Die Schneedecke – Segen für Natur und Wintersport

Christoph Schneider und Johannes Schönbein

Damit es zu Schneeniederschlag kom- Wirkungen der Schneedecke Ausgewählte Mittelgebirgs- men kann, müssen die bei tiefen Tem- Physikalische Prozesse bewirken, dass peraturen zu winzigen Eiskristallen stationen die Kristalle des frisch gefallenen Schneeniederschlag und kondensierten Partikel in den Wolken Schnees altern und ihre Form verlieren maximale Schneehöhe zu größeren Schneekristallen heran- ( Metamorphose). Dabei setzt sich der 1980- 99 wachsen. Dies geschieht durch lockere Neuschnee zu einer Altschnee- mittlerer Schnee- mittlere maximale Sublimationswachstum. Dabei lagert niederschlag Schneehöhe decke, die aus vorwiegend kugelförmi- mm cm sich Wasserdampf an die Eiskristalle gen Eiskristallen besteht. Im Hochge- 200 200 an, bis sich größere Graupelkörner birge kann die Metamorphose zur Bil- oder Schneeflocken bilden. Wenn die- dung von Tiefenreif, führen, der als 175 175 se auf ihrem Weg zur Erdoberfläche Gleithorizont überlagernde Schnee- wärmere Luftschichten durchfallen, massen destabilisieren und so für den 150 150

entsteht großtropfiger und ergiebiger Abgang von Lawinen verantwortlich 125 125 Regen. Sind im Winter diese wärmeren sein kann. Luftschichten nicht vorhanden, be- Auch das Lokalklima wird von der 100 100 deckt bald eine Schneedecke die Land- Schneedecke beeinflusst. Durch die Blick nach Süden vom Nordosthang des Baldenweger Buck, dem 75 75 östlichen Ausläufer des Feldbergmassivs schaft. Die Form der Schneekristalle hohe Reflexion der Sonnenstrahlung wird durch die Bildungsbedingungen in (Albedo) können sich Boden und Luft 50 50 der Wolke bestimmt. So entstehen tagsüber nur wenig erwärmen. Anderer- beispielsweise die klassischen Schnee- seits verhindert eine schützende Schnee- 25 25

sterne nur in Wolkengebieten mit decke durch ihr Porenvolumen, dass 0 0 Temperaturen zwischen -14 °C und strenge Nachtfröste die Vegetation schä- Großer Arber -17 °C. digen. In einer mehrere Tage alten © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 Auf dem Weg zum Erdboden können Schneedecke beträgt der Luftanteil noch sich die Schneekristalle bei Temperatu- immer 60-70%. Beginnt der Schnee zu ren um den Gefrierpunkt zu großen Flo- schmelzen, können die Poren das ent- Gleithorizont – mechanisch instabile cken zusammenballen. Dies ist meist standene Wasser zu einem gewissen An- Ausgewählte Mittelgebirgsstationen Schicht, auf der überlagernde (Schnee-) Temperatur- und Schneedeckenentwicklung dann der Fall, wenn eine westliche teil festhalten. Auch Regen wird solange Massen durch Einfluss der Schwerkraft der 1950er bis 1990er Jahre Strömung in der Atmosphäre in ra- aufgesogen, bis die Schneedecke wasser- (als Lawinen) abrutschen können mittlere Lufttemperatur schem Wechsel maritime und polare gesättigt ist (Retentionsvermögen). Taut Graupel – fester Niederschlag aus einer im Februar in °C Kaltluft nach Deutschland führt. Solche die Schneedecke weiter ab, wird das in Mischung von Schnee und Eis, unregel- 4 Frontenniederschläge können in kurzer den Poren festgehaltene sowie das ohne- mäßig rund (Durchmesser 2-5 mm) Zeit große Mengen feuchten Papp- hin gebundene Wasser in kurzer Zeit Metamorphose – Umformung. Destruk- schnees ablagern. Herrscht hingegen ru- freigesetzt, wodurch Hochwasserereignis- tive Metamorphose bewirkt, dass 0 higes Winterwetter – in Deutschland se ausgelöst werden können. Schneekristalle ihre sechseckige Gestalt oft mit einer leichten Ostströmung ver- verlieren und ein körniges Gefüge an- bunden – sinken aus der kalten und tro- Schneedecke und Wintersport nehmen, durch konstruktive Metamor- -4 phose entsteht Tiefenreif. ckenen Luft nur kleine Schneeflocken Gibt man sich auf den Straßen alle zur Erde, die eine dünne Pulver- Mühe, eine Schneedecke so schnell wie Pappschnee – zu großen Flocken zu- sammengeballte Schneekristalle, die bei schneedecke ausbilden. möglich zu entfernen, so ist sie den Er- -8 Temperaturen um den Gefrierpunkt ge- Weitere wichtige Faktoren für die re- holungssuchenden sehr willkommen. Ist fallen sind und einen relativ großen An- gionale Ausbildung der Schneedecke die Schneehöhe ausreichend, werden teil flüssigen Wassers enthalten (Dichte sind der Abstand von thermisch aus- die Alpen und die Mittelgebirge zu je- 200-300 kg/m³). -12 gleichend wirkenden Wassermassen der Art von Wintersport genutzt Pulverschnee – Schneekristalle, die bei ( Maritimität/ Kontinentalität) wie ( Bd. 10, Beitrag Bader-Nia, S. 96). kalten Temperaturen gefallen sind. Die auch die Höhenlage eines Ortes und In hartem Konkurrenzkampf unterein- einzelnen Kristalle sind nicht nennens- -16 wert ineinander verhakt und enthalten 1950er 1960er 1970er 1980er 1990er dessen Exposition zur vorherrschen- ander investierten die Skiorte der Al- den Windrichtung. So können aus penregion schon früh in umfangreiche kein flüssiges Wasser (Dichte unter 150 kg/m³). mittlere Schneedeckenhöhe Nordwesten vorstoßende Luftmassen Maßnahmen, die auch unter ungünsti- im Februar in cm Sublimationswachstum – Durch ein 150 ungestört über das Norddeutsche Tief- gen Witterungsbedingungen Skisport physikalisches Ungleichgewicht lagert land ziehen, bis sie auf den Harz als ers- ermöglichen oder die nötigen Schnee- sich Wasserdampf an einem in einer te höhere Erhebung treffen. Dagegen mengen erzeugen, um in direkter Nähe Wolke schwebenden Eiskristall an und 100 haben die Luftmassen vor Erreichen des der Skiorte half pipes, Trickskipisten und gefriert dort, wodurch der Eiskristall Feldbergs bereits einige Mittelgebirgs- fun parks einzurichten. Die vergleichs- rasch an Größe gewinnt. rücken überquert, an denen sie Feuch- weise kurzen Anfahrtswege aus den Bal- Tiefenreif – becherförmige Eiskristalle, 50 tigkeit verlieren konnten. Dies erklärt, lungsgebieten erschließen die deutschen die sich bei hohen Temperatur- oder weshalb auf dem Brocken im Harz Mittelgebirge zur Naherholung, so dass Feuchtegradienten in einer Schneedecke (1142 m) mit durchschnittlich mehr sich auch dort Skigebiete und Winter- bilden können. Eine Schicht aus Tiefen- reif hat ein hohes Porenvolumen und ei- 0 Schnee zu rechnen ist als auf dem Feld- sportzentren etablieren konnten. Um 1950er 1960er 1970er 1980er 1990er nen sehr geringen inneren Zusammen- berg im Schwarzwald (1493 m) . Der der mit steigenden Wintertemperaturen halt. Brocken Feldberg Großer Arber Bayerische Wald (Großer Arber einhergehenden Schneearmut in den Februarmittel der Lufttemperatur 1456 m) und das Erzgebirge (Fichtel- Mittelgebirgslagen zu begegnen, werden 5-jähriges gleitendes Mittel des Februar berg 1214 m) sind kontinentaler ge- dort inzwischen ebenfalls vielerorts Be- des 21. Jhs. in Deutschland erst ober- Tendenz prägt, so dass dort geringere Nieder- schneiungsanlagen zur Sicherung der halb einer Höhe von 1500 m im Winter Schneehöhe schläge fallen. Dies wird jedoch durch Skisaison eingesetzt. regelmäßig eine ausreichende Schnee- im Mittel tiefere Temperaturen im Sollte der Klimawandel wie prognos- decke vorhanden sein wird. Schwierige © Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 Winter ausgeglichen, wodurch die tiziert voranschreiten, muss jedoch Zeiten also für den Wintersport im Schneedecke länger erhalten bleibt . davon ausgegangen werden, dass Mitte Mittelgebirge!

48 Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Klima, Pflanzen- und Tierwelt

Schneedecke N

O SYLT R Beobachtungsperiode 1980-1999 N

D O

R F D 1 Brocken 1142 m R F

I E R ANGELN 25 S I E I >_ 20 S Schneehöhen 10cm S

C Husum 15 L H an ausgewählten A 10 2 Braunlage 625 m E N FEHMARN DARSS 5 RÜGEN Bergstationen I D 0 25 N OND JFMAM S Ort Höhe über NN 20 E Kiel L 169 V 30 15 N 25 O 3 Kahler Asten 839 m 10 Tage je Monat 20 R U 5 Rostock S mit einer Schnee- E 15 25 0 P D höhe >10cm_ OND JFMAM O 10 20 O M 5 15 M Lübeck M 0 10 I N S E L N Kumme- OND JFMAM C H E E 5 E S I S rower F R I Schweriner See R Monat 0 ST R M A R N See N OND JFMAM O TO S Schwerin M E C K L E N B 25 Wahrscheinlichkeit U R Neubranden- des Auftretens einer Bremerhaven G burg 50 4 Schneifelforsthaus Hamburg I S 179 Schneehöhe von C Helpter Berge 657 m O S T- H 75 >10cm_ für Tage pro Plauer E 25 Emden K See S Monat in Prozent 20 E R D Müritz E F R I E S L A N N P A 15 L A Lüneburg El T T M 10 be E Oldenburg R 5 169 E Mittlere jährliche An- K 0 Wilseder Berg C zahl der Tage mit einer OND JFMAM D We LÜNEBURGER U >_ s s Schneehöhe 10cm N e r Neuruppin Em HEIDE 5 Kleiner Feldberg 805 m A Cloppenburg Eberswalde > 160 L O 25 d 120 - 160 S e r 20 l M e 80 - 120 HAVEL- v 15 ALTMARK a E Celle H Stendal l 60 - 80 10 e

v 5 a H LAND 40 - 60 0 Nordhorn BERLIN OND JFMAM Potsdam S 20 - 40 pree Hannover Frankfurt / Oder 10 - 20 TEUTOBURGEROsnabrück W Braunschweig E 5- 10 W S ese 201 <5_ r E Magdeburg Hagelberg R Bielefeld F S keine Angaben für B L P einzelne Inseln Ä R Münster Em M E s WALD E I N G E M D Halberstadt W

Ü R N A N Elb A La S T E R L e L D u

s G H Dessau i R 1 Brocken t h 528 Cottbus ze

1142 r e L A in Gr. Blöße N Paderborn 2 e S i

ß A R a a e

l

e 6 921 m N Z Dortmund Göttingen Torgau Essen D Nordhausen 25 Duisburg Halle/ LEIPZIGER Saale 20 15 477 Leipzig D Kyffhäuser 10 Düsseldorf N Kassel e A E re L G p 5 R IR S Görlitz E EB TIEFLANDSBUCHT 0 U G 841 THÜRINGER OND JFMAM R Kahler Asten A A SITZER S A 3 Dresden U B K Ö A ER LNER BUCHT H Fu BECKEN L T ld G O a ELBSAND- L R Eisenach D 7 -Hüttstadel Köln Erfurt STEINGEB. . 659 m Siegen T Gotha Lausche H 793 25 Aachen Gera E We Ü Marburg rra R G 20 I Chemnitz R Bonn N le I 15 G Saa S D B 10 L E 8 Fichtelberg 1213 m E A N R E 5 W H R 982 G E GE Wasser- 25 0 C ST VO LS Fulda Gr. BeerbergW Z OND MAM W E 772 - kuppe JF S Ö A Plauen R 20 I E Taufstein 950 L B 6 D D E 8 15 N G E R G V N I H O 747 Koblenz R F G T A 1214 10 11 Stötten 739 m E I R L Fichtelberg 4 H Hohe Acht S A 5 B U R N R Coburg W KE 0 25 R E N 880 A N - el h U LD OND JFMAM os G Gr. Feldberg T 20 M e A 5 in T Frankfurt a.M. R 15 - Wiesbaden FICHTEL- A 10

R 1051 12 Großer Arber 1437 m Aschaffen- B E S Schneeberg 5

F burg Ma Bay- i L E K Mainz S n reuth 7 25 0 I O M GE OND JFMAM H C a E BIRGE 20 i B

C n S Ü P A E 15 R S Trier S Würzburg R 10 13 Grainet-Rehberg 655 m 818 O P NErbeskopf

F 5 U D E Weiden H 686 E i.d. OPf. Ä 0 25 N L OND JFMAM Donnersberg W 20

A H Z Mannheim L E 15 D R Kaisers- R 10

C 16 Isny 712 m lautern E 657 W D N 5 Z e Nürnberg Poppberg Neunkirchen L c A L k 0 A a S L 25 Saarbrücken Ä r D OND JFMAM F W 20 I P 15 Heilbronn K 1456 10 17 Hindelang Unterjoch 9 Hornisgrinde 1122 m 10 Bad Wildbad 740 m B A Gr. Arber 5 1070m N Y 12 Karlsruhe E R 0 25 I S OND JFMAM 25 25 Ä Regens- C 20 20 20 burg H R E R 15 15 15 F W 13 10 10 10 Aalen Stuttgart Ingolstadt D A 5 5 5 o L 10 n D 0 0 0 B au OND JFMAM OND JFMAM OND JFMAM 9 11 L u Passau 1164 D na Hornisgrinde A o L D ar Landshut 18 Garmisch-Partenkirchen ck Reutlingen E 14 Feldberg 1486 m Offenburg Ne 19 Wendelstein 1842 m 714 m A H 25 C Ulm 25 W S Augsburg 25 20 20 I n 20 15 Z B In 15 15 10 n Ä i 1015 10 e R 10 5 h 557 Lemberg W 5 R 15 München 5 0 Freiburg A H Biberach OND JFMAM 0 Kaiser- a.d. Riß 0 OND JFMAM stuhl i. Breisgau Villingen- C Am- OND JFMAM mer- W Schwenningen S see 20 Reit im Winkel 690 m H Chiemsee Staatsgrenze 15 Villingen-Schwenningen 14 1493 U 820 m Feldberg Rosenheim Ländergrenze C Ravensburg Ä Starnber- 25 25 Kempten G ger See 19 A L P E N Gebirge, 20 S Konstanz H E HARZ 20 I S C 20 Landschaft 15 15 Bo 16 L R de Y E Berg mit Höhen- 10 ns L A Watzmann Brocken 10 ee B 1142 2713 angabe 5 5 A 17 18 0 0 Autoren: C.Schneider In den Diagrammen ist die OND JFMAM OND JFMAM J.Schönbein 2962 Höhenlage der Station an- Mädelegabel gegeben. 2645 025 5075 100 km Leibniz-Institut für Länderkunde 2003 © Copyright der thematischen Rasterdaten: DWD Maßstab 1: 2750000 Wintersportorte Bd. 10, Beitrag T.Bader-Nia, S. 96 49 Grenzüberschreitende Kooperationsräume