour abgeschlossen wer­ band hatte sich während 10 Tagen kein Tropfen den , welche den antiseptischen Verband mindestens Eiter gebildet und die Wunde sah vorzüglich aus. um 2 Fingerbreiten überragt. (Ergänzende Mitthei­ N. benutzte zu seinen Versuchen die beim Zer­ lungen über den antiseptischen Polsterverband finden sägen des weissen Torfes (Moostorf) abfallenden sich noch Arch. f. klin. Chir. XXVI. p. 489.) Späne, den sogen. Torfmull. Dieser Stoff besitzt Die weitere Entwicklung dieser Verbandmethode angefeuchtet ein ausserordentlich grosses Aufsau­ in der E s m a r c h ’schen Klinik (Arch. f. klin. Chir. gungsvermögen für Flüssigkeiten, besonders für Was­ XXVI. 1. p. 77, 2. p. 489. 1881) führte zur An­ ser und Blut, weniger für Eiter, er nimmt das Nenn­ 1C8 VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. fache seines Gewichts an Wasser und an Blut auf. indessen diese günstigen Resultate nicht lediglich Ferner zeigte sich ein bedeutendes Absorptionsver­ den Torfverbänden zuschreiben, sondern auch der mögen für Riechstoffe und schlüsslich fand sich, dass genauen Blutstillung, der primären Wunddesinfek­ frische Fleisch- und Blutproben im Centrum eines tion , der peinlichen Ausschaltung aller Infektions­ Torfballens der Zersetzung mindestens eben so lange, quellen , strengen Isolirung aller septischen Krank­ meistens aber länger widerstanden, als inmitten eines heitsfälle, Vermeidung complicirter Instrumente, Be­ Ballens von öproc. Carbolwatte. Der Torfmull wurde nutzung der vonEsmarch empfohlenen, aus einem anfangs mit Jodoform (10°/0) gemischt und in flache Stück vernickelten Stahles bestehenden Messer, der Gazebeutel gefüllt, diese dann anstatt der Jutepolster häufigen Anwendung der Arterientorsion u. s. w. oder Watteverbände benutzt. Die kleineu Polster, Die Wirksamkeit des Torfs erklärt N. in erster welche der Wunde direkt aufliegen sollen, waren Linie aus dessen grossem Absorptionsvermögen. später mit 5- u. 2l/2proc. Jodoformtorf gefüllt, mit­ Eine Tabelle zeigt das Absorptionsvermögen einer unter wurde sogar der mit öproc. Carbolwasser an­ Anzahl von Stoffen, welche für Verbände benutzt gefeuchtete Torfmull ohne nachtheilige Folgen direkt werden können. Nächst dem Torf saugen Holz­ auf die Wunden gebracht. Die grossen Polster wer­ sägespäne am meisten Flüssigkeit auf, nämlich das den mit unpräparirtem, einfach angefeuchtetem Torf­ ö^ofache des eigenen Gewichts. Im Nothfalle würde mull gefüllt. N. zerkleinerte Eichenrinde oder Fichtenholzspäne Die Verbandtechnik ist folgende: Die Wunde verwenden. Sehr gering ist das Aufsaugungsver­ wird mit 2V2Pi’OC. Carbolwasser gereinigt, mit resor- mögen von Sand, Kleie oder Asche. Das Schicksal birbaren Drains oder Hautlöchern versehen und ge­ einer antiseptisch behandelten Wunde ist jedoch da­ näht. Auf die Wunde kommen kleine 21/2proc. von abhängig, xoie man ein bestimmtes Mittel, und Jodof.-Torfpolster, darüber ein grosses, mit Öproc. nicht welches man anwendet. Carbolwasser angefeuchtetes Torfpolster, das Ganze Dr. Gaffky (a. a. 0. p. Ö06) fasst die Resul­ wird mit einer Gaze- oder Wasserglasbinde befestigt. tate seiner Untersuchungen über die antiseptischen Der Constriktionsschlauch wird erst gelöst, wenn Eigenschaften des Torfes in die folgenden Sätze der Verband angelegt ist; auf diese Weise verläuft zusammen. die Operation vollkommen blutlos. Eine Nachblutung 1) Der Torf ist nicht frei von entwicklungs­ kam dabei nie vor. fähigen Keimen niederer Organismen. Die Torfpolsterverbände liegen — falls keine 2) Der Torf besitzt keine bakterientödtenden Störung vorkommt — bis zur muthmaasslich einge­ Eigenschaften. Er ist kein Desinfektionsmittel. tretenen Heilung. Ausser den bereits angegebenen 3) Antiseptische Eigenschaften in dem Sinne, Vorzügen besitzt der Torfmull noch die Eigenschaft, dass er mit geeigneten Nährflüssigkeiten durch­ angefeuchtet ein weiches und dabei elastisches Ver­ feuchtet, die Vermehrung niederer Organismen in bandmaterial zu sein. Ferner ist er ungefähr 8 t/3mal denselben völlig verhinderte, besitzt der Torf eben­ billiger, als der Lister1 sehe Gazeverband. An 133 falls nicht. Wunden, über die von N. berichtet wird, lag der 4) Dagegen vermag der Torf unter solchen Um­ erste Verband 122mal bis zum beabsichtigten Ter­ ständen die Vermehrung niederer Organismen bis zu min, d. h. 10 Tage bis G Wochen, und musste nur einem gewissen Grad zu verzögern. 8mal vorzeitig entfernt werden. In Folge dieser Trotz diesen Ergebnissen seiner Untersuchungen Operationen kam kein Todesfall vor. In ca. 8Ö°/0 glaubt G., dass der Torf wegen seines beträchtlichen der Fälle war nach Entfernung des ersten Verbandes Absorptionsvermögens und wegen seiner Elasticität vollkommene oder nahezu vollkommene Heilung ein­ ein empfehlenswerthes Verbandmaterial darstelle. getreten. Die morphologische Zusammensetzung des Tor­ In einer spätem Mittheilung (Arch. f. klin. Chir. fes wurde von Dr. Prahl (a. a. 0. p. 507) unter­ XXVIII. 2. p. 483. 1883) berichtet Neuber sucht ; wir führen hier nur das Wichtigste aus über die weitern Resultate und die Modifikationen dessen Bemerkungen an. Zu Verbandzwecken ist des Torfverbandes. Demnach wurden weder Gaze, nur der leichte hellbraune oder graue Moostorf zu noch Torf antiseptisch präparirt, sondern nur mit benutzen, der nur geringen Heizwerth hat. Der­ Sublimatlösung besprengt. Dieser einfache Verband selbe besteht grösstentheils aus Resten von Sphag­ blieb bis zu 6 Wochen liegen. numarten, deren wohlerhaltene Blätter das Absorp­ Von 212 Verletzten oder Operirten, die neuer­ tionsvermögen für wässerige Flüssigkeiten bedingen. dings mit diesen Verbänden behandelt wurden, star­ Der reife Torf eignet sich nicht zum Verband­ ben drei. Abgesehen von diesen 3 Todesfällen lag material, doch könnten wohl lebende Sphagnum­ der erste Verband bis zum beabsichtigten Termin pflanzen, entsprechend präparirt, zu Verbänden ver­ 198mal u. musste llm al vorzeitig entfernt werden. wendet werden. In ca. 85% dieser 198 Fälle war nach Entfernung Die weitern Veränderungen, welche Neuber') dieses ersten Verbandes absolute oder vollkommene neuerdings an dem antiseptischen Dauerverband Heilung erzielt. Der Verband lag u. A. nach einer complicirten Fraktur des Oberschenkels 7 Wochen, *) Mittheilungen aus der chir. Klinik zn Kiel. II. 8. nach einer Hüftexartikulation 21 Tage. N. will 70 S. Kiel 1884. Lipsins u, Fischer. VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. 1G9 vorgenommen hat, bezwecken die Abschaffung der den tiefsten Wundabschnitten gegenüber liegen soll. Drainage für alle frischen Wunden, da nach seiner Für voraussichtlich wenig secernirende Wunden ge­ Ueberzeugung die Drains eine überflüssige u. schäd­ nügen die zwischen der lockern Naht liegenden liche Beigabe der Wundbehandlung sind. Diesem Lücken, das Sekret abzuleiten. Bei grösserer Infek­ Bestreben verdankte seiner Zeit die Kanalisation tionsgefahr und erheblicher Sekretion bleiben die (s. oben) ihre Entstehung. Das neue Verfahren Wundwinkel offen. Durch Y-förmige Schnittführung geht, nachdem die Infektionsgefahr durch eine Reihe kann man einen zipfelförmigen Lappen bilden, wel­ von Einrichtungen noch mehr herabgesetzt, und cher, eingestülpt und festgenäht, eine sehr gute auch die Sekretbildung gegen früher erheblich ver­ Abflussrinne bildet. Kanal- oder schlitzförmige ringert ist, darauf hinaus, durch Beseitigung jeder Wunden bleiben offen. Höhle innerhalb der Wunden, eine Ansammlung der Die resorbirbaren Drains sind fast ganz auf­ immerhin noch gelieferten Sekrete zu vermeiden. gegeben , unter etwa 50 für Dauerverbände geeig­ Dasselbe besteht in der Anwendung oberflächlich neten Fällen musste nur lmal drainirt und 2mal und tief versenkter Nähte bei geringen Niveau­ kanalisirt werden. differenzen oberflächlich gelegener Wunden, bei sehr Bedingung zum Gelingen dieser Wundbehand­ tief in die Gewebe eindringenden und weit klaffen­ lung ist, dass den Vorbereitungen zur Operation die den Wundspalten in der Anlegung von etagen förmig allergrösste Aufmerksamkeit gewidmet wird, um wo auf einander folgenden Nähten, wobei die tiefst möglich alle Gelegenheit zur Infektion von Seiten liegende Naht sehr fest, die oberflächliche recht der Kleidung der Kranken, oder des Inventars u. s. w. locker angezogen wird, wodurch naturgemäss die zu vermeiden. Es werden die Operationen sogar Sekrete nach aussen gedrängt werden. Durch diese in 3 ganz getrennten Räumlichkeiten vorgenommen, Methoden der Nahtversenkung lassen sich alle Höh­ je nachdem Fälle ohne, mit chronischer oder mit len und Nischen vermeiden, welche nach chirur­ akuter Eiterung vorliegen. Um die Wunde nicht un- gischen Eingriffen, oder in nachgiebigen Weich- nöthig zu reizen, wird möglichst selten irrigirt, und theilen entstanden sind. zwar mit einer 0.6proc. Kochsalzlösung. Nur vor Wo es sich aber um Höhlen handelt, welche von Anlegung der Naht wird die Wunde mit Sublimat­ starren Knochen- oder Weichtheilswandungen um­ lösung (0.5°/00) , welche auch zur Desinfektion der grenzt sind, können versenkte Nähte natürlich nicht Haut, des Inventars u. s. w. dient, abgespült. angewendet werden. Um auch hier die Entstehung Genäht wird mit in Sublimatalkohol O/gprom.) von Wundhöhlen unmöglich zu machen, kommen die aufbewahrtem Catgut. Aus den über die Opera­ Einstülpungsnaht und die Lappenimplantation zur tionsresultate beigefügten Tabellen geht hervor, dass Anwendung. Die von ihrer Unterlage abgelösten bei 85 Operationen und Verletzungen 4lmal Heilung und mobil gemachten Hautlappen werden bis an den primär, 27mal bis auf oberflächliche Granulationen Grund oberflächlicher Knochenmulden eingebogen, an Stellen offener Lücken eintrat. Im Ganzen also wobei Haut- und Lappenwundflächen sich so an ein­ 68 tadellose Heilungen unter einem Verbände er­ ander anlegen, dass jede Höhlenbildung vermieden, folgten. Vierzehn Mal waren die Wunden bis auf dagegen eine primäre Verklebung möglich wird. Fisteln, Geschwüre oder kleine Abscesse geheilt (in Die Lappenimplantation eignet sich für tief ein­ einer besondern Tabelle zusammengestellt), in 3 F. dringende Weichtheilswunden, deren gegenüber­ trat lebhafte Eiterung auf und machte 2mal vor­ stehende Flächen nicht durch versenkte Nähte ver­ zeitigen Verbandwechsel nöthig. einigt werden können, oder für grosse Substanz­ Eine Kritik des N e u b e r ’schen Torfmullverban­ verluste tiefliegender Knochen. Es werden bei des geben DDr. Mielclc und Leisrink (Berl. diesem Verfahren die in geigneter Weise lospräpa- klin. Wchnschr. XIX. 39. p. 588.1882). Dieselben rirten Weichtheilslappen durch Nägel und Einstül­ erwähnen, dass das von N. hervorgehobene grosse pungsnähte im Grunde der Knochen-, resp. Gelenk­ Absorptionsvermögen des genannten Stoffes für Pro­ höhle fixirt. dukte organischer Zersetzungen, mit einem Worte Bei Gelenkresektionen macht die Vermeidung dessen antiseptische Wirkung, diesem Stoffe nicht von Höhlen zuweilen grosse Schwierigkeiten. N. er­ zukomme, sondern der schwarzen Torferde. Ueber- strebt durch feste Anlagerung und Annagelung der haupt verwende N. den Torfmull nur als Träger Sägeflächen eine knöcherne Ankylose. Wenn dabei bakterienwidriger Agentien. Das Aufsaugevermögen allerdings der Verlauf günstiger, das Auftreten von des Torfes, auf welches seine Empfehlung hinaus­ Recidiven seltener und die Mortalität geringer sein läuft, kommt in noch höherem Grade dem Sphagnum wird, so wird dagegen der Erfolg in Bezug auf die zu, aus welchem erst nach seinem Absterben der Funktion um so ungünstiger sein. Doch wird dieser Moostorf sich bildet. M. empfiehlt deswegen den Nachtheil durch die günstigen Heilungserfolge auf­ Torfmoor, Sphagnum, als Verbandmittel. Die Prä­ gewogen. [Es ist allerdings zweifelhaft, ob in die­ paration desselben ist die folgende: Das getrocknete ser Frage N. viele Zustimmung finden wird.] Sphagnum wird in eine Destillirblase gegeben, in Ein weiteres Mittel zur Sekretableitung ist die derselben trocken erhitzt und, nachdem es heiss ge­ passende Wahl des Schnittes, welcher womöglich worden , ein starker Dampfstrom etwa eine Viertel- Med. Jahrbb. Bd. 204. Hft. 2. 22 170 VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. stunde lang hindurchgeleitet und das Moos zum liegenden Fasern, das Innere kommt dabei nicht 2. Male getrocknet. Dadurch wird alles ansteckungs­ in Betracht. Auch bei der Holzwolle werden nur fähige organische Gebilde getödtet. durch das Aneinanderliegen der Fäserchen äusserlich Auf Dr. Leisrink’s Abtheilung wurde dieses Capillarräume gebildet, welche Flüssigkeiten an- Material in der Weise verwendet, dass das Torfmoos saugen, doch hat sie den Vorzug, dass in den lang­ in Mull zu Eissen lose genäht wurde. Diese Kissen gestreckten, durch die Herstellung eröffneten Zellen spielen ganz die Rolle der Verbandwatte und sind eine Menge von zugängigen Hohlräumen gebildet dabei ausserordentlich billig. Auf die Wunde selbst wird, in welche capillare Flüssigkeit hineinfliessen kommt eine Schicht Jodoformgaze und darüber legt kann, indessen ist dabei das Maass des Aufsauge- man diese Kissen. Bei einer Anzahl von Operations- vermögens an einen bestimmten Grad der Zerkleine­ fällen, in welchen dieses Verfahren eingeschlagen rung gebunden, der nicht zu gering und nicht zu wurde, trat niemals Retention von Wundsekret oder stark sein darf. Sepsis der Wunde auf. Auch wenn die Kissen Ausserdem kommt dem Torfmoos noch eine grosse längere Zeit lagen, wurde kein übler Geruch beob­ Weichheit und Elasticität zu, doch verdienen von achtet. den einzelnen Arten diejenigen, welche in Mooren Eingehend wird von H.Leisrink, H.Mielck u. Teichen gewachsen sind, vor den in Nadelwäldern und S. K o r a c h der Torfmoosverband und sein Ma­ gewonnenen den Vorzug. terial, der Torfmoor, in einer kleinen Schrift *) auf Das mittels Durchleiten heisser Wasserdämpfe Grund eines sehr reichen klinischen Beobachtungs­ sterilisirte Moos ist weniger hygroskopisch, vielleicht materials nach allen Seiten besprochen. Die grosse durch chemische Veränderung der Zellmembran. L. Bedeutung des Wasseraufsaugungsvermögens der sterilisirt deshalb das Moos durch Tränken mit Sub Sphagnumarten im Haushalte dev Natur ist schon limatlösung, mit nachheriger Trocknung und stellt lange erkannt. Von den Bewohnern der Polarländer auf diese Weise ein stärkeres und schwächeres Sub­ wird es auch als absorbirendes und desinficirendes limatverbandmoos her. Die Einfachheit der Her­ Mittel bei der primitiven Pflege der kleinen Kinder stellung, die leichte Beschaffung des Materials, un­ verwendet. Für die Anwendung des Torfmooses als abhängig von Fabriken und Patenten, sind ausser­ Verbandmaterial ist von den Strukturverhältnissen dem Vorzüge, die sicher schwer in’s Gewicht fallen. besonders der Bau der Blattzellen am bemerkens- Die abweichenden und abfälligen Urtheile meh­ werthesten. In der Rinde und dem Mark des Stam­ rerer Autoren über die Aufsaugungsfähigkeit des mes finden sich Zellen, deren Wände durch elastische Torfmooses lassen sich nur durch die Annahme er­ Ringe oder Spiralen am Zusammenfallen verhindert klären, dass ein Präparat verwendet wurde, welches werden und welche mittels eines Loches mit der zuvor längere Zeit sehr hoher Temperatur ausgesetzt Aussenwelt communiciren. Oehrchenartige Anhängsel war und bei welchem in derThat die Verlangsamung der Blätter, der Bau der Stengel und seiner Aestchen der Absorption eine sehr bedeutende ist. Verglei­ vermehren noch die Aufsaugefähigkeit der Pflanze chende Versuche mit verschiedenen Verbandmateria­ und verwandeln dieselbe in eine Art hydraulisches lien: Watte, Holzwolle, Gaze,, Jute und Torfmoos Hebsystem, so dass den mit Torfmoos bekleideten in der Weise angestellt, dass um mit Flüssigkeit ge­ Strecken der Ebenen dieselbe Bedeutung zukommt füllte Blechcylinder regelrechte Verbände angelegt wie den Gletschern für die alpinen Regionen, als wurden, ergaben eine bedeutende Ueberlegenheit des Bindemittel und Reservoir des Wassers. Ausserdem Torfmooses über die ändern Stoffe, nicht allein in steht aber die Torfmoospflanze in einem gewissen Betreff der Aufsaugung, sondern auch in Betreff der Gegensätze zur fauligen Zersetzung, wie sich schon schnellen Verdunstung. Deshalb eignet sich das an dem Verhalten der fauligen Sümpfe in heissen Torfmoos auch ganz vorzüglich zu Dauerverbänden. Gegenden, wo sich kein Sphagnum findet, und dem Die Anlegung eines Verbandes geschieht in der der Fäulniss widerstehenden unserer Torfmoore zeigt. Weise, dass auf die (natürlich aseptische) Wunde Worauf diese die Fäulniss hindernde Eigenschaft eine doppelte Lage M ie lc k ’scher Jodoformgaze des Torfes beruhe, ist noch nicht genügend erklärt, kommt, befestigt durch einige Gazebindentouren. doch lassen sich dafür geltend machen die Armuth Darüber kommt ein fest angedrücktes Torfmoos­ der Pflanze an Protoplasma, also an Eiweiss und kissen, etwas grösser als die Wunde selbst; hierauf Stickstoff, ferner die Unveränderlichkeit der nur aus folgen sehr grosse deckende Kissen, welche die ganze Zellstoff bestehenden Wand der Zelle, indem nur Extremität oder die Körpertheile weithin bedecken. die Lumina der einzelnen Zelle das Wasser aufneh­ Sind dieselben durch Gazebinden fest angelegt, so men, endlich die Abschliessung der Luft von der in kommt über den ganzen Verband eine fest anschlies­ den Pflanzenzellen enthaltenen Feuchtigkeit, als auch sende nasse Kleisterbinde. Schlägt der Verband un­ von der Infektion durch Mikroorganismen. Bei Baum- erheblich durch, so wird noch ein Kissen aufgelegt; woll-, Leinen- und Jutefaser giebt es nur eine capil- nur in Nothfällen werden die Kissen durch neue er­ lare Attraktion zwischen den einzelnen an einander setzt, während das der Wunde auf liegende unberührt bleibt. *) Der Torfmoosverband. Hamburg u. Leipzig 1884. Der Torfmoosverband ist zwar ein Dauerverband, Leopold Voss. 8. IV u. 42 S. aber kein solcher im Sinne Neuber’s. Besteht VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. 171

abendliche Temperaturerhöhung, so wird der ganze gungsfähigkeit des Stoffes wird noch seine lockere Verband abgenommen und die Wunde revidirt. Ist Beschaffenheit, die eine leichte Verdunstung der auf­ der Verlauf ein normaler, so bleibt der erste Ver­ genommenen Flüssigkeit gestattet, ferner sein gerin­ band , auch wenn die Kissen blutgetränkt sind, ges Gewicht und seine Elasticität hervorgehoben. 14 Tage und länger liegen. Die Kissen sind dann Dazu kommt noch die grosse Billigkeit. Ein Kilo­ von Wundsekret durchzogen , aber trocken. Unter gramm mit Glycerin und Sublimat imprägnirt kostet dem Mikroskop sieht man die Zellen bis zum Zer­ 0.64 Mark. springen mit Wundsekret gefüllt, das Wundsekret Der Verband wurde in der Weise hergestellt, liegt in der Zelle, giebt durch Verdunsten durch die dass auf die sorgfältig antiseptisch behandelte Wunde Zellenwand seinen Wassergehalt ab, letztere ver­ eine sehr dünne Lage Glaswolle kam, darüber ein hindert aber den Zutritt der Luft, so dass ein Faulen kleines Holzwollepolster und darüber ein etwas grös­ der Ei weisssubstanzeil nicht leicht stattfindet. Aus seres , dessen Inhalt so vertheilt ist, dass er an den dieser Wirksamkeit des Torfmooses ergiebt sich die Rändern am dünnsten ist. Fixirung mit Binde, kein imgemeine Wichtigkeit desselben, namentlich für die impermeabler Stoff. Noch einfacher kann der Ver­ Landpraxis und für die Kriegschirurgie. band in der Weise angelegt werden, dass man ein­ Die beigefügte Casuistik zeigt, dass die Torf­ fach die Wunde und ihre Umgebung mit loser Holz­ moosverbände bei 127 grössern Operationen ange­ wolle bedeckt und diese mit Tuch oder Binde be­ wandt wurden, wobei die Heilung unter 2—3 Ver­ festigt. Der Wundverlauf unter diesem Verbände bänden erfolgte. Es kam dabei ein Fall von tödt- ist „ein geradezu idealer“. Gewöhnlich kommt gar licher Sepsis vor nach einer Amputatio uteri supra- keine Temperatursteigerung vor. Der Verband bleibt vaginalis bei verjauchtem Myom und schon bestehen­ bis zum muthmaasslichen Termin der Heilung liegen. der septischer Peritonitis. Ein Erysipel trat 15 Tage Derselbe ist bei seiner Abnahme gewöhnlich total nach der Operation in der Nachbarschaft einer ge­ trocken, ebenso die Wunde. Die Haut in der Um­ heilten Wunde auf. gebung ist durchaus nicht gereizt. Nach Entfernung Dr. Hagedorn (Arch. f. klin. Chir. XXIX. 2. der Nähte und Drains genügt ein kleines Holzwoll- p. 480. 1883) hat neben Sublimat-Antisepsis das kissen als Verband. Einen Theil dieser Erfolge frisch getrocknete Moos an Stelle des Torfes als schreibt W. dem Sublimat zu, besonders auch die Verbandmaterial während eines halben Jahres mit Immunität gegen Erysipelas. dem besten Erfolge angewandt und rühmt demselben Von den mit diesem Verbände innerhalb 6 Mon. die oben bereits erwähnten Vortheile nach. Bei kei­ behandelten 180 Kranken starben 6 : 2 Pat. mit nem Operirten oder mit frischen Verletzungen Auf­ Hüftgelenksresektion an akuter tuberkulöser Basilar- genommenen kam Erysipel oder Sepsis vor, obgleich meningitis, in 2 Fällen von Ileus und Laparotomie Gelegenheit zur Ansteckung nicht fehlte. H. will erfolgte der Tod an der Darmocclusion, in 1 Falle indessen diese Erfolge nicht den Moosverbänden zu- von Brustkrebs an Metastasen, in 1 F. von Wirbel- schreiben, sondern nur zeigen, dass dieselben keinen caries an Erschöpfung. (Die einzelnen Fälle sind in nachtheiligen Einfluss ausüben und ändern Verbänden extenso mitgetheilt.) nicht nachstehen. Diese vortrefflichen Resultate sind Dr. H. P. Symonds (Lancet II. 2 ; Sept. 22. nach ihm lediglich der Sublimatbehandlung zu ver­ 1883. p. 495) verwendete grobes Sägemehl, mit danken. lOproc. Carbollösung imprägnirt und in Gazesäck­ Einen Ersatz für die neuerdings empfohlenen u. chen eingenäht, zu antiseptischen Verbänden und für die Ztster’schen Verbandstoffe fand Dr. G. W a 1 - rühmt die grosse Aufsaugungsfähigkeit u. die leichte eher1) in dem Holzstoff — dem durch Schleifsteine Anschmiegbarkeit dieses Materials. zu feinen Fasern verriebenen Holze, wie dasselbe zur Dr. Th. Siegen untersuchte das ätherische Papierfabrikation fabrikmässig hergestellt wird. Oel von Eucalyptus globulus auf seine Ver­ Der feuchte Holzstoff, „ Holzwolle“ genannt, ist wendbarkeit zum antiseptischen Verband (Deutsche ein gelblich-weisses, frisch harzig riechendes Mate­ med. Wchnschr. VI. 30. p. 408. 1880). rial, das sich weich und schmiegsam anfühlt und eine Er verwendete eine Lösung von 3 g des Oeles enorme Menge Wasser aufsaugen kann. Letztere in 15g Alkohol, dann mit 150g Wasser verdünnt. Eigenschaft hat der Holzstoff auch in völlig trocknem In dieser Flüssigkeit wurden dann Gazestücke ge­ Zustande. Die Holzwolle, wie sie auf der Klinik tränkt und auf die Wunde gelegt. Die damit erziel­ von Prof, Bruns zur Verwendung kam, war mit ten Resultate waren recht günstig. Glycerin und Sublimat imprägnirt. Innere Darreichung des Eucalyptusöls in Dosen Als eine Art Ersatz für Gaze empfiehlt W. einen von 3—4 g hatte keinen Einfluss auf den Gang der dünnen Holzfilz, der durch Zusatz von Jute Festig­ Temperatur. keit bei gleichzeitiger Weichheit und Geschmeidig­ keit erreicht. Abgesehen von der grossen Aufsau- In der Klinik von Prof. Busch in Bonn (Berl. klin. Wchnschr. XVIII. 13. p. 186.1881) bewährte sich das Eucalyptusöl als eins der besten Antiseptika ') Mitteilungen aus der chir. Klinik zu Tübingen, herausgeg. von Dr. P. B ru n s. 1. Heft. Tübingen 1883. bei offener Behandlung. Schneller als bei Anwen­ Laupp. 8. 228 S. dung anderer Antiseptika schwanden Zersetzung und 172 VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.

übler Geruch der Wundsekrete und trat gesunde Prof. Fürbringer (Berl.klin.Wchnschr.XIX. Vegetation der Gewebe auf. Leider eignet sich das 10. p. 145. 1882) bestätigt die gute Wirkung des antiseptische Oel nicht für den Occlusivverband. Naphthalin als Desinficiens und Desodorans bei pu­ T e r eben, ein Zersetzungsprodukt des Terpen­ triden Sekretionen, kann aber der Ansicht F i ­ tinöls, ist in England vielfach zu antiseptischen Ver­ sch e r ’s über die unbedingte Unschädlichkeit des­ bänden verwendet worden, zuerst, wie es scheint, selben nicht beitreten. Bei einer Wochen lang mit von Dr. T. F. Bond. Dasselbe wirkt desinficirend täglichen Einreibungen von 5— 10 g Naphthalin in und desodorisirend, wird rein und mit Oel gemischt, öliger Lösung behandelten Psoriasiskranken ent­ mit Lint und ändern Verbandstoffen auf die Wunde wickelte sich eine Nephritis, die erst nach dem Aus­ gebracht. Dr. A. Jeanneret in Genf (Revue m6d. setzen des Mittels wich. [Gegen Scabies in einer de la Suisse Rom. II. 9. p. 466. 1882) lernte auf Gesammtmenge von 100— 150 g einer 10— 12proc. einer Reise in England das Mittel kennen und wandte Lösung bewährte sich das Naphth. ausserordentlich es in seiner Klinik an, und zwar in 2 Präparaten. gut.] 1) Das Terebenpulver (Cupralum terebene pow- Die von Dr. A n s c h ü t z in Königsberg (Chir. der) ist ein ungleiches Gemenge von Eisensulphat, Centr.-Bl. IX. 32. p. 521. 1882) mit Naphthalin Kaliumbichromat undTereben; es riecht stark harzig. angestellten Versuche ergaben nicht in allen Punkten Die Lösung dieses Pulvers in Wasser oder Alkohol eine Uebereinstimmung mit den Angaben F i s c h e r ’s. wirkte aseptisch und antipyretisch; die Bildung und Zum Hervorrufen gesunder und kräftiger Granulatio­ Benarbung der Granulationen schritten rasch voran. nen bewährte es sich gut; in der Mehrzahl der Fälle Dagegen zeigten sich mehrere Uebelstände. Die konnten antiseptische Eigenschaften demselben nicht Haut überzog sich mit einer dicken, grünlichen, fest­ abgesprochen werden , namentlich bei Wunden und haftenden Schicht, metallische Gegenstände färbten Geschwüren mit geringer Absonderung. Bei starker sich schwarz. Deshalb verwendete man dieses Pul­ Absonderung von dickflüssiger Beschaffenheit musste ver nur noch zur Desinfektion von Krankenräumen. dem Zersetzungsgeruch durch öftern Verbandwechsel Sein starker aromatischer Geruch haftet viele Tage. vorgebeugt werden. Bei oberflächlichen Ulcerationen 2) Das reine Tereben ist eine gelbbräunliche, wurde einige Male Schorf heilung beobachtet. Her­ durchdringend riechende, ölige Flüssigkeit. Unlös­ vorgehoben wird, dass das Wundsekret häufig blutig lich in Alkohol, Aether, Wasser, mischt es sich iu sei, wahrscheinlich in Folge von Läsion der Granu­ allen Verhältnissen mit Oel und bildet mit demselben lationen durch die spitzen Naphth.-Krystalle. Ein eine durchsichtige Flüssigkeit. Dasselbe wurde mit grösser Uebelstand lag in dem häufigen krustenarti­ ganz ausgezeichnetem Erfolge in folgender Weise gen Verbacken des Mittels mit den Wundsekreten, angewendet. Gaze oder Wattebäusche, mit einer ein Umstand, der zu Sekretverhaltung führen kann Oel-Terebenlösung zu gleichen Theilen getränkt, und deshalb das Naphth. für die Kriegspraxis nur wurden auf oder in die Wunde gelegt, bei eiternden mit Vorsicht anwendbar erscheinen lässt. Wunden kam darüber noch ein wasserdichter Stoff. Dr. Rydygier (Berl. klin. Wchnschr. XX. 16. J. sagt dem Mittel eine grosse Zukunft voraus. p. 239. 1883) war mit der antiseptischen Wirkung Dr. E. Fischer wies auf das Naphthalin des Naphth. in allen Fällen zufrieden. Wenn auch als sehr energisches Antiseptikum und Antibakterikum bei lange liegenden Verbänden die obern Schichten hin (vgl. Jahrbb. CXCV. p. 293). Die Anwendung unangenehm rochen, so war doch in der Tiefe und geschah in der Art (Arch. f. klin. Chir. XXVIII. 2. an der Wunde selbst Naphth.-Geruch wahrzunehmen. p. 449. 1883), dass dasselbe in Substanz direkt auf Irgend welche accidentelle Wundkrankheiten kamen die Wunden, bei jauchigen und bei Höhlenwunden nicht vor. Was die Reizerscheinungen bei seiner manchmal in grossen Mengen in Anwendung kam, Anwendung betrifft, so glaubt R., dass es sich damit derart, dass die Wunden vollständig mit Naphthalin individuell verschieden verhalte, und dass es im All­ ausgestopft wurden. Sodann wurde es zurlmprägni- gemeinen, mit Wundsekret gemischt, Haut u. Wunde rung der Verbandstoffe in Lösung (Aether u. Alkohol) mehr reize, als das Jodoform. Doch lässt sich gebraucht, oder es wurde das Pulver direkt in die diese Eigenschaft gerade zu therapeut. Zwecken aus­ Verbandstoffe hineingestreut; es diente ferner in nutzen. Krustenbildung findet sich da, wo Verdun­ ätherischer Lösung zur Injektion in Fisteln, zu Sal­ sten und Eintrocknen der Sekrete nicht durch An­ ben, in Form von Stäbchen zur Einführung in fistu­ wenden wasserdichten Zeuges verhindert wird. R. löse Geschwüre. Bei schweren Erysipelen schien hat im Naphth. ein ungefährliches und billiges Er­ der Process durch festes Ausstopfen der Wunden mit satzmittel für Jodoform gefunden — mit sehr weni­ Naphthalin coupirt zu werden. Abgesehen von der gen Ausnahmen. Verwendung beim Wundverbande wurde das Naph­ Dr. W. L i n d e n b a u m (Petersb. med.Wchnschr. thalin noch gebraucht als Desinfektionsmittel in Kran­ VIII. 20. p. 163. 1883) hat das Naphthalin im Ver­ kensälen u. s. w ., bei parasitären Hautkrankheiten, laufe des Winters 1882— 83 bei ca. 50 Fällen von zu protrahirten Einathmungen bei Erkrankungen der Erfrierungen höherer Grade angewandt und ist mit Luftwege. [Ausserdem empfahl F. das Mittel zur dem Erfolge äusserst zufrieden. Der Verband wurde Vertilgung der Parasiten der Ilausthiere und Pflan­ gewöhnlich alle 7— 10 Tage gewechselt; die gut zen.] aussehenden Granulationen bluteten jedoch leicht. VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. 173 Die mässigen stechenden Schmerzen, über welche lösung bei Erysipel. Durch 2— 3maliges Bepinseln die Kr. zuweilen 2— 3 Std. lang nach Applikation der erkrankten Stellen wurde der Process vollstän­ des Mittels klagten, beruhen wahrscheinlich auf der dig zum Stehen gebracht; das Fieber sank und die reizenden Wirkung der kleinen Krystalle des Naph­ Reconvalescenz trat in 3— 5 Tagen ein. In 8 Fäl­ thalin. Auch bei Verbrennungen scheint das Mittel len ergaben sich ganz ausgezeichnete Resultate. gute Wirkung zu haben. P. empfiehlt das Trichl. auch zur innerlichen Dr. Di an in (Petersb. med. Wchnschr. VII. 38. Anwendung und zur Pulverisation bei Diphtheritis. p. 326. 1882) hält nach seinen Erfahrungen das Dr. Richard Barwell (Lancet 1.19; May Trichlorphenol für das „beste Desinficiens“ p. 774. 1882) empfiehlt die Anwendung des Bor- bei gangränösen und fauligen Wunden und Ge­ g ly c er in (Boroglyceride) als Verbandmittel. schwüren. Das genannte Mittel wurde zuerst von Prof. Das Trichlorphenol, bereits 1836 vonLoran B ar ff zur Conservirung von Fleisch auf Schiffen entdeckt, bildet mit Kali, Magnesia, Ammoniak, verwendet. B ar w. machte einige Versuche nach Baryt, Blei, sowie mit Kalk, wohlcharakterisirte Operationen mit einer Öproc. wässrigen Lösung des­ Salze. Das Kalksalz entsteht bei einem Gemisch selben, die zu seiner Zufriedenheit ausfielen, so dass von Carbolsäure mit Chlorkalk. Die gährungswi- er dessen Anwendung empfehlen zu können glaubt. drige Kraft des Trichl. ist sowohl in Bezug auf die Die Operationsfälle waren ein Abscess über den letz­ weingeistige Gährung, als in Bezug auf die faulige ten Rippen in Folge von Knochencaries, eine Probe- des Blutes und die ammoniakalische des Harns sehr incision auf eine Niere und die Unterbindung der bedeutend und übertrifft 2 5 mal die der Carbolsäure. Poplitaea. Die Heilung erfolgte jedes Mal prompt. Zur Verwendung kamen eine lproc. Lösung desTri- In 2 Fällen stieg zwar die Temperatur vorüber­ chlorphenol-Kalksalzes und das trockene Trichl. in gehend ziemlich hoch, doch sucht B a r w. die Ur­ Pulverforml) ganz wie das Jodoform. sache hierfür in ändern Umständen, nicht in den Bei seiner Anwendung in der Klinik des Prof. Wund Verhältnissen. In einer spätem Mittheilung Pelechin genügten 4— 6 Tage zur vollständigen (Brit. med. Journ. Aug. 26. p. 362. 1882) werden Reinigung der gangränösen Oberfläche und zur Er­ noch weitere Fälle von ausserordentlich günstiger zeugung guter Granulationen, selten war dazu eine Wirkung dieses Mittels angeführt. längere Zeit nöthig. Meistens wurden die gangrä­ Dr. Henry Lediard (Lancet H. 20; Nov. nösen Partien mit einer 5proc. Lösung von Trichl. 1882. p. 841) kann diesem Lobe nicht unbedingt bestrichen und darüber ein Verband mit der lproc. beitreten. Er bemerkte Öfters bei Anwendung des Lösung des Kalksalzes angelegt. Zuweilen wurde Borglycerin Eiterung und bei Höhlenwunden schlech­ das trockene Trichl. aufgeschüttet oder aufgepudert, ten Geruch. wonach der Verband 5— 8 Tage lang liegen bleiben In der Strassburger Klinik wurden von Prof. konnte. Lücke Versuche mit an ti septischen Rohr - Dr. W. P o p o ff (Chir. Centr.-Bl. X. 27. p. 425. zuck er verbänden augestellt (Chir. Centr.-Bl. 1883) verwendete das Trichl. in 5proc. Glycerin- X. 34. p. 537. 1883). Dem Zucker wurde ein pulverförmiges Antiseptikum zugesetzt, und zwar ') Zur Herstellung einer lproc. Lösung des Trichlor- Naphthalin zu gleichen Theilen, Jodoform 1 :5 . phenol-Kalksalzes setzt man zu 1 Vol. einer bei gewöhn­ Die Applikation geschah entweder durch Einschlagen licher Temperatur gesättigten (ungefähr öproc.) Carbol- der Mischung in Gazebeutel, oder bei kleinem Haut­ säurelösuDg allmälig 4 Vol. einer gesättigten Chlorkalk­ wunden durch direkte Aufstreuung, darüber kamen lösung. Der sofort entstehende bräunliche Niederschlag wird besser abfiltrirt, obgleich er in keiner Weise die Gazebinden u. Kautschukpapier. Zur Desinfektion der desinficirende Kraft des Gemisches oder die Anwendbar­ Wunden wurde Sublimatlösung (lprom.) verwendet. keit desselben beeinträchtigt; den später sich bildenden Die Verbände konnten 8— 14 Tage liegen bleiben, Niederschlag darf man jedoch nicht entfernen. Die so das Wundsekret vertheilt sich gleichmässig im Zucker, erhaltene Lösung kann durch Hinzufügen von gekochtem Wasser bis zur gewünschten Concentration verdünnt wer­ nur wenn die Schicht dick ist, bilden sich Klumpen. den. Eine V2— V*proc. Lösung ist zur Ausspülung grös­ Das Aussehen der Wunden war ein gutes, in den serer Hohlräume, z. B. der Harnblase, zu empfehlen, ob­ Verbandstoffen waren keine Bakterien nachzuweisen. gleich auch eine 4proc. Lösung noch keine Reizung der Die Granulationsbildung war eine gute, die Vernar­ Gewebe bewirkt. Zur Darstellung einer mehr als lproc. Lösung wird reines Trichlorphenol in der erforderlichen bung erfolgte schnell. Menge Alkohol gelöst und dann die zur gewünschten Con­ Dr. Windelschmidt (Allg. med. Centr.-Ztg. centration erforderliche Menge von Glycerin hinzugefügt. LII. 74. p. 973. 1883) hat mit reinen Zuckerver­ Das reine Trichlorphenol bereitet man durch Zusatz von bänden bei kleinen Geschwüren und Wunden gleich­ verdünnter Salzsäure zu der erwähnten, sorgfältig filtrir- ten Lösung des Kalksalzes, so lange dieselbe noch einen falls recht gute Resultate erzielt. Bodensatz giebt. Letzterer wird getrocknet und so lange Dr. F i n c k e (Deutsche med. Wchnschr. IX. 47. erhitzt, bis er aus seinem voluminösen, lockern Zustande 48. 1883) hat eines der ältesten Antiseptika, die in einen mehr compakten übergegangen ist. Die pulve- pulverisirte Holzkohle, in einigen verzweifelten ri6irte Masse stellt dann ein weisses Pulver dar, welches zur chirurgischen Anwendung vollkommen tauglich ist, Fällen von Nosokomialgangrän mit dem besten Er­ jedoch durch trockene Destillation noch weiter gereinigt folge angewandt und empfiehlt dieselbe zu weitern werden kann. Versuchen in ähnlichen Fällen. 174 VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.

Dr. Th. Gluck (Arch. f. klin. Chir. XXVI. 3. von Stichsägen gestattet einen zu geringen Ueber- 1381) empfiehlt für gewisse pathologische Zustände blick über die Ausdehnung der Erkrankung. Ein (jauchige Entzündungen, ausgedehnte Caries, stark Zurücksinken der Zunge nach Entfernung des Mittel­ sccernirende Wundhöhlen), bei denen der typische stücks , resp. die dadurch bedingte Gefahr der Er­ TAster-Verband schwer ausführbar oder wegen des stickung, hat St. bis jetzt noch nicht beobachtet und erforderlichen häufigen Wechsels zu kostspielig sein deshalb auch nie die Nothwendigkeit empfunden, die würde, eine ,,offene antiseptische Wundbehandlung Zunge mittels eines durch die Spitze gezogenen Fa­ in Glasapparaten und über G lasschienen Der dens nach vorn fixirt zu halten. Dagegen entstand Apparat, dessen Prototyp das v. Langenbeck'sehe in einem Falle eine grosse Belästigung des Pat. durch lokale permanente Bad ist, besteht aus hohlen Glas- das Einwärtssinken des zurückgebliebenen Stückes cylindern, denen jede beliebige Form gegeben wer­ des Kiefers; hier verwandte S t. mit grossem Erfolg den kann, und deren Endpunkte Gummimanschetten den von L’Estrange für Unterkieferfrakturen an­ tragen, welche aufgeblasen werden können. Der gegebenen Apparat. Eine Hämorrhagie aus der Art. kranke Körpertheil ruht einestheils auf diesen Luft- dentalis — so wirksam hiergegen auch das Glüheisen kissen, anderntheils aber auf einer im Innern des sein mag — lässt sich viel einfacher und eben so Glaskastens angebrachten Glasschiene. Während sicher durch das TampoDiren der betr. Zahnlücke nun eine antiseptische Irrigation stattfindet, kann mittels eines fein zugespitzten Holzpflöckchens stillen, durch eine Anzahl von Nebenapparaten, Quetsch­ an welchem ein starker Seidenfaden befestigt ist; hähne, Gummibinden u. s. w., der Apparat zu einem letzterer dient zur Extraktion am Tage nach der antiseptischen Occlusionsverbande gestaltet werden. Operation. Die Rücksicht auf den kosmetischen Die Vorzüge dieser Behandlung sind die folgenden. Effekt erfordert genaueste Vereinigung, am besten 1) Die Apparate können dauernd angewendet durch möglichst feine Insektennadeln. werden, daher Ersparniss des kostspieligen Verband­ I. Osteocystom, Excision des Tumor in Verbindung materials. mit einer Partie des Unterkiefers; Heilung. Der 18jähr., gesund aussehende Pat. hatte vor etw;i 2) Die Wunde und deren Umgebung sind jeder 1 J. an heftigen Zahnschmerzen gelitten ; von einem Zahn­ Zeit sicht- und controlirbar. arzt war damals ein vergeblicher Versuch gemacht wor­ 3) Der Verbandwechsel besteht nur in Abnahme den, den cariösen Zahn zu extrahiren. Bald nachher be­ des Glasdeckels, event. unter Spray. merkte Pat. eine Anschwellung des Kiefers an der ent­ sprechenden Stelle, welche allmälig wuchs, im Uebrigcn 4) Die Glasschienen veranlassen nie Decu­ aber keinerlei Beschwerde verursachte und nur durch die bitus, Entstellung lästig war. Der Tumor, mit der Haut nicht verwachsen, war etwa orangegross, seine äussere Fläche 583. Beiträge zur Casuistik der Gesohwülste;sehr hart, glatt, die innere, nahe dem Alveolarrande, an zusammengestellt von Dr. H a e h n e r. einer Stelle weich und nachgiebig unter einem Gefühl von Crepitation. Zwei Tage nach der ersten Untersuchung In seinen Beiträgen zur operativen Chirurgie bildete sich in der Nähe des kranken Zahns eine kleine der Kiefer, der Zunge und des Gaumens erstattet Oeffnung, aus welcher eine geringe Menge einer klaren, William Stokes (Dubl. Journ. LXXVI. [3. S. honigartigen, blassgelben FlGssigkeit abfloss. — Da eine partielle Excision bei der nach allen Seiten gleichmässigen Nr. 143.] p. 337. Nov. 1883) über 11 an den ge­ Expansion des Knochens die DifFormität nicht völlig zu nannten Theilen wegen Geschwülsten vorgenommene beseitigen vermochte, so wurde der Theil des Unterkie­ Operationen Bericht, dem er einige Bemerkungen all­ fers, welchem die Geschwulst ansass, in toto entfernt. gemeinerer Natur vorausschickt. Die dauernden Die Operation war recht schwierig, namentlich die starke Hämorrhagie sehr lästig. Die Heilung erfolgte per prim, Erfolge bei malignen Tumoren seien, im Vergleich intent., so dass Pat. nach 17 Tagen ohne Entstellung ent­ zu ändern Körpergegenden, relativ seltener, Recidive lassen wurde. Der Tumor war, wie auch angenommen treten häufiger und schneller ein, und zwar haupt­ worden, eine von einer starken Membran ausgekleidete sächlich deshalb, weil die betr. Pat. zu spät der Knochencyste, deren Wandungen stellenweise papierdünn waren. Zweifellos war dieselbe durch den Reiz des chirurgischen Hülfe überwiesen werden oder dieselbe cariösen Zahns entstanden. aufsuchen. — Bei Exstirpationen und partiellen Ent­ II. Grosse Cyste des Oberkiefers — Hydrops anlrt fernungen der erkrankten Zunge giebt St. dem Highm.; Excision des grössten Theils; Heilung. Ecraseur vor allen ändern Instrumenten den Vorzug; Auch hier machte der allmälig entstandene, apfcl- er entfernt leicht und sicher ohne grosse Blutung, grosse Tumor dem 20jähr. Pat. keine weitere Unbequem­ lichkeit , als die Entstellung. Bei der Untersuchung von schützt am ehesten vor septischer Infektion und er­ aussen her war undeutliche Fluktuation fühlbar; sehr fordert keine präventive Eröffnung der Luftwege zur leicht wahrnehmbar dagegen war dieselbe von innen, dicht Tamponade. — Partielle Resektionen des Unterkie­ über dem Alveolarrand, und zugleich bestand an verschie­ fers werden am zweckmässigsten von einer breiten, denen Punkten Pergamentknittern. Einer der Backzähne war cariös. Die Operation begann mit der Entfernung die ganze Ausdehnung des zu entfernenden Stückes desselben; alsbald entleerte sich eine grosse Menge ambra- umfassenden Incision aus ‘vorgenommen, welche, be­ farbiger, klarer, klebriger Flüssigkeit. Dann wurde ober­ sonders bei weiblichen Pat., etwas nach unten und halb des Alveolarrandes eine freie Incision bis in das hinten vom Kiefer angelegt wird. Eine Spaltung Innere der Cyste hinein gemacht, mittels stark gekrümm­ ter Scheere ein grösser Theil der Cystenwand entfernt, des Lippensaums ist unter allen Umständen zu ver­ und die Höhlung derselben mit Lintstreifen austamponirt, meiden ; die in Deutschland mehrfach beliebte Me­ welche in 3proc. Carbolsäurelösung getaucht waren. Letz­ thode der „Kuopflochincisionen“ behufs Einführung tere wurden am folgenden Tage erneuert, in der Folge VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. 175

dann durch häufige Ausspülungen mit verschiedenen anti­ Theils des Oberkiefers (nähere Angaben fehlen). Rasche septischen Flüssigkeiten ersetzt. Nach 16 Tagen ver- Heilung. Nach einem Jahre kein Recidiv. liess Pat. geheilt und von seiner Difformität befreit das VI. Sarkom des Unterkiefers; Exstirpation. Hei­ Hospital. lung. III. Grosses Fibro-Enchondrom des Gaumens ; Exci- Ein 29 J. alter Mann, von blühendem Aussehen, sion; Heilung. wurde am 21. Febr. 1879 mit einem hühnereigrossen Bei einem 8jähr. Knaben war erst 6 Wochen vor sei­ Tumor des rechten Unterkiefer-Astes und -Winkels auf­ ner Aufnahme eine plötzliche Veränderung der Sprache genommen , dessen erste Anfänge vor etwa 4 J. bemerkt aufgefallen und dann zum 1. Male von den Eltern eine worden waren. Die Geschwulst war schmerzlos, ihre grosse Geschwulst am Gaumen gesehen worden. Dieselbe Oberfläche glatt; mit dem Knochen hing sie innig zusam­ □ahm die linke Hälfte des Gaumens ein, ragte etwas nach men. Exstirpation mit Hinwegnahme eines Stücks vom rechts hinüber, ohne dort adhärent zu sein, und war an­ Kiefer, vom Hals des Gelenkfortsatzes an bis etwa 3/4" scheinend sehr gefässreich. Ihre Consistenz war elastisch, vom Kinn ; starke Blutung. Obwohl in den ersten Tagen einzelne Partien härter und hier und da mit anscheinend unter ziemlich hohem Fieber sich Eiterung von der Mund­ knorpeligen Knötchen durchsetzt. Der Pharynx erwies höhle aus einstellte, heilte doch die äussere Wunde bis sich als frei, Schluckbeschwerden fehlten. Da der Aus­ zum 6. Tage. Am 15. musste noch ein Senkungsabscess gangspunkt des Tumor sich mit Sicherheit zunächst nicht am Halse eröffnet werden; von da an machte aber die feststellen liess, machte S t. eine Incision über die vordere Genesung schnelle Fortschritte, so dass Pat. nach etwa Fläche und löste von hier aus die — nirgend adhärente 5 W. mit einer, im Verhältniss zu der Operation über­ — Schleimhaut leicht ab; es fand sich jetzt, dass derselbe raschend geringen Difformität entlassen werden konnte. nirgends mit den benachbarten Knochen in Zusammen­ Der Tumor erwies sich als Rundzellensarkom. hang stand, sondern lediglich in die Weichtheile des Gau­ VII. Exstirpation eines Osteo-Fibrom von auffallen­ mens eingebettet war, aus denen er ohne grosse Mühe der Grösse, ausgehend von der Schädelbasis; partielle enucleirt werden konnte. Die kurze Zeit nachher erfol­ Druckatrophie des rechten Oberkiefers. gende heftige Blutung stand auf Druck und Kälteapplika­ Der 47jähr. Pat. wurde wegen eines fast die ganze tion. Die Wunde heilte ohne Zwischenfall per prim, inten- Mundhöhle ausfüllenden, Kauen und Schlucken wesent­ tionem. — Wie die mikroskopische Untersuchung darthat, lich behindernden Tumor aufgenommen, den er erst vor bestand die Hauptmasse des Tumor aus Bindegewebe mit 18 Mon. bemerkt haben wollte. Operation nach F e r ­ eingesprengten Knorpelinseln. g u sso n . Nachdem die Schneidezähne extrahirt waren, IV. Grosses, vom Jochbein ausgehendes Fibrom; Ex- wurde durch die Weichtheile der Wange eine, am innern cision; Heilung. Augenwinkel beginnende und abwärts, der Nase entlang, Der 17 J. alte Pat. liess sich wegen einer, angeblich bis durch die Oberlippe reichende Incision gemacht und der Lappen nach aussen zurückgeschlagen. Bei leichtem nach der 8Mon. vorher versuchten Extraktion eines Back­ Druck auf die Vorderfläche des Kiefers gab dieser, unter zahns entstandenen Geschwulst in der rechten Wangen­ Pergamentknittern, sofort nach. Dann wurde die Nasen­ gegend aufnehmen. Der Tumor, etwa orangegross, sass höhle eröffnet und die beiden Oberkiefer mittels einer nach unten und innen vom Os zygomat., war gleichmässig hart, frei beweglich und ragte beträchtlich in die Mund­ starken Knochenscheere von einander getrennt. Nach­ höhle vor. Um eine äusserlich sichtbare Narbe zu ver­ dem ein zweiter Hautschnitt, vom innern Augenwinkel meiden , machte S t. vom Zahnfleischrande aus eine Inci­ horizontal nach aussen bis zum Jochbein geführt worden, sion und suchte von hier aus die Enucleation vorzunehmen. wurde der Proc. nasal, des Oberkiefers vom Nasenbein Diess gelang nicht, weil sich ein Theil der Geschwulst viel und dann der Kiefer horizontal vom Boden der Orbita weiter nach oben aussen erstreckte, als anfänglich ange­ und schlüsslich vom Jochbein abgetrennt; der Knochen nommen werden konnte; es musste daher eine Incision erwies sich hierbei durch den Druck des Tumor in hohem durch die äussere Haut, vom Os zygomat. bis zu einem Grade atrophirt. Eine genauere Untersuchung nach Lüf­ Punkt etwa ili“ unterhalb des Mundwinkels abwärts an­ tung des Kiefers ergab, dass auch der Boden der Orbita gelegt werden, von welcher aus der Stiel der Geschwulst von der Neubildung durchsetzt war, und dass letztere zugänglich wurde. Derselbe ging rückwärts zur Fossa breit, hauptsächlich am Körper des Os sphenoid. aufsass ; zygomatica und sass dem hintern Theil und der innern nach aussen reichte sie bis zu einem Punkte hinter dem Fläche des Jochbeins breit auf; nach Ablösung von dieser Jochbeiu, nach unten war sie mit dem Gaumenbogen ver­ wachsen. Die Loslösung wurde durch diesen innigen Zu­ Basis machte die Entfernung keine weitern Schwierig­ keiten. Die Heilung wurde durch ein am Tage nach der sammenhang mit allen Nachbargebilden äusserst schwierig Operation einsetzendes, mit hohem Fieber verlaufendes und eine heftige Hämorrhagie trat ein, welche erst nach wiederholter, energischer Anwendung des Glüheisens Erysipel, welches glücklicher Weise nur 4 Tage anhielt, etwas gestört; dann war der weitere Verlauf aber so gün­ stand. Die Hautlappen wurden mit zahlreichen Catgut- suturen, die Lippe mit Insektennadeln vereinigt; die Hei­ stig, dass Pat. am 9. Tage in Privatpflege ausscheiden konnte. — Das Bemerkenswerthe des Falles ist der auf­ lung erfolgte in der ganzen Ausdehnung per prim, inten- fallende Ausgangspunkt des Neoplasma. tionem. Der histologische Charakter der Geschwulst war kein deutlich ausgesprochener: meist Lobuli von epithe­ V. Fibrosarkom des Oberkiefers; Exstirpation des lialem Gewebe, getrennt durch Septa aus jungem Binde­ Tumor und der grössern Partie des Kiefers. gewebe. Der 58jähr. Pat. hatte sich vor 18 Jahren einen Zahn VIII. Ausgedehntes (sekundäres) Epithelial - Carci- ziehen lassen, der indessen abbrach; 3 oder 4 Mon. spä­ nom des Unterkiefers; Exstirpation des grössten Theils des ter bemerkte er hinter demselben eine etwa haselnuss- letztem und der Unterlippe. grosse, weiche Geschwulst, aus welcher auf Druck sich Der 35jähr. P a t., starker Raucher, hatte vor etwa etwas seröse Flüssigkeit entleerte; die Geschwulst ver­ 1 J. einen Schorf an der Unterlippe bemerkt, welcher kleinerte sich hierauf, füllte sich aber nach und nach durch beständiges Abreissen sich immer mehr vergrösserte immer wieder mit demselben Serum. So blieb der Zu­ und vor etwa '/2 J. excidirt wurde. Fast unmittelbar stand bis etwa vor einem Jahre, von welcher Zeit an der nachher scheint ein Recidiv eingetreten zu sein, welches Tumor rascher wuchs, so dass er bei der Aufnahme etwa Pat. mit einer von einem Kurpfuscher ihm angegebenen gänseeigross war. Derselbe war weich elastisch, mit der Salbe behandelte. Binnen kurzer Zeit war die linke Haut nicht verwachsen; er verursachte keinerlei Be­ Hälfte der Unterlippe zerstört; die Ulceration griff als­ schwerden, vor Allem fehlten lancinirende Schmerzen und bald auch auf den Knochen über, die Submaxillardrüsen Anschwellung der benachbarten Lymphdrüsen. Exstir­ schwollen schnell und stark an und der Kräftezustand pation nach F e r g u s s o n mitHinwegnahme eines grossen nahm erheblich ab. Operation 14. Juni 1879. Dem 176 VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. untern Rand des Kiefers entlang wurde ein Hautschnitt gen <— und alles Krankhafte langsam mit dem Ecraseur geführt, welcher jederseits etwa V*" vor dem Kiefer­ entfernt. Deutlich sah man hierbei die eigenthümlich winkel endete, und senkrecht auf denselben ein zweiter, aufgewundene und gedrehte linke Art. lingualis; obwohl in der Mittellinie, bis zum Rand der Unterlippe; von hier sie nicht blutete, wurde doch der Sicherheit halber eine aus wurde für die Unterlippe jederseits ein ungefähr Catgutligatur angelegt. Aus der rechten Lingualis erfolgte rechteckiger Lappen ausgeschnitten. Der Unterkiefer nach etwa t/A Std. eine heftige Blutung, welche aber wurde beiderseits in der Höhe des Winkels durchsägt, leicht durch Unterbindung gestillt werden konnte, nach­ und nach sorgfältigster Blutstillung, sowie Applikation dem der Stumpf an dem Seidenfaden vorgezogen worden. von Chlorzinklösung auf die Wundfläche wurden die Lappen Ablösung der infiltrirten Gewebe vom Boden der Mund­ genau vereinigt. In den ersten Tagen litt Pat. sehr durch höhle und Exstirpation zweier Lymphdrüsen vollendeten Schmerzen; Fieber trat nicht ein. Der einzige Zwischen­ die Operation, welche wegen der langsamen Manipulation fall bei der Heilung war die Bildung einer Speichelfistel, des Ecraseurs sehr lange gedauert hatte. Die nächste von deren Beseitigung indessen Abstand genommen wurde. Folge war eine wesentliche Erleichterung der frühem Pat. verliess das Hospital 2 Mon. nach der Operation. Beschwerden ; indessen ungefähr 6 Mon. nach der Rück­ IX. Epitheliom der Unterlippe, des Kinns und des kehr des Pat. in die Heimath trat ein Recidiv ein, dem er Alveolarfortsatzes; Exdsion, nacliherige Cheiloplastik. bald erlag. Der 45jähr. Pat. war vor 2 J. auf das Gesicht ge­ Dr. Bazy (Progres m6d. XI. 37. 1883) liefert fallen und hatte sich dabei durch Aufschlagen gegen die einen Beitrag zur pathologischen Anatomie der Zähne die Unterlippe verletzt. Es bildete sich hieraus ein Geschwür, welches zuerst langsam, dann sehr schnell sublingualen oder gewöhnlichen Ranula. wachsend, zur Zeit der Aufnahme den ganzen Lippen­ B. hält in Uebereinstimmung mit den franzö­ saum einnahm, und nach innen auf das Zahnfleisch Über­ sischen Chirurgen an der Anschauung fest, dass die griff ; die untern Schneidezähne waren sämmtlich ge­ gewöhnlichste Form der Ranula aus den Sublingual­ lockert. Bei der Excision stellte sich die Mitbetheiligung des Kieferknochens als viel bedeutender heraus, wie an­ drüsen hervorgehe. Die von v. Recklinghausen fangs vermuthet worden, so dass die Entfernung des gan­ beschriebene Entwicklung einer Ranula aus der zen Mittelstücks bis jederseits etwa in die Gegend der Nuhn-Blandin1 sehen Zungendrüse gehöre entschie­ Art. maxill. ext. nothwendig wurde. Die Zunge zeigte den zu den Seltenheiten, schon deshalb, weil letztere Neigung zur Retraktion; diess wurde wirksam verhindert durch das Einführen einer langen Acupressurnadel, welche ihren Sitz in der Zungenspitze habe, wo Tumoren ausser den beiden Ecken der Lappen auch noch eine dieser Art zu den Ausnahmen zählen. Die folgen­ Partie der Muskelsubstanz der Zunge mit fasste. Die den Auseinandersetzungen beziehen sich nur auf die Blutung war nicht allzu bedeutend. — Nach der Operation „gewöhnliche“ Ranula. bestand zuerst intensiver Schmerz, der am folgenden Tage nachliess. Vom 3. Tage an wurde die Sprache, die bis Abgesehen von der Leichtigkeit, mit welcher dahin ganz unverständlich gewesen war, wieder klarer. letztere auch nach anscheinend gründlicher Entfer­ Die Heilung verlief dann weiterhin ungestört und konnte nung recidivirt, gab B. seine von ihm gelegentlich Pat. nach 6 Wochen entlassen werden. eines Recidivs gemachte Beobachtung Grund zu einer X. Carcinom in der Unterkiefergegend; schnelles genauem histologischen Untersuchung. Er hatte im Recidiv nach der Exstirpation. Die 67jähr. Pat. gab an, schon seit 35 J. eine Ge­ Juni 1881 eine rechtseitige Ranula in der Weise schwulst unterhalb der linken Kieferhälfte zu haben, operirt, dass er nach Excision eines etwa 1 qcm welche indessen erst im letzten Halbjahre unter gleich­ grossen Stücks aus der Wandung das Innere der zeitiger rapider Yergrösserung schmerzhaft geworden sei. zurückgebliebenen Cyste energisch mit Argent. nitr. Dieselbe nahm die ganze linke HalsBeite von dem Zungen­ bein an bis zur Regio parotid. aufwärts ein, hatte eine touchirte, worauf anscheinend völlige Heilung ein- knollige, höckerige Oberfläche und war frei beweglich. trat. Im Dec. 1881 indessen stellte sich die Kr. — Die Operation war wegen der ausgedehnten Verwach­ mit einem Recidiv wieder vor. Es fiel aber auf, sungen mit den Nachbargebilden und in der Tiefe, sowie dass der Sitz dieser neuen Geschwulst dem der wegen der heftigen Blutung sehr schwer. Drei Monate nach ihrer Entlassung trat ein Recidiv ein, dem Pat. sehr ursprünglichen nicht entsprach; während letztere bald erlag. bis an die Mittellinie heranreichte, lag die neue XI. Ausgedehntes Epithelialcarcinom der Zunge, des Cyste weiter nach hinten und aussen, etwa ent­ Bodens der Mundhöhle und Unterkiefers; Entfernung; sprechend dem am meisten lateral gelegenen Ab­ schnelles Recidiv. schnitt der ersten Geschwulst, und bestand ferner Der 66jähr. Pat. bemerkte vor 5 Mon. zwei kleine harte Stellen an der linken Seite der Zunge, welche seit­ deutlich aus drei einzelnen, etwa erbsengrossen Lo- dem rapid sich vergrösserten und ulcerirten, bis — zur buli von bläulichem Aussehen. Zeit der Aufnahme — ungefähr 2 Drittel der Zunge, ein Wie die an Querschnitten der Wandung dieser grösser Theil des Bodens der Mundhöhle, besonders auf Lobuli vorgenommene Untersuchung ergab, bestand der linken Seite* und der Alveolarfortsatz der linken Un­ terkieferhälfte von einem missfarbigen Geschwür einge­ dieselbe 1) aus einer etwa 12— 15 Lagen dicken nommen waren.' Die fötide Sekretion, die Behinderung Schicht von Cylinderepithelien, welche je mehr nach der Nahrungsaufnahme, heftige lancinirende Schmerzen, der Oberfläche zu, um so stärker abgeplattet waren; sowie häufige kleinere Hämorrhagien machten den Zu­ ferner fanden sich 2) in der Dicke der Wandung stand sehr qualvoll. Operation am 29. Mai 1882. Verti­ handschuhfingerförmige, mit einer einzigen Lage kaler HautBchnitt durch die Unterlippe bis abwärts zur Mitte des Kinns; von diesem ausgehend jederseits eine Cylinderepithel ausgekleidete Depressionen, welche horizontale Incision dem Kieferrand entlang, Präparation sich nach dem Innern der Cyste zu öffneten, neben und Ablösung der Hautlappen. Nachdem mittels starker ändern solcher Depressionen, deren Fundus abge­ Knochenzange die ganze erkrankte Partie des Alveolar- rundet und breiter war, als die Oeffnung; endlich randes abgetragen, [wurde die Zunge stark nach vorn gezogen, durch den gesunden Theil ein starker Seiden­ 3) an zahlreichen Stellen kleine mit Cylinderepithel faden geführt — zur event. Handhabe bei Nachblutun­ bekleidete Höhlen von sehr verschiedener Grösse, VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. 177 ohne Communikation mit dem Innern der Cyste, zum schwand die am Abende nach der Operation aufgetretene Theil dilatirt und mit Flüssigkeit angefüllt. linkseitige Taubheit am 9. Tage. Die Pulsfrequenz be­ trug bei normaler Temperatur stets 120. Die Ligaturen Durch diesen letztem Befund bietet die gewöhn­ stiessen sich vom 6. bis 9. Tage ab; die oberflächliche liche Ranula — und B. hat den gleichen Bau der Partie des Tumor mortificirte, der Rest schien durch Atro­ Wandung seitdem bei allen von ihm untersuchten phie sich zu verkleinern, und der Zustand war, da auch Ranulageschwülsten gefunden — eine gewisse Ana­ kein Fieber sich einstellte, recht befriedigend, bis am 9. Tage plötzlich unter heftigem, linkseitigem Stirnkopf­ logie mit einzelnen Formen von Ovarialtumor. Auf schmerz eine linkseitige Hemiplegie eintrat; sehr bald diese Weise erklärt sich die grosse Neigung zu Reci- wurde Pat. komatös und starb 3 Tage später. diven einfach dadurch, dass diese Tochtercysten Bei der Autopsie fand man, dass an den Unter­ nach einer nicht auf das gründlichste vorgenom­ bindungsstellen sämmtliche Ligaturen durchgeschnit­ menen Zerstörung stetig sich vergrössern u. schlüss- ten hatten. In die zuerst angelegte Ligatur der lich ein der ursprünglichen Cvste gleiches Volum Carotis comm. war der N . vagus mitgefasst, an die­ annehmen. ser Stelle verdünnt, aber nicht getrennt. Der Nerv Für die Praxis resultirt hieraus die Nothwendig- lag übrigens nicht zwischen Arterie und Vene, nach keit, auch den letzten Rest der Wandung einer hinten aussen von ersterer, sondern an der vordem Ranula zu zerstören. Am wirksamsten erweist sich und innern Seite der Carotis; rechts war seine Lage in dieser Beziehung das von R i c h e t angegebene normal. [Uebrigens machte nachträglich einer der Verfahren. Breite Eröffnung und Einlegen eines in Assistenten darauf aufmerksam, dass im Augen­ zerfliessendes Chlorzink getauchten, dann sorgfältig blicke, als der Ligaturfaden zugeschnürt wurde, ein ausgedrückten Charpiebäuschchens, welches dann heftiger Hustenanfall bei der Pat. eintrat.] Der mit etwas trockner Charpie bedeckt wird; hierüber Tumor erwies sich als ein Aneurysma der linken wird die Tasche mittels eines durch die beiden Wund­ Carotis interna, welches sich im Niveau des corre- ränder gezogenen und über dem trocknen Tampon spondirenden Randes des Gaumens [nähere Angaben geknoteten Fadens geschlossen. Am folgenden Tage fehlen!] entwickelt, die Wand des Pharynx zerstört wird der Chlorzinktampon entfernt; die durch den­ hatte und so im Innern des Gaumens zu Tage ge­ selben gründlich verschorfte Cystenwand stösst sich treten war. D. macht dabei auf die ausserordent­ in der Regel nach 4— 5 Tagen vollständig ab. liche Seltenheit eines Wachsthums von Carotiden- Wegen einer Geschwulst des Gaumens führte Aneurysmen nach dieser Richtung hin aufmerksam, A. Dubrueil (Gaz. de Par. 32. 34. 1883) die während wohl in einigen wenigen Fällen die Ent­ Ligatur der Carotis communis aus. wicklung eines solchen Aneurysma in der Tonsillen­ Die betr. Pat., 38 J. alt, litt seit ca. 6Mon. an einer gegend beobachtet worden sei, wo die Hervorwöl­ Geschwulst der linken Seite des weichen Gaamens, welche wesentliche Beschwerden beim Schlucken uud Störungen bung einige Male als Abscess gedeutet und auch er­ der Sprache verursachte. Dieselbe reichte bis zur Mittel­ öffnet wurde. — Derjenige Theil des Tumor, wel­ linie, ihre grösste Längenausdehnung betrug 2 cm, ihre cher oberflächlich mortificirt war, bestand nur aus Consistenz war gleichmässig hart, die sie bedeckende dem zwischen Gaumenschleimhaut und Tumorober­ Schleimhaut normal und verschiebbar. Keine Drüsen­ fläche gelegenen Zell- und Muskelgewebe. anschwellungen in der Fossa submaxillaris. Wahrschein­ lichkeitsdiagnose : Adenom oder Sarkom. Im Gehirn wurde links im Allgemeinen, sowohl Nachdem zum Zwecke der Exstirpation über die an den Meningen, wie auch an der Hirnsubstanz, Höhe des Tumor eine Längsincision gemacht worden, Nichts von Belang gefunden. Rechts waren da­ versuchte D., denselben mit dem Finger weiter von seiner Umgebung zu isoliren ; als letzterer bis etwa zum linken gegen die Venen der Pia-mater sehr stark blutig Rand des Gaumens vorgedrungen war, erfolgte plötzlich gefüllt; an der untern Fläche des Stirnlappens fand eine so heftige, arterielle Blutung, dass Pat. durch das sich ein etwa 2 Dritttheile desselben bedeckender massenhaft in den Larynx einströmende Blut in Erstick­ hämorrhagischer Herd, und ausserdem waren die ungsgefahr gerieth. Durch sofortige Digitalcompression der linken Carotis nahm die Hämorrhagie bedeutend ab, beiden vordem Drittel der ganzen rechten Hemi­ stand aber noch nicht vollständig, und da es zweifelhaft sphäre deutlich erweicht. war, ob dieselbe aus der Carotis interna oder einem ab­ Ein ossificirendes Enchondrom der weichen norm entwickelten Aste der Art. pharyngea oder palatina adscend. stammte, so nahm D. die Ligatur der Carotis Schädeldecken kam nach Dr. B. Baumüller communis etwas unterhalb ihrer Theilung vor. Die hoch­ (Chir. Centr.-Bl. X. 42. 1883) in der chir. Klinik gradige Erschöpfung der Pat. machte die Anwendung zu Freiburg bei einer 23jähr. Dame zur Beobach­ energischer Analeptika nothwendig; nachdem Pat. zum tung, welche vor 6 Jahren zuerst in der Gegend des Bewusstsein zurückgekehrt, bemerkte man, dass sie völ­ lig stimmlos se i; auch liess sich ein allerdings schwacher rechten Scheitelhöckers eine kirschkerngrosse, harte Puls in der Temporalis constatiren. Eine Stunde später Geschwulst bemerkt hatte, welche seitdem nur sehr neue Blutung aus dem Munde, es wurde nun 1V2 cm höher unbedeutend gewachsen w ar, sich aber in der letz­ eine 2. Ligatur um die Carotis comm. gelegt und ausser- ten Zeit durch häufige Insulte mit dem Kamm etwas dem die Thyreoid. super., die Carotis externa u. interna für sich gesondert unterbunden; hierbei wurde das Ver­ entzündet hatte. halten des Vagus zu diesen letzten Ligaturen genau unter­ Der — harte — Tumor sass etwas hinter dem Tub. sucht und festgestellt, dass er in keine derselben mitge­ pariet., je 2'/2—3 cm vom Margo sagittal. und lambd. fasst, überhaupt nicht lädirt sei. Die Aphonie hielt an, entfernt, liess sich gegen den Knochen gut bewegen und ebenso eine Verengerung der linken Papille, dagegen ver- war an der prominentesten Stelle etwa stecknadelkopf- Med. Jahrbb. Bd. 204. Hft. 2. 23 178 VI. Chirurgie, Ophthalmologie n. Otiatrik. gross ulcerirt. Die Entfernong gelang von 2 flachbogen­ Zeichen einer bestehenden Arthritis sind. Bisweilen förmigen Hautschnitten aas sehr leicht durch einfaches überschreitet die Affektion die Grenzen der Fossa Heraashebeln aas dem zwischen Catis und Galea liegen­ den Bindegewebe mittels des Scalpellstiels wie bei einem infraclavicularis: so sah P. einmal bei einer ältern Atherom. Heilung nach 3 T. per prim, intentionem. Dame die Ausbreitung derselben von dort aus nach Die Geschwulst (Durchmesser 11 u. 9 mm) bestand beiden Schultern und der obern Partie des Thorax, zum grössern Theile ans echtem, hyalinem Knorpel, wel­ etwa im Bereich der Verästelung des Plexus cervical. cher an der der äussern Haut zugekehrten Partie in deut­ licher enchondraler Ossifikation begriffen war; nur waren superficialis. In einem 2. Falle trat diese Ausdehnung die Osteoblasten ausserordentlich zart, stellenweise spin­ nach der vordem, seitlichen Thoraxwand periodisch, delförmig, an ändern Orten fanden sich noch uneröffnete und zwar abhängig von Witterungswechsel (bei kal­ Knorpelhöhlen mitten im neugebildeten Knochen u. dann tem und feuchtem Wetter) und unter gleichzeitiger traten schon in geringer Entfernung von der Ossifikations­ linie grosse Fettzellen im Mark auf. Volumszunahme des ursprünglichen Pseudolipom auf. B. macht darauf aufmerksam, dass die Existenz Ueberhaupt zeigt sich bei einer gewissen Reihe dieser Geschwulst in der beschriebenen Gegend sich von Kranken neben dem Pseudolipom ein leichtes nicht wohl aus der C o h n h e i m ’schen Theorie einer Oedem des subcutanen Zellgewebes, ohne dass irgend embryonalen Anlage erklären lasse, da die Seüen- eine Veränderung der innern Organe bestände, welche wandbeine durch direkte Bindegewebsverknöcherung zu Oedem Veranlassung hätte geben können. Diess entstehen und auch der zunächst gelegene, obere führt P. zu der Ansicht, dass es sich bei dem Pseu­ Theil der Hinterhanptschuppe nicht knorplig vor­ dolipom selbst gleichfalls um nichts weiter handelt, gebildet sei. als um ein „arthritisches“ Oedem, eine seröse Infiltra­ tion des fettreichen Unterhautzellgewebes, welches Eine Abhandlung von Prof. Potain über das Oedem sich in gewissen Prädilektionsstellen ent Pseudolipom der Fossa infraclavicularis (Gaz. wickelt und sich von dem oben erwähnten, periodisch hebd. XIX. 42. 1882) knüpft an eine denselben auftretenden Oedem lediglich durch seine Constanz Gegenstand betr. Veröffentlichung V e r n e u i 1 ’s (in auszeichnet. Ein Analogon würde es in den bei Gaz. hebd. XVI. 47. 1879; vgl. Jahrbb. CXCV. chronischem Rheumatismus auftretenden und keines­ p. 60) an. wegs von tiefern Läsionen der Gelenke abhängigen P. hat innerhalb der letzten 3 Jahre im Ganzen periartikularen Oedemen, oder in dem bei gewissen 20 Fälle der genannten Affektion gesehen. Wie bei Personen so leicht nach der Einwirkung von Kälte Vern. betrafen dieselben grösstentheils, nämlich 16, sich einstellenden circumscripten Oedem um die Knö­ Frauen und nur 4 Männer; die Beschreibung der chel oder im Gesicht finden. äussern Form des Leidens stimmt genau mit derjeni­ gen v. V. überein, und ebenso schliesst sich P. der In seiner Entgegnung wendet sich V e r n e u i I Ansicht über die ätiologische Rolle der Diathese (1. c. 47. 48. 51. 1882) namentlich gegen diese rhumatismale an, welche in fast allen Fällen nach­ letztere Anschauung P o t a i n ’s. gewiesen werden konnte und sich bald als vage, Zunächst hatte er (V ern.) vor einiger Zeit Ge­ wechselnde, häufig wiederkehrende Schmerzen im legenheit, bei einer mit subclavikularem Pseudolipom Niveau der Gelenke oder der Muskeln, bald als mehr behafteten Dame die Resektion des Schlüsselbeins fixe Arthralgie in bestimmten Gelenken, bald durch vorzunehmen und der dicht an dem Tumor entlang knackende Geräusche in einzelnen Gelenken doku- geführte Schnitt gestattete einen, wenn auch nur mentirte. Bei den meisten Pat. fand sich eine chro­ oberflächlichen Einblick in die Struktur desselben: nische, empfindliche Anschwellung der Knie-, oder es fand sich nur gewöhnliches, nicht abgekapseltes Daumen-, oder Fingergelenke, bei einzelnen Kran­ Fettgewebe und keine seröse Infiltration. Weiterhin ken nur ein an Uraten reicher Harn und nur bei 2 theilt Vern. mehrere Fälle mit, in denen es sich um fehlten alle Zeichen der rheumatischen oder gich- eine dem Pseudolipom ähnliche, aber nicht mit ihm tischen Diathese. identische, weil mit gleichzeitiger Verdickung der Was den Sitz der gleichmässigen, teigigen An­ Haut einhergehende diffuse Anschwellung handelte, schwellung des Pseudolipom, betrifft, so ist derselbe einmal in der Seitenfläche des Thorax, dann an der allerdings mit Vorliebe die eine oder meist gleich­ Aussenfläche des Schenkels und endlich an der Wade; zeitig beide Fossae infraclavicul.; bei genauerer in allen Fällen lag gleichzeitig Glykosurie vor und Untersuchung finden sich indessen ganz gleiche An­ nach einem antidiabetischen Regimen gingen die schwellungen auch an ändern Körpergegenden mit Schwellungen, welche Vern. als SchSreme glycos- weitmaschigem, fetthaltigem Zellgewebe: so neben urique bezeichnet, zurück. der Achillessehne, in der Nähe der Malleolen, aus­ Für das subclavikulare Pseudolipom ist gerade nahmsweise auch unterhalb der Hinterhauptsschuppe, seine Unveränderlichkeit charakteristisch und wenn in der Regio parotidea, temporalis, deltoidea, und P. bei einem seiner Kranken neben dem Auftreten relativ häufig endlich am Handrücken in den engen anderweitiger Oedeme in Folge von Einwirkung der Interstitien, welche die Metacarpophalangealgelenke Kälte auch ein Stärkerwerden des Pseudolipom ge­ trennen. Letztere kommen dadurch tiefer, in kleine sehen hat, so fasst Vern. diess so auf, dass das Grübchen, zu liegen, welche zwar für das Attribut Oedem in der Fossa infraclavic. sich neben und ganz einer schönen Hand gehalten werden, aber fast immer unabhängig von dem Pseudolipom entwickelt habe. VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. 179

Ein subclavikularea Lipom beobachtete Lar­ eingesprengten, ossificirten Herden; da, wo er dem Ober­ ge an (Progrksm&l.XI. 37.1883) bei einer 36jähr. armknochen angelegen, zeigte er eine deutliche, flache, dem Knochen entsprechende Rinne. Fraü. Die Geschwulst hatte sich langsam u. schmerz­ In den ersten 14 Tagen nach der Operation bestand los in der linken Fossa infraclavicularis entwickelt, stets leichtes Fieber, mehrmals stieg die Temperatur über war weich, lappig und weder mit der bedeckenden, 39°. Es trat Eiterung ein, die bald abundant wurde, und zarten Haut, noch mit den tiefer liegenden Geweben ein grösser Theil der Suturen musste wegen Spannung und Oedem der Wundränder am 14. Tage entfernt wer­ verwachsen. [Bezüglich Grösse und Ausdehnung ist den. Nachdem noch ein Senkungsabscess nach der Achsel­ keine weitere Notiz gegeben.] Das Wesentliche des höhle zu eröffnet und drainirt worden, schloss sich die Falles ist eben der durch denselben gelieferte neue Wunde allmälig durch Granulationen and Pat. wurde am Beweis eines wirklichen, auf die genannte Oertlich- 10. Jani entlassen. keit beschränkten Lipom, im Gegensatz zu dem dort Am 9. Sept. Recidiv am Humeras, dessen obere Par­ häufigem sogen. Pseudolipom; der Tumor wurde am tie in der Ausdehnung von 6 cm resecirt wurde; 10 Tage später schossen in den Granulationen sowohl, wie im M. 25. Jan. 1883 von D ur et exstirpirt und am Prä­ subclavius zahlreiche neue Enchondromknoten auf, welche parat die schon vorher gestellte Diagnose bestätigt. trotz energischer Anwendung der Canquoin’sehen Aetz- paste rapid wuchsen, so dass gegen Mitte November auch Ein malignes Enckondrom der Scapula, wel­ die ganze Narbe von der Neubildung wieder eingenommen ches sich bei einem 18 J. alten Manne nach einem war. Pat. verweigerte eine erneute Operation and starb vor 5 J. erhaltenen Schlage entwickelt hatte, machte nach einigen Monaten. nach einer Mittheilung von Blum (Arch. g6n. 7. S. Ein 80 Pfund schweres Myxolipom der Bauch­ X. p. 482. Oct. 1882) die Exstirpation nöthig. Es wand exstirpirte Dr.N.P.Dandridge (NewYork erfolgte jedoch ein Recidiv mit tödtlichem Ausgange. med. Record XXIII. 3 ; Jan. 20. 1883) bei einer Obwohl eine Entzündung sich nicht einstellte, blieb 40jähr. Negerin, welche zuerst vor etwa 11 J. eine rlie Stelle gleichwohl dauernd etwas schmerzhaft und nach gänseeigrosse elastische Geschwulst in der vordem 2 Mon. bemerkte Pat. 3 kleine Hervorragungen im Niveau Bauchwand, in der Mitte zwischen Nabel und Sym­ des Akromion, zu welchen allmälig sich noch weitere hiu- zugesellten. Anfangs langsam, seit dem letzten Jahre physe und etwas nach links von der Mittellinie be­ aber schneller wachsend, bildete sich eine Geschwulst aus. merkt hatte. Dieselbe hatte zur Zeit der Aufnahme in die Abtheilung Wenige Monate nachher trat eine zweite Geschwulst des Prof. A n g e r im Höpital Tenon (28.April 1880) etwa links von der Symphyse auf, welche schnell die Grösse die Grösse eines Mannskopfs und nahm die obere, äussere eines Hühnereies erreichte und deren Beziehung zu der Partie des rechten Oberarms derart ein, dass sie in verti­ erstgenannten Pat. nicht genau angeben konnte. Durch kaler Richtung — 27 cm — bis etwa 15 cm unter den Epi- leichten Druck liess sich dieser zweite Tumor zum Ver­ condylus, in transversaler Richtung — 45 cm —, vom äus­ schwinden bringen; es schien, als ob er dabei in den sern Rande des Schulterblatts, diesen noch ein wenig nach grössern, obern überginge, und erst in den letzten Mona­ der Achselhöhle zu überragend, bis 3 Querfinger breit ten , in denen der Tumor stärker gewachsen war — er nach innen von der Extrem, acrom. des Schlüsselbeins maass zur Zeit der Aufnahme 11" im Umfang und 7" von reichte. Mit den unterliegenden Theilen war sie fest ver­ seinem Ende bis zum Os pubis — war diese Redaktion wachsen und schien sowohl mit dem Humerusschaft, wie nicht mehr möglich. Die zuerst bemerkte Geschwulst mit dem Axillarrand des Schulterblattes innig zusammen­ war besonders in den letzten Jahren zu einer solchen kolos­ zuhängen. Von letzterem aus ging ein Fortsatz median- salen Masse herangewachsen, dass Pat. unfähig zu jeder wärts, welcher die ganze Fossa supraspinata einnahm; Arbeit wurde. Die Längsachse derselben betrug 35", ein zweiter, kürzerer, erstreckte sich etwa 3 Querfinger die Circumferenz an der stärksten Ausdehnung QTl/211, breit in die Fossa infraspinata. Die Achselhöhle selbst der Umfang des Stiels 16". Besser noch als diese Maasse war frei. Im Allgemeinen von runder Oberfläche, trug erläutern die beigegebenen Abbildungen die Ausdehnung; der Tumor eine Reihe kleiner, buckliger Erhebungen; danach entspricht die Grösse des Tumor etwa der Masse seine Consistenz war im äussern und obern Umfang kno­ des Rumpfes vom Halse bis zum Nabel. Die Consistenz chenhart , nach unten und innen zu bot er mehr das Ge­ war eine verschiedene; an einzelnen Stellen hart, deut­ fühl einer harten Fleischmasse. Nirgends Pulsation, lich gelappt, an ändern weich, fast fluktuirend; dieAdspi- Fluktuation oder Pergamentbnittern; Achseldrüsen nicht ration entleerte aus letztem eine geringe Menge lymph- geschwollen. Der rechte Oberarm war durchweg 2 cm ähnlicher Flüssigkeit. Die bedeckende Haut war vom schwächer, als der linke, seine Bewegungen behindert. etwas verdünnt, nach den Seiten zu verdickt, aber überall Keine Oedeme. Gutes Allgemeinbefinden. — Wie eine leicht verschieblich ; die Geschwulst selbst völlig schmerz­ am 30. April mittels des Apparats von Potain ausgeführte frei. Luftinjektion unter die Haut ergab, war letztere nirgends Die Diagnose wurde auf ein Myxolipom gestellt, dem Tumor adhärent. dessen Ausgangspunkt indessen mit Sicherheit nicht Exstirpation am 12. Mai (B lum ). Nachdem vom Rande des Akromion 2 elliptische, 24 cm lange Incisionen bestimmt werden konnte, vor Allem konnten die nach unten gemacht und der sehr atrophische Deltoideus Beziehungen zum Cavum peritonaei oder dessen In­ durchschnitten waren, gelang es relativ leicht, die obere halt nicht klar gelegt werden. Die zweite Ge­ äussere und untere Partie des Tumor freizulegen, da schwulst in der Leiste wurde als eine herniöse Aus­ derselbe mit dem Humerusschafte gegen Erwarten nicht verwachsen war; vom lateralen Schulterblattrande da­ stülpung vermuthlich vom Netz aufgefasst. gegen musste er mit der Säge abgetragen werden. Zur Die Operation wurde am 30. Oct. 1882 ausgeführt. Entfernung der beiden Fortsätze unter und über der Spina Um überhaupt mit dem kolossalen Tumor manipuliren zu musste die Incision nach hinten oben und nach vorn bis können, musste er auf ein besonderes Tischchen neben zur Mitte der Clavicula verlängert werden ; der Rest der dem Operationstisch gelagert werden, so, dass er dasselbe Geschwulst wurde alsdann durch Resektion des Akromion nach allen Seiten überragte und der Stiel zugänglicher und des äussern Endes der Clavicula enucleirt. Ausspü­ wurde. Um letztem wurde provisorisch eine elastische lung mit reinem Alkohol, Drainage, Sutur. — Der Tumor, Binde gelegt, ausserdem waren alle Vorbereitungen be­ 3V2kg schwer, erwies sich als Enchondrom mit mehrfach hufs sofortiger Blutstillqng «ad mit Rücksicht auch auf 180 VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. die Möglichkeit einer Eröffnung der Peritonäalhöhle ge­ geführten Hohlsonde die den Tumor bedeckende Haut troffen. — Incision von der Gegend der linken Spina eine Strecke weit gespalten, und dann in der Verlängerung anter. sup. il. abwärts über die vordere Fläche des Tu­ die Basis der Geschwulst rings Umschnitten; der hintere mor, 12" lang. Die Losschälung von dem umgebenden Theil der Wunde wurde mit Nähten vereinigt, in den vor­ Zellgewebe gelang leicht, meist mit der Hand; zu ihrer dem die Schleimhaut des Mastdarms mit eingenäht und so Vollendung musste der Schnitt noch ganz nach rechts hin eine weitere Afteröffnung erzielt. Heilung reaktionslos verlängert werden. Aus einer grossen Oeffnung im Grunde binnen 10 Tagen. der Wunde fielen während der Enucleation plötzlich eine Die Geschwulst bestand zum weitaus grössten Theil Masse Darmschlingen vor, welche alsbald durch einen aus homogen erscheinendem, nicht lappig angeordnetem grossen flachen Schwamm gesichert wurden. Besondere Fettgewebe, welches ziemlich im Centrum ein auffallen­ Aufmerksamkeit erforderte der zweite Tumor, weil man des, derbes, erbsengrosses Knötchen umschloss. Letz­ über seine Natur nicht klar war; es zeigte sich indessen, teres zeigte sich zum Theil aus hyalinem Knorpel zusam­ dass er ein einfacher Lobulus des grössern war. Nach mengesetzt , welcher indessen nach dem Rande zu , statt Beendigung der Exstirpation, welche 15 Min. in Anspruch der rundlichen Hohlkapseln immer mehr länglich runde genommen hatte, wurden die vorgefallenen Eingeweide Formen und weiterhin schmale Spalträume mit einfachen reponirt; wie sich jetzt feststellen liess, waren dieselben spindelförmigen Körperchen aufwies, und, da gleichzeitig nicht aus einer während der Operation entstandenen Oeff­ das Zwischengewebe streifiger wurde, gewann das Ganze nung, sondern aus einer, l ’/2" Durchmesser haltenden, mehr das Aussehen von Bindegewebe. In diesem letz­ alten Bruchpforte nach aussen getreten; letztere wurde tem (Rand-) Theil des Knötchens lag ausserdem ein nicht durch eine fortlaufende Catgutnaht verschlossen. genauer definirbares Gebilde aus glatten Muskelfasern, Nach schneller Stillung der Blutung [ob dieselbe stark wahrscheinlich eine mikroskop. Arterie. Die fingerähn­ gewesen, ist nicht gesagt] und Abspülung der Wunde mit lichen Stummel bestanden nur aus Fettgewebe. schwacher Carbollösung wurden die Hautränder vernäht und ein Watteverband angelegt. Schon während der Der eigenthümliche Bau und die Gestalt des Operation war Pat. bedeutend collabirt, fast pulslos, so Tumor sprechen dafür, dass es sich weniger um dass Elevation und elastische Einwicklung beider Beine eine Geschwulst im engem Sinne, als um eine Art vorgenommen werden musste; sie erholte sich im Laufe des folgenden Tages, indessen blieb der Puls dauernd von Doppelbildung, vielleicht eine äusserst primitive klein und frequent. Vom 4. Tage an — die Wunde selbst Organanlage, gehandelt habe. sah stets sehr gut aus und secernirte wenig; das geringe Sekret wurde durch in Bor-Glycerin getränkte Schwämme In der Sitzung der Pariser Soc. de Chir. vom aufgesogen — stellten sich Tympanie und Schmerzen im 3. Jan. 1883 theilte Nicaise (Gaz. des Hop. 2. Abdomen ein, und am 6. Tage starb Patientin. 1883) einen Fall von schmerzhafter Geschwulst in Obduktion. Weder die äussere Wunde, noch die mit der Nähe des Kniegelenks mit. Catgnt vernähte Bruchpforte zeigten direkte Verklebung; Die betr. Pat., jetzt 37 J. alt, hatte vor 19 J. einen beide Wundränder klafften sofort nach Lösung der Suturen. Stoss an der Innenseite des linken Kniegelenks erhalten Der zwischen der Hautbedeckung und dem Grund der und seitdem an fortdauernden heftigen Schmerzen in die­ Wunde befindliche taschenförmige Raum war mit einer ser Gegend gelitten. Vesikantien, Jodtinktur, Glüheisen, sehr übelriechenden, mit Gewebstrümmern vermischten Morphiuminjektionen waren ohne jeden Erfolg geblieben. Flüssigkeit angefüllt. Sehr starker Meteorismus; Stand Vor etwa 6 J. bildete sich eine leichte Anschwellung und des Zwerchfells bis zur 3. Rippe; Därme congestionirt von dieser Zeit an begann Pat. abzumagern, wurde bleich, und durch frische Fibrinbeschläge mit einander verlöthet. leidend, unfähig zu gehen und verlangte endlich dringend Lungen stark bluthaltig, emphysematos; Herz schlaff, eine Operation. Es bestand eine beträchtliche Atrophie erweitert; rechter Ventrikel mit einem grossen und zum des linken Unter- und Oberschenkels; der Condyl. int. Theil entfärbten Blutgerinnsel gefüllt. Todesursache: femor. war vergrössert, sowohl im Längen-, als auch im Peritonitis und Herzlähmung. — Der Tumor selbst, Ge­ Breitendurchmesser, Druck auf denselben ausserordent­ wicht 80 Pfund, das grösste bis jetzt in der Literatur ver- lich schmerzhaft. Die Haut war an verschiedenen Stel­ zeichnete, war eine Mischform zwischen Lipom u. Myxom ; len mit dem unterliegenden Knochen verwachsen; kein zwischen den Lipommassen waren zahlreiche, grosse, mit Oedem. Kniegelenk anscheinend gesund, gleichwohl alle einer zellartigen Flüssigkeit angefüllte Hohlräume einge­ Bewegungen sehr empfindlich. Die Diagnose schwankte lagert. zwischen einer neuralgischen Osteitis und einem kleinen Unter dem Titel „angebornes Lipom der Steiss- Knochenabscess. beingegend“ macht Dr. K a r 1 S c h u c h a r d t (Chir. Operation am 18. Juli 1882, unter Anwendung der Centr.-Bl. X. 51. 1883) Mittheilung über eine ge­ Esmarch’sehen Constriktionabinde. Schräge Incision vom stielte, hühnereigrosse, weiche Geschwulst in der Ligam. lateral, int. zum obern Rand der Kniescheibe; zweite Incision senkrecht aufsteigend bis zur Sehne des Dammgegend eines 4 W. alten wohlgenährten Kna­ Adduct. longus. Unter der Haut lag zunächst eine An­ ben, welche, mit markstückgrosser Basis entsprin­ zahl kleiner Geschwülste, welche Neuromen ähnlich gend, vorn bis zum Scrotum, hinten bis zum Steiss- sahen; als darauf der Schnitt durch den M. quadriceps bein reichte und an ihrer untern Fläche drei finger­ weiter geführt wurde, fand sich unter demselben eine be­ trächtliche Menge derselben Tumoren, von Gerstenkorn- artige, kurze^ weiche Stummel trug. Beim Pressen bis Haselnussgrösse, meist dem Periost angeheftet. Die­ drang dünnbreiiger Koth aus einer ganz feinen, sehr selben , anscheinend schon sehr alten Datums, lagen in schwer auffindbaren Oeffnung vorn oberhalb der kleinen napfformigen Vertiefungen der Oberfläche des Geschwulst, nahe deren Basis und ziemlich weit Knochens eingebettet, und waren durch niedrige Knochen­ leisten von einander getrennt. Das Gelenk wurde breit nach rechts von der Mittellinie; durch dieselbe ge­ eröffnet: auch hier dieselben, mit der Synovialis zusam­ langte man mittels der Sonde leicht in den Mast- menhängenden kleinen Geschwülste, sonst war dasselbe darm. Daneben bestand noch eine tiefgehende Spal­ gesund. Nach sorgfältiger Entfernung alles Krankhaften tung des Scrotum in zwei Hälften und ein leichter wurden 2 Drains in das Gelenk eingeführt, die Hautwun­ den durch Suturen geschlossen und ein streng antisep­ Grad von Hypospadie. tischer Verband angelegt. Die Heilung verlief so günstig, Bei der von Prof. V o lk m a n n ausgeführten Exstir­ dass Pat. am 22. Tage absolut schmerzfrei, mit vollstän­ pation wurde zunächst auf einer in die Analöffnung ein­ dig gebrauchsfähigem Bein entlassen werden konnte. VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. 181

Wie die mikroskopische Untersuchung ergab, schale freigelegt, aus welcher nach Eröffnung durch einen waren die Tumoren reine Fibrome, also Analoga Messerstich eine dunkelfarbige seröse Flüssigkeit mit be­ trächtlicher Gewalt herausspritzte. Bei Untersuchung der Tubercules sous - cutan<5s douloureux, nur mit mittels des eingeführten Fingers stellte sich heraus, dass dem Unterschiede, dass dieselben hier nicht subcutan der ganze Knochen zu einer blossen, dünnen Schale ohne sassen, sondern dem Periost anhafteten. irgend welchen soliden Inhalt ausgedehnt war, wahr­ scheinlich also nur eine einfache Knochencyste vorlag. Wie M o n o d im Anschluss an diesen Fall be­ Nun wurde die Incision bis zu 9 Zoll neben der Aussen- merkte , wurde von V e r n e u i 1 kürzlich eine ähn­ Beite der Fibula her verlängert, der Knochen mit der liche Operation bei einem Manne vorgenommen, Zange IV2Z0II unterhalb des untern Endes der Gesoh wulst welcher an heftigen Schmerzen an der Innenseite durchtrennt, von allen Weichtheilen freipräparirt und schlüsslich exartikulirt. Der N. peron., welcher ziemlich des Beines litt; wegen der auffallend starken Vasku­ fest mit der Oberfläche des Tumor zusammenhing, musste larisation des Gliedes wurde ein schmerzhaftes An- in einer Strecke von etwa 4 Zoll seines Verlaufs von dem giom vermuthet. Es fand sich an der obern, äussern gesammten Nachbargewebe isolirt werden; eine Vene Partie des Unterschenkels ein kleiner Tumor, und und zwei kleine Arterien wurden unterbunden. Drainage, Naht, antiseptischer Verband. zwar ein Lipom , ohne irgend welchen Zusammen­ Am 1. April war die Wunde geheilt und Pat. erhielt hang mit Nerven. Auch hier führte die Exstirpation die Erlaubniss, aufzustehen; aber, obwohl er das Körper­ zu vollständiger Heilung. gewicht auf dem erkrankten Gliede aufruhen lassen konnte, vermochte er doch, wegen Schwäche der Streckmuskeln Eine der letztem analoge Beobachtung wurde des Fusses, noch nicht zu gehen; auch bestand 6 Wochen von R i c h e 1 o t mitgetheilt; dieselbe ist genauer von lang ein prickelndes Gefühl in den Zehen, Erscheinungen, Courtade (L’Union 20. 1883) beschrieben. welche vermuthlich von der Läsion des Nerven bei der Es handelte sieb um ein 15jähr. Mädchen, welches Operation herrührten, indessen ziemlich bald verschwan­ den. seit einer, vor etwa 3 J. stattgehabten Contnsion des lin­ ken Kniegelenks an periodisch ohne nachweisbare Veran­ Die exstirpirte 3 1/2 Zoll lange und 25/8 Zoll im lassung wiederkehrenden sehr heftigen Schmerzen im Durchmesser haltende Geschwulst war in der That Knie litt. Auch hier war eine Reihe ableitender Mittel eine reine Knochencyste, ausgekleidet von einer dün­ ohne allen Erfolg angewandt worden. R. fand eine kleine, nen Membran mit allen Charakteren einer serösen von der Crista tib. nach aussen und dem Cond. int. tib. nach oben hin begrenzte Anschwellung, welche auf Druck Haut; ausser einigen wenigen rothen Blutkörperchen ausserordentlich schmerzhaft war; eine zweite, ähnlich fanden sich in der in ihr enthaltenen Flüssigkeit gelappte Geschwulst lag etwas mehr oberhalb, anschei­ keinerlei Formelemente. nend mit der Sehne des M. semimembran. im Zusammen­ hang-, letztere bestand seit etwa 7 Mon., die erste seit Prof. Weinlechner in Wien (Wien. med. Bl. ca. 2 Jahren. Exstirpation. Beide Tumoren stellten sich V. 34— 39. 1882) bespricht die Behandlung der als gelappte Lipome heraus, deren kleine Lobuli an einer Angiome, bei welcher vorzugsweise 2 Formen der­ centralen Achse traubenförmig ansassen. Heilung nach 6 Wochen, nachdem in den ersten 14 Tagen nach der selben, das Angioma simplex und das Angioma Operation noch mehrmals ziemlich heftige und durch die cavernosum, in Frage kommen. Als Methoden der Beschaffenheit der Wunde nicht erklärte Schmerzanfälle Behandlung führt W. folgende an. aufgetreten waren. I. Abschneidung der Blutzufuhr zu den er­ Wegen einer serösen Cyste der Fibula führte krankten Gefässen. Dieselbe geschieht durch Ap­ George Buchanan (Glasgow med. Journ. XVII. plikation von Kälte oder von Adstringentien, durch 5. p. 340. May 1882) die Excision der obern Hälfte Compression der Geschwulst oder der zuführenden der Fibula aus. Arterien, durch Ligatur der letztem, entweder für Ein 12jähr. Knabe war vor etwa einem Jahre von einem sich allein oder unter Combination mit Circumcision. Baume gefallen und hatte sich dabei das rechte Bein II. Obliteration der erkrankten Gefässe durch unterhalb des Kniegelenks gequetscht; kurz darauf fand abermals eine Contusion derselben Stelle durch Fall über Erregung von Entzündung. Hierher rechnet W. einen Stein statt. Die dadurch bewirkte Anschwellung die Massage; die Vaccination (nur bei Ungeimpften ging zuerst etwas zurück, nahm dann aber allmälig und von Erfolg); die Applikation reizender Substanzen weiterhin eine Zeit lang sehr rapid zu, bis sie in den letz­ (Tart. stib-, 01. Crot., Jodcollodium, Kreosot); die ten Wochen stationär blieb. Die Untersuchung ergab einen grossen, ovalen Tumor an der Aussenseite des rech­ Durchziehung eines Setaceum; die parenchymatöse ten Beins, welcher vom Fibulargelenk etwa 6 Zoll ab­ Injektion verschiedener reizender Substanzen mittels, wärts reichte und über seiner stärksten Prominenz 8 Zoll der iVauas’schen Spritze, wobei die periphere Com­ maass. An der innera Seite war er ziemlich scharf ab­ pression während der Injektion (bez. durch den gegrenzt und durch eine deutliche Furche von der Tibia geschieden, nach hinten zu verloren sich seine Contouren EsmarcKsehen Schlauch) nicht unterlassen werden in der Wadenmuskulatur. Er war unbeweglich, hart und darf; das Zerstossen, Sticheln mit Nadeln; die Glüh­ hatte eine glatte Oberfläche, welche stellenweise bei star­ hitze ; die Elektrolyse. kem Druck etwas elastisch nachgab. Die Haut hing mit III. Entfernung der kranken Gewebstheile. demselben nicht zusammen. Kein Schmerz bei Druck oder beim Gehen; keine Drüsenanschwellung in der 1) Ligatur mittels Hanf-, Seiden-, Metall- oder ela­ Leiste. stischer Fäden (wiederholt bei flach aufsitzenden, par­ Da die Affektion als maligne Neubildung aufgefasst tiell bei sehr grossen, subcutan bei Angiomen ohne wurde, so war anfänglich die Amputation in Aussicht ge­ Betheiligung der Haut). — 2) Ecrasement, nur in nommen und Pat. zu dem Zwecke am 4. Febr. 1882 be­ reits narkotisirt. Vorher wurde indessen zur Sicher- Ausnahmefällen anwendbar. — 3) Glühhitze: Gal­ stellung der Diagnose über die Aussenseite des Tumor vanokaustik, Thermokauter, Ferrum candens. — eine Incision gemacht und durch diese eine Knochen­ 4) Anwendung der (bekannten) Kaustika. — 5) Die 182 VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.

Exstirpation ist angezeigt namentlich bei tumoren- vanokauter am meisten zu empfehlen, wobei jedoch haften Angiomen mit noch unveränderter Haut und der N. facialis besonders zu berücksichtigen ist. Bei bei umschriebeneu cavernösen Tumoren; bei diffusen den in den übrigen Gesichtsregionen, sowie an muss thunlichst nur in gesundem Gewebe operirt Hals, Stamm u. Extremitäten sitzenden Angiomen werden, um enorme Blutungen zu vermeiden. Die­ ist die Operationsmethode je nach dem vorliegenden selbe kann entweder mit dem Messer oder, nament­ Falle zu wählen. lich bei oberflächlichen Angiomen, nach Hebra’s Bei cavernösen Angiomen ist, wenn solche Vorgang mit dem scharfen Löffel vollzogen werden. umschrieben sind, in ähnlicher Weise wie bei dem Die Vereinigung der Wundränder durch Prima-intentio einfachen zu verfahren. Bei diffusen ist durch ope­ ist in der Mehrzahl der Fälle zwecklos, während bei rative Eingriffe meist nur eine Besserung zu erzielen, Offenbleiben der Wunde etwa noch vorhandene Ge­ welche am besten durch Alkohol- und Eisen-Injek­ schwulstreste durch Aetzen oder Glühhitze leicht zu tionen oder durch das Sticheln mit den verschiedenen beseitigen sind. Auch muss bei etwa nöthig wer­ Glühapparaten erreicht wird. Bei hochgradiger Aus­ denden plastischen Nachoperationen der natürliche breitung, schnellem Wachsthum und grösser Schmerz­ Verlauf abgewartet und erst später ein Ersatz ge­ haftigkeit und Unbrauchbarkeit eines Gliedtheiles bildet werden. bleibt nur Amputation des letztem übrig; ebenso In manchen wegen Grösse, Ausbreitung oder Sitz kann Enucleation des Bulbus, Amputation des äussern besonders schwierigen Fällen ist eine Combination Ohresj einer Zungenpartie, eines Theiles des harten mehrerer der hier aufgeführten Operationsmetho­ Gaumens nothwendig werden. den indicirt, z. B. des Messers mit der Glühhitze Als Beitrag zur Behandlung der Angiome der oder mit Aetzmitteln. Nicht selten ist auch ein Haut theilt Dr. Quantin (L’Union 99. 1881) fol­ Wechsel in der Operationsmethode angezeigt, wenn genden Fall mit, in welchem er durch Injektion von die eine gänzlich fehlschlug oder Geschwulstreste Balsamum commendatoris (Tinct. Benzoes com- übrig geblieben sind. posita) Heilung erzielte. Im Allgemeinen ist bezüglich der Wahl der Be­ Das 2monatl. Kind hatte auf der linken Wange einen handlungsmethode nach Art und Sitz des Angiom mattrothen, nicht comprimirbaren Tumor - von der Grösse Folgendes zu bemerken: Beim einfachen Angiom und Gestalt einer Vichy-Pastille“, der, direkt nach der Geburt nur klein, sich schnell vergrössert hatte; eine kann, wenn solches oberflächlich ist, dieAetzung mit kleinere, ganz gleiche Geschwulst sass in der Gegend des Salpetersäure, Glüheisen, Thermokauter, Galvano­ Hinterkopfes. Q. injicirte zunächst in die letztere mittels kaustik oder Excision mit dem Messer gewählt, bei einer Pravas’schen Spritze einige Tropfen der genannten gemischten tumorartigen Angiomen ausserdem noch Tinktur ; sofort nahm dieselbe eine aschgraue Farbe und elastische Ligatur, Wiener und Chlorzink-Paste ge­ die Consistenz eines Wachstropfens an und war in Ver­ lauf von 3 Tagen ohne jegliche Eiterung zum Niveau der braucht werden; besonders grosse, über ganze Kör- Haut abgesunken. Nun wurde auch die Geschwulst auf pertheile verbreitete Angiome sind nur partienweise der Wange in derselben Weise behandelt; durch 4malige in Angriff zu nehmen. Von Bedeutung für die Wahl an der Peripherie vorgenommene Injektion wurde die der Operationsmethode ist vor Allem der Sitz des gleiche Veränderung in Farbe und Consistenz erzielt. Nach 4 Tagen fand sich ein Schorf wie nach Applikation Angiom. Am behaarten Kopfe sitzen dieselben meist von Wiener Aetzpaste, der sich am 10. Tage von der mit an den Fontanellen (namentlich der grossen) und frischen Granulationen bedeckten Wundfläche entfernen den noch offenen Nahtstellen, wobei die Nachbar­ liess. Heilung mit transparenter, zarter Narbe. schaft der Hirnhäute und Sinus eine gefährliche Rolle Das Verfahren hat Q. noch in 2 weitern Fällen spielt. Für solche Fälle empfiehlt sich die Anwen­ gute Dienste geleistet. Er empfiehlt dasselbe als dung der Glühhitze, der Salpetersäure oder der ela­ gefahrlos und zur Erzielung glatter, nicht entstel­ stischen Ligatur. Beim Sitz des Angiom in der Um­ lender Narben geeignet. gebung der Augen wähle man das Messer und die Die Excision eines grossen, prominirenden Glühhitze, eventuell auch die Elektrolyse; an der Angiom der Nase mit Rhinoplastik aus der Stirn­ Nase kann Messer und Glühhitze verwendet werden, haut führte Dr. Lüning in Zürich (Schweiz. Corr.- während Aetzmittel leicht entstellende Narben zur Bl. XIV. 9. 1884) bei einem 9 Mon. alten Knaben Folge haben. Ist das Ohr Sitz des Angiom, so wähle aus, bei welchem nach Angabe der Eltern vom 3. Mon. man die Glühhitze oder, wenn partielle oder totale ab ein bläulicher Fleck an der Nasenspitze bemerkt Amputation nothwendig, das Messer. In der Mund­ worden war, welcher allmälig den Umfang eines gegend operire man, wenn das Lippenroth allein er­ Zweifrankstücks erreicht hatte. krankt ist, mit Doppelligatur mit Seide oder elasti­ Die Geschwulst prominirte bucklig unmittelbar ober­ scher Ligatur, eventuell durch Keilschnitt; hat das halb der Nasenspitze, sass mehr nach dem rechten Nasen­ Angiom inselförmig Lippen-Haut und -Schleimhaut flügel hin, reichte aber theilweise auch in den linken hinein und erstreckte sich nach oben fast bis zur Höhe mit dem Zahnfleisch ergriffen, so ist das Glüheisen, der Apertura pyriformis. Sie schimmerte durch die central eventuell unter Opferung einiger Zähne, anzuwenden. verdünnte Haut bläulich durch, schwoll, wenn das Kind Für die Stirn, dem Lieblingssitz der Angiome, ist weinte, etwas an und liess sich durch Fingerdruck nur Messer oder Glühhitze, unter thunlichster Schonung theilweise entleeren, wobei man zurückbleibende resisten­ tere Partien fühlte, bei Umstülpung der Nasenspitze sah der Beinhaut, zu wählen; in der Parotis- und Wan­ man auch innen, besonders rechts, bläuliche Wülste gengegend ist Exstirpation mit dem Messer oder Gal­ durchschimmern. VI. Chirurgie, Ophthalmologie n. Otiatrik. 183

Operation am 15. Jan. 1884. Unter Chloroform­ Die Untersuchung ergab hier hinter dem rechten Ohr narkose und Tamponade beider Nasenhöhlen, welche ge­ einen etwa gänseeigrossen, kräftig pulsirenden Tumor, öffnet werden mussten, wurde der Tumor unter Erhaltung welcher durch eine Furche in eine hintere, sich flach er­ schmaler Säume der Nasenflügel abgetragen, wobei der hebende und eine vordere, direkt hinter der Ohrmuschel oberste Theil des häutigen Septum, sowie Stücke der gelegene kugelige Geschwulst getheilt war. Unter der Alarknorpel mit entfernt werden mussten. Die Blutung leicht verdünnten, blauröthlichen Haut lag das den Tumor war sehr erheblich, so dass 12—15 spritzende Gefässe bildende Convolut vielfach geschlängelter, erweiterter und theils mit Catgut unterbunden, theils durch Torsion oder kräftig pulsirender Arterien ; den Hauptstamm derselben Hängenlassen der Pean’schen Pincette geschlossen wer­ bildete die Auricul. posterior. Der Tumor liess sich leicht den mussten. Nach definitiver Blutstillung wurden noch auf die Hälfte seines Volumens zusammendrängen, er­ einige cavernöse Schleimhautpartien mit der Scheere ent­ weiterte sich jedoch bei Nachlass des Drucks sofort wieder fernt. Zur Deckung der Wunde wurde ein schräg lie­ auf seinen frühem Umfang. Durch Compression der gender Stirnhautlappen mit Stiel am linken innern Augen­ Auric. post, wurde die Pulsation nur abgeschwächt, durch winkel gebildet und der Lappen exakt durch Seidenfäden die der Carotis ext. fast völlig aufgehoben, indessen ohne mit den stehen gebliebenen Nasensäumen vereinigt und Volumabnahme. ebenso der Stirndefekt geschlossen. Der eigentlichen Operation wurde am 22. Juni die Trotz dem bedeutenden Blutverluste erholte sich das Unterbindung der Carotis ext. in der Höhe des Zungen­ Kind rasch, die Heilung erfolgte per prim, int., so dass beins vorangeschickt; die Wunde war am 29. Juni per am 8. Tage sämmtliche Suturen entfernt werden konnten. prim. int. geheilt, die Pulsation, im Tumor verschwunden: Zur Desinfektion hatte L. während der Operation eine sie stellte sich indessen im Verlaufe der nächsten 14 T. lproc. Wismuthemulsion benutzt und auch die Nahtlinie anfangs undeutlich, später mit zunehmender Intensität mit Wismuthbrei (K o c h e r) bedeckt. Auch der kosme­ wieder her. Es wurde deshalb am 6. Juli die Exstirpa­ tische Erfolg war ein sehr befriedigender: Die Nasen­ tion vorgenommen. Mittels eines K-förmigen Schnittes, löcher sind gut durchgängig und geräumig, eine leichte dessen vertikaler Schenkel in einer Länge von 7—8 cm Asymmetrie derselben dürfte durch Schrumpfung des Lap­ über die Mitte des Tumor verlief und dessen horizontale pens und das Wachsthum des knorpligen Septum sich Schenkel ca. 4 cm lang waren, liessen sich zwei genügend später noch ausgleichen. ernährte Hautlappen abpräpariren und dann wurde der Der exstirpirte Tumor zeigte den Bau des sogen. Gefässknäuel allmälig nach vorheriger doppelter Ligatur Angioma simples hyperplasticum, ein Gewimmel von neu­ der einzelnen Gefässäste aus seinen Verbindungen gelöst gebildeten Gefassen kleinster Ordnung mit zellenreicher und von dem theilweise adhärenten Periost getrennt. Die Wandung, welche letztere auf einem Querschnitt häufig Blutung war trotz der anscheinend geringen Pulsation 3—4 Kerne über einander wahrnehmen liessen. Ver­ eine recht erhebliche; ca. 35 Catgntligaturen waren er­ einzelt fanden sich auch dilatirte kleine Venen. Die Neu­ forderlich. Naht, Drainage, Lisler’scher Verband. Nach bildung sass wesentlich im subcutanen Zellgewebe, reichte 7 Tagen war die Heilung per prim. int. vollendet. aber auch bis in das Corium hinein. Eine cavernöse Geschwulst des Rectum beob­ Die beim Rankenangiom einzuschlagende The­ achtete Prof. Arthur B a r k e r (Med.-chir. Transat. rapie muss nach K. immer eine aktive sein, da auf 2. S. XLVIII. p. 229. 1883) bei einem 45jähr. Spontanheilung nicht gerechnet werden kann und Manne, welcher seit seinen Knabenjahren häufig Ab­ das Leben der Pat. durch Ruptur und nachfolgende gang von Blut im Stuhlgang bemerkt hatte, obschon Ilämorrhagie stets bedroht ist. Am ungefährlichsten, auch freie Zwischenzeiten von 2— 3 Jahren vorge­ aber auch am wenigsten wirksam ist die Compres­ kommen waren. sion. Der Anwendung solcher Mittel, welche durch Bei der Untersuchung fanden sich einige unregel­ Blutgerinnung die Obliteration herbeiführen sollen mässige Schleimhautfalten im Rectum und auf diesen — Injektionen von Liquor Ferri sesquichlor. und oberflächliche, unaufhörlich blutende Geschwüre, deren Ergotin, Elektro- und Acupunktur —, steht die Ge­ Grund dunkel purpurroth erschien, so dass man das Vor­ handensein einer Blutgeschwulst in der Rectalwand an­ fahr zu starker Entzündung der Gefässwand und nahm. Eine Verengerung bestand nicht (13. März 1882). ausgedehnter Thrombose im Wege. Was die Unter­ Der Kr. verlor fortwährend Blut und starb (2. Mai) unter bindung der zuführenden Arterienstämme betrifft, so den Erscheinungen hochgradiger Anämie. ist dieselbe, auf die zur Geschwulst ziehenden Haupt- Die Sektion ergab, dass die Schleimhaut des Mast­ darms normal war. Die untersten 4*/2 Zoll waren sehr zweiggefässe, meist Auricul. post, oder occipitalis, bedeutend verdickt durch eine cavernöse Geschwulst. Die beschränkt, in allen (14) Fällen völlig wirkungslos tödtliche Blutung war aus den drei deutlich bemerkbaren geblieben. Die Ligatur der Carotis — ext. oder Geschwüren erfolgt. comm. — derselben Seite bietet nur vorübergehenden Dr. Hermann Kümmell (Arch. f.klin.Chir. Erfolg (unter den von Heine gesammelten 60 Fäl­ XXVIII. 1. p. 194. 1882) bespricht im Anschluss len war 32mal die Carotis comm. unterbunden und an folgenden Fall die Behandlung des Angioma nur in einem einzigen ein dauernd günstiges Resultat arteriale cavernosum. erzielt worden) und auch die doppelseitige Ligatur Ein 53jähr. Cigarrenarbeiter hatte von Kindheit an — ob angeboren, wusste er nicht — einen kleinen, röth- der Carotis comm. war in allen (7) Fällen wirkungs­ lich gefärbten Knoten hinter dem rechten Ohr, welcher los, weil während des mit Rücksicht auf die Ernäh­ seit ca. 15 J. allmälig, aber stetig sich vergrösaerte und rung des Gehirns nothwendigen Zeitintervalls zwi­ vor 10 J. schon einmal angeblich mit Compression be­ schen den beiden Operationen stets sich der Colla- handelt worden war. Am 27. April 1882 trat ohne be­ sondere Veranlassung plötzlich eine ungemein heftige teralkreislauf in der Geschwulst wieder herstellt; der­ Blutung aus dem rechten Ohr auf, welche angeblich, da selbe Misserfolg wurde bei gleichzeitiger Unterbin­ Hülfe nicht zu erreichen war, 4 Std. anhielt und spontan dung der beiden Carot. ext. beobachtet. Da das erst beim Eintritt einer Ohnmacht auf hörte. Eine zweite, Angioma racem. eine meist auf congenitaler Grund­ nach einigen Tagen sich wiederholende Blutung wurde bald durch Tamponade des äussern Gehörgangs gestillt lage sich entwickelnde Neubildung darstellt, so muss und Pat. dann dem Krankenhause überwiesen. die Behandlung in einer direkten lokalen Entfernung 184 VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. bestehen, und zwar am rationellsten mit dem Messer, anzuschwellen, sich zu röthen und ein leichtes, etwas welcher bei einigermaassen ausgedehntem Tumoren empfindliches Gefühl von Klopfen oder Schwere zur Beschränkung der Blutung die Ligatur der Carotis bietet. Alsdann wird die Basis der Geschwulst an­ ext. entweder unmittelbar oder einige Tage früher gestochen ; aus der Oeffnung entleert sich zunächst vorausgeschickt wird. Eiter und seröse Flüssigkeit, worauf die Substanz In einem Aufsatze über die Behandlung der der Cyste als wurmförmige, weisse Masse folgt, ver­ Balggeschwülste mit Aetherinjektionen weist Mar­ mischt mit Gewebsfetzen von der zerstörten Wand cel Lermoyez (Bull, de Th6r. CV. p. 454. der Tasche. In den folgenden Tagen eitert die Nov. 30.1883) zunächst darauf hin, dass die Exstir­ Cyste; durch die Stichöffnung entleeren sich mit dem pation der Atherome im Gesicht und auf der Kopf­ Eiter stets noch einige Reste der Membran; allmälig schwarte mittels des Messers zwar schnell zum Ziele zieht sich die Haut um den sich stetig verkleinernden führt, nur eine lineare Narbe hinterlässt, aber häufig Tumor zurück, von welchem nach Ausfluss des letz­ die Gefahr eines Erysipels bedingt. Die Kauterisa­ ten Tropfen Eiters nur noch ein kleines, hartes, von tion , wenn sie den ganzen Sack gründlich zerstören intakter Haut bedecktes Knötchen übrig bleibt. In soll, erfordert lange Zeit und führt stets zu hässlichen der Regel ist zwischen dem 14.— 20. Tage die Hei­ Narben. Es sind allerdings verschiedene Verfahren lung vollendet. angegeben worden, um diesen letztem Uebelstand Die günstige Wirkung dieser Methode wird durch die zu verhüten. So bringt P a n a s , um möglichst wenig genaue Schilderung eines Falles von stark hühnereigrossem von der äussern Bedeckung zu zerstören, Wiener Atherom der Hinterhauptgegend illustrirt. Nachdem hier 6 Injektionen (täglich eine) von 10 Tropfen gemacht wor­ Aetzpaste mittels eines quer abgeschnittenen Feder­ den , war die Cyste völlig erweicht und entleerte ihren kiels nur auf eine circumscripte Stelle des Tumors. Inhalt auf leichten Druck durch die Stichöffnung; durch Einfacher ist das von Le Fort angegebene Verfah­ letztere führte V id a l dann eine kleine Curette ein, mit ren. Ein fein zugespitztes Holzstäbchen wird in welcher die Wand der Cyste leicht abgeschabt wurde; hierauf Aetherinjektion. Während der folgenden Tage rauchende Salpetersäure getaucht und hiermit eine beständige Eiterung aus der kleinen Oeffnung, aus wel­ lineare Kauterisation durch einmaliges Ueberstreichen cher mit dem Eiter stets Partikel der Wandung sich ent­ über die Höhe der Geschwulst vorgenommen; als­ leerten ; zugleich verkleinerte sich die Geschwulst immer dann wird das Stäbchen von Neuem mit der Säure mehr, die sie bedeckende Haut begann sich zu runzeln und nach 16 Tagen war eine Anschwellung nicht mehr befeuchtet und „von irgend einem dilatirten Orificium sichtbar; indessen liess sich noch eine etwa mandelgrosse aus, welches sich stets auf dem linearen Schorf fin­ verhärtete Stelle durchfühlen. Die in den letzten Tagen den lässtM, bis in das Centrum des Balgs eingeführt, nur sehr spärliche Eiterung hörte am Ende der 4. Woche wo es etwa f/s Min. belassen und dann entfernt wird. nach der Eröffnung völlig auf; die Oeffnung war kaum Der Pat. empfindet hierbei nur einen ganz unbedeu­ mehr aufzufinden, die verhärtete Stelle etwa erbsengross. tenden Schmerz; aus der Cyste selbst fliesst nichts Dr. Eugen Fraenkel in Hamburg (Berl. aus. Nach etwa 14 Tagen löst sich der Schorf von klin. Wchnschr. XXL 15. 1884) hat Versuche über der umgebenden Haut, der Tumor wird durch sanftes die Injektion von Osmiumsäure angestellt, die zwar Kneten gelockert und dann die Eschara mittels Pin- nur gering an Zahl sind, aber F. überzeugt haben, cette weggenommen; an derselben haftet der Balg dass bei der Anwendung des Mittels doch einige in Gestalt einer weisslichen Kugel. Vorsicht geboten scheint. Ausserdem theilt er 2 Fälle Noch zweckmässiger ist jedoch nach L e r m. die mit, in denen er Injektionen mit dem Mittel in Ge­ von V i d a 1 angegebene Injektion von Aether in das schwülste ausgeführt hat. Innere der Cyste. Man bedient sich hierzu möglichst F. injicirte bei Kaninchen eine lproc. Lösung bis reinen Aethers, von welchem mittels Pravaz ’scher zur Menge von 0.8 ccm der Lösung am Oberschenkel, wobei er namentlich die Austrittsstelle des N. ischiadicus Spritze bei kleinern — etwa haselnussgrossen — ans dem Hüftloch zu treffen suchte. Schmerzhaft schie­ Tumoren 4—5, bei grossem bis zu 10 Tropfen einen nen die Injektionen, mit nur einer Ausnahme, nicht zu um den ändern Tag in der Weise injicirt werden, sein. Bei einem Thiere hatte sich bereits nach der 3. In­ dass die Nadel der Spritze von einer dilatirten Haut­ jektion eine vollständige motorische und sensible Läh­ mung des Unterschenkels und Fusses entwickelt. Bei pore — zweckmässig von einem deutlich sicht­ einem ändern kam es zu einer deutlichen motorischen baren Comedo — aus und bei jeder wiederholten Schwäche, die bis zur Tödtung des Thieres unverändert Injektion immer wieder durch dieselbe Oeffnung in anhielt; bei dem 1. Thiere fielen die Haare in der Um­ das Innere des Balges vorgeschoben wird. Nachdem gebung der Injektionsstelle aus, ohne dass Osmiumsäure mit der äussern Haut in Berührung gekommen war. Bei man mit der- Nadel nach allen Richtungen hin leichte dem 3. Thiere wurde keine motorische Störung beob­ Bewegungen gemacht hat, um den Inhalt der Cyste achtet. zu verschieben, wird der Aether behutsam, Tropfen Von den übrigen Versuchsresultaten absehend, theilt für Tropfen, entleert und beim Zurückziehen der F. nur den Sektionsbefund des Thieres mit, bei dem voll­ ständige Lähmung des Beines eingetreten war und das Nadel die Oefinung sofort mit dem Zeigefinger ge­ 16 T. nach der 1., 12T. nach der 7. und letzten Injektion schlossen, nm ein theilweises Ausströmen des injicir- getödtet wurde. Es fanden sich bei diesem Thiere, wie ten Aethers zu verhüten. Bei kleinem Atheromen auch in geringerem Grade bei dem 2., das nur motorische genügen meist 2— 3, bei grössern 6— 8 Injektionen, Schwäche gezeigt hatte, schwarze Färbung des inter- muskularen nnd des den Nerven umgebenden Binde­ um die beabsichtigte Eiterung hervorzurufen, man gewebes, am Nerven selbst parenchymatöser Zerfall vieler sistirt dieselben, sobald der Tumor anfängt, etwas Fasern und zum Theil auch schwielige, zur Compression VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. 185 des Nervenstammes führende Epineuritis, an den Muskeln von Neuem nach. Da keine Art von operativer Behand­ ausser parenchymatösen Veränderungen der contraktilen lung ausführbar erschien, wurden nach Abschabung mit Substanz auch eine interstitielle mit Atrophie des Muskels dem Finger in lproc. Osmiumsäurelösung getränkte kleine einhergehende Entzündung. Interessant war dabei die Tampons durch ein schmales Glasrohr in den offenbar Thatsache, dass sich auch in der lebenden Nervenfaser ein fast ununterbrochenes Rohr bildenden Uterovaginal- das Mark durch Osminmsäure schwarz färbt. kanal jeden Tag eingeführt, nachdem allemal vorher Aus­ Gefährlich ist der Entzündung erregende Einfluss spülungen mit Borsäurelösung gemacht worden waren. Die Entwicklung neuer Knoten, sowie die vorher vorhan­ des Mittels, der in höhern Graden zur Schwielen­ dene reichliche, jauchig-eitrige Sekretion wurden durch bildung an den Injektionsstellen Veranlassung giebt dieses Verfahren, wie es schien, etwa 4 Wochen lang fast und so, wenn ein motorischer Nerv in dieselbe hinein­ ganz aufgehalten, dagegen wuchs der Tumor in der Rich­ gezogen wird, für diesen verhängnissvoll werden tung des subserösen Gewebes unaufhaltsam fort, bis schlüsslich Erschöpfung u. zunehmender Ascites zum Tode kann. Betont zu werden verdient jedoch, dass die führten. Knollige Prominenzen Hessen sich durch die reizende Wirkung des in die Gewebe gelangenden Bauchdecken an dem zuletzt beinahe faustgrossen Tumor Metalls sich nur auf die dem Mittel direkt exponirt nicht durchfühlen. gewesenen Stellen beschränkt. Im 2. Falle handelte es sich um eine pflaumengrosse Lymphdrüsengeschwulst in der Submaxillargegend bei Die beiden Fälle, in denen F. Osmiumsäure- einer 55 J. alten Frau. Jeden 2. oder 3. Tag wurde eine Injektionen in Geschwülste ausgeführt hat, sind die Pravaz’sche Spritze voll von einer lproc. Lösung injicirt. folgenden. Als aber nach mehreren Injektionen kein Erfolg zu sehen war, widersetzte sich die Kr. der Fortsetzung der Injek­ In dem 1. Falle bestanden in der linken Regio supra- tionen, obwohl sie zugab, dass die durch dieselben ver­ clavicularis während des Lebens für Lymphosarkome ge­ ursachten Schmerzen nur gering waren. haltene Geschwülste, die sich aber nach dem an Phthisis erfolgten Tode bei der Sektion als einfache Lymphome Im 3. Falle bestand bei einem 19 J. alten Mädchen herausstellten. Eine Verkleinerung der Geschwülste hatte eine sehr grosse, elastisch harte Kropfgeschwulst ohne nach der Injektion der Ueberosmiumsäurelösung absolut fluktuirende cystöse Räume, die die Respiration in hohem nicht stattgefunden. Bei der Untersuchung der Drüsen nach Grade hemmte. Der Umfang des Halses betrug an den dem Tode waren an denjenigen, die von der Einspritzung prominentesten Punkten beider Lappen des bilateralen getroffen waren, nekrotische, dem Durchbruch durch die Kropfes 48.5 Centimeter. Da die Pat. durchaus auf einer Haut nahe Herde nachzuweisen, ähnlich denen, die sich Operation bestand, versuchte Sz. die Injektion von Os­ zuweilen an stark geschwollenen Mesenterialdrüsen bei miumsäure, mit */2 Pravaz’schen Spritze voll einer lproc. Typhuskranken finden. Von sklerosirenden Processen in wässrigen Lösung beginnend und bald zur Injektion der Umgebung der Herde war nichts zu bemerken und einer ganzen Spritze voll steigend. Nach 12 T. war der nach F. dürfte die Annahme nicht von der Hand zu wei­ Halsumfang bereitsauf 46.5cm reducirt; der linke, zu­ sen sein, dass die injicirte Flüssigkeit eine in gewissem erst grössere Kropflappen, in den zunächst die Injek­ Grade durch das Gewebe, mit welchem sie in Contakt tionen gemacht worden waren, war derb und hart gewor­ kommt, modificirte Wirkung entfaltet. den und bedeutend zusammengeschrumpft; die Athem- beschwerden hatten abgenommen. Da der linke Ge­ Im 2. Falle war einem Kinde im 1. Lebensjahre schwulstlappen etwas zu schmerzen anfing, wurden die Osmiumsäurelösung in ein angebornes Lymphangiom der Injektionen in den rechten gemacht. Nach einem Monat Wange injicirt worden. Nach dem Tode des Kindes, der waren die Athembeschwerden fast ganz geschwunden. an Darmkatarrh erfolgte, war von einer Geschwulst nichts Wahrscheinlich in Folge davon, dass die Injektionen mehr zu bemerken. Die Haut der betreffenden Wange wegen der zunehmenden Härte der Geschwulst zu ober­ Hess nur verschiedene bläulich schwarze Flecke durch­ flächlich ausgefallen waren, wurden einzelne Hautstelleu schimmern, die wahrscheinlich (genauere Untersuchung am linken Geschwulstlappen schwarz und wie mumificirt, der betreffenden Stellen durch Präparation war nicht ge­ worauf langsame schmerzlose Abstossung folgte mit Hin­ stattet) als Ausdruck von im Unterhautzellgewebe zu terlassung sehr kleiner Granulationsflächen; an der rech­ Stande gekommenen Ablagerungen des reducirten Osmium ten Hälfte des Tumor, wo die Injektionen mehr in die zu betrachten sind. Tiefe gemacht worden waren, traten solche schwarze Stel­ Jedenfalls sind nach F. auch fernerhin Versuche len nicht auf. mit Osmiumsäure - Injektionen sowohl bei der Be­ Einen Monat lang wurden die Injektionen täglich, dann wöchentlich 3mal und schlüsslich nur 2mal in der handlung maligner Tumoren, als auch gegen Neur­ Woche vorgenommen, aber mehr injicirt; im Ganzen ver­ algien angezeigt, aber eine gewisse Vorsicht in der brauchte Sz. etwa 70g der lproc. Lösung, also 0.7g Handhabung muss auf Grund der angestellten Thier­ Osmiumsänre, in etwa 3 Monaten. experimente dringend angerathen und vor einer Ap­ Die Schrumpfung der Geschwulst ging anfangs rascher vor sich als zuletzt, der Umfang des Halses wurde auf plikation in die unmittelbarste Nähe gemischter Ner- 45.5, später auf 44.5 cm reducirt, der linke Kropflappen venstämme entschieden gewarnt werden. war schlüsslich in eine narbige Bindegewebslage von ge­ Dr. L. S z u m a n in Thorn (Berl. klin. Wchnschr. ringem Umfange verwandelt. Eine Vereiterung oder Ver­ flüssigung der Geschwulst war nicht zu bemerken, mit XXI. 15. 1884) theilt 3 Fälle mit, in denen er Ausnahme ganz weniger umschriebener Punkte, an denen Osmiumsäure theils lokal, theils in Injektionen nach geringe Fluktuation ein trat, die später wieder verschwand, Delbastaille’s Methode in Geschwülste ange­ ohne dass Aufbruch erfolgte. Die Athembeschwerden ver­ wendet hat. schwanden dauernd, so dass Pat. schwere Emtearbeit Der 1. Fall betraf ein 5 Mon. altes Mädchen, dessen verrichten konnte. Vaginalkanal mit theils grossen, knolligen, theils kleinen, Bei leicht operirbaren Fällen scheint Sz. eine rosarothen oder bläulichen, beim Abreissen wenig blu­ so langwierige und doch nicht so ganz sichern Er­ tenden harten Geschwnlstmassen (Blumenkohlgeschwulst) folg versprechende Injektionstherapie überflüssig, angefüllt war; die Cervix uteri schien völlig in den Ge­ schwulstmassen aufgegangen zu sein. Nach wiederholten zumal da sie, wie Pfeilsticker’s Beobachtungen Abbindungen wucherten die Geschwulstmassen stets rasch beweisen, die nachträgliche Operation durch feste Med. Jahrbb. Bd. 204. Qft.2. 24 186 VI. Cliirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.

Adhäsionen erschweren kann. Bei inoperablen oder war, deshalb liess B. von einem ;Arzte in der Heimath nur mit grösser Gefahr für den Pat. zu operirenden des Kindes eine Chloraleinspritzung machen, nach der aber keine solche Anschwellung eintrat wie nach der von Geschwülsten aber verdient diese Behandlung ver­ ihm ausgeführten. Nach etwas über >/2 J. sah B. das sucht zu werden. Kind wieder und fand nur noch eine geringe Anschwellung Chloraleinspritzungen zur Behandlung von Ge­ an der Stelle der Geschwulst, wenn das Kind schrie. Nach weitern 4—5 Mon. war auch dieses letzte Zeichen schwülsten wandte Dr. Cäsar Boeck (Tidsskr. f. verschwunden. prakt. Med. IV. 24. 1884) in folgenden 3 Fällen an. Die 2. Injektion, die in der Heimath des Kindes Ein 17 J. altes Mädchen hatte an der rechten Hälfte ausgeführt wurde, ist nach B. wahrscheinlich ganz der Unterlippe eine, wahrscheinlich cavernöse, erektile überflüssig gewesen und hat keinen Einfluss auf das Gefässgeschwulst von Nussgrösse und bläulicher Farbe, die sich durch Druck wegbringen liess, aber nach Auf­ schlüssliche Resultat gehabt. Als Aetzmittel ist in hören des Drucks binnen */2—1 Min. sich wieder gefüllt solchen Fällen die von B. angewendete rauchende hatte. Im Alter von 10—12 J. hatte Pat. die ersten An­ Salpetersäure das zweckdienlichste. fänge der Geschwulst bemerkt, die seit 3 J. erst ziemlich rasch gewachsen war. Eisenchlorideinspritzungen hatten Der 3. Fall betraf einen einige Monate alten Knaben, nichts genützt. Am 29. Aug. 1872 spritzte B. ungefähr bei dem eine an der Glabella sitzende Teleangiektasie V2 Pravaz'sehe Spritze voll einer lOproc. Chlorallösung sich bis in das subcutane Gewebe erstreckte nnd stark ein, wonach die Geschwulst etwas mehr anschwoll, ge­ anschwoll, wenn das Kind schrie. Die Einspritzung wurde spannter und härter wurde. Während der Injektion, die ganz in der gleichen Weise gemacht wie im 2. Falle und nur höchst unbedeutende Schmerzen verursachte, wurde es trat danach Coagulation der in der Geschwulst enthal­ die Geschwulst an der Basis nach unten zu comprimirt. tenen Blutmasse ein. Die Injektion musste aber, wahr­ Im Laufe des Tages wurden kalte Wasserumschläge auf scheinlich wegen des ungünstigen Sitzes der Geschwulst, die Lippe gemacht. Am 4. Sept. hatte sich die Ge­ 2mal wiederholt werden und B. hatte zurZeit der Mitthei­ schwulst schon etwas verkleinert, war weicher und besser lung noch keine Nachricht über das endliche Resultat. zusammenzudrücken. Nach einer neuen Injektion er­ Jedenfalls geht aus den mitgetheilten Fällen her­ folgte keine so starke Anschwellung wie nach der ersten, vor, dass Chloral in einer Lösung von 10°/0 die wohl aber nach einer 3. Injektion am 6. September. Am Fähigkeit besitzt, das Blut rasch zur Coagulation 7. Sept. fühlte sich die Geschwulst hart an ; das darin enthaltene Blut bildete offenbar eine fest coagulirte Masse; zu bringen, wenn es mit demselben in Berührung schmerzhaft war die Geschwulst nicht, nur in sehr gerin­ kommt, nnd dass es in Folge dieser Eigenschaft gem Maasse empfindlich bei Druck. An den nächsten bei der Behandlung von Angiomen mit Vortheil statt Tagen nahm dieselbe stetig an Umfang ab, immer dabei des sonst allgemein gebräuchlichen, aber sicher viel fest und compakt bleibend. Sie verschwand allmälig vollständig und hatte sich nach ’/2 J. noch nicht wieder eingreifenderen Eisenchlorids anzuwenden ist. Nach gebildet. letzterem sind Gangrän und Suppuration, ja auch Um sichere Coagulation in der Geschwulst zu Todesfälle beobachtet worden, ähnliche Unfälle sind erreichen, ist es nach B. zweckmässig, ganz lang­ indessen, so weit B. bekannt ist, vom Chloralhydrat sam and allmälig zu injiciren, wobei man die Nadel­ bei der Injektion in Geschwülste noch nicht mitge- spitze nach verschiedenen Richtungen umherführt. theilt worden. Auch der Umstand, dass das Eisen­ Ausserdem kann man auch den Umkreis des Angiom chlorid das angewendete Instrument so leicht ver­ comprimiren und nur ganz langsam den Druck auf- dirbt, dürfte nicht ganz ohne Bedeutung sein, nament­ heben, damit das wieder zuströmende Blut in mög­ lich für Landärzte, die vielleicht lange Zeit keine lich grösster Menge coaguliren kann, wenn es mit Gelegenheit haben, verdorbene Instrumente zu er­ dem bereits coagulirten Blute in der Geschwulst in setzen. Berührung kommt. Der 2. Fall betraf ein 3Mon. altes Mädchen mit einer 584. Peritendinöse Phlegmone im Bereich Teleangiektasie in der Haut in der Gegend des linken der A chillessehne; von Dr. E. R a y n a l. (Arch. Hypochondrium. Compression mit Heftpflaster u. Collo- g6n. 7. S. XII. p. 677. D6c. 1883.) dium hatte nichts geholfen. Bei Compression der Ge­ schwulst an ihrem Umkreise, wobei sie zu ihrem Maximum Die Achillessehne liegt eingebettet in einer fibrö­ angeschwellt wurde, injicirte B. etwa IV2 -FVawaz’sche sen Scheide, welche von der Fascia cruris derart ge­ Spritze der lOproc. Chlorallösung. Als die Compression nach einiger Zeit aufgehoben wurde, zeigte es sich, dass bildet wird, dass ein oberflächliches Blatt hinter, ein die Geschwulst die ziemlich stark prominirende Form bei­ tieferes vorn vor der Sehne herzieht; diese Scheide behielt, die sie durch die Compression bekommen hatte, enthält keine Synovia, wohl aber ein mehr oder und dass ihr Inhalt eine compakte, coagulirte Masse bil­ weniger fettreiches, von dem subcutanen Zellgewebe dete , die ganz hart anzufühlen war und ungefähr die Grösse eines halben Hühnereies hatte. Um die Spannung vollständig getrenntes Bindegewebe. Letzteres kann zu vermindern und der Reaktion vorzubeugen, wurde die Sitz einer akuten oder chronischen Entzündung wer­ Geschwulst einige Tage lang mit Bleiwasserumschlägen den ; meist geht die chronische Entzündung aus einer bedeckt. Als die Geschwulst zu schwinden begann und akuten hervor, kann sich aber auch selbstständig die Spannung in der sie bedeckenden Haut abgenommen entwickeln. Die Veranlassung liegt meist in einer hatte, wurde die auf der Mitte derselben befindliche Teleangiektasie mit rauchender Salpetersäure geätzt und Ueberanstrengung durch längeres Gehen oder anhal­ dann das Ganze mit einer einfachen Salbe bedeckt. Als tendes Stehen, seltener wird Druck der Stiefel, be­ die Aetzwunde zu heilen begann und die coagulirte Blut­ sonders der Zugstiefel mit elastischen Seitenblättern masse noch als harte Geschwulst zu fühlen war, musste angeschuldigt. Im Beginn der akuten Entzündung das Kind, das von auswärts war, wieder in seine Heimath zurückkehren. Nach den eingegangenen Berichten war entwickelt sich zunächst ein heftiger, spontaner zu befürchten, dass das Resultat nicht ganz vollständig Schmerz, welcher von der Sehne bis in die Waden­ VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. 187

muskulatur hin ausstrahlt, durch direkten Druck, so­ Am 14. Juli wurde an der hintern Fraktur die Tre­ wie durch Dorsalflexion des Fusses gesteigert, durch panation gemacht, die durch die Convulsionen sehr er­ schwert wurde. Aus der Diploe erfolgte nur geringe Blu­ Plantarflexion (Erschlaffung der Achillessehne) da­ tung, die harte Hirnhaut blieb bei der Operation unbe­ gegen wesentlich gemildert wird. Gleichzeitig stellt rührt. Nach Elevation und Entfernung des deprimirten sich dann auch eine Anschwellung zu beiden Seiten Knochenstücks fand man einen etwa 3 cm langen, theil- weise abgesprengten Knochensplitter von der Tabula der Sehne ein; zur Hautröthe kommt es indessen vitrea. Nach dessen Entfernung zeigte sich die harte nicht, es sei denn, dass das oberflächliche Blatt der Hirnhaut etwas blutreich, Transsudation oder Meningeal­ Fase, cruris durchbrochen wird und die Phlegmone blutung fand sich aber nicht. Die harte Hirnhaut wurde auf das subcutane Bindegewebe übergreift. Fieber vorsichtig mit lauer Sublimatlösung abgespült und ein tritt nur sehr selten ein und hält sich in mässiger Sublimatgazeverband angelegt. Nach der Operation war der Pat. zwar etwas ruhiger und die Convulsionen setz­ Höhe. ten eine Zeit lang aus, aber das Bewusstsein war nicht Die von Vf. mitgetheilten beiden Krankheits­ klar und am nächsten Tage kehrten Unruhe und Convul­ geschichten illustriren die oben gegebene Darstellung, sionen in ihrer frühem Stärke zurück. — Der Wund­ verlauf war vollkommen aseptisch. Erbrechen stellte eine detaillirte Wiedergabe derselben bietet kein be­ sich ein, aber keine vollständige Lähmung der Extremi­ sonderes Interesse. Beide Male war das Leiden täten. Die Symptome des Hirndrucks nahmen eher zu akut entstanden, Stehen und Gehen war völlig un­ als ab und die Kräfte des Pat. sanken. möglich ; einmal war dasselbe als Rheumatismus auf­ Am 17. Juli wurde auch an der vordem Fraktur die Trepanation ausgeführt ohne Anwendung der Narkose gefasst und dementsprechend mehrere Wochen lang wie auch bei der ersten Operation. Die Operation, die ohne Erfolg behandelt worden. grössere Schwierigkeiten bot, als die erste, verlief günstig Die Differentialdiagnose hat keine Schwierigkei­ und ohne Läsion der harten Hirnhaut. Nach Entfernung ten, wenn die Lokalität genau beachtet wird; es ge­ des deprimirten Knochenstücks fand sich etwas Blut­ lingt so leicht, eine Verwechslung mit Distorsion, extravasat auf der Dura-mater, die fast ballonförmig in die Wunde vorgebuchtet war u. deutliche Fluktuation zeigte. Hydarthros des Fussgelenks, Sehnenscheidenentzün­ Mittels einer Prauas’schen Spritze, die eingestochen wurde, dung der Peronaei, Entzündung der Bursa postcal- gelangte man in eine Höhle und adspirirte eine geringe canea, Irrthümer, die sämmtlich schon vorgekom- Menge blutig gefärbter, seröser Flüssigkeit. Danach men sind, zu vermeiden. — Die Dauer des Leidens wurde eine Incision in die Dura-mater gemacht und eine nicht 6ehr bedeutende Menge dünner, blutiger Flüssig­ ist meist eine langwierige, da auch die akute Form keit entleert, wonach sich die Dura-mater dicht an das fast stets in die chronische übergeht; sie kann sich darunter liegende Gehirn anschloss. Die Wunde und die selbst Monate lang hinziehen. — Bei der Behandlung harte Hirnhaut wurden mit 3proc. Carbol wasser abgespült, spielt vor Allem Ruhe, wenn nöthig, durch Fixation aber aus Furcht vor Reizung wurde keine Ausspülung durch die Incisionsöffnung in der Dura-mater vorgenom­ des Unterschenkels in einer Schiene, die Hauptrolle; men. Die äussere Wunde, die behufs Ausführung der daneben Merkurialsalbe und lokale Blutentziehungen. Operation hatte vergrössert werden müssen, wurde mit In chronischen Fällen: Vesikatorien, Jodtinktur und Catgut genäht, Knochendrains wurden bis zur Dura-mater besonders Glüheisen; weiterhin elastische Compres- eingeführt und ein Jodoformverband angelegt. Während der Operation, besonders so lange der Druck der Trepan- sion mit Flanellbinden, lokale Duschen und Massage. krone wirkte, war die Respiration theilweise ungleich (H a e h n e r.) und schwach gewesen, gleich nach Beendigung der Ope­ ration aber wurde dieselbe wieder gleichmässig und 585. Beitrag zur Casuistik der Trepana­Pat. ruhig. Es stellte sich mehrere Stunden lang un­ tio n ; von Dr. A. Bergstrand. (Hygiea XLVI. unterbrochen dauernder ruhiger Schlaf ein. Die Convul­ 11. p. 712. 1884.) sionen blieben aus, nur in der nächsten Nacht erfolgten drei milde und kurze Anfälle. Am folgenden Tage war Ein 18 J. alter Schmiedelehrling hatte am 7. Juli der Zustand des Kr. zufriedenstellend, auch die Intelligenz in betrunkenem Zustande mit einer schweren, scharfen ziemlich gut. Es kamen zwar noch vereinzelte Zuckun­ Schmiedezange zwei Schläge auf den Kopf bekommen, gen an den Extremitäten vor, aber die Symptome des beim 2. stürzte er zusammen und zog sich beim Fallen Hirndrucks verschwanden immer mehr. Auf dem rechten eine Wunde an der Stirn über dem rechten Auge zu. Pat., Ohre war Pat. taub und klagte über Sausen, am 3. Tage der in bewusstlosem Zustande in das Hospital gebracht nach der Operation auch über Schmerz an der Pars worden war, kam hier wieder zu sich und bei der Unter­ mastoidea; nach Anwendung von Calomel in gelind laxi- suchung fand sich am Hinterhaupte nahe am Scheitel die render Dosis aber verlor sich Ohrensausen Und Schmerz. Kopfhaut mit dem Pericranium abgehoben und darunter Die Besserung machte stetige Fortschritte, die Wunde eine Fraktur, deren einer Rand in einer Ausdehnung von war ohne Sekretion, der Wundverlauf aseptisch. Der nahezu 4 cm ziemlich tief deprimirt war; am linken Os Verband wurde jeden 3. Tag gewechselt. Am 24. Juli parietale fand sich eine gleiche Fraktur, deren einer Rand war Pat. vollkommen fieberfrei, die Wunde in Heilnng in noch grösserer Ausdehnung deprimirt war. Splitterung begriffen; an der vordem Operationsstelle sah und fühlte war nicht nachzuweisen. Versuche, die deprimirten Stücke man noch die Hirnpulsation. Am 10. Aug. wurde Pat. mit dem Meissei zu eleviren, gelangen nicht. geheilt entlassen. (W a lte r B e r g e r .) Nach Stillung der Blutung wurde ein Sublimatverband angelegt und eine Eisblase aufgelegt. Während der ersten 586. Zur Casuistik der Fremdkörper. 4 Tage war Pat. bei Bewusstsein, ruhig, die Körpertem­ peratur massig erhöht. Vom 5. Tage an wurde Pat. un­ Der Fall von seltener Verletzung der Nase, ruhig, die Temperatur stieg und epileptiforme Convul- über welchen Prof. V o 11 o 1 i n i (Mon.-Schr. f. Ohkde. sionen stellten sich ein, die immer häufiger, anhaltender u. s. w. XVI. 6. p. 109. 1882) Mittheilung macht, und heftiger wurden, bis sie an einem Tage zu 33 An­ ist sehr geeignet, die Vortheile der Rhinoskopie be­ fällen stiegen. Das Fieber war dabei massig, die etwas erweiterten Pupillen reagirten trag auf Licht. Die Wun­ hufs der Entfernung von Fremdkörpern in das hellste den sahen rein aus. Licht zu setzen. 188 VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.

Ein junger Mann, der auf einem Teiche Schlittschuh Seitdem bestand jedoch laute Respiration und Dyspnoe. lief, brach, während er durch das Schilfrohr lief, ein. Er Erst nach 3 Mon. entstand plötzlich keuchende Athmung fühlte sofort einen heftigen Schlag an die Nase nnd zu­ mit den Erscheinungen hochgradiger Laryngostenose, so gleich stürzte ein starker Blatstrom aus der linken Nasen­ dass die Tracheotomia inferior gcmacht werden musste. hälfte, so dass er meinte, die Spitze des Schlittschuhes Die Athmung war sofort frei; liess man aber das Kind sei ihm in die Nase gedrungen. Endlich stand die Blu­ durch die gefensterte Kanüle allein athmen, bo traten tung und Fat. litt 2 T. lang an ausserordentlich heftigen sofort die Symptome der Stenose in der frühem Stärke Kopfschmerzen an der linken Stimhälfte, die in gerin­ wieder ein. Nachdem von der Wunde aua mit Sonden gerem Maasse noch 14 T. anhielten, während die linke und elastischen Kathetern (ohne Resultat) der Kehlkopf Nasenhälfte eine eiterähnliche Flüssigkeit absonderte. untersucht worden war, konnte das Kind auch bei ge­ Dann traten die Kopfschmerzen wieder heftiger auf und schlossener Kanülenöffnung ordentlich athmen und hustete 3 Mon. nach der Verletzung wurde V. consultirt. Nach am Tage darauf ein stinkendes Stückchen Knochen von Reinigung der Nase entdeckte dieser mittels der Rhino- höchstens 1 cm Länge aus, worauf vollständige Heilung scopia ant. und post, in der Nase eine Masse, welche sich, eintrat. mittels der Zange entfernt, als ganze Packete von Schilf­ rohr erwies; auch nachher Hessen sich durch Ausspritzen Zwischen den wahren Stimmbändern konnte der noch eine ganze Menge von Rohrtheilen entfernen. Die Fremdkörper nicht eingekeilt gewesen sein, da nie Hauptmassen hatten zwischen der untern und mittlern Heiserkeit oder Aphonie vorhanden w ar; er musste Muschel gesessen. Nach wenigen Tagen war der Kopf­ daher 3 Mon. lang in einer Morgagni?sehen Tasche schmerz verschwunden, die Nasenhälfte durchgängig und sich versteckt gehalten haben, dann aber heraus­ sogar der Geruch war wiedergekehrt. Bei einer nach einigen Tagen bei hellem Sonnenlicht mit seinem Nasen- getreten sein und sich in der Gegend der obern speculum (mit Lupe) vorgenommenen Untersuchung ent­ Stimmbänder festgesetzt haben, wodurch Oedem und deckte V. im Eingänge der linken Nasenhöhle gegenüber Stenose bedingt worden war. der untern Muschel einen Knochenvorsprung und zwischen diesem und der Muschel einen graugelblichen Körper, der Einen wegen des zarten Alters des Pat. inter­ Bich abermals als ein Stück Schilfrohr erwies und zwi­ essanten Fall von Fremdkörper in der Trachea mit schen der untern Muschel und dem Knochenvorsprung günstigem Ausgange nach Tracheotomie hat Dr. eingeklemmt gewesen war. Das Rohr war übrigens trotz seinem langen Lagern in der Nasenhöhle noch so hart, A. Schapringer (New York med. Record XXIV. dass es wie Holz zerbrach. 8. p. 206. Aug. 1883) bekannt gemacht. Kehlkopf. Henry W. Freemann macht Das betr. 8 Mon. alte Kind kam in S ch .’s Behand­ lung mit hochgradiger Dyspnoe, welche unmittelbar nach (Lancet H. 16; Oct. 1883) einen durch den günsti­ dem Essen einer Scheibe von einer Orange kurz zuvor gen Ausgang unter anscheinend hoffnungslosen Ver­ entstanden war. Nach Verabreichung von Syr. Ipeca- hältnissen bemerkenswerthen Fall bekannt, in wel­ cuanhae war Erbrechen eingetreten, aber ohne Erfolg, chem ein Stück von einer Porzellantasse bei einem eben so wenig nützte die Inversion des Körpers. Es trat vielmehr Cyanose ein ; In- und Exspiration waren müh­ |7jähr. Knaben im Larynx festsass, welches beim sam und überall über der Trachea war Rasseln zu hören Genuss von Brod und Milch aus derselben abge­ und zu fühlen. Es wurde sogleich zur Tracheotomie ge­ brochen und verschluckt worden war. schritten, nachdem das Kind einige Tropfen Chloroform Es war sofort Krampfhusten, Stridor im Kehlkopf, inhalirt hatte. Gleich bei Eröffnung der Trachea flog der kolossale Dyspnoe und drohende Asphyxie aufgetreten. Fremdkörper — ein Orangenkern — aus der Oeffnung F ., der sofort zur Stelle war, versuchte durch Wenden heraus. Trotzdem blieb die Respiration unregelmässig des Körpers und Klopfen des Rückens den Fremdkörper und Sch. führte deshalb einen flexiblen Katheter ein, zu entfernen, aber diess misslang, ebenso die Versuche, mittels dessen Blut und Schleim adspirirt wurde, worauf ihn mit dem Finger oder einer gekrümmten Zange zu er­ das Befinden befriedigend war. Sch. vereinigte nun die reichen. Man schritt nun zur Tracheotomie. Es wurde Ränder der Trachealwunde durch einige Seidensuturen zuerst Va Drachme (ca. 2 g) Chloroform inhalirt und gut und ebenso wurde die Hautwunde geschlossen. Die Faden- vertragen, aber nach der 2. halben Drachme hörte die enden der Trachealnaht wurden aus dem obern u. untern Respiration plötzlich auf und der Radialpuls war nicht Ende der Wunde herausgeleitet; die Schleimhaut zog mehr fühlbar. Sofort wurde nun die Trachea unterhalb Sch. nicht mit in die Naht ein. Heilung erfolgte per des Ringknorpels eröffnet und eine Doppelkanüle ein­ prim. int. mit Ausnahme der beiden Stellen, an denen die geführt. Nachdem 20 Min. lang unverdrossen die künst­ Fadenenden heraushingen, doch konnten auch diese nach liche Athmung gemacht worden war, war die Respiration einigen Tagen entfernt werden. Das Kind befand sich ziemlich gut hergestellt und auch der Radialpuls war ganz wohl. wieder fühlbar; doch verschob man jeden weitern Ein­ Ganz kurz möge ferner ein von Dr. K e e 1 i ii g griff. Am nächsten Morgen wurde ein am untern Ende gebogener Draht von der Trachealwunde aus eingeführt (Lancet I. 20; May 1883) mitgetheilter Fall Erwäh­ und mittels desselben der Fremdkörper in den Mund ge- nung finden, in welchem der Fremdkörper nach der stossen und von hier aus entfernt. Das Fragment der Tracheotomie durch den Husten wahrscheinlich aus Tasse hatte eine dreieckige Gestalt; die längste Seite dem linken Bronchus ausgestossen wurde. war 7/s Zoll (fca. 18 mm) lang. Die Genesung erfolgte ohne jeden Zwischenfall. Ein S'/ajähr. Knabe hatte angeblich eine Glasperle verschluckt; es war heftige Dyspnoe mit Husten und Ein 2. Fall von Eindringen eines Fremdkörpers Heiserkeit eingetreten. K. machte sogleich die Laryngo- in den Kehlkopf, der wegen des Sitzes desselben be- Tracheotomie, aber trotzdem, dass die Wundränder so achtenswerth erscheint, wurde von Prof. E. H a g e n - weit als möglich auseinander gezogen wurden, vermochte man den Fremdkörper nicht wahrzunehmen. Die Unter­ bach (Jahrb.f. Khkde. N .F. XIX. 2. p. 212.1882) suchung der Brust ergab, dass ein Hinderniss für den mitgetheilt. Eintritt der Luft in die linke Lunge bestand. Am 3. Tage Das betreffende Kind (dessen Alter nicht angegeben trat plötzlich heftiger Husten ein, mit dem ausserordent­ ist) hatte vor 3 Mon. ein Stückchen Knochen verschluckt, liche Dyspnoe verbunden war, so dass man eine Lage­ worauf heftige Athemnoth eingetreten war. Der Knochen veränderung des Fremdkörpers annehmen musste. In war angeblich wieder aus dem Munde entleert worden. Folge dessen wurde eine Kornzange in die Kehlkopfs­ VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik. 189 wunde eingeführt, um dieselbe thunlichst za erweitern, keit hinzutrat, eine Läsion des N. vagus, die wahr­ worauf bei einem neuen heftigen Hustenstosse wirklich scheinlich bei der Extraktion des Fremdkörpers ge­ eine 9 dg schwere Glasperle ausgeworfen wurde. Eine unbedeutende Lungenentzündung folgte, ging aber schnell schah, kam es zu einer Reflexlähmung auch der vorüber. Die Tracheotomiewunde heilte rasch und Pat. anderseitigen Kehlkopfsmuskeln. Dass wirklich eine war 3 Wochen nach dem Unfalle genesen. Läsion des N. vagus vorhanden gewesen ist, er­ Folgenden besonders in physiolog. Beziehung geben auch die an der Kardia und dem Oesophagus höchst interessanten Fall von „Fremdkörper im auftretenden Symptome, sowie die zeitweiligen Athem- Oesophagus“ hat Dr. Edgar Kurz in Florenz beschwerden. Dieser Fall liefert einen deutlichen beschrieben (Memorabilien XXVIII. 6. p. 321. Beweis für die Annahme Johnson’s, dass Läsion 1883). des Recurrens nur einseitige Stimmbandlähmung Ein 20jähr. Mädchen hatte eine Stecknadel ver­ nach sich zieht, Reize, die auf den Vagus treffen, schlackt. Wiewohl sich sogleich Schlingbeschwerden dagegen durch die centripetalen Fasern desselben einstellten, ging sie doch erst nach 8 Tagen, als sich eine central fortgepflanzt werden, da derselbe seine moto­ starke entzündliche Schwellung der linken Halsseite ent­ wickelt hatte, in das Hospital. Hier wurden Eisumschläge rischen, für den Kehlkopf bestimmten Fasern, von angeordnet, worauf Schwellung u. Schmerzen nachliessen. dem sich in seinen Kernfasern mit entsprechenden Als K. 5 W. nach dem Zufall die Pat. sah, fand er eine Fasern des gleichen Nerven der ändern Seite kreu­ diffuse, etwas harte Anschwellung an der linken Halsseite, zenden N. accessorius erhält. Auf diese Weise die sich vom ersten Trachealringe bis zum Kopfnicker erstreckte and bei Berührung schmerzte, eben so schmerz­ kommen die motorischen Störungen der Kehlkopfs­ haft war das Drehen des Halses nach links. Das Schlacken muskeln der nicht verletzten Seite zu Stande. war erschwert und, um einige Tropfen Flüssigkeit herun­ Bei dem seltenen Vorkommen von gläsernen terzubringen , musste Pat. mehrere gewaltsame und schmerzhafte Schlingbewegungen machen. Die Spiegel- Gegenständen als Fremdkörper im Rectum, sei der untersuchang ergab Parese des linken Stimmbandes ; die von Dr. MauricePollosson in Lyon beobach­ Sondirnng des Oesophagus war nicht schmerzhaft, die tete Fall von Extraktion eines gläsernen Poma­ Respiration frei. Pat. versicherte, dass sie deutlich fühle, dentopfs erwähnt (Gaz. des Hop. 107. 1883). dass die Nadel ziemlich wagerecht im Halse stecke, und Ein 72jähr. Mann wurde mit Klagen über Diarrhöe zwar so, dass sie mit dem Kopfe nur wenig in den Oeso- und Schmerzen im After aufgenommen. Bei der Unter­ phagus hineinrage, während die Spitze nach links und suchung ergab sich, dass der Anus tief eingezogen und aussen in der angegebenen Höhe stecke. Mit Mühe gelang trichterförmig war; bei der Digitaluntersuchung kam es, mit der Charriere’sehen Zange den Kopf der Nadel zu man in die Höhlung eines Glasgefässes hinein. Der Pat. fassen; die Extraktion selbst war leicht. Am folgenden vermochte über das Eindringen des Fremdkörpers keine Tage stellte sich die Pat. mit völlig klangloser Stimme Angaben zu machen oder simulirte Unwissenheit, gestand wieder vor und es ergab sich nunmehr Parese beider aber zu , dass er schon seit 14 Tagen denselben bei sich Stimmbänder, die sich beim Versuch der Phonation manch­ mal etwas der Mittellinie näherten, sofort aber wieder in trage, während welcher Zeit er von ändern Aerzten, ohne Cadaverstellung zurückkehrten. Am folgenden Tage ge­ untersucht worden zu sein, mit innern Mitteln behandelt sellten sich zu der Stimmlosigkeit zeitweilig mühsames worden war. P. versuchte die Extraktion mit dem Fin­ Athmen und schmerzhafte Empfindungen an der Kardia, ger, dann mit einer Polypenzange, aber sie wurde durch sowie Schlingbeschwerden im untern Theile des Oesopha­ die Enge des Anus, die Contraktion der Darmmuscularis gus (Vagusreizung) hinzu. Nach 5 faradischen Sitzungen und die den Fremdkörper theilweise bedeckende Schleim­ haut sehr erschwert. Pat. konnte jedoch 36 Std. danach kehrte die Stimme auf 2 Std. zurück; alsdann trat aber entlassen werden. Das entfernte Glasgefäss, von cylin- wieder Aphonie ein. Die Besserung schritt in sehr un­ drischerForm, war 6 cm hoch und hatte 47 mm im Durch­ gleichem Maasse vor und erst nach 26 faradischen Sitzun­ gen und 15 Strychnin-Injektionen in die Halsgegend (zu messer. 3—4 mg) war, 11 W. nach dem Unfalle, die Stimme so Durch das lange Verweilen des Fremdkörpers laut und klar, wie früher und bei der laryngoskopischen — in der Hand — bemerkenswerth erscheint der Untersuchung zeigte sich normale Spannung und Beweg­ Fall, über welchen Dr. G. Buchanan (Glasgow lichkeit beider Stimmbänder und seither ist auch die Stimme normal geblieben. Zugleich verlor sich während med. Journ. XX. 5; Nov. 1883) berichtet. der Behandlung — wohl in Folge des Strychnin — ein Pat., 38 J. alt, hatte sich vor 9 J. beim Stuben­ Vorjahren angeblich durchScbreck entstandener Tremor. scheuern eine Nadel in den Ballen des rechten Daumens Im vorliegenden Falle handelte es sich zu An­ nahe der Handfläche eingestochen. Bei den Versuchen, dieselbe zu entfernen, war die Spitze abgebrochen, das fang um eine im Gebiete des N. recurrens auftretende dickere Ende aber tiefer eingedrungen. Hier blieb letz­ einseitige Parese, später um eine durch den N. vagus teres, ohne die Pat. wesentlich zu belästigen, 12 Monate vermittelte reflektorische doppelseitige Lähmung der liegen und, als sich jetzt am Handrücken im 3.1ntermeta- Kehlkopfmuskeln. Man ist berechtigt, anzunehmen, carpalraum eine kleine Prominenz zeigte, welche bei Druck auf die Handfläche noch deutlicher wurde, machte dass die durch die Nadel hervorgerufene entzünd­ man eine Incision an dieser Stelle und entfernte ein 3/4“ liche Schwellung der Weichtheile der linken Hals­ [ca. 17 mm] langes Stück Nadel. gegend einen nicht allzu starken Druck auf den Drei Jahre später hatte sich dieselbe Person bei glei­ linken Recurrens und dadurch die Muskelparese cher Gelegenheit ein Stückchen Glas in die Palmarfläche des Mittelfingers derselben Hand eingestossen. Es bildete hervorgerufen hat, die einen Monat lang bestand, sich ein Panaritium, wegen welches nach mehrfachen er­ ohne dass eine Parese der Kehlkopfsmuskeln der folglosen Incisionen schlüsslich die Amputation im Meta- ändern Seite eingetreten wäre. Da der N. recur­ carpalgelenk nöthig wurde. Zwei Monate später zeigte rens nur motorische, also centrifugale Fasern führt, sich gerade hinter der Narbe, reichlich 2" [über 5 cm] von dem ursprünglichen Einstichspunkte der Nadel ent­ so ist eine Reflexwirkung durch diesen Nerven allein fernt , wieder ein kleiner harter Knoten im Centrum der nicht anzunehmen. Erst als eine neue Schädlich­ Palmarfläche. Man dachte an einen zurückgebliebenen 190 VII. Psychiatrik.

Glassplitter, allein bei der Incision trat wieder ein Stück­ Bildung u.s. w. führen“ I. p. 256.] In neuerer Zeit chen Nadel, y 5" [ca. 5 mm] lang, zu Tage. — Die Nadel hat Poncet, auf histologische Untersuchungen ge­ hatte sich also 1874 eingestochen, ein Stück derselben war 1875, der Rest erst 1883 ausgetreten, hatte also 9 Jahre stützt, einen Unterschied zwischen den Arthrophyten lang im Körper verweilt. traumatischen Ursprungs und denen, die früher ge­ Einen bemerkenawerthen Beitrag zur Lehre von stielt oder am Gelenke fixirt waren, zu machen ge­ den Gelenkkörpern bat Prof. Oliver Pem- sucht ; er behauptet, dass die traumatischen Arthro­ bertön (Lancet I. 20; May 1883) geliefert. phyten keine Spur von einem Hilus oder Stiel zeigen. Er weist zunächst darauf hin, dass die vorliegen­ Pemb. schliesst hieran die Mittheilung eines von den Erfahrungen über die Gelenkkörper fast aus­ ihm beobachteten Falles, der durch die genaue che­ schliesslich auf den Befunden am Enie beruhen. mische und mikroskopische Untersuchung des Gelenk­ Wenn solche auch bisweilen im Ellenbogen- oder körpers von Interesse ist. Hüftgelenk Vorkommen, so erheischen sie doch so Ein 55jähr. Eisenbahnwärter kam wegen schmerz­ selten einen therapeutischen Eingriff und sind so un­ hafter Anschwellung des rechten Kniegelenks in das Kran­ wesentlich, dass sie wenig studirt worden sind. Dass kenhaus. Er berichtete , dass er weder eine Verletzung des Gelenks erlitten, noch Rheumatismus gehabt habe, sie im Kindesalter hauptsächlich traumatischen Ur­ dass das Knie aber meistentheils geschwollen, zuweilen sprungs sind, hält P. für unzweifelhaft. Das Fuss- etwas dünner geworden sei und dass er seit 20 J. wisse, ballspiel liefert für die Wahrheit dieser Behauptung dass er an einem Gelenkkörper leide, der ihm zuweilen Beweise genug; P. erwähnt einen Fall, in dem den Gebrauch des Fusses absolut unmöglich gemacht habe. Der Körper sass an der Aussenseite des Gelenks zwischen ein bis dahin gesunder Mann nach diesem Spiele Condylus und Patella; Pat. glaubte, dass vielleicht auch plötzlich einen Gelenkkörper bekam. Nach dem noch ein zweiter, kleinerer Körper vorhanden, dass aber Alter von 40 Jahren übt allerdings die rheumatische der grössere jedenfalls die Ursache seiner Beschwerden Diathese einen sehr wichtigen Einfluss auf die Ent­ sei. Unter Lister’sehen Cautelen wurde eine 21/2" [ca. 6 cm] lange Incision gerade über dem Körper gemacht und stehung derselben und führt zu jener typischen Ver­ die Synovialis in derselben Ausdehnung geöffnet. Der kalkung, die man bei bejahrten Rheumatikern so Körper schlüpfte nicht von selbst heraus, sondern musste häufig in den Gelenkstrukturen findet. In den mei­ mit dem Scalpellstiel herausbefördert werden, obgleich sten Fällen wird ein Stück der Gelenkoberfläche ab- keine Adhäsion vorhanden war. Die Wunde heilte per primam int. und nach 4 Wochen wurde Pat. geheilt ent­ oder ausgebrochen, aber es verwandelt sich mit dem lassen. P. untersuchte ihn noch später und fand das Ge­ fortschreitenden Alter des Pat. und, wenn es anfäng­ lenk frei und gut beweglich. lich knorplig oder fibrös war, so wird schlüsslich Der entfernte Körper wog 99 Gran [ca. 6 g ] ; seine Struktur und sein Ansehen durch das Dominiren er enthielt 65°/0 Aschenbestandtheile (kohlens. und der rheumatischen Diathese beeinflusst. phosphors. Ealk). Ein mikroskopisch untersuchtes Ausserdem ist zu berücksichtigen, dass, wie schon Stück zeigte sich ähnlich dem verkalkten Rippen­ Hunter behauptet hat, in die Gelenkhöhle ergosse­ knorpel bei ältern Personen, wo einzelne Stellen mit nes Blut sich zu solchen Körpern metamorphosiren ossificirten Streifen durchzogen und von einer sehr kann. [Diese Ansicht hat auch Hueter in seinem dünnen, deutlich faserigen Haut umgeben sind , die Werke über Gelenkkrankheiten festgehalten: „Blut­ keine durch Farben kenntlich za machenden Zellen ergüsse nach Contusionen können gelegentlich zur besitzt. (Asch 6.)

VII. Psychiatrik. 587. Ueber Hallucinationen; von Dr. J. W. bleibt, kommen meist bei nicht Geisteskranken vor; II. Wijsman. (Geneesk. Tijdschr. voor Nederl. auch bei Geisteskranken, bei denen der Inhalt der Indie XXIV. 1. S. 87. 1884.) Hallucinationen meist sehr veränderlich ist, können Nach W.’s Meinung kommen Uebergänge von jedoch solche mit constantem Inhalt auftreten, zu­ Hallucinationen zu Illusionen nicht vor und die Re- mal wenn sie mit dem Inhalt der Wahnvorstellung flexhallucinationen gehören zu den reinen Hallucina­ in Verbindung stehen. tionen, die W. in subjektive und objektive eintheilen Hallucinationen sind kein Symptom von Geistes­ möchte. Die subjektiven entstehen durch eine an­ störung, so lange sie keine bemerkbare Einwirkung haltende Bespiegelung des Ichs in Folge von ange- auf das Seelenleben zur Folge haben. Dieser Ein­ borner oder erworbener Erhöhung des Selbstgefühls fluss hängt ab einestheils von dem Inhalte derHallu- (besonders rechnet W. hierzu die Hallucinationen bei cination (das Sehen eines Sternes z. B. und das primär Wahnsinnigen), während die objektiven ge­ Hören eines Tones wird psychisch natürlich weniger weckt werden durch eine Wahrnehmung mit einem Folgen haben, als das Hören von Stimmen und das ändern Sinnesorgan als das, welches sie betreffen Sehen von Personen), anderntheils davon, ob sie (so kann z. B. durch das Sehen eines Gegenstandes durch logischen Schluss als Produkte der Einbildung eine Gehörshallucination geweckt werden, deren In­ erkannt und corrigirt werden. Am leichtesten ist halt aber stets in einer gewissen Beziehung zur die Correktion möglich bei Hallucinationen, die nur Wahrnehmung steht). einen Sinn betreffen und durch die ändern corrigirt Der Inhalt der Hallucinationen ist stabil oder werden. Auf die Möglichkeit einer Correktion hat die variabel. Diejenigen, deren Inhalt stets derselbe Entwicklungsstufe des Individuum, der betroffene VII. Psychiatrik. 191 Sinn, die Intensität, die Häufigkeit und die Dauer zeigte sich im Dienste ordentlich, seiner Frau gegenüber der Hallucinationen Einfluss. (Walter Berger.) aber misstrauisch, launisch, brutal. In den ersten Jabren der Ehe soll er auch viel getrunken haben, seit 3—4 J. 588. Aerztlicher Bericht über die Irren-aber nicht mehr. Seit dieser Zeit litt er an Kopfweh (das er früher schon öfter gehabt) sehr stark, seit 1 J. abtheilung des Bürgerspitals in Basel vom Jahr ununterbrochen. Er war körperlich zurückgegangen, 1883; von Prof. L. Wille und W. Holstein. reizbar und lässig im Dienst geworden. Am 18. Juni Basel 1884. Ferd. Richin. 8. 35 S. mit 7 Ta­ 1881 Aufnahme. bellen. *) Der Pat. lokalisirte das Kopfweh anfangs im Hinter­ haupte, später mehr links, zuletzt an der linken Schläfe Der mittlere Krankenstand betrug 29.9 M., 32.9 Fr. und über dem linken Arcus ciliaris. Es wurden an ihm = 62.8 im Ganzen. Auf 1 M. kommen 105.1, auf 1 Fr. abwechselnde Pupillendifferenz beobachtet und vorüber­ 132.2 Verpflegnngstage, auf einen geheilten Mann: 42.9, gehende Facialis-Parese. — Nach Gebrauch von Jod­ auf 1 geheilte Frau 84.7 ; auf 1 gestorbenen Mann 48.2, kalium (3 g pro die) trat Besserung ein, so dass Pat. Ende auf 1 gestorbene Frau 80.0. — Die meisten Fälle waren Oct. 1881 austrat (noch hypochondrisch). Im Mai 1883 akute. Von 100 ausgetretenen Kranken waren: kamen vorübergehende Sprachstörungen, Kopfcongestio- geheilt . . 45.7 M., 40.6 Fr. = 43.2 im Mittel nen mit schnellem Puls und ebensolcher Respiration. Am gebessert . 32.8 „ 26.5 „ = 29.7 „ „ 16. Mai erneute Aufnahme. Die Sprache war wieder wie ungeheilt . 7.1 „ 21.8 „ = 14.1 „ früher langsam, aber deutlich, der Gang schwerfällig, verstorben 14.2 „ 10.9 „ = 12.6 „ „ indessen kein Schwanken, kein Zittern. Rascher Verfall Von den ungeheilt Ausgetretenen wurden 5 M. und jetzt (in Tagen), Apathie, Unfähigkeit zu stehen, Ptosis 16 Fr. direkt in andere Anstalten gebracht. — Zwölf Män­ und Facialis-Parese rechts, Ungleichheit der Pupillen. ner und 3 Fr. waren durch die Polizei der Anstalt über­ Der Pat. wurde immer reaktionsloser, es trat Parese der geben. — Erblichkeit war nachweisbar bei 54.6% der ganzen rechten Körperhälfte auf, nebst Zuckungen im Männer, 42.5°/0 der Frauen, bei 49.5% der Kranken. Gebiete des rechten Facialis, Fieber (bis 40.1°), Läh­ Die beobachteten Formen waren (nach der ge­ mung von Blase, Mastdarm u. Schlund. Tod am 28. Mai. gebenen Eintheilung) folgende. Sektion am 30. Mai (Prof. R oth). Diffuses braun- 1) Drei Mal Idiotie mit periodischer Aufregung; rothes Extravasat in den Weichtheilen über dem Schädel, die betr. Kr. stammten aus 2 Landgemeinden, in besonders über dem rechten Scheitelbein. Innenfläche des Schädels etwas rauh, besonders links in der Gegend denen noch Reste von Cretinismus Vorkommen. der Geschwulst. Kranz- und Pfeilnaht fast ganz ver­ 2) Von den primären Psychosen litten an : strichen. Dura über dem hintern Theile des linken Melancholie...... 3 M., 16 Fr. = 19 zus., Scheitellappens und dem Anfang des Hinterhauptslappens Melancholie u. Verrücktheit . 4 „ 2 „ = 6 „ rauh, gelblich, sulzig, mit den weichen Häuten in der Manie...... 3 „ 6 „ = 9 „ Ausdehnung eines 5-Frankstücks verwachsen, hinten mit Akuter Verwirrtheit . . . — ,, 4 „ = 4 ,, röthlichen Auflagerungen versehen. An der Unterfläche V errü ck th eit...... 7 „ 9 „ = 16 „ der Dura eine Anzahl verschieden grösser vaskularisirter Stellen. Pia um das Chiasma herum weisslich, derb. In letztere Rubrik gehören ausserdem noch Linke Hemisphäre über die Mittellinie nach rechts vor­ 7 Fälle mit alkoholischer Grundlage und 3 mit springend und in der Gegend der Verwachsung vorgewölbt, hypochondrischer bei Männern, 2 Fälle mit hyste­ derb. Rechter Seitenventrikel etwas erweitert, das Vorder- rischer, 1 Fall mit alkoholischer bei Frauen; die hom zum Theil obliterirt. Die rechte Halbkugel teigig, blut­ reich. — Links: Ventrikel und Hinterhörner etwas er­ Gesammtziffern der Rubrik stellen sich also auf weitert, das Vorderhorn ebenfalls theilweise obliterirt. 17 M. und 12 Fr. = 29 zusammen. Seh- und Streifenhügel stärker vorspringend als rechts. 3) Constitutionelle Formen: 1 M. mit raiso- Gallertige Erweichung der innern Kapsel bis zur Insel nirender Manie und 1 Fr. mit Zwangsvorstellungen, hin und in die Basis der Hinterhauptslappens, im Ganzen über gänseeigross. Die erste Schläfewindung vorn gal­ beide stark belastet. lertig, geschwollen, hinten eine wallnussgrosse derbe 4) Sekundäre Psychosen: 2 Fälle sekundärer Partie mit haselnussgrossem trockenen Kern. In der Demenz und 1 sekundäre Verwirrtheit. Umgebung gelbröthliche, sulzige Beschaffenheit, bis an 5) Periodische Psychosen: 4 M. und 4 Fr. die hier schwielig verdickte Dura. Vorn in derselben Windung eine ebensolche, erbsengrosse Geschwulst. — boten cyklische Form, 2 M. periodische Manie, 2 Fr. Der erste Ventrikel mässig erweitert. — Beim* Ablösen periodische Melancholie. der Pia von der Insel wurden kleine sternförmige Ein­ 6) Hypochondrische Formen: 2 M. und 2 Fr. ziehungen an der hintersten Inselwindung und dem vor­ einfach hypochondrisch, 3 M. hypochondrisch ver­ dersten Theile der ersten Schläfewindung bemerkt. — Penis atrophisch, ohne Narbe. — Im 1. Intercostalraum rückt. links, dicht neben dem Manubrium sterni, in der Musku­ 7) Epileptiker: 11. latur ein gelber, zäher, platter, 2-Frankstück grösser 8) Hysterische: 3 (2 davon verrückt, vgl. oben). Knoten, auf dem Durchschnitt trocken, mit hanfkorn- 9) Organische Formen: 2 Fälle, lmal Ence­ grosser Höhle. — Am Gaumen keine Narben, aber die beiden Tonsillen narbig eingezogen, von weisslichen phalitis mit melancholischem Schwachsinn, Dys- und Schwielen durchsetzt. — In der linken Niere ein stark Aphasie, lmal Gumma. Der letztere Fall ist aus­ stecknadelkopfgrosser, etwas käsiger Knoten und eine führlich beschrieben. hanfkorngrosse Cyste. — Ausserdem die Erscheinungen J. E. M., Heizer, 49 J., verheirathet, Vater eines der Bronchitis und Bronchopneumonia duplex. 19jähr. Sohnes, aus gesunder Familie stammend, hatte In der Epikrise bringt W. die Meningitis mit angeblich als neapolitanischer Soldat (1855—59) durch den Kopfschmerzen und der Hypochondrie, die fort­ Sonnenstich eine Himentzündung mit akuter Psychose sich zugezogen, sich ausserdem damals inficirt und sekun­ schreitende Demenz und Sprachstörung mit dem däre Erscheinungen gehabt. Später lebte er in Basel, Drucke der wachsenden Geschwulst und die letzten Hirnerscheinungen mit dem Erweichungaherd in Ver­ ') Für die Uebersendung dankt verbindlich W r. bindung. 192 VII. Psychiatrik. In der 10. Rubrik: „delirirende Psychose 13) Alkoholische Psychosen. Es litten an: steht nur folgender Fall. Alcoholismus acutus 2 M., — Fr. = 2 zns., Sch. J., 36 J., Tagelöhner, verheirathet, aus gesun­ „ „ chronicus 4 „ 2 „ *= 6 „ der Familie, mit 2 gesunden Kindern, wurde am 27. Dec. Delirium tremens. . 15 „ 2 „ = 1 7 „ 1882 anfgenommen. Er war der Angabe nach seit 4 T. Alkohol. Verrücktheit 7 „ 1 „ = 8 ,, krank, mit Frost nnd Hitze. Vorher hatte er nnr Husten, 28 M., 5 Fr. = 33 zus., Answurf, Stechen anf der Brust gehabt. Er begann dann plötzlich sonderbar zu sprechen, sah und hörte Personen Die Fälle des Alcoholismus ac. waren transi­ und Dinge, die nicht da waren. In den Nächten darauf torische Psychosen von 4— 8stündiger Dauer, die war er schlaflos, aufgeregt, klagte sich an, wollte aus dem eine auf Grund eines alkoholischen Excesses bei Fenster springen. Pat. war früher angeblich nie krank gewesen, aber seit Jahren Trinker. Er war abgemagert einem Trinker, die andere bei einem schwach­ (nach der Aufnahme) , zeigte Temperaturen von 39.0 bis sinnigen , durchaus mässigen Menschen, auf Grund 40.8° C., Tremor der Zunge und der Hände, Erscheinun­ pathologischer Reaktion auf wenig Alkohol in Ver­ gen rechtseitiger Pleuritis, Schwäche; er war unruhig, bindung mit einem Affekt. — Die Alkoholiker mach­ ängstlich, verwirrt. Am 30./31. Dec. traten Schlaf nnd Schweiss ein, hiernach wurde Pat. ruhiger, delirirte aber ten aus: 36.8°/0 der Männer, 9.2°/0 der Frauen, weiter. 2. Jan. 1883 klonische Zuckungen im Facialis- 25.3°/0 der Aufgenommenen. Sie kamen fast aus­ gebiet nnd in den obern Extremitäten, am nächsten Tage schliesslich aus der Stadt Basel und bilden für die­ Ungleichheit der Pupillen, leichte Starre in den Extremi­ selbe eine ziemlich hohe Zahl. täten, besonders links. — Pleuritis auch links. — 8. Ja n .: Fortdauer der klonischen Zuckungen, auch Arme u. Beine 14) 1 Fall toxischer Psychose. Es ist der im anfallsweise herumgeschleudert. Dazwischen Starre der vorigen Jahresberichte erwähnte (vgl. Jahrbb. CC. letztem und grosse Schmerzhaftigkeit bei passiven Be­ p. 69) Fall von Nicotinvergiftung. Der Mann wegungen. Pat. benommen, ruhig delirirend. — 15. Ja n .: starke Anschwellung und Schmerzhaftigkeit des rechten hatte seine alte Lebensweise wieder angefangen und Beins, Kopfweh, Decubitus auf dem Kreuzbein, Diarrhöe. kam August 1883 wieder in die Anstalt. Die akuten Die rechten Extremitäten kann Pat. bewegen, die linken Erscheinungen schwanden wieder, aber es blieb nicht, Ellenbogen- nnd Kniegelenk sind hier ausserdem in mässige Demenz zurück. Contraktur. Ebenso noch am 31. Jan. (Fieber noch 38.0 bis 40.2°), Sehnenhüpfen. — 8. Febr. : starkes Sehnen­ Zum Schlüsse folgen einige Bemerkungen über hüpfen , Zuckungen besonders links bedeutend, Schleu­ 10 aufgenommene Personen, welche im Anschluss an dern der Extremitäten, grösser Decubitns, Delirium.— die sog. religiösen Erweckungen erkrankt waren, 15. Febr.: Contrakturen fortdauernd, linke Gesichtshälfte 4 Männer und 6 Frauen. W. hat ausserdem noch paretisch, linke Extremitäten willkürlich noch nicht zu bewegen. Decubitus auch über dem rechten Trochanter. von 4 Fällen dieser Pathogenese Kenntniss bekom­ Linke Extremitäten 2—4 cm im Umfang geringer als men. Im Beginne zeigten Alle religiös gefärbte rechte. Psychisches Verhalten: starke Schwäche, Deli­ Sinnesstörungen und Wahnideen. Vier Kr. boten rium aber geringer. — 28. Febr.: Erscheinungen der im weitern Verlauf das Bild der Melancholie, 2 das Pleuritis zurückgegangen, aber Infiltration der linken Lungenspitze aufgetreten. Decubitus über Kreuzbein der Manie, 4 das der Verrücktheit dar; 6 von ihnen und rechtem Trochanter bis auf dieKnochen'gehend. Am waren früher schon einmal gestört gewesen, alle linken Schulter- und Hüftgelenk beginnende Luxation. waren ausgesprochen disponirt. Viel Schmerz im rechten Beine, geistig grössere Klarheit. Das Versorgungshaus beherbergte im Mittel — Im März Reinigung des Decubitus, gegen Ende des Monats Verschwinden des Fiebers, Wiederansteigen des 12.1 M., 39.0 Fr., zusammen 51.1. — In beiden Körpergewichts. Die Luxationen sind vollkommen. — Abtheilungen kamen Dysenterie und Typhus vor. Mitte M ai hatte sich Pat. geistig völlig erholt, körperlich (C. Spam er.) war er noch etwas schwach, konnte jedoch mit einem Stock gehen. Entlassung aus der Anstalt. 589. Die Prodromalstadien der Psychosen; Zur Erklärung der Erscheinungen nimmt W. als von EmanuelRiedtmann. (Inaug.-Diss. Basel wahrscheinlichsten Vorgang an: Venenthrombose im 1884. Schweighauser’sche Buchh. 8. 80 S .*) rechten Unterschenkel in Folge des Empyems, aus R. hat als Assistent Wille’s Studien angestellt, derselben sich entwickelnde metastatische Hirn- die ihn zu der Erkenntniss führten, dass in sehr abscesse, besonders in der rechten Hemisphäre, da­ vielen Fällen von Psychose die Vorboten der Krank­ von abhängig Muskelzuckungen, Parese und Con­ heiten schon bestimmte Anhaltspunkte für die zu trakturen links, Atrophien in Muskeln und Gelen­ erwartende Art der Störung gäben, und zwar fand ken und in Folge letzterer die spontanen Luxationen. er folgende: 11) Parqlyse: 10 Fälle. Besonders bemerkens- 1) Bei nahender Melancholie ist schon früher werth ist davon 1 Fall, mit tabetischen Symptomen, ein verdfiessliches, mürrisches Wesen vorhanden. welcher eingeleitet wurde durch Erscheinungen hef­ Hiezu treten in der Folge die Anzeichen geistiger tiger Chorea in Schulter, Hals, Facialis-Gebiet und Hemmung, die Kr. werden ängstlich, scheu u. fühlen obern Extremitäten. Dabei bestand hohe psychische sich zurückgesetzt. Die Arbeit fällt ihnen schwer. Gereiztheit, Krankheitsgefühl u. Krankheitsbewusst­ Auf körperlichem Gebiet leiden besonders die Ver­ sein, geistige Klarheit. Erst nach 14 Tagen traten dauungsorgane, häufig kommt Schlaflosigkeit vor. die Erscheinungen der diffusen Hirnkrankheit auf. 2) Die Vorboten der Manie sind: reizbares, un­ 12) Senile Formen: 3 Fälle. Einer davon zufriedenes und zorniges Wesen. Ein depressiver mit epileptiformen Anfällen und dem Befunde einer multiplen Hirnerweichung. ’) Für die Uebersendung dankt verbindlich W r. VII. Psycliiatrik. 193

Charakter der Verstimmung ist nur selten, und dann Wird nun der höhern Centren Thätigkeit ge­ immer kurz dauernd. Schlaf und Appetit sind eben­ hemmt, so fehlt die Verbindung und Zügelung der falls häufig gestört. niedern Centren, die Thätigkeit der letztem wird in- 3) Der akuten Verwirrtheit gehen depressive cohärent, wie wir es in der Manie sehen, und das Zustände mit ängstlichem Charakter voraus, sie sind Bewusstsein ist damit, je nach dem Grade der Stö­ aber von den Vorboten der Melancholie unterschie­ rung an ersterer Stelle, gemindert oder aufgehoben. den durch die häufig vorkommenden, kurzdauernden Erkranken dagegen primär die niedern Centren, so Zustände hallucinatorischer Verwirrtheit. werden die hier zu Stande kommenden krankhaften 4) Bei der primären Verrücktheit bildet sich Gefühle in den höchsten Centren noch eoordinirt und der Verfolgungswahn als charakteristisches Merkmal damit in das Bewusstsein gebracht. langsam aus. — Die originäre Verrücktheit wird Hierauf giebt W. die Beschreibung zweier von durch die auffallende Charakterentwicklung, die lial- ihm beobachteter Fälle, in welchen er gemeinsame lucinatorische durch die Hallucinationen gekennzeich­ klinische Symptome und ähnliche mikroskopische net. Ferner kommen bei der Verrücktheit die man­ Veränderungen gefunden hat. nigfaltigsten neuralgischen, auraartigen, hypochon­ I. Elise G ., 48 J. alt, ohne bekannte erbliche Be­ drischen und liysteriformen Sensationen vor. lastung, hatte vor 25 J. geheirathet, die letzten 12 J. aber, von ihrem Manne getrennt, mit einem Ändern gelebt. In 5) Die progressive Paralyse kennzeichnet sich den letzten Jahren hatte sie sich dem Trunk ergeben. früh durch die körperlichen Symptome u. die geistige Acht Monate vor ihrer Aufnahme bildete sie sich plötzlich Abschwächung. Häufig sind ferner Kopfdruck oder ein, dass ihr Zuhälter ihr nach dem Leben trachte, und nach weitern 2 Mon. glaubte sie diess auch von ändern Kopfschmerz, vasomotorische Störungen, Schwindel, Leuten. Für geisteskrank wurde sie trotzdem erst 1 W. Pupillendifferenz, einseitige Facialisparesen, fibrilläre vor der Aufnahme gehalten, als sie sich plötzlich in das Zuckungen der Zunge, Zuckungen im Facialisgebiet Bett legte und fast kein Wort sprach. und unsicherer Gang. — Erst deutliche Sprachstö­ Bei der Aufnahme zeigte sie sich gut genährt, ihre rungen sichern die Diagnose. Hautfarbe aber fahl (muddy). Der Puls war schwach. Auch ihre Muskeln erschienen sehr schwach; sie war zum 6) Die Dementia senilis zeigt in vielen Fällen Gehen nicht zu bewegen. Sie sprach kein Wort, ihr Aus­ grosse Aehnlichkeit mit dem Bilde der Paralyse. druck war geistlos, ihr Gang (wenn sie dazu genöthigt Unterscheidend — ausser dem nicht ganz sichern wnrde) unsicher. Man musste sie ankleiden nnd füttern. — In der 2. Woche beantwortete sie einzelne Fragen. Anhalt, den das Lebensalter giebt — ist, dass die Die linke Pupille war massig verengt, beide aber reagi- Kranken ersterer Art häufig Nachts das Bett ver­ rend. In der 3. W. nahm sie 1- oder 2mal eine Näharbeit lassen und im Zimmer umhergehen, ohne eigentlich zur Hand. Sie wurde aber fortwährend schwächer, zitterte zu wissen, was sie thun wollen. bei Bewegungen, fiel auch gelegentlich. Die Zunge konnte nur wenig vorgestreckt werden und zitterte. Manche 7) Delirium tremens charakterisirt sich früh Nächte war die Pat. schlaflos; sie nahm aber das Essen durch den zunehmenden Tremor, den heftigen Druck, wieder besser. Gegen Ende der 4. W. wurde sie eines durch die Steigerung der Erscheinungen gegen den Abends unruhig und aufgeregt, sie sprach rasch, unzu­ Abend hin und durch den von Illusionen und Hallu­ sammenhängend. So blieb sie die Nacht, wälzte sich am nächsten Morgen auf dem Boden, schrie. Einmal sagte cinationen oft unterbrochenen Schlaf. sie, sie sei traurig, weil sich Niemand um sic kümmere, 8) Chronischer Alkoholismus giebt sich kund nachher, sie habe ein Kind im Kopfe. In der ganzen 5. durch moralische Verschlechterung, Tremor der Woche blieb sie so unruhig wie schwach, zitternd. In der 6. zeigte sie sich zeitweilig benommen, wenig spre­ Finger, Vomitus matutinus, gestörten Schlaf und un­ chend, zeitweise stiess sie einzelne Sätze hervor. Zu An­ ordentliche Verdauung. (C. S p a m e r.) fang der 7. W. trat Diarrhöe auf, welche ihre Schwäche stark vermehrte. Gelegentliches Sehnenhüpfen; Tempe­ 590. Ueber die Pathologie bei gewissenratur zwischen 98u. 101°F. (36.7 u. 38.5°C.) Sie konnte Fällen von Melancholia attonita oder Demen­ kaum zu einem Worte gebracht werden. Im Anfang der 8. W. lag sie ruhig im Bette, die Arme waren starr (die tia acuta; von J. Wi gl es worth. (Journ. of Diarrhöe vorbei). Sie nahm keine Notiz von sie besuchen­ ment. Sc. Oct. 1883. p. 355.) den Frennden. So blieb der Zustand 3 Tage lang, bis zu W. führt in der (von der Med. psychol. Assoc. ihrem, am 52. Tage nach der Aufnahme erfolgten Tode. preisgekrönten) Arbeit zunächst aus, wie er sich das Sektion 24 Std. n. d. Tode. Etwa 1 Unze Flüssig­ keit im subduralen Baume. Abnahme des Stirn- und zum Zustandekommen des Bewusstseins denkt. Die Ge­ Theil des Scheitellappens. Die Furchen verschieden weit, fühle beruhen auf physikalischen Veränderungen in weit u. a. die beiden Präcentralfurchen. Das Hirn im Gruppen von Nervenzellen. Damit der Gegenstand, Ganzen sehr weich und feucht, Ventrikel massig ausge­ von dem die Erregung ausgeht, als ein Ganzes er­ dehnt, ziemlich viel klare Flüssigkeit enthaltend. Einige atheromatöse Stellen an den Gefässen der Basis (wie au kannt werde, müssen alle die verschiedenen von ihm den verdickten Mitral- und Aortaklappen). Die linke ausgehenden Eindrücke in einem höhern Centrum Nebenniere auf das Dreifache vergrössert u. durch fibroide eoordinirt werden. Solche höhere Zellcentren können Wucherung grösstentheils zerstört. dann wieder untereinander combinirt und einem noch Vom frischen Hirn wurden mittels des Aether- höhern Centrum subordinirt sein. Die Zellgruppen Gefriermikrotom Schnitte entnommen, diese mit Os­ der letzten Instanz sind „die höchsten Coordinations- miumsäure und mit schwarzblauem Anilin behandelt. centren“. Die Neuroglia zeigte sich überall normal. In der Med. Jahrbb* Bd. 204. Hft. 2. 25 194 VII. Psycliiatrik. hintern Centi'alWindung (oberer Theil links) fand sich Schnitte wurden wie bei Fall I angefertigt, doch dagegen bedeutende Anschwellung der Nervenzellen, nur aus der rechten Hemisphäre. 1) In der Spitze welche deren Umrisse beinahe vollkommen sphärisch der mittlern Stirnwindung fand sich: die grössern machte. Die Zellkerne lagen excentrisch, gelbes Zellen der 3. Schicht zeigten meist excentrische Kerne, Pigment war nur wenig da. Am deutlichsten waren die meisten Zellen waren leicht geschwollen, mit Nei­ diese Veränderungen in den grossen Zellen der 4. gung zu sphärischer Gestalt, einige enthielten etwas Schicht, deutlich noch in der 3. und bemerkbar in gelbes Pigment. Am deutlichsten waren diese Ver­ vielen Zellen der 2. Schicht. Auch einige Spindel­ änderungen in vielen der grössern Zellen der 4. zellen zeigten sich etwas geschwollen und einzelne Schicht. Um manche Zellen freie Kerne [Lymph- davon schwach pigmentirt. — Aehnliche Veränderun­ körperchen?]. Im Spindelzellenlager erschienen gen fanden sich im hintern Theile der 3. linken manche Kerne excentrisch, andere gross, beinahe Stirnwindung, desgleichen, nur weniger ausgeprägt, die ganze Zelle ausfüllend, die Mehrzahl aber normal. in der Spitze der 1. Stirnwindung links, sowie in — 2) In der Spitze der vordem Centralwindung der Spitze des Schläfelappens rechts. In der Spitze zeigten manche der grössern Zellen der 2. Schicht des Hinterhauptlappens links waren einige der tie­ deutlich Neigung zur sphärischen Form, excentrische fem Zellen deutlich geschwollen, ihre Kerne ver­ Lage des Kerns, einige Pigment. Deutlicher wurde lagert. Alles in der 3. Schicht und zum Theil in der 4., un­ II. Elis. R., 30 J. alt, seit 10 J. verheirathet, kin­deutlich in der Spindelzellenschicht. — 3) Gyrus derlos. Ihr Vater soll, 50 J. alt, am „Schlage“ gestorben angularis: dasselbe Verhalten, nur weniger ausge­ sein, die Mutter, welche die Kr. brachte, erschien aufge­ prägt. — 4) 3. Schläfewindung: dasselbe, nur noch regter Natur. Pat. war ein einziges Kind, immer zart ge­ weniger ausgeprägt, in einigen Zellen indessen deut­ wesen, einige Wochen vor der Aufnahme an einer Uterin­ krankheit behandelt worden. Eine Woche vor ihrer Auf­ lich. — 5) Spitze des Hinterhauptlappen: wenige nahme hatte ihr Mann einen Selbstmordversuch gemacht, Zellen zeigten die beschriebene Veränderung. — fast unmittelbar darauf bot sie Erscheinungen von Geistes­ Neuroglia überall normal. krankheit, nach der (wenig klaren) Angabe der Mutter Die beschriebenen Veränderungen hat W. bei 32 Aufregungszustände. Fällen andersartiger Geisteskrankheiten, akuter wie Bei der Aufnahme zeigte sie sich gut genährt, Puls chronischer (excl. progress. Paralyse), nicht gefunden. 108. Sie war unruhig, die Nacht meist ausser Bett, zeigte Furcht, stiess einzelne Worte, wie „Gericht“, hervor. — Für Würdigung feiner Veränderungen in den Zel­ Zeitweise gab sie gar keine Antworten, zeitweise einzelne, len verlangt er immer Untersuchung des frischen nur zum Theil richtige. Arme und Oberkörper zitterten Hirns. — Die Riesenzellen der 4. Schicht glaubt er manchmal und der rechte Arm bewegte sich zuweilen wie für motorisch ansprechen zu dürfen, wie die grossen willkürlich. In der Folge schrie sie, klopfte Nachts an Thüre und Fensterläden. Dann schlief sie einmal wieder Zellen der Vorderhörner des Rückenmarkes es ent­ sehr lange. Am Morgen hierauf sass sie im Bette, wilden schieden sind. Die Fundorte jener stimmen auch mit irren Blickes, aber ruhig, nicht antwortend. Sie wurde den motorischen Punkten Fritsch-Hitzig’s und ausser Bett gebracht und blieb dann wieder 3 Tage lang Ferrier’s überein. — Seele und motorische Cen- unruhig, schlaf- nnd sprachlos. Der rechte Arm wurde tren sind eben so innig miteinander verbunden, wie oft eigenthümlich bewegt, zitterte. Speisen nahm sie. — In der Folge wurde sie ruhig, murmelte nur gelegentlich Seele u. Empfindungscentren; was wir Seele nennen, einige unverständliche Worte. Der Gesichtsausdruck war setzt sich aus diesen beiden Centren zusammen. Aus immer leer. Ass einmal ihre Fäces. — Am Morgen des dieser Betrachtung ergiebt sich, dass entzündliche 14. Tags schien sie sehr schwach und wurde deshalb im Bette gehalten. Sie lag ruhig, bewegte aber fortwährend Reizung der sogen, motorischen Nervenzellen nicht die Augen. Leichte Zuckungen der Oberlippe, die Arme nur Veränderungen in den betr. Muskeln hervor­ zitterten bei Bewegungen, einzelne Muskeln links auch in rufen , sondern auch deutliche seelische Veränderun­ der Ruhe. Bei Versuchen passiver Bewegung erwiesen gen. sich die Arme steif. Temperatur 102.2°F. (39.0°C.), Puls 116, voll, regelmässig, Respiration 24. Plantar- und Die von ihm an den Zellen gefundenen Verände­ Kniereflex stark, Abdominalreflex gering. Sie antwortete rungen , insbesondere die Verlagerungen des Kerns höchstens, auf wiederholtes Befragen nach ihrem Befinden, — derselbe lag manchmal in einem Winkel der Zelle „besser“, musste gefüttert werden und schluckte langsam. oder selbst in ihrer Spitze — , hält W. für analog Sie schlief jetzt eineNacht durch gut. Am folgenden (15.) den von Charcot an den grossen Zellen der Vor­ Tage war die Temperatur 99.8°F. (37.6°C.), der Puls 124; die Kr. lag ruhig im B ette, antwortete gar nicht, derhörner des Rückenmarks bei Kinderlähmung ge­ schrie, wenn man sie bewegte. So blieb es 2—3 Tage fundenen Veränderungen. lang, nur wu^de sie schwächer. Am 18. Tage erwiesen An beiden beschriebenen Fällen hebt W. hervor, sich die ExtremitatenmuBkeln bei Versuchen passiver Be­ dass Bewusstseinstrübung bis zur Vernichtung des­ wegung steif. Am Morgen des 19. Tags harte Schwellung beider Parotisgegenden; Tod am Abend dieses Tages. selben und bestimmte motorische Symptome (zunächst Zittern, in der Folge Starre) die hervorstechendsten Sektion 19 Std. n. d. Tode. Dura etwas stark adhä- rent, in der Stirngegend sackförmig. Im subduralen Erscheinungen gewesen seien. Die gelegentlich anf- Bamne ca. 2 Unzen Flüssigkeit. Beträchtliche Abnahme getretene Unruhe sei immer eine vollkommen plan­ der Windungen an der Convexität, mit entsprechender lose gewesen, man könne annehmen, dass sie aus Vermehrung der Subarachnoidealflüssigkeit; die Schrum­ einer mässigen Erregung der motorischen Zellen her­ pfung ist hinten so deutlich, wie vorn. Hirnsubstanz im Allgemeinen etwas blass, feucht und weich. In den Ven­ vorgegangen sei. — Das anfängliche Erregungssta- trikeln 1/2 Unze Flüssigkeit. dium des 2. Falles möchte W. auf Rechnung des VII. Psycliiatrik. 195 beginnenden entzündlichen Processes in den Nerven­ kleinen Dosen subcutan iujicirt. Die ersten Tage war zellen setzen, dass ein solches im 1. Falle fehlte, auf Pat. sehr unruhig, dann ruhiger, es zeigten sich jetzt aber auch sehr lebhafte Hallucinationen, und zwar aus­ Rechnung allmäligerer Entstehung der Krankheit, schliesslich des Gehörs, sämmtlich bedrohender Art, das gelegentliche Auftreten späterer Unruhe endlich merkwürdiger Weise nur bei Tage, obgleich Pat. wäh­ auf Ergriffenwerden neuer Zellen. — Die Entzündung rend der Nacht schlaflos und erregt war. Er hörte, dass der Zellen, schliesst W. weiter, reizt die „Plexus“, er sollte in’s Zuchthaus geführt, gehängt, geköpft werden u. s. w. Sein Gewicht fiel von 56 auf 36 kg, der Puls mit denen sie funktionell verbunden sind, die Ent­ wurde klein, es bestanden Diarrhöen, Urindrang, ziehende zündung in vielen Zellen muss darum eine Menge Schmerzen. Nach einiger Schwankung in der Intensität undeutlicher und unzusammenhängender Vorstellun­ der Erscheinungen kehrten gegen Ende August die seit gen wecken, welche das Individuum ganz absorbiren, Anfang Juli ausgebliebenen asthmatischen Anfälle wieder, ohne dass das psychische Bild dadurch wesentlich beein­ unfähig machen zum Verkehr mit der Aussenwelt: flusst worden wäre. Bis Mitte September war indessen das Individuum wird dement. doch eine wesentliche Besserung eingetreten, vor Allem W. gesteht schlüsslich, dass seine 2 Beobachtun­ die Verdauung wieder gut und das Körpergewicht wieder gen zu geringe Basis böten für sichere Schlussfolge­ auf 43.5 kg gestiegen, so dass K. glaubt, auf Genesung hoffen zu dürfen. rungen , stellt aber die Thesen der Prüfung anheim. In der Epikrise wies K. auf die Aehnlichkeit 1) Es lässt sich aus den Sammelbegriffen „Melan­ mit Alkoholpsychosen hin, welche in dem plötzlichen cholie4*, „Melancholia attonita“ u. „Dementia acuta“ Auftreten nach der Entziehung des Giftes zum Aus­ eine bestimmt charakterisirte Gruppe ausscheiden. druck komme, in den plötzlich auftretenden starken 2) Dieselbe ist charakterisirt durch träumerischen bis Hallucinationen (auch beim chron. Alkoholismus fin­ bewusstlosen Zustand und Muskelzittern und Muskel­ den sich vorwiegend Gehörshallucinationen), und steifheit. 3) Die pathologisch - anatomische Basis endlich in dem psychischen Bilde (primäre Verrückt­ dieser Erscheinungen ist eine primäre entzündliche heit, mit einem engen Kreise durch Hallucinationen Affektion der Nervenzellen, die am deutlichsten in getragener Wahnideen, bei formell richtigem Den­ den motorischen Zellen sich ausgeprägt findet. ken). — Alkohol und Chloral stehen einander auch (S p a m e r.) chemisch nahe. 591. Ueber Chloralpsychosen; Vortrag auf Die Entstehung der Psychose durch Chloral er­ d.Naturf.-Vers. in Freiburg von Prof. Kirn. (Beil. klärt K. dadurch, dass im Centralnervensystem eine klin. Wchnschr. XXI. 47. 1883.) andauernde Gefässlähmung gesetzt wird, in Folge deren Schwächung der Cirkulation im Gehirn, ve­ Experimentell festgestellt ist der lähmende Ein­ nöse Stase, Druck auf die Hirnsubstanz, arterielle fluss des Chloral auf das Gefässnervencentrum. Die akute Cloralvergiftung giebt öfters ein Bild ähnlich Anämie und Ernährungsstörung, bei längerer Dauer dem der akuten Alkoholvergiftung: die Individuen Veränderungen des Gewebes entstehen. Bei der taumeln, bieten in Sprechen, Schreien und ändern plötzlichen Entziehung des Giftes summiren sich die Bewegungen ein Bild der Aufregung dar, ehe die Folgen der chronischen Vergiftung und die Reak­ Narkose beginnt. — Kaum minder häufig, als Er­ tionserscheinungen auf die Entziehung. (C. Spam er.) scheinungen der akuten sind solche der chronischen Chloralvergiftung zu beobachten. Zunächst treten 592. Ein merkwürdiger Fall geistiger Stö­ Verdauungsstörungen auf, dann Hautaffektionen, rung; von J. A. O’Brien. (Austral, med. Journ. Röthung des Kopfes, der Conj unctiva und des Augen­ VI. 4. p. 148. 1884.) hintergrundes , weiterhin Sinken der Ernährung, R. A. H., ein 30jähr. kräftiger Mann, Farmer, ver­ Schmerzen in den Gliedern und leichte psychische heirathet, Vater 6 gesunder Kinder, wurde am 13. Dec. Störungen. Ein Fall von ausgebildeter Psychose 1883 im Hospital aufgenommen. Ein Bruder von ihm ist ist noch nicht veröffentlicht. Der Fall K.’s ist fol­ „sonderbar“, hauptsächlich ohne Grund eifersüchtig und misstrauisch seiner Frau gegenüber. Pat. selbst hat nie gender. einen Arzt consultirt, jedoch seit seiner Verheirathung S. K., 35 J. alt, aus ausgesprochen neuropathiseherAnwandlungen von Schwäche und von melancholischer Familie stammend, v o n jeher leicht erregbar, war H J . Stimmung gehabt. Einige Monate vor der Aufnahme war lang Handlungsreisender gewesen, seit 10 J. etablirt, seit er vom Pferde gefallen und hatte sich am Kopfe verletzt. 7 J. verheirathet. Im J. 1877 stellten sich Anfälle von Seit dieser Zeit, gab er an, sei sein Gedächtniss mangel­ Asthma ein, welche meist alle 8—10 Tage wiederkehrten, haft. Er vergass zuweilen, was er thun wollte und wurde aber l ^ J . lang durch subcutane Injektionen von Atropin gleichgültig. Hatte heftige Schmerzen in der rechten gelindert wurden. Vor 3 J. wurde Chloral mit Morphium Schläfe und übelriechenden Ausfluss aus der rechten Na- verordnet und seitdem ständig genommen. Anfangs wur­ senhälfte, letzterer war wiederholt mit Blut vermischt, den alle 8 Tage ca. 3 g Chloral mit 0.025 g Morphium das manchmal auch aus dem Munde kam. — Von seiner verbraucht, allmälig mehr; da seit Dec. 1882 die Anfälle Unterbringung in das Hospital wusste er nachträglich täglich kamen, wurde tägl. 8 g Chloral mit 0.06 g Mor­ nichts mehr. phium einverleibt. Beim Erwachen aus der Betäubung Bei der Aufnahme wurde ein wenig Häsitiren oder kam immer das Asthma wieder. — Allmälig traten Ab­ Stammeln beim Sprechen beobachtet. Am folgenden Mor­ magerung, Diarrhöe, Blasentenesmuß, Schmerzen in den gen wusste Pat., wo er war und gab zu, dass er sich Gliedern u. dem Rücken, endlich Schlaflosigkeit, Willen­ selbst zeitweise als nicht völlig geistig gesund betrachte. losigkeit, psychische Erregung ein. Als Ursache davon sah er den Sturz vom Pferde an. Bei der Aufnahme in die Klinik (4. Juli) wurde dem In der ersten Nacht schlief er gut, aber am nächsten Kr. das Chloral plötzlich entzogen und nur Morphium in Morgen stand er mit gesenktem Kopfe da und gab keiner­ 196 VIII. Mediciu im Allgemeinen. lei Antwort. Seine Muskeln zitterten beträchtlich. Gegen Schmerzen geringer. Am 7. Jan. bedeutende Besserung, Abend bekam er einen hysterischen Weinkrampf. Die Pat. war guten Muthes. Am 10. Jan. wieder etwas folgende Nacht war er unruhig, am Morgen darauf wei­ stumpf, wollte nicht in Gesellschaft gehen. Die Gabe nerlich. Grosse Gaben von Jod- und Bromkalium änder­ von Aether und Opium wurde verstärkt. Am nächsten ten nichts. Am 24. Dec. wurden Schwefeläther u. Opium- Tage Besserung, nach 3 weitern Tagen ging Pat. zur Ar­ tinktuv gegeben. Am 3. Jan. war er vernünftig, aber beit. Die Besserung machte ständige Fortschritte und konnte keine Auskunft über die vorangegangene Zeit Pat. wurde am 21. Febr. geheilt entlassen. geben. Schmerz in der rechten Schläfe heftig. Es wurde (C. S p am er.) „ein Pflaster11 verordnet. Am Tage darauf waren die

VIII. Medicin im Allgemeinen. 593. Neuere Untersuchungen über dengleiche oder selbst grössere wird und auf diese Sohlaf; zusammengestellt von Dr. Pauli zu Köln. Weise den Uebertritt der Lymphe in das Blut er­ Nachstehende Zusammenstellung *) liefert den leichtert. Dadurch findet auch die grosse Neigung Beweis, dass die Hoffnung „es werde der Physiologie zum Schlaf nach Blutverlusten ihre Erklärung. gelingen, eine Theorie des Schlafes zu entdecken, Ein gleicher Vorgang findet statt, wenn ein die sich als die einzig richtige erweist und von Allen Kind eine halbe Stunde in einem Bade verweilt, als solche anerkannt wird“ , welche Dr. Paul welches aus dem den Gefässen eines Ochsen unmit­ Radestock2) am Schlüsse seiner sehr beachtens- telbar entnommenen Blute zubereitet ist, ein Vor­ werthen, jedoch mehr vom psychologischen Stand­ gang, der jedenfalls auf Rechnung der in demselben punkt aus wichtigen Schrift ausgesprochen hat, leider enthaltenen Lymphe kommt. noch nicht in Erfüllung gegangen ist. Aber auch das einfache warme Wasserbad ver­ Unter den vorliegenden Arbeiten zeichnet sich hält sich ebenso wegen seiner sedativen Eigenschaf­ am meisten durch ihre Eigenartigkeit die erst jetzt ten, der dadurch verminderten Gefäss- und erhöhten zu unserer Kenntniss gekommene von Dr. Guy Lymphgefässsystem-Spannung, welch letztere noch Theob. Lajoux aus3). der Druck, welchen das Wasser auf die Oberfläche Beim Menschen und Thiere kommt der Schlaf des Körpers ausübt und die so nach dem Innern nach L. dadurch zu Stande, dass die Lymphe, jene desselben gedrängte Menge der Lymphe vermehren. aus den Blutcapillaren in das Lymphgefässsystem Ferner erklärt die welke Haut der Opiumraucher abfiltrirte plasmatische, farblose Flüssigkeit, nach­ die verringerte Leistungsfähigkeit der Lymphgefässe dem sie in den Blutstrom übergetreten ist, hier eine und die dadurch veranlassten Schmerzen, besonders den anästhetischen Stoffen ähnliche Wirkung auf das in den Gliedern, bei den geringsten Bewegungen, Centralnervensystem ausübt. die auch unter ändern Umständen empfunden wer­ Dass dem so ist, beweist zunächst der Umstand, den würden, wenn sich nicht die Lymphe in dem dass das Kind, bei welchem jenes System relativ ganzen Organismus verbreitete und hier ihre calmi- entwickelter, als in jedem ändern Lebensalter ist, rende Eigenschaft sich geltend machte. auch ein viel grösseres Bedürfniss zum Schlaf, als Im Uebrigen ist anzunehmen, dass die Lymphe, der Erwachsene und dieser wiederum ein grösseres, wenn auch nur in geringer Menge, stets in das Blut als der Greis hat, dessen Lymphgefässsystem sich mit dem Chylus gelangt, vielleicht zu dem Zwecke, eben so wohl wie dessen übrige Systeme im Zu­ um die durch die Beimischung desselben entstandene stande der regressiven Metamorphose befinden, so­ reizende Eigenschaft des Blutes auf die Wände der wie dass lymphatischen Subjekten ein besonders Gefässe, oder das Gehirn, oder andere Organe zu grosses Schlafbedürfniss innewohnt. neutralisiren, dass aber in grösserer Menge die Ein weiteres Argument ergiebt sich sodann aus Lymphe sonst nur nach 12— 13 Std. in den Blut­ der Wirkung der Anästhetika und Excitantien, von strom Übertritt. welchen erstere, ganz analog der Lymphe, indem Ganz besonders spricht noch zu Gunsten der sie die Empfindlichkeit des Organismus gegen äussere aufgestellten Behauptung der Winterschlaf gewisser Eindrücke abstumpfen, den Eintritt des Schlafs be­ Thiere, bei welchen viel mehr als bei ändern Thieren günstigen, während letztere denselben stören [!?]. das Lymphgefässsystem entwickelt ist, und bei wel­ Anlangend nun die Modalität dieser Wirkungs­ chen damit die excessive Entwicklung des Fett­ weise , so ist «es die nach Ermüdung erscheinende gewebes, ehe sie in den Winterschlaf verfallen, im Erschlaffung aller Organe, also auch des Gefäss- Zusammenhange steht. systems, welche die Spannung desselben so weit Als letztes Beweismittel, dass das Gehirn nicht herabsetzt, dass die des Lymphgefässsystems eine den Schlaf vermittelt, weil er sonst ganz plötzlich eintreten müsste, dienen noch die bekannten dem ') Vgl. Jahrbb. CLXXX. p. 185. -) Schlaf und Traum, eine physiol.-psychol. Unter­ Eintritt desselben vorausgehenden Erscheinungen, suchung. Leipzig 1879. Breitkopf u. Härtel. 8. X u. wie Gesichts- und Gehörshallucinationen, Ideenver­ 330 S. 7 Mk. wirrtheit, Schwere der Glieder u. s. w. 3) Decouverte de la cause du sommeil naturel physio- logique et de l’appareil qui le produit. Paris 1876. A. De- Diese Anschauung soll nach L. auch durch lahaye et E. Lecrosnier. 8. 15 pp. Thierexperimente zu beweisen sein, indem er es für VIII. Mediciii im Allgemeinen. 197 möglich hält, durch Verhinderung des Eintritts der Dr. George W. Rachel (New York med. Lymphe in das Blut, den Schlaf zu verhindern, oder Record XXIII. 3; Jan. 1883) ist in Bezug auf die doch abzuschwächen, auf der ändern Seite aber Entstehung des Schlafes in der Hauptsache ein An­ durch Einspritzung der einem lebenden Thiere ent­ hänger der von P r e y e r aufgestellten Theorie. Er zogenen Lymphe bei ändern Thieren Schlaf herbei­ bezieht sich auf die Erfahrung, nach welcher ein zuführen. Wir verweisen wegen des Genauem auf längere Zeit hindurch elektrisirter Muskel ermüdet, das Original und erwähnen nur noch, dass L. ge­ schlüsslich nicht mehr reagirt und diess erst nach neigt ist, anzunehmen, dass sich die Lymphe als einer gewissen Ruhepause wieder thut, weist aber calmirende Substanz, vielleicht unter dem Namen darauf hin, dass von dieser nicht die Rückkehr der Opium animale oder Chloroformium animale, in Reaktion abhänge. Denn, wenn man, sagt er, der Medicin verwerthen liesse. einen aus dem Körper geschnittenen Muskel auf die­ Dr. Goschler entwickelte in einem Vortrag selbe Weise in den Zustand der Ermüdung versetzt, im Verein deutscher Aerzte in Prag (Wien. med. so hört letzterer nach Auswaschen desselben mit Presse XXIV. 3. p. 85. 1883) seine, auf physika­ Blut oder einer Lösung von kohlens. Natron, resp. lischen Grundsätzen beruhenden Ansichten über die nach Entfernung der Produkte des verbrauchten Ge­ Ursachen des Schlafes. Nach ihm geschieht das webes, auf. Einschlafen durch Adspiration des Liquor cerebro­ Jene Produkte — Ermüdungsstoffe — bestehen spinalis in die Schädelhöhle, das Erwachen durch nach J. Ranke hauptsächlich aus Kohlensäure, Verdrängen desselben in den Wirbelkanal; das ver­ Milchsäure, doppeltphosphors. Kali und ändern schiedene Verhalten des Blutdrucks in der Schädel­ Säuren und saueren Salzen. Die Richtigkeit dieser höhle spielt dabei eine Hauptrolle. Für G.’s An­ Behauptung bewies dieser Forscher dadurch, dass, sicht sprechen die Versuche, welche über den Kreis­ nachdem er einen frischen Muskel in Fleischbrühe, lauf in der Schädelhöhle angestellt worden sind, die jene Stoffe enthielt, gelegt hatte, derselbe Zu­ deren Resultate alle darin übereinstimmen, dass stand im Muskel, wie nach einer langen elektrischen während des Schlafes in der Schädelhöhle weniger Reizung auftrat. Blut vorhanden ist. Wenngleich das Blut diese Stoffe wieder aus­ scheidet, so ist doch diese Fähigkeit eine beschränkte, Die Respiration wird vor dem Einschlafen lang­ da die fixen Säuren und saueren Salze, allerdings samer und flacher, die Herzaktion in gleicher Weise oxydirt, aber von den Geweben noch zurückgehalten schwächer und langsamer; dadurch wird der Blut­ und erst im Zustande der Ruhe ausgeschieden zufluss zum Gehirne vermindert und in Folge dessen werden. nimmt das Volumen des Gehirns ab, weil bei dem Dabei ist es durchaus nicht nöthig, dass die ge­ verminderten Blutzufluss der Abfluss des venösen nannten, allmälig angehäuften Produkte verbrauchten Blutes ungehindert bleibt. Hierdurch entsteht ein Gewebes, welche von dem Blute während des thätigen Vacuum in der Schädelhöhle, welches vom Liquor Zustandes nicht vollständig entfernt werden, welche cerebrospinalis ausgefüllt wird, und dieser führt nun ferner die physiologische Eigentümlichkeit haben, durch seinen Druck auf das Gehirn den Schlaf her­ in einer gewissen Menge vorhanden, Ermüdung her­ bei, in derselben Weise, wie Effusionen, Transsudate beizuführen , und welche diesen Einfluss speciell auf und Exsudate des Gehirns und der Meningen bis­ das Gehirn ausüben, daselbst producirt sind, da alle weilen Lähmung des Bewusstseins, der Sinnesorgane Ermüdungsprodukte, Produkte der Oxydation , sich und der animalen Bewegung hervorbringen, die mit in ihrer Wirkung gleichen. Hiernach kann ein Mensch den Erscheinungen des Schlafes vollkommene Aehn- sehr wenig Gehirnarbeit tagsüber gethan haben und lichkeit haben. doch müde werden, ja noch mehr als ein anderer, Nach mehrstündiger Ruhe beginnt die Respira­ welcher geistig sehr thätig w ar, was daher kommt, tion und die Herzaktion wieder kräftiger u. rascher dass die Ermüdungsstoffe, angehäuft in dem Muskel­ zu werden, es dringt mehr Blut in die Schädelhöhle system, von dem Blute theilweise aufgenommen ond und der Liquor cerebrospinalis wird aus derselben zu ändern Organen, resp. zum Gehirn, gebracht wer­ in den Wirbelkanal verdrängt, das Gehirn ist vom den, das, reicher an Wasser als das Blut, von jenen Drucke befreit und funktionirt wieder normal. Stoffen rasch durchtränkt wird. G. erblickt in dem Cerebrospinalsysteme die Vermindern dieselben schon vom Blute aus den Wirkung eines galvanischen Apparats, der nur dann Tonus des Gefässsystems und des Herzens, so wird in regelmässigem Gange ist, wenn seine polaren dieser Effekt noch dadurch ein grösserer, dass ersieh Elemente, die Ganglienzellen und Fasern des Ge­ auch noch auf beide in 2. Linie vom Gehirn fort­ hirns und Rückenmarks, von normaler Beschaffen­ pflanzt. heit sind und die Erregungsflüssigkeit, das normal In gleicher Weise wird auch die Medulla beein­ beschaffene Blut, auf dieselben in hinlänglicher flusst und dadurch eine Verminderung der Zahl der Quantität einzuwirken vermag. Ist anstatt des Blu­ Respirationen bedingt, während deren Volumen sich tes Liquor cerebrospinalis in der Schädelhöhle vor­ vergrössert. handen, dann hört der galvanische Process auf und Jene das Gefässsystem betreffenden Bedingungen es tritt Schlaf ein. führen zu Anämie des Gehirns, die jedoch nur eine 198 VIII. Medicin im Allgemeinen.

Folge des chemischen Processes, nicht aber eine ab­ wieder so lebhaft werden, dass sie den noch auf der solute Bedingung zum Zustandekommen des Schlafs Gehirnoberfläche lastenden Druck leicht überwinden ist. Wenn man sich in dieser Hinsicht auf das und alle Organe mit erneuter Kraft ihre bis dahin Experiment berufen hat, welchem zufolge Druck auf unterdrückten Funktionen wieder aufnehmen. die Carotis Schlaf erzeugt, so beruht diess nicht auf Im Traume, diesem intermediären Zustande zwi­ Anämie des Gehirns, sondern auf der durch den schen Schlafen und Wachen, sind die Molekularbe­ Druck bedingten Behinderung der Entfernung der wegungen , welche das Bewusstsein bedingen, nicht Ermüdungsstoffe von dort und der Abnahme des Ge- gänzlich unterdrückt, aber deren Schwingungen so fässdrucks mit seinen Consequenzen. schwach, dass jenes ein sehr verwirrtes und confuses Eine der P f l ü g e r ’schen sehr gleichende An­ ist. Diess ist auch der Grund, weshalb man bald schauung hat Dr. James Cappie4). Dieselbe nach dem Einschlafen oder bald vor dem Erwachen gründet sich auf das Gesetz, dass die funktionelle am meisten träumt. Dass das Letztere so rasch er­ Thätigkeit eines Organs die Ernährung vermittelt, folgt, beruht darauf, dass mit dem Beginne desselben ein Gesetz, welches einen unaufhörlichen Wechsel, die Spannung in den Arterien des Gehirns zu- und d. h. einen Zustand der Thätigkeit und einen solchen die der Venen abnimmt und daher von diesen der der Ruhe voraussetzt. Ueberschuss der cerebrospinalen Flüssigkeit eben so Während des letztem, d. h. während der vermin­ rasch resorbirt wird. derten Funktion, ist bekanntlich der Druck in den Noch anderer Ansicht ist Dr. W. S. Roland arteriellen Gefässen, im vorliegenden Falle des Ge­ (Philad. med. and surg. Reporter XLVIII. 27 ; July 7. hirns, herabgesetzt und in Folge dessen sein Volumen 1883), welchem zufolge chemischeProcesse gänzlich verringert. Der so zu Stande gekommene Druck aus dem Spiele bleiben und Schlaf weiter nichts ist, auf die graue Substanz macht sich zunächst durch die als eine Ruhepause des Bewusstseins und desjenigen Abnahme der Vibrationen oder molekularen Be­ Theils des Nervensystems, welcher die Sensibilität wegungen geltend, welche den Zweck haben, die vermittelt. während des schlafenden Zustandes im Gehirn auf­ In diesem Zeitabschnitte ist die Thätigkeit bei­ gespeicherten Spannkräfte im wachenden wieder frei der nur herabgesetzt, nicht aber vollständig erloschen, zu machen, sodann aber durch eine Suspendirung der daher erscheinen Träume, die ein Beweis jener Sensationen, Gedanken und Bewegungen oder mit Thätigkeit sind und deren Inhalt sich nur auf schon ändern Worten durch den Eintritt von Schlaf. stattgehabte Erlebnisse des Träumers bezieht, unter Da die Aufgabe, denselben herbeizuführen, dem normalen Verhältnissen nicht während des tiefen Gehirn als Ganzem zukommt, so verschiedene Funk­ Schlafs, sondern nur beim Uebergange desselben zum tionen auch die einzelnen Theile desselben haben, so Erwachen und umgekehrt. Anders ist es bei Krank­ würden es doch die leicht erklärlichen ungleichen heit, wo auch während des tiefen Schlafs Träume Druckverhältnisse nicht zu einem ruhigen Schlaf kom­ nicht zu den Seltenheiten gehören, weil hier die men lassen, sondern vielmehr beständige Traumzu­ Krankheit als Irritament auf das Bewusstsein ein­ stände hervorrufen, wenn nicht dieser Uebelstand wirkt, resp. dasselbe in eine erhöhte Thätigkeit ver­ durch den gleichmässigen Druck der in Folge der setzt. Zunahme der venösen Spannung bei gleichzeitiger Julius Hensel in Zürich (Deutsches Arch. f. Abnahme des arteriellen Druckes vermehrten Cerebro­ Gesch. d. Med. VII. 3. p. 328. 1884) betrachtet spinalflüssigkeit unter Mitwirkung derPia-mater aus­ den wachen Zustand nach der Theorie Robert geglichen würde. v. Mayer’s über die Identität der Naturkräfte als Für die Richtigkeit dieser Ansicht, resp. dafür, Bethätigung der Naturkraft, als aktive Bewegung, dass verringerte arterielle Gefässspannung die erste die gleichbedeutend ist mit Wärmeentwicklung, Ver­ Rolle in der vorliegenden Frage spielt, werden als brennung. Wie das Chlor das Natrium zu einem Beweismittel das schon erwähnte Carotis-Experiment nicht mehr verbrennlichen Aschenbestandtheil, Chlor­ und die ophthalmoskopischen Befunde angeführt, nach natrium , umwandelt, wie der Sauerstoff das Eisen welchen im schlafenden Zustande ausser einer viel oder das Calcium zu einer nicht weiter verbrenn­ blassem Papille die Arterien der Retina ein wenig baren Asche oder Erde macht, so lassen sich auch kleiner und die Venen in demselben Verhältniss grös­ mit Fng die analogen aus Kohle und Wasserstoff ser sind. f)]benso fand Dr. Jamieson in einem entstehenden natürlichen Verbrennungsprodukte, Falle von Hirnerschütterung, wo tiefe und lange an­ Kohlensäure, Oxalsäure, Wasser, Wasserstoffsuper­ dauernde Bewusstlosigkeit bestand, dieselben Gefäss- oxyd, Schwefelwasserstoff, Chlorwasserstoff u. s. w., veränderungen. Hiermit stehen auch die Bedingun­ im chemischen Sinne als Aschenprodukte bezeichnen, gen, unter welchen das Erwachen, sei es nach äus­ mit der Bedeutung, dass sie, im Fall ihrer Ansamm­ serer Erregung oder genügender Anhäufung von lung im stärkern Maasse, der lebhaften Verbren­ Spannkraft, erfolgt, im Einklänge, da neben beschleu­ nung von Kohlenwasserstoff ein Hinderniss entgegen­ nigterer Cirkulation in den Arterien die Vibrationen stellen. Wenn nun unser waches Seelenleben im Hin­ '0 The Causation of the slecp. 2. Ed. Edinburgh blick auf Robert v. Mayer nicht anders erklärt 1882. James Thin. 8. XV and 207 pp. werden kann, als dass das Maass unserer geleisteten VIII. Medicin im Allgemeinen. 199 Nerventhätigkeit in einer bestimmten Summe von der Extremitäten, des Rumpfes und Kopfes, welche Verbrennungsprodukten, mit denen der Blutstrom er „unbewusste willkürliche“ nennt. sich beladet, zum Ausdruck kommen muss, so ergiebt Bei den von V. an schlafenden Personen (Stu­ sich als Gegensatz zum wachen Zustande die Er­ denten) angestellten Beobachtungen zeigte es sich, müdung und das Schlafbedürfniss. Die Veranlassung dass deren Bewegungen durchaus zweckmässige des Nachlasses der Nerventhätigkeit kann aber nur waren, dass sie z. B., wenn in eine unbequeme Lage darin liegen, dass die Nervenendigungen von einem gerathen, sich so benahmen, wie diess auch ein Blutstrom umspült werden, der mit den während des Wachender in der gleichen Situation gethan haben Wachens entstandenen Aschenprodukten beladen ist, würde, also Grund genug, diese unbewussten will­ so dass ein lebhafteres Verbrennen des im Wesent­ kürlichen Bewegungen, wie diess V. thut, „speciell lichen aus Kohlenwasserstoff bestehenden Nervenöls zweckmässige willkürliche“ zu nennen. Als ein wei­ (Lecithin) nicht mehr möglich ist. Wenn nun die teres Resultat jener Beobachtungen ergiebt sich eine Leistungen des Lecithin entsprechend dem Gesetz gewisse Disharmonie in der Erscheinung der Schla­ von der Umwandlung der Kraft mit seiner chemischen fenden. Allmälig löst sich durch Bewegungen ein­ Bethätigung, Verbrennung identisch sind, so muss zelner Theile und durch die Wirkung der Schwere seine periodische Erneuerung die Bedingung unseres der Zusammenhang auf, manche Theile kommen in Weiterlebens bilden. Ansammlung von Kohlensäure andere Situationen, während andere sich halten wie im Blut auf der einen und Abgang von Lecithin in sie waren, ja es bleibt vielleicht ein Arm so liegen, den Nervenendigungen auf der ändern Seite führen dass es den Eindruck macht, als gehöre er gar nicht so, mit einander parallel gehend, gemeinschaftlich zum Körper. die Abnahme unserer Leistungsfähigkeit, den Zu­ Ein fernerer Befund besteht sodann in der Nei­ stand von Ermüdung und Schläfrigkeit, herbei. gung zu Beugestellungen, welche sich wider Er­ Demnach definirt H. das Wesen des natürlichen warten besonders deutlich markirte. Schon B o r e 11 i Schlafzustandes als ein dreifaches: 1) herabgemin­ hat auf die leicht gebeugte Haltung der Extremitäten derte Verbrennung von Lecithin; 2) überwiegen­ während des Schlafes hingewiesen, den Nacken und deres „Abblasen“ von Kohlensäure, Wasser u. s. w .; Rücken aber in dieser Beziehung unerwähnt ge­ 3) Neuerzeugung von Lecithin (C42U84NP09) , be­ lassen. In einem Falle, den V. 3mal beobachtete, dingt durch Abtrennung von Kohlensäure, Wasser, war die Beugung der Arme und Beine eine sehr ver­ Schwefelwasserstoff, Ammoniak, Kochsalz u. s. w. schiedenartige, einerseits eine spitzwinklige, anderer­ aus dem Bluteiweiss (Cj^HnoO^N^Sa) vermöge seits eine an vollkommene Streckung grenzende, des die Nerven umspülenden u. ernährenden Lymph- während die Veränderungen der Winkel in der Bein­ gefässsystems. haltung meistentheils sehr allmälig vor sich gingen. Ist nun die Annahme, dass die Ansammlung von Prof. Gerhardt, welcher vielfach bei Eisenbahn­ nnverbrennlicher Asche an den Nervenendigungen fahrten bemerkt hat, dass Kinder mit spitzwinkligen in mechanischer Weise die Brennfähigkeit des Leci­ Beugungen der Extremitäten schlafen, bringt die thin herabmindert und auf diese Weise den Schlaf Unmöglichkeit, diess zu thun, welche bei ältern herbeiführt, richtig, so muss Bedeckung der Nerven­ Leuten vorhanden ist, auf Rechnung der Verände­ endigungen mit irgend welchen ändern Aschenarten, rungen in der Beschaffenheit der Gelenke und der die dem Sauerstoff den Zutritt zu den Nerven­ beginnenden atheromatösen Entartung der Gefässe. endigungen wehren, ebenfalls Ermüdung und Schläf­ Einen natürlichen Gegensatz zu dieser Tendenz rigkeit herbeiführen. Und in der That besitzen wir des Flektirens bilden als letztes Beobachtungsresultat eine Anzahl solcher Aschenarten, mittels deren wir die Streckbewegungen, über deren Wesen und Be­ den Zutritt von Sauerstoff zu den Nervenendigungen deutung wir keine Kenntniss haben. Nur so viel mehr oder weniger vollständig absperren, künst­ kann behauptet werden, dass sie in einer Aktion der lichen Schlaf oder selbst Todesschlaf bewirken kön­ Streckmuskeln bestehen und dass es am Ende des nen, wie Kohlensäure, Kohlenoxyd, Schwefelwasser­ Schlafes den Eindruck macht, als seien sie eine Op­ stoff, Phosphorwasserstoff, Cyan, Ammoniak, Chloro­ position gegen die Beugemuskeln, welche so lange form ; auch Morphium und Opium sind zusammen­ die Haltung beherrscht hatten, als wollten sich die gesetzte Kohlenoxyde und ihre Wirkung beruht auf Streckmuskeln, die so lange unthätig waren, wieder „fühlen“. demselben Mechanismus. Experimentelle Untersuchungen über die Festig­ Im Anhänge mögen noch folgende 2 Arbeiten keit des Schlafes sind bis jetzt nur von E. Kohl- eine Besprechung finden. schütter (Inaug.-Diss. Leipzig 1862; vgl. Jahrbb. In einer Abhandlung über die Bewegungen CXVIII. p. 143) angestellt worden. Die von K. ge­ Schlafender bespricht Dr. Hans Virchow (Sitz.- wählte Methode der Untersuchung lässt jedoch Man­ Ber. d. phys.-med. Ges. in Würzburg. 5. 1883) — ches zu wünschen übrig und ausserdem sind dabei von den Bewegungen der Respirations- und Ein­ pathologische Zustände ganz unberücksichtigt ge­ geweidemuskeln, sowie von dem während des Schla­ blieben. fes bestehenden Muskeltonus absehend — die wäh­ Auf Veranlassung des Prof. K. v. Vierordt rend jenes ausgeführten Bewegungen der Muskeln haben daher 0. Möninghoffu. F. Piesberger 200 VIII. Medicin im Allgemeinen.

(Ztschr. f. Biologie XIX. p. 114. 1883) neue Unter­ Grossen und Ganzen ein anschauliches Bild des Grad­ suchungen über die Tiefe des Schlafes an sich selbst wechsels der Intensität beider Zustände (des Wachens angestellt. Wir verweisen wegen der angewendeten und Schlafens) darstellen, sie in ihrem continuirlichen Methode auf das Original und erwähnen hier nur, Zusammenhange uns zeigen, im Uebrigen jedoch dass M., sonst rüstig, mit einer ziemlich bedeuten­ wenig brauchbar sind. den, jedoch, abgesehen von dem namentlich Abends auftretenden starken Herzklopfen, bis jetzt keine 594. Ueber den Einfluss fieberhafter Zu­ lästigem Symptome verursachenden Insufficienz der stände und antipyretischer Behandlung auf Mitralis behaftet, P. dagegen vollständig gesund ist. den Umsatz der stickstoffhaltigen Substanzen und Diese Untersuchungen führten, soweit sie den die Assimilation stickstoffhaltiger Bestandtheile der gesunden Experimentator betreffen, zu folgenden Er­ Milch; von Dr. N. A. Sassetzky. (Virchow’s gebnissen: Die Tiefe des Schlafes nimmt bis zum Arch. XCVI. p. 485. 1883.) 2. Viertel der 2. Stunde ganz allmälig, alsdann Trotz der in neuerer Zeit bekanntlich sehr häu­ rasch zu und erreicht nach dem 3. Viertel derselben figen Verwendung der Kaltwasserbehandlung bei Stunde ihren Höhepunkt. Von da ab fällt sie bis fieberhaften Krankheiten, weiss man über die Wir­ zum 2. Viertel der 3. Stunde wieder eben so rasch kung der Abkühlung auf den Stoffwechsel so gut wie und hierauf allmälig bis zur 2. Hälfte der 3. Morgen­ nichts. Es wäre zu erwarten, dass die Eiweisszer­ stunde. Diesen Zeitpunkt zeichnet eine Steigerung setzung und Harnstoffausscheidung vermindert würde. der Schlaf-Intensität aus, welche im Gegensätze zur Auch über andere antipyretische Mittel, wie Chinin ersten sehr gering ist und lange dauert, welche nach und Salicylsäure, existiren ungenaue oder verschie­ einer Stunde oder nach Verlauf von 5l/2 Schlafstun­ dene einander widersprechende Angaben. Vf. hielt den ihre Maximaltiefe erreicht und dann allmälig bis es daher für nützlich, zu untersuchen, wie durch die zur allgemeinen Verflachung des Schlafes abnimmt. antipyretischen Mittel die Assimilation und der Um­ Anders verhält es sich mit dem an dem genann­ satz stickstoffhaltiger Substanzen beeinflusst wird. ten Vitium cordis leidenden Forscher, bei welchem Die Untersuchung wurde hauptsächlich an Kran­ am Ende der 1. Stunde der Schlaf nur um ein Ge­ ken mit Typhus exanthematicus angestellt. Jeder ringes sich vertiefte, die Festigkeit desselben in den Kranke wurde 2— 3 Tage antipyretisch, darauf aber ersten 3 Viertelstunden der 2. Stunde allmälig, im dieselbe Zeit hindurch völlig exspektativ behandelt. letzten Viertel dagegen rasch stieg und auch eben Die Nahrung bestand ausschliesslich aus Milch und so rasch wieder fiel, mit dem Beginne des letzten Wasser, deren Quantitäten genau bestimmt waren. Viertels der 3. Stunde wieder von Neuem stieg, im Der Stickstoffgehalt und die festen Bestandtheile der letzten Viertel der 4. Stunde einen noch höhern Grad Milch wurden täglich festgestellt. Harn und Koth als am Ende der 2. Stunde erreichte und hierauf beider Perioden wurden analysirt. wieder sehr rasch so bedeutend fiel, dass sie zu Be­ Die Hauptresultate sind folgende. ginn des 2. Viertels der 5. Stunde dieselbe wie nach In allen Fällen vermindert sich der Umsatz der 33/4 Stunden war. stickstoffhaltigen Substanzen unter der Einwirkung Hiernach kann man folgenden wohl im Allgemei­ kalter Bäder, ebenso die Ausscheidung der Phosphate nen richtigen Satz formuliren: Unter pathologischen im Harn. Die Ausscheidung von Stickstoff und Phos­ Verhältnissen erreicht die Tiefe des Schlafes nicht phaten wird auch durch Chinin und salicylsaures im letzten Viertel der 2. Stunde, sondern in der Natron, jedoch weniger als durch kalte Bäder herab­ 2. Hälfte der 6. Stunde ihren Höhepunkt, anstatt gesetzt. Alle drei Mittel vergrössern zugleich die zwei Zunahmen der Schlaf-Intensität kommen drei ausgeschiedene Harnmenge. vor und sind die allgemeinen Schwankungen der Die Assimilation der festen und der stickstoff­ Schlaffestigkeit bei Weitem grössere als beim gesun­ haltigen Bestandtheile der Milch bessert sich bedeu­ den Menschen. tend durch Einwirkung kalter Bäder, etwas weniger So sorgfältig auch M. und P. bei ihren Messun­ nach Chinin und salicylsaurem Natron. gen zu Werke gegangen sind, so treten doch hierbei noch so viele kaum zu überwindende Schwierigkeiten Die Quantität des aufgenommenen Trinkwassers auf, dass, wie Heinrich Spitta in seiner sehr wird durch Einwirkung antipyretischer Mittel ge­ interessanten*Abhandlung „die Schlaf- und Traum­ wöhnlich verringert. zustände der menschlichen Seele(( 5) mit Recht sagt, Bei Gebrauch kalter Bäder vermindert sich meist alle Versuche, die Tiefe des Schlafes durch genaue der Wasserverlust durch Haut und Lungen. Diess Grade und Maasse zu bestimmen, welche man auf geschieht stets durch Chinin, dagegen nie durch sali- die eine oder die andere Art unternommen hat, zu cylsaures Natron, welches vielmehr eine Erhöhung keinem Resultate führen. Sie ergeben vielmehr des Wasser Verlustes durch Haut u. Lungen bewirkt. höchstens approximative Werthe, welche wohl im Die Assimilation der festen und stickstoffhaltigen Milchbestandtheile geht im fieberhaften Zustande 5) 2. Auflage. Tübingen 1882. FranzFues. 8. XXIII schlechter von Statten als im fieberlosen. u. 420 S. (V. Lehmann.) Meissner, zur Trichinenfrage. 201

B. Originalabhandlungen und Uebersichten. XI. Bericht über die neuern Beiträge zur Trichinenfrage, Von Dr. Hermann Meissner in Leipzig.

Seit dem letzten Berichte in den Jahrbb. (CXCI. wandeln sich in eine amorphe Masse mit eingestreuten p. 33) Bind wieder zahlreiche Mittheilungen erschie­ Kernen und Vacuolen um, wodurch die Primitivbündel comprimirt werden; hierauf zeigen sich zuerst feine Pro- nen , welche die in dem vorangegangenen Berichte tei'nkörnchen und später stickstofffreie glykogene Granu­ (CLXXVII. p. 195) ausgesprochene Hoffnung, die lationen, wie beim embryonalen Gewebe; diese verdichten Trichinengefahr werde durch die ergriffenen Ver­ sich um die zusammengerollte Trichine und bilden schlüss­ hütungsmaassregeln wesentlich vermindert sein, nur lich die Kapsel, welche einfach, lamellös, gefaltet, netz­ förmig u.s. w. sein kann, aber nur zufällig mit dem Sarko- in geringem Grade bestätigen. Trotz der in Preussen lemm als äusserster Verdickungsschicht in Verbindung fast überall eingeführten obligatorischen Trichinen­ tritt. Das Sarkolemm ist im Gegentheil für die Trichine schau und den strengsten polizeilichen Maassregeln gefährlich und, wo dieselbe statt mit dem interfascikularen sind doch wieder in Folge der Unsitte, rohes Fleisch Gewebe mit dem Sarkolemm primär verwächst, geht sie zu Grunde und hinterlässt höchstens ein geringes fibrinöses zu geniessen, an den bekannten Trichinenherden, Exsudat. besonders in der Umgebung des Nordharzes, Epide­ Die Ansteckung der Schweine mit Trichinen ge­ mien aufgetreten, welche den allerschwersten zur schieht nach Colin nicht blos durch das Fressen Seite gestellt werden können. Durch die äusserst trichinenhaltigen Fleisches von Schlachtabfällen, Rat­ bösartige Emerslebener Epidemie ist namentlich auch ten u. s. w ., sondern auch durch die erbrochenen die Aufmerksamkeit der französischen Aerzte mehr oder mit dem Stuhl entleerten Massen trichinenkran­ als bisher auf diese Frage gerichtet worden, u. wenn ker Menschen; ferner können auch durch die Aus­ auch die Societe de möd. publ. et d’hygiene profess., leerungen anderer Zwischenträger, von Hunden und sowie die Acad. de med. zu Paris sich in ihren Gut­ Katzen, kleinern Vögeln, Fischen, Fröschen und achten gegen das ministerielle Einfuhrverbot amerika­ Schlangen, Ansteckungen erfolgen und selbst Herbi- nischen Schweinefleisches ausgesprochen haben, so voren können möglicher Weise durch den Genuss in- haben doch mehrere namhafte Mitglieder derselben ficirten Trinkwassers an Trichinose erkranken. Wie die den Franzosen durch die unbeschränkte Einfuhr weit jedoch alle diese Angaben auf positiven Unter­ drohende Gefahr erkannt und die von der Regierung suchungen und nicht auf blosen Vermuthungen be­ ergriffenen Schutzmaassregeln gebilligt. ruhen, ist nicht angegeben. In dem folgenden Berichte sind unter I. die Mit­ Ueber die Widerstandsfähigkeit der Trichinen theilungen über die Naturgeschichte der Trichinen, gegen äussere Einwirkungen sind von mehreren fran­ unter II. die über das Vorkommen und unter III. die zösischen Autoren gleichfalls Untersuchungen ange­ über die Prophylaxe der Trichinose zusammenge­ stellt und Angaben gemacht worden, welche zum stellt , die über die Symptome und Behandlung der Theil schon längst durch deutsche Untersuchungen Krankheit aber in Verbindung mit den Berichten feststehen, zum Theil aber einander widersprechen über die einzelnen Epidemien gelassen worden. und nur wenig wissenschaftlichen Werth haben. Die 1. Zur Naturgeschichte und der Lebensfähigkeit Einwirkung der Hitze und der Kälte, sowie des Pö- der Trichinen. kelns ist in dem 3. prophylaktischen Theile ausführ­ lich behandelt worden. Nach Brouardel verlor Ueber die Bildung der Trichinenkapsel stellt J. das trichinige Schweinefleisch, welches die Emers­ Chatin (Gaz. de Par. 29. 1881) eine der bisheri­ lebener Epidemie veranlasst hatte, weil es gesalzen gen Annahme widersprechende Ansicht auf, welche war, von Tag zu Tag an Gefährlichkeit, indem von von eben so zweifelhaftem Werthe sein dürfte, wie denen, welche erst 6 Tage nach dem Schlachten des dessen Befund von Trichinen im Fettgewebe (vergl. Schweines von dem Fleische gegessen hatten, kein Jahrbb. CXCI. p. 36). Einziger tödtlich erkrankte (s. u. p. 205). Ferner Hiernach wird diese Kapsel nicht von dem Sarko- lcmma, sondern von dem interfascikularen Gewebe gebil­ bestätigt Colin, dass in faulendem Fleische die det. Die in den Muskel einwandernde Trichine verwächst Trichinen selbst nach 8— 14 Tagen und noch spä­ mit demselben, die Bindegewebselementehypertropliiren, ter fortleben und ihre Fortpflanzungsfähigkeit be- Med. Jahrbb. JJd.204. lieft 2. 2G 202 Meissner, zur Trichinenfragc. wahren (Bull, de l’Acad. 2. S. XII. p. 1519. D6c. 3. nen gefunden hatte, aber bei der Entnahme der Proben 1883); erst wenn das Fleisch zu einer graulichen nicht zugegen gewesen war, wurde wegen fahrlässiger Körperverletzung mit 3 Mon. Gefängniss bestraft; ebenso Jauche zerfallen ist, sterben sie, während sie in den eine Fleischbeschauerin, welche durch dieselbe Nach­ noch erhaltenen röthlichen Muskelfasern leben blei­ lässigkeit die Erkrankung von 22 Personen verschuldet ben. hatte; im Kreise Bitterfeld erkrankten in Löberitz 4 Per­ sonen leicht, im Kreise Schweinitz in Schöna 2 Personen, II. Vorkommen und geographische Verbreitung der 1 Person starb; in diesem Falle hatte der Fleischbeschauer Trichinen und der Trichinose. in 15 Präparaten keine Trichine gefunden und eine Nach­ untersuchung ergab erst in 100 Präparaten in den Zwi­ Ueber die in den Jahren 1880, 1881 und 1882 schenrippen- und Schinkenmuskeln zusammen 12 Tri­ in Preuasen auf Trichinen und Finnen untersuchten chinen. Im Reg.-Bezirk Erfurt erkrankten im Kreise Nord­ Schweine theilt H. Eulenberg (Vjhrschr. f. ge- hausen zu Bleicherode 39 Personen, in Epschenrode 6, richtl. Med. N. F. XXXV. 2; Oct. 1881; XXXVII. Grossbodungen 2, Craga 3, Ellrich 8 Personen. 2 ; Oct. 1882 u. XXXIX. 2 ; Oct. 1883) Folgen­ Im Reg.-Bezirk Frankfurt a. 0. erkrankten 6 Per­ des mit. sonen, im Kreise Calau 4 Personen, von denen 2 starben. Im Reg.-Bezirk Marienwerder in Stuhm kamen 3 Es betrug die Zahl 1880 1881 1882 Fälle vor. d. untersuchten Schweine 3342303 3118780 3808142 Im Reg.-Bezirk Posen im Kreise Obernik wurde eine der trichinös befundenen Epidemie beobachtet, doch ist die Zahl der Erkrankungen Schweine .... 2284 1695 1852 nicht angegeben. der Orte mit trichinösen Im Reg.-Bezirk Stettin litten 4 Personen an Trichi­ Schweinen .... 805 655 716 nose; der Fleischer wurde zu 1 Mon. Gefängniss und in der trichinös befundenen die Kosten verurtheilt, weil er nicht vorschriftsmässig die amerikan. Speckseiten Intercostal-, Zungen-, Augen- und Halsmuskeln hatte u. Schweinefleischprä­ untersuchen lassen. parate ...... 3030 1895 1365 In Berlin erkrankten 15 Personen und starben davon der finnig befundenen 2 ; 4 Personen hatten das trichinöse Fleisch von auswärts Schweine .... 11379 11540 13564 bezogen. d. amtl. Fleischbeschaucr 18332 18581 20140 Im J. 1882 erkrankten: Es wurden hiernach gefunden in den 3 genann­ Im Reg.-Bezirk Merseburg zu Wansleben im Mans­ ten Jahren: trichinöses Schwein auf 1460, 1839 felder Kreise 4 Personen; das Fleisch war vom Fleisch­ 1 beschauer für trichinenfrei erklärt worden und zeigte bei und 2056, 1 finniges Schwein auf 294, 270 und der Nachuntersuchung nur in einzelnen Präparaten Tri­ 281, 1 trichinöses Stück von amerikanischer Her­ chinen. kunft auf 152, 168 und 169 Stücke, und es ist also Im Reg.-Bezirk Erfurt erkrankten auf einer Mühle die Zahl der trichinösen Schweine relativ beträchtlich bei Freienhagen 10 Personen, darunter der Fleischbe­ schauer selbst, welcher das Fleisch für trichinenfrei er­ heruntergegangen, während die der finnigen Schweine klärt hatte ; die Nachuntersuchung ergab sehr zahlreiche u. der trichinös befundenen amerikanischen Schweine­ Trichinen ; der Fleischbeschauer ist daher in Anklagezu­ fleischpräparate sich nicht beträchtlich verändert hat. stand versetzt worden. Die Müllersfrau starb. In Hei­ ligenstadt erkrankten 5 Personen. Erkrankungen der Menschen an Trichinose kamen Im Reg.-Bezirk Posen (Stadt Posen) kamen einige vor 1880: noch in Untersuchung befindliche Fälle vor. Im Reg.-Bezirk Merseburg Im Reg.-Bezirk Cöln erkrankten in der Garnison Cöln im Kreise Sangerhausen in 2 Dörfern Febr. 1880 bei 60 *) Soldaten leichter und schwerer, aber nicht tödtlich, 31 und 42 Personen mit je 1 Todesfälle ; nach dem Genüsse von Fleisch, welches im öffentlichen im Kreise Wittenberg in Zahna Februar und März 13 Schlachthause trichinös befunden, aber von einem Flei­ Fälle; scher heimlicherweise bei Seite geschafft und an einen im Mansfelder Gebirgskreise in 2 Dörfern 57 leichtere ändern Fleischer verkauft worden war. Beide Fleischer Fälle; wurden zu einer Gefängnissstrafe von 1 Jahre und Ver­ im Kreise Querfurt 6 F. mit 1 Todesfälle. lust der Ehrenrechte auf 3 Jahre verurtheilt, und ist eine Im Reg.-Bezirk Erfurt noch strengere Beaufsichtigung des vorgeschriebenen im Kreise Heiligenstadt in Dingelstedt 23 leichtere Vernichtungsverfahrens trichinöser Schweine angeordnet Fälle, in Heiligenstadt 60—70 Fälle. worden. Im Reg.-Bezirk Frankfurt a. 0. In Berlin kamen 3 F. zur Anzeige. im Kreise Landsberg 6 Fälle mit 2 Todesfällen, im Die Nachprüfung der Fleischbeschauer, sowie die Kreise Lebus 1 F ., in Sorau 42 Fälle. Im Reg.-Bezirk Marienwerder 3 leichte Fälle. Revision der Instrumente hat sich immer mehr als Im Reg.-Bezirk Königsberg im Kreise Braunsberg 12, eine nothwendige Maassregel herausgestellt, und es Heitsberg 11, Vctelsburg 2, Heiligenbeil 4 Fälle; im Kreise sind im Reg.-Bez. Erfurt einzelne Fleischbeschauer, Labiau erkrankten fast alle Bewohner eines Bauerngutes welche blos provisorisch angestellt waren, wegen und mehrere fremde, daselbst anwesende Personen. mangelhafter theoretischer Kenntnisse oder technischer In Berlin erkrankten 16 Personen, von denen 1 Fertigkeit im Untersuchen aus dem Amte entfernt Schlächtergehülfe, der, um die Unschädlichkeit der Tri­ chinen zu beweisen, absichtlich rohes trichinöses Fleisch worden; ebenso wurde im Reg.-Bez. Posen gegen gegessen hatte, daran starb; in mehreren Fällen blieb die nachlässige Fleischbeschauer unnachsichtlich mit Diagnose zweifelhaft; zweifellos war sie in 9 Fällen, von Entziehung der auf Widerruf ertheilten Concession denen 8 derselben Gruppe angehörten. vorgegangen. Im Jahre 1881 erkrankten: Im Reg.-Bezirk Merseburg 148 Personen mit 1 Todes­ fälle ; hiervon in Hettstädt 120 Personen ; der betreffende *) Richtiger 89 Soldaten, s. den folgenden Bericht Fleischbescbauer, welcher in den Präparaten keine Trichi­ von Dr. K ortu m . Meissner, zur Trichinenfrage. 203 Die Cölner Trichinenepidemie wird von Dr. 13 Tage, im Durchschnitt 6 Tage. Nach dem Kort um (Deutsche mil.-ärztl. Ztschr. XII. 1. Jan. Schwinden derselben stellte sich nicht selten eine 1883) ausführlicher beschrieben. sekundäre Muskelempfindlichkeit ein, welche in Ende Juni n. Anfang Juli 1882 kamen daselbst meh­ einigen F. 8 Tage lang, in ändern 3—4 Wochen, rere Soldaten mit Brechdurchfällen in Behandlung, welche in 2 F. 2 Mon. lang anhielt und besonders lästig jedoch nach einigen Tagen anscheinend wieder genasen. Die Ursache dieser Erkrankungen wurde in dem Trink­ war. — Profuse Schweisse wurden bei 73 Mann wasser gesucht, welches sehr hart war und ungewöhnlich beobachtet, und zwar nur im Ingressions- and Di- viel organische Substanz und Salpetersäure enthielt. Am gressions*, nie im Regressionsstadium. Urticaria 11. Juli zeigten sowohl diese Erkrankten, als auch andre zeigte sich 30mal, Prurigo 3mal, gleichfalls nicht Soldaten geschwollene Augenlider und Gesichter und klagten über Schmerzen in den Gliedern und grosse Mattig­ im Regressionsstadium, vielfach auch Schweissfriesel; keit, so dass sie dienstunfähig waren. "Von 9 Unter- Bronchialkatarrh 53mal, und zwar bei 19 Mann officieren, welche zusammen Mettwurst gegessen hatten, besonders heftig, hypostatische Pneumonie 2mal, waren 7 erkrankt, 2 gesund geblieben, letztere angeblich, linkseitige Pleuritis lmal. Schlaflosigkeit bestand weil sie gleichzeitig Branntwein getrunken hatten. Der sofort entstandene Verdacht der Trichinose wurde zwar in allen mittleren und schwereren Fällen und schien durch die Untersuchung der mit Beschlag belegten Würste mit den Schweissen, dem denselben vorausgehenden und Schinken nicht bestätigt, wohl aber durch Excisionen peinlichen Gefühl und dem dieselben begleitenden von Muskelfleisch in der Chloroformnarkose bei 6 Kranken. Hautjucken zusammenzuhängen; wenigstens stellte Im Ganzen erkrankten 89 Personen, davon 36 leicht, 30 mittelschwer, 16 schwer, 7 sehr schwer, keine tödtlich. sich der Schlaf nach lauwarmen Bädern und nach Die Behandlungsdauer im Lazareth betrug 8—93 Tage, kalten Wasserabreibungen in der Regel ein u. hielt im Mittel 25 Tage. an, bis nach einigen Stunden wieder Schweiss und Die Krankheit begann bei 13 Mann mit Brech­ Hautjucken auftrat. durchfall, bei 36 mit Diarrhöe, welche meist nach Fieber war in den mittlern und schwereren F. wenigen Tagen wieder nachliess und einem regel­ stets vorhanden; es begann am 4. bis 8. Tage nach mässigen Stuhle Platz machte; bei 10 Mann folgte den Initialdurchfällen, stieg staffelförmig oder all­ hartnäckige Stuhlverstopfung nach, bei 8 Mann hielt mälig bis zur Höhe und nahm dann meist den der Durchfall während des ganzen Lazarethaufent- Charakter einer typhoiden Febris continua remittens, halts an ; 3 Mann hatten primäre Stuhlverstopfung; oder auch einer F. intermittens quotidiana, zuweilen die übrigen stets regelmässigen Stuhl. Bei 45 Per­ selbst den einer F. recurrens an ; doch konnte von sonen trat sekundärer Darmkatarrh im Regressions­ einer constanten Temperaturcurve nicht die Rede sein. stadium (Kratz u. Heller) ein. Auffallend war Blutergüsse in die Conjunctiva wurden 7mal, bei den meisten der gut erhaltene Appetit; nur Ekchymosen in dem Bindegewebe der Augenlider klagten viele über hässlichen Geschmack im Munde 3mal beobachtet, accidenteller Decubitus lmal und über einen kaum zu stillenden Durst, besonders, bei linkseitiger metastatischer Parotitis u. Ascites. wo profuse Schweisse bestanden. Nur einige sehr schwere Kr. hatten absoluten Widerwillen gegen Die Behandlung war im Allgemeinen eine jede Speise u. 5 Schwerkranke hatten heftige Kolik­ symptomatische. Als bemerkenswerth hebt K. anfälle, welche jedoch nur 1— 3 Tage lang des hervor, dass bei der Trichinose 1. das salicylsaure Natron, sowie Alkohol auf die Herabsetzung der Morgens einige Male sich wiederholten und 1— 2 Min. Temperatur keinen oder nur einen höchst unbe­ dauerten. deutenden Einfluss ausüben, und 2. das lauwarme Bemerkenswerth war, dass die Intensität der Wasserbad die Temperatur herabsetzt, den Schweiss Erkrankung im geraden Verhältniss zu der Heftig­ und das Hautjucken hebt, die Muskelschmerzen mil­ keit der Initialsymptome stand. Die schwersten Fälle dert und Schlaf zu Wege bringt. waren die mit initialen Brechdurchfällen, namentlich 7 F. mit 3—4 Tage anhaltendem sehr stürmischen Schlüsslich theilt K. einen Fall ausführlicher mit, Erbrechen. Absolut leicht waren die Fälle, bei weniger wegen der Schwere der Infektion, als denen die Durchfälle fehlten. wegen der Complikationen (Decubitus, Ascites, Oedeme der Augenlider traten bei allen, Oedem Pneumonie, Parotitis u. s. w.), bezüglich dessen wir des ganzen Gesichts bei 26 Kr. auf, und zwar, wo auf das Original verweisen. initiale Durchfälle bestanden, 7—14 Tage danach. Zur Statistik der Trichinose im Königreich Zugleich mit den initialen Durchfällen, bez. Sachsen bringt Dr. A. Geissler (Ztschr. d. k. mehrere Tage vor dem Lidödem, trat eine Steifheit sächs. statist. Bureau’s 1883) einen Aufsatz über die und Abgeschlagenheit der Muskeln, u. 1— 12 Tage seit 1860 bis incl. 1882 beobachteten Erkrankungen. nach dem Oedem grosse Schmerzhaftigkeit verschie­ Es kamen im Ganzen 91 Erkrankungsgruppen mit dener Muskelpartien bei Druck und Bewegung, sowie 2668 Erkrankungen und 38 Todesfällen vor. Es Schwellung und Rigidität derselben ein. In 10 F., ist hiernach die Gefahr des Schweinefleischgenusses wo besonders die Kehlkopf- u. Zwerchfellsmuskeln doch eine relativ höchst geringe, da von den in dieser ergriffen waren, erfolgte heftige Dyspnoe. Eine Zeit geschlachteten und der Mehrzahl nach nicht brettartige Härte der Muskeln, wie sie Kratz und untersuchten 10840149 Schweinen nur 86 oder 87, Heller angegeben, zeigte sich nirgends. Die also von 125000 Schweinen erst eines, thatsächlich Dauer der Muskelschwellungen betrug 20 Std. bis Trichinose beim Menschen bewirkt haben. Die 204 Meissner, zur Trichinenfrage. einzelnen Jahre zeigen sehr auffällige Unterschiede Schweinefleisch entstandene Epidemie in Leipzig, Höxter in der Häufigkeit der Erkrankungen; die Jahre 1861 und Emden im November 1877. u. 1866 sind ganz frei gewesen. Die Untersuchung Diese Epidemien konnte man sich immer in der der einzelnen Fälle hat ergeben, dass nur der Genuss Weise erklären, dass ohne Schuld oder Versehen der des rohen oder nur halb angebratenen oder halb ge­ Schlächter oder der Fleischbeschauer Schweinefleisch, räucherten Schweinefleisches gefährlich ist, und dass das äusserst geringe Mengen Trichinen enthielt, dem gekochter Schinken, sowie amerikanischer Schinken Publikum zum Genusse übergeben worden war. Hier noch niemals eine Infektion verursacht hat. Dagegen aber war das Schwein unzweifelhaft sehr stark mit kann die Trichinenschau nur einen relativen Schutz Trichinen durchsetzt, aber jedenfalls mit 5 bis 6 gewähren, da weder der Paragraph des Strafgesetz­ ändern Schweinen verarbeitet worden, wie sich aus buches, noch auch die den glücklichen Finder er­ der grossen Menge der inficirenden Fleischtheile er- wartende Belohnung immer vor Oberflächlichkeit giebt. Dass aber ein so stark trichinöses Schwein dem zu schützen vermag und nicht verhüten kann, dass untersuchenden Fleischbeschauer entgehen konnte, nach Monate und Jahre langem tagtäglichen Unter­ erklärt Bl. nur dadurch, dass eine Verwechslung suchen der Fleischbeschauer bei der ermüdenden u. der inficirten Fleischproben mit gesundem Fleische langweiligen Arbeit vielleicht gerade im entscheiden­ stattgefunden hatte. B 1. dringt daher auf eine Ver­ den Falle seiner Aufgabe nicht gerecht wird. Auch schärfung der Schlachthausbestimmungen, damit nicht ist es eine grosse Ungerechtigkeit, zu verlangen, der ein nicht untersuchtes Schwein verarbeitet werde Staat oder die Gemeinde müsse dafür sorgen, dass oder durch ein Versehen der Schlächter eine Ver­ jeder Einzelne ungestraft rohes Schweinefleisch essen wechslung der Schweine vorkomme; namentlich aber könne, während die Bevölkerung durch eine ver­ dringt er auf Abschaffung des Absatzes zu § 1 des nünftigere Zubereitung der Schweinefleischwaaren Statuts, die Untersuchung des zum Verkaufe und sich selbst zu schützen vermag. Genusse von aussen her in die Stadt gebrachten Im Jahre 1882 sind in Sachsen (Jahresber. des Lan- Fleisches betreffend, vom 18. Juni 1880, wo es des-Med.-Coll. XIV pro 1882.) 160 Erkrankungen in heisst: „Schlachtwaaren, welche von hiesigen Ein­ 5 Epidemien vorgekommen, und zwar in Dresden 2 Epi­ wohnern nicht behufs gewerbsmässiger Verwerthung, demien im Juni und Decbr. mit zusammen ca. 20 F .; sondern lediglich für ihren häuslichen Bedarf ausser­ in Thum bei Annaberg erkrankten 40, in Scheibenberj? und Umgegend ca. 50 (der schuldige Fleischer wurde mit halb des Stadtgebiets gekauft und dann demselben Freiheitsstrafe belegt) und in Carisfeld 50 Personen. zugeführt werden, unterliegen der fraglichen Unter­ In keinem F. erfolgte der Tod. suchung nicht“. Trotzdem wird aber auch die best- In Braunschweig trat nach Dr. R. Blasius organisirte Trichinenschau niemals absolute Sicher­ (Deutsche med. Wchnschr. VIII. 49 ; 2. Dec. 1882) heit gewähren und man darf sich nicht in das ge­ im October 1882 eine grössere Trichinenepidemie fährliche Vorurtheil ein wiegen lassen, als seien hygi- auf, über welche eine genaue amtliche Untersuchung einische Rathschläge für die Bereitung der Fleisch­ angestellt wurde. nahrung entbehrlich. Der Umstand, dass fast die Vom 3. bis 14. Oct. erkrankten 254 Personen, darunter Hälfte aller Erkrankungen durch den Genuss ganz 50 Soldaten. Das inficirende Schwein war in der Zeit rohen Fleisches und die andere Hälfte durch un­ vom 20. bis 27. Sept., vielleicht noch einige Tage früher, genügend gekochte oder geräucherte, wenn auch nur geschlachtet worden; die noch vorhandenen Vorräthe von später geschlachteten Schweinen waren confiscirt, unter­ wenig Fleischfasern enthaltende Wurstarten herbei­ sucht und trichinenfrei befunden worden. geführt wurde, mahnt, dass unter allen Umständen Nach Qualität u. Quantität des genossenen Fleisches das sorgfältige Braten und Kochen des Fleisches in hatten von 204 Kr. genossen: 1) nur gehacktes rohes erster Linie zu beobachten ist. Schweineklumpfleisch 99Pers. zusammen 10450 g, durch­ Bemerkenswerth war noch bei dieser Epidemie, schnittlich jede 116 g; 2) nur Mettwurst 84 Pers. zus. 10760 g , durchschnittl. jede 128 g; 3) nur Leberwurst dass die Incubationsdauer in 119 Fällen (dergrössern 7 Pers. zus. 820 g, durchschnittl. jede 117 g; 4) nur Hälfte) nur 1 — 6 Tage dauerte, also der Beginn der Rothwurst 3 Pers. 600 g (je 200 g); 5) nur Schweine­ Erkrankung nicht von den eingewanderten Embryo­ pfoten 2 Pers. (je über 120 g ) ; 6) nur Carree 2 Pers. (60 nen bedingt sein konnte. Die Annahme von Bl., und 120 g); 7) nur geräuchertes Carree 2 Pers. (60 und 120g); 8) nur Kopfsülze 1 Pers. (120g); 9) gleichzeitig dass die von der Laaländer und Fünener Küste im- ca. 60 g Mettwürste, 250 g Schinken und 230 g Rothwurst portirten Schweine deshalb besonders reichlich und 3 P ers.; 10) unbestimmt 1 Person. häufig mit Trichinen behaftet seien, weil sie mit den Die Incubcitionsdauer zwischen dem Genüsse des Abfällen der an der Küste angetriebenen Fische ge­ Schweinefleisches und der Beobachtung der ersten Krank­ füttert werden, dürfte wohl zweifelhaft sein. heitserscheinungen betrug 15mal 1 Tag, lOmal 2, 17mal 3, 35mal 4, 17mal 5, 25mal 6, 18mal 7, 23mal 8, 17mal In Emer&leben u. Umgegend trat im September 9, 3m all0, 9mal 11, 11 mal 12—22 T., 4mal unbestimmt. 1883 eine Epidemie auf, welche an Zahl der Er­ Der Krankheitsverlauf war in den meisten Fällen nur krankungen und Todesfälle nur mit den Epidemien massig heftig oder leicht, selten schwer, in keinem Falle in Hedersleben und Wegeleben zu vergleichen ist todtlich. und daher auch die Aufmerksamkeit des Auslandes In dem letzten Jahrzehnt sind ausser dieser in Brann- schweig 4 Epidemien officiell bekannt geworden im März auf sich gezogen hat, so dass sich die französische 1875, März 1876, März 1880 nnd Mai 1882 mit je 10 bis Regierung bewogen sah, Prof. Brouardel zur Be­ 16 Erkrankungsfällen, sowie eine durch Braunschweiger obachtung derselben abzusenden, wclcjjer in Gemein- Meissner, zur Trichinenfrage. 205 Schaft mit Dr. Gran eher der Acad. de med. Be­ Das Geschlecht hatte wenig Einfluss auf die richt darüber erstattete. Schwere der Erkrankung; nach Wagner starben Vgl. Brouardel u. Grancher, Bull, de l’Acad. ca. 4% derweibl. und 6% der männl. Erkrankten; 2. S. XII. 52. 1883 ; XIII. 1—3. 5. 6. 9. 1884; Revue doch dürfte dieser Unterschied wohl mehr auf den d’llyg. VI. 1. 3. 4. 1884; Ann. d’Hyg. 3. S. X. 5. 6. grössern Fleischconsum von Seiten der Männer zu 1884. Stammer, Deutsche med. Wchnschr. X. 1. 1884. beziehen sein. Amtliche Bekanntmachung in d. Bresl. ärztl. Ztschr. Das Alter war nach Brouardel insofern von VI. 10. 1884. Bedeutung, als Kinder am leichtesten, Erwachsene ErnstWagner, DieTrichinen-EpidemieinEmers- schwerer, Greise am schwersten erkrankten. Die leben u. s. w. Halberstadt. Frantz. 8. 80 S. jüngste der gestorbenen Personen war 12, die älteste Das inficirende Schwein war am 12. Sept. ge­ 7 6 Jahre alt. Hiergegen bemerkt Wagner, dass schlachtet und von dem Fleischbeschauer, einem gerade Kinder, welche doch selten grössere Fleisch­ GOjähr. Barbier, gesund befunden worden. Dieser, mengen geniessen, nicht selten recht schwer erkrank­ sowie der Fleischer assen von dem Fleische und er­ ten. Von 50 Kindern unter 14 J. erkrankten 14 krankten , der erstere leicht, der letztere tödtlich. schwer u. 1 starb; namentlich waren Oedeme, hohes Nur 2 Personen assen von dem frischen unvermisch- Fieber, Pneumonie u. s. w. bei Kindern viel häufiger ten Fleische und starben. Das übrige Fleisch wurde und schwerer als bei Erwachsenen. noch an demselben Tage mit dem eines ändern ge­ Die Heftigkeit der Krankheitserscheinungen hing schlachteten Schweines zusammen verarbeitet und offenbar von der Menge des genossenen Fleisches und bis auf einen Theil von den Bewohnern in Emers- von der Zahl der im Fleische vorhandenen Trichinen leben und Deesdorf verzehrt; der Rest endlich wurde ab. Sämmtliche Personen, welche 125 g und mehr am 19. Sept. noch mit dem Fleische eines dritten gemengtes rohes Fleisch, sowie die 2 Personen, die Schweines gemengt und nach Nienhagen verkauft. das rohe Fleisch unvermischt gegessen hatten, star­ Die Summe der Erkrankten belief sich auf 403 Per­ ben. Bemerkenswerth war ferner die Abnahme der sonen mit 66 Todesfällen '), und zwar erkrankten Gefährlichkeit des trichinigen Fleisches, je später in Emerslebcn . . 270 (53 Todte), es nach dem Schlachten des Schweines und nach er­ in Deesdorf . . . 45 (10 Todte), folgtem Salzen des Fleisches gegessen wurde. in Nienhagen . . 80 (1 Todter), in Stadt Groningen 4 (2 Todte), Nach Brouardel assen von 250 Pers. das trichi- in Kloster Groningen 3 (0 Todte), nige Schweinefleisch am in Schwanebeck . 1 (0 Todte). 13. Sept. 27 P ers.: 9 starb., 12 erkr. schwer, 6 leicht, 14. 44 „ 7 14 n » 23 Nach Wagner erkrankten von 256 Pers. in Emers- TI V 15. * 56 „ 99 19 „ leben noch an demselben Tage des Fleischgenusses 3 Pers. 12 n 25 n 16. „ 99 „ 13 28 „ 58 (1 leicht, 2 schwer), am 1. T. darauf 8 (3 + 5), am 2. T. n rt t» 17. „ 10 1 3 9 (1 + 8), am 3. T. 25 (10 + 15), am 4. T. 31 (14 + 17), d n i. * n 18. u. 19. „ — 4 am 5. T. 22 (9 + 13), am 6.T. 32 (14 + 18), am 7. T. 14 * Yl 99 „ 10 Von dem Genüsse an den genannten Tagen 10 (5 -f- 5), am 8. T. 37 (17 - f 20), am 9. T. 15 (7 - f 8), starben also: 33, 16, 21, 13, 10, 0% am 10. T. 13 (7 + 6), am 11 T. 13 (5 + 8), am 12. T. 1 (schwer), am 13. T. 2 (leicht), am 14. T. 4 (2 + 2), erkrankten schwer: 44, 32, 34, 28, 30, 28°/o erkrankten leicht: 23, 52, 44, 59, 60, 72°/0 am 15. T. 10 (5 + 5), am 16. T. 13 (10 + 3), am 17. T. 1 (schwer), am 20. T. 2 (schwer), am 22. T. 2 (leicht), Ueber den Einfluss des Kochens bemerkt Brou­ am 30. u. 34. T. je 1 (leicht), dazu 1 fraglicher Fall. ardel, dass keine von den zahlreichen Personen, Es erkrankten also in den ersten 7 Tagen nach welche das trichinige Fleisch gekocht gegessen hat­ dem Fleischgenusse, wo von einer Einwanderung der ten, erkrankte, dass sogar eine Familie von 5 Per­ Tricliinenbrut in die Muskeln noch keine Rede sein sonen, welche Brühwürstchen gegessen hatten, völlig konnte, die grössere Hälfte, 140 ( = 55°/0), und von gesund blieb, obwohl diese Würstchen nur 5 Min. diesen wieder der grössere Theil, 96 ( = 68°/0), gesotten werden, damit sie nicht unansehnlich wer­ schwer; nach dem 13. Tage erkrankten noch 37, den ; ein Dienstmädchen, welches vor dem Brühen und zwar 24 leicht und 13 (nur 35°/0) schwer. etwas Wurst gegessen hatte, erkrankte dagegen. Der Tod erfolgte in 3 Fällen schon am 18., 20. B r. folgert hieraus, dass wenigstens in diesem Falle und 21. T. nach dem Genüsse des rohen Fleisches; die Trichinen eine so geringe Lebensfähigkeit hat­ in der 4. und 5. W. starben je 8, in der 6. W. 11, ten , dass sie schon nach 5 Min. langem Sieden ge- in der 7. W. 9, in der 8. W. 5, in der 9. W. 2, in tödtet wurden [?]. Dieser etwas gewagten Behaup­ der 10. W. 4, in der 11. W. 2 und in der 13. W. tung widerspricht die amtliche Bekanntmachung, wo­ 1 Kranker. nach leichte Erkrankungen auch nach dem Genüsse von Bratwurst vorkamen, wenn diese nicht völlig ') Diese Zahlen des amtlichen Berichts differiren gar geröstet war. Nach Wagner erkrankten von etwas mit den Angaben sowohl von Brouardel, als 36 Personen, die kein rohes Fleisch gegessen hatten, auch von Wagner. Nach Letzterem erkrankten in nach gebratenem Fleische 20 (14 leicht, 6 schwer), Emerslebcn 256 (52 Todte), Nienhagen 96 (1 Todter), nach Wurst 11 (9 leicht, 2 schwer), und nach frisch Daasdorf 45 (10 Todte), Schwanebeck 2 , Stadt Gronin­ gen 1 (1 Todter), Woltorf 5, Quenstädt 1 (1 Todter), un­ geräuchertem Fleisch 5 (leicht). gerechnet eine Nachepidemie von 7 Pers. in Groningen, Bezüglich der Symptome, der Diagnose und also zusammen 408 Pers. mit 65 Todesf. ( = 1<3%). pathologischen Anatomie hebt Grancher beson­ 206 Meissner, zur Trichinenfrage. ders hervor, dass das Gesichtsödem bei dieser Epide­ und die ersten Gehversuche machten. — Die Men­ mie auffällig selten gewesen sei und nur flüchtig struation war nur in einzelnen Fällen gestört, d. h. bestanden habe, dass die Krankheit wohl in einzel­ um einige Wochen verzögert; lmal erfolgte Abortus nen Perioden Aehnlichkeit mit einem Typhus oder im 3. Mon., 2mal Abfluss des Fruchtwassers, 2mal einer Vergiftung darbieten könne, dass sie aber bei normale Entbindung, nachdem die Kr. längere Zeit längerer Beobachtung u. Berücksichtigung aller Er­ die Trichinose überstanden hatten. — Am schwer­ scheinungen durchaus charakteristisch und mit kei­ sten und gefährlichsten waren die Erscheinungen von ner ändern Krankheit zu verwechseln sei und dass Seiten der Respirationsorgane. Häufig waren Dys­ daher die Seltenheit der Trichinose in Frankreich pnoe-Anfälle , besonders durch Bronchialkatarrhe keine scheinbare, auf Verwechselung mit ändern begünstigt, seltener Heiserkeit, recht häufig Pneu­ Krankheiten und ungenauer Beobachtung beruhende, monien, im Ganzen 34mal, davon 15mal recht-, 7mal sondern eine wirkliche sei. link-, 12mal beiderseitig; Wagner ist geneigt, Von den einzelnen Symptomen ist nach Wag­ dieselben mit Kratz als hypostatische, nicht als ner besonders das frühzeitige Auftreten der Durch­ embolische (Rupprecht) zu betrachten; in 18 fälle und des Erbrechens in der 1. Woche (in 55°/0 Fällen verlief die Pneumonie tödtlich. Ferner wurde aller Fälle) bemerkenswerth, also zu einer Zeit, wo Pleuritis 2mal, mit Ausgang in Genesung, beobach­ von einer Wirkung der jungen Brut noch nicht die tet. — Von Hautsymptomen waren Sch weisse in Rede sein konnte. Virchow erklärt diese Er­ allen schwerem Fällen vorhanden; nur in einigen scheinung dadurch, dass das Wachsen, die Bewegun­ leichtern fehlten sie. Sehr häufig war Decubitus gen und die Fortpflanzung der in den Darm gelang­ trotz aller Prophylaxe, und zwar nur am Kreuzbein; ten Trichinen auf die Schleimhaut einen Katarrh und ebenso Miliaria; lmal wurde Herpes zoster, häufig Entzündung erregenden Einfluss ausübe; unerklärt Herpes im Gesicht, sehr häufig auch ein eigentüm­ bleibt jedoch, dass oft nach wenigen Tagen die Durch­ liches Jucken und Kriebeln der Haut beobachtet. — fälle wieder naehlassen u. verschwinden, obwohl man Die Harnmenge war, entsprechend der Intensität der bei der beginnenden Massen Wanderung der jungen Tri­ Schweisse, vermindert, 3mal bestand Retentio urinae, chinen durch die Darmwandungen eine erhöhte Rei­ die jedoch nach mehrmaligem Katheterisiren wich, zung des Darmes und seiner Schleimhäute annehmen einige Male kurz vor dem Exitus lethalis Incontinen­ müsse. — Der Appetit war, abgesehen von ganz tia urinae. leichten Fällen, gänzlich gestört; doch hatten ein­ Von Nervenerscheinungen ist nach Wagner zelne Kr. eigenthümliche Gelüste nach Aal, Häring zunächst bemerkenswerth die fast ausnahmslose u. s. w .; viele Kr. verlangten dringend rohes Hack­ Gleichgültigkeit derjKr. gegen das Befinden der mit­ fleisch, und es traten in Folge der unausrottbaren erkrankten Angehörigen, eine Erscheinung, die je­ Gewohnheit, rohes Fleisch zu essen, zwei kleine doch wohl auch bei ändern Epidemien zu Tage tritt; Nachepidemien ein. In dem einen Falle bekamen nach ferner die durch Krankenbesuche und andere Auf­ Brouardel in Deesdorf mehrere Genesene einen regungen eintretende Verschlimmerung des Fiebers leichten Rückfall, nachdem sie von einem am l2.0ct. und des Befindens überhaupt; sodann die in 9 Fällen geschlachteten Schweine wieder rohes Fleisch ge­ beobachteten Psychosen (Hallucinationen, Manie, gessen hatten; die mikroskop. Untersuchung dieses erotische und religiöse Anwandlungen) und die häu­ Fleisches ergab aber erst im 71. Präparate eine und figen Kopfschmerzen, wogegen Schwindel, Ohnmäch­ dann wieder im 100. Präp. 3 Trichinen. In dem ten , Delirien selten waren; häufig traten vor dem ändern Falle erkrankten in Groningen am 14. Oct. Tode Somnolenz und Koma ein; fast regelmässig 7 Personen an Trichinose, nachdem sie von einem war eine qualvolle Schlaflosigkeit vorhanden; sehr am 6. Oct. geschlachteten Schweine Hackfleisch ge­ häufig Pruritus, welcher in einzelnen Fällen, wo gessen hatten. Das Schwein war angeblich trichinen­ Ergotin angewendet wurde, von diesem bedingt zu frei gewesen, doch ergab die Nachuntersuchung durch sein schien; lmal Hautanästhesie am linken Fusse; 3 Mikroskopiker im 20., im 10., resp. schon im 1. sehr selten Mydriasis, Bindehautkatarrh, Accommo- Präparate Trichinen. Bei fortschreitender Genesung dationsstörungen, Schmerzhaftigkeit der Augenmus­ trat eine auffällige Steigerung des Appetits ein. keln, Strabismus (2mal), Schwerhörigkeit (lmal), Die Oedeme fehlten selten, in 256 Fällen nur häufiger (nach Salicylsäuregebrauch) Ohrenklingen. ca. 19mal; anjlen Augenlidern und im Gesicht wa­ Der Befund bei den Sektionen ergab nichts Be- ren sie nur schwach, an den Extremitäten, bes. den merkenswerthes; erwähnt sei nur, dass Wagner untern, oft sehr stark entwickelt; nicht selten brach einmal in einem Präparate eine Trichine mit blossem die Haut an den Oberschenkeln, zuweilen auch an Auge erkannte, welche sich uhrfederartig auf- und den grossen Schamlippen auf und entleerte viel Se­ zusammenrollte, und er wiederholt 2 Trichinen in rum ; lmal stiess sich sogar das Präputium des stark einer Kapsel beobachtet hat. ödematösen Penis brandig los. Ein eigentlicher Bezüglich der Prognose kann man nach Wag­ Rückfall der Oedeme, nachdem diese gänzlich ge­ ner nicht zurückhaltend und vorsichtig genug sein. schwunden, wie Kratz beobachtet hat, kam hier Es lassen sich nicht, wie es Rupprecht gethan nicht vor, häufig aber eine vorübergehende Schwel­ hat, allgemeine Sätze für dieselbe aufstellen. An­ lung der Unterschenkel, wenn die Kr. aufstanden scheinend leichte Fälle können in wenigen Stunden Meissner, zur Trichinenfrage. 207 mit dem Tode endigen; Pneumonien gewähren nicht ca. 6 Wochen bis auf die Köchin, welche besonders immer eine schlechte Prognose, da sie nur in 50°/0 viel genossen hatte und am 3. Dec. starb. Die Frau tödtlich verliefen; dagegen ist die Einwanderung des Hauses, im 6. Mon. der Schwangerschaft, er­ der Trichinen in die Respirations- u. Schlingmuskeln krankte zwar sehr schwer, genas aber ohne Unter­ von ominöser Bedeutung. Die Grösse der Gefahr brechung der Schwangerschaft. Die Diagnose wurde hängt von der Menge des genossenen Fleisches oder bestätigt durch den Nachweis eingekapselter Tri­ vielmehr der eingeführten Trichinen ab , sowie von chinen in den spärlichen Fleischresten des fast der Art der Zubereitung des genossenen Fleiches. ganz abgenagten Schinkenknochens und zusammen­ Die Sicherheit, welche die mikroskop. Untersuchung gerollter Trichinen im Muskelfleische der verstorbenen gewährt, ist stets eine relative, da die Trichinen Köchin. leicht übersehen und, wie die angeführten Beispiele Diese kam am 21. Nov. zur Behandlung und machte von Deesdorf und Groningen beweisen, selbst, wo den Eindruck einer schweren Typhuskranken, hatte Ei­ man von ihrer Gegenwart überzeugt ist, doch oft weissurin , etwas Milzschwellung, wässrigen grünlichen Stuhl; am 24. Nov. starke Schmerzen in den Muskeln der erst nach sehr langem Suchen gefunden werden. Extremitäten, Oedeme der Augenlider, des Gesichts und Dagegen ist die Sicherheit, welche ein lange genug der Extremitäten, am 26. Nov. Benommenheit des Sen- fortgesetztes vollständiges Durchkochen oder Durch­ sorium, Delirien und. zunehmende Beschleunigung des braten des Schweinefleisches gewährt, eine absolute, Pulses und der Respiration, bis unter Collapsus am 3. Dec. der Tod erfolgte. Trichinen wurden nur im Zwerchfell und es dürften sowohl die Angaben von Brouar- nachgewiesen. del, wonach ein 5 Min. langes Auf brühen von Da in keinem der erwähnten Fälle vor dem Würstchen genügen soll, als auch die Angabe von 7. Tage nach dem Fleischgenusse Krankheitserschei­ Labor de, wonach bei einer Temperatur von 80 nungen beobachtet wurden und diess auch mit der und sogar von 118° C. die Trichinen noch am Leben erst um diese Zeit erfolgenden Entwicklung der blieben, entschieden auf ungenauer Beobachtung be­ Embryonen übereinstimmt, so ist H. der Ueberzeu- ruhen. gung, dass die nicht selten vor diesem Tage ein­ Von den zahlreichen Heilmitteln, welche in tretenden Krankheitserscheinungen nicht von der Emersleben angewendet sind, empfiehlt als bestes Trichinose selbst, sondern von ändern gleichzeitig auch Wagner den Alkohol in grossen Dosen. einwirkenden Schädlichkeiten abhängig sind. Nach einer Mittheilung von Brouardel blieb eine Person, welche 3/4 Pfd. rohes Hackfleisch gegessen In Basel beobachtete Dr. Sury-Bienz (Schweiz. und darauf l 1^ Liter [!] Branntwein getrunken Corr.-BI. XIII. 11 ; 1. Juni 1883) 2 Fälle von Tri­ hatte, völlig von der Krankheit verschont, während chinose , welche insofern von Interesse sind, weil alle ändern nach dem Genüsse von rohem Fleisch bisher noch keine Fälle in der Schweiz, nördlich vom erkrankten. Auch bei schon eingetretener schwerer St. Gotthardt, beobachtet worden sind. Erkrankung hatte nach Philipp guter alter Cognac Zwei Fleischers-Eheleute hatten am 15. Nov. 1882 in ansteigenden Dosen von 100— 300 g täglich den von einem frisch geschlachteten Schweine, der Mann 3 bis 4 Esslöffel voll, die Frau eine kaum erbsengrosse besten Erfolg: alle Kr. ohne Ausnahme hatten eine Portion rohen Hackfleisches genossen. Erst 8 T. später ganz auffällig schnelle und glatt verlaufende Recon- stellte sich bei einer zufälligen Untersuchung der noch valescenz. Von 2 schwer erkrankten Brüdern in vorhandenen Fleischreste die trichinöse Beschaffenheit Nienhagen, welche mit Cognac behandelt wurden, des Schweines heraus; doch konnte der bis dahin noch völlig gesunde Mann nur mit Mühe überredet werden, 1 g genas der eine fast plötzlich; der andere musste den Calomel als prophylaktisches Abführmittel zn nehmen. Cognac sehr bald wieder aussetzen und erholte sich Erst am 16. Tage traten die ersten Krankheitserschei­ äusserst langsam. nungen auf: Muskelschmerzen, Oedeme, Fieber u. s. w., Von sonstigen Heilmitteln ist kaum mehr als eine welchcs letztere sehr heftig etwa 20 Tage anhielt, worauf sich langsame Genesung anschloss. Die Diagnose wurde palliative Hülfe zu erwarten, da das einzige wirk­ durch den Befund von Trichinen in einem excidirten same Mittel, die Anwendung der Laxantien unmittel­ Stückchen Fleisch bestätigt. Die Frau zeigte schon nach bar nach dem Genüsse des inficirenden Fleisches 10 T. die ersten Krankheitserscheinungcn, war aber nur wegen der erst später möglichen Diagnose kaum je­ sehr leicht erkrankt. mals rechtzeitig zur Anwendung kommen dürfte. Bemerkenswerth ist, dass, obwohl fast das ganze In Riga erkrankten nach P. H a m p e 1 (Petersb. stark trichinöse Schwein verzehrt worden war, doch med. Wchnschr. VII. 11; März 1882) 14 Personen, nur die 2 Personen erkrankten, welche nachweisbar von welchen 1 am 6. Nov., 13 am 7. Nov. 1881 rohes, ungekochtes Fleisch gegessen hatten. gelegentlich einer Theegesellschaft rohen Schinken Dr. IsidorHein (Sep.-Abdr. aus d. Mittheil, verspeist hatten, an Trichinose; 2 erwachsene Per­ d. Wien. med. Doktoren-Coll.; Vortrag am 6. Sept. sonen und die Kinder des Hauses, welche nichts 1882 *) beobachtete im Rudolfsspitale zu Wien davon genossen hatten, blieben gesund. Bei 8 Per­ einen Fall von Trichinose, welcher nicht blos wegen sonen traten nach 8 Tagen die ersten Krankheits­ der Seltenheit dieser Krankheit in Oesterreich, son­ erscheinungen: Müdigkeit, Durchfall, Erbrechen und dern auch wegen der wahrscheinlichen Infektion mit 8 Tage später Oedem der Augenlider u. s. w. ein; Pferdefleisch beachtenswert erscheint. bei den übrigen .6 Personen zeigten sich diese Er­ scheinungen erst nach 3 Wochen. Alle genasen nach *) Für die Uebersendung dankt verbindlich W r. 208 Meissner, zur Trichinen frage.

Die 19jähr. Kr. war am 12. Aug. 1882 in Neuketten­ Die Einfuhr amerikanischer Schinken hat 1862—63 dorf in Niederösterreich mit schmerzhafter Abgeschlagen- begonnen und bis zu dem Einfuhrverbot 1881 angedauert. heit der Glieder erkrankt, kam am 28. Aug. zur Auf­ In Havre wurden 1880 14800 Kisten mit ca. 3 Millionen nahme und zeigte neben ändern Krankheitserscheinungen Schinken importirt; die Einfuhr überhaupt betrug jähr­ am 2. Sept. ödematöse Schwellung der Extremitäten und lich 40000000 Kilogramm. am 3. Sept. Heiserkeit, am 4. Sept. Lidödem und starke Nach dem Berichte von Wurtz (Bull, de l’Acad. Schweisse, so dass der Verdacht der Trichinose rege 2. S. XIII. 5. Janv. 1884. p. 195) wurden vom 1. März wurde. Am 5. Sept. erfolgte der Tod und die Sektion 1880 bis zum 28. Jan. 1881 in den Vereinigten Staa­ bestätigte durch den Befund zahlreicher freier, nicht ein­ ten 12000550 Schweine geschlachtet im Gewichte von gekapselter Trichinen den Verdacht. 1089162904 Kilogramm. Davon blieben im Lande über Die Zeit der Infektion liess sich mit Wahrschein­ 600 Mill. kg und wurden exportirt nach England 225 Mill., lichkeit auf den . Aug., einen Sonntag, zurück­ Frankreich 38 Mill., Belgien 34 Millionen. 6 Nach den Schätzungen von Brouardel betrug die führen, da die Er. nur des Sonntags Fleisch zu essen Menge der in Frankreich verzehrten amerikan. Schinken pflegte. Dieselbe hatte in der letzten Zeit angeb­ 1880 ca. 13 Mill., 1881 10 Mill., 1882 1 Million. lich nie Schweinefleisch, sondern stets nur rohes Dagegen wurden aus Deutschland nach Leblanc Pferdefleisch und Pferdeleber gegessen. Die Mög­ eingeführt: Lebende Schweine 1882 16164 Stück, 1883 lichkeit der Infektion von Pferden mit Trichinen hat (10260 Stück in 11 Mon., also auf das ganze Jahr be­ rechnet) 111000 Stück; gesalzenes Schweinefleisch da­ G e r 1 a c h durch drei Fütterungsversuche erwiesen gegen 1881 ca. 700000 kg, 1882 1143042 kg, 1883 (in und wenn auch noch kein Fall von Trichinose beim 11 Mon. 1000800, auf das Jahr berechnet) 1084200 kg; Menschen durch den Genuss von Pferdefleisch be­ aus England wurden 1882 1265423 g eingeführt, 1883 kannt ist, so ist doch der Verdacht begründet, dass wohl annähernd ebenso viel, 1881 aber wenig über die Ilälfte. Thiere dadurch inficirt worden sind. So wurden im J. 1866 4 Füchse und 2 Hamster in der Umgegend Diese enorme Zunahme der Einfuhr gesalzenen von Weidling untersucht und mit Ausnahme von Schweinefleisches aus Deutschland und England in einem Hamster sämmtlich trichinös befunden, obwohl den JJ. 1882 u. 1883 lässt sich wohl nur so erklä­ diese Thiere, welche in den dortigen Revieren ge­ ren, dass in Folge des Einfuhrverbots amerikanischer hegt wurden, nur mit Pferdefleisch gefüttert worden Schinken diese Fleischwaaren auf den Umwegen über waren. Es würde daher der Verdacht, dass die Kr. England und Deutschland doch eingeführt werden. sich mit Pferdefleisch inficirt habe, bekräftigt wer­ Durch diese vermehrte Einfuhr von Fleischwaa­ den , wenn in der Pferdeschlächterei zu Schwechat, ren aus Deutschland wird die Trichinengefahr um woher die Kr. ihr Fleisch bezogen hatte, und in so mehr gesteigert, da die Unsitte, rohes Fleisch zu dem Wohnhause derselben vorzugsweise mit Trichi­ essen oder dasselbe nur ungenügend zubereitet zu nen behaftete Ratten nachgewiesen werden könnten. verzehren, auch dort besonders an den Einfuhrstellen Hein empfiehlt deshalb, auf die Ratten ein beson­ und den Fabrikorten sich einzubürgern beginnt. deres Augenmerk zu haben, ferner Fütterungsversuche Auch machen P. Bert, Labor de, Colin und an Pferden zur Erzeugung von Muskeltrichinen an­ Chat in auf die Gefahr aufmerksam, dass durch die zustellen und polizeilich zu ermitteln, ob in Nieder­ ungehinderte Einfuhr, namentlich auch der lebenden österreich irgendwo in Wasenmeistereien versucht Schweine, die im Inlande gezüchteten Thiere inficirt wird, Fleischabfälle an Pferde zu verfüttern. werden können durch Vermittelung der Nager und Aufgabe der staatspolizeilichen Prophylaxis ist anderer Thiere. Ja nach Colin ist sogar die Mög­ es, nach Hein, auch in Oesterreich die mikrosko­ lichkeit vorhanden, dass durch die Entleerungen pische Fleischschau überall, wo nur möglich, einzu­ dieser Thiere auch das Trink wasser inficirt und durch führen , Öffentliche Schlachthäuser zu errichten, in dieses selbst Herbivoren trichinös werden können. denen allein das Schlachten von Schweinen gestattet Trotzdem ist in Frankreich nach Henri Barth ist, für das aus dem Auslande eingeführte Schweine­ (L’Union 51. 1884) die Einführung einer mikro­ fleisch den Nachweis, dass es untersucht worden ist, skopischen Fleischbeschau zum Schutz gegen die Tri­ zu verlangen, die Einfuhr von Würsten aber ganz chinose durchaus überflüssig; denn einmal ist die zu verbieten, auch das Wildschwein der mikrosko­ Trichinose beim Schweine daselbst ausserordentlich pischen Beschau zu unterwerfen, die Anlage der selten und sodann ist in Frankreich die Gewohnheit, Schweineställe in der Weise zu verlangen, dass die rohes Fleisch zu essen, fast unbekannt; auch ge­ Schweine vor Trichineninfektion geschützt sind, und währen die Anstellung eines Heeres von 18000 Mi- die bisherigen Maassregeln (Verbot des Haltens von kroskopikern in Deutschland und die grossartigsten Schweinen in Wasenmeistereien, die Vertilgung tri­ und kostspieligsten Einrichtungen nicht einmal einen chinös befundenen Fleisches, Verbot der Einfuhr absoluten Schutz. amerikanischer Schinken u. anderer Schweinefleisch­ Es ist daher auch bis vor Kurzem die Trichinen­ produkte) aufrecht zu erhalten. frage in Frankreich eine rein akademische geblieben. In Frankreich ist die Trichinenfrage in Folge Doch ist neuerdings durch den häufigen Befund von des Einfuhrverbots amerikanischer Schinken Gegen­ Trichinen in den aus Amerika importirten Schinken stand der lebhaftesten Erörterungen in den gelehrten und Schweinefleischpräparaten ein Umschwung in Gesellschaften gewesen. Wie ausserordentlich dieses diesen Anschauungen eingetreten. Man befürchtete, Verbot in das wirtschaftliche Leben der Bevölke­ dass durch dieselben nicht nur eine direkte Ansteckung rung eingreift, ergiebt sich aus folgenden Zahlen. der Menschen erfolgen, sondern dass sich auch d u rc h Meissne v, zur Trichincnfrage. 209

Vermittelung der Ratten und Nagethiere die Trichi­ Auf dieses Gutachten hin beschloss die Soc. de nose bei den Schweinen einbürgern und dann dieses m£d. publ. zu erklären, „dass trotz der noch unge­ Heer von Mikroskopikern und Beamten zum Schutz nügenden Kenntniss von der Naturgeschichte der gegen diese Krankheit erforderlich machen könnte. Trichinen 1. die Einführung lebender Schweine oder Daher kam man zu dem Beschlüsse, die Einfuhr des frischen Schweinefleisches gefährlich sei und eine amerikanischen Schweinefleisches (40 Millionen kg) sorgfältige Ueberwachung erheische; 2. dass aber ganz zu verbieten. Diese Maassregel ist jedoch nach die Einfuhr gesalzenen vorschriftsmässig zubereiteten Brouardel und Proust übertrieben und erreicht amerikanischen Schweinefleisches unbedenklich er­ nicht einmal ihren Zweck ; denn es ist bis jetzt in scheine.“ Frankreich noch kein Fall von Trichineninfektion Die Acad. de m&J. hat sich zugleich mit Rück­ durch den Genuss von ungekochtem amerikanischen sicht auf die vom Ministerium gestellte Frage, ob Schinken bekannt geworden, und sodann verhindert die Trichinose mit dem Typhus verwechselt werden das Einfuhrverbot amerikanischer Schinken nicht, könne, in folgender Weise ausgesprochen: „Eine dass dieselben auf Umwegen unter falscher Ursprungs­ Trichinosenepidemie kann nicht mit einer Typhus­ bescheinigung eingeführt wird. Es ist deshalb nicht epidemie verwechselt werden; wenn auch in einzelnen gerechtfertigt, durch das Einfuhrverbot dem Volke Phasen die Trichinose typhoide Erscheinungen dar­ eine so wichtige Nahrungsquelle zu entziehen ; das­ bieten kann, so sind doch die Symptomatologie, der selbe ist auch wirklich durch Dekret vom 27. Nov. Verlauf, die Dauer, pathologische Anatomie und das 1883 wieder aufgehoben worden. Wesen beider Krankheiten durchaus verschieden. Am 22. Decbr. 1883 wurde jedoch dieses Ein­ Da noch kein Fall von Trichinose in Frankreich oder fohrverbot auf Grund eines von P. B e r t abgegebenen England nach dem Genüsse von amerikanischem Votum wieder bis auf Weiteres hergestellt und darauf Schweinefleische festgestellt worden ist, so kann auch die Acad. de m&l. um ihr Urtheil befragt. Diese die Einfuhr dieses Fleisches unbedenklich gestattet hatte schon im Febr. 1882 (Bull, de l’Acad. 2. S6r. werden. Rathsam ist es, sich mit den Ländern, aus XI. 8. 9. F£vr. 1882) folgende von Bouley aufge­ denen trichinöse Fleischwaaren eingeführt werden, stellte Schlusssätze angenommen: „Es ist nicht noth- wegen Sicherungsmaassregeln an den Abgangshäfen wendig, zur Verhütung der Trichinose das vom Aus­ zu verständigen. Es ist nothwendig, eine Instruktion lande eingeführte Schweinefleisch einer mikroskopi­ mit der Vorschrift, das Fleisch zu kochen, in weiten schen Untersuchung zu unterwerfen, da die Gewohn­ Kreisen zu veröffentlichen und an allen Verkaufs­ heit der französischen Bevölkerung, alles Fleisch zu stellen von Schweinefleisch auszuhängen.“ kochen, bisher vor Ansteckungen geschützt hat. Es Ob auf Grund dieser Gutachten die franz. Re­ genügt zum Schutze der Bevölkerung, dass in einer gierung sich veranlasst sehen wird, das Einfuhrver­ an alle Gemeinden zu vertheilenden Special Verordnung bot wieder zurückzunehmen, obwohl dasselbe in auf diese Gefahr hingewiesen werde.“ Deutschland und Oesterreich aufrecht erhalten bleibt, dürfte wohl zweifelhaft sein. Neuerdings haben sich die Soc. de med. publ. Die Behauptung der Gegner dieses Verbotes, und die Acad^mie de m6d. abermals in ähnlicher dass die Trichinose in Frankreich fast nicht vor­ Weise ausgesprochen u. das Einfuhrverbot als völlig komme, dürfte nicht ganz zutreffen. Abgesehen nutzlos erklärt. Brouardel und Proust stellten von der Epidemie in Crepy-en-Valois sind auch von in ihrem Gutachten folgende Sätze auf: „ 1. Da das Cruveilhier und von Robin wiederholt bei amerik. Salzfleisch bisher noch nirgends in Europa Sektionen Trichinen gefunden worden, welche die Trichinose herbeigeführt hat, so ist die freie Einfuhr Todesursache gewesen zu sein scheinen, und neuer­ desselben ohne Gefahr für die öffentliche Gesundheit dings ist auch angeblich in Liverdun bei Frouard an und daher zu gestatten. — 2. Der Genuss dieses der deutschen Grenze eine Epidemie ausgebrochen, Fleisches ist zwar auch im rohen Zustande unschäd­ über welche jedoch genauere Angaben noch fehlen. lich, doch ist das Kochen desselben rathsam. — 3. Endlich stellt Labor de noch die Vermuthung auf, Die Hauptgefahr liegt in der Einfuhr lebender dass die in Südfrankreich, wo man schwach gesalzene Schweine aus Belgien, Deutschland u. s. w. und ist und geräucherte Schinken besonders häufig roh ver­ das Kochen des Fleisches dieser, sowie der inländi­ zehre, stellenweise beobachteten mörderischen „Ty­ schen Schweine unbedingt nothwendig. — 4. Eine phusepidemien“ zum Theil wenigstens auf Trichinose Verordnung, welche dieses Kochen vorschreibt, muss beruhen möchten. an allen Verkaufsstellen von Schweinefleisch ausge­ Ueber die Trichine und Trichinose in den Ver­ hängt werden. — 5. Eine Untersuchung der frisch­ einigten Staaten von Amerika macht Dr. de Pietra - geschlachteten Schweine ist wünschenswerth, um Santa (Gaz. de Paris LV. 7. Ser. I. 20; Mai 17. die Häufigkeit der Trichinen bei in-und ausländischen 1884) auf Grund verschiedener brieflicher Mit­ Schweinen kennen zu lernen. — 6. Es sind fernere theilungen folgende Angaben. Untersuchungen anzustellen, um die Naturgeschichte 1) Die Zahl der gezüchteten Schweine im Jahre der Trichinen und die Ursache der Immunität Frank­ 1883 betrug daselbst 43270086 (in Russland 10, reichs von der Trichinose zu erforschen.“ in Deutschland 7, in Frankreich 6 Millionen), welche Med. Jahrbb. Bd. 204. Hft. 2. 27 210 Meissner, zur Tvichinenfragc. unter den denkbar günstigsten Verhältnissen gezogen, wenn dadurch die freie Fleischausfuhr wieder erlangt ernährt und nach den grossen Schlächtereien trans- werden kann. portirt werden. — 2) Besonders begünstigt wird die Trotz dieser angeblich unübertrefflichen Schweine­ Schweinezucht durch die enorme Entwicklung der Mais­ zucht und der vorzüglichen Zubereitung des Salz­ kultur (1881 wurden 1120 Mill. Busheis im Werthe fleisches, trotz den herrlichen Versprechungen der von 759 Mill. Doll, geerntet). — 3) Der Transport amerikanischen Fleischproducenten ist doch der nach den „Stock-yards“ geschieht stets auf den kürze­ Trichinengehalt der amerikanischen Schweine ein sten Wegen u. alle irgend wie kranken Thiere werden ungemein grösser. Nach den statistischen Angaben aus besonderen Fabriken zur Erzeugung billigen Fettes Hamburg fanden sich unter amerikanischen Schinken übergeben. — 4) Die Abfälle von den Schlächtereien ca. l °/0 trichinös, und nach den statistischen Zu­ werden nie verfuttert, sondern hoher Temperatur aus­ sammenstellungen von Eulenberg für Preussen gesetzt und dann zum Düngen der Felder ver­ waren etwa 0,6°/0 trichinös, während von deutschen wendet. — 5) In Chicago, wo Etablissements zur Schweinen kaum der 10. Theil davon, nämlich Aufnahme von 60000 Schweinen täglich bestehen, 0,052°/0 durchschnittlich trichinös befunden wird. werden die Schweine binnen wenigen Stunden zum Die amerikanischen Quellen entstammenden sta­ Einpökeln fertig hergerichtet. — 6) Der Einpökelungs- tistischen Angaben sind offenbar, selbst wenn sie process besteht im Trockensalzen mit Küchensalz von der Regierung ausgehen (vgl. Jahrbb. CLXCI (solar-salt) oder auch Seesalz (sea-salt) und ist in 20 p. 37), sehr wenig zuverlässig, und wenn auch die bis 90 Tagen vollendet. — 7) Jährlich werden 30 Unsitte, rohes Hackfleisch zu essen, dort nicht so Millionen Schweine geschlachtet (je 175 Pfd. schwer) heimisch sein mag, wie in Norddeutschland, so werden und davon 2/3 im Inlande verzehrt, als frisches doch bei genauer ärztlicher Beobachtung unzweifel­ Fleisch, Schinken, Speck, Wurst u. s. w., bes. auf haft auch dort in Zukunft mehr Trichinenfälle beim dem Lande. — 8) Trotzdem ist die Trichinose auf Menschen zurKenntniss kommen, als bisher. Neuer­ dem Lande ganz unbekannt und zeigt sich nur ver­ dings sind z. B. folgende Fälle beobachtet worden. einzelt in grössern Städten. — 9) Genaue Unter­ In Montague (Michigan) diagnosticirte Dr. C. W. suchungen der statistischen Bureau’s haben ergeben, Wooldridge (Boston med. and surg. Journ. CVI. dass ca. 2°/0 der Schweine trichinös sind; dass die­ 13; March 30. 1882) 2 Fälle von wahrscheinlicher selben seit 20 Jahren kaum in 30 F. zu kleinen Trichinose bei einem Bergmann und dessen 18jähr. Gruppenerkrankungen (von 2—4 Personen) Veran­ Schwager, welche im Febr. 1880 wenige Stunden lassung gegeben haben; dass in den Südstaaten keine, nach einander unter starkem Oedem der Augenlider, in den Nordstaaten etwa 200 einzelne Erkrankungen allgemeiner Schwäche und Fieber erkrankt waren. mit 30 Todesfällen beobachtet worden sind; dass Dieses Oedem breitete sich rasch über die Nachbar­ dieselben nur nach dem Genüsse von rohem oder schaft aus; am folgenden Tage traten Magenschraerzen, ungenügend gekochtem und sonst nicht zubereitetem Durchfälle, Schmerzen im Gesicht, Steifigkeit des Nackens, Fleische eintraten; dass die Todesfälle vorzugsweise später schmerzhafte Athembeklemmung hinzu, während die Schwellung an den Augen wieder nachliess; am 4. T. die deutsche Bevölkerung betrafen und dass die schwanden auch die übrigen Schwellungen; das Fieber amerikanische Bevölkerung, welche nur vollständig und die Durchfälle hielten aber an; die Muskelschmerzen, gekochtes Fleisch geniesst, ebenso wie die franzö­ Steifigkeit und Schwäche nahmen immer mehr zu und es sische, völlig verschont blieb. — ) Die Infektion wurde nun der Verdacht der Trichinose rege. Beide Kr. 10 gaben auch zu, vor einer Reihe von Tagen rohen Schin­ der Schweine geschieht nur durch andre trichinöse ken mit Essig und Pfeffer gegessen zu haben ; doch war Thiere, nicht durch die Exkremente derselben. — Nichts mehr von dem Fleische vorhanden. Die Excision 11) Das Einsalzen tödtet die eingekapselte Trichine eines Stückchen Fleisch vom Oberarm 22 T. nach Beginn schon nach einigen Wochen und schwächt dieselbe der Erkrankung ergab keine Trichinen. Nach 10— 12 T. trat allmälige Genesung ein. An der Diagnose konnte schon vorher so, dass sie zeugungsunfähig und das nach W. kaum ein Zweifel sein. Fleisch, auch nur schwach gekocht, unschädlich wird. In New York kam nach Dr. Austin Flint — 12) Die in Amerika seit 1850 bestehende sogen. (Philad. med. News and Abstract XXXIX. 9. [4C5.] Cholera der Schweine überträgt sich nicht auf den p. 517.1881) am 15. April 1881 ein 27jähr. Deut­ Menschen und rechtfertigt daher nicht das Einfuhr­ scher im Bellevue Hospital unter Prof. J a n e w a y verbot amerikanischen Schweinefleisches. — 13) In wegen Trichinose in ärztliche Behandlung. Illinois und Chicago sind zahlreiche Aufsichtsbeamte Derselbe hatte Mitte März rohes und nur halbgekoch und Mikroskopiker angestellt, welche jedoch seit tes Schweinefleisch verzehrt und erkrankte unter den be­ mehreren Monaten noch keine lebenden Trichinen kannten Erscheinungen: heftige Magenschmerzen, darauf gefunden haben. — 14) Obwohl Nichts die be­ Erbrechen, Durchfälle, Muskelschmerzen, Fieber u. s. w. schränkenden oder hindernden Bestimmungen gegen Bei der Aufnahme zeigte er starke Oedeme der Augen­ lider und der Extremitäten, und die Excision eines Stück­ die Einfuhr des Schweinefleisches nach Europa recht­ chen Fleisch aus dem Deltoideus ergab 3 lebende Trichi­ fertigt, u. obwohl das Vertrauen in die mikroskopische nen und körnige und fettige Entartung der Muskelfasern. Fleischbeschau wegen der Kosten und der Schwierig­ Nach Darreichung von doppeltkohlens. Natron (stündlich keit derselben nnr ein geringes ist, so erklären sich 4 g) und Ricinnsöl stellte sich baldige Besserung ein, so dass der Kr. Ende April genesen war. doch die Fleischproducenten des Westens bereit, die Bemerßenswerth war hier nur, dass die Trichinose mikroskopische Fleischbeschau vornehmen zu lassen, in New York eine Seltenheit ist, aber gerade bei einem Meissner, zur Trichinenfrage. 211

Deutschen auftrat, welcher die Gewohnheit, rohes Fleisch Durch trocknes Salz werden nach Colin (Bull, de zu essen, jedenfalls aus seiner Heimath mitgebracht hatte. l’Acad. 2. Ser. XIII. 6. p. 228. F<5vr. 5. 1884) 111. Prophylaxe. die Trichinen in Würstchen (15— 25 g Salz auf Da die Behandlung der Trichinose nach erfolgter 500g Fleisch) schon nach 14 Tagen, in grössern Einwanderung in die Muskeln nur eine symptoma­ Schinken und Pökelfleischstücken an der Oberfläche tische ist und sehr wenig Erfolg verspricht, so ist das binnen 14T., in den tiefern Schichten nach 1— 1'/2 Hauptgewicht auf die Verhütung der Ansteckung zu Mon. getödtet; doch fand Chatin noch nach 6 Mon. legen. lebende Trichinen, Fournier nach 1 5 Mon., Bor­ 1) Ein gänzliches Verbot des Schweinefleisch­ ger sogar nach 2 Jahren, obgleich das Fleisch noch genusses dürfte wenigstens für einheimisches Fleisch ausserdem dem Froste ausgesetzt worden war. ganz ausser Frage stehen und es bleiben daher nur Es ergiebt sich hieraus, dass amerikan. Fleisch- noch 2 Schutzmittel, eine gewissenhafte Trichinen­ waaren durchaus nicht so ungefährlich sind, wie es schau und die Tödtung etwaiger Trichinen vor dem die meisten französischen Autoren und selbst nam­ Genusse des Fleisches durch Kochen u. s. w. übrig. hafte deutsche Forscher behaupten. Die amerikan. 2) Die Trichinenschau ist wenigstens in Preus- Schinken und Speckseiten sind zwar in der Regel sen fast überall mit ausserordentlichen Kosten und schon einige Monate alt, ehe sie in Europa zur Ver­ Aufwand eines grossen Beamtenheeres obligatorisch wendung kommen *), und die Trichinen in denselben eingeführt und dadurch unzweifelhaft manche Tri­ sind meist schon zerfallen oder wenigstens nicht mehr chinenepidemie verhütet worden. Wie wenig die­ lebend; doch sind häufig auch mit Erfolg Versuchs- selbe aber trotzdem absolute Sicherheit gewährt, be­ thiere damit inficirt worden. weisen die immer wieder auftauchenden neuen Epi­ C h a t i n inficirte mit amerikan. Schinken 2 Meer­ demien, sowie die Schwierigkeit, in manchen Fällen, schweinchen (Jahrbb. CXCI. p. 37), Andr6 (Ann. selbst für geübte Mikroskopiker, die Trichinen nach­ belg. 1881. p. 255) 2 Mäuse. Ferner wurden nach zuweisen. Für beide Thatsachen liegen in den obigen, Prof. Dr. Alb. Johne in Dresden (DeutscheZtschr. sowie in den frühem Mittheilungen zahlreiche Bei­ f. Thiermed. u. vergl. Pathol. X. 4. p. 280. 1884) spiele vor. Ja es liegt sogar unzweifelhaft die Ge­ durch den Schlachthofthierarzt Dr. Meissner 1 fahr nahe, dass Mancher aDgesteckt wird, indem er Kaninchen, durch den Obertrichinenschauer Neu- im Vertrauen darauf, dass das Fleisch mikroskopisch mann 1 Kaninchen und 1 Ratte, durch Herrn untersucht und „trichinenfrei“ befunden worden ist, Duncker gleichfalls 1 Kaninchen mit amerikan. dasselbe roh geniesst. Unter allen Umständen muss Schinken inficirt. das Fleisch, auch wenn es noch so gewissenhaft Von Erkrankungen der Menschen nach dem Ge­ untersucht worden ist, vor dem Genüsse unschädlich nusse amerikan. Schinken sind gleichfalls einige Bei­ gemacht und die Unsitte, rohes Fleisch zu geniessen, spiele bekannt geworden. Dieselben stammen aus möglichst ausgerottet werden. Bremen, Düsseldorf u. Rostock. V i l* c h o w (Arch. 3) Die Schutzkraft des Kochens wird freilich XCV. p. 534. 1884) sucht jedoch die Beweiskraft von manchen Seiten in Zweifel gezogen. So viel dieser Beobachtungen zu entkräften. Erkrankungs-, steht bekanntlich fest, dass einer Temperatur von sogar Todesfälle nach Genuss von amerik. Schinken 60° C., bei welcher das Eiweiss gerinnt, die Trichi­ in Bremen seien zwar sicher constatirt, allein die nen nicht zu widerstehen vermögen, und es kann die Angabe des Dr. Focke, dass in den amerikan. Behauptung von L a b o r d e , dass er nach der Ein­ Schinken zahlreiche lebende Trichinen Vorkommen, wirkung einer Temperatur von 80 und selbst von sei von ändern Bremer Aerzten, namentlich durch 118°C. noch lebende Trichinen gefunden habe, nur Fütterungsversuche, nicht erwiesen. In Bezug auf auf einer falschen Beobachtung beruhen. Anderer­ die Erkrankungsfälle in Düsseldorf sei es unbestimmt, seits will Perroncito gefunden haben, dass trichi- ob der fragl. Schinken wirklich ein amerikanischer niges Fleisch schon nach 1/4stünd. Einwirkung von gewesen sei, und der einzige Fall, der in Rostock 48° C. nicht mehr ansteckte; diess lässt sich mit zur Beobachtung gekommen ist, betreffe einen Sol­ V a 11 i n vielleicht dadurch erklären, dass die Trichi­ daten, der kurz vor seiner Erkrankung in einem be­ nen noch zu wenig entwickelt waren und deshalb nachbarten Orte gewesen war, in welchem eine Tri­ durch den Magensaft verdaut wurden. Wenigstens chinosenepidemie herrschte. Auch die von Dr. P i n - gelang es demselben nicht, mit dem Fleische eines cus in Königsberg gemachte Mittheilung, dass Apo­ vor 3 — 4 Wochen trichinisirten Kaninchens ein wei­ theker Sey dl e r an Muskelpräparaten nach gelin­ teres Versuchsthier anzustecken. Wenn das Kochen der Erwärmung über der Spiritusflamme deutliche schützen soll, so muss das Fleisch in allen seinen Bewegungen der Trichinen beobachtet habe, ist, ab­ Theilen durch Gerinnung des Eiweisses entfärbt sein. gesehen von der wenig empfehlenswerthen Methode Vor ungenügendem Kochen, wie es häufig bei Well­ des Erwärmens, nicht beweisend, da keine Fütte­ fleisch, Brühwürstchen, Fleischklösschen u. s. w. ge­ rungsversuche angestellt worden sind. Gestützt auf schieht, ist ebenso wie vor rohem Fleische entschie­ den zu warnen. ’) Die amerikaD. Schinken „Fully cured“ werden vor 4) Das Pökeln und Räuchern wirkt gleichfalls dem Transport erst 40 T. lang gesalzen, sind also, wenn nachtheilig auf die Trichinen ein, aber nur allmälig. sie iu Europa genossen werden, sicher 60—80 Tage alt. 212 Meissner, zur Trichinenfrage. zahlreiche Mittheilungen bewährter Aerzte — wegen nachtheilige Veränderung und es scheint somit die welcher auf das Original verwiesen werden muss — Kälte ein vorzügliches Mittel zu sein, um dasselbe nach denen zwar todte Trichinen in den amerikan. ungefährlich zu machen [?]. Schinken u. s. w. wiederholt, nie aber lebende auf­ Diese Versuche mit sehr hohen Kältegraden sind gefunden worden, eben so wenig auch Erkrankungen indessen noch nicht oft genug wiederholt worden, um von Menschen nach Genuss solcher vorgekommen völlig glaubwürdig zu sein; auch würde voraussicht­ sind, gelangt V. zu dem Schlüsse, dass die Besorg- lich die Ausführung des etwaigen Vorschlags, alles niss vor der hochgradigen Gefahr dieses Genusses amerikanische Fleisch genügend lange Zeit einer durch die vorliegenden Thatsachen nicht begründet Temperatur von — 15 bis 20°C. auszusetzen, an werde. Schutzuntersuchung bezeichnet er indessen den zu grossen technischen Schwierigkeiten scheitern. selbst als erforderlich, da die Möglichkeit, dass le­ Es muss daher immer und immer wiederholt werden, bende Trichinen importirt werden, anzuerkennen sei. dass nur das völlige Garkochen des Schweinefleischs Diese Möglichkeit ist aber durch die oben angeführte vor der Ansteckung schützt. Alle ändern Mittel ge­ Mittheilung von Johne erwiesen und die Gefahr währen keine genügende Sicherheit, wenn nicht das der Ansteckung auch für den Menschen somit un­ Fleisch gleichzeitig gründlich gekocht wird. zweifelhaft vorhanden. Höchstens kann man mit Es soll damit nicht die Behauptung ausgespro­ einigem Recht annehmen, dass die amerikan. Schin­ chen werden, dass alle übrigen Schutzmittel als nutz­ ken, weil älter und daher härter, meist nur gekocht los zu verwerfen sind. Das Pökeln, genügend lange gegessen werden und daher nicht so leicht anstecken fortgesetzt, ist entschieden wirksam; das amerika­ werden. nische Salzfleisch enthält nur ganz ausnahmsweise 5) Ein anderes Schutzmittel ist die Kälte. Dienoch lebende Trichinen und hat bei uns nur selten, nachtheilige Einwirkung derselben auf die Lebens­ wenn überhaupt jemals, Trichinose beim Menschen fähigkeit der Trichinen, welche schon früher von hervorgerufen; es ist bekannt, dass die Arbeiter in Livon, Bouisson und Caillol dcPoncy in Havre und die Landarbeiter in Nordfrankreich über­ Marseille, sowie noch früher von Fiedler in Dres­ haupt während der Ernte schon seit Jahren täglich den festgestellt worden war, ist neuerdings auch von rohen Speck verzehren, ohne zu erkranken. Den­ Paul G i b i e r und B o u 1 e y (C. r. de la Soc. de noch können jeden Augenblick Erkrankungen ein- Biol. 7. Ser. III. p. 511. 1882 und L’Union 98. treten und es ist daher auch das in Frankreich, 1882) an den amerikan. Schinken bestätigt worden. Deutschland und Oesterreich bestehende Einfuhrver­ Vor den Versuchen war das Leben der Trichinen bot amerikanischer Fleischwaaren wenigstens so lange nachgewiesen worden durch gelindes Erwärmen bis gerechtfertigt, bis in Amerika selbst mehr Schutz­ auf 40° C., durch Färben der Präparate mit Anilin­ maassregeln gegen die Infektion der Schweine ge­ blau, Methylanilin und pikrocarminsaures Ammoniak, troffen und namentlich sorgfältigere Untersuchungen wobei die Trichinen durchscheinend blieben und sich der geschlachteten Schweine angeordnet werden. erst nach mehreren Tagen färbten, endlich durch 8 Dieses Verbot ist eine hygieinische Nothwendigkeit, Tage langes Füttern von Vögeln mit dem vorher ge­ aber nicht, wie es französische Aerzte bezeichnen, wässerten Fleische, worauf sich sowohl in den Aus­ eine Folge des schutzzöllnerischen Prohibitivsystems. leerungen, als auch in den Därmen zahlreiche lebende Ebenso ist auch die obligatorische Trfchinenschau Trichinen zeigten. von Nutzen, indem sie nicht nur einen statistischen Ein Schinken wurde hierauf 4 Std. lang einer Anhalt für das Vorkommen und die herdweise Ver- Temperatur von — 27°C. ausgesetzt, bis er im theilung der Trichinen über gewisse Länderstricho Innern eine Temperatur von — 20° zeigte; ein giebt, sondern auch durch Vernichtung der trichinös anderer, 6 Std. lang einer Kälte von — 20° ausge­ befundenen Schweine die Gefahr der Trichinose beim setzt, wurde bis auf — 15° abgekühlt. In beiden Menschen und der Weiterverbreitung der Trichinen waren die Trichinen sämmtlich getödtet, bewegten unter den Thieren vermindert. Nur darf die Trichi­ sich nicht mehr bei gelindem Erwärmen, wurden nenschau nicht den Anspruch eines zuverlässigen durch Färbemittel in wenigen Minuten sehr intensiv Schutzmittels gegen die Trichinose erheben, indem sie gefärbt und wurden, an Vögel verfüttert, vollständig sonst mehr schaden als nützen würde *). Es schütze verdaut, so dass sich in den Därmen und in den Aus­ sich unter allen Umständen ein Jeder selbst, indem leerungen keine Spur derselben mehr nachweisen er nur sorgfältig gekochtes Fleisch geniesst! liess. * Doch schoil eine Temperatur von 0° scheint den ') In Bezug auf die Ausführung der Trichinenschau Trichinen nachtheilig, wenn nicht tödtlich zu sein. erscheint noch eine von Wagner (a. a. 0 . p. 6) ange­ In einem Präparat mit lebenden Trichinen zwischen führte Mittheilung des Ober-Thierarzt Dr. H e r t w i g (Berliner Communalblatt Nr. 42. 1883) von Wichtigkeit. 2 Glasplatten, das 6 Std. lang in schmelzendem Eise Bei auf H.’s Veranlassung angestellten Untersuchungen gelegen hatte, bewegten sich die Trichinen beim Er­ hat es sich nämlich ergeben, dass die Trichinen am häu­ wärmen gleichfalls nicht mehr und konnten nach figsten u. zahlreichsten in den sogen. Pfeilern des Zwerch­ einigen Stunden gleichfalls durch Färbemittel ge­ felles, alsdann in den Zungenmuskeln und im übrigen Theile des Zwerchfelles gefunden werden, dagegen am färbt werden. seltensten und in der geringsten Anzahl in den für die Das Fleisch selbst erlitt durch das Gefrieren keine Untersuchung vorgesehriebenen Zwischenrippenmuskcln. S t a r k w e a t li e r , the Law of Sex. 213 C. Kritiken. 67. The Law of Sex: being an exposition of die Frage nicht löst. Er entdeckt nun weiter, dass the natural law by which the sex of offspring in Familien mit der Adlernase auch ihr Besitzer der is controlled in man and the lower animals. Herrscher im Haushalt ist, dass aber auch andre And giving the solution of various social pro- Qualitäten das Ueberwiegen des einen Theils der blems; by George B. Starkweather, F. Eltern bedingen. Bei dem französischen Thierzüchter R. G. S. London 1883. J. and A. Churchill. Girou de Buzareingues, der die Geschichte 8. XVI and 276 pp. With forty illustrative seines Landes vom 11.— 19. Jahrh. studirte, fin­ portraits. (16 Mk.) det Vf. seine Theorie in nuce durch Beispiele be­ Vor einiger Zeit (Jahrbb. CCIII. pag. 30) ist wiesen : Männer von grösser Charakterstärke, in über das interessante Werk von D ü s i n g über „die gutem oder schlimmem Sinne, erzeugen vorwiegend Regulirung des Geschlechtsverhältnisses“ berichtet Töchter; Männer von schwachem Charakter vor­ worden. Ziemlich gleichzeitig mit demselben ist nehmlich Söhne; Frauen von grossem Charakter in England das oben genannte Buch erschienen, dessen und festem Willen bringen einen Ueberschuss von Inhalt ebenfalls eine Erwähnung verdienen dürfte. Knaben zur Welt. Immer und immer von Neuem fordert dieses Räthsel, Mit der ganzen Zähigkeit eines Engländers ver­ welches die Natur mit dem dichtesten Schleier ver­ folgt nun Vf. seine Idee. Da die gedruckte Statistik hüllt hat, Forscher und Denker zur Lösung auf. ihn im Stich lässt, reist er nach den südlichen Wenn Düsing in seiner Arbeit Alles verwerthet Staaten Nordamerika^ und findet dort die präsu- hat, was bis dahin auf Grund von Massenbeobach­ mirte Thatsache bestätigt, dass die Kinder weisser tungen beim Menschen, durch Züchtungsversuche bei Väter und farbiger Mütter ein Ueberwiegen von Thieren und Pflanzen gewonnen worden ist, so schlägt 12—15°/0 von Mädchen aufweisen. Bei den Mu­ der englische Schriftsteller einen ändern Weg ein: latten in Java, den sogen. Lipplappen, werden in Er findet das von ihm entwickelte Gesetz auf dem der 3. Generation nur noch Mädchen geboren und Wege der individualen Beobachtung, indem er zunächst diese sind steril. Der Ueberschuss an Mädchen in die Ausnahmefalle studirt und nach Merkmalen sucht, der 1. Generation ist bedingt durch die Superiorität die für die eine Gruppe ein aussergewöhnliches Ueber- des weissen Vaters, diese Superiorität überträgt wiegen von Knabengeburten, für die andre Gruppe sich auf die wenigen Söhne der 2. Generation, ein solches von Mädchengeburten erklären sollen. welche in der 3. Generation nur noch Mädchen Doch lassen wir den Verf. selbst erzählen, was er erzeugen, die nicht mehr kräftig genug sind, das im 8. Capitel über die Entwickelung seiner Ideen Geschlecht fortzupflanzen. sagt. In seiner eigenen Familie wird er persönlich Es darf nicht überraschen, dass sich St. eine für die Frage des Geschlechts interessirt, unbefriedigt Menge Thatsachen darboten, an denen seine Theorie von der Menge der in der Literatur aufgehäuften anscheinend scheitern musste. Indessen vermochte Theorien, über deren innere Wahrheit auch die be­ er doch in der überwiegenden Mehrzahl solcher fragten Aerzte keine Auskunft zu geben vermögen, Fälle zu constatiren, dass die genaue Beobachtung studirt er nun die Werke über politische Oekonomic trotz sonstiger Superiorität des einen Erzeugers bei u. Sociologie, Geschlechtsregister, Biographien, Volks­ demselben doch einen verborgenen Defekt kennen zählungen urd Taufregister. Dann beobachtet und lehrte, welcher die anscheinend inferiore Hälfte zur vergleicht er die Thatsachen. Er hat Nachrichten herschenden macht. Zum Beispiel wurden in einer über eine Menge Familien gesammelt, in denen die Familie, wo der Mann der Frau gegenüber das aus­ Kinder stets eines Geschlechts waren: dabei kommt geprägte Bild der Superiorität darbietet, namentlich ihm der Gedanke, dass das Princip des Gleichgewichts Söhne geboren: es stellte sich heraus, dass der unter der Voraussetzung am besten eingehalten werde, Vater heimlich ein Trinker schon vor dem Eingehen wenn jedes Geschlecht das ihm entgegengesetzte der Ehe war, in anderen Fällen bildete z. B. eine producire. Indem er nun in den Kreisen seiner Krankheit, oder die Wirkung äusseren Unglücks Bekanntschaft die Unterschiede in der körperlichen Be­ auf das Gemüth die Ursache zeitlicher Inferi­ schaffenheit der Eltern mit Kindern gleichen Ge­ orität. schlechts zu ermitteln sucht, findet er, dass je ent­ „The superiorparentproduces the oppositesex“ : schiedener beim Vater die römische Nase ausgebildet, mit diesen Worten ist die Theorie des Vfs. kurz desto grösser die relative Zahl der Töchter, während und deutlich ausgesprochen. Das vorher erwähnte bei auffälligem Ueberwiegen männlicher Nachkommen­ Beispiel von den Mulatten Java’s ist ein Beweis, dass schaft bei der Mutter diese Nasenform vorhanden ist; gerade die Entstehung des entgegengesetzten Ge­ je mehr einander die Nasen der Eltern gleichen, desto schlechts von dem superioren Theil abhängt. Zu er­ gleicher ist auch die Kinderzahl nach dem Geschlecht. klären vermag Vf. die Theorie „of superior oppo- Indessen findet et bald, dass es sich mit der „Nasen­ sites“ nicht, da doch die Analogie mit den beiden regel“ zwar spekuliren lässt, dass man damit aber Magnetpolen keine Erklärung sein kann. 214 Starkweather, the Law of Sex.

Worin besteht aber nun jenes das entgegenge­ inferiores Element: ist der Vater jünger, wird er setzte Geschlecht bedingende Etwas, was sind die mit Wahrscheinlichkeit Töchter zeugen. Charaktere der Superiorität ? Im 7. Capitel giebt Eine Menge andrer Thatsachen sucht Vf. für uns Vf. eine sehr ausführliche Schilderung davon. seine Theorie möglichst zu verwerthen. In den Unter den Temperamenten verbürgt eine gut landwirthschaftlichen Distrikten findet sich beinahe entwickelte nervöse Organisation die Ueberlegenheit die gleiche Zahl Söhne und Töchter, erstere über­ flber alle anderen, die lymphatische Constitution wiegen nur sehr wenig: die natürlichen Anlagen der deutet mit Sicherheit die Inferiorität an. Die dunk­ Eltern halten sich unter den Bauern fast die Waage. lere Hautfarbe bei sonst gleicher Nationalität ist im Fabrikarbeiter haben mehr Söhne, sie sind der Frau Uebergewicht über die hellere. Mit Vorliebe sucht nicht überlegen, weil sie üble Gewohnheiten haben Vf. aus der Kopfbildung und dem Gesichtsaus­ und weil ihre rein mechanische Thätigkeit nicht ein druck die Superiorität zu bestimmen. Eine volle, Viertel der geistigen Anstrengung verlangt, als die viereckige Stirn mit buckligen Wölbungen, die Frau bei der Erziehung der Kinder und der Führung stark vor den Augen vorspringt, ist ihm der höchste des Haushalts aufwendet. Auch Handwerker haben Typus der Ueberlegenheit, die Stirnhöhe hat grössere um so mehr Söhne, je weniger Intelligenz ihre Bedeutung als die Breite, eine runde glatte Stirn Thätigkeit erfordert. Kleinkrämer, Gastwirthe u. ist Zeichen der Inferiorität, deutlich sichtbare Venen Weinhändler haben mehr Söhne als andre Klassen, an der Stirn sind auch ein gutes Zeichen für die Schriftsteller und „Gehirnarbeiter“ haben einen Superiorität, ebenso fein geschwungene Brauen. grossen Ueberschuss an Töchtern; auch Bankiers, Was die Augen anlangt, so ist ausgesprochene Pro­ Gerichtsanwälte, spekulative Köpfe haben weniger minenz Zeichen der Inferiorität, sie deutet auf Ge­ Söhne, nicht selten zahlreiche Töchter. Geistliche selligkeitstrieb und Conversationstalent: „gute Er­ haben nicht den Ueberschuss an Töchtern, den Vf. zähler sind aber nach dem Sprichwort wenig that- vermuthete: er erklärt dieses dadurch, dass auch kräftig.“ Herabgesunkene Lider, lange weiche Wim­ die Predigerfrau in gleicher Weise intelligent, nüch­ pern, sind auch ein Zeichen der Inferiorität. An tern und moralisch zu sein pflegt. Wie die Geist­ der Nase achtet Vf. auf die Gestaltung des obern, lichen, sollen auch die Musiker zahlreiche Söhne mittlern und untern Drittels: das obere correspondirt haben, musikalische Frauen aber vorwiegend Töchter in seiner Entwickelung mit den geistigen Anlagen, gebären. Die Kaufleute haben vorwiegend Söhne: „die Fähigkeit, Vermögen zu erwerben, ist nicht das mittlere mit der Motilität, das untere mit ani­ durchgängig das edelste Element in unsrer Natur.“ malen Trieben: stark entwickeltes mittleres Drittel Von 200 Kaufleuten der Bekanntschaft des Vfs. zeigt von Charakterstärke, bedingt aber noch keine Superiorität für sich. Schmale Lippen deuten auf stammten 650 Kinder, darunter 400 Söhne, 50 da­ Superiorität, eine volle und schlaffe Unterlippe, ein von hatten wiederholt fallirt, unter ihren 160 Kindern breiter Mund auf Inferiorität. Breite, lange, vor­ waren nur 70 Söhne; eine Anzahl sehr schlechter stehende Sehneidezähne sind fast unveränderliche Geschäftsleute hatte dagegen fast ausschliesslich Zeichen der Inferiorität. Was die Bildung des Kinn's Töchter, während umgekehrt sehr kluge und glück­ anlangt, so scheint es dem Vf., dass eine massige liche Kaufleute fast nur Söhne hatten. Wenn tüch­ Völle desselben am günstigsten unter allen Formen tige Geschäftsleute nur Töchter haben, so wird man sei. Volle Wangen und breiter Nacken deuten auf nach Vf. finden, dass sie noch andere hochstehende Präponderanz des nutritiven Systems, sie sind in Eigenschaften besitzen u. die Frau nur von mittlerer Vfs. Sinne inferiore Zeichen. Fähigkeit ist. Feine, leicht empfängliche Naturen, die zu krampfhafter Exaltation geneigt sind, besitzen Mit Hülfe dieser äussern Zeichen getraut sich öfters eine Combination nervösen und lymphatischen nun Vf. gewissermaassen von vornherein zu be­ Temperaments: letzteres verleiht ihnen eine Art stimmen, ob die Kinder eines Ehepaars vorwiegend Inferiorität und daher findet man in solchen Familien Knaben oder Mädchen sind. Er giebt 20 männ­ zahlreiche Söhne. Unter den Musikern, den Aerzten, liche und 20 weibliche Porträts, von denen eine An­ den Parlamentsrednern finden sich solche Mischungen zahl direkte Gegensätze, andre nur geringe Ver­ nicht selten. schiedenheiten darstellen. Seine Methode ist dabei Wir haben dem Leser das Hauptsächlichste der z. B. die folgende. Aus dem Gesammtbilde des Theorien des Vfs. mitgetheilt. Wir sind dabei Vaters entnimmt er, dass seine Superiorität um 30 absichtlich nicht dem Gange seiner Untersuchung die Mittelzahl übertreflfe, während die der Mutter gefolgt, welche in den ersten 5 Capiteln theils eine um 50 gegen das Mittel zurück sei: solche Eltern kritische Uebersicht über eine Anzahl andrer Er­ werden nur Töchter erzeugen. klärungsversuche , theils allgemeine Bemerkungen Es wurde schon erwähnt, dass äussere oder zu­ über das geschlechtliche Gleichgewicht, über Here­ fällige Umstände die natürliche Superiorität in In­ dität und so manches Andere enthält. Vielmehr feriorität verwandeln können. Dahin gehört auch haben wir den Leser mitten in das Buch hinein zu der Einfluss des Alters. Wenn die ändern be­ dem eigentlichen Thema geführt und hoffen damit stimmenden Momente gleich sind, so kann dieses genügende Anregung gegeben zu haben, das wie­ allein den Ausschlag geben: höheres Alter ist ein wohl mit etwas Mysticismus und Naturphilosophie Löwe, zur Anatomie u. a. w. de9 Nervensystems. 215 durchsetzte, immerhin aber originelle Buch selbst schnitte seiner Untersuchungen mit der Histogenese in die Hand zu nehmen. des Rückenmarks und des Kleinhirns, mit der In den letzten Abschnitten (Capitel 9— 11) Entwicklungsgeschichte der Retina und des Riech­ unterlässt es Vf. übrigens nicht, praktische Nutz­ kolbens. anwendung seiner Theorie zu machen. Zunächst Die gelatinöse Substanz des Centralkanals, sowie sucht er zu beweisen, dass unter allen Hypothesen der Hintersäulen entsteht nach L. aus einer Meta­ die seine am geeignetsten sei, das Gleichgewicht morphose des ursprünglichen Epithels des Central­ der Geschlechter zu erklären. Vom überlegenen kanals ; sie gehört demnach nicht der Bindesubstanz Vater, welcher Töchter zeugt, vererbt sich diese an, sondern ist ektodermaler Abkunft. Die Sub- Superiorität auch auf diese und so ist es wahr­ stantia gelatinosa Rolandi stellt ursprünglich eine scheinlich , dass deren Nachkommen vorwiegend im Durchschnitt dreieckige Verdickung der hintern wieder Söhne sein werden. Er führt eine grosse Ependymhälfte dar, welche später durch das nach Menge historischer Beispiele an zum Beweise, dass hinten gerichtete Wuchern der Kernzone von ihrer bedeutende Männer ihre Eigenschaften der Mutter Basis getrennt wird. Im 1. Stadium besteht sie aus verdankten. Nach starkem Menschenverlust durch dicht aneinander gelagerten Zellen, die keine Spur Kriege werden vorwiegend Knaben geboren, weil von Zwischensubstanz zwischen sich fassen. die nicht mit in den Krieg gezogenen Jünglinge eine Diejenigen Zellen der Rückenmarksaulage, wel­ gewisse Inferiorität besitzen; umgekehrt beobachtete che zu Ganglienzellen auszuwachsen bestimmt sind, man in den dünnbevölkerten Gegenden Australiens machen sich schon sehr frühzeitig durch stärkere sehr zahlreiche Mädchengeburten, weil die wenigen Dimensionen und intensivere Färbung kenntlich. Als überhaupt vorhandenen Frauen nur mit Männern Hauptergebniss der Entwicklung der Rückenmarks­ von besonderer Superiorität die Ehe eingingen. Nicht stränge und der peripheren Nervenfasern stellt L. nur für die Wahl der Gattin giebt dann der Vf. die fest, dass von allen drei Bestandtheilen der fertigen Regeln, um die Möglichkeit der Erzeugung eines Nervenfaser nur der Achsencylinder ektodermaler einzigen Geschlechts von vorn herein zu vermeiden, Abkunft ist, während die Schwann’sche und die sondern er giebt auch ganz ausführlich die Gründe Markscheide als mesodermale Erzeugnisse anzusehen an, dass es auch nach geschlossener Ehe möglich sind. Letztere beiden Schichten leitet L. aus Wan­ sei, durch Veränderung der Lebensweise die etwaige derzellen ab. An vielen Theilen des Rückenmarks grosse Differenz zwischen beiden Gatten auszu­ und des Stabkranzes verändern sich die infiltrirten gleichen und einen Wechsel in dem Geschlecht der Wanderzellen nicht bedeutend, sondern bleiben zeit­ Nachkommen nach Wunsch zu erzielen. Vornehm­ lebens in einem gleichsam embryonalen Zustande. lich kommen hier solche Regeln zur Geltung, welche An den peripheren Nervenfasern dagegen erreichen auf die Hebung des inferioren Theils, weniger solche, die Wanderzellen die bekannten Umänderungen zu welche auf die Herunterdrückung des superioren den Gebilden der Sch wann’sehen u. der Markscheide. Theils gerichtet sind. Indessen nicht blos in Bezug Nach L. sind diejenigen Theile, die später durch hierauf verspricht sich Vf. grossen Nutzen von der Fasermassen mit dem Gehirn verbunden werden, Ausführbarkeit seiner Theorie, höher noch steht ihm schon vom Ursprung an mit demselben verbunden, die moralische und geistige Aufbesserung zukünf­ doch ist der Charakter der Verbindung ein anderer. tiger Geschlechter und die Hebung der gesammten Es stehen entweder die Endapparate in unmittelbarer socialen Wohlfahrt, wenn einmal seine Anschau­ zelliger Continuität mit dem Gehirn selbst oder beide ung in Blut und Leben der Bevölkerung überge­ Theile sind durch einen mehr oder weniger langen gangen ist. zelligen Stiel, der zwischen Gehirn und Endapparat Wir wollen nur hinzufügen, dass die von dem eingeschoben ist, miteinander verbunden. Später Vf. aufgestellte Hypothese zwar einige Aehnlichkeit schieben sich theils Fasermassen vom Gehirn her hat mit dem Grundsatz der gekreuzten Vererbung, gegen den Endapparat hin und benutzen dabei die den die Thierzüchter F i q u e t und J a n k e geltend den ursprünglichen Zusammenhang des Endapparates gemacht haben. Indessen haben die Letzteren ledig­ mit dem Gehirn vermittelnden Zellen gleichsam als lich die durch entsprechende Ernährung erzielte Leitseil, längs dem sie vom Gehirn zum Endapparat geschlechtliche Superiorität im Auge, während der wuchern. Theils wird die definitive fasrige Form Vf. von letzterer gar nicht spricht, vielmehr die der Verbindung dadurch bewerkstelligt, dass die ur­ Totalität, körperliche und geistige, des Erzeugers sprünglich zusammenhängenden Zellen des Gehirns umfasst. G e i s s 1 e r. einerseits und des Endapparates andererseits, bei der durch das Wachsthum bedingten Zunahme ihrer 68. Beiträge zur Anatomie und zur Ent­ gegenseitigen Entfernung, durch Zwischenmassen in wicklungsgeschichte des Nervensystems Verbindung bleiben, die sich in Form eines Ausschei­ der Säugethiere und des Menschen; von Dr. dungsproduktes zwischen beiden Theilen neu abge­ Ludwig Löwe. II. Bd. 1. Lief. Leipzig schieden haben. Diese Zwischenmassen wandeln 1883. Denicke’s Verlag. Fol. 50 S. mit 5 Taf. sich später in Nervenfasern um. (40 Mk.) Was das Kleinhirn betrifft, so ist besonders be- Löwe beschäftigt sich in dem vorliegenden Ab­ merkenswerth die Angabe von L., dass diejenige 216 Orth, pathol.-anatom. Diagnose. Hälfte der grauen molekularen Substanz, welche sprung verdanken. Die Ausstattung dieser wie der dicht an die Purkinje’schen Zellen stösst, eine andere frühem Lieferungen ist eine vorzügliche zu nennen. Dignität zu beanspruchen hat, als der äussere Theil Räuber. der molekularen grauen Schicht der Kleinhirnrinde. 69. Compendium der pathologisch-anato­ Beide stammen von zwei verschiedenen Anlagen ab. mischen Diagnostik nebst Anleitung zur Was die Neuroglia betrifft, so unterscheidet L. zwei Ausführung von Obduktionen, sowie von pa­ Arten ihrer Entstehung, die indessen nur graduell thologisch-histologischen Untersuchungen; von von einander getrennt sind. Sie entsteht: 1) durch Dr. Joha. Orth, o. ö. Prof. der allgemeinen direkte Zellmetamorphose (wie in der äussern Hälfte Pathologie und patholog. Anatomie u. s. w. in der molekularen Decklamelle des Kleinhirns, sowie Göttingen. 3. Aufl. Berlin 1884. A. Hirsch­ in der innern Molekularschicht der Retina); 2) durch wald. XX u. 634 S. (13 Mk.) Ausschwitzung aus Zellen (an allen übrigen Punkten des centralen Nervensystems). Als das in der Aufschrift genannte Buch im Früh­ jahre 1876 zuerst erschien, kam es, was ja heut­ Was die Retina anlangt, so leitet L. nicht allein zutage ziemlich selten, wirklich einem dringenden die Körnerschichten, sondern auch die Radialfasern Bedürfnisse entgegen, welches in den Kreisen der und die Neurogliaschicht vom Ektoderm ab ; von Studirenden vorhanden war. Gute hervorragende einer Betheiligung des Mesoderm bei dem Aufbau Lehrbücher der pathologischen Anatomie gab es irgend eines specifischen Netzhautbestandtheils kann mehrere; ihre Zahl hat sich seitdem ja noch durch nicht die Rede sein. das Erscheinen des P e r 1 s ’schen, des Ziegler ’schen Der Riechkolben ist histologisch der übrigen und anderer Bücher gesteigert, aber eine ausführ­ Hirnrinde gleichwertig u. ebenso gebaut wie diese. liche Anleitung zum Studiren und Erkennen der Ver­ Nur ist die Wand des Medullarrohres au demjenigen änderungen an den frischen Organen, am Obduk­ Punkte, an welchem sich der Riechkolben anlegt, tionstisch selbst, war eigentlich nicht vorhanden. von Anfang an etwas verdickt. Sehr bald differen- Diese wurde von Orth gegeben und das Erscheinen zirt sich die Hirnrinde am Riechkolben ebenso wie von 3 Auflagen eines ziemlich starken Bandes in überall anders in drei Schichten. Besagte Schichten relativ kurzer Zeit beweist, dass Orth im Sinne sind aber nicht in typischer Weise entwickelt, also Derer, für die er sein Buch bestimmt hat, etwas nicht den drei Schichten aller übrigen Hirntheile Gutes und Zweckmässiges geschaffen hat. homolog, sondern sie haben sich in etwas anderer Das Buch hat schon früher in unsern Jahrbüchern Weise angeordnet. Was das innere Gehirnstratum eine Besprechung erfahren. Die vorliegende neue jedoch betrifft, so ist die Wandung der Riechkolben­ Auflage hat gegen die frühem beiden eine wesent­ höhle nicht anders beschaffen als die übrige Wand liche Erweiterung dadurch erhalten, dass sehr zahl­ des Medullarrohres. Auch die Netzhaut ist ursprüng­ reiche specielle Anweisungen zur mikroskopischen lich nicht anders beschaffen, als andere Stellen der Untersuchung der veränderten Organe u. der Krank­ Hirnrinde es auch sind. In ähnlicher Weise wie am heitsprodukte einverleibt wurden, dass der Lernende Riechkolben macht sich an der Netzhaut insofern jetzt in ihr ausser Dem, was er nach der Sektion eine Differenzirung in 2 Theile geltend, als an der am Mikroskop zu untersuchen hat, auch Blut, Sputa, erwachsenen Netzhaut nur die Schichten nach aussen Haare, Fäces, Exsudate u. s. w. geschildert findet. von dem Stratum intergranulosum den fünf Schichten Ausserdem sind die wichtigsten Methoden, welche der übrigen Hirnrinde homolog sind. Anders beim zum Nachweis pathogener Organismen in Flüssig­ Kleinhirn. Hier ist wirklich eine Lage vorhanden keiten und Geweben dienen, aufgenommen. (die äussere Hälfte der grauen Molekular-Decklamelle Beispielsweise enthält das Capitel: Untersuchung sammt den Stiftfasern), welche an der übrigen Hirn­ des Blutes, eine Besprechung der Gerinnungserschei­ rinde nicht vorkommt. Zu einer gewissen Zeit nungen , der Farbe bei Vergiftungen u. s. w., der nämlich schiebt sich vom Velum medulläre posterius Fäulnisserscheinungen, dann des relativen quantita­ her eine bis dahin an der Kleinhirnaussenseite noch tiven Verhältnisses von Blutkörpern und Serum zu nicht vorhandene Zellmasse über das Cerebellum einander (Eindickung, Hydrämie), eine gute Dar­ herüber. Diese Zellmasse liefert jene Aussenhälfte stellung der mikroskopischen Anatomie des Blutes, der molekularen Decklamelle sammt den Stiftfasern. der Trocknen- und Färbungsmethoden, welche zu Den Schluss der Lieferung macht eine Auseinander­ dessen Untersuchung dienen, und schlüsslich eine setzung der Schädelwirbeltheorien, in welcher Frage klare u. lehrreiche Zusammenstellung der abnormen L. einen neuen Standpunkt einnimmt, indem er drei Gebilde, welche im Blute auftreten können; so der Wirbel (hinteres Keilbein, Synchondrosis spheno-occi- Zumischung von zelligen Elementen bei Leukämie pitalis u. Körper des Hinterhauptbeins) unterscheidet. und typhösen Krankheiten, von Farbstoffen (Pig­ Wie sich aus dem Angegebenen leicht ergiebt, ist ment, Bilirubinkrystalle), von Fett, von Gasblasen L.’s Arbeit sehr reich an Beobachtungen und Deu­ (bei Fäulniss; ob Orth bei Chloroformtod freies tungen, welche für die fernere Erforschung der Histo- Chloroform, als im Blute vorkommend, wie ange­ genese des centralen Nervensystems von grossem geben wurde, zulässt, ist nicht angegeben) und von Belang sind und ernstlichen Bemühungen ihren Ur­ Mikroorganismen (bei Recurrens, Milzbraud u. s. w.). Vierordt, einfache chvon. Peritonitis. 217

Mit Recht wird bei dieser Gelegenheit wieder vor Selbstverständlich recurrirt er dabei häufig auf die der so leicht möglichen Verwechslung mit Zerfall­ bereits vorhandene Literatur. körpern gewarnt, eine Verwechslung, die fast täg­ Es liegen nur wenige Sektionsberichte vor, aus lich gemacht wird und schon gute Forscher zu den denen im Wesentlichen nur ein Befund von Ascites bedenklichsten Irrthümern geführt hat. und einzelnen Bindegewebsadhäsioneu an den Bauch­ Eine weitere Verbesserung hat das Buch in der höhlenorganen zu entnehmen ist. Auch über die neuen Auflage dadurch erfahren, dass die Verände­ Aetiologie ist recht wenig bekannt. Erkältung ist rungen der einzelnen Organe etwas strenger syste­ relativ häufig als Ursache angegeben, manchmal gin­ matisch geordnet und vervollständigt wurden, so dass gen Infektionskrankheiten voraus oder es litten die jetzt nach der Absicht 0 r t h ’s eine Art Grundriss Kranken vorher an Menstruationsanomalien. Am der gesammten pathologischen Anatomie in ihm ge­ häufigsten tritt die Affektion bei weiblichen Kindern boten wird. auf. Es kommt auch eine akute Form der Peri­ Die in der Einleitung des Buches besprochene tonitis vor, welche zunächst als nicht durch eines allgemeine Technik der mikroskop. Untersuchung der bekannten krankmachenden Momente erzeugt an­ ist durch die genauen Angaben über die wenigen zusehen ist, bei der also Tuberkulose, Typhlitis, ausgewählten Verfahren und durch manche Orth Trauma u. s. w. ganz ausgeschlossen werden kön­ zu verdankende Neuerungen in der Färbetechnik nen, ganz ebenso wie es akute und chronische „ein­ eine angenehme und brauchbare Zugabe. fache“ Pleuritis giebt; ja Pleuritis und einfache Exsudativperitonitis sind wiederholt gleichzeitig bei Das Buch kann allen Denen, die sich mit Sek­ einem Individuum beobachtet worden. tionen beschäftigen, als guter Führer empfohlen wer­ Die Symptome, welche die Krankheit bietet, den. E d i n g e r , Frankfurt a/M. sind verschieden in verschiedenen Perioden. Zur 70. Die einfache chronische Exsudativ* Zeit der Prodrome, die Wochen, ja Monate lang P erito n itis; von Dr. Hermann Vierordt. dauern können, besteht nur mässige Störung des Tübingen 1884. Laupp’sche Buchhandl. 8. Allgemeinbefindens; ganz allmälig stellt sich das 141 S. (3 Mk.) Stadium der Exsudation ein. Der Erguss in die Bauchhöhle kann beträchtlich werden; 30, 40, 50 Unter dem in der Aufschrift genannten Namen Liter sind schon durch eine Punktion entleert wor­ sucht Vf. die klinischen Züge einer Krankheit zu den. Das Exsudat ist hellgelb bis röthlich von etwa präcisiren, der, wie er sagt, die theoretische und 5°/0 Eiweissgehalt (Transsudate haben nach Reuss praktische Anerkennung noch fehlt. 1.5— 2°/0 Eiweissgehalt). Die objektiven und sub­ Von ältern Autoren wurde mehrfach eine Form jektiven Symptome eines so grossen Ergusses sind der Peritonitis angenommen, die, nur leicht, wesent­ die gewöhnlichen. lich unter dem Bilde des Ascites verläuft und heilbar Fieber tritt etwa in der Hälfte der Fälle auf ist, die idiopathisch auftritt und chronischen Cha­ und bleibt immer mässig (40° nie beobachtet). Die rakter hat. Die neuern Kliniker scheinen sich im Urinmenge nimmt ab, so lange das Exsudat steigt, Allgemeinen skeptisch zur Existenz einer solchen ist resp. auffallend gering. Ihr Steigen und Fallen Krankheitsform zu verhalten, doch fehlt es auch ist daher diagnostisch wichtig für den Gang der nicht an einzelnen guten Darstellungen und positiven Krankheit. Die Exsudation geht verschieden lange Angaben 'über dieselbe. Namentlich hebt Vf. eine Zeit (immer viele Wochen) fort, dann tritt, ange­ Arbeit von G a 1 v a g n i wiederholt anerkennend her­ zeigt durch Steigen der Urinmenge, Besserung von vor. Einzelne Mittheilungen finden sich in der fran­ Appetit und Aussehen, Sinken der Temperatur, das zösischen (Toulmouche, Griveau, Gintrac Stadium der Resorption ein; auch dessen Dauer u. A.) und englischen (Meade, Johnson) Lite­ ist nicht sicher zu bestimmen. Pleuritis und Hydro- ratur. Von deutschen Autoren, deren Vf. eine lange cele sind als Complikationen beobachtet. Zuweilen Reihe anführt, seien hier Quincke, A. Albreclit, hat man auch Entzündung der Nabelgegend ge­ Henoch, Steinbrück, Bäumleru.H. Wolff sehen. genannt1). Die Krankheit geht fast immer in Heilung aus. Meistens handelte es sich bislang um vereinzelte Grisolle hat solche nach 8jähr. Bestehen des Ex­ casuistische Mittheilungen. Vf. hat Gelegenheit ge­ sudates noch eintreten gesehen. Selbstverständlich habt, an der Tübinger Klinik 28 hierher gehörige kann schlechter Kräftezustand, eine zutretende Pleu­ Krankengeschichten zu sammeln. Er theilt sie, die ritis und dergl. die Prognose auch verschlechtern. meist trefflich geschildert sind, in extenso mit und Viele Kr. aber bleiben Jahre lang in Behandlung. benutzt sie, um das Krankheitsbild, die Aetiologie, Die Diagnose gründet sich auf den chronischen die Anatomie, die Prognose und Therapie der chro­ Ascites und den Ausschluss aller ändern Affektionen, nischen idiopathischen Peritonitis festzustellen. die ihn etwa hervorrufen könnten. (Namentlich schwierig ist die Lebercirrhose auszuschliessen.) ') Aus der englischen Literatur wären wohl noch Die Therapie wird vom Vf. als ein wesentlicher Ward , Sm ith u. A. zu nennen. Ref. Faktor im günstigen Verlauf der Krankheit betrach- Med, Jalirbb. nd.204. TIft. 2. 28 218 Klinische Beobachtungen. tet. Zunächst ist Bettruhe bei kräftiger Ernährung Mehl- und Fleischspeisen und dann allmälig zur ge­ zu versuchen. Priessnitz’sehe Umschläge und Ka- wöhnlichen Kraukenkost übergegangen. taplasmen sind von gutem Einfluss. Vielfach stieg Unter den Tuberkulosen machen wir besonders nach Einreibung mit Ung. cinereum die Harnmenge aufmerksam auf Fall 7: Tuberkulose der Lungen, bedeutend. VorDrasticis warnt Vf.; Diuretika schei­ des Darms, der Milz nebst tuberkulöser Basilarmenin- nen ihm ziemlich wirkungslos. Die schweisstreiben- gitis, sowie auf Fall 8 : tuberkulöse Peritonitis, Sal­ den Mittel sollen nur nützen, wenn die Resorption pingitis und Endometritis nebst lobularer käsiger schon im Gange ist. Von der Faradisation der Bauch­ Pneumonie. wände wurde kein nützender Effekt gesehen, eben Bezüglich der Gicht hebt Vf. das verhältniss- so wenig von der dauernden Compression der Bauch­ mässig seltenere Vorkommen derselben in München wände. hervor, was vielleicht auf die in Bayern übliche Zur Punktion muss man wegen der Beschwerden, Lebensweise — reichlicher Fleisch- und Biergenuas die der Erguss macht, oft schreiten. E ding er. — zurückzuführen ist, welche nach Garrod die 71. Klinische Beobachtungen aus der ü. Ansammlung harnsauren Natrons im Blute nicht be­ medicinischen Klinik des Prof. v. Ziems- günstigt. — In den zur Behandlung gekommenen sen während des Wintersemesters 1880/81; Fällen erwies sich das salicyls. Natrou als wirksames von Assistenzarzt Doc. Dr. Roderich Stin- Mittel. zing. München 1884. J. A. Finsterlin. 8. Unter den Carcinomen (Fall 11— 18) ist beson­ 127 S. (3 Mk.) ders Carcinom des Magens und Pylorus, der Leber Vorliegende Arbeit bildet eine Fortsetzung der und Gallenblase, der rechten Niere, des Pankreas früher im Bayr. ärztl. Intell.-Bl. von Freuden - und Duodenum vertreten. Ein Fall von Magen­ b e r g e r veröffentlichten Berichte aus der v. Ziems- krebs (16) war mit chron. Lungenphthise compli- s e n ’schen Klinik, zeichnet sich aber vor letzteren, cirt, und zwar bei einem 26jähr. Manne. — Bezüg­ welche sich mehr auf Casuistik beschränken, durch lich der Therapie des Magenkrebses hat v. Ziems­ beigefügte epikritische Bemerkungen vorteilhaft aus. sen, im Gegensatz zu L e u b e u. A., die Erfahrung Bei dem reichen Material — 46 grösstentheils sehr gemacht, dass Trockendiät der flüssigen Nahrung interessante Fälle — muss sich Ref. jedoch auf eine vorzuziehen sei; sie wird von den meisten Kranken ausführliche Angabe des Inhalts beschränken, unter gut vertragen und verursacht weniger Erbrechen, als Hervorhebung einzelner besonders bemerkenswerther wenn der Magen mit grössern Mengen Flüssigkeit Beobachtungen. Die Schrift kann mit Recht zum angefüllt ist. Dabei wird ein öfterer Wechsel in den eignen Studium empfohlen werden. Speisen eingehalten und stets nur eine kleine Quan­ Im 1. Abschnitte „Infektions- und Allgemein­ tität in öfteren Mahlzeiten verabreicht, daneben stets erkrankungen“ sind aufgeführt je 1 Fall von Schar­ Wein, namentlich rother Bordeaux, gegeben. — lach und von Erysipelas migrans, 4 F. von Typhus Von Medikamenten wird, so lange solche überhaupt abd., 3 von Tuberkulose, 1 von Diabetes mellitus vertragen werden, die Friedreich'sehe Condurango- und Gicht, 8 von Carcinom, 1 von Syphilis (La- Medikation als Stomachikum und Nährmittel mit ryngo-Tracheo -Bronchitis syphilitica). gutem Erfolge angewendet; in weit vorgeschrittenen Bezüglich des Typhus abd. geben wir hier ein Fällen beschränkt man sich auf Darreichung von Eis­ kurzes Referat über die in der v. Ziemssen’schen pillen und Morphium, letzteres auch subcutan (bis zu Klinik übliche Behandlungsweise. Als „ Abortiv­ 0.1 g p. d. auf 4— 5 Injektionen vertheilt). mittel* wird, namentlich bei Obstipation, Calomel Unter den Krankheiten des Nervensystems (Ab­ (0.5— 1.5 g) verabreicht; Bäder werden, sobald die schnitt 2. Nr. 19—26) sind erwähnt ein sehr inter­ Temperatur in der Achselhöhle 39.5° übersteigt, aller essanter Fall von allgemeinen tetanischen Krämpfen 2— 3 Std. in einer Temperatur von 15° R. und unter aus unbekannter Ursache; ein Fall von Tumor cerebri gleichzeitiger Bespülung von Nacken, Rücken und (Myxosarkom des linken Streifenhügels) mit Am­ Brust mit kaltem Wasser, bei drohender Herzschwäche blyopie, Neuroretinitis, Hämorrhagien der Retina; etwas höher temperirt (22— 25°R.) verordnet, auch ein Fall von Thrombose der Art. basilaris und der vor und nach jedem Bade Alkoholika gegeben. Als Art. foss. Sylv. sin. mit doppelseitiger Paralyse und Antipyretikum Jiat sich nächst der Rothe'sehen Mix­ Aphasie; ein Fall von Embolia cerebri nebst chron. tur (Acid. carbol., Spir. vin. ana 1.0, Tinct. Jodi Endokarditis und rechtseitiger Hemiplegie, in wel­ Gtt. x, Tinct. Aconit. 1.0, Aq. 50.0, Syr. spl. 10.0, chem Heilung erzielt werden konnte. In einem Falle 01. Menth. Gtt. j j , stündl. 1 Theel.) das Chinin in von Neurasthenia cerebralis mit Hypochondrie, in vollen Dosen (1—2 g) am meisten bewährt; bei pro­ welchem anfangs ein Tumor cerebri vermuthet wurde, fusen Diarrhöen werden lauwarme Klysmata aus trat nach 4wöchentl. Wirkung eines im Nacken appli- Dec. Amyl. 30.0 und Tinct. thebaic. Gtt. xx ge­ cirten Setaceum so wesentliche Besserung ein, dass geben ; als Nahrung erhalten die Pat., so lange sie Pat. entlassen werden konnte. In einem Falle hatte fiebern, nur Suppen mit Eigelb und etwas Milch, da­ sich einseitige Glossoplegie mit Lähmung des N. lin- neben in der Regel von Anfang an Wein: erst nach gualis und partieller Facialisparalyse nach Extrak­ ^tägiger Fieberlosigkeit wird zu leicht verdaulichen tion eines Backzahns des linken Oberkiefers, wobei Klinische Beobachtungen. 219 die Wange erheblich verletzt worden war, entwickelt; Abschnitt 5. Krankheiten des Verdauungs­ durch galvanische Behandlung wurde wesentliche apparates. Hier begegnen wir zunächst einem inter­ Besserung erzielt. Endlich ist hier aufgeführt ein essanten Falle von Strictura oesophagi in Folge Fall von Neuritis rheumatica im Plexus brachialis, einer Verätzung mit Kalilauge, bei welcher Gelegen­ in welchem unter Behandlung mit Morphiuminjek­ heit Vf. sich über die in der v. Z.’schen Klinik übliche tionen , Watteeinwicklung des Armes und absoluter Behandlung der Oesophagusstenosen ausspricht. Die­ Ruhe schnelle Besserung eintrat. selbe ist, abgesehen von der Indicatio causalis, der In Abschnitt 3 , Krankheiten der Athmungs- ja nur bei syphilitischer Grundlage, bei Fremdkör­ organe, theilt Vf. 2 Fälle von Pneumonia crouposa pern und Nervosität eine Bedeutung zukommt, vor (Nr. 27 u. 28) mit, von denen der 2. mit Lepto- Allem auf mechanische Dilatation gerichtet, bei akut Meningitis cerebro-spinalis diffusa complicirt war, ulcerösen und entzündlichen Strikturen selbstverständ­ und welche beide lethal endigten. Bezüglich der bei lich erst nach erfolgter Vernarbung, v. Z. verwendet croupöser Pneumonie auf der v. Ziemssen’schen zur Dilatation am meisten die englischengefensterten Klinik üblichen Therapie erwähnt Vf., dass das Fie­ Hohlsonden (double web) im Kaliber von 6— 13 mm; ber nur bei bedrohlichen Graden, und namentlich der erste Sondirungsversuch wird gewöhnlich mit wenn es sich auch in den Morgenstunden über 40° einer mittelstarken (10 mm) gemacht und erst, wenn erhält, bekämpft wird. Es geschieht diess dann mit­ dieser misslingt, zu dünnern Nummern gegriffen; ist tels kühler Bäder (15°) mit kalten Uebergiessungen es anfangs unmöglich, selbst mit den englischen 2stündlich, während innerlich Chinin (Abenddosen Sonden feinsten Kalibers zum Ziele zu kommen, so zu 1.5— 2.0 g), seltner Natron salicyl. gegeben wird; benutzt v. Z. die massiven Sonden von Bouchard bei intensiven Seitenschmerzen und dazu sich gesel­ (aus Gummi gefertigt und unten konisch zugespitzt). lendem starken Hustenreiz wird Morphium in kleinen, Die Dauer ihrer Einlegung betreffend, hält v. Z. im aber häufigen Dosen (0.02 g pro die) innerlich ge­ Allgemeinen an dem Grundsätze fest, dass dieselben geben , in Einzelfällen auch subcutan am Orte des nicht lange genug liegen bleiben können. [Kris- Schmerzes angewendet. Um die Energie des Her­ h a b e r liess bei einer an Carcinom des Oesophagus zens aufrecht zu erhalten, sind spanischer Wein, leidenden Pat. die durch die Nasenhöhle in den Cognac, Stokes'sehe Mixtur, bei drohender Herz­ Magen eingeführte Sonde 305 Tage liegen!] — paralyse Oleum camphoratum subcutan (2— 10 g, Fall 40 betrifft ein Ulcus ventriculi rotundum, bei ja bis zu 4 Spritzen auf einmal) angezeigt. Die Diät dessen Behandlung v. Z. in erster Linie auf absolute besteht vorzugsweise aus möglichst viel flüssiger — körperliche sowohl, wie psychische — kuhe des Nahrung (Milch, kräftige Suppen mit Eigelb, Bier) Pat. bedacht ist und zu diesem Zwecke, wenn nöthig, und, sobald sich wirklicher Appetit einstellt, aus kräf­ Narkotika subcutan anwendet, sodann Eis innerlich tiger consistenter Nahrung. — Eiu Fall von Empyem und äusserlich, in Eis gekühlte Milch, später lau­ bei Typhus abd. eines 19jähr. Mädchens (Nr. 29) warme mit Amylum abgerührte Fleischbrühe, starken endete mit Genesung nach linkseitiger Schnittopera­ Wein, Schaumwein verordnet, und vom 6.—8. Tage tion mit Contraincision und Drainage, Ausspülung ab eine milde Karlsbader Kur einleitet; eintretende mit Carbol- und Borsäurelösung, unter Listerver- Stuhlverstopfung ist nur durch Klystire zu beseiti­ band. gen, alle Abführmittel sind streng zu vermeiden. — Unter den Krankheiten der Cirkulationsorgane Fall 41 und 42 betreffen Peritonitis acuta diffusa, (Abschnitt 4. Nr. 30—37) finden wir 5 Fälle von im erstem Falle mit doppelseitiger Pleuritis exsuda­ Endokarditis (Nr. 30—34), deren erster, als „ulce­ tiva complicirt, im ändern auf rheumatischer Basis rosa“ bezeichnet, durch kryptogenetische Septiko- fussend. Bei der Behandlung der Peritonitis hält pyämle und Embolie der Art. fossae Sylv. lethal v. Z. ruhige Lagerung der Pat. und Ruhigstellung endete, während der zweite in Folge von akutem des Darms für das erste Erforderniss, zu welchem Gelenkrheumatismus, der dritte, zugleich mit Peri­ Zwecke 5 Tropfen Tinct. thebaica 1— 2stündlich karditis, als Complikation von Typhus abd. auftrat, (bei Erbrechen per anum) verabreicht, zur Stillung der vierte als Myo-Endokarditis lethal endete. Der der Schmerzen Eisblasen auf den Bauch gelegt, auch 5. stellte eine chronische Endokarditis mit Insufficienz Morphiuminjektionen gemacht wurden. Werden die der Mitralklappen und Stenose des Ostium venosum Eisblasen nicht vertragen, so tlmn an deren Stelle sin. dar; bei der Sektion fand man hämorrhagischen oft auch warme Kataplasmen, sowie örtliche Blut­ Lungeninfarkt, Granularatrophie der Nieren und Sy- entziehungen (4— 8 Blutegel) gute Dienste. Gegen philome der Leber.— Von 3 Fällen von Perikarditis die mit der Peritonitis meist verbundene, oft deren entwickelten sich 2 nach Gelenkrheumatismus, wäh­ Ursache bildende Obstipation werden Eingiessungen rend der 3. als P. haemorrhagica bei Fettherz zur von 1 Liter lauwarmen Wassers mit 15—20 Gtt. Beobachtung kam. — Ein weiterer Fall von Fett­ Tinct. thebaica, später mit 20—30g Ricinusöl ge­ herz war mit Lebercirrliose und hochgradigem Asci­ macht , bis die spontane Darmthätigkeit wieder be­ tes complicirt, so dass wiederholte Punktionen (mit ginnt. Auch hier werden nur flüssige Nahrungs­ Abgang von je 10— 11 Liter Flüssigkeit) notwen­ mittel verabreicht und Excitantien (Alkoholika, Thee, dig waren, ohne wesentliche Erleichterung zu ver­ Schaumwein) von Anfang an gegeben, bei eintreten­ schaffen. dem Collapsus neben letzteren Kampherinjektionen 220 Koenig, Tuberkulose der Knochen u. s. w. gemacht. — Fall 43 betrifft ein Pneumopyoperito- der Fälle der Sektionen keine anderweitigen Erkran­ näum mit consekutiver Septikopyämie und metasta­ kungsherde, nie sah er Tuberkulose bei Neugebor- tischen Abscessen in der phthisischen Lunge; Fall 44 nen und hält diese für keine Krankheit, die sich wie einen chronischen Ikterus aus unbekannter Ursache Syphilis schon im ungebornen Menschen fortpflanzt. mit Leber- und Milztumor, Hypertrophie des linken Allerdings haben Manche eine bestimmte Disposition, Ventrikels und Magenerweiterung. Unter Nr. 45 u. die sich durch Elend steigert, vor der aber die beste 46 sind 2 Fälle von Lebercirrhose erwähnt. Im Ernährung andererseits nicht schützt, und für diese lethal endenden ersten derselben wurde bei der Sek­ kann man allenfalls die besser ganz aufzugebende tion neben Anämie und allgemeiner Atheromatose Bezeichnung „Scrofulose“ noch benutzen; die mei­ Myodegeneratio cordis, Cirrhosishepatisu. Schrumpf­ sten sogen. Scrofulösen sind schon Tuberkulöse (Lu­ niere , sowie Hirnödem und geringgradiger Hydro- pus). Die Behandlung der Gelenktuberkulose muss thorax gefunden. Im 2. dagegen trat unter Anwen­ stets eine möglichst gründliche Entfernung der er­ dung von Pilocarpin nebst Kastendampfbad, später krankten Synovialis anstreben, wobei die EsmarcJi- von Digitalis und Liq. Kali acet. eine wesentliche, sche Blutleere ein vorzügliches Hülfsmittel ist. Diese länger dauernde Besserung ein. Krug. Behandlung mit nachheriger energischer Auswaschung mit 5proc. Carbollösung, Jodoformeinreibung, Drai­ 72. Die Tuberkulose der Knochen und Ge­ nage und sorglicher antiseptischer Nachbehandlung lenke. Auf Grund eigener Beobachtung dehnt K. auch auf den Hydrops tub. aus, da die bearbeitet von Geh. M.-R. Prof. Dir. Dr. F. frühem Injektionen und Ausspülungen nicht erfolg­ Koenig. Berlin 1884. A. Hirschwald. . 8 reich waren. — Bei Besprechung der einzelnen VII u. 169 S. mit 18 Holzschn. (4 Mk.) Symptome hebt K. hervor, dass Fieber durch die Ein ausführliches Werk, in dem K. seine reiche Bacilleninvasion an sich nicht erzeugt wird, vielmehr Erfahrung über Knochentuberkulose mittheilt, muss meist auf Eiterung in den Tuberkelgranulationen, die Aerzte in hervorragendem Maasse interessiren, septische Processe in den Bronchien u. s. w. zurück­ zumal darin für die Therapie viele neue Gesichtspunkte zuführen ist. Die abnorme Stellung der Gelenke ist sich finden. Ref. glaubt durch nachfolgende Ueber- in der Regel zuerst eine vom Pat. gewollte, die all­ sicht des Inhalts am besten darzuthun, wie sehr dasselbe mälig zur dauernden Contrakturstellung wird. K. zum eigenen Studium empfohlen zu werden verdient. unterscheidet Destruktionscontrakturen von den wirk­ K. bespricht zunächst das Auftreten der Tu­ lichen patholog. Luxationen, bei welchen letztem ein berkulose im Knochen in drei Formen, dem kleines Trauma die Luxation herbei führt. — In Be­ (häufigsten) tuberkulösen Granulationsherd, der tub. zug auf die Diagnose werden der Hydrops tub. und Nekrose und der seltenen progressiven infiltrirenden die trocken granulirenden Processe, Caries sicca, am Tuberkulose, und die verschiedene Art des Verlaufes. leichtesten verkannt. — Der Verlauf ist bei keiner Betreffs der Gelenktuberkulose weist K. darauf Form der Tuberkulose, in keinem Organ typisch, hin, dass die grosse Mehrzahl der früher als Fungus, die Möglichkeit lokaler Ausheilung jedoch nicht aus­ Gliedschwamm u. s. w. bezeichneten Affektionen tu­ geschlossen. K. erwähnt betreffs der Allgemein­ berkulöser Natur ist, meist von Knochenherden aus­ behandlung , dass er von Arsen keinen Erfolg sah, gehend, bei deren Lage es sich oft blos um Linien­ von Jodpräparaten sich mehr verspricht (Syrup. ferri breite handelt, ob schwere Gelenktuberkulose oder jodati), wenig von Seeluft, mehr vom Höhenklima ein parostealer Abscess eintritt; doch kann auch die hält. Für die Lokalbehandlung ist absolute Ruhe Synovialis primär erkranken. Die Synovialtuber­ von grösster Bedeutung, operative Eingriffe sind nur kulose kann als Hydrops tuberculosus oder als gra- auf Grund des lokalen Befundes, nicht wegen Gefahr nulirend tuberkul. Gelenkentzündung auftreten, es allgemeiner tuberkul. Infektion auszuführen, jeder kann bei derselben zu mannigfachen Gerinnungspro­ diagnosticirte grössere Herd innerhalb eines Knochens dukten (Corpora oryzoidea), oder zu Eiterung (Em- oder Gelenkes bedarf zu seiner Heilung eines opera­ pyema art. tuberc.) kommen, während eine mehr tiven Eingriffes, der durch Eiterung, Fisteln oft noch lokale tuberk. Infektion zur Synovitis tuberc. führt. besonders indicirt ist. — Die Amputation ist bei Der Nachweis der Bacillen gelingt nur in wenigen ältern Individuen mit schwerer Organtuberkulose der Fällen von Knochentuberkulose, doch genügt schon Lungen oder Harnwege, bei schwer septisch gewor­ der histologische Befund, d. h. der Nachweis des denen Gelenken und bei Nephritis bei eiterndem Ge­ charakteristischen Tuberkelgewebes, zur Diagnose, lenk indicirt. Im Uebrigen hat sich der Eingriff da­ zumal wenn der Knochen auch makroskopisch die Zei­ rauf zu beschränken, die erkrankten Gebiete in chen der Tuberkulose trägt. Von grösser diagno­ Knochen oder Gelenk zu entfernen, vom Gelenk zu stischer Bedeutung kann das Thierexperiment sein, schonen, was möglich, ohne Krankes zurückzulas- indem man z. B. eitrigen Inhalt eines Gelenks u. s. w. sen, somit ist die typische Resektion auszuführen. in das Auge, die Bauchhöhle oder ein Gelenk eines K. bespricht die Zulässigkeit der einzelnen Ein­ Kaninchens impft und den Effekt beobachtet. Tu­ griffe, wann blos Incision von Abscessen, Auskratzung berkulose kann sich im Knochen primär oder sekun­ von Fisteln u. s. w, indicirt ist. Die Resektion be­ där als Metastase entwickeln (letzteres nach Lungen­ schränkt K. auf alle schwere Formen von Gelenk­ tuberkulose; Pyelonephritis etc). K. fand in 21 °/0 tuberkulose, solche, die mit Contraktur und Deformi- Koenig, Tuberkulose der Ivnoclicn u. s. w. 221 tat (pathol. Luxatiou) verbunden sind, auf Fälle mit ter zu das Aufsuchen des Herdes und die Aus­ ständigem Fieber, grossen, kalten Abscessen, sowie räumung des tuberkulösen Ganges mit Meissei oder auf schwere, zu Verkäsung tendirende Fungi, die Löffel schon eine sehr dankbare Operation ; seltner rasch das Gelenk schlotterig machen und trotz sach- gelingt es, an der Pfanne solche tuberkulöse Herd- gemässcr Conservativbehandlung nicht rückgängig proccsse nachzuweisen und zu entfernen. werden. Betreffs der Resektionstechnik betont K., Auch die Tuberkulose des Kniegelenks zeigt dass Bänder und Periost in der Regel geschont wer­ sich in sehr mannigfachen Formen; ganz leichte den können, die Blutleere die Operation erleichtert, Formen und solche ähnlich der Caries sicca sind Jodoform und antiseptische Nachbehandlung den sehr selten, die weichen Formen mit den massen­ reaktions- und sekretlosen Verlauf sichern. haften Granulationen, lokaler Verkäsung und Ab- Die Schilderung der Tuberkulose an den haupt­ scesscn vorwiegend. Von den innerhalb 10 Jahren sächlichsten Gelenken beginnt K. mit dem Hüft­ in der Göttinger Klinik an Kniegelenkstuberkulose gelenke. Hier kommen verschiedene Formen von (mit oder ohne Operation) behandelten Kr. sind den leichteren, trocknen, zu narbiger Schrumpfung 20°/0 gestorben. In den anscheinend leichten Fällen führenden Knochenherden, bis zu den schweren, ist der Ausgang unter Conservativbehandlung bei rasch mit Abscedirung verlaufenden Fällen vor, einem Drittel befriedigend (etwa 8°/0 sämmtlicher fast in der Hälfte der Fälle sind Pfannenherde der Fälle), bei den übrigen wird Resektion und Ampu­ Ausgangspunkt. — Die Indikation zur Resektion tation erforderlich. König fand nach den Re­ bieten schwere Ostealprocesse, Spontanluxationen, sektionspräparaten von 118 Fällen 69 primär besonders wenn Fisteln und Abscesse vorhanden sind. osteale, 33 synoviale Fälle, während 16 zweifelhaft Dieselbe ist auch bei Kindern sehr nützlich, da eine blieben; dabei ist das Verhältniss auffallend ver­ wesentliche Wachsthumsbeschränkung danach nicht schieden im verschiedenen Alter, indem bei älteren cintritt; K. hat die Resektion schon an 1 ij2— 2jähr. Individuen die ostealen Formen beträchtlich über­ Kindern mit Erfolg ausgefühlt. Betreffs der Tech­ wiegen. — nik der Hüftresektion räth König, in d. R. den Die Amputation beschränkt K. auf die schweren Langenbeck’schen Längsschnitt sofort bis auf Fälle bei alten Leuten, bei gleichzeitiger Lungen­ den Knochen und bis in das Gelenk hinein zu führen. tuberkulose und Nierenphthise, bei schweren sep­ Nur ausnahmsweise wird der Kopf ausserhalb des tischen Zuständen, grösser Deformität etc. Die Gelenks abgesägt; K. ist sogar, abgesehen von den übrigen Fälle fallen bei Erwachsenen der Resektion Fällen von Erkrankung des Trochanter, ganz davon zu; bei Kindern giebt dagegen die Resektion bis abgekommen, letzteren primär zu entfernen. Er etwa zum 10. Jahr wegen der danach eintretenden schneidet die Muskeln von demselben nicht ab, son­ Wachsthumstörungen schlechte Resultate. K. führt dern schlägt mit einem breiten Meissei vom vordem daher i. d. R. dieselbe erst nach dem 14. Jahr aus, und hintern Rande des Trochanter ein Stück los, und beschränkt sich bei jungen Kindern auf die Aus- das nach aussen gebrochen wird, sodass es noch löfflung circumscripter Abscesse mit Jodoformbe­ mit dem Schaft nach unten in Verbindung bleibt, an handlung u. auf die gleiche Behandlung von Knochen­ dem somit die Muskelinsertionen hängen bleiben. herden. Man kann nach K. zufrieden sein, wenn Die stehenbleibende schmale mittlere Zone des man durch die Knieresektion bei mehr als der Hälfte Trochanter wird schief nach dem Schenkelhals hin der Operirten in kurzer Zeit, und etwa bei einem abgetragen, wodurch der Schenkelhals und das Ge­ Drittel der übrigen noch binnen Jahresfrist ein lenk viel zugänglicher werden, sodann wird der günstiges Resultat erzielt; die Sterblichkeit ist in Hals mit dem Elevator freigemacht und vorsichtig den ersten 5 Jahren nach der Operation immer noch mit der Stichsäge abgesägt, endlich der Kopf mit eine sehr grosse (12—15°/0), von 100 mittels Knie- einem hebelartigen Instrument herausgehebelt. Zum resektion Operirten sind etwa nach 5 Jahren noch bessern Uebersehen der Pfanne entfernt K. i. d. R. ein 75—80 am Leben. Mit den funktioneilen Resul­ entsprechend grosses Stück vom hintern, obern taten der Resektion ist K. im Ganzen zufrieden, Pfannenrand und entfernt krankhafte Theile am indem in der grossen Mehrzahl der Fälle Heilung Pfannenboden mit dem scharfen Löffel; ein Ilia- mit Ankylose eintrat. Die Exstirpation der er­ calabscess wird gleichzeitig von vorn eröffnet, sodass krankten Synovialtaschen ist mit die Hauptauf­ man seine Innenwand von tuberkulöser Granulation gabe der Resektion, die Schnittführung nicht sehr säubern kann. Nachdem von den knöchernen Theilen wesentlich. K. ist mit der Durchsägung der Pa­ des Gelenkes alles Kranke entfernt worden ist, wird tella nach Volkmann im Ganzen sehr zufrieden, die erkrankte Synovialis mit einer derben C o o p e r die Partialoperation ohne Resektion, die K. bei sehen Scheere und Pincette herauspräparirt, worauf schwerer Knieerkrankung junger Kinder, ausnahms­ gründliche Desinfektion, Jodoformeinpulverung (i. d. weise bei Erwachsenen ausführt, beginnt bei blutleer R. 5 g), Drainage und Listerverband applicirt wird. und aseptisch gemachtem Glied mit einem leicht Unter 122 in K’s. Klinik behandelten Fällen von nach hinten bogenförmigen Schnitt, der vorn an der Coxitis ist in 50 die Resektion schlüsslich ausge­ Tibia beginnt, das Gelenk überschreitet und sich führt worden. — Bei schweren Ostcalprocessen im am Oberschenkel wieder nach der Mittellinie wendet. Schenkelhals ist bei Durchbruch nach dem Trochan­ Von einem solchen aus (und bei ausgedehnter Er­ 222 Nagel, Mittheilungen. krankung mit Zuhülfenahme eines kleinen lateralen verwechselt wird, obgleich sie vorwiegend bei jungen Längsschnitts) lässt sich die Exstirpation der Syno­ Individuen beobachtet wird. Das charakteristische vialis leicht ausführen, indem man dabei den Streck- Tuberkelgewebe lässt leicht die tuberkulöse Natur apparat mit der Patella nach der Seite luxirt, während der Affektion erkennen. In Bezug auf die Behand­ ein Einschneiden des Lig. lat. int. nnd der Kreuz­ lung neigt sich K. wieder mehr der Exstirpation des bänder, wenn nöthig, noch in ausgedehnterer Weise erkrankten Kopfes und der Synovialis zu, da spon­ die Theile dem Auge zugänglich macht. — tane Ausheilungen zwar Vorkommen, aber nicht Betreffs der Tuberkulose des Tibiotarsalge- constant sind; nur bei floriden Phthisen mit Caries lenks gehen die Meinungen der Chirurgen sehr aus­ sicca soll die Operation lieber vermieden werden. einander, jedenfalls sind primär osteale Processe Uebrigens sah K. in einem solchen Falle ohne Ope­ häufiger, als primär synoviale. Typische Ostealer- ration in Davos rasch Heilung eintreten. Eine krankungen treten z. B. als Keilsequester am untern weitere Form der Schultergelenkstuberkulose tritt Ende der Tibia, als Herde am Gelenkrand der als sog. Caries carnosa auf, d. h. als tuberkulöse Knöchel auf, und durch Entfernung solcher ist all­ Synovitis mit Ostitis granulosa tub. des Humerus­ gemeine Erkrankung des Gelenks häufig verhütet kopfes, die sich als granulirende Tuberkulose des worden. Ebenso typisch sind Herde im Talus­ Marks in den Schaft verbreiten kann. Schwere körper oder -Hals und von diesen erfolgt die Per­ osteale Processe, die ohne Resektion beseitigt werden foration meist nahe der Grenze der Synovialinsertion können, sind an der Schulter nicht häufig, doch lassen in das Gelenk, häufig kommen auch Knochenherde sich von Fisteln aus öfters tuberkulöse Herde, die im Fersenbein vor, die in das Talocalcaneusgelenk nicht in das Gelenk durchgebrochen sind, entfernen, durchbrechen können. Charakteristisch für alle diese besonders bei Kindern solche in der Epiphysenlinie. Fälle ist ein auffallend rasches Malacischwerden In einem Fall erzielte K. durch Entfernung eines des Knochens mit Verlust seines Knorpelüberzugs tuberkulösen Sequesters aus dem Gelenk günstigen (Caries) und rasches Ueberwuchern in benachbarte Erfolg. Gelenke. Verhältnissmässig häufig gesellt sich Ei­ Von Ellbogengelenk-Tuberkulose fand K. unter terung hinzu. Die meisten Fälle erfordern opera­ 52 Operationsfällen der Göttinger Klinik 10 syno­ tive Eingriffe, die Prognose ist jedoch nicht schlimmer, viale, 42 osteale; am seltensten sind die Knochen­ als bei ändern Gelenken. K. empfiehlt weder herde am und im Radius (nur lmal), am häufigsten H ü t e r ’s Methode, noch die Absägung des Calcaneus in der Ulna (22mal), besonders im Olecranon und nach Busch, noch die Resektion des Talus nach im Humerus (17mal), dieselben liegen in der Mehr­ V o g t als allgemeine Resektionsmethode. Er räth, zahl der Fälle innerhalb des Gelenks, verhältniss­ 2 seitliche Längsschnitte an der vordem Fläche zu mässig häufig am Rand der Synovialinsertion, zu­ machen, wonach die durch dieselben umschriebne weilen auch mit weit hinauf, ja bis in die Markhöhle vordere Decke des Gelenks mit allen Weichtheilen sich erstreckenden tub. Infiltrationen. Die Con- so emporgehoben wird, dass man Talus und Tibia servativbehandlung giebt hier durchaus zweifelhafte mit ihren Gelenkflächen übersieht. Lokaloperationen Resultate; K. erwähnt, dass er in vielen Fällen, in kann man von diesen Schnitten aus leicht ausführen, denen Baum conservative Behandlung geübt hatte, resp. die erkrankte Synovialis entfernen. Ist Re­ später die Resektion ausführen musste. Die Re­ sektion nöthig, so lassen sich die seitlichen Stützen sektion ist bei allen erheblichen fungösen Erkrank­ des Gelenks erhalten, indem äussere Schalen der ungen auszuführen und liefert gute Resultate, zumal Knöchel derart vom Knochen losgebrochen werden, wenn man bei der Langenbeck’schen Methode dass sie nach oben mit Periost und Corticalis, nach auch hier die Epikondylen abmeisselt und das Ole­ unten mit dem Bandapperat in Verbindung bleiben. cranon als Knochenschale mit Triceps und Periost Hierauf löst man die Knöchel mit dem der äussern in Verbindung lässt und abhebt. Aber auch Lokal­ Fläche aufgesetzten Meissei ab, durchtrennt die operationen bieten hier besonders günstige Aussicht Tibia in der gewünschten Ausdehnung mit einem (besonders an der Ulna); in der Göttinger Klinik breiten Meissei, exstirpirt die Synovialreste, drängt wurden dieselben fast ebenso häufig als die Resek­ die Knöchelplatten, nach Ausspülung, Drainirung tionen seit den letzten 4 Jahren ausgeführt (22mal; u. Einreibung von Jodoform gegen die Mittellinie zu­ llm al an der Ulna, lOmal am Humerus, lmal am sammen und legt einen antiseptischen Compressiv- Radius; darunter 14 Heilungen, zum Theil mit voll­ verband an. Diese Operation hat K. sehr gute kommen intaktem Gelenk). Resultate gegeben; unter etwa 30 Fällen, von denen Schreiber, München. 6 als noch zu frisch, nicht in Betracht kommen, ist ungefähr in der Hälfte sehr vorzügliche Heilung er­ 73. Mittheilungen aus der ophthalmiatri- zielt worden. schen K linik in Tübingen. Herausgegeben Das Schultergelenk wird verhältnissmässig sehr von Dr. Albert Nagel, o. Prof. d. Ahkde. selten von Tuberkulose befallen. Am häufigsten u. Vorst. der ophthalmol. Klinik an d. Univ. kommt die charakt. Form der Caries sicca vor, die Tübingen. Zweiter Band. Erstes Heft. Mit unter allmälig eintretender Atrophie zur Verkürzung 2 lithogr. Taf. u. 5Holzschn. Tübingen 1884. führt und häufig mit Rheumatismus oder Neuralgie H. Laupp. 8. 166 S. (4 Mk.) Kölligstein, Anomalien d. Refraktion. 223

Der Inhalt des vorliegenden Heftesl) lässt sich dass ein Venenstiick breiter und dunkler wird, an in der Kürze in Folgendem zusammenfassen. dieser Stelle findet Rückstauung des Blutes statt. Georg Lutz giebt eine umfassende Zusam­ An einer und derselben Vene können beide Formen menstellung über Augenerkrankungen während der Vorkommen. Gravidität und im Puerperium (p. 1—43). Be­ G. F. A. Appenzeller hat über das Vor­ sonders sind hervorzuheben die Retinitis und Urämie kommen von erblichem grauen Staar die in der in Folge von Albuminurie, welche erstere zuweilen Literatur sich vorfindenden Beobachtungen gesam­ zu einer prognostisch günstigen Form von Netzhaut­ melt (p. 120— 144). Er fügt folgende 9 eigene ablösung führt ; selten kommt Erblindung in Folge Beobachtungen hinzu. von Ikterus während der Schwangerschaft vor; 1) Zwei Schwestern u. ein Bruder, im 20. bis 30. J. puerperale Affektioneu führen zuweilen zu Netzhaut­ staarkrank geworden, vier Geschwister haben gesunde Augen. Vater und Mutter gesund, nicht blutsverwandt. blutungen oder zu metastatischer Panophthalmitis; 2) Sämmtliche 3 Kinder einer Mutter aus zweiter Eho Neuritis optici mit allmäliger Verschlechterung des hatten Cataracta congenita. Vater u. Mutter Geschwister­ Sehvermögens bei jeder folgenden Schwangerschaft kinder. Die Kinder der ersten Ehe hatten gesunde Augen ist selten; sehr selten ist akute Erblindung p. p. gehabt. 3) Mutter von 6 Kindern, das 4. und 5. war mit durch Embolie der Netzhautarterien; häufiger sind Staar behaftet, bei dem 5. bestand Mikrophthalmus. Die vorübergehende Amaurosen oder centrale Skotome Schwester der Mutter hatte auch ein blindes Kind. ohne ophthalmoskopischen Befund, auch die Form 4) Von einem staarkranken Vater stammten 7 Kinder der Hemeralopie kommt vor. Glaukom, Glaskörper­ (3 Kn., 4 M.), von denen 4 (2 Kn., 2 M.) ebenfalls staar- leidend, angeblich von Geburt an, waren. Die Gross­ blutung, Netzhautblutung wurde auch zuweilen wäh­ mutter war angeblich gesund gewesen, ebenso ihre rend der Gravidität beobachtet. In Folge lange fort­ 4 Töchter. Dagegen hatte der Urgrossvater, der Bruder gesetzten Säugens sollen auch hartnäckige Binde­ der Grossmutter und der Sohn dieses Bruders ebenfalls haut- und Hornhautentzündungen Vorkommen. Eine schlechte Augen gehabt. 5) In einer Familie stammte die Disposition zu Staar Anzahl dieser Krankheitsgruppen wird durch Mit­ vom Vater, während von mütterlicher Seite her eine Miss­ theilung neuer Fälle erläutert. bildung an den Fingern hinzugekommen war. Im Ganzen Dr. Schleich hat die Augen von Neugebornen hatten 2 Männer und 1 Frau Staar, 5 Frauen und 1 Mann ophthalmoskopisch untersucht, und zwar bei 150 Missbildnng der Finger, bei 1 Frau waren beide Fehler combinirt. Kindern am 1. bis 8. Tage nach der Geburt. Er 6) Von 5 Brüdern hat der dritt- und viertgeborne fand stets hyperopische Refraktion (p. 44— 56). Staar, das 6. Kind, eine Schwester, ist gesund. Der [Insofern aber Schl, diesen constanten Befund gegen Vater hatte ebenfalls angebornen Staar. die Annahme der Möglichkeit einer angebornen Kurz­ 7) Vater und Kind mit congenitalem Staar behaftet. Der 3jähr. Knabe hatte erst 12 Zähne, vorspringenden sichtigkeit verwerthet, vermag Ref. diesem Schluss Gesichtsschädel, Intelligenz zurückgeblieben. Keine Bluts­ nicht beizustimmen. Mit grösser Wahrscheinlichkeit verwandtschaft der Grosseltern, auch die Geschwister des ist nämlich anzunehmen, dass die Eltern der in Ge­ Vaters gesund. bärhäusern gebornen Kinder nicht kurzsichtig sind, 8) Mutter im 54. Jahre staarblind, eine Tochter vor dem 25., ein Sohn im 35. Jahre ebenfalls staarleidend mindestens keine irgendwie hohen Grade von Myopie geworden. darbieten.] Als pathologischer Befund ist die ziem­ 9) Zweijähr. Knabe nach einer schweren Erkrankung liche Häufigkeit von Netzhautblutungen zu erwäh­ staarblind geworden. Mutter und Grossmutter stottern, nen, die Kindeslage, sowie die Kunsthülfe schien auf eine Tante hat zu kurze Finger. das Vorkommen ohne Einfluss zu sein, wohl aber Zur Xerosis conjunctivae bemerkt Dr. Schleich waren sie besonders bei solchen Kindern zu finden, (p. 145— 182), dass die nach Neisser sich dabei deren Mütter enge Becken hatten. Für die gericht­ vorfindenden Bacillen auch bei ganz leichten chro­ liche Medicin ist nicht ohne Interesse das öftere Vor­ nischen Conjunctiviten in dem weisslichen, schaumi­ kommen von Pupillenmembran (13mal unter 300 gen und fettigen Sekrete Vorkommen, das sich in Augen), mit nur zwei Ausnahmen waren die Kinder und an den Lidwinkeln ansammelt. Es scheint nacli vollständig reif, hatten sogar im Durchschnitt ein dieser Mittheilung, dass die betr. Organismen für hohes Körpergewicht. die mit Hemeralopie verbundene Xerosis keine spe- Dr. LeopoldWeiss giebt ausführlich (p. 57— cifische Bedeutung haben. 82) die Data des Sektionsbefundes von zwei kurz­ Es folgen noch einige kleinere Mittheilungen von sichtigen Augen im Anschluss an seine Mittheilung Prof. Nagel (p. 152— 166) über postdiphtheri- im 3. Hefte des 1. Bandes. tische Augenaffektionen (Amblyopie, Neuroretinitis), Friedrich Eppler stellt die verschiedenen pathologische Cirkulationsphänomene in der Horn­ Ansichten über den Venenpuls in der Retina zu­ haut und über das Gewicht der mit der Kapsel sammen (p. 83— 119). Er unterscheidet 2 Haupt­ extrahirten Katarakten. Geissler. formen: a) die pulsatorische Verengerung, die auf eine grössere oder kleinere Strecke des Venenrohrs 74. Die Anomalien der Refraktion und Ac- beschränkt ist; b) die pulsatorische Erweiterung, so commodation. Praktische Anleitung zur Bril­ lenbestimmung von Dr. L. Königstein in «) Vgl. Jahrbb. CLXXXVI. p. 218; CLXXXVII. Wien. Mit 14 Holzschnitten. Wien 1883. p. 311 ; CXCV. p. 294. W. Brniimilller. 8. 69 S. (2 Mk. 40 Pf.) 224 Hesse, Krankenanstalt. — Miscellen.

Trotz den zahlreichen Schriften, welche für Stu- Anstalts-Inspektor. 1884. K. Hof- dirende und praktische Aerzte über die optischen Buchdr. von C. Friese, (geb. 2 Mk.) Fehler des Auges u. über die Anomalien der Accom- Die vorliegende Schrift zerfällt in folgende Ab­ modation bereits erschienen sind, sucht sich doch schnitte. immer wieder eine neue Bahn zu brechen. In der I. Geschichtlicher Ueberblick. — II. Beschrei­ vorliegenden Schrift ist die Form des akademischen bung der Anstalt, resp. der einzelnen Gebäude. — Vortrags gewählt, und zwar mit Krankenvorstelluug ; III. Einzelheiten der Einrichtung: Ventilation und die wichtigsten Sätze der Diagnostik und der Thera­ Heizung; Zu- u. Abführung des Wassers; Beleuch­ pie, welche letztere hier vornehmlich in der Wahl tung; Desinfektions-Apparate. — IV. Verwaltung. der richtigen Brille besteht, werden gleich klinisch Hierunter ist besonders hervorzuheben: Aufnahme- am conkreten Fall erläutert. Bedingungen; Belegungs-Verhältnisse; Bäder; Arz­ Das Ganze empfiehlt sich durch die Kürze und neien, Instrumente, Bandagen; Verpflegung. durch die Vermeidung allzu mathematischer Details Die Beilagen umfassen die Aufnahme-Bedingun­ den praktischen Aerzten. Der Vf. hat noch die alte gen für zahlende K r., das Gesindekrankenkassen- Brillenbezeichnung nach Brennweiten in Zollen bei­ Regulativ, die Verhaltungsvorschriften für die Kr., die behalten, wie wir meinen, mit Recht, doch ist für GeschäftsanWeisung für die Organisation des ärztli­ jeden Fall die Bezeichnung nach der Brechkraft in chen Dienstes, die Instruktion für das Wartepersonal, Dioptrien des Metersystems in Klammern beigefügt, den Speisetarif, Statistisches über Frequenz und Ge- auch auf Seite 6 die Methode der Umrechnung kurz sammtkosten und die Durchschnittskostenberechnung. und bündig angegeben. Zu wünschen wäre viel­ leicht , dass auch noch Einiges über Brillenfassung, Ausserdem sind noch 19 Figurentafeln beige­ Form der Brillengestelle, Wahl der Glassorten und geben, welche die Situationspläne, die einzelnen bau­ ähnliche Kleinigkeiten, die aber manchmal recht lichen Einrichtungen, die Caloriferes, die Brennkam­ wichtig sind, hinzugefügt worden wäre. mer und das Wasserbett mit grösster Genauigkeit Die Ausstattung des Büchleins ist eine ganz vor­ darstellen. treffliche. Geissler. Wir glauben, dass schon diese Angabe des In­ halts der fleissigen Schrift zur Genüge darthut, in 75. Die Krankenanstalt der Stadt Magde­ wie vielfacher Hinsicht dieselbe von Interesse ist. burg und ihre Einrichtungen; von J. Hesse, Aufrecht.

D. Miscellen. Bei dem hohen Interesse, welches das Vorkommen Ueber Trichinen in Russland macht M. Nebykow der Trichinen ausserhalb Deutschlands gegenwärtig dar­ (Wratsch 34. 35. — Petersb. med. Wchnschr. N. F. I. bietet, theilen wir folgende Beobachtungen als Nachtrag 49. p. 493. 1884) folgende Mittheilungen. Zuerst fand zu Dr. Meissner’s Berichte über die Trichinenfrage (s. Prof. Eudnew im J. 1865 in Petersburg Trichinen in oben S. 201) hier kurz mit. einer Leiche : die erste wohl beobachtete Gruppenerkran­ Dr. S. B. Welch und Dr. Mc Caskey (Transact. kung kam 1873 in Petersburg vor. In Moskau erkrank­ of the med. Soc. of the State of Pennsylv. XVI. p. 518. ten im J. 1874 etwa 60 Personen an Trichinose (ohne To­ 1884) theilten in der Washington County med. Soc. aus desfall), ferner wurden Trichinenepidemien beobachtet in einer Reihe von 14 Fällen von Trichinose 6 ausführ­ Petersburg (1881), in Riga. In Jarosslawl hatte Prof. licher mit. Krylow bereits 1866Trichinen in Ratten gefunden, des­ In einer in der Nähe von Courtney lebenden Familie gleichen Ladin in Charkow 1875. Alexander und war eine Art Salat aus rohem Schweinefleisch, Zwiebeln Favre fanden unter den 1875 in Charkow untersuchten und Kartoffeln bereitet, von 14 Personen verzehrt worden. Schweinen trichinös 1: 782. Der erste constatirte Fall Alle erkrankten mehr oder weniger stark, je nachdem sie von Trichinose in Südrussland kam 1876 in Charkow vor, mehr oder weniger von dem Gerichte gegessen hatten, wo Prof. Krylow in einer unter den Symptomen von mit den unverkennbaren Symptomen der Trichinose. Von Puerperalfieber Verstorbenen Trichinen fand. Nebykow 4 Erkrankten, die von Dr. Emmet Welch in Latrobe beobachtete im J. 1884 im Verein mit Semenow und behandelt wurden, starb einer und die mikroskop. Unter­ Washenow in Nowo-Tscherkask (im Lande der Don­ suchung ergab massenhafte Trichinen im Gastrocnemius. kosaken) 9 Erkrankungen, alle mit Ausgang in Genesung. Unter den 6 von W. u. McC. mitgetheilten Fällen hatten Die Untersuchung aller Fleischwaaren in dem Orte er­ 3 tödtlichen Ausgang. Jn den 3 ändern Fällen glauben gab 1 trichinöses Sehwein auf 288 gesunde. Die Unter­ W. u. McC. für die Rettung des Lebens der Kr. dem suchung auf dem Petersburger Schlachthofe ergab vom Umstande Bedeutung beilegen zu müssen, dass diese 31. Mai 1882 bis 1. Jan. 1883 1 trichinöses Schwein während ihrer ganzen Krankheit im Stande waren, hin­ auf 394.8, im J. 1883 1:797. N. schliesst daraus, reichende Nahrung zu sich zu nehmen. Vier Personen, dass die Trichinen in Russland noch viel häufiger Vor­ die nur wenig von der Mahlzeit genossen hatten, erkrank­ kommen al3 in Deutschland und hält die Einführung ten auch, aber in schwächerem Maasse, ohne bettlägerig der obligatorischen Fleischschau im russischen Reiche für zu werden. angezeigt. 584. Raynal, E. Peritendinöse Phlegmone im Bereich 590. Wiglesworth, J. Ueber die Pathologie bei gewissen der Achillessehne. S. 186. Fällen von Melancholia attonita oder Dementia acuta. 585. Bergstrand, A. Zur Casuistik der Trepanation. S. 193. S. 187. 591. Kirn. Ueber Chloralpsychosen. S. 195. 586. Zur Casuistik der Fremdkörper. S. 187. 592. O’Brien, J. A. Ein merkwürdiger Fall geistiger Störung. S. 195. V I I . Psychiatrie. 587. Wijsman, J. W. H. Ueber Hallucinationen. S. 190. V I I I . Medicin im Allgemeinen. 588. Wille, L ., und W. Holstein. Aerztlicher Bericht über die Irrenabtheilung des Bürgerspitals in Basel 593. Pauli. Neuere Untersuchungen über den Schlaf. vom Jahre 1883. S. 191. S. 196. 589. Riedtmann, Emanuel. Die Prodromalstadien der 594. Sassetzky, N. A. Ueber den Einfluss fieberhafter Psychosen. S. 192. Zustände und antipyretischer Behandlung. S. 200.

B. Originalabhandlungen und Uebersichten.

XI. Meissner, Hermann. Bericht über die neueren Beiträge zur Trichinenfrage. S. 201.

C. Kritiken. 67. Starkweather, George B . The law of sex: being an exposition of the natural law by which the ßex of offspring is controlled in man and the lower animals and giving the solution of various social problems. London 1883. Rec. von Geissler. S. 213. 68. Löwe, Ludwig. Beiträge zur Anatomie und Entwickelungsgeschichte des Nervensystems der Säugethiere und des Menschen. II. Band, 1. Lieferung. Leipzig 1883. Rcc. von A. Räuber. S. 215. 69. Orth, Johannes. Compendium der pathologisch-anatomischen Diagnostik nebst Anleitung zur Ausführung von Obduktionen sowie von pathologisch-histologischen Untersuchungen. 3. Auflage. Berlin 1884. Rec. von Edinger. S. 216. 70. Vierordt, Hermann. Die einfache chronische Exsudativ-Peritonitis. Tübingen 1884. Rec. von Edinger. S. 217. 71 Stinzing, Roderich. Klinische Beobachtungen aus der zweiten medicinischen Klinik des Prof. von Ziemssen während des Wintersemesters 1880 bis 1881. München 1884. Rec. von Krug. S. 218. 72. Koenig, F. Die Tuberkulose der Knochen und Gelenke. Berlin 1884. Rec. von Schreiber. S. 220. 73. Nagel, Albrecht. Mittheilungen aus der ophthalmiatrischen Klinik in Tübingen. II. Band, 1. Heft. Tübingen 1884. Rec. von Geissler. S. 222. 74. Königstein, L. Die Anomalien der Refraktion und Accommodation. Praktische Anleitung zur Brillenbestimmung. Wien 1883. Rec. von Geissler. S. 223. 75. Hesse, J. Die Krankenanstalt der Stadt Magdeburg und ihre Einrichtungen. Magdeburg 1884. Rec. von A uf­ recht. S. 224.

D. Miscellen. S. 224.

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Verantwortlicher Redactenr: Prof. Dr. A . W inter. ----- Leipzig, W alter Wigand’s Buchdruckerei.