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Weinende Helden in der Ilias heroes. Justine Diemke

Deheroisierung und Gender in Troy: Fall of a City Felix K. Maier héros. From Early Villainesses to Contemporary Antiheroines in Superhero Comics E-Journal Eleonora Sereni zu Kulturen des Heroischen.

Herausgegeben von Ulrich Bröckling, Barbara Korte und Ulrike Zimmermann Band 8.1 (2020)

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Inhaltsverzeichnis

Artikel Editorial Ulrich Bröckling, Barbara Korte, Ulrike Zimmermann ...... 3

Weinende Helden in der Ilias Justine Diemke ...... 7

„This was always a shabby war“ – Deheroisierung und Gender in Troy: Fall of a City Felix K . Maier ...... 21

“When I’m Bad, I’m Better” From Early Villainesses to Contemporary Antiheroines in Superhero Comics Eleonora Sereni ...... 31

Rezensionen Thomas Riederer . Kriegsheld – Kinoheld . Günther Prien als Beispiel heroischer Männlichkeit in NS-Staat und Bundesrepublik . Hamburg: Verlag Dr. Kovač, 2017. Vera Marstaller ...... 43

Hans-Peter Nill . Gewalt und Unmaking in Lucans Bellum Civile . Textanalysen aus narratologischer, wirkungsästhetischer und gewaltsoziologischer Perspektive . Amsterdam Studies in Classical Philology, Bd. 27. Leiden: Brill, 2018. Dennis Pulina, Olmo Gölz ...... 47

Impressum ...... 50

helden. heroes. héros. DOI 10.6094/helden.heroes.heros./2020/01/01

Ulrich Bröckling, Barbara Korte und Ulrike Zimmermann 3

Editorial

Diese Ausgabe des E-Journals erscheint in einer ‚Anderen‘ als ungreifbare, in ihrem Wir- außergewöhnlichen Zeit, der Corona-Pandemie . ken nicht mehr verständliche Macht ein Dies lädt ein, auf ein älteres Heft dieses E-Jour- Gesicht zu geben? (Hansen/Trauschke/ nals zurückzublicken: HeldInnen und Katastro- Sperlich 7) phen (5.1 2017). Wie die Herausgeberinnen (Hansen/Trauschke/Sperlich) festhalten, sind Wer sich wissenschaftlich mit Helden und Hel- Katastrophen – Szenarien der Bedrohung an dinnen beschäftigt, kam in den letzten Wochen den Grenzen von Kultur – Einbrüche des Außer- nicht umhin, die weiter verstärkte Deklaration ordentlichen in etablierte Ordnungen (vgl. 5), die des Heroischen im öffentlichen Diskurs wahrzu- sie ins Wanken bringen, so dass sich Aktions- nehmen . Seit Mitte März, als die Pandemie weite und Inszenierungsräume für heroische Figuren Teile Europas lahmlegte, Grenzen geschlossen öffnen. Zum einen stellt sich die Frage, inwie- wurden und in der Wahrnehmung vieler die weit diese Figuren Kristallisationspunkte für Pro- Welt stillstand, scheinen Helden und Heldinnen jektionen wie Ängste und Befreiungs- oder ubiquitär zu sein . Dabei sind zwei Dinge zu be- Erlösungsfantasien einer von einer Katastrophe obachten: ein Fokus auf das Alltagsheldentum betroffenen Gemeinschaft sind; zum anderen, und, wie bei Heldenfiguren zwar üblich, aber und in Zeiten einer Pandemie vielleicht noch hier in besonderem Maße zu beobachten, das wichtiger, muss untersucht werden, wie Helden- Einschreiben einer klaren Agenda in den Heroi- figuren einer abstrakten, zunächst unsichtbaren sierungsprozess . Bedrohung entgegentreten . Alltagshelden zeichnen sich gegenüber Gleichzeitig ließe sich prüfen, gegen wen der normgetreuen Vorbildhaftigkeit durch oder was sich heroische Agonalität in Ka- grenzüberschreitende Außergewöhnlich- tastrophenszenarien richtet – gerade dort, keit aus – sie riskieren Leben, Gesundheit wo die Bedrohung perzeptuell opak bleibt: oder wenigstens materielle Güter, indem Inwiefern bedient die Gestaltung eines sie anderen Menschen uneigennützig zu individualisierten Helden mit starker ago- Hilfe kommen. (Hochbruck/Stein)1 naler Agency auch das Bedürfnis, dem

Abb. 1: Foto: Ulrich Bröckling

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Abb. 2: Foto: Barbara Korte

Während der Covid-19-Pandemie treten die- die Wertschätzung eigentlich wenig privilegierter se Alltagshelden in einem außergewöhnlichen und zumeist hoffnungslos unterbezahlter Be- Szenario, der Katastrophe, auf: es ist nun nicht rufe auf, wie hier ein Kölner Graffito Anfang Mai mehr die einzelne Person, die in ein brennendes (Abb. 2).2 Haus eilt und jemanden herausholt, sondern die Britische und US-amerikanische Medien veränderte, pandemische Welt . Alltagshelden, nennen Menschen, die sich aufgrund ihrer Be- so könnte man sagen, werden in eine Situation rufe einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt gestellt, die eigentlich Superheldenkräfte erfor- sehen, „frontline heroes“, ein direkter Rückgriff dert . Diese Überschneidung ist entscheidend für auf militärische Rhetorik 3. Zynisch erscheint in das Aufrufen der Idee von Superhelden für – bei- dem Zusammenhang eine Schlagzeile der bri- spielsweise – Pflegekräfte: tischen Daily Mail, die forderte „Let our teach- ers be heroes“, und damit versuchte, Bedenken Das Ethos des Helfens und Rettens, wie der Erziehungsgewerkschaften gegen eine vor- es in den Berichten über alltäglichen Hero- schnelle Öffnung der Schulen politisch zu dis- ismus verhandelt wird, findet sich auch in kreditieren .4 Zeichnerische Darstellungen von den Mission-Statements von , Pflegekräften zeigen sie in direkter Konfron- Wonderwoman und Co . […] (Bröckling b tation mit einem übergroßen, als blutrünstiges 215) Monster dargestellten Coronavirus . Das jüngste Banksy-Werk, das sich im Southampton Gene- Während Helden und Heldinnen etwa in der Wer- ral Hospital befindet, enthält ebenfalls Verweise bung als Begriff in jüngerer Zeit überstrapaziert auf Superheldenfiguren: Ein kleiner Junge kniet und inhaltsleer waren, sind LKW-Fahrer*innen neben einem Papierkorb, in dem und und Mitarbeiter*innen von Supermärkten, die Spiderman zu sehen sind. Er hat diese offenbar selbst in Zeiten von Panikkäufen für gefüllte Re- gerade entsorgt und spielt jetzt mit der Figur ei- gale sorgen, und vor allem Beschäftigte im Ge- ner Krankenschwester, die einen Umhang und sundheitswesen derzeit Fokuspunkte heroischer einen Mund-Nasen-Schutz trägt . Das rote Kreuz Zuschreibungen . Ihnen wurde nicht nur all- auf ihrer Schürze ist das einzige farbige Element abendlich öffentlich applaudiert. Im März tauch- des ansonsten monochromen Bildes (Gompertz/ ten vor Krankenhäusern in Deutschland auch er- BBC). munternde und lobende Botschaften auf, wie die Gerade in Deutschland, so Ulrich Bröckling, am Freiburger Lorettokrankenhaus von Ultras hatte der Heldenrummel aber bald ein Ende . des SC Freiburg angebrachte (Abb. 1). Street Schon von Anfang an waren sie unscharf, Art greift die Debatten um Systemrelevanz und

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5 […] die Grenzen zwischen cleverem Mar- eigenen Herausforderungen . Daher sei an die- keting und dem redlichen Wunsch, endlich ser Stelle den Beitragenden gedankt, die unter jenen die gebührende Anerkennung zuteil außergewöhnlichen Bedingungen – sei es Kin- werden zu lassen, deren Arbeit normaler- derbetreuung, geschlossene Bibliotheken oder weise wenig beachtet wird . (Bröckling nicht zugängliche Archive – dennoch ihre Bei- a 43)5 träge einsandten und Überarbeitungen in Re- kordzeit schafften. Nicht alle geplanten Artikel Politikerinnen und Politiker traten hierzulande konnten letztlich rechtzeitig abgeschlossen wer- postheroisch auf: „Statt Feindbilder zu schü- den, doch hat die Bewilligung einer dritten För- ren und Durchhalteparolen auszugeben, ap- derperiode bis 2024 für den SFB 948 nun auch pellierten sie an die Solidarität.“ (43) Ebenso die erfreuliche Auswirkung, dass das E-Journal eignen sich Virologen und Virologinnen mit dif- weitergeführt werden und die Herbstausgabe ferenziertem und erkenntnisgeleitetem Auftreten ausstehende Beiträge aufnehmen kann . nicht zu Helden der Tat . Ganz im Gegenteil: Sie wollen „Nichtereignisse“ herbeiführen . „Es kann 1 Zu Alltagshelden siehe auch Wendt 2016. keine Vorbeugehelden geben.“ (Bröckling a 43) 2 Das Graffito suchte die Frage der Systemrelevanz mit ei- Die Problematik heroischer Zuschreibungen ner Betty-Boop-Referenz satirisch zu fassen und verschwand zeigt sich an der Corona-Pandemie besonders sehr rasch wieder . deutlich: sie dienen nicht nur der Komplexitäts- 3 Siehe beispielsweise die Sammlung des Time Maga- zine . Auf die Neigung, militärische Metaphern zu verwenden, reduktion, sondern möglicherweise auch der ei- verweist Bröckling (b 42). genen Entlastung zu Lasten der Heldenfiguren, 4 Daily Mail. 15. Mai 2020. wie Hardt formuliert: 5 Ein Beispiel für Marketing-Versuche, die zugleich die Unterstützung ehrenamtlich Helfender anstreben, ist etwa Indem wir Ärztinnen, Kassierer und alle die „Helden-Helfer-Aktion“ von Rot-Weiss Essen . tion beitragen, zu Helden und Heldinnen Die „Heldenwochen“ von Bayern 1 widmen sich Menschen, erklären, verpflichten wir sie praktisch zur die beruflich oder im Ehrenamt besonderen Einsatz in der Krise zeigen, und versuchen, deren Leistungen, die zumeist Außerordentlichkeit . Wir „dürfen“ dann im Verborgenen geschehen, mit Kurzporträts ans Licht zu von ihnen erwarten, dass sie Krasses holen . leisten, bis an den Rand der Erschöpfung, dass sie ihr eigenes Wohlergehen, ihre Familien und ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen – schließlich sind sie Helden . Ob Literatur sie das sein wollen, steht erstmal nicht zur Debatte; gegen Klatschen können sie sich Bröckling, Ulrich . „Coronahelden – ein Abgesang .“Wirt - kaum wehren . schaftsWoche 26. 19. Juni 2020: 42-43. (a) --- . Postheroische Helden . Ein Zeitbild . Berlin: Suhrkamp, Menschen einmal eben schnell Helden zu nen- 2020. (b) nen, ist häufig eine fragwürdige Angelegenheit. Gompertz, Will . „New Banksy artwork appears at Southamp- Gerade die Untersuchung solcher Phänomene ton Hospital.“ 6. Mai 2020. 10. Juni 2020 . Rückschlüsse auf politische Agenden und auch Groves, Jason und Josh White . „Let our teachers be heroes .” Daily Mail. 15. Mai 2020. 9. Juni 2020 . mie zulassen . Helden und Heldinnen werden in Hansen, Christiane, Kristina Sperlich und Jennifer Trausch- manchen Kontexten genau deswegen aufgeru- ke . „Editorial .“ HeldInnen und Katastrophen – Heroes and fen, damit man sie dann alleine kämpfen lassen Catastrophes . helden . heroes . héros. 5.1. (2017): 5-9. DOI kann . „[…] Heldengeschichten sind mächtige 10.6094/helden.heroes.heros./2017/01/01. Instrumente für retroperspektive Sinnstiftung .“ Hardt, Maria-Xenia . „,Corona-Held‘ ist kein Kompliment, son- (Hardt) dern gefährlich .“ Bento. 29. Mai 2020. 7. Juni 2020 . Handeln zumindest im Hinblick auf globale Ge- Hochbruck, Wolfgang und Damaris Stein . „Alltagshelden .“ sundheitskrisen eines Tages wieder weniger nö- Compendium heroicum. 2019. DOI 10.6094/heroicum/ tig sein wird und dass die Pandemie-Situation ad1.0.20191216. bald zu einem Forschungsgegenstand wird, der Morris, Steven . „New Banksy piece celebrates superhe- auf Abstand analysiert werden kann . ro health workers .“ The Guardian . 6. Mai 2020. 3. Juni Ein Heft in diesen Wochen und Monaten 2020 .

helden. heroes. héros. 6 Schlechtriemen, Tobias . „The Hero and a Thousand Actors: On the Constitution of Heroic Agency .” helden . heroes . heros . 4. 1 (2016): 17-32. DOI 10 6094/helden heroes he- ros /2016/01/03. „Heroes of the Front Lines . Stories of the courageous wor- kers risking their lives to save ours .“ Time Magazine . 2 . Juni 2020 . Wendt, Simon . Hg . Extraordinary Ordinariness: Everyday Heroism in the United States, Germany, and Britain, 1800– 2015 . Frankfurt: Campus Verlag, 2016.

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Justine Diemke 7

Weinende Helden in der Ilias

Einleitung Das Tränenmotiv in der Ilias

In der Ilias weinen die Protagonisten mindes- Die Ilias behandelt die gewaltsamen Konflikte tens ein Mal, und zwar nicht nur die Ehefrauen, der Adelsschicht sowie deren Auswirkungen auf sondern auch die Helden selbst, darunter Achill, die Gemeinschaft . Die Handlung setzt im neun- Agamemnon und Patroklos. Die häufigen Trä- ten Kriegsjahr ein und schildert mit zahlreichen nen der homerischen Helden sind eklatant und Retardationen das Ende des Krieges . Sie um- stoßen in den Schriften Platons auf Kritik 1. Be- fasst den Zorn und die Kampfenthaltung des sonders problematisch sieht Platon das Klagen Achill, den Tod von Patroklos und damit den von Männern im sepulkralen Kontext, welches Wendepunkt in Achills zuvor passivem Verhalten einen Gegenpol zur Männlichkeit darstellt . Doch sowie die anschließende Rache an Hektor . Der nicht nur Platon, auch die Tragödiendichter ver- letzte Gesang schließt mit einem emotionalen spotten die Tränen der homerischen Helden 2. Übereinkommen zwischen Priamos und Achill . Obwohl das Epos eine fiktive Welt darstellt, ist Geweint wird, unabhängig von den Gesängen, es recht unwahrscheinlich, dass der Dichter ein an insgesamt 48 Stellen, wobei der Held Achill emotionales Verhalten, welches in keiner Weise am häufigsten Tränen vergießt.5 Sie treten das mit den damaligen Konventionen übereinstimmt, erste Mal mit Achills Zorn gegen Agamemnon wiedergibt . Die Epen handeln von Helden, wel- auf und erreichen ihren Höhepunkt im 19 . Ge- che nicht nur Normen setzen, sondern als Leit- sang, als Patroklos von Hektor getötet wird . bilder fungieren oder auch kritisiert werden .3 Doch nicht nur Achill, auch zahlreiche andere Die Untersuchung bietet einen emotionsge- Entscheidungsträger bringen ihre Emotionen schichtlichen Zugang zu den homerischen Epen, durch Tränen zum Ausdruck . Obwohl die Tränen der in der Forschung bisher vernachlässigt im Einzelnen unterschiedlich motiviert sind, ist wurde 4. Für die Beschreibung von Tränen lassen die insgesamt hohe Emotionsladung der Helden sich unterschiedliche Faktoren konstatieren, die der neunjährigen Kriegshandlung geschuldet . an bestimmte Situationen gebunden sind . Für das Da Defätismus mit den heroischen Wertvorstel- Verständnis von Tränen ist entscheidend, wieso lungen nicht kompatibel ist, werden der Tod und und für wen sie offen gezeigt werden dürfen. Es das Leid auf dem Schlachtfeld zum repräsenta- ist zu klären, welche Art von Tränen vorliegt und tiven Bild des Epos . Im Folgenden soll das Trä- in welchem Ausmaß sie der Dichter rühmt oder nenmotiv systematisch ausgewertet werden . problematisiert, genauso, mit welchen sozialen Gruppen und welchem Geschlecht sie in Ver- bindung gebracht werden . Daran schließt sich die Frage, ob Tränen in den Epen problemati- Zorn siert und kritisiert werden . Hierfür werden die unterschiedlichen Gründe für Tränen in der Ilias Der heldische Zorn ist das Grundthema der Ilias – Zorn, Verzweiflung, Abschiedsszenen, Trauer und generiert gleichzeitig Tränen . Im Trojani- und Hikesie – in einzelnen Kapiteln untersucht . schen Krieg führt dieser Zorn zu gewaltigen Dabei kann die Untersuchung des Tränenmotivs Racheaktionen, welche in vielen Fällen erst mit als Indikator für Wertvorstellungen und Normen Blutrache ein Ende finden (Latacz, Homers Ilias der jeweiligen Gesellschaften in der Archaik die- 12-13). Der Grund für die Entstehung von Zorn nen . Die Untersuchung des Tränenmotivs soll zu ist die Verletzung von τιμή, für deren Rekompen- einem besseren Verständnis einzelner Motive sation der Betroffene zur Rache aufgefordert und Handlungsweisen des Protagonisten beitra- wird . Das Epos verwendet drei unterschiedliche gen . Begriffefür Zorn: χόλος, κότος und μῆνις 6. χόλος

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8 wird am häufigsten genannt und beschreibt ei- seinem Kontrahenten Gewalt anzuwenden . Die nen schnell aufflammenden Zorn, der den Hel- Gewalttat kann durch Athene verhindert werden, den zu sofortigen Aktionen verleitet und in den woraufhin der Held Rache übt, indem er Kampf- meisten Fällen durch eine Kränkung hervor- enthaltung als Druckmittel nutzt . Aus Wut zieht gerufen wird . κότος definiert den langsam auf- er sich aus der Menge zurück und setzt sich ans kommenden Zorn, der bis zu seiner Satisfaktion Meer . In der Einsamkeit vergießt er Tränen: andauert . μῆνις impliziert den göttlichen Groll,7 der gleichzeitig als Verlangen oder antreibende Aber Achill setzte sich weinend alsbald, Kraft interpretiert werden kann . Das Prooimion abseits von den Gefährten, an den Strand der Ilias beginnt mit dem Zorn des Helden Achill, der grauen Salzflut und blickte auf das μῆνις, der hier einen anhaltenden, nicht nachlas- grenzlose Meer 11. senden Groll (Latacz, Homers Ilias 13) wegen erlittener Kränkung impliziert . Achills übergroßes Die Isolierung Achills impliziert keine neue Wer- Maß an Zorn ist angeboren, wie Patroklos im tung von männlichen Tränen, sondern entspricht neunten Gesang referiert (Hom. II. 9, 255), dem menschlichen Bedürfnis nach räumlicher welchen der Protagonist nicht regulieren kann . Distanz gegenüber dem Hauptverantwortlichen Gleichzeitig wird der Leser mit dem ersten Tränen- seiner Kränkung . Sowohl in der Ilias als auch in ausbruch des Achill konfrontiert: der Odyssee (Hom. Od. 5, 152-154) gibt es ähn- liche Szenen, in denen die Helden ihre Tränen Verunehrt, denn er nahm und hat mein in Einsamkeit vergießen . Beide ziehen sich ans Ehrengeschenk, das er selbst mir fort- Meer zurück und wenden sich in ihren verzwei- nahm! So sprach er Tränen vergießend .8 felten Momenten nur noch an die Götter . Das Zurückziehen ans Meer erfolgt nicht zufällig; so Während der Heldenzorn in der Regel gegen soll Achills Mutter, die Nereide Thetis, auf das Feinde gerichtet ist, wendet sich Achills Zorn ge- Weinen ihres Sohnes aufmerksam werden . Ihre gen seinen eigenen Gefährten . Der Verantwortli- Aufgabe besteht darin, ihren Sohn zu trösten che für die Kränkung ist Agamemnon, der durch und seinen Groll gegen Agamemnon zu schmä- die Wegnahme von Achills erbeuteter Jungfrau lern . Achill vertraut ihr seinen Gram an und Briseis den Helden entehrt . Um den Zorn des bittet seine Mutter um Unterstützung für seine Apollon zu beschwichtigen, musste Agamemnon Vergeltungsaktion gegen Agamemnon . Als Kom- einer Restitution der geraubten Priestertochter pensation für seine Kränkung fordert Achill die Chryseis zustimmen . Da Apollon dem Heer eine Wiederherstellung seiner verletzten Ehre . Dass Seuche gesendet hat, blieb Agamemnon keine bei der Wegnahme des Beutemädchens per- andere Wahl, als die Tochter des Priesters zu- sönliche Gefühle im Hintergrund stehen, wird im rückzugeben . Um seinen persönlichen Verlust neunten Gesang deutlich, als Achill vor Odys- zu kompensieren, bemächtigt sich der Heer- seus auf seine Liebe zu Briseis zu sprechen führer nun Achills Siegesbeute . Das Verhalten kommt (Hom. II. 9, 340-344). Auch Thetis’ trös- des Agamemnon zieht eine Kränkung des Hel- tende Worte werden von Tränen begleitet . Die den nach sich und impliziert den Verlust von Tränen der Thetis antizipieren das bevorstehen- Achills Ehre . Die Kränkung und der Ehrverlust de Schicksal ihres Sohnes . Sein verzweifelter manifestieren sich nicht nur in der Wegnah- Zustand erinnert Thetis dabei an das über ihren me seines Besitzes,9 sondern auch durch den Sohn verhängte Unheil . Auch beim nächsten Verlust von γέρας und damit seines Ansehens Gefühlsausbruch des Achill, der erst im 18. Ge- (Horn 150), welches an Besitz und Vermögen sang aufkommt und bis zum letzten Gesang des Helden gebunden ist . Agamemnon verstößt dem Tod seines Gefährten Patroklos gewidmet als Heerführer nicht nur gegen die gesellschaftli- ist, dient Thetis ihrem Sohn als Trostspenderin . chen Normen, sondern bricht insbesondere sei- ne Vertrauenswürdigkeit gegenüber Achill (152). Die psychische Verletzung Achills unterminiert dessen moralischen Verpflichtungen gegen- Verzweiflung über dem Heer; von nun an begegnet Achill dem Schicksal seiner Gefährten mit Gleichgültigkeit . Der Krieg bringt die Helden mehrfach in verzwei- Die Tränen sind das Resultat seines Zorns, der felte Situationen, auf die die Protagonisten – aus durch die Verletzung der Ehre10 und des Anse- unserer modernen Sicht unheroisch – nämlich hens effiziert wird. Um erneut an einer Wert- mit Tränen reagieren . Doch der Gefühlsausbruch schätzung teilhaftig zu werden, trachtet der Held in einer prekären Kriegslage entspricht der Re- nach Ehrbezeugungen . Um dieses Ziel zu errei- alität und soll dem Rezipienten die Grausamkeit chen, schreckt er nicht davor zurück, gegenüber des Krieges vor Augen führen .

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9 Mit der Unterstützung des Zeus kommt es zu das resignierte Verhalten des Heerführers in- einem weiteren Vordringen der Trojaner . Zeus direkt kritisiert, was für Agamemnon allerdings verhindert das Eingreifen der anderen Göt- keine machtpolitischen Restriktionen nach sich ter, um sein Versprechen an Thetis zu erfüllen . zieht . Das Verhalten der Griechen wird während der Ganz anders wird mit Thersites verfahren, Kriegshandlungen von Unentschlossenheit und der im zweiten Buch das griechische Heer zur Verzweiflung begleitet. Nach einer weiteren Nie- Heimkehr auffordert und sich damit gegen den derlage gegen die Trojaner ist der Kampfwille Willen der Heerführer wendet 13. Obwohl Aga- der Griechen endgültig gebrochen, woraufhin memnon und Thersites von einem ähnlichen Mo- am Abend eine Versammlung einberufen wird . tivationsfaktor – der Rückkehr – bewegt werden, Wie aussichtslos die Lage auf Agamemnon wirkt, liegt Thersites’ Tränen eine völlig andere Moti- wird deutlich, wenn er die Griechen auffordert, vation zugrunde . Er kritisiert die eigennützige den Krieg zu beenden und in die Heimat zurück- Kriegsführung des Agamemnon und fordert die zukehren . Der Defätismus des Heerführers Aga- Soldaten zum Handeln gegen die Heerführer memnon wird durch Tränen externalisiert, als er auf . Thersites’ äußeres Erscheinungsbild steht in sich in einer Rede an die Truppe wendet: großer Diskrepanz zum homerischen Kanon von männlicher Schönheit . Seine körperlichen Män- Und auf stand Agamemnon, Tränen ver- gel werden mit Feigheit assoziiert (Monsacré gießend, dem dunklen Quell gleich, der 53; Hallliwell 281) und bilden einen scharfen sein trübes Gewässer vom steilen Felsen Kontrast zu dem Ideal des schönen und starken herabgießt .12 Helden . In diesem Fall kommt es zu einer sozia- len Degradierung des Soldaten, der keine über- Der Vergleich mit der Quelle soll an dieser Stelle legene Stärke akzentuieren kann und mit seinem die Intensität des Weinens unterstreichen . Die Ungehorsam gegenüber den Mächtigen dem dunkle Farbe der Quelle impliziert eine Konno- heroischen Wertesystem widerspricht . Nachdem tation mit Tod und Gefahr (Monsacré 168), mit Thersites die Führungsqualitäten des Agamem- denen Agamemnon die Niederlage assoziiert . non öffentlich missbilligt hat, wendet Odysseus Agamemnon zeigt seine Tränen offen vor sei- körperliche Gewalt gegen den verhassten Dema- nen Soldaten . Diese kritisieren ihn dafür nicht, gogen an . Als Odysseus ihm mit einem Zepter sondern nehmen Agamemnons Entscheidung auf den Rücken schlägt, bricht er in Tränen aus: mit Erleichterung auf . Da der Wirkungsgrad von Tränen, welche von einem Entscheidungsträger Also sprach er und schlug mit dem Zep- vor seinen Soldaten offen gezeigt werden, sehr ter ihm Rücken und Schultern, dass er hoch ist, wird Agamemnon die Demoralisierung sich krümmte vor Schmerz, und reichlich der Soldaten einkalkuliert haben . Agamemnons entflossen ihm Tränen. Blutig erhob sich Tränen akzentuieren nicht nur die hoffnungslose sofort eine schwellende Strieme am Rü- Lage der Griechen, sondern auch den gebro- cken, unter dem goldenen Stab, er setzte chenen Kampfwillen des Heerführers . Während sich hin, voller Schrecken, leidend, ver- im römischen Raum Tränen von Feldherren als störten Gesichts, und wischte sich ab die probates Mittel dienten, um die Soldaten zum Tränen . Aber wie alle auch zürnten, sie Bleiben zu bewegen (Hagen 109-110), fordern lachten doch herzlich darüber […] .14 Agamemnons Tränen die Soldaten zum Rück- zug auf . Die Szene stellt die Integrität des Heer- Nach Arnould sind die Tränen des Thersites führers in Frage, da dieser seine Soldaten zu die unmittelbare Reaktion auf die körperlichen ruhmlosen Handlungen auffordert (Classen Verletzungen, welche der Dichter präzise be- 30). Das Vergießen von Tränen erreicht die ge- schreibt: σμῶδιξ δ᾽ αἱματόεσσα μεταφρένου wünschte Wirkung und sorgt unter den Soldaten ἐξυπανέστη (Hom. Il. 2, 267; siehe Arnould 20; für Aufbruchsstimmung . Dass Agamemnons Waern 225). Damit wäre impliziert, dass Tränen Verhalten als Entscheidungsträger an der Stelle als Reaktion auf physische Verletzungen negativ deviant ist, ergibt sich aus den folgenden Gegen- konnotiert sind, womit eine weitere Bloßstellung reden . Diomedes stellt sich gegen Agamemnon des Demagogen erzielt wurde . Der Umstand, und deklariert einen Rückzug als feige . Den dass die Helden an keiner Stelle Tränen wegen Griechen wird daraufhin die Wahl überlassen, Kriegsverletzungen vergießen, stützt Arnoulds entweder mit Agamemnon Troja zu verlassen These . Da Thersites allerdings in seinem Auftre- oder mit Diomedes gegen den Feind weiterzu- ten und seiner sozialen Position dem heroischen kämpfen . Da das Heroentum den Kampf bis zum Kanon widerspricht, fungieren seine Tränen nur Tod vorzieht, entscheiden sich die Soldaten für als zusätzliche Diffamierung seiner Person. die Wiederaufnahme des Kampfes . Damit wird Den Tränen des Demagogen wird durch ihren

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10 Auslöser bewusst eine heroische Note entzogen . gegenüber Achill akzentuiert und sich als Vater- Thersites weint nicht wie die anderen Feldherren figur präsentiert. Mit rhetorischem Geschick ver- aus Verzweiflung über persönliches Scheitern. sucht er positive Gefühle beim Protagonisten zu Seine Tränen sind das Resultat körperlicher Ge- generieren, um den Zorn des Helden zu mildern . walteinwirkung und werden daher mit Feigheit Doch Achill ist zu keinerlei Empathie fähig und assoziiert . Die erniedrigende Behandlung des lässt von seinem Vorhaben nicht ab . Als Achill Thersites wird durch das Verlachen seitens der weiterhin die Teilnahme am Kampf verweigert Soldaten forciert, welche damit ihre dezidier- und Phoinix stattdessen die Abreise aus Troja te Einstellung zu der Auflehnung des Thersites vorschlägt, bricht Phoinix in Tränen aus: demonstrieren . Die Möglichkeit einer Rebellion unter den Soldaten wird verhindert, indem der […] und spät erst sprach unter ihnen der Unruhestifter diffamiert und verspottet wird. Das Alte, der Rosstreiber Phoinix, in Tränen Verhalten des Odysseus zielt damit auf die Auf- ausbrechend, denn er fürchtete sehr für rechterhaltung der Ordnung . Die Misshandlung die Schiffe der Achaier.16 des Demagogen dient der Abschreckung vor sei- nem ordnungswidrigen Verhalten (Schmidt 143). Phoinix ist sich der Folgen der Kriegshandlungen Das Effizieren von Tränen in verzweifelten im Falle einer Abreise des Achill bewusst. Auffal- Situationen ist nicht nur personenbezogen, son- lend ist die am Anfang erwähnte Beschreibung dern wird in gleicher Weise auch kollektiv mani- von Phoinix’ Tränen als δάκρυ᾽ ἀναπρήσας, festiert . Im dreizehnten Buch wird den Griechen welche die emotionale Intensität betonen . Die ihre hoffnungslose Situation bewusst, was sie zurückgewiesene Bittgesandtschaft soll an der mit Tränen bekunden: Stelle die ausweglose Situation der Griechen vor Augen führen . Obwohl der Dichter die Tränen […] und zugleich war es ihnen im Mut ein auf die verzweifelte Situation bezieht, können Kummer, die Troer zu sehen, die die gro- die Tränen auch als taktischer Zug des Phoinix ße Mauer überstiegen hatten in Haufen . gelesen werden . Durch die Tränen appelliert der Wie sie diese sahen, vergossen sie Trä- Erzieher an das Mitgefühl Achills, das ihm nach nen unter den Brauen, meinten sie doch, der gescheiterten Argumentationsstrategie als sie würden nicht entrinnen aus dem Un- einziges Mittel bleibt, um Achill umzustimmen . heil .15 Als Zeus das Schlachtgeschehen zuguns- ten der Trojaner wendet, scheint die Lage für Die Tränen der Soldaten werden an dieser Stel- die Griechen aussichtslos . Hektor kann zu dem le nicht mit Feigheit oder Schwäche assoziiert, Schiff des Protesilaos vordringen, was unter den sondern spiegeln eine menschliche Reaktion Soldaten Panik hervorruft (Hom. II. 15, 699-701). auf eine aussichtslose Situation wider und an- Patroklos wird mit vielen verwundeten Gefähr- tizipieren gleichzeitig ihr Schicksal . Interessant ten konfrontiert und zieht sich aus der Schlacht an der Stelle ist die situativ bedingte Äußerung zurück, um den resignierten Eurypylos zu ver- von Tränen. Die Soldaten befinden sich inmitten sorgen. Auffallend ist die geringe Anzahl von einer Kampfhandlung, als sie vor ihrem Gegner Verwundeten, welche in Diskrepanz zu der gro- zu weinen anfangen . Dass ihr Verhalten nicht als ßen Anzahl an Kriegstoten steht 17. Das Leid der deviant eingestuft wird, zeigt der Umstand, dass Griechen wird stattdessen durch die detailreiche die Soldaten keine Anstalten machen, ihre Trä- Beschreibung der Wunden illustriert . Erschüt- nen zurückzuhalten . tert von der immensen Anzahl an Kriegstoten Nach dem Streit mit Agamemnon ist Achill sowie dem Leid der Verwundeten, entscheidet nicht bereit, in Troja zu bleiben . Um eine Aus- sich Patroklos, Achill um Hilfe zu bitten . Als er söhnung mit Agamemnon herbeizuführen Achill antrifft, kann er sich nicht beherrschen und und den Helden für die Wiederaufnahme des bricht in Tränen aus . Für die Beschreibung von Kampfes zu gewinnen, wird sein Erzieher Phoi- Patroklos’ Tränen bedient sich der Dichter eines nix, als Mitglied der πρεσβεία, zu Achill gesandt . Gleichnisses: Durch die Wiedergabe von Kindheitserinnerun- gen versucht Phoinix eine emotionale Nähe zu Aber Patroklos trat zum Hirten der Völker dem Protagonisten herzustellen und die Span- Achill, heiße Tränen vergießend, und glich nung zu entladen . Die Kindheitserinnerungen der finsteren Quelle, die von steilem Ge- enthalten humorvolle Anekdoten über Achills klipp ergießt ihr dunkles Gewässer . Mit- Kindheit, welche eine Gefühlsregung evozieren leid fasste darob den göttlichen schnel- sollen . Die psychologische Tiefe dieser Szene len Achill und er hob seine Stimme und wird noch deutlicher, als Phoinix mit Verweis auf sprach die geflügelten Worte: Sprich, was seine eigene Kinderlosigkeit seine Zuneigung weinst du, mein Patroklos? Gleich einem

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11 kindischen Mägdlein, das da neben der Abschiedsszenen Mutter läuft und: Nimm mich! Sie bittet, fest an ihr Kleid sich klammernd, den Gang der Eilenden hemmend, weinend Bevor die Helden in die Schlacht ziehen, neh- blickt es hinauf, bis die Mutter es nimmt in men sie von ihren Familien Abschied, der in den die Arme . So vergießt auch du, Patroklos, meisten Fällen von Tränen begleitet wird . Das die perlende Träne .18 Bedauern über den Aufbruch wird vor allem dann emotional gesteigert, wenn ein Wieder- Gleichnisse aus der Kinderwelt werden in den sehen nicht gewährleistet ist. Das letzte Treffen Epen oft verwendet, um die Grausamkeit des zwischen Hektor und seiner Frau Andromache Krieges zu akzentuieren (Waern 227-228). sowie seinem Sohn Astyanax avanciert zu einer Achills Vergleich zwischen Patroklos und ei- berühmten Abschiedsszene, in der die Bedeu- nem weinenden Mädchen zielt nicht auf eine tung der Polis und der Familie explizit betont Diffamierung des Patroklos, sondern drückt das wird . Damit wird nicht eine antizipatorische Mitgefühl des Achill gegenüber seinem Freund Spannung in Bezug auf den Tod des Protagonis- aus (Föllinger 183; Monsacré 82, Anm. 219; Van ten aufgebaut, sondern eine emotionsgeladene Wees/Fisher 14). Der Vergleich setzt eine Intimi- Rahmenhandlung zwischen den grausamen tät zwischen beiden Protagonisten voraus und Schlachtbeschreibungen geschaffen.19 Hektors impliziert ein Schutzverhältnis . Achill übernimmt Gattin Andromache bekundet ihren Abschieds- die Rolle der mitleidenden Mutter . Das Weinen schmerz mit Tränen, welche hier den Tod des des Mädchens postuliert einen gewissen An- Helden antizipieren 20. In einer Rede illustriert spruch an die Mutter, in den Arm genommen zu sie ihre Angst vor einem Verlust und bittet ihren werden . Auch Patroklos’ Tränen stellen einen Gatten verzweifelt, die Familie nicht zu verlas- Anspruch an Achill . In ähnlicher Weise wie die sen . Andromaches Wunsch nach dem Erhalt der Mutter die Trauer ihres Kindes durch die Erfül- Familie steht in Diskrepanz zu den Erwartungen lung seiner Forderungen kalmieren kann, hat eines heroischen Kriegers . Das Einsetzen weib- Achill die Möglichkeit, seinem Gefährten durch licher Tränen kann gleichzeitig an das Mitleid seine Teilnahme an der Schlacht Schutz zu bie- ihrer Männer appellieren und die Hoffnung auf ten, da er das Unglück der Griechen mit seinem eine Umstimmung erhöhen 21. Hektor betont an- Eingreifen abwenden könnte . Die Stelle erinnert schließend das Schicksal seiner Familie und ak- an die oben besprochene Szene des weinenden zentuiert gleichzeitig seine Pflicht als Verteidiger Achill bei seiner Mutter Thetis, welche er auch und Beschützer der Polis. Die heroische Pflicht um Hilfe bittet . Patroklos weint nicht um das wird dem friedlichen Familienleben vorgezogen . kommende Unglück der Griechen, sondern um Nach dem Abschied zieht sich Andromache in die vielen Toten und Verwundeten der vergange- ihr Haus zurück und bekundet ihren Verlust mit nen Kämpfe, die er vor Achill aufzählt und deren Tränen: Anblick er besonders ausgesetzt ist (Hom. II. 16, 20-29). Indem Patroklos die Verwundung der Schon aber war sie nach Hause geeilt, besten Kämpfer in den Vordergrund stellt, be- die Gattin, häufig zurück sich wendend tont er die Notwendigkeit von Achills Teilnahme und quellende Tränen vergießend . Bald am Schlachtgeschehen . Die Tränen implizieren erreichte sie nun die schöne, prangende hiermit nicht nur eine innere Verzweiflung des Wohnung Hektors, des Männermörders, Helden, sondern appellieren an das Mitgefühl und traf die Mägde versammelt dort im des Achill, um diesen zu einer Teilnahme an der Gemach, und allen erweckte Jammer und Schlacht zu überreden . Obwohl Achill mit dem Klage, lebend noch ward Hektor beweint Gleichnis andeutet, Patroklos’ Forderungen ent- in seinem Palaste, denn sie glaubten, er gegenzukommen, entscheidet er sich letztlich würde nimmer zurück aus dem Kampfe .22 gegen die Teilnahme an der Schlacht und lässt stattdessen Patroklos mit seiner Rüstung in den Interessant ist die Durchführung der Trauerklage Kampf ziehen . Das Gleichnis dient damit der um den bevorstehenden Tod Hektors . Die kol- Vorwegnahme des bevorstehenden Todes des lektive Klage soll nicht zuletzt auf den Tod des Patroklos . Achill versagt in seiner Mutterrolle, Helden vorausweisen und die Abschiedsszene indem er den Tränen seines Freundes nicht ge- dramaturgisch pointieren . recht wird . Stattdessen akzentuiert Achill seine Tränen haben damit nicht nur eine rein schmü- Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal sei- ckende und proleptische, sondern auch eine nes engsten Gefährten . Er gestattet ihm die Teil- taktische Funktion, welche allerdings gegenüber nahme am nächsten Kampfzug, der schließlich den Erwartungen und Verpflichtungen eines Sol- zum Tod des Patroklos führt . daten keine Wirkung zeigen .

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12 Trauer um die Toten zu Suizidgedanken, sodass ihm Antilochos die Hände festhalten muss 24. Die Schmerzens- bekundung übersteigt alles Vergleichbare und Trauer ist eine individuelle Ausdrucksform einer wird daher in der Forschung auf ein homosexuel- Verlusterfahrung. Nach Freud (200) muss sich les Verhältnis zwischen Patroklos und Achill zu- der Trauernde zur Überwindung seiner Trauer rückgeführt, welches jedoch an keiner Stelle im das belastende Ereignis wiederholt in Erinne- Epos angedeutet wird 25. Jonathan Shay betont rung rufen. Schafft es der Betroffene nicht, das die besonderen Kriegsumstände, welche durch Ereignis zu verarbeiten, wird die Trauer patho- eine enge Beziehung im Kampfeinsatz und den logisch und mündet in Melancholie . Um dies zu Zusammenhalt zu einem intimen Verhältnis bei- vermeiden, wurden Trauerrituale in den Trauer- der Protagonisten geführt hätten . Horn konsta- prozess eingebunden . Trauer ist hierbei nicht im- tiert ein institutionalisiertes Basileus-Terapon- mer ein Produkt persönlicher Gefühle oder eines Verhältnis zwischen beiden Protagonisten, womit empfundenen Schmerzes, sondern impliziert die Achill zum Schutz seines Gefährten verpflichtet pflichtbewusste Erfüllung von rituellen Handlun- sei (Horn 185). Choitz betont Patroklos’ Rolle als gen. Assmann (17) zufolge evozieren die Trauer- Nachfolger von Achills Oikos sowie als Vormund riten einen kulturell bedingten Heilungsprozess . für seinen Sohn Neoptolemos (108-109). Darü- Das Weinen ist für den Trauerprozess sympto- ber hinaus kann Achills seelische Erschütterung matisch. Meuli (353-385) spricht von einem von auf ein empfundenes Familienverhältnis beider der „Sitte gebotenen Pflichtweinen“, welches in Protagonisten zurückgeführt werden (Horn 185; vielen Fällen affektiv generiert und übersteigert Shay 40-43; Latacz, Mythos Troia 131). Die ex- praktiziert wird . Die Teilnahme an Trauerritualen zessive Trauer des Achill ist für einen Krieger, demonstriert den Wunsch zur Wiederherstellung der seinen engsten Gefährten verloren hat, einer durch den Tod erodierten Ordnung . Ri- kein außergewöhnliches Verhalten (Shay 114; tuale verlangen Tränen, die auch ein Ventil für Hölscher 39; West 326). Er leidet unter Schlaf- andere Lasten werden können . Das Ritual wird entzug, fastet und entzieht sich dem sexuellen damit zum Zufluchtsort, an dem alle Sorgen ent- Vergnügen (Grethlein 122). Während die restli- lastet werden können . So müssen die Tränen chen Protagonisten ihre Trauer über Patroklos’ nicht unbedingt nur dem Verstorbenen gelten, Tod in spontanen Situationen sowie im Rah- sondern können auch andere Ursachen haben . men der Totenklage kundgeben, trauert Achill Oftmals werden für eine Totenprozession Klage- auch während der Kampfhandlung um seinen weiber eingesetzt, um während der Prozession Freund (Anastassiou 11-12). Doch auch für das exzessive Trauer zu evozieren . Die Tränen er- exzessive Trauern gelten im Kriegszustand an- halten einen besonderen Stellenwert, indem sie dere Regeln als im Friedensfall . Als der Held ge- gegenüber dem Verstorbenen Würde und Ehre schwächt in den Kampf ziehen möchte, wird er betonen. Daher kann Achill keine Ruhe finden, von Odysseus auf sein nonkonformes Verhalten solange Patroklos ohne Bestattung und Toten- hingewiesen: klage bei den Schiffen liegt (Hom. II. 22, 379). Der Tod ist ein wesentlicher Bestandteil der Ilias […] denn allzu viele fallen schnell aufei- und findet mehr Beachtung als der Krieg per se nander den ganzen Tag, wann könnte da (Griffin 85-102; Horn 136). Der heroische Ver- einer vom Kummer sich erholen? Nein, haltenskodex zieht den Tod auf dem Schlacht- wir sollen den Toten bestatten, sobald er feld dem ewigen Leben vor und stellt das hohe gestorben . Fest, mit gelassenen Herzen Alter als mühevoll und eine Last dar (Hom . II . 5, und einen Tag beweinen, und all die, wel- 153; 8, 103; 18, 434; 23, 644; 23, 623). che vom verhassten Krieg übrigbleiben, Achills zahlreiche Tränenausbrüche gel- müssen der Speis und des Tranks geden- ten ab dem 18. Gesang allein dem Tod sei- ken, damit wir noch stärker mit feindlichen nes Gefährten Patroklos, der den Höhepunkt Männern kämpfen immerfort .26 der gesamten Ilias bildet . Die Todesnachricht wird ihm von Antilochos, mit dem er eine enge Obwohl in Kriegszeiten gewöhnlich wenig Raum Freundschaft pflegt, überbracht. Tränen kön- für die ordentliche Bestattung der Kriegstoten nen angesichts von Achills übermenschlichem bleibt, wird hier jedem Toten nicht nur eine Be- Schmerz und seiner Erschütterung der über- stattung, sondern gleichzeitig eine Trauerklage brachten Nachricht nicht mehr gerecht werden .23 gewährt . Allerdings müssen die Kampfhand- Um der Intensität seines Schmerzes Ausdruck lungen zeitnah wiederaufgenommen werden, zu verleihen, reagiert Achill auf den Tod seines weshalb die Trauerzeit einen Tag nicht über- Freundes mit Klagegesten und rauft sich die schreiten soll . Odysseus problematisiert damit Haare . Der unerträgliche Schmerz steigert sich das persistente Trauerverhalten der Soldaten,

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13 welches ihre Leistungsfähigkeit reduziert . Eine Tränen Ausdruck zu verleihen . Als die Pferde prolongierte Trauer muss nicht immer durch Trä- von dem Tod ihres Besitzers erfahren, weinen nen bekundet werden, sondern kann sich wie sie über den Verlust und aus Sehnsucht nach im Falle des Achill durch Nahrungsdeprivation Patroklos . Antilochos versetzt die Nachricht vom äußern . Das heißt nicht, dass Achill zu keinen Tod des Patroklos in Sprachlosigkeit: Tränen mehr fähig ist . Seine Trauer über Patro- klos hält bis zum letzten Buch an und wird durch Und Antilochos entsetzte sich, als er die die Nähe zum Toten wie beim Anblick der Leiche Rede hörte, und Sprachlosigkeit, wortlo- oder durch Erinnerungen immer wieder evoziert: se, ergriff ihn lange, und die Augen füllten sich ihm mit Tränen […] und ihn, den Trä- Indessen Achill weinte, seines Gefähr- nen vergießenden, trugen die Füße aus ten gedenkend, noch unberührt von des dem Kampf, um dem Peleus-Sohn Achill Schlummers allbezwingter Macht, er das schlimme Wort zu melden .29 wälzte sich hierhin und dorthin, immer sich sehnend nach Patroklos’ Kraft und Obwohl Antilochos mit Patroklos weder ver- adliger Mannheit, und in Gedanken, wie- wandt ist noch, wie Achill, in einem engeren viel sie gemeinsam erlebt und erduldet Verhältnis steht, ist er durch die Nachricht kon- […] dessen eingedenk vergoss er reich- sterniert. Antilochos befindet sich mitten auf dem liche Tränen .27 Schlachtfeld, als er von Menelaos von Patroklos’ Tod erfährt . Dabei unterbindet er seine Trauer- Die häufige Reminiszenz an seinen Gefährten bekundung nicht, sondern lässt seinen Tränen löst bei dem Protagonisten ἄλγεα aus und führt freien Lauf . Die Stelle ist ein weiterer Beleg da- zu einer besonders starken emotionalen Reak- für, dass die Soldaten ihre Tränen während der tion . Seine Trauer wird nicht nur durch Tränen, Kampfhandlungen nicht zurückhalten mussten . sondern durch exzessive Körpergesten, wie das In ähnlicher Weise wie die Helden trauert die Herumwälzen auf dem Boden, bekundet . Um gefangene Briseis, als sie mit dem Tod des Pa- das innere Leid zu lindern, wendet er sich wieder troklos konfrontiert wird (Hom. II. 19, 287-300). an Thetis. Vor seiner Mutter offenbart er seine in- Ihre Tränen sind keine Reaktion auf die Todes- nerste Verzweiflung. Er bereut nicht nur, auf die nachricht, sondern werden durch die Konfronta- Welt gekommen zu sein, sondern äußert seinen tion mit dem entstellten Leichnam des Patroklos Wunsch zu sterben . Aus der Klage spricht ein bedingt, während ihre Klage von lautem Klage- Schuldgefühl des Achill, seinen Gefährten nicht geschrei zu Tränen übergeht . Due begründet beschützt zu haben . Die Begegnung mit ihrem Briseis’ Trauer gegenüber Patroklos’ Tod als Sohn rührt die Meeresnymphe erneut zu Tränen . normale Reaktion auf einen familiären Verlust, Diese gelten nicht dem Verlust des Patroklos, da sie Patroklos zu einem gewissen Grad als sondern antizipieren das bevorstehende Schick- Vaterfigur beklagt.30 Mit der Trauerklage ver- sal ihres Sohnes . Anschließend bittet sie He- sucht Briseis ihre Stellung in der griechischen phaistos unter Tränen, für ihren Sohn Waffen zu Gemeinschaft zu legitimieren, indem sie ihre schmieden . Dass Tränen im Rahmen eines Bitt- Trauer nicht nur durch Tränen, sondern, wie es gestus wirkungsvoll eingesetzt werden, konnte die Tradition verlangt, forciert durch Klagegesten bereits gezeigt werden . Tränen haben in diesem zum Ausdruck bringt. Nach Petersmann (8) ist Zusammenhang die Funktion, die Entscheidung Briseis’ Trauer auf das enge Verhältnis zu Patro- des Gottes positiv zu beeinflussen. Kurz vor der klos zurückzuführen . Da Briseis in dem Moment Übergabe der geschmiedeten Waffen wirft sich allerding ihre schmerzvolle Vergangenheit proji- Achill über die Leiche des Patroklos und fängt ziert, müssen ihre Tränen als Ausdruck ihres ei- an zu weinen (Hom. Il. 19, 4-6). Erst der Anblick genen Leids verstanden werden . Die Trauer von der von Hephaistos geschmiedeten Waffen kann Achill und Briseis korreliert ab einem gewissen den Helden zum Handeln bewegen, indem Ge- Punkt, da sie auf den Anblick des toten Gefähr- fühle der Aggression und Rachelust überhand- ten in gleicher Weise mit Geschrei und Tränen nehmen .28 Der Verlust seines Gefährten wird reagieren .31 Auch die Klage wird komplementär zum entscheidenden Motivationsfaktor seiner zum Ausdruck gegeben, indem sie ihre zerstör- Racheaktion gegen Hektor . Ein Großteil des ten Hoffnungen auf eine familiäre Verbundenheit Kriegsepos widmet sich im Folgenden Achills akzentuieren .32 Im Unterschied zu der Toten- Sühnung von Patroklos’ Tod . klage der Briseis kann Achill seine Trauer über Nicht nur Achill, auch zahlreiche andere Patroklos emotional übersteigern . Nach Loh- Protagonisten wohnen der Klage über den Tod mann (20) stehen die beiden Klagen in bewuss- des Patroklos unter Tränen bei . Plötzlich erhal- ter Wechselwirkung, um Achills Trauer über die ten auch Tiere die Fähigkeit, ihrer Trauer durch der Briseis emporzuheben, da für Achill der Tod

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14 seines Gefährten das größte Unglück darstellt . jammerte drüben, Tränen vergießend […] Damit lässt sich eine geschlechterspezifische so sprachen die beiden weinend zu ihrem Darstellung der Trauer, wie sie Monsacré postu- Sohn .34 liert, abstreiten . Neu ist die Beschreibung der Tränen des Während sich Priamos die Haare rauft, entblößt Antilochos und des Achill als δάκρυα θερμὰ die Mutter vor ihrem Sohn die Brust (Hom . Il . 22, (Hom. Il. 18, 234-235; Hom. Il. 18, 16-17) . Die 77-90). Das Entblößungsmotiv soll nicht nur ihre Idee der Wärme, die mit dem Wachstum und der Mutterschaft symbolisieren, sondern das enge Fruchtbarkeit verbunden ist, steht in Relation zu Mutter-Kind-Verhältnis hervorheben 35. Hektor soll der biologischen Vorstellung von Tränen in den daran erinnert werden, wie viel Mühe seine Erzie- späteren Schriften des Aristoteles (Aristot . probl . hung mit sich brachte . Beide Elternteile versuchen 959b20-30) . Die Wärme der Tränen ist nicht nur auf das Handeln ihres Sohnes Einfluss zu nehmen, Ausdruck ihrer Vitalität, sondern scheint dem doch lässt sich Hektor nicht von seinem Vorhaben Leid der Protagonisten eine besondere Qualität abbringen . Der gleiche Handlungsstrang ist auf zu verleihen (Monsacré) . Auch während der Lei- der Seite der Griechen zu erkennen . Ähnlich wie chenbergung vergießen die Argeier heiße Trä- Hekabe beweint Thetis den bevorstehenden Tod nen . Die Leichenbergung während der verein- ihres Sohnes (Hom. Il. 18, 428; Hom. Il. 1, 413- barten Waffenruhe bleibt ein fester Bestandteil 416; Hom. Il. 18, 94). Im letzten Buch erreicht die des Kriegsgeschehens (Shay 99) . Die Leichen Schmerzbekundung über den Tod der Gefallenen werden nicht nur vom Schlachtfeld gebracht, ihren Höhepunkt, als nicht nur die Griechen ihren sondern gewaschen und gepflegt. Die Möglich- Helden beweinen, sondern die Trojaner um den keit, seine Gefährten nochmals zu sehen und sie Verlust ihres Helden Hektor in die affektive Toten- zu ehren, verringert nach Shay (106) ein Trau- klage einstimmen . Die emotionale Erschütte- ma bei den Hinterbliebenen . Die gemeinsame rung des Priamos erreicht im Vergleich zu Achills Trauer der Soldaten begünstigt den Zusammen- Trauerbekundung eine neue Intensität: Als er halt zwischen den Gefährten,33 der, anders als vom Tod seines Sohnes erfährt, wälzt er sich in heute, keine Anonymität kannte . Es ist evident, Kot . Sein Leid wird in erster Linie nicht nur ver- dass der zur Verfügung stehende Freiraum für bal, sondern auch durch exzessive Gesten und den Abschied eine wichtige Komponente bildet, Klagen geäußert . Für den Schmerz über Hektors doch muss das enge Verhältnis zwischen den Tod verwendet der Dichter den Ausdruck ἄχος Soldaten auf den Erfolg des Trauerprozesses ὀξὺ (Hom. II. 22, 225), während der Tod der an- kontraproduktiv gewirkt haben . Mit dem Ziel, die deren Söhne nur mit ἄχνυμαι charakterisiert wird Bedeutung des Trauerprozesses für die Menta- (Anastassiou 19). Die Trauerklage kann hier dem lität der Soldaten zu ergründen, vergleicht Shay Schmerz über den Tod Hektors nicht mehr ge- (96-97) den Trauerprozess im Vietnamkrieg mit recht werden und löst bei Priamos den Wunsch dem in der Ilias . Er bemerkt, dass die mangeln- aus, seinem Leben ein Ende zu setzen . Sowohl de Trauerarbeit in Vietnam – wo männliche Trä- der Tod Hektors als auch der Patroklos’ wird in nen mit Gefahr und Schwäche assoziiert wurden dem Moment, als die Todesnachricht eintrifft, be- – die Hauptursache für die psychischen Erkran- weint, sowie im Rahmen der Trauerklage, in der kungen der Veteranen darstellt (ebd. 108-109). Tränen als religiöse Verpflichtung fungieren. In In der Ilias impliziert die offene Zurschaustellung beiden Fällen avanciert die Trauerbekundung zur von Tränen keine Verweichlichung der Protago- Massentrauer: nisten . Dort wird den Soldaten die Bestattung und Trauerklage für jeden Toten gestattet . Hier- Also sprach er, da klagten sie alle, geführt bei lässt Shay allerdings die Kritik des Odysseus von Achill . Dreimal lenkten sie rings um außer Acht, der die Auswirkungen einer anhal- den Toten die mähnigen Rosse, weinend, tenden Trauer auf die Kampfleistung der Solda- und Thetis erregte der Klage Sehnsucht ih- ten problematisiert, welche aus diesem Grund in nen, feucht wurde der Sand und feucht die späterer Zeit reglementiert werden muss . Waffen der Männer von Tränen.36 Bevor Hektor in seine letzte Schlacht zieht, wird der Tod von seinen Eltern durch eine Trauer- Die Tränen gelten nicht nur Patroklos und Hek- klage präfiguriert. Der Schmerz wird in unter- tor allein, sondern jedem, den sie zu Hause zu- schiedlicher Weise geäußert: rückgelassen haben (Hom. II. 19, 338-339). Die Totenklage führt zu einem kollektiven Erinne- […] so sprach der Greis und raufte die rungsprozess, worin Tränen illustrativ eingesetzt grauen Haare mit den Händen und riss sie werden . Es mag zunächst überraschen, dass sich vom Kopf, doch dem Hektor beredete die männlichen Protagonisten häufiger über den er nicht den Mut . Die Mutter aber wieder Tod ihrer Gefährten weinen als die Ehefrauen

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15 und Mütter 37. Andromache beweint den Tod ihres [Priamos] weinte häufig, zusammenge- Ehegatten an zwei Stellen: beim Anblick des ent- kauert vor den Füßen des Achill, aber stellten Leichnams (Hom. Il. 6, 405) – ein Motiv Achill weinte um seinen Vater, und ein der Nähe, welches bereits oben konstatiert wur- andermal wieder um Patroklos, und ein de – sowie während der Totenklage (Hom . Il . 22, Stöhnen erhob sich von ihnen durch das 515). Der Trauer seiner Mutter Hekabe wird nur Haus .40 beim Empfang der Todesnachricht und während der Totenklage Ausdruck verliehen (Hom . Il . 22, Für einen kurzen Moment kommt es zu einer en- 437), während Priamos’ Leid durch wiederkeh- gen Verbundenheit der Feinde, die den Protago- rende Tränenausbrüche hervorgehoben wird . nisten das gemeinsame Trauern und die einzige Die Trauer der Frauen wird in den meisten Fällen erfolgreiche Hikesie ermöglicht . Beide teilen das nicht individuell, sondern kollektiv geäußert . Die gleiche Schicksal: den grausamen Tod eines Tränen von Helena, Andromache und Hekabe geliebten Menschen . Während der gegenseiti- sind Bestandteil der Trauerklage . Das geringere gen Anteilnahme ihres Leids hat der Hass kei- Vorkommen von weinenden Frauen ist nicht nur ne Bedeutung mehr . Für einen kurzen Moment auf die Unterrepräsentation von weiblichen Cha- sind die Grenzen der Feindschaft durchbrochen, rakteren zurückzuführen, sondern auch auf ihren woraufhin der Konsens mit einem gemeinsamen geringen Redeanteil in der Ilias . Selbst Astyanax, Mahl besiegelt wird . Die bloße Parallelität ihrer dem als Kleinkind das Urteilsvermögen noch ver- Schicksale mildert den Schmerz beider Protago- wehrt ist, reagiert auf den Tod seines Vaters mit nisten und evoziert weitere Erinnerungen an das Tränen: δεδάκρυνται δὲ παρειαί (Hom. Il. 22, 491; eigene Leid . So befällt Achill plötzlich das Ver- 499-500). langen, seinen Vater zu beweinen: πατρὸς ὑφ᾽ In der emotionalsten Szene der gesamten Ilias ἵμερον ὦρσε γόοιο (Hom. Il. 24, 510-512). Der – dem Gespräch zwischen Achill und Priamos – Anblick des Priamos erinnert Achill an seinen ei- ermöglichen Tränen eine räumliche und konflikt- genen Vater Peleus, der seinen Sohn auch nicht freie Nähe zwischen beiden Kontrahenten . Um mehr wiedersehen wird 41. Priamos schafft es, eine Rückgabe des Leichnams seines Sohnes zu Achill von der Rückgabe des Leichnams zu über- realisieren, bleibt Priamos nichts anderes übrig, zeugen, und bringt die Leiche vor das Haus, um als Achill mittels einer materiellen Rekompensa- die Menge zur Klage aufzufordern . Die Menge tion um die Freigabe des Leichnams zu bitten . soll ausgiebig weinen, bevor die Leiche wegge- Gegen den Willen seiner Familie und Gefährten bracht wird (Hom. Il. 24, 713-717). Die Klage- fasst Priamos den Entschluss, das Lager des rede für den Verstorbenen, welche von Tränen Feindes zu betreten, um die Rückgabe der Lei- begleitet wird, übernehmen Andromache, Heka- che zu erbitten . Priamos agiert als Supplikant und be und Helena 42. Die Trauerklage, die für beide ist bereit, sich vor dem Feind zu erniedrigen (Horn Toten öffentlich zelebriert wird, dient der Kathar- 229). Wie gefährlich dieses Unterfangen für Pria- sis und Ehrerweisung für die Toten . Dabei wird mos ist, wird von seinen Gefährten hervorgeho- nicht die Bedeutung der Toten für Troja hervor- ben . Die zahlreichen Tränen, die er bereits über gehoben, sondern das Schicksal der Frauen den Tod seines Sohnes vergossen hat, haben thematisiert . Dass die Durchführung der Trauer- ihm noch keine Linderung verschafft: klage eine große gesellschaftliche Relevanz hat, wird daran deutlich, dass die Kampfhandlungen Hektor! Dass er doch gestorben wäre in für die Bestattung und das Beweinen der Toten meinen Armen! So hätten wir beide uns ge- unterbrochen werden . Ihre Trauer wird gleichzei- sättigt an Weinen und Klagen, die Mutter, tig zum Vorwand, um eine emotionale Erregung, die ihn gebar, die Unglückselige, wie auch die auf das persönliche Schicksal bezogen ist, ich selber . So sprach er weinend […] 38. zu externalisieren . Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Die Befreiung von seinem Schmerz kann erst Tränen im Trauerkontext in der Ilias eine übliche durch die Inbesitznahme des Leichnams und da- und von der Gesellschaft geforderte Reaktion mit der Durchführung der Totenklage erfolgen . darstellen . Die Trauerklage beschränkt sich auf Die Anteilnahme, mit der Achill seinem Bittflehen den Tod zweier bedeutender und hochrangi- begegnet, wurde in der Forschung immer wieder ger Heerführer, was die Dimension der Trauer thematisiert 39. Auch für Achill stellt die Begegnung verständlicher macht . Der Umfang der Trauer- eine persönliche Überwindung dar und führt ihm prozession akzentuiert nicht nur deren Loyalität, die Erinnerungen an den Tod des Patroklos und sondern wird zum Ausdruck ihrer symbolischen seines Vaters erneut vor Augen . Es folgt ein pa- Macht . thetischer Moment, welcher der Szene eine inti- me Pointe verleiht:

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16 Hikesie persönlicher Rache (Zanker 48-59). Im Falle der beiden Brüder Peisandros und Hippolochos liegt der individuelle Wert ihrer Ermordung höher als Eine weitere Funktion von Tränen lässt sich der ihrer Schonung . Da ihr Vater Antimachos für in Hikesie-Szenen erkennen . In der Ilias wird den Tod des Odysseus und Menelaos plädiert hat, Angst direkt vor dem Feind gezeigt, besonders müssen seine beiden Söhne nun einem Rache- in Augenblicken, in dem sich die Person in Le- akt zum Opfer fallen . Der Drang nach einer Wie- bensgefahr befindet und Gnade erbittet. Das derherstellung der verletzten Ehre erhält in den Hikesie-Verhalten ist in der Ilias unheroisch und Epen größeres Gewicht als die Bereicherung lässt sich nur bei den Trojanern beobachten . In durch materielle Güter . Damit evoziert der Ein- der Ilias kommt es in zwei Fällen zur Gefangen- satz von rhetorischen Mitteln und emotionalen nahme von Feinden, welche in ähnlicher Weise Gesten in solchen Fällen beim Gegner kein Mit- gegenüber dem Feind mit Bittflehen reagieren. leid . Hierbei erfolgt eine Selbsterniedrigung des Sup- plikanten, die sich in der Anerkennung der Über- legenheit des Gegenübers äußert (Horn 106). Dolon, der im Lager der Achaier als Spion ge- Fazit fangen genommen wird, bittet unter Tränen um seine Freilassung (Hom. II. 10, 454-455). Da es Die historische Interpretation der Epen auf sich beim Bittsteller um einen Kontrahenten han- Grundlage einer neuen Methode, dem emotions- delt, dürfen die Tränen kein Mitgefühl beim Hel- geschichtlichen Zugang, konnte zu einem neuen den erzeugen (Kim 57). Zur Hikesie gehört au- Kenntnisgewinn der Epen beitragen . Tränen ßerdem eine Gegenleistung des Bittstellers, wie dienen nicht nur der dramaturgischen Aus- etwa eine materielle Rekompensation in Form schmückung der Epen, sondern bilden reale von Lösegeld . Obwohl Odysseus ihm Schonung Handlungsmuster ab . Im Epos sind Tränen nicht in Aussicht gestellt hat, wird Dolon im troischen geschlechtsspezifisch und postulieren standar- Lager getötet . disierte Reaktionsmuster, die in keiner Diskre- Die Brüder Peisandros und Hippolochos, die panz zu den gesellschaftlichen Normen stehen . ebenfalls gefangengenommen wurden, versu- Die Tränen von Männern sind kein Zeichen von chen, dem Feind die Vorteile einer Freilassung Schwäche und tun dem Heldentum keinen Ab- zu demonstrieren . Doch die versprochenen bruch . In der Ilias weinen die Protagonisten, Reichtümer reichen nicht aus, um sich aus der wenn ihnen das Wichtigste genommen wird: die Gefangenschaft freizukaufen: Ehre und der Ruhm . Darüber hinaus signalisie- ren Tränen Angst und Verzweiflung während der Fange uns lebend, Atreus-Sohn! Und Kampfhandlungen . In den meisten Fällen sind nimm angemessene Lösung! Viele Kost- Tränen in das Ritual der Trauerklage eingebun- barkeiten liegen in des Antimachos Häu- den und fungieren als religiöse Pflicht gegenüber sern, Erz und Gold und vielbearbeitetes dem Verstorbenen . Darüber hinaus erfüllen Trä- Eisen: Davon wird dir gern der Vater uner- nen eine proleptische Funktion, indem sie den messliche Lösung geben […] so sprachen Tod der Helden präfigurieren. Im Trauerkontext die beiden weinend zu dem König .43 lässt sich ein geschlechtsbedingter Unterschied (Monsacré) des emotionalen Ausdruckes kaum Mit ihren Tränen appellieren sie an das Mitge- konstatieren . In den Totenfeiern wird neben den fühl ihres Gegners, um eine Freilassung zu er- Klagesängerinnen der Threnos auch auf die wirken .44 In ähnlicher Weise bittet Priamos Achill Männer übertragen . Der Klagegesang wird von unter Tränen um die Rückgabe des Leichnams den Ehefrauen und Müttern praktiziert, wobei er seines Sohnes . Die Tränen von Peisandros und in der Ilias nur im letzten Buch reflektiert wird. Hippolochos erreichen nicht die gewünschte Während die Tränen in der Ilias zum Heroen- Wirkung, Agamemnon lehnt die Supplikation ab . tum dazugehören, werden sie in der Tragödie für Die Folge ist die Ermordung beider Söhne des den Ruhm des Helden als gefährlich eingestuft . Antimachos durch Agamemnon . Da die verspro- Männer, die trotzdem weinen, werden verspottet chenen Gegenstände des Bittstellers für den und als Frauen degradiert 45. Die Reglementie- Helden einen Ehrgewinn und eine materielle Be- rung von Tränen beschränkt sich – ähnlich wie in reicherung bringen können, liegt der Erfolg einer der Odyssee – auf den Trauerkontext . Anders als Hikesie durchaus im Bereich des Möglichen . So im Falle der Penelope ist auch den Frauen das verschont Achill die Söhne des Priamos Anti- anhaltende Trauern nicht mehr gestattet 46. Die- phos und Isos . Ein abgelehntes Gesuch steht se Pflicht zur Emotionskontrolle findet sich be- hingegen in einem kausalen Zusammenhang mit reits in der Odyssee, worin der Held permanent

helden. heroes. héros. Weinende Helden in der Ilias

17 in Tränen ausbricht . Die fatalen Auswirkungen 8 Hom. Il. 1, 356-361: ἠτίμησεν: ἑλὼν γὰρ ἔχει γέρας αὐτὸς des Krieges werden durch Tränen manifestiert ἀπούρας ὣς φάτο δάκρυ χέων . und verlangen eine strengere Reglementierung 9 So ist die Frau nur ein Vorwand, die Schmähung durch in bestimmten Situationen wie etwa an Festta- Agamemnon der Grund für die Tränen, siehe Monsacré 139- 140; Arnould 53. gen oder nach dem Nachtmahl . Doch nicht nur Tränen, auch andere Emotionen müssen in der 10 Zum Begriff: Horn 99. Odyssee zurückgehalten werden . Während der 11 Hom. Il. 1, 348-350: αὐτὰρ Ἀχιλλεὺς δακρύσας ἑτάρων ἄφαρ ἕζετο νόσφι λιασθείς, θῖν᾽ ἔφ᾽ ἁλὸς πολιῆς, ὁρόων ἐπ᾽ Zorn in der Ilias den Grundstrang der Handlung ἀπείρονα πόντον . bildet, wird er in der Odyssee stark abgewertet . 12 Hom . Il . 9, 13-14: ἂν δ᾽ Ἀγαμέμνων ἵστατο δάκρυ χέων Die emotionale Selbstkontrolle korreliert mit der ὥς τε κρήνη μελάνυδρος ἥ τε κατ᾽ αἰγίλιπος πέτρης δνοφερὸν zunehmenden Institutionalisierung der Gesell- χέει ὕδωρ . schaft, welche auf die Kanalisierung von Emo- 13 Die Thersites-Szene wurde in der Forschung mehrfach tionen und die Kontrolle von Gewalt zielt . Eine diskutiert. Olshausen (132) sieht das Auflehnen des Thersi- ausführliche Untersuchung zu Tränen in der tes als Umsturzversuch . Hellmann spricht von gewöhnlichen Tragödie und ein Vergleich mit den Epen wäre Zuständen, welche auf allgemeine Zustimmung stoßen . Da- mit, dass Thersites’ Verhalten zu einem Zusammensturz der damit ein reizvoller Ansatz für eine Studie . sozialen Ordnung führen kann, rechtfertigt Odysseus sein Verhalten, siehe Schmidt; Lincoln; Seibel. Für Geschnitzer, Justine Diemke ist wissenschaftliche Mitar- Scott (25-27) und Nicolai (100) ist die Szene unproblema- beiterin am Arbeitsbereich Alte Geschichte der tisch, da sie das Unrecht des Thersites bereits durch sein Universität Hamburg . In ihrer Dissertation be- Äußeres betont sehen. Sagan (38) sieht Thersites als Kari- katur des Helden . schäftigt sie sich mit der Darstellung und Be- wertung von depressiven Erkrankungen in der 14 Hom. Il. 2, 265-270: ὣς ἄρ᾽ ἔφη, σκήπτρῳ δὲ μετάφρενον ἠδὲ καὶ ὤμω πλῆξεν: ὃ δ᾽ ἰδνώθη, θαλερὸν δέ οἱ ἔκπεσε griechischen und römischen Literatur . δάκρυ: σμῶδιξ δ᾽ αἱματόεσσα μεταφρένου ἐξυπανέστη σκήπτρου ὕπο χρυσέου: ὃ δ᾽ ἄρ᾽ ἕζετο τάρβησέν τε, ἀλγήσας 1 Plat. rep. 388a. Nach Platon ist jegliche Art von Emotio- δ᾽ ἀχρεῖον ἰδὼν ἀπομόρξατο δάκρυ. οἳ δὲ καὶ ἀχνύμενοί περ nen ein Hindernis für rationales Handeln, weswegen er eine ἐπ᾽ αὐτῷ ἡδὺ γέλασσαν . Unterdrückung der Affekte postuliert, siehe Erler 35. 15 Hom. Il. 13, 86-88: καί σφιν ἄχος κατὰ θυμὸν ἐγίγνετο 2 Eur. Hel. 947-948; Soph. Ai. 317-322. Das emotional ge- δερκομένοισι, Τρῶας, τοὶ μέγα τεῖχος ὑπερκατέβησαν ὁμίλῳ. prägte Verhalten der Helden steht in klarer Diskrepanz zur τοὺς οἵ γ᾽ εἰσορόωντες ὑπ᾽ ὀφρύσι δάκρυα λεῖβον, οὐ γὰρ propagierten Selbstkontrolle der klassischen Zeit . ἔφαν φεύξεσθαι ὑπ᾽ ἐκ κακοῦ. 3 Zum Begriff des Heldentums, siehe Meyer/von den Hoff 16 Hom . Il . 9, 432-433: ὀψὲ δὲ δὴ μετέειπε γέρων ἱππηλάτα 9-14 . So agieren die Helden als Exemplum idealer Verhal- Φοῖνιξ δάκρυ᾽ ἀναπρήσας: περὶ γὰρ δίε νηυσὶν Ἀχαιῶν . tensnormen, welche selber aus vergangener Erzählung Durchschnittlich kommt auf acht Tote ein Verwundeter, stammen . 17 siehe Shay 181. 4 Einen ersten Versuch, die Bedeutung von Tränen zu eru- Hom. Il. 16, 2-11: Πάτροκλος δ᾽ Ἀχιλῆϊ παρίστατο ποιμένι ieren, hat Hélène Monsacré in ihrer Monografie Les larmes 18 λαῶν δάκρυα θερμὰ χέων ὥς τε κρήνη μελάνυδρος ἥ τε κατ᾽ d’Achille – héros, femme et souffrance chez Homère für die αἰγίλιπος πέτρης δνοφερὸν χέει ὕδωρ. τὸν δὲ ἰδὼν ᾤκτιρε Ilias unternommen . Dominique Arnould greift in seiner Mono- ποδάρκης δῖος Ἀχιλλεύς, καί μιν φωνήσας ἔπεα πτερόεντα grafieLe rire et les larmes dans la littérature grecque die Trä- προσηύδα: τίπτε δεδάκρυσαι Πατρόκλεες, ἠΰτε κούρη νηπίη, nen der homerischen Helden an einigen Stellen auf, indem ἥ θ᾽ ἅμα μητρὶ θέουσ᾽ ἀνελέσθαι ἀνώγει εἱανοῦ ἁπτομένη, er die narrative Bedeutung von Tränen in der griechischen καί τ᾽ ἐσσυμένην κατερύκει, δακρυόεσσα δέ μιν ποτιδέρκεται, Literatur erfasst . Der lange Zeit vernachlässigte Forschungs- ὄφρ᾽ ἀνέληται: τῇ ἴκελος Πάτροκλε τέρεν κατὰ δάκρυον εἴβεις . bereich wurde von Sabine Föllinger in den 2000er Jahren wieder aufgenommen . In ihrem Aufsatz „Tears and Crying 19 Der Abschied eines Soldaten von seiner Familie ist ein in Archaic Greek Poetry“ fasst Föllinger das unterschiedli- zentrales Thema in der archaischen und frühklassischen Va- che Vorkommen von Tränen in den homerischen Epen zu- senmalerei . In diesen Abschiedsszenen von Frau und Ange- sammen. Für Föllinger sind Tränen gattungsspezifisch, was hörigen sollen die Wehrbereitschaft sowie die Erwartung der sie an einem Fragment des Archilochos zu zeigen versucht . Polis demonstriert werden . Doch anders als in der Literatur Unter anderem Blickwinkel beschäftigt sich Hans van Wees wird die Frau hier emotionslos dargestellt, siehe Van Wees, in seinem Aufsatz „A Brief History Of Tears“ mit Tränen in Warriors . der archaischen Zeit, die im Trauerkontext zum Ausdruck 20 Hom. Il. 5, 495-496: ἄλοχος δὲ φίλη οἶκον δὲ βεβήκει, gebracht werden . Van Wees kann sowohl anhand ikonogra- ἐντροπαλιζομένη, θαλερὸν κατὰ δάκρυ χέουσα . phischer Darstellungen als auch literarischer Quellen einen entscheidenden Wandel in der Trauerklage zwischen beiden 21 In Rom wird den Frauen geraten, Tränen einzusetzen, Geschlechtern konstatieren . um ihre Männer zu erweichen, siehe Ov. am. 1, 8, 83; 1, 7, 58. 5 Insgesamt acht Mal: Hom. Il. 1, 348-350; Hom. Il. 1, 356- 361; Hom. Il. 18, 73; Hom. Il. 18, 234-235; Hom. Il. 19, 4-6; 22 Hom. II. 6, 495-502: ἄλοχος δὲ φίλη οἶκον δὲ βεβήκει Hom. Il. 19, 338; Hom. Il. 24, 4-9; Hom. Il. 24, 510-512. ἐντροπαλιζομένη, θαλερὸν κατὰ δάκρυ χέουσα. αἶψα δ᾽ ἔπειθ᾽ ἵκανε δόμους εὖ ναιετάοντας Ἕκτορος ἀνδροφόνοιο, μῆνις wird mit Groll übersetzt. Zu den Definitionen siehe 6 κιχήσατο δ᾽ ἔνδοθι πολλὰς ἀμφιπόλους, τῇσιν δὲ γόον Adkins; Cairns; Considine. πάσῃσιν ἐνῶρσεν. αἳ μὲν ἔτι ζωὸν γόον Ἕκτορα ᾧ ἐνὶ οἴκῳ: 7 Die Verwendung des Terminus soll an der Stelle nicht οὐ γάρ μιν ἔτ᾽ ἔφαντο ὑπότροπον ἐκ πολέμοιο ἵξεσθαι . die göttliche Erscheinung des Protagonisten, sondern die 23 Das Motiv der Tränenlosigkeit bei zu großem Schmerz besondere Nähe zu Zeus zum Ausdruck bringen, siehe La- findet auch Niederschlag in der römischen Literatur, etwa bei tacz, Homers Ilias 13 . Sen. Tro. 409; Cic. Tusc. 3, 63; Lucan. 7, 43.

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18 24 Hom. Il. 18, 32-33: Ἀντίλοχος δ᾽ ἑτέρωθεν ὀδύρετο Hektor bereits vollzogen hat . Die Schändung des Leichnams δάκρυα λείβων, χεῖρας ἔχων Ἀχιλῆος: ὃ δ᾽ ἔστενε κυδάλιμον stillt vorübergehend Achills Rachebedürfnis . κῆρ . 42 Hom. Il. 24, 746-781: ὣς ἔφατο κλαίουσ᾽, ἐπὶ δὲ 25 Siehe Halperin 83-87; Mauritsch 114-120; Horn 185; στενάχοντο γυναῖκες [Andromache]; ὣς ἔφατο κλαίουσα, Choitz 108. Wöhrle (66-67) spricht von einer Vater-Sohn- γόον δ᾽ ἀλίαστον ὄρινε [Hekabe]; τὼ σέ θ᾽ ἅμα κλαίω καὶ ἔμ᾽ Beziehung . ἄμμορον ἀχνυμένη κῆρ […] ὣς ἔφατο κλαίουσ᾽, ἐπὶ δ᾽ ἔστενε δῆμος ἀπείρων [Helena]. 26 Hom. II. 19, 226-232: λίην γὰρ πολλοὶ καὶ ἐπήτριμοι ἤματα πάντα πίπτουσιν: πότε κέν τις ἀναπνεύσειε πόνοιο; 43 Hom. Il. 11, 131-136: ζώγρει Ἀτρέος υἱέ, σὺ δ᾽ ἄξια δέξαι ἀλλὰ χρὴ τὸν μὲν καταθάπτειν ὅς κε θάνῃσι νηλέα θυμὸν ἄποινα: πολλὰ δ᾽ ἐν Ἀντιμάχοιο δόμοις κειμήλια κεῖται, χαλκός ἔχοντας ἐπ᾽ ἤματι δακρύσαντας: ὅσσοι δ᾽ ἂν πολέμοιο περὶ τε χρυσός τε πολύκμητός τε σίδηρος, τῶν κέν τοι χαρίσαιτο στυγεροῖο λίπωνται μεμνῆσθαι πόσιος καὶ ἐδητύος, ὄφρ᾽ ἔτι πατὴρ ἀπερείσι᾽ ἄποινα […] ὣς τώ γε κλαίοντε προσαυδήτην μᾶλλον ἀνδράσι δυσμενέεσσι μαχώμεθα νωλεμὲς αἰεὶ . βασιλῆα . 27 Hom . Il . 24, 4-9: κλαῖε φίλου ἑτάρου μεμνημένος, οὐδέ 44 Während in der Ilias die Hikesie nur von Seiten des μιν ὕπνος ᾕρει πανδαμάτωρ, ἀλλ᾽ ἐστρέφετ᾽ ἔνθα καὶ ἔνθα Feindes in Anspruch genommen wird, lässt sich das Hikesie- Πατρόκλου ποθέων ἀνδροτῆτά τε καὶ μένος ἠΰ, ἠδ᾽ ὁπόσα Verhalten in der Odyssee auch von Seiten der Griechen τολύπευσε σὺν αὐτῷ καὶ πάθεν ἄλγεα […] τῶν μιμνησκόμενος beobachten . Im Rahmen der Lügengeschichte an Eumaois θαλερὸν κατὰ δάκρυον εἶβεν . beschreibt Odysseus seine Hikesie gegenüber dem ägypti- schen König . In seiner Lügengeschichte ist Odysseus zwar 28 Der Anblick der Waffen forciert die Erinnerung an den ein Mann aus Kreta mit einer eigenen Geschichte, in die er Verlust des Patroklos, siehe Coray 21 . jedoch unbewusst Erlebnisse aus seiner Erinnerung trans- 29 Hom. Il. 17, 695-701: Ἀντίλοχος δὲ κατέστυγε μῦθον portiert . Die Hikesie wird auch hier von Tränen begleitet . ἀκούσας, δὴν δέ μιν ἀμφασίη ἐπέων λάβε, τὼ δέ οἱ ὄσσε, Inwieweit Odysseus’ Situation in Ägypten auf ein ähnliches δακρυόφι πλῆσθεν […] τὸν μὲν δάκρυ χέοντα πόδες φέρον Erlebnis an einem anderen Ort hindeutet, kann nicht beant- ἐκ πολέμοιο, Πηλεΐδῃ Ἀχιλῆϊ κακὸν ἔπος ἀγγελέοντα . wortet werden; klar ist, dass in der Odyssee auch der Grie- 30 Due 75 . Er führt dies auf Briseis’ Status einer κούρη zu- che vor dem Feind auf die Knie geht . rück . 45 Soph. Trach. 1070-1075: ἴθ᾽, ὦ τέκνον, τόλμησον: 31 Hom. Il. 18, 234-235: μυρόμενοι: μετὰ δέ σφι ποδώκης οἴκτιρόν τέ με πολλοῖσιν οἰκτρόν, ὅστις ὥστε παρθένος εἵπετ᾽ Ἀχιλλεὺς, δάκρυα θερμὰ χέων, ἐπεὶ εἴσιδε πιστὸν βέβρυχα κλαίων, καὶ τόδ᾽ οὐδ᾽ ἂν εἷς ποτε τόνδ᾽ ἄνδρα ἑταῖρον . φαίη πρόσθ᾽ ἰδεῖν δεδρακότα, ἀλλ᾽ ἀστένακτος αἰὲν εἱπόμην κακοῖς. νῦν δ᾽ ἐκ τοιούτου θῆλυς ηὕρημαι τάλας . 32 Einen Vergleich zwischen Achills und Briseis’ Totenklage hat bereits Lohmann unternommen, der eine inhaltliche Ent- 46 So im Falle der Elektra: Soph. El. 282-292: εγώ δ› όρώσα sprechung zwischen beiden Klagenden feststellt . Die Klage δύσμορο; κατά στέγα; κλαίω, τέτηκα, κάπικωκύω πατρός τήν der Briseis bezeichnet Lohmann (19) im Vergleich zu Achills δυστάλαιναν δαΐτ› έπωνομασμένην αύτή ττpò; αύτήν ούδέ jedoch als passiv und verhalten . γάρ κλαΰσαι πάρα τοσόνδ› όσον μοι θυμό; ήδονήν φέρει. αύτη γάρ ή λόγοισι γενναία γυνή φωνοΰσα τοιάδ› έξονειδίζει 33 Crowley untersucht das Motivationsverhalten von athe- κακά» ώ δύσθεον μίσημα, σοι μόνη πατήρ τέθνηκεν ; άλλο; δ› nischen Hopliten und was die Soldaten dazu veranlasste, ούτι; έν πένθει βροτών , κακώς δλοιο, μηδέ σ› έκ γόων ποτέ an der brutalen Kampfweise teilzunehmen . Eine besondere των νΰν άπαλλάξειαν ol κάτω θεοί . Rolle für die Effizienz eines Heeres spielten ihm zufolge der enge Zusammenhalt und die forcierte Brüderschaft zwischen den Soldaten, welche, wie wir oben bereits feststellen konn- ten, bereits auf die Archaik zurückzuführen ist . Literatur 34 Hom. Il. 22, 77-90: ἦ ῥ᾽ ὃ γέρων, πολιὰς δ᾽ ἄρ᾽ ἀνὰ τρίχας ἕλκετο χερσὶ τίλλων ἐκ κεφαλῆς: οὐδ᾽ Ἕκτορι θυμὸν ἔπειθε. μήτηρ δ᾽ αὖθ᾽ ἑτέρωθεν ὀδύρετο δάκρυ χέουσα […] Adkins, Arthur William Hope . Merit and Responsibility . A ὣς τώ γε κλαίοντε προσαυδήτην φίλον υἱὸν . Study in Greek Values. Oxford: Clarendon Press, 1960. 35 Das Entblößungsmotiv fungiert außerdem als Fruchtbar- Anastassiou, Ioannis . Zum Wortfeld Trauer in der Sprache keitssymbol, Monsacré 89. Homers . Diss . Hamburg 1973 . 36 Hom. Il. 23, 12-16: ὣς ἔφαθ᾽, οἳ δ᾽ ᾤμωξαν ἀολλέες, ἦρχε Arnould, Dominique . Le rire et les larmes dans la littérature δ᾽ Ἀχιλλεύς. οἳ δὲ τρὶς περὶ νεκρὸν ἐΰτριχας ἤλασαν ἵππους grecque, d’Homère à Platon. Paris: Belles Lettres, 1987. μυρόμενοι: μετὰ δέ σφι Θέτις γόου ἵμερον ὦρσε. δεύοντο Assmann, Jan . „Die Lebenden und die Toten .“ Der Abschied ψάμαθοι, δεύοντο δὲ τεύχεα φωτῶν δάκρυσι. von den Toten . Trauerrituale im Kulturvergleich . Hg . Jan 37 Loraux (30-31) beobachtet ganz richtig, dass die Frauen Assmann, Franz Maciejewski und Axel Michaels . Göttin- in der Unterweltszene viel Aufmerksamkeit erhalten . gen: Wallstein, 2005: 16-36. 38 Hom. II. 22, 426: ὡς ὄφελεν θανέειν ἐν χερσὶν ἐμῇσι, τώ Brügger, Claude . Homers Ilias . Gesamtkommentar: Vierund- κε κορεσσάμεθα κλαίοντέ τε μυρομένω τε, μήτηρ θ᾽, ἥ μιν zwanzigster Gesang. Berlin: De Gruyter, 2009. ἔτικτε δυσάμμορος, ἠδ᾽ ἐγὼ αὐτός. ὣς ἔφατο κλαίων […]. Cairns, Douglas . „Ethics, Ethology, Terminology: Iliadic Anger 39 Ein Grund wird in der durch Geschenke und Ehrerbie- and the Cross-Cultural Study of Emotion .“ Ancient Anger: tung forcierten τιμή des Helden gesehen, siehe Macleod; Perspectives from Homer to Galen . Hg . Susanna Braund Brügger . Andere Forscher sprechen von einem Altruismus und Glenn W. Most. Cambridge: Cambridge UP 2004: 11-49. des Helden, siehe Zanker; Hammer. Choitz, Tamara . „Achill in Vietnam .“ Der altsprachliche Unter- 40 Hom. Il. 24, 510-512: κλαῖ᾽ ἁδινὰ προπάροιθε ποδῶν richt Latein, Griechisch 4+5 (2011): 107-115. Ἀχιλῆος ἐλυσθείς, αὐτὰρ Ἀχιλλεὺς κλαῖεν ἑὸν πατέρ᾽, ἄλλοτε Classen, Carl Joachim . Vorbilder – Werte – Normen in den δ᾽ αὖτε, Πάτροκλον: τῶν δὲ στοναχὴ κατὰ δώματ᾽ ὀρώρει . homerischen Epen. Berlin: De Gruyter, 2009. 41 In der Forschung wird die Szene als entscheidende Considine, Patrick . „Some Homeric Terms for Anger .“ AClass Veränderung von Achills Persönlichkeit gesehen, der seine 9 (1966): 15-25. Emotionen zu kontrollieren lernt, siehe Most . Die Aussage ist nicht ganz richtig, da Achill an diesem Punkt seine Rache an Coray, Marina . Neunzehnter Gesang . Faszikel 2: Homers Ili- as: Gesamtkommentar. Berlin: De Gruyter, 2009.

helden. heroes. héros. Weinende Helden in der Ilias

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helden. heroes. héros.

DOI 10.6094/helden.heroes.heros./2020/01/03

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„This was always a shabby war“ – Deheroisierung und Gender in Troy: Fall of a City

I epischen Kyklos – einer Sammlung mehrerer Epen, die den troianischen Krieg zum Inhalt ha- ben – schon in der Antike vielfach umgestaltet und Im Februar 2018 startete die Mini-Serie TFC: modifiziert, nicht nur in der Literatur (Euripides, Fall of a City (TFC) im britischen Raum auf BBC Herodot, Dion Chrysostomos), sondern beispiels- One und parallel dazu in vielen Ländern auf Net- weise auch auf Vasenmalereien, so dass keine flix. Das Drehbuch (D. Farr, N. Harris, Regie: O. einheitliche Erzählung der Eroberung Troias Harris, M. Brozel) erzählt die Eroberung Troias existierte (Burgess; Mangold). Die Handlung von vom schicksalhaften Paris-Urteil bis zum Fall der TFC stimmt außerdem im Großen und Ganzen Stadt 1. 14 Jahre nach Wolfgang Petersens Film mit dem Kern des Narrativs überein, welches Troy wurden die acht Folgen mit Spannung er- Homer und anderen Autoren der griechischen wartet, auch weil TFC bereits im Vorfeld viel Auf- Archaik und Klassik als Grundlage für ihre Bear- merksamkeit auf sich gezogen hatte, da die Pro- beitungen des Troia-Mythos gedient hatte . duzenten die Rolle des Achill und des Zeus mit Zum anderen möchte die vorliegende Analy- den dunkelhäutigen Schauspielern David Gyasi se keineswegs anachronistische Diskrepanzen und Hakeem Kae-Kazim besetzt hatten . So thematisieren oder vermeintliche historische mancher sah darin einen Verrat an unverrück- ,Schnitzer‘ benennen 4. TFC ist wie jeder andere baren Fakten wie dem „blonden Achill“ (ξανθός/ Spielfilm über Troia, wie jedes Gemälde, jedes xanthos, Il. 1, 197) und fürchtete um die Exis- Theater- oder Musikstück, übrigens auch wie je- tenz von scheinbar etablierten Heldenimaginati- des antike Vasenbild, das sich auf Troia bezieht, onen .2 TFC entpuppte sich aber natürlich nicht in ein Kunstwerk, dem man nicht vorwerfen sollte, dieser, sondern in ganz anderer Hinsicht als eine was es eigentlich gar nicht leisten will und wor- deheroisierende Interpretation des troianischen über sich selbst die Forschung nicht einig ist – Sagenstoffes. Die Serie knüpft an eine vor allem nämlich die exakte Dokumentation von histori- in den letzten Jahrzehnten sehr häufig anzutref- scher Wirklichkeit . fende Verarbeitung des Troia-Stoffes an, welche Ich orientiere mich deshalb an den Überle- – wie schon Euripides’ Troerinnen und auch zum gungen von Th . Späth und M . Tröhler, die bezüg- Teil die Ilias – weniger die Kämpfe und archa- lich der TV-Serie Rome (2005–2007) den Nutzen ische männliche Heldenvorstellungen, sondern der sogenannten populären Geschichtskultur, in mehr die dunklen Seiten des Krieges abseits Anlehnung an die Gedanken des französischen des Schlachtfeldes sowie das Leid der Frauen Philosophen D . S . Milo, darin sahen, sich auf die in den Mittelpunkt rückt 3. Diese Umsetzung des Experimentierfreudigkeit einer filmischen Um- Troia-Stoffes und die implizierte Dekonstruktion setzung einzulassen, dabei die neuen Assozia- von Heldenbildern stellt ein überaus reizvolles tionen, die durch visuelle und auditive Eindrücke filmisches Ausloten neuer Sichtweisen dar, das entstehen, weiterzudenken und es zuzulassen, dem Zuschauer in mehrerlei Hinsicht einiges ab- dass gängige, eingefahrene Vorstellungen durch verlangt, aber eine genauere Betrachtung lohnt . die Konfrontation mit dem Anderen und Unge- Vorab sei bemerkt, dass meine Untersuchung dachten brüchig werden (Späth/Tröhler; Milo). sich nicht methodisch der Frage widmen wird, Konkret: Ich betrachte, inwiefern TFC die Pro- inwiefern TFC von der Ilias Homers oder dem tagonisten der Troia-Handlung als Helden oder troianischen Sagenkreis abweicht oder inwiefern Anti-Helden darstellt, in welcher Hinsicht die die Serie ,historische Fehler‘ beinhaltet . Für die- Serie etablierte Deutungen hinterfragt und wie se Vorgehensweise gibt es Gründe: Zum einen sich somit bisherige Bewertungsgrundlagen des wurden die per se bereits variierenden Narra- Heroischen verschieben . Um nicht in eine vage tive der Werke Homers und des sogenannten und wenig aussagekräftige Vergleichsstudie zu

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22 münden, die möglichst alle Varianten des Troia- unheroisches Verhalten vorwerfen, weil er seine Stoffes heranzieht, dient mir vor allem die Ilias Mitstreiter im Stich ließ . Ebenso kann man den von Homer als Referenzwerk . Meine Beobach- permanenten Nörgler Thersites, der im zweiten tungen konzentrieren sich auf zwei wesentliche Buch der Ilias (212-277) die Menge zur Rück- Figuren in TFC, auf Helena und Odysseus . An kehr nach Griechenland aufstachelt, als Anti- ihnen lässt sich die Deheroisierungs-Strategie Helden sehen, weil er illoyal gegen seine Vor- der Serie am eindrucksvollsten nachvollziehen .5 gesetzten intrigiert; oder aber: man sieht in ihm denjenigen, der als einziger die Wahrheit über Agamemnons widerspruchsvolle Vorgehens- weise ausspricht .12 II Welche Perspektive man auch einnehmen mag, die mit dem troianischen Sagenkreis ver- Die Ilias spannt mit ihren ganz unterschiedli- knüpften Protagonisten sind – trotz oder gerade chen Figuren ein breites Koordinatensystem aufgrund veränderter Wertmaßstäbe – in ihrem auf, in dem sich sehr heterogene Heldenbilder Handeln bis in die heutige Zeit ambivalent . Sie und -konzepte verorten lassen 6. Homers Hel- polarisieren und provozieren, als Helden, Gegen- den produzieren zum einen – ganz im Sinne helden, Antihelden, unabhängig von dem zeit- von Luhmann – Nachahmungswillen „durch Ab- lichen Hintergrund, den die Rezipienten ein- weichung“, das heißt, sie können als Vorbilder nehmen. Somit ist es auch legitim, die filmische fungieren, die erwartbare Leistungen transgre- Umsetzung des Troia-Stoffes in TFC aus einer dieren: beispielsweise im kriegerischen Bereich modernen Perspektive zu betrachten, dabei (Achill, Diomedes, Aineias), im Hinblick auf ihre gewisse Akzentverschiebungen im Hinblick auf Intelligenz und Ingeniosität (Odysseus) oder be- die Ilias zu eruieren und – gemäß dem oben züglich ihrer beinahe übermenschlichen Über- skizzierten Interpretationsansatz – danach zu windungsstärke (Odysseus, Priamos).7 Dieses fragen, wie TFC mit den troianischen Helden- Konzept von Gegenhelden macht die Ilias auch figuren umgeht und was uns die Serie damit zu einem Werk, das unterschiedliche Adressa- über den Fall Troias und vielleicht auch über uns ten in unterschiedlichen Zeiten anspricht:8 Für selbst erzählen will . Alexander den Großen mögen Achill und Diome- des aufgrund ihrer unbändigen Kraft und ihres ,Vorwärtsdrängens‘ Vorbilder gewesen sein und vielleicht sind sie das auch noch für einen heu- III tigen Leser, der auf brutale Schlachtenbeschrei- bungen steht 9. Odysseus spricht – damals wie Zunächst zur Figur der Helena: Gerade in der heute – Leser an, welche den Scharfsinn seines Ilias wird deutlich, dass man diese Protagonis- Handelns bewundern und sein Vorgehen in ge- tin nicht auf ihre sprichwörtliche Schönheit redu- wisser Weise als heroischen Gegenentwurf zum zieren, sondern vor allem ihren vielschichtigen brachialen Draufgängertum interpretieren . Pria- Charakter beachten sollte . Auf der einen Seite mos wird wohl nicht nur in heutiger Zeit bewun- floh sie offensichtlich aus Liebe mit Paris aus dert für seine beispiellose Selbsterniedrigung, Sparta; auf der anderen Seite macht sie sich – als er den Leichnam seines Sohnes bei Achill sogar in Anwesenheit der troianischen Fürsten auslöste .10 Frauen wie Andromache, die wäh- – heftige Vorwürfe und zeiht sich unverantwort- rend des Krieges trotz der vielen psychischen lichen Leichtsinns (Il . 3, 173-175, siehe auch 3, und physischen Herausforderungen wichtige 410-412). Helenas Wesen bleibt vielschichtig und Begleiterinnen ihrer Ehemänner waren, fungier- komplex, und gerade deshalb sehr menschlich . ten ebenfalls nicht nur heute als herausragende, Allerdings geht mit dieser Undurchdringlichkeit wenngleich tragische Heldinnen, sondern auch ihres Charakters keine reine Opferrolle einher: in der Antike . Gerade aufgrund ihrer klaren Reue gewinnt Zum andern können die Hauptprotagonisten Helena eine gewisse Kontrolle über ihr Leben aber auch als Anti-Helden wahrgenommen wer- zurück, sie ist nicht mehr nur die Getriebene, den, oftmals übrigens gleichzeitig zu ihrem Sta- ein Objekt,13 sie übernimmt Verantwortung für tus als Gegenheld, was den dynamischen und ihr Handeln, obwohl sie eigentlich ein Spielball multiperspektivischen Charakter der Helden- von Aphrodite ist (Fulkerson 119). Ihr selbst- zeichnungen Homers zusätzlich unterstreicht 11. kritisches Verhalten steht – gerade angesichts Achills Leistungen auf dem Schlachtfeld kon- ihres Stigmas einer unvernünftigen, von Emo- kurrieren mit seinen anderen Verhaltensweisen, tionen und Affekten getriebenen Person – in aber wiederum nur aus einer bestimmten deutlichem Kontrast zu den männlichen Protago- Perspektive: Man kann ihm egoistisches, nisten wie Agamemnon oder Achill, die eigenes

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23 Fehlverhalten auf das Eingreifen der Götter zu- Homers Ilias in einen modernen Kontext aktua- rückführen und die eigene Schuld auf andere ab- lisiert 17. wälzen (z.B. Il. 19, 86-90). Ähnlich wie Helena ist auch Odysseus bereits In TFC wird dieser Aspekt im ersten Drittel in der Ilias eine sehr ambivalente Figur, wenngleich der Serie stark betont und gegenüber der Ilias die Vielschichtigkeit seines Charakters noch nicht noch weiterentwickelt . Als Paris (M . S . Rein- so breit angelegt ist wie in der Odyssee . Trotzdem bold) in Sparta weilt und um Helena (B. Dayne) erweist sich Odysseus während des Krieges um wirbt, erweist sie sich nicht als willenlose Frau, Troia als ein exzeptioneller Charakter, der einfach die lediglich ihrer sexuellen Lust unterliegt . Letzt- anders ist als die übrigen Helden . Diese Hetero- endlich zieht sie mit nach Troia, weil Paris – wohl genität erschöpft sich jedoch nicht in der stereoty- mit geheimer Unterstützung von Aphrodite – ihr pen Eigenschaft eines unerreichten Scharfsinns in Aussicht stellt, ein Leben in Freiheit zu führen und einer unübertroffenen Redegewandtheit. Ein und kein Dasein als eingeschlossene Ehefrau weiteres, oft übersehenes Merkmal ist das emoti- zu fristen 14. Helenas Flucht aus Sparta wird zur onslose Agieren des Odysseus: „Tous les grands Emanzipation einer Frau, die ihr eigenes Leben héros pleurent dans l’Iliade“ – außer Odysseus 18. leben will . Mit dieser ungerührten Haltung korrespondiert ein Als Helena mit Paris in Troia ankommt, nimmt oftmals geradezu apathischer Gemütszustand, sie auch dort ihr Schicksal in die eigene Hand, der beim Leser mögliche Rückschlüsse auf die in- agiert selbstbewusst und souverän, sie trotzt der nere Verfasstheit des Helden auslöst: Im Gegen- fremden Umgebung, trotzt der Feindseligkeit, die satz zu Agamemnon, Achill oder Ajax lacht Odys- ihr manchmal heimlich, manchmal offen, entge- seus nie .19 genschlägt . Während einer Beratung über ihr Odysseus steht zudem in einer gewissen Dis- weiteres Schicksal besteht sie gegenüber Pria- tanz zu dem kriegerischen Chaos um ihn herum mos (D. Threlfall) und Hekabe (F. O’Connor) auf (Pache 20). Dies wird beispielsweise deutlich, der Anhörung ihrer Meinung mit den Worten: „I wenn Odysseus, der Konfusion des Krieges hear […] that, in this city, man and woman are entrückt, ein Fels in der Brandung, unbeweglich equal in respect and power“ (Ep. 2, TC 4:26). stehen bleibt, als die griechische Armee nach Ihr Mitspracherecht bezieht sie auf eine Gleich- Agamemnons Test im zweiten Buch sich schrei- berechtigung, die sie in Troia vorzufinden scheint end in alle Richtungen auflöst (Il. 2, 170). Sol- und die TFC auch tatsächlich suggeriert 15. Im che Beschreibungen zeichnen in der Ilias ein gleichen Atemzug verweist Helena auf ihre einprägsames, geradezu plastisches Bild des in eigene und freie Entscheidung, nach Troia zu gewisser Weise einsamen Helden, dessen Auf- kommen, und auf einen für sie wichtigen Aspekt treten und Handlungen einen Blick in sein In- ihres Daseins: „I am not a possession . I am a wo- neres nur andeutungsweise zulassen 20. Ohne man . I think, I feel, I am here, because I want to dass der Eindruck entsteht, dass Odysseus die be .“16 Unterstützt werden diese Worte von einer Vorgänge vor Troia gänzlich kalt ließen – es wirkt Kameraführung, die nah auf Helena fokussiert, eher so, als ob er eine durch und durch nüchterne ihrer zentrierten und das Bild dominierenden Sil- und rationale Reaktion auf alle Überforderungen houette Gewicht verleiht, sie nicht in einem gro- des Krieges anstrebe –, erscheint Odysseus in ßen Palastraum optisch klein erscheinen und der Ilias wie ein Held, der sich seine Emotionen damit untergehen lässt . Kurze Zeit später zeigt und seine innere Aufruhr für das aufsparen muss, sich die nächste Stufe des ,Karrieresprungs‘ von was seiner noch harren sollte .21 Helena: Im troianischen Thronrat plädiert sie an- Die Produzenten von TFC haben das facetten- gesichts der drohenden Hungersnot für eine Öff- reiche Profil dieser Figur erkannt und das darin nung der königlichen Kornspeicher und kann sich angelegte Potential behutsam ausgebaut . Joseph mit ihrem Vorschlag sogar gegen das etablierte Mawle stellt mit seiner ganzen Körperhaltung ei- Factotum Pandaros (A. Lanipekun), eines all- nen robusten und scheinbar unerschütterlichen mächtigen Palastdieners, durchsetzen . TFC führt Odysseus dar . Seine nach hinten gekämm- somit eine bereits in der Ilias angelegte emanzi- te Frisur entblößt die hohe Stirn, hinter der der patorische Lesart der Helena fort und inszeniert Zuschauer ein geradezu fiebriges Berechnen sie im Verbund mit anderen wichtigen Frauen in neuer Lösungen und alternativer Handlungs- Troia – Hekabe und Andromache (C. Pirrie) – zu möglichkeiten im Trubel umstürzender Peripetien einer Vorreiterin weiblicher Unabhängigkeit, bei während des Krieges erahnen kann, vor allem, der die Frau nicht Objekt, sondern Subjekt des da die Kamera immer wieder in kritischen Situa- Geschehens ist; sie behält die Kontrolle über ihre tionen einen Kreis um Odysseus beschreibt und Entscheidungen und über ihr Leben in der Hand das ,Denken nach allen Seiten‘ des Helden, der und schlüpft deshalb in die Rolle einer weiblichen nun den einzigen Fixpunkt symbolisiert, einfängt . Heldenfigur, weil TFC die Figur der Helena aus Im ersten Teil der Serie erkennt Odysseus als

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24 einziger von allen Protagonisten am deutlichs- findet immer einen Weg, die fatalen und verhee- ten die Macht und Ohnmacht des menschlichen renden Entwicklungen, die durch Agamemnons Daseins und das Ausgeliefertsein an kontingen- kurzsichtiges, impulsives Handeln ausgelöst te Realitäten. Als Agamemnon (J. Harris) in der werden, sanft und ohne große Konflikte in ge- zweiten Folge nach den gescheiterten Verhand- eignete Bahnen zu lenken . Er vermag das lungen den in seiner statischen und naiven Un- Eskalationspotential konfliktträchtiger Interes- beholfenheit kaum zu übertreffenden Kriegsplan senskonstellationen zu prognostizieren und die zur Eroberung Troias wie ein Rezept darlegt oftmals zerstörerische Interaktion sich über- („Tomorrow, at dawn . Outright assault . We start kreuzender, heterogener Intentionen produktiv in at the ridge . Charge the plain . Meet them face- neue Lösungswege umzuleiten . Seine Stressre- to-face . Infantry and horsemen . […] We climb silienz – im Vergleich zu anderen Personen wie the citadel, we take the city, we get Helen back . Agamemnon, Menelaos oder auch Nestor wirkt We take their gold . We take the city . We go Odysseus weitaus weniger angegriffen von den home“; Ep. 2, TC 43:20), antwortet Odysseus Herausforderungen des Feldzuges – wird für den nur lapidar: „We should build ditches . Dig our- Zuschauer auch deshalb immer wieder deutlich, selves in between the plain and the ships, in case weil Odysseus sich der Ohnmacht des eigenen of counter-attack “. Agamemnon lehnt das ver- Handelns bewusst zu sein scheint und gerade wundert ab („No need . The assault will take one aus dieser Erkenntnis heraus nie in eine gedank- day, no more“), weil sein eingeschränkter Zugang liche Sackgasse gerät . zur Realität kein komplexes Möglichkeitsdenken Während der vierten und der fünften Folge je- zulässt 22. Er geht davon aus, dass das Opfer sei- doch setzt in TFC eine Peripetie ein, welche das ner Tochter Iphigenie einen Sieg garantiere und Handeln beinahe aller Helden, vor allem auch beschäftigt sich nicht mit alternativen Szenarien . von Helena und Odysseus, als ohnmächtiges Zu erkennen, dass in der komplexen Interakti- Getriebensein und als Kapitulation vor der un- on menschlicher und göttlicher Intentionen und aufhaltbaren Dynamik sich verwickelnder Hand- Handlungen vorausgedachte Absichten durch- lungsstränge offenbart, die in manchen Fällen kreuzt werden, ungewollte und unvorhergese- zur Preisgabe sämtlicher Werte und moralischer hene Entwicklungen eintreten und Pläne mögli- Richtlinien führt . TFC bezieht sich dabei auf den cherweise nur von kurzfristiger Dauer sind, ist ihm im Narrativ der Ilias angelegten Wahnwitz des nicht gegeben . Im Gegensatz dazu Odysseus, gesamten Unternehmens, die Grausamkeit des der – wie sich bald herausstellt – nicht nur den Krieges und die Mutation menschlicher Verhaltens- Ausgang der ersten ,Eroberungsschlacht‘ bereits weisen bei einer gewaltsamen Eroberung und im Voraus antizipierte, sondern auch den weite- führt diese Aspekte durch eine dezidierte Demas- ren Verlauf des Krieges: So schleuste er vor dem kierung des Krieges auf mehreren Ebenen vor Krieg den Spion Xanthias (D. Avery) in Troia ein, Augen . der ihm und den Griechen essentielle Informati- Zunächst wird jegliche Form einer ,romanti- onen zuspielte . Als Achill in der dritten Episode schen‘ Sichtweise des Krieges vor Troia auf ver- – noch nicht seelisch belastet vom späteren Bris- schiedenen Ebenen unterminiert . Sinn und Rele- eis-Raub – davon erfährt, spricht er nachdenklich vanz des gesamten Feldzuges erscheinen schon aus: „Typically Odysseus . Always a contingency früh in einem fahlen Licht . Achill, von dem man plan.“ (Ep. 3, TC 22:51) das am wenigsten erwarten würde, fragt Patro- klos zu Beginn des Feldzuges in einer effektvoll inszenierten Szene an der wellenumsäumten Küste von Troia: „What do you think the sea ma- IV kes of it all, Patroclus? We come here, we bleed, patch up, fight again. To us it’s everything, right? Beide Figuren, Helena und Odysseus, erschei- But to the sea?“ (Ep. 3, TC 41:08). nen somit im ersten Drittel der Serie als zwei Symptomatisch ist zudem der Zweikampf zwi- Protagonisten, die trotz widriger Umstände dem schen Achill und Hektor . Dieser zeigt die übliche Geschehensverlauf ihren Stempel aufdrücken . Abfolge von Finten, Ausweichen und Parieren, Helena behauptet sich im fremden Umfeld Troia; idealisiert jedoch das Duell nicht mit einer ästheti- ihr verständiges, demütiges und gleichzeitig sou- schen Kampftechnik . Wenn Achill Hektor schließ- veränes Auftreten erntet großen Respekt bei Pri- lich alle Finger abschlägt und ihm – als sich der amos und Hekabe – weniger bei Andromache schwer verwundete Hektor weigert, auf die Knie – und das Stigma der Ehebrecherin und ,Raben- zu gehen – die Achillessehnen durchschneidet, mutter‘, das ihr seit der Flucht anhaftete, gerät, bleibt von einem heldenhaften Kräftemessen nicht zuletzt aufgrund ihres selbstbewussten nichts mehr übrig . Es waltet nur noch stumpfe, Auftretens, in den Hintergrund . Und Odysseus rohe Gewalt .

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25 Der Zweikampf ist darüber hinaus nicht auf- kehrbarer Folgenentwicklungen überschreiten grund des ,Finales‘ der beiden besten Kämpfer ließ, versetzte ihn geradezu zwangsläufig in ein dramatischer Höhepunkt, sondern vielmehr eine solche Konstellation . Obwohl TFC in einer aufgrund der (mit)leidenden Gesichter der Tro- etwas losen Art göttliches Walten assoziiert und ianer auf der Mauer . Diese Szene ist symbolisch überirdische Entitäten einbindet, deren Spiel für den ganzen Film: Der Schwerpunkt verla- mit den Menschen diese von sämtlicher Schuld gert sich weg von den Kämpfenden hin zu dem freisprechen könnte, gilt für Agamemnon in dem Schmerz und dem blanken Entsetzen der be- Spannungsverhältnis von unabänderlicher göttli- teiligten Zuschauer, die keine Zuschauer mehr cher Determination und eigener Schuld trotzdem sind, sondern Beteiligte, und hin zum Leid all das, was auch schon Aischylos über den persi- derjenigen, die nicht zu den Kämpfern gehören . schen Großkönig Xerxes und seine Niederlage Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem gegen Griechen sagte: „Doch ist einer selbst zu Los der Frauen . Gerät das Schicksal der beiden eifrig, trägt ein Gott zum Fall noch bei .“ (Aisch . Kriegsgefangenen Briseis und Chryseis in der Ili- Pers. 742) as angesichts des Streits zwischen Agamemnon und Achill oft allzu schnell in den Hintergrund, führt TFC dem Zuschauer sehr deutlich vor Au- gen, was vor allem die unschuldigen weiblichen V Opfer zu ertragen hatten . Die spitzen und schril- len Schreie von Chryseis, die von Agamemnon Immer wieder realisiert der Zuschauer: Die Er- vergewaltigt wird, dringen durch Mark und Bein . oberung Troias war kein ritterlicher Kampf, Die Kamera richtet sich von außen auf das Zelt sondern eine Belagerung, die aufgrund ihrer des griechischen Heerführers, vor dem zwei zeitlichen Erstreckung alle jene psychischen griechische Posten mit ihren Fackeln wie eine Phänomene und Abnutzungserscheinungen bei Mahnwache aussehen, die nächtliche Stille, in Belagerungen verstärkte, welche die Geschichte die Chryseis ihre von blanker Panik gezeichne- als Beispiele kennt: Wut, Misstrauen, Hinter- ten Schreie ausstößt, wirkt wie ein Verstärker list .24 Im Lager der Griechen steigt wegen der für die kaum mehr menschlichen Laute der Ver- Briseis-Krise und der begrenzten Sieg-Chancen gewaltigten . Obwohl man nichts erkennt, sieht der Grad der Aggression ebenso wie in Tro- man vor dem eigenen Auge mehr, als man se- ia der Argwohn und der Verdacht gegen mög- hen möchte (Ep. 4, TC 18:21). Jegliche – auch liche Verräter – mit fatalen Konsequenzen für unfreiwillige, eigentlich ungewollte – Faszination alle Beteiligten, vor allem aber auch für Helena für den Krieg weicht zunehmender Beklem- und Odysseus . Helenas Stellung wird aufgrund mung .23 einer komplizierten Verquickung verschiedener Ebenso werden Briseis’ Leiden gezeigt, Handlungsstränge und durch den Verdacht einer weil Agamemnon immer mehr zu einem psy- Kollaboration mit den Griechen schwer beschä- chischen Wrack wird, der ein Ventil für seine digt. In dieser Situation trifft sie die – mensch- eigene Verbitterung nur noch in der rohen Ge- lich nur allzu verständliche – Entscheidung, den waltausübung gegenüber unschuldigen Schwä- durch Odysseus’ Spion hergestellten Kontakt mit cheren und in der Befriedigung des eigenen Se- dem griechischen Heer nicht zu erwähnen, um xualtriebs sieht . Sein Verhalten ist eine ebenso dem von Andromache geschürten Misstrauen furchtbare wie ,logische‘ Konsequenz, weil er gegen sie nicht noch mehr Nahrung zu geben . seit Beginn des Feldzuges bereits traumatisiert Obwohl Helenas Motive nicht nur verständlich, ist: Er hat seine eigene Tochter getötet, um die sondern auch gerechtfertigt sind – sie hat we- von den Göttern verhängte Windstille in Aulis der mit den Griechen kooperiert noch wissent- zu beenden . Auch für diesen unfassbaren Vor- lich Geheimnisse verraten – hat Andromache in fall, der bei Erzählungen über den troianischen dem von Verdachtsmomenten vibrierenden Tro- Krieg allzu schnell übergangen wird, nimmt ia leichtes Spiel, sie des Hochverrats zu bezich- TFC sich viel Zeit (Ep. 2, TC 24:50-26:50). Und tigen . Zudem führt Helenas Schweigen dazu, wenn Agamemnon danach wie ein Wahnsinni- dass der Berater Pandaros fälschlicherweise ger zum Himmel brüllt, wird dadurch seine Ent- der Spionage überführt wird und sterben muss . scheidung – auch dies ein großes Verdienst der Helena, die anfangs noch die riesige Heraus- Serie – nicht entschuldigt, sondern vielmehr in forderung der Integration in Troia zu bewältigen der Paradoxie des eigenen Handelns noch un- schien und die Kontrolle über die sich ihr entge- entschuldbarer . Agamemnon hätte den Feld- genstellenden Verhältnisse mit Souveränität und zug auch nicht durchführen müssen, aber die Selbstbewusstsein meisterte, kann die von ihr eigene Gier, die ihn ein großes Aufgebot nach unabsichtlich ausgelösten Konsequenzen kaum Aulis befehlen und damit einen Punkt unum- ertragen, sie geht in dem durch die Belagerung

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26 entstandenen Chaos allmählich unter . In der der Griechen nach Troia schaut Odysseus nur Zuspitzung der Krise ist für Ideale, die ihr zuvor noch mit apathischem Blick zu, als Helena un- noch ein gleichberechtigtes Dasein ermöglicht ter Schreien weggeführt wird (Ep. 8, TC 28:28). hatten, kein Platz mehr; der sämtliche Werte Willenlos befolgt er die Befehle von Agamem- zersetzende Krieg ist inzwischen auch in Troia,25 non . Dem apokalyptischen Wahn, der sich nach er löst alles auf und mit Andromache fällt Helena dem Durchbruch der Mauern Bahn bricht, hat er symptomatisch auch noch eine Frau als erste in nichts mehr entgegenzusetzen . den Rücken . Und doch – ganz am Ende ergibt sich für Nachdem die Griechen ihre List mit dem höl- Odysseus nochmals eine Gelegenheit, seinen zernen Pferd durchbringen konnten, will Helena Einfallsreichtum mit den seinem Wesen eige- sich Menelaos ausliefern, um ein Blutvergießen nen moralischen Grundsätzen zu verbinden . zu vermeiden . Ihr ehemaliger Gatte schwört „on Als er Andromache in einem Versteck entdeckt, my honor“, auf diesen Deal einzugehen . Doch belässt er ihr Kind Astyanax bei der Amme und im Hintergrund marschiert bereits das griechi- führt die Prinzessin allein aus Troia heraus . Im sche Heer . Es ist dies der vorerst letzte Höhe- letzten Moment, als alle bereits fast die Tore der punkt der Belagerung, die das Inhumane und Burgmauer passieren, hört man aber wieder das das Unaussprechliche zur Normalität werden Schreien des Kindes, das schließlich doch noch lässt und sämtliche Werte unter sich begräbt . mit seiner Amme von einem Griechen beim Grab Helenas ,Emanzipation‘ – so die Botschaft von Hektors entdeckt wurde . Agamemnon, dessen TFC – wird somit von zwei Nebeneffekten des Blutdurst nach dem Massaker an den Troianern Krieges torpediert: von dem Rückfall in archaische noch immer nicht gestillt ist, befiehlt Odysseus, Hierarchiemechanismen, die ein gleichberechtig- um ihn für sein Verschweigen zu bestrafen, das tes Miteinander in der (troianischen) Gesellschaft lebendige Kind von der Mauer zu werfen . Odys- verhindern, und von der Auflösung moralischer seus fleht Agamemnon an, dieser gibt aber nicht Richtlinien . nach und droht, dass er sonst Odysseus’ Nach- Und Odysseus? Auch dieser wird von der Dy- fahren töten würde . Ein völlig desillusionierter namik der Ereignisse überrollt . Zusehends muss Odysseus geht mit mechanischen Schritten zur er erkennen, dass die Geister, die er rief, sich Mauer, die Schreie von Astyanax vermischen verselbständigten . Agamemnon und Menelaos sich mit denen seiner verzweifelten Mutter . Als lassen sich von Achills Aufruf, die zwölftägi- Odysseus die Mauer erklommen hat, die Film- ge Waffenruhe nach Hektors Tod zu beachten, musik aussetzt und ein Moment der völligen Stil- kaum beeindrucken . Stattdessen setzen sie nun le einkehrt, scheint es, als ob Odysseus diese ihrerseits eine Intrige in Gang . Dabei wechseln Schwelle nicht überschreiten möchte oder ihm sie zwar zum ersten Mal von roher Gewalt auf doch noch einmal ein rettender Einfall zu Hilfe List, aber ihr abgefeimtes Vorgehen übersteigt komme . Aber der leere Blick seiner Augen verrät, die Grenzen dessen, was Odysseus getan hätte . was dieser Krieg mit ihm gemacht hat . „Forgive Während der zwölftägigen Waffenpause insze- me“, flüstert Odysseus und lässt das Kind fallen. nieren sie einen Scheinüberfall auf einen Myrmi- Der Zuschauer, dem der Fall in Zeitlupe zuge- donenkrieger Achills, um einen erneuten Angriff mutet wird, wird mit diesem Bild vom Schlacht- auf Troia zu rechtfertigen und Achill wieder in platz entlassen . Kurze Zeit später sieht man in den Kampf zu ziehen . Es ist dies der Moment, da der Schlussszene Odysseus, der am Bug seines auch Odysseus die Handlungsverläufe entglei- Schiffes steht, resigniert, gebrochen, traumati- ten . Die Kamera fokussiert in einem close-up auf siert, sein Blick ist ebenso leer aufs Meer gerich- seinen leeren und gleichzeitig nervösen Blick, tet wie der des Zuschauers auf den Bildschirm . die geweiteten Pupillen verraten den Schrecken, den Odysseus nur mit Mühe unterdrücken kann (Ep. 7, TC 34:30). Er weiß, was kommen wird. Achill fragt Odysseus: „Is this true?“ und Odys- VI seus – im Bewusstsein, dass er nicht mehr zu- rückkann – antwortet kaum vernehmbar: „True .“ TFC konfrontiert mit herausfordernden, unbe- Ab diesem Zeitpunkt läuft Odysseus den Ereig- quemen Eindrücken, mit einer oftmals desillusi- nissen hinterher . Obwohl sein moralischer Kom- onierenden Interpretation des Troia-Stoffes und pass noch immer korrekt ausgerichtet ist – so des Krieges im Allgemeinen . Und doch erscheint hilft er beispielsweise Briseis, Agamemnon zu diese Deutung aus mehreren Gründen lehrreich . entfliehen – entkommt er nicht mehr aus den Mit der gezielten Destruktion von Helden-Erwar- auch von ihm selbst geschaffenen Realitäten, tungen fordert uns TFC auf, den troianischen die ihre eigene Dynamik entwickeln . Nach dem Krieg aus einer ganz anderen Perspektive zu Bau des hölzernen Pferdes und dem Eindringen betrachten und gleichzeitig ähnliche Szenarien

helden. heroes. héros. Deheroisierung und Gender in Troy: Fall of a City

27 in der Vergangenheit und in der Zukunft mitzu- Lebenstrieb ist größer und das ist leider mensch- denken . Das ist unangenehm, bestürzend und licher, als wir es uns zugestehen wollen . Ein erschütternd, aber lohnend . Held ist Odysseus damit nicht mehr, aber auch Vielleicht auch aufgrund der zu oft idealisie- kein Anti-Held, er ist einfach nur – ein Mensch . renden Schlachtenbeschreibungen und filmi- Der troianische Krieg, das zeigt TFC, war schen Adaptionen des Troia-Stoffes (Winkler) kein Nullsummenspiel . Alle waren Verlierer, und wählt TFC einen Blickwinkel, der – unabhängig niemand mehr ein Held . In dieser Botschaft ist vom troianischen Krieg – den Zuschauer dafür TFC wiederum sehr nah an einer heutigen Inter- sensibilisiert, welches Leid im Krieg abseits des pretation des Textes der Ilias Homers, der viel- jeweiligen Schlachtfeldes den Frauen droht . leicht aber schon in der Antike von einem Teil der Das verstörend erzählte Schicksal von Chrys- Leser ähnlich gedeutet wurde (Alexander). „This eis und Briseis steht stellvertretend als Mahn- was always a shabby war!“ sagt deshalb pas- mal für die Verrohung menschlicher Verhal- senderweise der sterbende Achill in TFC . Und tensformen und die animalische Behandlung am Schluss schaut auch noch Zeus ratlos drein . Unschuldiger . Gleichzeitig ist es aber auch eine An Helden denkt zu diesem Zeitpunkt niemand Aufforderung, die vergessenen Geschichten mehr, auch nicht der Zuschauer . der Opfer zu erzählen und die Stimmen wieder zu erwecken, die von den Siegern zum Ver- Felix K. Maier studierte Geschichte, Latein und stummen gebracht wurden . Griechisch auf Lehramt in Eichstätt, Freiburg Die detaillierte Darstellung der Opferung der und Oxford . Er wurde mit einer Arbeit zum grie- Iphigenie – mit einem weinenden Agamemnon – chischen Historiker Polybios promoviert und führt den Wahnwitz und die Absurdität mensch- habilitierte sich mit einer Untersuchung zu den licher Entscheidungen vor Augen, wenn sich in Repräsentationsstrategien der Kaiser im 4 . Jahr- der Extremsituation Krieg auf einmal alle Orien- hundert n. Chr. Seit dem 1. April 2018 bekleidet tierungsmaßstäbe auflösen und der moralische Felix K . Maier eine Heisenberg-Stelle an der Kompass entmagnetisiert wird . Der Zuschauer Universität Würzburg . realisiert, wie sich Männer im Krieg, den sie selbst angefangen haben, entmenschlichen . 1 Entsprechend wird im Vorspann sowohl auf Homers Ili- TFC zeigt auch, dass auf dem Nährboden as, die nur einen Ausschnitt aus dem zehnten Kriegsjahr be- schreibt, als auch auf den troianischen Sagenkreis („Inspired militärischer Konflikte Ideale der Gleichberech- by Homer and Greek Myths“) verwiesen. tigung keine Chance haben . Mag die Verkörpe- 2 In der hitzigen Debatte, die sehr schnell in nationalisti- rung heutiger Vorstellungen von der Stellung sche und rassistische Kommentare abdriftete, bezogen auch der Frau durch Helena in TFC an manchen Altertumswissenschaftler wie T . Whitmarsh Stellung, um die Stellen im griechisch-archaischen Kontext et- Diskussion wieder zu versachlichen und die Aufregung so- wohl mit Blick auf die Quellen als auch im Hinblick auf die was anachronistisch wirken, so bleibt die damit künstlerische Freiheit zu entschärfen, 17. April 2020 . os hinwegspült . Anhand von Helenas Deheroi- 3 Siehe stellvertretend den Roman The Silence of Girls sierung stellt TFC auch die Frage, ob unsere (2018) von Pat Barker, Madeline Millers The Song of Achilles (2011) oder Inge Merkels Eine ganz gewöhnliche Ehe . Odys- Gesellschaft nicht schon weiter wäre, wenn sie seus und Penelope (1987). nicht über Jahrtausende immer wieder Krieg 4 Eine solche Liste – zum Beispiel, ob Paris am Beginn der geführt hätte . Serie als Hirte wirklich Pferde reiten durfte – findet sich bei An der Figur des Odysseus arbeitet TFC Josho Brouwers, 17. April 2020 . na wird er zum Sinnbild der Ohnmacht des 5 Man könnte auch andere Figuren, beispielsweise Paris, Menschen. Dafür braucht es (noch) nicht ein- der vielleicht am meisten im Mittelpunkt der Serie steht, be- mal die Götter, Odysseus wird zum Opfer der trachten . Meiner Meinung nach zeigt sich jedoch der von mir konstatierte Befund besonders eindrucksvoll an den beiden von ihm selbst geschaffenen Umstände. Zieht Figuren von Helena und Odysseus . Odysseus zu Beginn der Belagerung noch 6 Umfänglich zu diesem Aspekt siehe Tilg/von den Hoff heimlich die Fäden im Hintergrund, so ent- und Horn . zieht sich der Ereignisverlauf alsbald seinem 7 Luhmann 86. Zum Transgression-Merkmal des antiken Einflussbereich. Odysseus wird vom Helden Helden, auch in negativer Hinsicht, siehe von den Hoff. zum Mitläufer, der seine eigenen Ideale ver- 8 Für Gegenhelden verwende ich die Definition vonBröck - rät, er verliert jeden heroischen Glanz . Symp- ling 3: „Gegenhelden konkurrieren mit den Helden auf einem tomatisch dafür ist das Ende: Odysseus kann antagonistischen Feld konträrer Wertordnungen und Hand- und will das Kind, das er auf seinen Armen lungsorientierungen; sie sind die Identifikationsfiguren der einen Seite im Falle widerstrebiger Heroisierungen .“ auf die Zinnen Troias trägt, nicht retten . Sein

helden. heroes. héros. Felix K. Maier

28 9 Zu Alexander, vgl . Arrian 7, 14, 4 .Tatsächlich wurden die männlichen Protagonisten feststellen konnte, vgl . Odysseus’ Protagonisten der Ilias bis weit in das 20. Jahrhundert hinein ersten Auftritt und seine Tränen in Od. 5, 80-85. vor allem wegen ihrer kriegerischen Leistungen als Helden 22 Auf Odysseus’ Frage: „How can you be sure?“ antwortet bewertet, siehe Vandiver . Agamemnon: „The gods have guaranteed it .“ 10 Die Art, wie Homer diese Szene beschreibt, und die Tat- 23 Zur – oftmals paradoxen – menschlichen Faszination sache, dass Priamos’ Besuch bei Achill das letzte Buch der des Krieges siehe Hillman . Ilias dominiert, unterstreicht, dass Homer der Aktion des tro- ianischen Königs ebenfalls eine heroische Reverenz erweist, 24 Reeder 109-152 mit zahlreichen Beispielen aus der An- die sicherlich etliche Leser in der Antike, auch wenn sie kon- tike . Dieser Umschwung wird bereits in der dritten Episode trär zu vielen Aktionen in der Ilias angelegt ist, beeindruckt deutlich, wenn Priamos die Troianer im Thronrat auf die hat . nächsten Monate einstimmt, die zu Jahren werden sollten (TC 1:58): „The glory of war is over. The hard graft starts Unter Anti-Helden verstehe ich Helden, die gegen heroi- 11 now .“ Selbst Achill, ein Anhänger des Kampfes Mann gegen sche Verhaltensmuster und -codices opponieren, wenn sie Mann, wirft Odysseus, Agamemnon und Menelaos vor (Ep . ausgerechnet das tun, was Helden angesichts dieser Erwar- 7, TC 16:50): „Strategy. Trickery. Guile. Is that what war is? tungen niemals tun würden, und das unterlassen, was man Is that all we are?“ traditionellerweise von einem Helden erwartet, siehe Bröckling . 25 „But the war isn’t just outside these walls – it is in here . Beide Verhaltensweisen – bei Achill wie auch bei Thersi- 12 It is in here . It is with us, it is in the streets, in the houses, tes – können aber wiederum umgekehrt ausgelegt werden: in the shadows“, formuliert ein sichtlich gezeichneter und Achill kann für sein Rückgrat und seine konsequente Beharr- ausgebrannter Priamos, Ep. 6, TC 7:18. Helena gelingt es lichkeit gelobt werden, Agamemnon nicht alles durchgehen auch nicht, die barbarische Auspeitschung des gefangen zu lassen . Thersites kann als ,Held der kleinen Leute‘ gefei- genommenen griechischen Spions zu stoppen . Selbst Paris, ert werden, der den Kampf gegen die Mächtigen führt und der ihre wichtigste Bezugsperson ist, kennt bald nur noch ein außerdem eine wichtige Wahrheit ausspricht, nämlich dass eindimensionales „wir“ und „sie“, das auch seinen Blick zum der troianische Krieg nur wegen der Gier Agamemnons ge- Negativen hin verschleiert . führt werde, Il . 2, 225-229, Versangaben nach der Überset- zung von Schadewaldt . 13 In der Ilias sprechen manche der männlichen Personen wie Menelaos, Hektor oder der Erzähler davon, dass Paris Helena nach Troia ,gebracht‘/,weggenommen‘/,weggezog Literatur en‘ habe (3, 48; 6, 292; 13, 627; 22,115-116), weitere Bei- spiele bei Blondell . Alexander, Caroline . The War That Killed Achilles . New York: 14 Ep . 1, TC 44:54, in Antwort auf Helenas erste zurückwei- , 2010. sende Formulierung: „I am a woman . We don’t get to select Blondell, Ruby . „‚Bitch that I Am‘ . Self-Blame and Self-Asser- our fate“ . tion in the Iliad .” TAPhA 140 (2010): 1-32. 15 Beispielsweise nehmen Hekabe und Andromache ver- Bröckling, Ulrich . „Antihelden .“Compendium heroicum, mehrt am Thronrat teil, bei dem sie ganz selbstverständlich 2018. DOI 10.6094/heroicum/ahd1.0. gegenüber den zahlreichen anwesenden männlichen Alpha- tieren ihre Meinung kundtun . Burgess, Jonathan S . The Tradition of the Trojan War in Homer and the Epic Cycle . Baltimore: The Johns Hopkins UP, 2004. 16 Ep. 2, TC 5:00: „I do choose to be with your son“. Fulkerson, Laurel . „Helen as , Helen as Victim: Remorse 17 Man kann ein solches Vorgehen sicherlich als anachro- and the Opacity of Female Desire .“ Emotion, Genre and nistisch bezeichnen . Auf der anderen Seite ist diese Aktua- Gender in Classical Antiquity . Hg . Dana LaCourse Muntea- lisierung in TFC deshalb legitim, weil sie auf Kernelemente nu. London: Bristol Classical Press, 2011. in der Ilias aufbaut . Ein Beispiel: In einer Szene steigt Hele- na zu Paris in die Badewanne . Paris kokettiert: „Looks like I Hillman, James . A Terrible Love of War . New York: Penguin, 2004. have dragged you into the dirt with me“ (als Anspielung auf von den Hoff, Ralf. „Achill, das Vieh? Zur Problematisierung das dreckige Wasser und auf die prekäre Situation in Troia, transgressiver Gewalt in klassischen Vasenbildern “. Die Ep. 3 TC 6:22). Helena antwortet darauf: „Oh no, I chose to andere Seite der Klassik: Gewalt im 5 . und 4 . Jahrhundert . come“ . In Il . 3, 444 spricht Paris davon, Helena „geraubt“ v . Chr . Hg . Susanne Moraw und Günter Fischer . Stuttgart: (ἁρπάξας) zu haben, als er sie aus Sparta mitnahm. Aller- Franz Steiner Verlag, 2005: 225-246. dings wird direkt danach darauf angespielt (3.446), dass Paris ein Opfer der Liebe (ἔρως) und somit kein kontrollie- Horn, Fabian . Held und Heldentum bei Homer: Das home- rendes Subjekt, sondern ein willenloses Objekt war . rische Heldenkonzept und seine poetische Verwendung . Tübingen: Narr, 2014. 18 Monsacré 139, selbst Agamemnon, Ajax und Achill, Il . 4, 153; 17, 648; 24, 510-511. Luhmann, Niklas . Die Autopoiesis des Bewußtseins . So- ziologische Aufklärung 6 . Die Soziologie und der Mensch . 19 Agamemnon (4, 356), Achill (23, 786), Ajax (7, 212), Wiesbaden: Springer, 2008. Paris (11, 378), Hektor (6, 471). Einzige Ausnahme ist das spöttische Lächeln des Odysseus bei der Befragung des Ge- Mangold, M . Kassandra in Athen . Die Eroberung Trojas auf fangenen Dolon, Il. 10, 400. attischen Vasenbildern . München: Reimer, 2000. 20 Darüber hinaus ist Odysseus in der Ilias stets von einer Milo, Daniel S . „Pour une histoire expérimentale, ou le gai gewissen Einsamkeit umgeben: Im Gegensatz zu Achill, Pri- savoir . Alter Histoire . Essais d’histoire expérimentale “. Al- amos oder Andromache agiert Odysseus völlig allein an der ter Histoire . Essais d’histoire expérimentale . Hg . Daniel S . troianischen Küste und er hat auch niemanden, mit dem er Milo und Alain Boureau . Paris: Les Belles Lettres, 1991 . seine Gefühle oder Emotionen teilen kann, vgl . Hektor und Monsacré, H . Les larmes d’Achilles . Paris: Du Felin, 1984. Adromache, Il. 6, 471, Priamos und Achilles Il. 24, 510-511, sowie viele andere Beispiele, bei denen Griechen und Tro- Pache, Corinne O . War Games . Odysseus at Troy . HSCPh ianer ihr Lachen und Weinen miteinander teilen, während 100 (2000): 15-23. Odysseus separat bleibt . Reeder, Caryn A . Gendering War and Peace in the Gospel of Luke . Cambridge: Cambridge UP, 2019. 21 Tatsächlich zeigt Odysseus in der Odyssee dann die Emotionen, die man zuvor in der Ilias auch bei allen anderen

helden. heroes. héros. Deheroisierung und Gender in Troy: Fall of a City

Späth, Thomas und Margit Tröhler . „Die TV-Serie Rome 29 als experimentelle Geschichtsschreibung .“ Saeculum 62 (2012): 267-302. Tilg, Stefan und Ralf von den Hoff. „Homerische Helden.“ Compendium heroicum, 2018. DOI 10.6094/heroicum/ homhd2.0. Vandiver, Elisabeth . „Stand in the Trench, Achilles “. Classi- cal Receptions in British Poetry of the Great War . Oxford: Oxford Press, 2010. Winkler, Martin M . „The Iliad and the Cinema .“ Troy . From Homer’s Iliad to Hollywood Epic . Hg . Martin M . Winkler . London: Blackwell, 2007: 43-67.

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DOI 10.6094/helden.heroes.heros./2020/01/04

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“When I’m Bad, I’m Better” From Early Villainesses to Contemporary Antiheroines in Superhero Comics

Despite their immensely popular appeal, villains Shades of heroism and villainy: of the superhero genre have been largely relegat- Comic book superheroes – villains – ed to the sidelines of academic discourse, while antiheroes superheroes have, so far, garnered most of the scholarly attention . Considering the essentially sexist nature of the genre (Brown, Modern Super- In superhero comics, heroic and non-heroic char- hero 37), it is then hardly surprising that female acter types are clearly distinguishable from each villains are the most neglected object of critical other in terms of appearance, role/mission, motiv- analysis, despite having an equally longstanding ations, and deeds, and the character types are comic book presence as their male counterparts . commonly grouped into three basic categories: Since at least the 1940s, comic books have been superheroes, villains, and antiheroes . populated by powerful evil women who are the Traditionally, superheroes are dedicated to a protagonists of their own stories . Ranging from self-sacrificing prosocial mission. They are gifted seductive femmes fatales to monstrous figures, with extraordinary powers or highly developed abil- their representation – at its height in the 1940s ities, expressed in their codenames and/or iconic and 1970s – was a symptom of changing cul- costumes which function as markers of their ex- tural mores (Madrid 248-50). However, most of ceptionality and consequent alienation from the the early villainesses have by now faded into ob- world . Contrary to the equally alienated villains, scurity, replaced by countless others who never however, superheroes wish to be part of society . seem to quite reach the relevance of the male Although superheroes may question the societal villains (e.g. Batman’s ). Moreover, the few system and their role in maintaining it, they are successful depictions of ‘bad women’, such as essentially pro-establishment figures and do not those who have crossed into the more popular (ab)use their powers to change it. There is a line realm of the Hollywood film adaptations (e.g. that they cannot cross, although sometimes this DC Comics’ and ), have line becomes blurred enough for them to cross been recalibrated to fit the mold as less trans- it and become antiheroes . As superheroes’ free- gressive, unstable antiheroines: they have been dom of movement is impeded by their moral subjected to an ‘antiheroine makeover’ 1. I argue function to preserve order, they are described that the largely well-received recent increase in as “reactive” in how they deal with the social the number of antiheroines actually amounts to disruption caused by the “proactive” villains a disempowering and regressive shift in gen- (Coogan 110). Without the villains’ antagonistic der representation within the genre, rather than force keeping the scales balanced, the very exist- being proof of mainstream superhero comics’ ence of superheroes would come into question; alleged gender equality agenda 2. After compar- freed from the task of stopping super-criminals, ing and contrasting the intertwined concepts of they would become dangerous agents of totali- superhero, villain, and antihero, as well as pres- tarianism and, as such, villains themselves . enting an overview of female characters’ status Motivated by “egotism” rather than “moral tri- in the superhero genre, this paper enquires into umph” (Bongco 103), villains are the very anti- the portrayal of female villains and antiheroines thesis of superheroes and the values they stand in Marvel and DC superhero comics by way of for . A villain’s mission is an anti-social one that three case studies: ’s Villainy In- serves their self-interested goals and satisfies corporated (1948–2002), X-Men’s Jean Grey as their narcissistic desires for wealth and power, “Dark Phoenix” (1979–80), and Harley Quinn in or revenge and renown . Presented as morally, The Batman Adventures: Mad Love (1994) and ideologically, and/or physically defective, villains the 2016 Rebirth relaunch . tend to be disconnected from the ordinary world

helden. heroes. héros. Eleonora Sereni

32 and remain at odds with the rules and values of precarious position that female characters have society at large . The villains’ transgressive sta- historically occupied within the superhero genre, tus brings them great freedom, as they operate when the line between good and evil becomes in- outside the limits of law and propriety; for them distinct, they find themselves at an even greater “nothing is beyond the pale, nothing is pro- disadvantage than their male counterparts, as hibited, no means to any end denied.” (Alsford 83) their identity and agency are critically impaired . One might even view villains as positive agents of social change, since they challenge conservative and heteronormative patriarchal structures – i .e . family and nation – and offer “more disturbing Gender, feminism(s), and the super- possibilities”, such as “subversive forms of organ- hero genre: Comic book superheroi- ization based on affiliation” (Easton 39). Although nes – villainesses – antiheroines villains cannot completely take on the superhero mantle, they can, at least, sometimes borrow it as antiheroes . Since Superman’s debut in 1938, superhero “[S]tand[ing] in opposition to the heroic code comic books and their later screen adaptations of behaviour” (Bröckling 39), antiheroes neither have been characterized by unequal gender possess the qualities and motivations nor per- representation . Despite a recent increase in fe- form the kind of deeds expected of the exemplary male readership of superhero comics and female and often one-dimensional heroic figures. Usual- participation at comic book conventions, accord- ly sympathetically portrayed as reflecting human ing to recent statistics, only 26.7 percent of all weaknesses and flaws, antiheroes can “offe[r] DC and Marvel Comics characters are female, spaces to explore complex interiority and conflict- only 12 percent of mainstream superhero comic ing character traits” (Lethbridge 93). As opposed books consist of female-led titles, and the series to villains, antiheroes operate in a morally ambigu- that are centered on all-female superhero teams ous grey area and, despite their questionable are typically short-lived (Shendruck). In the last methods of achieving them, “their goals are (usual- decade, however, there have also been positive ly) laudable” (Misiroglu 26). There remains, how- changes in mainstream comics in terms of diver- ever, the question of how subversive the concept sity, furthered by “a number of broader demo- of the antihero truly is . Despite its inherent critique graphic and political changes wrought by the of the simple good vs . evil dichotomy and of the gains of various civil rights movements” (Cocca predictable heroic narrative formula, “the anti- 13). Marvel has introduced female characters of hero is not separable from the hero; not free to color (e .g . the Pakistani-American Ms . Marvel/ roam completely unexplored territory” (Lethbridge Kamala Khan) and female versions of former 94). No matter how unlawful or ruthless, the anti- male characters (e.g. Thor/Jane Forster). New hero’s “actions reflect a twisted but some- or relaunched female-led titles with more com- how logical desire to do good” (Damico 92) plex and less sexualized characters have been and there is always a chance for redemption . released – e .g . Margaret Stohl’s Captain Marvel The underlying reason for their appeal might (2017) and Joelle Jones’ Catwoman (2018) be their conventionality and familiarity, the re- comics, alongside the She-Hulk, Spider-Gwen, assurance that there are “certain institutions and Wonder Woman comic book series –, or values that they do not attack” (İnce 24). It although they display similarities as to age, race/ is the prerogative of the villain, not the anti- ethnicity, sexuality, and body type . Despite being hero, to challenge those institutions and values . less objectified than in the 1990s, female char- The breaking down of the traditionally distinct acters are still portrayed as weaker than their categories of hero and villain can be linked to male counterparts and in a sexualized manner, the current ‘postmodern’ sensibility, character- especially on covers and in the male-dominated ized by ambivalence, uncertainty and the ero- superhero-team titles (Cocca 15). As to the films sion of moral values and convictions, such as the and TV series of the superhero genre, most black-and-white divide separating the concepts female characters are in supporting and, some- of good and evil . The struggle between good and times, almost non-speaking roles, while those evil is central to the superhero narrative, and the who appear as protagonists are still rare excep- blurring of the hero-villain dichotomy threatens tions . Since the Wonder Woman TV show of to weaken the power not only of its characters’ the 1970s, only six films and four TV series with identity and agency but of the entire structure: women in the leading role3 have been released the narrative turns into “a professional wrestling so far out of more than a hundred big- and match, where combatants […] engage in end- small-screen superhero productions . With re- less, pointless battles” (Madrid 251). Due to the gards to female villains, the dearth of memorable

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33 characters on the page has been coupled with manipulation, rather than with actual strength . their near absence on screen, but for a few note- Moreover, there is a discrepancy between super- worthy cases .4 heroines and their male counterparts when it The gender disparity in superhero comics is comes to the legitimization of their superhero most evident in the physical appearance of the status . For male superheroes, the role of jus- majority of female characters which caters to tice warrior and protector is a matter of indi- what feminist film scholar Laura Mulvey called vidual choice that does not require external the “male gaze”: they are merely the objects of authorization or validation; for female super- male viewers’ pleasure . Adolescent male fan- heroes, even after they have successfully prov- tasies of women’s physical attractiveness and en their worth through a series of challenges sexual desirability are foregrounded in the pre- (e.g. Wonder Woman), their status must be sentation of heroic and villainous female char- sanctioned by a higher power, institution, or au- acters in both the comic books and the later film thority figure, further limiting their agency and adaptations. Specifically, illustrations of female self-determination . Their second-class hero sta- characters are identified as either ‘Good Girl’ or tus is also suggested by an identity that is often ‘Bad Girl’ art . The former, in vogue between the derivative, since they may inherit their name and late 1940s and 1950s, depicted women in a style powers from a male superhero (e.g. She-Hulk) reminiscent of pin-ups; the latter, which became and often receive their training or tools from a popular in the 1990s, preferred exaggerated and male mentor figure (e.g. Batgirl). hypersexualized physical traits and poses (e .g . Unlike their male counterparts, most comic the ‘broke back’ pose).5 book female villains of the superhero genre fail In recent years, feminist discourse has start- to arouse a distinctive and memorable response, ed to embrace signs of femininity and sexuality either from the intradiegetic confines of the stories in popular culture as empowering, especially or from the extradiegetic audiences . This is the postfeminist strand which “combines fe- largely due to the fact that their villainy is inev- male independence and individualism with a itably correlated to their gender and is conse- confident display of femininity/sexuality” (Genz/ quently prey to its stereotypical limitations: “their Brabon 77). Such portrayals present, however, perceived ‘badness’ is a result of either overper- a very narrow mode of female empowerment, forming or underperforming femininity” (Ringo). since the ideal postfeminist subject adheres Often, they are reduced to one-dimensional and to a slim, white, heterosexual, and feminine oversexualized cutouts that lack the backstory beauty ideal . Moreover, as signaled in the name, and complexity afforded to male characters. the postfeminist “girl power” rhetoric tends to Although their actions may not be condonable, “infantilize the women to whom it refers” (Smith male villains’ motivations are usually fleshed out 155). Such popular cultural texts are thus re- enough to either inspire sympathy as “misun- garded by feminist scholarship “simultaneously derstood victim[s] of circumstance” or to provide as a site of pleasure and an object of critique” vicarious entertainment as evil, yet “multifaceted (Budgeon 280), where the meanings of gender, and interesting character[s]” (Craig). Female vil- sexuality, and power are negotiated alongside lainy, on the other hand, is traditionally less subtly notions of feminine subjectivity and heroism or or realistically portrayed and, if women are also villainy . capable of evil for evil’s sake, then their behavior Although it could be said that “the female is often associated with mental disorders . superhero [or villain] originates in an act of criti- While male characters are allowed to op- cism” (Robinson 7) against the male-dominated erate easily and successfully across the moral generic tradition, their representation often spectrum (e .g . X-Men’s Magneto), antiheroines, merely reinforces mainstream comics’ hege- who are often ex-villainesses reformed to a more monic, heteronormative masculinity . Female amenable type of femininity, are notoriously characters of the superhero genre have been unstable figures; their inner moral conflict is por- largely portrayed through a series of “unflatter- trayed as a split personality that constantly os- ing clichés about [their] powerlessness and isol- cillates between the two extremes of innocence ation” (Bongco 109) and their general need for and seduction . Their transgressive behavior is male aid and/or rescue . These clichés apply to commonly curbed by the promise of heteronor- all female comic book characters: damsels in mative romance, while their power(s) and agency distress, love interests, powerful and capable are also diminished . (anti)heroines and villainesses. Female characters in superhero comic books In contrast with male superheroes, superhero- are often victims of male violence and abuse ines’ powers often have more to do with stereo- that leave them permanently scarred and trau- typically feminine traits of sexuality, seduction and matized (e .g . /Batgirl, Harley

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34 Quinn). Except for rare cases, such as the Alias and loss of individuality, while the majority of comic book series (2001–4) and its TV adapta- women on Paradise Island are seen wearing tion Jessica Jones (2015–19), this issue has not uniforms and speaking in unison . In their colorful been seriously tackled in the genre which mainly costumes, the female villains stand out in a strik- still presents a sexist discourse of vulnerability, ing, and surprising, line-up . They come, quite with female characters in need of protection literally, in all shapes and sizes, partly defying from and by strong, powerful male figures. Over the conventional beauty standards embodied by time, mainstream comics have introduced more the series’ titular heroine . One half of the team and more portrayals of female characters also is comprised of the tall and muscly and using force or committing violent acts; while this three cross-dressers: Byrna Brilyant wears a fat has been gradually reclaimed as empowering in suit as The Blue Snow Man, Princess Maru is the case of superheroines, it is however often cloaked from head to toe in a shapeless lab coat showcased in an overtly graphic and sexualized and as Dr . Poison, and Hypnota is dressed manner in the case of female villains and anti- in male oriental garb with a turban, black curly heroines . mustache and a goatee . The other four women are feminine and attractive but not sexualized . As an alternative form of organization, Vil- lainy, Inc . is democratic with regards to its hori- From early villainesses to contempo- zontal power structure; all eight members pull rary antiheroines: Three case studies equal weight within the group, pooling their different resources and expertise – physical, From worthy adversaries to inconse- mental, or technological – in order to achieve a quential foes: Wonder Woman’s Villainy common goal . This subverts the usual sexist cli- Incorporated (DC Comics, 1948; 2001; chés of women being isolated and unable to play 2002) well with each other . Notably, the name of the team recalls a business association and carries no gendered connotations, unlike the other all- In the last story written by W . M . Marston female groups of villains in both the Marvel and published in 1948, Wonder Woman battles and DC comic book universes: the Femme a team of eight female criminals called “Villainy Fatales, the Hell’s Belles, the Female Furies, or Incorporated”, “Villainy, Inc ”. for short . Follow- the Femizons. Described as “fierce”, “implac- ing the fate of most female villains in superhero able”, and “clever beyond belief” (ibid.), these comics, the group was dismantled right after its women are worthy adversaries who do not promising debut with only two later reappear- need flashy superpowers to be redoubtable, as ances in Wonder Woman: Our Worlds at War they single-mindedly and unrepentantly carry (2001) and Wonder Woman: In the Land of the out their escape and revenge mission . The Lost (2002). The plot of the 1948 story is as conservative ending, upholding the traditional follows: a group of young women belonging to superhero narrative of the “hero(ine)’s triumph”, the invading monarchy of Saturn are captured however, ultimately dismisses any hint of the by Wonder Woman and taken to the holding positive subversiveness brought on by the fe- facility – a cross between a prison and a rehabili- male villains and rather admiringly presented at tation center – on Transformation Island . One the beginning of the story . All the members of of the prisoners, Eviless, cunningly manages to Villainy, Inc . are captured and magically brain- steal Wonder Woman’s lasso, set herself free washed into submission, in keeping with the and round up a group of like-minded women ‘special treatment’ given to female villains in the who equally long for “freedom and revenge on Wonder Woman Golden Age comics . In fact, the Amazons” (Wonder Woman #28). Wonder while the male villains are punished and only Woman must use every skill in her arsenal to sometimes repent, poor, misguided ‘bad women’ foil Villainy, Inc .’s plan of conquering Paradise like the Villainy, Inc . criminals are instead taken Island and the rest of the world . care of in the Amazons’ correctional facility on The earliest portrayal of the female villains Transformation Island and guided back to the of Villainy, Inc . is compelling to a modern sens- right path . The villainesses’ change of heart is ibility, whereas the ideology-bearing Wonder brought about through a running motif of the Woman and her Amazons pale in comparison comic series, namely bondage: compelled into with these sympathy- and awe-inspiring lawless goodness and obedience by wearing magical women and their commitment to fulfilling their metal Venus girdles locked around their waists, ambitions at any cost . The villainesses question they are cured of their evil ways and can finally the system that demands their total obedience find fulfillment as women. However, even though

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35 the female villains are ultimately defeated, their iron fist and a sharp tongue. Dr. Poison is a sadistic representation as tough, uncompromising, rebel monster with a permanent rictus; she enjoys ex- women can still offer “a symbol of freedom perimenting on live human subjects and unleash- and power that may be culturally constructive” ing viruses and other toxic substances on the (Grossman 4). Their representation as highly in- world . The other ‘recruits’ are similarly vile . The telligent, strong, competent women who eschew “[i]rresponsible, greedy, addicted” Cyborgirl uses the standards of traditional, and therefore appro- her cybernetic abilities to “bribe and to steal, and priate, femininity, offers an example of female to plunder” (ibid.). The witch Jinx gained her magic agency that counters oppressive conventional powers by murdering her teacher and other expectations of gender roles and behavior . acolytes . drives people insane with her il- The same cannot be said for the later ap- lusions, looking emotionlessly on as their bodies pearances of Villainy, Inc. in the early 2000s contort in painful death throes . Their impressive that reinforce negative gender stereotypes and super-abilities and ruthless ‘masculine’ behav- reflect the regressive postfeminist tendencies ior, however, paradoxically work to neutralize in contemporary popular culture (Ringrose 65). the threat of Villainy, Inc . The greater the power “We are queens and princesses! Scientists and they wield, the more mentally unstable and out thieves! Magicians and rogues!” (Our Worlds at of control they seem to be . Moreover, the group War 22), declare the reassembled Villainy, Inc. dynamic is toxic: the vertically structured organ- after a five-decade absence from the comic book ization of Clea and her ‘pets’ is driven by their pages. In the 2001 Wonder Woman: Our Worlds mad lust for power and control that makes them at War, they make a three-page cameo appear- distrust and (ab)use each other repeatedly, until ance as part of a story intended to pay tribute to their downfall is ultimately brought about by Trin- the Golden Age Wonder Woman comics . Their ity’s betrayal . Their portrayal is also undermined comeback, however, entails both a cutdown and by the hypersexualized presentation of their a makeover. Only five of the eight original mem- bodies that adheres to the precepts of comic bers of Villainy, Inc are present: Queen Clea, book ‘Bad Girl’ art: big breasts, wasp waists, bare Dr . Poison, , Hypnotic Woman, and midriffs, and broke back poses. Once captured, the priestess . They are now subjected to they must suffer the humiliating and ‘emasculat- the stereotypical limitations of heteronormative ing’ experience of being shrunk to three-inch-tall femininity and embody postfeminism’s narrow dolls and kept in a tiny cage. In the final panel beauty ideals . Without their costumes and the in which they appear, they are mute and hardly transgressive elements of crossdressing, they visible through their miniature prison’s bars; the are indeed virtually indistinguishable from one once threatening adversaries are now tamed another due to their very similar, conventionally women who should be neither seen nor heard . feminine facial features and physiques . Further- Any kind of gender performance that does not more, female villainy is denied the possibility of fit in with the narrow, socially acceptable ideals agency since, after announcing their plan of rul- of femininity is therefore rejected, and the prom- ing the world, they quickly end up silenced and ise of transgressive female power is tainted by subdued, caught in a giant net . sadistic, sociopathic, and out of control behav- In the third and final appearance of Villainy, ior . Marked by ‘masculine’ traits, but without the Inc . in Wonder Woman: In the Land of the Lost authority and legitimization of actual masculinity, (2002), the changes are even more noticeable. the women of Villainy, Inc . are ultimately shown The line-up is different again, with three of the as nothing more than aberrations . original members – Giganta, Queen Clea, and Dr . Poison – joined by the witch Jinx, the token minority character Cyborgirl, and a masked god- like entity with three faces called Trinity . Every- Reining in the transgressive female thing has been heightened, from their physical force: X-Men’s antiheroine Jean Grey and personality traits to their powers . Appearing (Marvel Comics, 1979–80) “in a hail of electricity and magic and evil” (Land of the Lost #179) in the savage world of Skartaris, their goal is to conquer it and rule over its inhabit- Chris Claremont and John Byrne’s extended ants who fearfully describe them as “no women X-Men storyline known as the “Dark Phoenix [they have] ever seen” (Land of the Lost #180). Saga”, which follows the downfall of the fan-be- Giganta is now a height-changing giantess with loved character Jean Grey, “redefined the con- an insatiable thirst for violence and destruction . cepts of hero and villain in comic books” (Madrid A power-crazed Queen Clea is armed with a 251). By combining the character traits of both god’s weapon and rules over the group with an heroine and villainess, the story presents a new

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36 kind of comic book female character: the anti- ruggedly handsome “gentleman rogue” Jason heroine . For more than a decade, until a new Wyngarde (Uncanny X-Men #129). Through and more diverse team of characters was even- these sudden visions, Jean is transported to tually introduced in 1975, Jean was the token the alternative reality of a historical romance, female character in the original X-Men team where she plays – partly against her will but with created in 1963. Similarly to other depictions of the full complicity of her emotions – the part of superheroines at the time, the attractive redhead Wyngarde’s blushing and eager bride: “You’re had all the trappings of stereotypical femininity: mine now, Milady . Bound to me until the end of “fashion-oriented, positioned in relation to men, time!” – “Milord, I would not have it any other assumed to be unable to control her power” way!” (Uncanny X-Men #130). Wyngarde exploits (Cocca 122). As Marvel Girl she possessed spe- Jean’s vulnerable state, caused by her new surge cial abilities far more advanced than those of her of power, to bring her over to the dark side as ruler male counterparts (i .e . Cyclops, Beast, Angel, of the villain organization called the Hellfire Club. and Iceman), but she was still at times the team’s By accessing her “innermost forbidden needs and cook, nurse, stylist and potential love inter- desires”, Wyngarde “molds” Jean into the villainess est . Jean’s ‘will-they-won’t-they’ romance with persona of the “Black Queen” who stereotypical- teammate Scott Summers/Cyclops came to de- ly dresses as a burlesque dancer/dominatrix fine her character. Moreover, her impressive and complete with spiked collar, velvet bustier, high- thus potentially dangerous superpowers were, heeled boots, and a whip (Uncanny X-Men #125). in the beginning, preemptively blocked by the Through the ambiguous portrayal of Wyngarde group’s leader and mentor Professor Xavier . and Jean’s relationship, the gender stereotype of In other words, Jean was portrayed as yet an- women’s physical and emotional vulnerability is other capable woman stifled by a paternalistic- once again implied as the line between consen- patriarchal structure . sual sexual intimacy and abuse becomes dan- Her chance for freedom and empowerment is gerously blurred . seemingly wrought by her literal rebirth as “Phoe- The only way to ‘bring back’ Jean is through nix” that happens after Jean is caught in a fatal the psychic bond she and Scott Summers share solar storm as part of a selfless mission to save after having consummated their romantic relation- the lives of her X-Men friends . She miraculous- ship . As soon as Jean is free from the fantasy Wy- ly survives and returns to Earth with abilities that ngarde has created, she is ready for a reckoning reach far beyond any human comprehension: with her ‘mental rapist’ . At this point, however, “No longer am I the woman you knew! I am fire! she starts to display signs of a split personality And life incarnate!” (Uncanny X-Men #134). The disorder; on the visual level, the text boxes are reason given for her survival and for her reincar- in two different colors, blue and red. On the one nation as Phoenix is, however, again stereotyp- hand, Jean feels fearful and powerless at her lack ically female: her love for Scott Summers is the of self-control – “more afraid now than she’s ever catalyst for “achieving her full potential as a psi“6 been”, “she cannot stop it”, “she weeps”; on the (Uncanny X-Men #125). In addition to referring other hand, her rage and taste for revenge grow to a woman’s empowerment as possible only – “she laughs to herself”, “she will enjoy what hap- through a man that completes her, the narrative pens next” (Uncanny X-Men #134). The “Phoenix then shows Jean plagued by fear and self-dou- Force” that was coiled inside Jean is now flowing bt about the discovery of her newfound powers: out in bursts of flaming energy; even the borders “You’re worried about whether I can handle it . Well, of her speech bubbles crackle with it as she con- I’m worried too” (ibid.). Despite being a super- fronts and accuses her abuser: heroine, Jean’s femininity is still linked to a con- dition of physical and emotional vulnerability, as You came to me when I was vulnerable . she goes from an active protector role to a pas- You filled the emotional void within me. You sive one of victim . made me trust you – perhaps even love The running motif of the Dark Phoenix Saga you – and all the while, you were using me! is Jean’s emotional instability and lack of control (ibid ). as she struggles and eventually fails to reconcile the light and dark sides of herself . Problem- The portrayal of Jean as an antiheroine oscillates atically, these aspects are tied to her sexual between the ‘good girl’ and ‘bad girl’ sides of her awakening and, consequently, to the notion of personality, embodying the polarized “madonna- dangerous, unrestrained female sexuality . Jean’s whore” model of femininity . mind and personality are at the mercy of intru- By giving Wyngarde/Mastermind a taste of sive telepathic daydreams conjured up by the his own medicine through a blast of her powers, villain Mastermind who appears to her as the she drives him insane and leaves him coma-

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37 tose; however, this also sends her over the on Transformation Island, it seems that the need edge and seals her fate as “Dark Phoenix” . As a to reform unruly women is still a current concern . transgressive female force of chaos and death, There is an ongoing and increasing trend in Jean sets all her repressed feelings free, literal- mainstream comic books of turning well-known ly soaring beyond the limits of her previous life female villains into likeable and friendly – in as the self-sacrificing friend, devoted girlfriend, other words, unthreatening – antiheroines (e .g . and good daughter . She has made the transition Catwoman, X-Men’s Mystique). One notable into villainess territory with a brand-new tight- example is the rebooted Rebirth version of DC fitting costume and a sexually connotated, in- Comics Harley Quinn . Quinn has been a fan fa- satiable appetite for power: “[u]sing her power is vorite since her inBatman: The turning her on”, “the ultimate physical/emotional Animated Series in 1992 and has undergone a stimulant”, “an awful, all-consuming lust”, “[s]he is number of transformations over the years, going in ecstasy” (Uncanny X-Men #135). The portrayal from a one-off side character to full-blown series of female power is highly stereotypical, as Jean’s protagonist. She first appeared on the big screen Dark Phoenix persona adheres to the archetype in the film (2016) and played the of the uncontrollable, sexually transgressive, and leading role in the female ensemble filmBirds of dangerous femme fatale . Prey (and the Fantabulous Emancipation of One Jean Grey’s overdue empowerment ultimate- Harley Quinn) released in February 2020. ly leads to her destruction . Her uncontrollable In her origin story, presented in the graphic hunger “for a joy, a rupture beyond all comprehen- novel The Batman Adventures: Mad Love (1994), sion” (Uncanny X-Men #136) drives her to com- Harley Quinn starts out as Dr . Harleen Quinzel, mit by swallowing a planet and its five a psychologist drawn to the “exciting, challeng- billion inhabitants whole, a crime for which she ing, and glamorous” (Mad Love) side of super- must be judged and sentenced to death . Howev- criminals . While working in Arkham Asylum, er, she is neither unstoppable nor irredeemable . she breaks the code of conduct and falls head- Through their combined efforts, Scott Summers over-heels in love with one of her patients, the and Professor Xavier succeed in reaching the Joker, and decides to help him escape . Driven ‘true’ Jean Grey: the loving, nurturing, and self- by her obsessive and unquenchable passion for less woman they can ‘hold’ . She is stripped bare the Prince of Crime, Harley becomes his most and wakes up naked in Scott’s arms to accept his loyal sidekick, donning for the role a red-and- marriage proposal . The next time Jean appears, black harlequin costume that makes her appear she is wearing her old Marvel Girl costume, chas- both grotesque and goofy . The bizarre and tragi- tened back into her feminine ‘good girl’ role and comic aspects of their twisted Punch-and-Judy ready to make the ultimate sacrifice. Jean can relationship are at the same time humorous and feel the Dark Phoenix lurking just beneath the pitiful . Harley is pathologically in love with the surface, waiting to manifest herself again and narcissistic criminal psychopath, who is too ob- again at the slightest loss of emotional control . sessed with Batman to care and reacts violently At the end, Jean does change back into the Dark to her helpful meddling in his nefarious schemes . Phoenix costume, but this time she is torn apart This does not dampen Harley’s spirits nor her by fear and sorrow without a trace of her joyful ex- flames of romantic passion for her “Mr. J”, as she ploration of raw, unmitigated power . She thus fantasizes about building a future happy family chooses to let herself be blasted into non-exist- with her “Puddin’” and their two criminally in- ence, calling with her last cry the name of the clined children, perfect miniature replicas of their man she loves .7 The normative balance of gender parents . Despite what might appear as an anti- roles and power, temporarily upended by the feminist depiction of a so-called henchwench, ‘unstable’ antiheroine Jean, is restored with the the narrative shows a woman’s struggle to tran- punishment and eradication of transgressive, in- scend the limits imposed upon her by sexist appropriate femininity . social norms, albeit with traditional comic book levity . Although repeatedly foiled by both Batman and the Joker who treat her with derision and contempt, Harley manages to remain optimistic Not with a cackle but a giggle: Harley and mostly unscathed, driven by self-confidence Quinn’s transformation from villainess to and self-delusion in equal parts . However, she antiheroine (DC Comics, 1994; 2016) constitutes a real threat to the two men who both fear being emasculated by her, as she successfully and independently achieves one Although it has been eighty years since Wonder of the Joker’s most ambitious plans to capture Woman’s correctional facility for female villains and eliminate Batman . Both Batman and the

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38 Joker are shocked by this turn of events; the pet and creation: he literally molds her in his own former cannot hide his indignation at being so image by throwing her into a vat of chemicals easily trapped by the likes of her, while the lat- which bleach her skin “just like his”, and teaches ter seethes at the thought of becoming the ob- her to be his perfect girl fantasy, “the sex kitten, ject of ridicule as “the guy whose girlfriend killed the seductress . . the innocent, the aggressor . . Batman” or “Mr. Harley Quinn” (ibid.). Her life the antagonist, the victim...the ditz” (ibid.). In a choices and sanity may be questionable, but dream sequence that references the early Mad Harley is unapologetically and gleefully herself . Love graphic novel, panels depicting Harley and She is committed to fulfilling her own aspirations, the Joker as a normal, happy and loving couple and will risk her life to do so, while the Joker is are alternated and then replaced with images only the catalyst for her desired transgressive of a one-sided abusive relationship in which the transformation . Joker repeatedly beats up and chokes an utterly Over the years following her 1994 comic powerless Harley . Thus, the narrative turns her book debut, Harley Quinn has undergone many into another unwilling female victim of mental transformations, sometimes striking out on her and physical abuse at the Joker’s hands, along- own but most often teaming up with fellow DC side other women in the genre – e .g . Selina Kyle/ villains, as in the Suicide Squad series . Recent- Catwoman in Frank Miller’s The Dark Knight ly, she has been cast in the role of unstable vigi- Returns (1986) and Barbara Gordon/Batgirl in lante antiheroine heading her own comic as part Alan Moore’s The Killing Joke (1989). of the Rebirth relaunch begun in 2016. Turning her As a reformed-villainess-turned-antiheroine, into a main headliner of the company has proved Harley is supposed to have successfully – to be a commercially profitable move, meant “through much soul searching” (ibid.) – dealt with to capitalize on the character’s cross-media her past trauma and emerged as a liberated and popularity and to appeal to the demands of a empowered survivor who will, one would imag- growing female readership . Especially with re- ine, help others like her . Nothing could be further gards to the latter, the producers’ intention is to from the truth, however, as shown when Harley present Quinn as a more ‘accessible’ feminist role is faced with someone who is essentially the model in contrast to the iconic Wonder Woman 8. male version of herself: a mentally unstable man This new portrayal of Harley Quinn, how- named Edwin, fallen prey to a “ridiculous infatu- ever, largely adheres to a regressive postfemi- ation” (Rebirth #13) with Harley. As it turns out, nist script, presenting a version of contemporary in order to get back at his run-away ex-girlfriend femininity indebted to the notion of the ‘cool girl’:9 Harley, the Joker has successfully manipu- an impossible ideal of femininity, stemming from lated Edwin into becoming his perfect double in societal expectations of women’s behavior and every way . When Edwin shows up on Harley’s appearance, masquerading as a valuable model doorstep, she is however instantly suspicious of female subjectivity . and recognizes him as a fraud . She then pro- To mark Harley Quinn’s transformation from ceeds to beat him to a pulp, tie him to an elec- villainess to antiheroine, she has been relocated tric chair and interrogate him . After discovering from Gotham City to Brooklyn’s Coney Island, that his life story disturbingly mirrors her own, where she has become the neighborhood’s un- Harley unsympathetically calls him “a loser” for likely protector and has turned her house into a having been just “a tool, a weapon” (ibid.) to the sanctuary for stray animals and a curious as- Joker . She decides to put Edwin out of his mis- sortment of misfits. As hallmark of her independ- ery and shoots him in the head with the deadpan ence, the “new and improved” Harley has cut all one-liner: “Later much, Deadwin” (ibid.). The ties with the Joker in order to become “better, self-righteous attitude Harley displays in inflict- smarter, an[d] stronger” (Rebirth #1). However, ing extreme violence on a fellow victim-turned- this role switch has required significant changes perpetrator contradicts the Rebirth series’ prem- to the details of her origin story, calling into ise of Harley’s new journey of personal growth . In question Harley’s position as agent of her own lieu of genuine character progression and devel- transformation into the liberating harlequin per- opment, for which her antiheroic role could offer sona . In the Rebirth continuity, Harley meets the fertile ground, the issue of mental and physical Joker in Arkham Asylum, not as a psychologist abuse is here addressed only in terms of a sim- but as an undercover inmate . This balancing of plistic rape-revenge style narrative . the scales of power between them is short-lived, Similar scenes of excessive and graphic vio- as she falls immediately and completely under lence are depicted throughout the comic, usually his control: “he saw right through me . . an’ his at the hands of the series’ hypersexualized and power over me . . well, it was like he knew me my extremely limber protagonist . Not only is Harley whole life” (ibid.). Harley becomes the Joker’s Quinn’s costume her most revealing yet, but the

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39 comic repeatedly offers up images of Harley’s blurred, female characters lose more than they cleavage as well as of her stripping out of her gain; shifting from foe to lover one moment and clothes, in her underwear, wearing revealing pink from ally to enemy the next, their power, agency, lingerie, or barely covered by a towel . Harley’s and even their identity, can be severely com- sexual objectification is, in fact, so gratuitous promised . Lastly, as examined in the Harley that it makes any comment about it seem almost Quinn case study, recent attempts at presenting superfluous. To top off her contradictory por- feminist portrayals of comic book superwomen trayal, Quinn combines traditionally masculine by transforming successful female villains into and feminine traits . Although such a combinati- ‘new and improved’ antiheroines are ultimately on in female characters has been positively re- doomed to fail when, under the gloss of female claimed as straddling both sides of the binary gender empowerment, they display a mentally and emo- divide (Brown, Dangerous Curves 43-62), in this tionally unstable protagonist, whose contradict- case it consists merely of a recycling of sexist ory appearance and attitude reinforce regressive stereotypes . On the one hand, Harley revels discourses about contemporary femininity . If the in brutal and bloody violence, acting as ‘one of early comic book villainesses could have once the guys’ with her coarse language, unhealthy proudly declared “[W]hen I’m bad, I’m better”,10 eating and drinking habits, and lax hygiene . On the the same cannot be said for most of the recent other, she boasts an athletic and curvaceous representations of female characters, whose body and is extremely girlish in appearance with ‘bad’ behavior is only temporarily allowed and her pink and blue tipped blonde pigtails, she linked to violent, sociopathic tendencies, men- loves playing dress-up, going to spa treatments, tal instability, and hypersexualization. With films and talking about boys – e .g . “Batman’s eight and TV series of the superhero genre working pack” (Rebirth #8) – with her best friend, the re- to meet today’s growing need for more complex formed villainess . As a result, she is and compelling expressions of female subject- highly attractive and openly attracted to suitors ivity in popular culture, one may hope that the of both sexes, yet her coy flirting and non- significant, and still largely untapped, potential of chalant attitude make her seem disingenuous in female villains and antiheroines in superhero her relationships with either men or women . Har- comic books can be harnessed for a more nu- ley Quinn is a perfect embodiment of the ‘cool anced gender representation . If these possibilities girl’ and, as such, another male fantasy cloaked are successfully explored, mainstream comics in the guise of female liberation and empower- of the superhero genre will introduce female ment . The potential subversiveness of her anti- characters who are morally flawed, transgress heroic role is therefore curbed, or even neutral- the boundaries of traditional gender roles, break ized, by her highly sexualized and exaggerated with unrealistic (sexual) expectations of women, performance of hegemonic femininity . thrive beyond heteronormative romance, and are granted the freedom to be powerful and un- likeable .

Conclusion Eleonora Sereni is a Ph .D . candidate in Eng- lish and American Studies at the University of As seen in the Villainy, Inc .’s stories, the more Freiburg, where she is currently working on her conservative comic book Golden Age of the dissertation project on female superheroes in 1940s was able to produce formidable and American films and TV series from the 1980s emancipated female characters: women who to the present . She also teaches courses at the chose to be evil in order to achieve the power University’s English Department on visual repre- and freedom they aspired to, outside of the patri- sentations of women in popular culture as comic archal social norms . The transgressive subject- book superheroes, femmes fatales, witches, and ivity of evil women that questions and subverts TV antiheroes . the hegemonic notions of traditional femininity may have a productive potential, just as long 1 The term ‘makeover’ is used here significantly in ref- as it is not tied to gender stereotypes, clichés erence to conventional postfeminist makeover narratives, where reconstructions of femininity that transform women and hypersexualization, as was the case in the according to an extremely conservative male-serving ideal of two negative depictions from the early 2000s in feminine desirability are falsely presented as empowering . Wonder Woman: Our Worlds at War (2001) and 2 Since 2015 more Marvel and DC female-led projects – Wonder Woman: In the Land of the Lost (2002). from comic books to TV series and films – have been re- As shown in the analysis of Jean Grey’s journey leased or are currently in the works (Barnett; Scott). from superheroine to villainess to antiheroine, 3 The films are Supergirl (1984), Catwoman (2004), Elek- when the line between good and evil becomes tra (2005), Wonder Woman (2017), Captain Marvel (2019), and Birds of Prey (and the Fantabulous Emancipation of One helden. heroes. héros. Eleonora Sereni

40 Harley Quinn) (2020), while the TV series are Birds of Prey Bröckling, Ulrich . “Negations of the Heroic – A Typological Es- (The WB, 2002–03), Supergirl (The CW, 2015–), Jessica say .” helden . heroes . héros . E-Journal zu Kulturen des He- Jones (Netflix, 2015–19), and Batwoman (The CW, 2019–). roischen . Special Issue 5 (2019): 39-43. DOI 10.6094/hel- At the time of writing, two other female-led films are set to den.heroes.heros./2019/APH/05. come out later in the year: Black Widow and Wonder Woman Budgeon, Shelley . “The Contradictions of Successful Femi- 1984 . ninity . Third-Wave Feminism, Postfeminism and ‘New’ Femi- 4 Memorable onscreen female villains include Jean Grey ninities .” New Femininities . Postfeminism, Neoliberalism and as her evil Dark Phoenix persona in X-Men: The Last Stand Subjectivity. Eds. Rosalind Gill and Christina Scharff. London: (2006), Talia al Ghul – daughter and heir of Batman’s foe Palgrave MacMillan, 2011: 279-292. Ra’s al Ghul – in The Dark Knight Rises (2012), and Hela, Claremont, Chris and John Byrne . Uncanny X-Men #125-137 . Goddess of Death, in Thor: Ragnarok (2017). New York: Marvel Comics Group, 1979–80. Female characters drawn in the ‘broke back’ pose have 5 Cocca, Carolyn . Superwomen . Gender, Power, and Repre- their bodies “unnaturally twisted in order to display all of their sentation. New York: Bloomsbury, 2016. curves front and back simultaneously” (Cocca 12), which would be anatomically possible only if their back were indeed Conner, Amanda and Jimmy Palmiotti . Harley Quinn . Rebirth broken . Deluxe Edition Book 1 (#1-13). New York: DC Comics, 2017. 6 In the X-Men comic-book universe, a “psi” is someone Coogan, Peter . Superhero: The Secret Origin of a Genre . Aus- gifted with psionic abilities which can be telepathic or telekin- tin, TX: MonkeyBrain Books, 2006. etic . 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The Villain in 9 In the words of Gillian Flynn, who in her novel Gone Girl the Superhero Film .” Cinephile 9. 2. 2 (2013): 39-44. (2012) used the term to criticize the impossible ideal of femi- ninity stemming from societal expectations of women’s be- Flynn, Gillian . Gone Girl. New York: Crown, 2012. havior and appearance, the ‘cool girl’ is “a hot, brilliant, funny Genz, Stéphanie and Benjamin A . Brabon . Postfeminism . Cul- woman who adores football, poker, dirty jokes, and burping, tural Texts and Theories. Edinburgh: Edinburgh UP, 2009. who plays video games, drinks cheap beer, loves three- somes and anal sex, and jams hot dogs and hamburgers Grossman, Julie . Rethinking the Femme Fatale in Film Noir . into her mouth like she’s hosting the world’s biggest culinary Ready for Her Close-Up . Basingstoke: Palgrave Macmillan, gang bang while somehow maintaining a size 2, because 2009. Cool Girls are above all hot” (222). I’m No Angel . Dir . Wesley Ruggles . 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Vera Marstaller 43

Rezension: Thomas Riederer. Kriegsheld – Kinoheld. Günther Prien als Bei- spiel heroischer Männlichkeit in NS-Staat und Bundesrepublik. Hamburg: Verlag Dr. Kovač, 2017.

Der NS-Krieger als Vorbild habe, so eine gängige konnte, ist chronologisch gegliedert . Kapitel- Annahme, durch seine inflationären Heroisie- weise werden verschiedene Medientypen wie rungen während des Zweiten Weltkriegs, seiner Zeitungsberichte, Romane, Spielfilme und Re- militärischen Niederlage(n) gegen die Alliier- zensionen zusammengefasst . Methodisch wird ten sowie der Aufklärung über die auch von ein Vergleich der verschiedenen Inhalte vorge- ihm verübten Verbrechen seine Attraktionskraft nommen, dessen Tertium Comparationis die verloren . Doch auch wenn das soldatische Darstellung der Figur Priens bildet, ohne im De- Männlichkeitsideal seine hegemoniale Stellung tail auf die medial bedingten Unterschiede oder innerhalb der BRD einbüßte, so lassen sich ge- historisierend auf den Begriff der Propaganda rade in rechtsextremistischen Kreisen bis heute einzugehen . Seine Vorgehensweise begrün- idealisierende Darstellungen der Wehrmachts- det Riederer durch seine Konzentration auf die soldaten auffinden, die teilweise auch innerhalb Konstitution des Helden, indem er betont, dass der Bundeswehr oder der Polizei übernommen Helden „generell ein reines Kunstprodukt, ein werden .1 Eine Analyse epochenübergreifender Produkt der Heldenerzählungen“ (9) seien und Rezeptionshaltungen von soldatischen Hel- folglich so wenig der Intention einzelner Autoren denfiguren könnte folglich nach den sich über- entspringen, wie sie gerade unter Abzug media- lagernden Zeitschichten und dem Erbe der ler und öffentlichkeitspolitischer Facetten zum NS-Ideologie in der BRD fragen, das gegenwär- Vorschein kommen . Hiervon ausgehend lenkt tig neuen Aufwind erfährt . Riederer den Blick auf die Heterogenität und Somit ließe sich eine Grundlage zu einer Entwicklungsdynamik der Deutungsmuster wäh- Geschichte des Rechtsextremismus schaffen, rend der NS-Zeit, die, wie auch Schilling bereits welche die Kontinuitäten rechter Gewalt bis in gezeigt hatte, durchaus bürgerliche Aspekte unsere Gegenwart hinein auch mit den Aus- vorhergehender Heldenfiguren beibehielten. einandersetzungen, Ablehnungen und Über- Im Wi­derspruch zu Schilling aber, der sich auf nahmen einzelner Aspekte der NS-Ideologie die Heroisierungen von jeweils in vorherigen breiterer Gesellschaftsschichten in Verbindung Kriegen Gefallenen konzentrierte, analysiert zu bringen vermag 2 . Thomas Riederers seit Riederer die Heroisierung Priens, die bereits zu 2017 in veröffentlichter Form vorliegende Ab- dessen Lebzeiten einsetzte . schlussarbeit seines geschichtswissenschaft- Günther Prien (1908–1941), gemäß autobio- lichen Studiums könnte durchaus einen Beitrag graphischer Angaben selbst überzeugtes Mit- zu diesem Anliegen leisten. Unter Rückgriff auf glied der NSDAP seit 1931 (u.a. 45, 165), zählte die Arbeiten des Historikers Thomas Kühne wird zunächst unmittelbar nach seiner nur halbwegs hierin das Ergebnis der bereits 2002 publizierten geglückten Mission im Oktober 1939, die bri- Dissertation von René Schilling zum Ende he- tische Flotte in ihrem eigenen Heimathafen zu roisch-kriegerischer Männlichkeit um 1945 über- torpedieren, zu einem der meist gefeierten Ritter- prüft, differenziert und teilweise widerlegt.3 Dies kreuzträger der NS-Propaganda . Die zeitnahe stellt Riederer anhand einer sehr detaillierten Berichterstattung, so arbeitet Riederer – nach Quellenstudie zur Rezeption des Marineoffiziers einer Darlegung der journalistischen Beiträge zu Günther Prien dar, der ausgehend von Oktober vorhergehenden Erfolgen der deutschen Marine 1939 auch im Jahr 1958 noch als Held verehrt (Kapitel 2), der Kurzbiographie Priens (Kapitel 3) wurde (u.a. 4-6). und der historisch rekonstruierbaren Ereignisse Die Analyse der Rezeptionsfigur Prien, die um den 14. Oktober 1939 (Kapitel 4) – im fünften vom überzeugten Nazi unter Beibehaltung we- Kapitel heraus, würdigte sowohl in Zeitungsbe- sentlicher Aspekte aus der NS-Zeit zum aktiven richten als auch in Radio- und Wochenschaubei- Gegner des NS-Regimes verwandelt werden trägen die Unternehmung in gewohnter Manier

helden. heroes. héros. Vera Marstaller

44 der NS-Presse (55-65): Das vorbildliche Solda- angelaufenen Spielfilms U 47 – Kapitänleutnant tentum der deutschen Marine stünde in diesem Prien dargelegt wird . Hier wird die väterliche Sor- Sinn der übrigen Berichterstattung über die kei- ge letztlich zur Folie, um den – nun mit Bildungs- nesfalls stets-pflichttreu-und-gehorsam darge- abschluss Abitur und Mitleid gegenüber Gegnern stellte Wehrmacht in puncto lässigem Schneid des Nationalsozialismus sowie Offenheit ge- und eigenwilliger Tapferkeit in nichts nach (15- genüber der Meinung verschiedener Frauen 44). versehenen – Günther Prien als Protagonisten Als im Wehrmachtsbericht vom 17 . Oktober einer fiktiven Bildungsgeschichte des zunächst 1939 aber der Ort Scapa Flow, eine Bucht in pflichttreuen, Befehle ausführenden, dann aber den südlichen Orkney-Inseln, erwähnt wurde, widerständigen Soldaten zeichnen zu können . änderte sich die auf das Kollektiv der U-Boots- Der Film sei in den Kinos gut angelaufen, was Besatzung bezogene Heroisierung gemäß Riederer vor allem auf die Rolle der Frauen zu- Riederer schlagartig, da hiermit die Gelegenheit rückführt: In den weiblichen Filmfiguren spreche gegeben war, der sogenannten Schmach des das „soziale Bewusstsein“ (u.a. 294) der BRD, Ersten Weltkriegs – und hier vor allem dem Ma- das sich nach lebendigen Familienvätern statt trosenaufstand 1918 – neue Heldengeschichten gefallenen Kriegshelden und nach charisma- der Marine entgegenzustellen (66-81). In die- tischer Menschlichkeit statt soldatischer Männ- sem Sinne diente Scapa Flow als mythischer lichkeit sehnte . So habe einerseits die Kritik an Ort, da hier auf Befehl des Admirals von Reuter den massenhaften „Opfer[n] des Krieges“ (u .a . die Selbstversenkung der kaiserlichen Hochsee- 294) die NS-Propaganda zu den Heldentoten flotte vom 21. Juni 1919 stattgefunden habe. ersetzt, andererseits aber der charismatische Scapa Flow wird fortan zur Chiffre dieses an- Krieger – weiterhin die männliche Hauptrolle, geblich selbstlosen Handelns, wodurch sich die umgeben von weiblichen Sidekicks – auch in der deutsche Marine aufgrund ihrer Zerstörung des BRD durchaus positive Resonanz erfahren . vom Gegner erbeuteten Kriegsguts gegen die Diese Schlussfolgerung mag vielleicht wenig Auflagen des Versailler Vertrages renitent zur überraschen und bietet vor allem in Bezug auf Wehr gesetzt habe . gängige Geschlechterklischees zur Zeitspan- Mit der Erwähnung von Scapa Flow gilt ge- ne zwischen 1939 und den 1950er Jahren kei- mäß Riederer auch nicht mehr das Kollektiv ne neuen Erkenntnisse . Doch gerade der eng der Besatzung der U 47, sondern die Einzel- geführte Blick auf die Quellenlage sowie der figur Prien als personifizierte militärisch-deutsche gewählte Zeitraum über 1945 hinaus macht Schlagkraft und also als jugendlich-draufgänge- diese Arbeit durchaus beachtenswert – trotz rischer Vorzeigeheld der deutschen Wehrmacht . einiger Rechtschreib- und Zeichensetzungsfeh- Dies bestätigt, nach einem kurzen Einblick in die ler, durch die aus den Soldaten im Zusammen- ebenfalls Prien heroisierende Berichterstattung hang mit der Erwähnung psychiatrischer Akten der USA (Kapitel 6), das siebte Kapitel, das Ro- „Wehmachtssoldaten“ (218) und der Spielfilm zu mane und (Auto-)Biographien über Prien in den einem „Speifilm“ (270) werden können, und trotz Blick nimmt – und damit leider die These allein der über weite Strecken sehr deskriptiv gehal- durch die Quellenauswahl selbst bestätigt . Die tenen Analyse . Vor allem hinsichtlich der im Titel Biographien jedenfalls zeichneten den Offizier veranschlagten Analysekategorie „Geschlecht“ zwar als antibürgerlichen Schulabbrecher und wären aber eine Abkehr der Vorgehenswei- überzeugten Nationalsozialisten, dessen eige- se von Schilling, ein erweiterter Quellenkorpus ne Frau ihm wenig, der mit Hass erfüllte Kampf sowie eine tiefergreifende Fragestellung wün- gegen die Briten und der Beistand seiner Ka- schenswert gewesen, um die gegenwärtige meraden hingegen alles bedeutet habe . Doch Forschungslandschaft mit Hinweisen auf das seien auch seine humanen Anwandlungen in NS-Erbe im deutschen Konzept der Familien- den Schilderungen seiner Sorge um die ihm un- idyllen bereichern zu können . Schade also, dass tergebenen deutschen Kameraden sowie das die im Titel angekündigte Analysekategorie he- Überleben britischer Soldaten nicht zu kurz ge- roischer Männlichkeit zu oberflächlich bleibt kommen . und eigentlich keine Aufschließungskraft zum Genau an diesen Zusammenhang von „[h]e- Zusammenhang vom soldatischen Männlich- roische[n] Werte[n] und [den] Wehrmachts- keitsideal und der Konzeption einer deutschen soldaten“ (Überschrift Kapitel 8) sowie an der Kleinfamilie der 1950er Jahre anbieten kann. positiven US-amerikanischen Prien-Darstellung könne gemäß Riederer die Rezeption der 1 Von einer gegenwärtig festzustellenden „Rückkehr Nachkriegszeit anknüpfen (Kapitel 9), die dann des Landser“ auch außerhalb rechtsextremistischer Kreise spricht etwa Jens Westemeier . „‚So war der deutsche Land- im zehnten und letzten Kapitel anhand der ser‘ – Wehrmachtsbilder von 1945 bis heute .“ „So war der Darstellung des 1958 in den Kinos der BRD deutsche Landser…“ Das populäre Bild der Wehrmacht . Hg . ders. Paderborn: Ferdinand Schöningh, 2019: 1-26, hier 1.

helden. heroes. héros. Rezension: Thomas Riederer: Kriegsheld – Kinoheld

Vgl . hierzu u . a . auch Fabian Virchow . „Tapfer, stolz, opferbe- 45 reit – Überlegungen zum extrem rechten Verständnis ‚idealer Männlichkeit‘ “. „Was ein rechter Mann ist …“ Männlichkeit im Rechtsextremismus . Hg . Robert Claus, Esther Lehnert und Yves Müller. Berlin: Karl Dietz Verlag, 2010: 39-52, hier 42, 50. 2 Vgl. das Anliegen des 2019 gegründeten Interdiszi- plinären Arbeitskreis zur Geschichte des Rechtsextremis- mus des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam zu einer „Gesellschaftsgeschichte der extremen Rechten, die auch nach Interaktionen mit anderen Teilen der Gesellschaft fragt“, 27. Mai 2020 . 3 Hierzu rät bereits Thomas Kühne in seiner Rezension zu René Schilling: „Kriegshelden . Deutungsmuster hero- ischer Männlichkeit in Deutschland 1813 – 1945“, Ferdinand Schöningh: Paderborn 2002. H-Soz-Kult 7. April 2003: 3.

helden. heroes. héros.

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Dennis Pulina, Olmo Gölz 47

Rezension: Hans-Peter Nill. Gewalt und Unmaking in Lucans Bellum Civile. Textanalysen aus narratologischer, wirkungsästhetischer und gewaltsoziolo- gischer Perspektive. Amsterdam Studies in Classical Philology, Bd. 27. Leiden: Brill, 2018.

Auch wenn theoriebasierte Zugänge zu antiken Obwohl dies das Kernergebnis sein soll, handelt Texten in der Klassischen Philologie zunehmen, Nill den terminologisch weder in der Philologie finden Erkenntnisse und Methoden nicht-philolo- noch in der Soziologie etablierten, aber titel- gischer Disziplinen doch nach wie vor zu wenig gebenden Begriff nur in einer Fußnote ab (vgl. 84, Berücksichtigung . Vor diesem Hintergrund stellt Anm. 328). Dessen Verständlichkeit hätte sicher- die Dissertation Gewalt und Unmaking in Lucans lich von näheren Ausführungen profitieren kön- Bellum Civile des Tübinger Philologen Hans-Peter nen . Da nun die Fragen um die Gewalt bei Lucan Nill eine sehr zu begrüßende Ausnahmeer- diesen interdisziplinären Ansatz erst motivieren, scheinung dar . Nill ergänzt damit den breiten arbeitet sich der Autor auf seiner experimentel- Forschungsdiskurs um die Gewaltdarstellungen len, spannenden und lesenswerten Suche nach in Lucans Bürgerkriegsepos, indem er narratolo- einem interdisziplinären Werkzeug durch die gische, wirkungsästhetische und soziologische Darstellungsformen körperlicher Gewalt im Bel- Theorien kombiniert und so der Forschung lum Civile . Nill will dabei nicht die Frage nach eine ganze Reihe neuer Dimensionen der luca- dem ‚Warum?‘ der Gewalt in Lucans Epos stel- nischen Gewalt offenlegt. Das Bedürfnis nach len, sondern untersucht vielmehr das ‚Wie?‘, die der interdisziplinären Kombination dieser recht Art der Darstellung von Gewalt und der Wirkung unterschiedlichen Zugänge leitet der Autor aus ihrer spezifischen Inszenierung; der Schwer- der eigentlich naheliegenden Beobachtung ab, punkt liegt hierbei auf ihrer Selbstreferentialität . „dass sowohl in der Soziologie als auch in der Dies nun müsste kein zwangsläufiger Effekt der Literatur Wahrnehmungen und Erfahrungen Wahl des Zugangs über soziologische Theo- einer menschengemachten Welt verarbeitet rien sein (auch die Soziologie ist vor allem am werden“ (31), was im Umkehrschluss folgende Warum der Gewalt interessiert), Nill kann aber These zulasse: „[M]ithilfe soziologischer Er- anschaulich aufzeigen, dass „durch das Brenn- kenntnisse und Theorien kann ein fruchtbarer glas soziologischer, erzähl- und literaturtheore- Zugang zu literarischen Werken geschaffen tischer Ansätze“ bei der Analyse ausgewählter werden“ (ebd.). Letztlich geht es dem Autor Szenen körperlicher Gewaltdarstellungen „Kör- also, wie es eingangs scheint, viel mehr um ein per, Verwundung, Gewaltkonstellation, Erzähl- theoretisch-methodisches Experiment, welches raum, Grenze sowie Zeit“ als zentrale Begriffe ein interdisziplinäres Werkzeug zur Analyse von identifizierbar werden (11, Hervorhebungen im Literatur entwickeln will, als um Lucans Werk Original). Dabei fließen verschiedene Zugänge selbst . Der Zugang des „soziologisch-erzähl- ineinander, das Phänomen der Zeit etwa lässt theoretisch-ästhetischen Ansatzes“ (5), wie Nill sich durch die narratologische Erzählzeit, aber es nennt, steht im Zentrum der Studie und das zugleich mithilfe der soziologischen Gewaltzeit untersuchte Werk sollte somit austauschbar sein analysieren . In erfreulich wiedererkennbarer Wei - – so lässt es zumindest die Einleitung vermu- se bezieht sich Nill folglich auf diesen Begriffs- ten . Wendet man diese Methodik dann auf das kanon . An wichtigen Stellen wählt er hierzu auch Bürgerkriegsepos an, besteht das spezifische ein komparatives Vorgehen, indem er entschei- Ergebnis hinsichtlich der lucanischen Gewalt dende intertextuelle Referenzen berücksichtigt . im titelgebenden Unmaking, einer Synkrisis von Die Arbeit ist – anschließend an eine me- „Struktur und Auflösung“ in der Gewaltdarstel- thodische Einleitung – nach thematischen Fall- lung (7). Hierauf kommt Nill jedoch erst ganz zum studien gegliedert, die jeweils eine Partie des Ende der Einleitung genauer zu sprechen . In Epos in den Blick nehmen . An der Tötung des seinen Textanalysen arbeitet er heraus, dass die Marius Gratidianus (2,173-193a) untersucht Nill Gewaltdarstellungen bei Lucan durch störende, den Aspekt „Ästhetik und Zerstückelung“, an der dekonstruktiv wirkende Elemente geprägt sind, Tiberflut (2,193b-220) die „Verdichtung“, gemeint die Strukturen, aber auch Illusionen aufbrechen . ist die Verdichtung von Gewalthandeln in einer helden. heroes. héros. Dennis Pulina, Olmo Gölz

48 großen Masse, an der Schlacht vor Massilia Reemtsma sie stellt,2 hätte an dieser Stelle (3, 583-646) die „Tension“, am Kampf des Her- wohl noch fruchtbar gemacht werden können, cules gegen Antaeus (4,593-653) anschließend stellt Nill doch in seinem Modell den agens dem die „Suspense“, womit im Gegensatz zur „Tension“ patiens gegenüber und identifiziert weitere ‚Teil- eine durch Gegensätze und nicht die durch den nehmer‘ an der Gewalttat, den Unterstützer, den Verlauf der Handlung erzeugte Spannung ge- Widersacher und den arbiter, wobei Letzterer meint ist . Zuletzt analysiert Nill den „Exzess“ wiederum in drei Untergruppen aufgefächert in der Darstellung der Schlacht von Pharsalos wird: Machthaber/Gebieter, Schiedsrichter und (7, 617-631). Zeuge . Wenn auch ein Bezug auf Gewaltsorten Theorie und Methodik der entsprechenden in diesem Fall fehlt, so ist doch erfreulich, dass Analysen werden in einer ausführlichen Einlei- Nill hier immer wieder Rückbezüge auf die Aus- tung vorgestellt, die in ihrer Fülle allerdings teil- arbeitungen zur Gewaltsoziologie einwebt und weise unübersichtlich wird . Nill unternimmt hier diese so von ihrer Isolation im Angesicht des nar- eine verdienstvolle Darstellung der Geschichte ratologischen Zugangs etwas löst . Exemplarisch der Gewaltsoziologie, in der letztlich der Verweis lässt sich dies etwa an der Diskussion über die auf neuere Umorientierungen innerhalb der Ge- Bedeutung der sinnlichen Erfahrung der Gewalt waltsoziologie „von der Ursachenforschung hin und damit der Identifizierung der Wichtigkeit des zu Prozessen und Modalitäten der Gewalt“ (46) Begriffs Körper für die Studie nachvollziehen . für die vorliegende Untersuchung jenen zentralen Ausgehend von Wolfgang Sofskys Diktum, dass Gedanken bildet, der Nill auch dazu veran- die Wahrheit der Gewalt das Leiden sei,3 unter- lasst, die Soziologie überhaupt in seine Über- streicht Nill die Bedeutung der Gewalt als sinn- legungen, die nach dem ‚Wie?‘ und nicht dem liches Ereignis – und damit des Körpers – bei ‚Warum?‘ der Gewalt fragen, einzubeziehen . Lucan (vgl. 74-75). Dem Umstand geschuldet, dass es sich bei der In vorzüglicher philologischer Genauigkeit lucanischen Gewalt aber eben nicht um reale, widmet sich der Autor dann den ausgewähl- sondern fiktionalisierte und narrativ bearbeitete ten Passagen . Zur Illustrierung des Vorgehens Gewalt handelt, legt Nill anknüpfend an die so- in Bezug auf die theoretische Einleitung seien ziologischen Überlegungen die narratologische hier zwei Kapitel exemplarisch herausgegrif- Methodik dar . Obwohl diese der Beobachtung fen . Die Zerstückelung des Marius Gratidianus Rechnung trägt, dass die literarische Gewalt wird als erste Passage (Kapitel 2 „Ästhetik und bei Lucan ein amorphes Phänomen ist, das der Zerstückelung: Marius Gratidianus“) analysiert, realen Gewalt ähnlich ist und einen vergleich- worin insbesondere im Unterkapitel „Körper“ baren Methodenpluralismus verlangt (vgl. 48), (vgl. 104-112) auf die zuvor herausgearbeitete zeigt sich im Vergleich dieser beiden Teile zuei- Bedeutung der Gewalt als sinnliches Ereignis für nander eine leichte, wohl aber auch erwartbare patiens und agens Bezug genommen wird, mit Unwucht zugunsten der Ausarbeitung des nar- der innovativen Pointe, dass der Leser als außer- ratologischen Ansatzes . Hier wird deutlich über- textlicher agens selbst Teil dieser sinnlichen zeugender wirklich ein Werkzeug zur Analyse Erfahrung ist und sie nicht lediglich rezipiert . Nach des Bellum Civile vorgestellt, als dies im soziolo- der Darstellung des Texts und des zugehörigen gischen Exkurs getan wird, wo letztlich vor allem Forschungsstandes untersucht Nill in diesem die Anschlussfähigkeit soziologischer Über- Kapitel anhand seines Aktantenmodells zunächst legungen für die Literaturwissenschaft über- die Gewaltkonstellation (so verfährt Nill bei je- haupt ermittelt wurde . der Fallstudie), im Folgenden dann passagen- Nill zeigt zunächst auf, dass ein binäres abhängige Spezifika. Im Fall der Marius-Partie Kommunikationsmodell, in dem sich Autor als sind die Untersuchungen zur Darstellung des historische Person vs . Leser als historische Per- Körpers des Getöteten besonders aufschluss- son, Autor als Textproduzent vs . Leser als Text- reich . Nill zeigt feinsinnig die Verknüpfung rezipient, impliziter Autor vs . impliziter Leser etc . von Körperlichkeit und Verwundung auf, welche gegenüberstehen, der Komplexität des Epos die Leser*innen die Gewalttat besonders effekt- im Hinblick auf die Gewaltdarstellung nicht ge- voll nachvollziehen lässt . Von besonderer Be- nügen kann . Durch dessen Kombination jedoch deutung sind hierbei die Sinneswerkzeuge: mit dem Erzähltextmodell Genettes1 gelingt es Marius selbst kann seine eigene Zerstückelung Nill, ein überzeugendes Schema der „Aktanten miterleben, da ihm erst zuletzt das Augenlicht narrativer Gewalt“ (Grafik S. 56, Appendix genommen wird, und die Blickrichtung der Le- S. 350-351) zu entwickeln, das sich in den an- senden bzw. der fiktiven Zuhörer*innen wird schließenden Analysen sehr bewährt und für entsprechend dieser Gewalterfahrung beglei- die Forschung zu Gewalt in der Literatur gene- tend gelenkt . Nill kann hier vor dem Hintergrund rell tauglich zu sein scheint . Die soziologische seines Aktantenmodells deutlich machen, dass Frage nach den Gewaltsorten, wie Jan Philipp die Sinnlichkeit des Ereignisses nicht nur für den

helden. heroes. héros. Rezension: Hans-Peter Nill. Gewalt und Unmaking in Lucans Bellum Civile fingierten Leidenden instruktiv ist, sondern auch unterbunden“ wird (177). Die durch die Dicho- 49 auf die Rezipienten des Werkes wirkt, sodass im tomien erzeugte Tension erweist sich als Teil Ergebnis nicht nur „die Ästhetik der Gewalt, son- dessen . Besonders eindrücklich sind auch Nills dern auch die Gewalt der Ästhetik“ (112) eine viele Überlegungen zu der kurzen Passage, wichtige Komponente der Darstellungen von die vom Tod des Gyareus (gerade einmal drei Grausamkeit bei Lucan einnimmt . Nill weist eine Verse lang) erzählt. Die minimierte Anschaulich- mit der Darstellung der Gewalt einhergehende keit wird als sehr gutes Beispiel für die Illusions- Dehumanisierung nach, die auch modernen störung herangezogen: Es ist nicht klar, wo sich Gewalttheorien entspricht und auf drei Funda- die Handlung abspielt, auf welches „verbündete“ menten beruht, erstens einer Animalisierung, (3, 600) Schiff Gyareus steigt, in welche Rich- nämlich der Darstellung des Marius als Opfer- tung sich die Bewegung des Kletterns vollzieht tier, zweitens einer sozialen Isolation sowie der und was eigentlich die ilia genau bezeichnen . damit verbundenen Hilflosigkeit, drittens einer Nills Thesen sind innovativ und überzeu- Vergegenständlichung . Zugleich wird hieran das gend, seine Analysen verdeutlichen, dass mo- Unmaking deutlich . Marius’ Verlust der Sprache derne Theorien für antike Texte gewinnbringend spiegelt sich in einer Lautlosigkeit des Textes sind, seine Methodik ist übertragbar und ver- wider . Hinzu kommt eine unpräzise Darstellung allgemeinerbar, jedenfalls für das antike Epos, der Geschehnisse und ihres genauen Ablaufes wenn auch der Rückgriff auf die Soziologie in der sowie eine Einbuße an Sinnhaftigkeit . Diese Ent- Einleitung etwas bemüht wirkt – eine einfache fremdung nennt Nill „narrative Unschärfe“ (117). Verflechtung der Kernaussagen in der Ausarbei- Gewalt zerstöre auch den Sinn des Textes, so tung des narratologischen Ansatzes wäre wohl Nills überzeugendes und innovatives Fazit . Erst ausreichend gewesen und hätte Raum für eine der Leser ist es danach, der in seinem wirkungs- größere Gewichtung des sehr originellen und ästhetischen Akt die narrative Sinnhaftigkeit wegweisenden, aber in Teilen doch zu wenig be- (re)konstruiere und so selbst zum „‚außertext- leuchteten Aspekts des Unmaking geschaffen. lichen‘ agens“ (121) wird, der als „‚gewalttätiger‘ Es gelingt Nill aber, durch sein experimentelles Textproduzent neben de[n] Erzähler“ tritt (122). Modell die Forschung an antiken Epen und ihrer Die besondere Bedeutung des Körpers wird zum Teil markanten Gewaltaffinität in starkem von Nill unter anderen Gesichtspunkten auch in Maß zu bereichern . Die eingangs eingeworfene Kapitel 5 „Suspense: Hercules vs . Antaeus“ und Formel, dass das Nachgehen der Frage nach Kapitel 6 „Exzess: Pharsalus“ aufgegriffen, wo- dem ‚Warum?‘ der Gewalt eine Rekonstruk- bei in der letzteren Fallstudie insbesondere der tion der Autoren- oder Werkintention implizie- Hinweis auf die narrative Überwindung der Kör- ren würde und der Autor der Studie sich daher pergrenzen durch die exzessive Schilderung ei- eher für das ‚Wie?‘ der Gewalt und damit den ner Massenkampfszene (vgl. 323) beachtlich ist. Weg des soziologischen Zugangs entschieden Die Spur der Gewalt als sinnliche Erfahrung und habe, scheint angesichts des Vorhabens jedoch auch als Grenzerfahrung, die durch Lucans Bel- beinahe etwas unmotiviert . Gerade auch unter lum Civile und konsequenterweise auch durch Hinzuziehung soziologischer Überlegungen hät- Nills Buch führt, hinterlässt einen bemerkens- te eine werkimmanente Suche nach dem Warum werten Eindruck und scheint den ‚soziologisch- einige interessante Aspekte der Funktion von erzähltheoretisch-ästhetischen Ansatz‘ zu legiti- Gewalt in der Literatur eruieren können – etwa mieren . in Bezug auf die Betonung des Extraordinären Bei der Darstellung der Seeschlacht vor Mas- und die Darstellung der Außerordentlichkeit silia befasst sich Nill mit der Tension . Besonders von Akteuren, sprich deren Heroisierung, über interessant sind die zutage geförderten Ausdif- deren Umgang mit ihrer Verletzungsmacht und ferenzierungen der Gewaltakte für verschie- Verletzungsoffenheit. Eine Autorenintention dene Figuren, nämlich Catus, Telo, Gyareus, würde das noch nicht implizieren . Gleichwohl, die Zwillinge und Lycidas . Für die Catus-Episode die Spur, auf die Nill sich begibt, eröffnet faszi- weist er eine stete Grenzziehung nach, einerseits nierende Einblicke in die Bedeutung der Gewalt im Erzählraum (Schiff der Römer vs. Schiff der bei Lucan für alle am Werk beteiligten Akteure – Massilier, Zentrum vs. Peripherie etc.), anderer- inklusive des Publikums selbst . seits auch für den Körper (Rücken vs . Brust, hinten vs. vorne etc.). Er zeigt, wie all diese 1 Vgl . Gérard Genette: Die Erzählung . Paderborn: Fink, Dichotomien den Tod des Catus illustrieren, des- 2010. sen Seele abschließend durch die Waffen zer- 2 Vgl . Jan Philipp Reemtsma: Vertrauen und Gewalt: Versuch einer besonderen Konstellation der Moderne . Ham- teilt wird (divisitque animam; 3, 591). Auch an burg: Hamburger Ed., 2013: 101-128. dieser Stelle kann Nill das Unmaking belegen, 3 Vgl . Wolfgang Sofsky: Traktat über die Gewalt . Frankfurt da „die Wahrnehmung des Textes als vermeint- am Main: Fischer, 1996: 68. liche Wirklichkeit [durch Illusionsdurchbrechung]

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Impressum helden. heroes. héros. E-Journal zu Kulturen des Heroischen, Sonderforschungsbereich 948 „Helden – Heroisierungen – Heroismen“ Ulrich Bröckling, Barbara Korte, Ulrike Zimmermann Band 8.1 (2020)

Herausgeber*innen dieses Hefts: Technische Beratung: Ulrich Bröckling Thomas Argast Barbara Korte Annette Scheiner Ulrike Zimmermann Grafische Gestaltung: Redaktion: Tobias Binnig Ulrike Zimmermann Kontakt: Redaktionelle Mitarbeit: SFB 948 Pauline Harder „Helden – Heroisierungen – Heroismen“ Jessica Hargreaves Hebelstraße 25 Felicia Lewedei D – 79104 Freiburg i. Br. Stephanie Merten

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SFB 948 Helden – Heroisierungen – Heroismen

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Hebelstraße 25 79104 Freiburg

Telefon: 0761 203-67600 Internet: www.sfb948.uni-freiburg.de

helden. heroes. héros.