BERTONE – Pioniere Des Autodesigns Geht in Die 2

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BERTONE – Pioniere Des Autodesigns Geht in Die 2 Technik Eine Tatra-Restaurierung Ein Auto wird zur Lebensaufgabe mit großer Leidenschaft Begebenheiten chen Fahrzeugen meist um unbe- zahlbare Prototypen oder Son- Historische Stromlinienfahrzeu- deranfertigungen mit entspre- ge in einen präsentablen, noch chend hohen Preisen handelte, dazu einsatzbereiten Zustand zu war mir klar, dass so ein Auto für versetzen, ist meist mit nicht mich ein Wunschtraum bleiben ganz unerheblichem Aufwand würde. verbunden. Ein passionierter Kraftfahrzeug-Sachverständiger Im August 1993 lag ich mit hat sich auf dieses Abenteuer einem Achillessehnenriss im eingelassen. Nachfolgend seine Krankenhaus und blätterte Geschichte, die trotz mancher di verse Automobilzeitschriften Hindernisse nach vielen Jahren durch. Dabei stieß ich auf eine noch einen glücklichen Ausgang Verkaufsanzeige eines Tatra 87. nahm. Schlagartig wurde mir klar, dass dies die große Chance war, an Im Zuge der Abschlussarbeit ein Stromlinienauto zu kommen. meines Ingenieurstudiums, bei der unter anderem historische Nachdem ich einigermaßen ge- Karosseriebauformen behandelt nesen war, machte ich mich auf wurden, stieß ich auf die Ära der den Weg nach Düsseldorf, dem „Stromlinien“ (circa 1920-1940) Standort des Fahrzeuges. Der im Fahrzeugbau. Besitzer erzählte mir, er hätte das Auto aus St. Petersburg in Die Aerodynamik im Fahrzeug- Russland eingeführt. Die Restau- bau hielt nach dem Ersten Welt- rierung des Fahrzeuges würde krieg Einzug, da die Gilde der ar- jedoch seine Möglichkeiten über- beitslosen Flugzugbauer ein schreiten. Angeblich war das neues Betätigungsfeld suchte. Fahrzeug in Russland „restau- Eine aerodynamisch gestaltete riert“ worden und bis vor zwei Karosserie verringerte die Staub- Monaten noch gefahren, so die entwicklung während der Fahrt, Angabe des Verkäufers. Bei der brachte eine höhere Geschwin- Erstbesichtigung bin ich gefühlt digkeit bei gleicher Leistung und hundert Mal um das Auto her - senkte den Verbrauch. In Euro- umgegangen, daruntergelegen pa stand der technische Fort- und reingekrochen. Meiner Mei- schritt für die Gestaltung der nung nach war das Auto in Stromlinien im Vordergrund. In einem schlechten, aber nicht den USA war „Streamlining“ hoffnungslosen Zustand. Durch eher eine Designvariante. meine rosarote Brille erkannte ich diverse Durchrostungen, Tatra 87 nach dem Kauf – Als designinteressierter Autolieb- der Teufel steckt im Detail eine katastrophale Lackierung haber faszinierten mich die teil- und einen abgewohnten Innen- weise skurrilen Fahrzeuge mit ihren fließenden Ka- raum. Aber das Fahrzeug schien einigermaßen kom- rossen. Auf Grund der Tatsache, dass es sich bei sol- plett zu sein. 26 CM 1-2020 | www.DAVC.DE Technik Eine Tatra-Restaurierung Ein Auto wird zur Lebensaufgabe mit großer Leidenschaft Natürlich lief der Motor nicht. Schlussendlich kaufte Motor kurz zum Laufen, wobei sich ein Kollege von ich den Tatra 87 für 12.000 Deutsche Mark. Beim mir wegen eines Vergaserrückschlages den Unter- Tatra 87 aus dem tschechischen Koprivnice handelt arm leicht verbrannte. Im Zuge der Zerlegungsar- es sich um eine für seinen Konstrukteur Hans Led- beiten wurde mir auch immer klarer, dass ich mich winka typische technische Leistung. Das gewählte mit der Restaurierung dieses Fahrzeugs auf ein gro- Konzept mit einem luftgekühlten 3-Liter V-8-Zylin- ßes Abenteuer eingelassen hatte, dessen Ausgang der-Heckmotor war zu seiner Bauzeit (1937 bis immer ungewisser wurde. 1949) nicht ungewöhnlich. Auch Mercedes (130 H), Volkswagen und die von Porsche gebauten Auto- Ersatzteile waren praktisch nicht am Markt. Die Union Rennwagen hatten den gesamten Triebwerks- Elektrik war nur mehr in Fragmenten vorhanden. block reparaturfreundlich im Heck angeordnet. Die Innenausstattung war zerfetzt, sämtliche Aggre- gate undicht und das Fahrwerk in einem desolaten Besonders markant war hingegen die Stromlinien- Zustand. Eine Bremswirkung war auch nicht vor- karosserie, die nach Patenten von Jaray hergestellt handen. Die Karosserie extrem verspachtelt, das Bo- worden war. Aufgebaut auf einem geschweißten denblech löcherig. Die katastrophale Lackierung Kastenrahmen, befand sich die Fahrgastzelle zwi- war noch das geringste Problem. Auch die Armatu- schen den Achsen in der Zone größter Fahrruhe. Die ren waren teilweise nicht vorhanden. mittragende Stromlinienkarosserie kann zugleich als frühe Form der Potonbauweise gelten. Mit seinen 75 Im weiteren Verlauf demontierte ich dann sämtliche PS war der Tatra 87 immerhin 160 km/h schnell. Aggregate, bis ich die nackte Karosserie vor mir Aber so weit war es bei mir noch lange nicht ... hatte. Ich verbrachte diese zu einem befreundeten Karosseriebauer. Dort sollten die fälligen Blechar- Die Restaurierung beiten erledigt werden. Um die Kosten überschau- bar zu halten, entlackte ich die Karosserie mittels di- Ich transportierte den Tatra mit einem unguten verser Schleifgeräte über Wochen in meiner Freizeit Gefühl nach Hause. Dort angekommen, besichtigte selbst. Eine Anmerkung zu meiner Freizeit: Wir hat- ihn meine Frau von Weitem und schüttelte nur den ten damals zwei kleine Kinder, die auch vom Vater Kopf über diesen Schrotthaufen. Daher verfrachtete betreut werden wollten. Außerdem hatte ich eine ich ihn sofort auf den Parkplatz meines Arbeitge- Ehefrau. bers, wo er erst einmal abgestellt wurde. Unter dem Spott meiner Kollegen legte ich zunächst die Karos- Im Zuge der Schleifarbeiten wurde, wie meistens, serie frei und demontierte sämtliche Anbauteile. Mit das wahre Ausmaß des Karosseriezustandes sicht- einer Fremdstartbatterie brachte ich auch den bar: Kotflügelkanten durchgerostet. Türblätter unten fast weggerostet. Die Schweller innen und außen nur mehr teilweise vorhanden. Das Boden- blech ebenfalls nur mehr teilweise vorhanden. Au- ßerdem wies die Karosse- rie diverse, schlecht in- standgesetzte Unfallschä- den auf. Insgesamt war Innenleben der Türen nach Demontage Die nackte Karosserie vor der Auf- die tragende Konstruktion der Verkleidungen arbeitung bananenartig verzogen. CM 1-2020 | www.DAVC.DE 27 Technik Eine Tatra-Restaurierung Ein Auto wird zur Lebensaufgabe mit großer Leidenschaft Bei der Entlackung kam außerdem die Ursprungs- In der Werkstatt farbe dunkelblau zum Vorschein. Ich habe einmal gelesen, dass dunkelblau die Farbe der Fahrzeuge Rund 10 Jahre gingen ins Land. In dieser Zeit wurde des tschechischen Geheimdienstes war. Die würde selbstverständlich nicht durchgehend gearbeitet. Das auch den Standort St. Petersburg in Russland erklä- ein oder andere Jahr blieb die Karosse unbeachtet in ren. Offenbar gelangte mein Tatra in Zeiten des der Werkstattecke stehen. Einerseits entstand über Zweiten Weltkrieges dorthin. die Jahre eine gewisse Verzagtheit über die aus- ufernden Arbeiten, andererseits zwang mich die Fi- Mein Karosseriebauerfreund richtete zuerst die Ge- nanzierung der Fremdarbeiten zu Pausen. Zwischen- samtkarosserie wieder gerade. Dann wurden Stück durch wurden von mir diverse mechanische Teile für Stück die durchgerosteten Teile instandgesetzt. wie Lenkung, Achsaufhängung, Federung, Bremsen Jedes Teilstück musste angefertigt werden, Karos- und Schaltung überholt. Gott sei Dank waren für serieteile gab es nicht zu kaufen. Die Türblätter wur- diese Instandsetzung größtenteils nur Standardteile den ebenfalls teilweise angefertigt. Die verfaulten wie Lager, Dichtungen oder Buchsen erforderlich. Türrahmen aus Eschenholz ausgeschnitten und erneuert. Für die Einstiegsschweller und für das Das Getriebe wurde vorerst nur neu abgedichtet und Bodenblech kam jede Hilfe zu spät. Die Schweller den Motor brachte ich zwecks Überholung nach wurden mit einer selbstgebauten Stanze und an der Tschechien. Etwa in dieser Zeit hatte ich eine Begeg- Biegemaschine angefertigt. Für das Bodenblech fer- nung, ohne die die Restaurierung meines Tatra 87 tigten wir eine Negativform an, über der dann das schlussendlich doch gescheitert wäre. Auf einem Bodenblech geformt wurde. Oldtimerteilemarkt (ich besuchte damals viele in der Hoffnung auf Ersatzteile) entdeckte ich einen Händ- ler mit Typenschildern, der mein fehlendes Tatra-Typen- schild im Angebot hatte. So- fort griff ich zu, aber gleich- zeitig auch eine andere Hand. Diese gehörte meinem inzwi- schen sehr guten Freund, Mi- chael Stransky. Im Verlauf der anschließen- den Unterhaltung erfuhr ich, dass Herr Stransky drei Tatra Türbleche und innere Holzstruktur Die Bodenbleche und Querverstre- mussten zum großen Teil erneuert bungen wurden nach altem Vorbild Die Polsterung war nur auf den werden angefertigt und mit Sicken versteift ersten Blick noch verwendbar 28 CM 1-2020 | www.DAVC.DE Technik Eine Tatra-Restaurierung Ein Auto wird zur Lebensaufgabe mit großer Leidenschaft 87 besaß und sich seit Jahren mit nahm ein alter Sattler, der im frü- diesen Fahrzeugen beschäftigte. heren Berufsleben im Tatrawerk Außerdem war Herr Stransky ebenfalls dieselben Verkleidungen Tscheche und hatte damit hervor- hergestellt hatte. Zwischenzeitlich ragende Beziehungen in das Mut- holte ich den „überholten“ Motor terland meines Tatra. Der zweite auch wieder aus Tschechien und Glücksfall in dieser Zeit war ein baute ihn ein. Nach einer Fahrt - Mitglied des „Tatra Register strecke von circa 5 Kilometern gab Deutschland“, Adolf Kunz. er komische Klappergeräusche von sich und kurze Zeit später blo- Diesen beiden Personen habe ich Eine teilzerlegte Bremsankerplatte ckierte er. Selbstverständlich ge- den größten Teil meiner Fehlteile lobte der Motorüberholer Nach- wie z.B. Scheinwerfer, Blinker, Armaturen, Schalter besserung. Nach zwischenzeitlichen
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