Just for Swing Gazette
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Band 4, Ausgabe 1 Volume 16 | Dezember 2016 Just For Swing Gazette Swing is the Thing! - Mitteilungsblatt für Freunde swingender Musik in und um Leipzig Siegfried Schmidt-Joos Symposium Eisenach (Un)vergessene Jazzmusiker: Ken Colyer in Berlin - Teil 1 von Winfried Maier „Das kleine Jazz-Mekka“ Amateurjazz in Halle in den sechziger Jahren (Teil 1) von Hans-Joachim Kertscher Historische Meilensteine Louis Armstrongs Debüt in Europa Jazztitel und ihre Bedeutung Teil 5 von Gerhard Klußmeier Erinnerung an die Jazzinitiative Kosmos e.V. von Volker Stiehler V. jenaer jazz meeting Hammond Eggs in Chemnitz Lokales Jazzgeschehen: Jazz hat‘s - 40. Leipziger Jazztage von Harald Krause Jazzfest Berlin 2016 Schallplatten, Bücher ... Termine ... S e i t e 2 Just For Swing Gazette Liebe Jazzfreunde, wurden von enthusiastischen Jazzfans organisiert, bevor der Club sang– und Die letzte Ausgabe des Jahres ist voll- klanglos von der Szeneoberfläche ver- bracht und wieder mit reichlich Lese- schwand. stoff für Jazzhungrige gefüllt. An die- ser Stelle möchte ich mich vor allen Im Gästebuch des Vereins las ich einen Mitarbeitern verbeugen und Dank sa- Eintrag des britischen Schlagzeugers gen. Sie tragen dazu bei, dass sich das Colin Bowden. Bowden war viele Jah- Mitteilungsblatt zu einem anschauli- re Mitglied der legendären Band von chen Heftchen entwickelt hat. Unsere Ken Colyer und mit unserem Berliner Hamburger Jazzfreunde verschaffen Mitarbeiter Winfried Maier eng be- ihm viel Aufmerksamkeit, was uns freundet. Das gab uns Anlass, in der EDITORIAL sehr freut. Serie „(Un)-vergessene Musiker“ die Erinnerungen von Maier an seine Zeit Ich las ich im holländischen Doctor mit Colyer in Berlin zu publizieren. Jazz Magazine (www.doctorjazz.nl), Teil 2 davon erscheint im März 2017. dass der IS-Terror nun auch die Welt des Jazz erreicht habe. Nach dem ver- Unsere Beiträge über die Jenaer heerenden Anschlag in Nizza, wurde Jazzszene in den letzten Magazinen ha- daraufhin das Nice Jazz Festival (16. ben einige Jazzfreunde angeregt, ein bis 20. Juli 2016) abgesagt. Als Grand Altjazzertreffen der Jenaer Jazzfreunde Parade du Jazz war es das erste Jazz zu organisieren. Klaus Kirst berichtet. Festival der Welt überhaupt, als es im Jahr 1948 startete. Zu den Musikern Die Leipziger Jazzgeschichte hält im- gehörten Django Reinhardt, Louis mer wieder Überraschungen bereit. In Armstrong und Stéphane Grappelli. einem alten Magazin des New Orleans Gerade in schwierigen Zeiten spielte Jazz Club fand ich einen Artikel von der Jazz als Indikator für Freiheit, Indi- Kurt Michaelis alias Hot-Geyer, in vidualismus und ein non-konformes dem er über Louis Armstrongs Debüt Lebensgefühl immer eine große Rolle. in Europa schreibt. Einige Passagen daraus habe ich für unsere Leser über- Davon hat Sigi Schmidt-Joos in Ei- setzt. Häufig wird Armstrong zitiert, In diesem Sinne wünschen wir ein senach erzählt, als sein Buch, welches wenn es um negative Meinungen zu beswingt harmonisches Weihnachtsfest wir in der vorangegangenen Ausgabe modernen Spielformen des Jazz geht. und einen guten Start ins Neue Jahr mit besprochen hatten, Premiere feierte. In Ein Beitrag aus den Hot Club News der hartnäckigen Hoffnung auf eine fried- ihm spielt die Hallenser und Leipziger des Frankfurter Jazzclubs von 1947, lichere und wieder zu Verstand kommen- Jazzgeschichte eine wichtige Rolle. der aus dem Down Beat Magazine den Welt - mit gutem Jazz hier und da. Sigi Schmidt-Joos hat uns den Ab- übersetzt wurde, zeigt, dass Satchmo druck des im Buch nicht veröffentlich- eine ganz andere Meinung über den keep swingin‘ ten Kapitels über die Leipziger Pianis- Bebop hatte. Dr. Wolfram Knauer vom Detlef A. Ott tin Jutta Hipp gestattet. Wir werden Jazzinstitut in Darmstadt half uns wie das ab Ausgabe März 2017 in mehre- immer schnell und unbürokratisch, die ren Folgen tun. Das exklusive Angebot Quelle zu identifizieren. Dafür großen hat uns sehr gefreut. Dank. Das Buch „Die Stasi swingt nicht“ von Um das unten aufgeführte Zitat des Schmidt-Joos und ein Beitrag unseres klassischen Pianisten David Helfgott verstorbenen Jazzfreundes Gerhard (Filmtipp: Shine) zu befeuern, gibt es Conrad in der letzten Ausgabe haben hier und da Anregungen für Bücher den Jazzfreund Hans-Joachim Kert- und CDs, auf die wir aufmerksam ma- scher inspiriert, über die Hallenser chen wollen. Jazzszene nach dem Weggang von Schmidt-Joos und Papenroth zu schrei- Zum Schluss eine Bitte: ben und historische Wahrnehmungen auszubalancieren. Zur Aufarbeitung der Leipziger Jazzgeschichte suchen wir Informa- Auch Harald Krause vom Chemnitzer tionen zur Jazzreihe im Gutenberg- Jazzclub verbindet seine Erinnerungen keller am BUGRA Messehaus in den an die Leipziger Jazztage mit aktuell 1960er Jahren. Wir würden uns beobachteten Konzerten und schreibt freuen, wenn Jemand seine/ ihre Er- elegisch und kontrovers darüber im innerungen mit uns teilt und Plaka- Beitrag „Jazz hat‘s“. te, Programme, Fotos aufbewahrt hat. Unsere Kontaktdaten stehen auf In Erinnerungen schwelgt auch Jazz- dem letzten Blatt dieser Postille. freund Volker Stiehler über die kurz- lebige Initiative Jazz-Kosmos e.V. in „Keep life simple - be aware - read and listen to music“ Leipzig. Viele wunderbare Konzerte David Helfgott (Pianist) Band 4, Ausgabe 1 S e i t e 3 „Wenn ich etwas als die Wahrheit erkannt habe, muss ich es auch verteidigen.“ Siegfried Schmidt-Joos und seine Geschichte des Jazz während des Kalten Krieges Gekürzter Auszug eines Beitrags im JAZZ PODIUM 12/01-2016/2017 achdem ich den Beitrag fürs JAZZ PODIUM fertiggestellt hatte, freute ich mich auf die Lesung mit Schmidt-Joos in Leipzig. Leider musste diese aus gesundheitlichen Gründen des Autors abgesagt werden. Aber aufgehoben ist nicht aufgeschoben. Den interessierten Jazzfreunden, die mich diesbezüglich schon kontaktiert hatten, sichere ich zu, dass N sie über den neuen Termin sofort von mir informiert werden. Bis dahin ist Zeit, sich durch das Almanach an Erinne- rungsarbeit von über 600 Seiten zu lesen, wobei keine Langeweile aufkommen wird. Kürzlich musste ich an eine Stelle im Buch denken, die deutlich macht, wie aktuell die Gedanken in Bezug zu den Erinnerungen von Schmidt-Joos in Anbetracht der heuti- gen Weltlage sind und wie schnelllebig doch unsere Zeit ist. Zitat: Und die Herausforderung, der wir uns alle stellen müssen, ist ja im 21. Jahrhundert nicht geringer geworden. Der Ruck nach rechts geht rund um den Globus. In den Vereinigten Staa- ten von Amerika greift ein republikanischer Demagoge nach der Präsidentschaft. In Russland und in Mitgliedsstaaten der Nato werden Journalisten eingekerkert oder ermordet. Weltweit ist die Pressefreiheit bedroht. Der fundamentalistische Islam verbietet Musik, Spiel und Tanz generell. Und wieder lehnen sich junge Leute mit eben diesen Mitteln gegen Denkverbote und Bevormundung auf. Pussy Riot in Moskau sind nur ein Beispiel. „In manchen Ländern herrschen schwarze Nacht und kalter Stahl“, dichtete Langston Hughes in der Mitte des 20. Jahrhundert: „Aber der Traum wird wiederkommen und das Lied sein Gefängnis brechen“. Das war unsere Hoffnung, und als 1989 die Mauer fiel, hatte sie sich ja wenigstens ein Stück weit erfüllt. Daher kann es sicher nicht schaden, wenn unsere Nachgeborenen wahrnehmen, welche Gedanken mich und viele meiner Freunde damals umtrieben und motivierten – auch in unserer Beschäftigung mit dem Jazz. LESEN! <…> Schmidt-Joos feierte in diesem Jahr Schnell bekam er Kontakt zu gleichge- seinen 80. Geburtstag im Sinne Dylans: sinnten Jazzfreunden wie zum Gitarre „I was so much older then. I'm younger und Banjo spielenden Alfons Zscho- than that now.“ Die Neugier habe sein ckelt. Zusammen gründeten sie 1955 die Leben bestimmt, sagt er, er habe immer ‚arbeitsgemeinschaft jazz halle‘, hielten noch mehr wissen wollen und nicht auf- Vorträge und veranstalteten Konzerte. gehört, Fragen zu stellen. Nicht nur in der Nach einiger Zeit stellten sich auch an- Musik, auch bezüglich philosophischer dere „Freunde“ in Gestalt von Mitarbei- Probleme, in Geschichts- und Naturwis- tern der Staatssicherheit ein, die Schmidt senschaften sowie im frühen Christentum und Zschockelt für ihre Zwecke anwer- ist er bewandert und gilt als penibler Do- ben wollten. Dies führte bei beiden zu kumentarist, der aber in Wort und Schrift dem Entschluss, sich 1957 durch Flucht auch zu plaudern versteht. in den Westen dem Druck der <…> „Staatsorgane“ zu entziehen. Die musikalische Initialzündung für den Als im August 2008 bei einer Konferenz 1936 in Gotha geborenen Schmidt (der „Jazz hinter dem Eisernen Vorhang“ in Namenszusatz Joos kam durch Heirat erst Warschau über die Rolle des Jazz in den später dazu) war Benny Goodmans Car- Ostblockstaaten abschließend festgestellt negie Hall Konzert 1938, das er im Radio wurde, der Jazz in den kommunistischen hörte. Bei Gene Krupas Drum-Solo flipp- Foto: Melanie Kühn Staaten sei unpolitisch gewesen, drängte te er regelrecht aus und hätte es ihm gern Jazz im Radio zu präsentieren - und das es Schmidt-Joos, seine eigenen Erfah- gleich getan. Doch das war nicht mehr in einem Land, in dem der Jazz so gut rungen dieser These entgegenzusetzen: drin. Eine Woche nach dem Ende des wie verboten war.“ In der Mensa der „Menschen sind wegen Jazz ins Zucht- Zweiten Weltkriegs hatte der Neunjährige Martin-Luther-Universität in Halle/Saale haus gegangen. Das Statement, Jazz sei mit einer Panzerfaust gespielt, die deut- spielte jedoch eine Band Dixieland, und unpolitisch gewesen, ist falsch.“ Acht sche Soldaten vor dem Einmarsch der der junge Student war