Rudolf Lehmann, Ein Bürgerlicher Historiker Und Archivar Am Rande Der DDR
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VERÖFFENTLICHUNGEN DES BRANDENBURGISCHEN LANDESHAUPTARCHIVS ?! @! /, Rudolf Lehmann, ein bürgerlicher Historiker und Archivar am Rande der DDR 9 "! ;M< VERÖFFENTLICHUNGEN DES BRANDENBURGISCHEN LANDESHAUPTARCHIVS Begründet von Friedrich Beck Herausgegeben von Klaus Neitmann Band 70 Michael Gockel (Hrsg.) Rudolf Lehmann, ein bürgerlicher Historiker und Archivar am Rande der DDR Tagebücher 1945–1964 BWV | BERLINER WISSENSCHAFTS-VERLAG Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtes ist unzulässig und strafbar. Hinweis: Sämtliche Angaben in diesem Fachbuch/wissenschaftlichen Werk erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung und Kontrolle ohne Gewähr. Eine Haftung der Autoren oder des Verlags aus dem Inhalt dieses Werkes ist ausgeschlossen. Transkription des Tagebuchausschnitts auf dem Cover: S. 398–399. © 2018 BWV | BERLINER WISSENSCHAFTS-VERLAG GmbH, Markgrafenstraße 12–14, 10969 Berlin, E-Mail: [email protected], Internet: http://www.bwv-verlag.de Druck: Memminger MedienCentrum, Memmingen Printed in Germany. ISBN Print: 978-3-8305-3745-8 ISBN E-Book: 978-3-8305-2234-8 Inhaltsverzeichnis Vorwort VII Klaus Neitmann Zur Einführung: Rudolf Lehmanns archiv- und geschichtswissenschaftliche Forschung für Brandenburg 1945/49–1964. Vom Gelingen und Scheitern eines bürger- lichen Landesarchivars und Landeshistorikers in der frühen DDR XV Klaus Neitmann Vorbemerkung zur Edition XXXIX Zur Einrichtung der Edition XLI Danksagung XLII Tagebücher 1945–1964 1945 1 1946 32 1948 33 1949 35 1950 65 1951 107 1952 146 1953 178 1954 211 1955 239 1956 270 1957 314 1958 363 1959 423 1960 458 1961 488 1962 494 1963 518 1964 529 VI Inhaltsverzeichnis Anhang 1: Verzeichnis der in den Tagebüchern genannten Lektüre 531 Anhang 2: Bibliographie Rudolf Lehmanns 539 Personenregister 565 Abbildungsverzeichnis 577 Abbildungen 581 Vorwort Rudolf Lehmann (1891–1984) zählt mit seinem geschichts- und archivwissenschaftli- chen Werk zu den eindrucksvollsten Gestalten der deutschen Landesgeschichtsforschung des 20. Jahrhunderts. Daß er in seinem langen Leben seine wissenschaftliche Arbeit, die mit dem Heidelberger Studium einsetzte und bis kurz vor seinem Tod andauerte, aus- schließlich der Geschichte seiner Heimat, der Niederlausitz, gewidmet hat, unterscheidet ihn nicht von den meisten Landeshistorikern, für die Gleiches oder Ähnliches gilt. Aber die Intensität und die Ausdauer, mit der er „seine“ Landschaft untersucht hat, und die Er- gebnisse, die er dabei erreicht hat, sind außerordentlich und weit überdurchschnittlich, sind geradezu bewundernswert. Mit seinen zahlreichen Veröff entlichungen ist er in allen Gattungen der landesgeschichtlichen Literatur vertreten, die Spannbreite reicht von der Regio nalbibliographie, der archivischen Beständeübersicht, dem Ortslexikon über die Quellen edition, den ein besonderes Thema behandelnden Aufsatz und die weiter ausgrei- fende Monographie bis zur Gesamtdarstellung. Anders ausgedrückt: Lehmann war mit archivischen wie mit historischen Aufgabenstellungen vertraut, er verfertigte Hilfsmit- tel der Forschung, er befaßte sich mit kleinteiligen Analysen ebenso wie mit großzügi- gen Überblicken, und seine Publikationen umspannten ein ganzes Jahrtausend, von den Anfängen des Markgraftums Niederlausitz im 10. Jahrhundert und seiner Vorgeschichte bis zu seiner eigenen selbst erlebten Zeitgeschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhun- derts. Die Bemühungen der modernen Geschichtswissenschaft um die Erforschung der Niederlausitz, eines kleinen Territoriums im mitteldeutschen Osten des Alten Reiches, setzten erst am Ende des 19. Jahrhunderts ein, und der sächsische Landesarchivar Wol- demar Lippert, Lehmanns „Mentor“ in dessen Frühzeit, legte in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts mit seinen Aufsätzen und vor allem mit seinen Quelleneditionen wichtige Grundlagen für das Mittelalter. Lehmann knüpfte an Lippert und an andere äl- tere Vorgänger und gleichzeitige Begleiter an, aber er übertraf sie alle merklich durch die Weite und Tiefe seines Zugriff s auf seinen Gegenstand. Für eine Gesamtdarstellung ganz ungewöhnlich, aber für ihn umso bezeichnender, beruht seine „Geschichte des Mark- graftums Niederlausitz“ (1937) in großen Teilen auf der eigenen Sichtung und Auswer- tung archivalischer Quellen und bietet weit mehr als eine Zusammenfassung vorhandener Literatur; dabei vermeidet er es, in den Details einzelner Urkunden- und Aktenzeugnisse zu versinken, sondern es gelingt ihm, mit einer einsichtigen Konzeption eine klar geglie- derte und auf das Wesentliche und Allgemeine konzentrierte und zugleich mit beispiel- hafter Anschauung angereicherte Schilderung der niederlausitzer Vergangenheit vorzule- gen. Wenn am Ende seines Lebens die Niederlausitz als eine der am besten erforschten deutschen Länder galt, verdankte sie einen solchen Ruf in erster Linie seinem außerge- wöhnlichen Werk, auf das auch heute noch, mehr als drei Jahrzehnte nach seinem Tod, die gegenwärtigen Generationen unweigerlich zurückgreifen, wenn sie sich ihre eigenen Wege zu bahnen suchen. VIII Klaus Neitmann Lehmanns Leistung verdient umso größere Anerkennung, als sie nicht unter behüteten und ungestörten äußeren Lebensverhältnissen zustande kam, sondern einem „unruhi- gen“ Berufs- und Lebensweg mit mancherlei Kanten und Brüchen abgerungen war. Der ursprüngliche, bereits während der Erarbeitung der Dissertation im Ersten Weltkrieg ge- faßte Berufswunsch, der Eintritt in den Archivdienst, konnte in der schwierigen Nach- kriegszeit nicht verwirklicht werden, und auch der stattdessen ergriff ene Lehrerberuf führte erst nach Überwindung einiger Hürden und Unsicherheiten im 35. Lebensjahr zu einer festen Dauererstellung an einem Gymnasium in seiner Heimatstadt Senftenberg. Wer damals geglaubt hätte, Lehmann wäre nach seinen vorangegangenen erfolgverspre- chenden Beiträgen zur niederlausitzer Geschichte nun unter dem Druck der schulischen Verpfl ichtungen der Wissenschaft verloren gegangen, hätte sich schwer getäuscht. Denn unbemerkt von seiner vorgesetzten Schulbehörde und neben dem anstrengenden Schul- alltag packte er umfangreiche, anspruchsvolle Aufgaben an, unter denen hier nur die be- reits erwähnte niederlausitzer Geschichte wie das Urkundenbuch des Klosters Dobrilugk angeführt seien, und darüber hinaus führte er mit manchen fähigen Mitstreitern in der Landschaft die Niederlausitzer Gesellschaft für Geschichte und Altertumskunde, den re- gionalen Geschichtsverein, als dessen Vorsitzender wie als Herausgeber von dessen Zeit- schrift (seit 1930) und damit überhaupt die niederlausitzer Landesgeschichtsforschung zur höchsten Blüte. Der deutsche Zusammenbruch von 1945 bedeutete für Lehmann einen tiefen Einschnitt, einen unerwarteten Bruch. Durch die im Rahmen der sog. Entnazifi zierung vollzogene Entlassung aus dem Schuldienst verlor er nicht nur persönlich seine sichere berufl iche Existenz, sondern die von der sowjetischen Besatzungsmacht verfügte Aufl ösung des Ver- einswesens beraubte die niederlausitzer Historiker ihres organisatorischen Mittelpunktes und ihrer Wirkungsmöglichkeiten. Dem ersten Leiter der Staatlichen Archivverwaltung der DDR, dem ehemaligen Potsdamer Reichsarchivar Otto Korfes, verdankte es Lehmann überraschenderweise, daß er im Rahmen der Neuordnung des staatlichen Archivwesens am 1. November 1949 zum Leiter des Landesarchivs Lübben berufen wurde und gewis- sermaßen mit weit mehr als einem Vierteljahrhundert „Verspätung“ die einst ersehnte ar- chivische und wissenschaftliche Position erlangte. In dieser Stellung erlebte er ein knap- pes Jahrzehnt lang in der Frühzeit der DDR Höhen und Tiefen eines brandenburgischen Landesarchivs und der brandenburgischen Landesgeschichtsforschung, beobachtete er die allgemeine Entwicklung des ersten „Arbeiter- und Bauernstaates auf deutschem Bo- den“ und erfuhr am eigenen Leibe in seiner Tätigkeit die Möglichkeiten, die die DDR einem „bürgerlichen“, aus bewährten wissenschaftlichen Traditionen stammenden Lan- deshistoriker und Archivar einräumte, und die Grenzen, die sie ihm aufzeigte. Zu seinen vorrangigen Aufgaben in Lübben und in der Niederlausitz gehörten der Ausbau des eige- nen Landesarchivs, die Erfassung und Sicherung herrenlosen Archivgutes in der Land- schaft, vor allem der adligen Herrschafts-, Guts- und Familienarchive, die Erschließung der vorgefundenen wie der neu übernommenen Archivalien. Über seine archivarischen Felder hinaus bemühte sich Lehmann um die Wiederbelebung der niederlausitzer und brandenburgischen Landesgeschichtsforschung, indem er am Landesarchiv Lübben wie Vorwort IX am Brandenburgischen Landeshauptarchiv in Potsdam 1954 und 1957 mit interessierten und befreundeten Fachkollegen Arbeitsgemeinschaften zur Bearbeitung landesgeschicht- licher Vorhaben, vornehmlich von Projekten der Grundlagenforschung, schuf. Aber dabei war er nicht bereit, seine eigenen wissenschaftlichen Überzeugungen und die Grundsätze seiner wissenschaftlichen Arbeitsweise der staatlicherseits verordneten und zunehmend angemahnten Doktrin des marxistischen Geschichtsmaterialismus zu opfern, und so ge- riet er in den letztlich unausweichlichen Konfl ikt mit der Staatlichen Archivverwaltung, nachdem er wiederholt eigene Manuskripte wegen der schwierigen Publikations- und Zensurbedingungen