SWR2 Musikpassagen
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SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE ________________________________________________________________________ SWR2 Musikpassagen "Grenzland mit kreativem Mojo" Eine Reise in die Musikstadt Tucson Von Anke Behlert Sendung: Sonntag, 7. Juni 2015 Redaktion: Anette Sidhu-Ingenhoff Produktion: SWR 2015 ________________________________________________________________________ Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. ________________________________________________________________________ Service: Mitschnitte aller Sendungen der Redaktion SWR2 Musikpassagen sind auf CD erhältlich beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden zum Preis von 12,50 Euro. Bestellungen über Telefon: 07221/929-26030 ________________________________________________________________________ Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de Und heute: Grenzland mit kreativem Mojo - Eine Reise in die Musikstadt Tucson. Am Mikrofon ist Anke Behlert. Tucson als Musikstadt ist Fans von Giant Sand und Calexico schon lange ein Begriff. Aber die Stadt im Südwesten der USA hat musikalisch noch viel mehr zu bieten. Von Cumbia über Mambo bis Chanson - der musikalische Output dieser Stadt ist überraschend und abwechslungsreich. Und deshalb begeben wir uns heute in den Musikpassagen auf eine kleine Entdeckungsreise nach Tucson. Einstimmen wird uns jetzt der Songwriter Gabriel Sullivan mit dem Stück "Tucson Rose". Musik: Gabriel Sullivan - "Tucson Rose" Wenn man Tucson zum ersten Mal besucht und zum Beispiel mit dem Auto aus Richtung Norden in die Stadt fährt, fällt zuerst die umwerfende Wüstenlandschaft auf. Die Berghänge gesäumt mit riesigen Kakteen, das grelle Licht, der unendlich weite Himmel. Die Stadt selbst ist auf den ersten Blick weniger malerisch: es gibt Einkaufszentren an den Einfallstraßen, ein paar Hochhäuser im Stadtzentrum. Die kleinen Schätze findet man erst, wenn man das Auto verlässt. Zum Beispiel das Cafe Poca Cosa direkt im Zentrum. Dort gibt es riesige Portionen Bohnen, Reis und Fleisch, dazu Salat und Tortillas. Dort erzählt mir Radiomoderator Matt Milner, was er an Tucson besonders mag. O Ton Matts Life Ich lebe seit 20 Jahren in Tucson, fürs College bin ich für vier Jahre nach Connecticut gezogen. Aber die Wüste und die Stadt haben mir wahnsinnig gefehlt. Tucson ist toll, es gibt hier ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Die Leute kennen sich und wollen das auch. Wenn man die Straße entlang läuft trifft man ständig Leute, die man kennt. Das ist bei einer Stadt mit 750.000 Einwohnern nicht so selbstverständlich. Musik: Andrew Collberg "Rich" Matt Milner ist Redakteur der Sendung "Locals Only", die einmal wöchentlich beim Community Radiosender KXCI läuft. Dort widmet er sich zwei Stunden lang ausschließlich der lokalen Musikszene, er promotet anstehende Shows und es gibt einen Live-Gast. So ist Matt zu einem echten Experten geworden, was lokale Bands betrifft. Seine Lieblings- Tucson-Band ist ein echter Geheimtipp. O Ton Matt Acorn Bcorn Ich mag die Band Acorn Bcorn sehr gerne, das ist ein Schwesternduo, die ein bisschen wie die frühen White Stripes klingen. Sie haben ein tolles Live Setup, sie teilen ein Schlagzeug und spielen es beide während sie noch andere Dinge tun. Jemand hat sie mal als „zwei-Personen-ein-Mann-Band“ beschrieben. Ich wünsche mir, dass sie ein bisschen bekannter werden. Musik: Acorn Bcorn „A shape that's hard to break“ Tucsons erfolgreichste Band ist zweifellos Calexico. Frontmann Joey Burns ist in Südkalifornien aufgewachsen, lebt aber nun schon seit über 20 Jahren in Arizona. Für ihn ist vor allem die kulturelle Vielfalt der Region interessant. O Ton Joey What I like Was mir an Tucson gut gefällt ist, dass es sich nicht so anfühlt wie der Rest der Vereinigten Staaten, wo doch vieles sehr gleich ist. Es fühlt sich an, als wäre man irgendwo zwischen den USA und Mexiko. Es gibt diese Vielfalt an kulturellen und historischen Einflüssen, es ist zwar eine alte Stadt, aber es ist nicht wie in Chicago, San Francisco oder New York City. Ich mag all diese unterschiedlichen Einflüsse und ich mag die Musik und Kulturen der Länder Südamerikas. Das Gefühl, sich in einer Grenzregion zu befinden, kommt nicht von ungefähr. Die amerikanische Staatsgrenze ist nur 100 km entfernt und bis vor 150 Jahren war Tucson ein Teil Mexikos. Viele Straßennamen, die zahlreichen mexikanischen Restaurants und die alten Stadtteile – die sogenannten Barrios – zeugen heute noch davon. Und selbstverständlich ist auch die Tradition der Mariachi-Musik in der Stadt noch sehr lebendig. Musik: Mariachi Luz de Luna „Luz a la vida“ Neben den Mariachis haben in Tucson auch viele andere Genres und Musiker Spuren hinterlassen. Der 1951 in Ostberlin geborene Bluesmusiker Rainer Ptacek zum Beispiel. Als er fünf war wanderte seine Familie nach Chicago aus, Anfang der 1970er zog er nach Tucson. Dort gründete er mit Howe Gelb die Band Giant Sandworms, die später zu Giant Sand wurde. Rainer Ptacek wurde vor allem innerhalb der Musikszene Tucsons geschätzt. Denn er war nicht nur ein äußerst talentierter Gitarrist und Songwriter, sondern auch ein außergewöhnlicher Mensch, erzählt Calexico-Drummer John Convertino. O-Ton Rainer Als ich zum ersten Mal mit Howe Gelb nach Tucson kam, wollte er, dass ich auf jeden Fall Rainer treffe. Ich verstehe jetzt warum, Rainer war ein großartiger Mensch und man wollte so sein wie er. In seiner Musik hat er Tradition und Experiment gemixt. Es hat ihn nicht gestört, tagsüber in anderen Jobs Geld zu verdienen. Er wollte lieber bei seiner Familie sein, als auf Tour gehen. Sein Album "Nocturnes" ist eines meiner Lieblingsalben. 1997 verstarb Rainer Ptacek mit nur 46 Jahren an einem Hirntumor. Kurz vor seinem Tod hat er mit Burns und Convertino einige Songs aufgenommen, die man auf dem wundervollen Album "Roll back the years" nachhören kann. Daraus kommt hier der Titelsong. Musik: Rainer with Joey Burns & John Convertino "Roll back the years" Musik: Logan & Lucille "Giants" Wenn man die Bewohner Tucsons fragt, was sie an ihrer Stadt mögen, wird immer wieder die wunderschöne Wüstenlandlandschaft genannt. Tucson liegt in einem Bassin am Rand der Sonora Wüste und ist von Bergen umringt. Nach Westen und Osten erstreckt sich der Saguaro Nationalpark. Auf zahlreichen Wanderwegen kann man die Gegend erkunden und das lohnt sich: Malerische Ausblicke auf die Stadt und die umliegenden Ebenen und natürlich unzählige Saguaro-Kakteen entschädigen für mitunter etwas mühselige Aufstiege. Für Gabrielle Pietrangelo von der Band Silver Thread Trio hat diese spezielle Landschaft ein kreatives Karma. O Ton Gabrielle Mojo Die vielfältige Kultur spielt eine wichtige Rolle. Und die Umgebung hat eine gewisse Energie, der Himmel ist so weit, es gibt einfach so ein kreatives Mojo. Darum zieht es auch all diese seltsamen Künstler hier her. Gabrielle spielt mit Caroline Isaacs und Laura Kepner-Adney im Silver Thread Trio. Kennengelernt haben sie sich in einem Chor, als Band spielen sie mit Gitarre, Banjo und Waschbrett folkigen Country mit dreistimmigem Harmoniegesang. Musik: Silver Thread Trio "Railroad boy" Es ist nicht allein die kulturelle Vielfalt und die inspirierende Landschaft, die das Leben für kreative Leute in Tucson begünstigt. Cafés und Clubs bieten für Künstler zahllose Auftrittsmöglichkeiten mit interessiertem Publikum. Eine der wichtigsten Adressen für Konzerte in Tucson ist das Rialto Theatre. Das Gebäude wurde nach dem ersten Weltkrieg gebaut und 1920 als Varietée eröffnet. Über die Jahre hat man es auch als Kino und Möbellager genutzt. Seit 2004 gehört es der Rialto Theatre Foundation und Curtis McCrary ist verantwortlich für das Programm. McCrary ist seit vielen Jahren in der Musikszene in Tucson aktiv und weiß um ihre Besonderheiten. O Ton Curtis Szene Die Szene ist klein und nicht besonders wettbewerbsorientiert. Die Leute rangeln nicht um die besten Plätze, sie haben eher so eine „wir sitzen alle in einem Boot“-Attitüde. Wir sind hier ein tertiärer Markt, vieles geht an uns vorbei. Es gibt viele Leute, die nicht zwischen Phoenix und Tucson unterscheiden. Dabei gibt es gewaltige Unterschiede zwischen den beiden Städten. All das führt dazu, dass die Leute hier eine Art kollektive Underdog- Mentalität entwickelt haben. Musik: Laura and the Killed Men "Black Blizzard" Laura and The Killed Men waren das mit "Black Blizzard". Sie hören die Musikpassagen auf SWR 2, heute mit einem Blick auf die Musikszene in Tucson, Arizona. Das Leben in permanenter Nichtbeachtung durch den Mainstream hat dazu geführt, dass Korporationen und gegenseitige Unterstützung in Tucson umso bedeutender sind. Ein Künstler, der regelmäßig solo und mit den unterschiedlichsten Bands auf der Bühne steht, ist Salvador Duran. Duran stammt aus Mexiko, er ist in den letzten Jahren aber ein fester Bestandteil von Tucsons Musikszene geworden wie Curtis McCrary zu berichten weiß. O-Ton Genau wie Elvis Presley hatte er einen Zwilling, der bei der Geburt gestorben ist. Deshalb sagen alle, er hätte das Talent von zwei Menschen. Er ist sehr vielseitig, ein unglaublich guter Maler,