Lebens!"nge Anziehung: #!"r" Po!!"$zek und Arthur S$hnitz!er

Arthur Schnitzler geht ins Kino – aber niemals allein Mit seiner Geliebten Clara Pollaczek flüchtete der Literat in die Dunkelheit der Wiener Lichtspieltheater. Wie ein wissenschaftliches Buch das Schnitzler-Jahr rettet. Text Helmut Schneider Illustration Daniela Fruhwirth

chon irgendwie peinlich. Zum 150. Geburtstag von Ar- lungen. Im Dunkel der Kinos blieb das Paar sozusagen anonym. Es gab thur Schnitzler gibt es bis auf Matineen im Volkstheater aber noch einen anderen Grund, warum Schnitzler lieber ins Kino als und in der Josefstadt (siehe unten) keine größeren Feier- ins Theater ging. In seinen letzten Jahren war der Autor fast taub, der lichkeiten. Dabei hat doch gerade der 1862 geborene Stummfilm stellte somit eine willkommene Alternative dar. Arztsohn aus der Leopoldstadt den Wiener Ton nachhal- Im Böhlau Verlag erschien jetzt ein wunderbares Buch („A. ist tig in der Weltliteratur verankert. Mit Dramen wie „Lie- manchmal wie ein kleines Kind“), das die Filmleidenscha$ des seltsa- belei“, „Der Reigen“ oder „Professor Bernhardi“ oder dem men Paares Schnitzler-Pollaczek dokumentiert. Stephan Kurz und Mi- Roman „Der Weg ins Freie“ prägt Schnitzler das Wien-Bild bis heute. chael Rohrwasser haben dafür die Tagebucher der beiden den jeweili- SViele seiner Werke wurden zigmal verfilmt, seine „Traumnovelle“ dien- gen Kinobesuchen zugeordnet und gegenübergestellt. Und sie haben te gar Regiegenie Stanley Kubrick als Vorlage für „“ jeden einzelnen Film genauest beschrieben. Dadurch bekommen Leser (mit Nicole Kidman & Tom Cruise). nicht nur einen Einblick in die verquere Gefühlschemie des Paares, Aber Schnitzler war auch einer der ersten Literaten, der das noch sondern auch in die Filmproduktion der 20er Jahre des vorigen Jahr- junge Medium Film ernst nahm. Zum einen ho!te er auf eine neue hunderts. Die beiden sahen sich nämlich – so kann nachgeschlagen Einnahmequelle, zum anderen ahnte er zumindest die zusätzlichen werden – jeden „Schro"“ an. Möglichkeiten, die der Film für jemanden, der Geschichten erzählen Clara Katharina Pollaczek war keinesfalls eines der zahlreichen will, bietet. Allerdings ha"e seine geradezu manische Lust am Besuch „süßen Mädels“, die auch die Filmleinwände jener Zeit bevölkerten. der Wiener Lichtspieltheater auch noch prosaischere Gründe. 1921 ließ Die Tochter einer wohlhabenden jüdischen Familie verö!entlichte er sich von seiner Frau, der Schauspielerin Olga Gussmann, zwar schei- schon in jungen Jahren Dramen, die sie zur Beurteilung an Schnitzler den, das Paar blieb aber nicht nur wegen der gemeinsamen Kinder eng und dessen Freund Hugo von Hofmannsthal schickte. Beide kamen in verbunden. Schnitzler ha"e darau#in mehrere Geliebte, schätzte es dieser Zeit für die junge Dame als zukün$ige Ehemänner in Betracht. aber nicht, sich mit Ihnen in der Ö!entlichkeit zu zeigen. Eine dieser Doch da sich die Herren Literaten zierten, heirate Clara den Erben ei- Geliebten – Clara Pollaczek – war seine Film-Gefährtin. Mit ihr besuch- ner großen Rohlederhandlung O"o Pollaczek. Eine feine Lebensironie te er zwischen 1923 und 1931, seinem Sterbejahr, hunderte Kinovorstel- ließ die beiden dann im Alter wieder zusammenkommen.

S! HNITZLER I" THEATER GRATULIERT S!HNITZLER ZU" HERZ#KESTRANEK LIEST S!HNITZLER, S!HNITZLER AUF DE" SPIELPAN GEBURTSTAG, 20. 5. 2012, 11 Uhr, 13. 5. 2012, 11 Uhr, Josefst"dt, „Professor Bernh"rdi“, „D"s weite L"nd“ (Burgthe"ter), Rote B"r Vo!ksthe"ter, www.vo!ksthe"ter."t www.josefst"dt.org „Der eins"me Weg“ (Vo!ksthe"ter)

104 %"i 2012 www.wien#ive.$t