Falke-2014 05-Leybucht.Pdf
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Beobachtungstipp Die Westseite des Leyhörns ist ein hervorragender Beobach- tungsort für Gänse, Enten, Löffl er und Limikolen. Foto: N. Hecker/Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer, 12.8.2013 Die Leybucht und die Pütten bei Hauen in Niedersachsen – Von Naturgewalten erschaffen, durch den Küstenschutz geformt er berühmte Pilsumer Leucht- Sie sind Vorboten einer gewaltigen eingedeicht. Hauptgrund war neben turm und der beliebte ostfrie- Sturmfl ut, die zur ersten zuverlässig der Entwässerung von 35 000 ha Hin- Dsische Küstenort Greetsiel in überlieferten werden und 2500 Men- terland die starke Verschlickung des der Krummhörn bieten die Kulisse schen in den Tod reißen sollte. Die Greetsieler Außentiefs, der Zufahrt für einen Komplex hochinteressanter damit verbundenen immensen Land- zum Hafen Greetsiel. Dieser Priel, der Exkursionsziele. Die Leybucht und verluste mündeten in der Entstehung durch die Leybucht verlief, musste ihre Umgebung gehören zu den her- der Leybucht, die nach weiteren jährlich für Millionenbeträge aus- ausragenden Beobachtungsgebieten Sturmfl uten 1374 (Dionysiusfl ut) und gebaggert werden. Ebenso musste Deutschlands. Neben der unmittelba- 1376 mit rund 129 km² ihre größte immer häufi ger das Wasser aus dem ren Lage am Wattenmeer und somit Ausdehnung erreichte. Noch heute ist Binnenland gepumpt werden. Über auf einer Achse der wichtigsten Rast- die Leybucht neben dem Dollart die das Leysiel an der Spitze des Leyhörn und Zugvogelgebiete Mitteleuropas zweitgrößte Bucht in Ostfriesland. ist es nun wieder möglich, bei Ebbe gelegen, trägt die Lebensraumviel- Die folgenden Jahrhunderte waren das Binnenwasser abzuführen (soge- falt, die von Salzwiesen über Wei- durch Landrückgewinnung mittels nanntes Aussielen). Eine Ausbagge- defl ächen bis hin zu verschiedenen Poldern geprägt, sodass die Bucht bis rung des Fahrwassers für die Greet- Gewässern und Röhrichten reicht, zu 1950 auf ihre jetzige Größe reduziert sieler Kutter ist nicht mehr nötig. einer beachtlichen Artenvielfalt bei. wurde. Die Geisteshaltung, dem Meer Im Zuge dieser Maßnahme wurde Diese wird durch eine gute Beobach- Land abzuringen, mündete 1947 bis im Bereich des Greetsieler Nackens tungsinfrastruktur nahezu hautnah 1950 im Bau des Störtebekerdeichs, ein 360 ha großes Areal eingedeicht. erlebbar. Das Gebiet besticht durch der den Leybuchtpolder umfasste Am seeseitigen Ende entstanden das Gänsescharen, Wasservogelvielfalt und die Küstenlinie begradigte. Erst neue Leysiel sowie eine Schleuse. In sowie große Löffl eransammlungen danach bekamen Naturschutzbelange diesem eingedeichten Gebiet wurde und lohnt ganzjährig für einen min- trotz der Sturmfl uten von 1962 und ein 200 ha großes Speicherbecken destens eintägigen Besuch. 1976 ein ausreichend großes Gewicht, ausgehoben, in das das Norder Tief weiteren Eindeichungsplänen Einhalt sowie das Alte und Neue Greetsieler » Landschaftsgeschichte und zu gebieten. Diese Pläne sahen vor, Sieltief münden. Sie verleihen dem Lebensräume die Leybucht wieder vollständig in Bereich des Leyhörns, umrahmt von Land umzuwandeln. Deichen, einen durch Brackwasser Kurz nach Weihnachten im Jahr 838 Als letzter großer und umstrittener geprägten Flussmündungscharakter. ziehen dunkle Wolken und stürmische Eingriff wurde 1991 das am West- Nach der Eindeichung führte die Winde aus Nordwest über Greetsiel. rand der Leybucht gelegene Leyhörn kaum gebremste Sukzession zum 4 Der Falke 61, 5/2014 Typische Vogelarten an der Leybucht und Umgebung, de- ren Status und günstige Beobachtungszeit (in Klammern). h = häufiger, r = regelmäßiger, s = seltener B = Brutvogel, W = Wintergast, D = Durchzügler, N = Nahrungsgast deutlichen Rückgang der Brutbe- und Salzwasser zu einer anregenden stände bei zahlreichen Küstenvögeln Mischung aus Wasser- und Strand- Art Status (beste Beobachtungszeit) und Wiesenlimikolen. Die Bestände läufern führt. So lassen sich im März Ringelgans hW, hD (Okt.–Mai) von Enten und einzelnen Singvogel- und April oft Hunderte Uferschnep- Weißwangengans hW, hD (Okt.–Mai) arten scheinen von der Entwicklung fen und im Mai einzelne Temminck- Brandgans rB, hW, hD, hN (ganzjährig) jedoch zu profitieren. strandläufer in den Pütten bei Hauen Ein Teil der Halbinsel Leyhörn finden. Im April und Mai erreicht der Pfeifente hW, hD (Okt.–April) wurde im Dezember 1994 als 646 ha Durchzug der Zwergmöwen sowie Spießente rW, hD (Okt.–April) großes Naturschutzgebiet Leyhörn der Trauer-, Fluss- und Küstensee- Mittelsäger rW, rD, hN (Sept.–April) ausgewiesen. Es umfasst die gesamte schwalben sein Maximum. Der Sing- Löffler sB, hD, hN (April–Sept.) neu geschaffene Landzunge mit dem vogelzug ist an der Leybucht zuwei- Kornweihe rW (Okt.–April) darin liegenden Speicherbecken Ley- len recht lebhaft. hörn, dem Leyhörner Sieltief und Die folgenden Sommermonate Wiesenweihe rB, rD (Mai–Aug.) dem Leysiel sowie die Teiche (soge- sind durch eine reiche Brutvogelwelt Rohrweihe hB, hD (April–Sept.) nannte Pütten) bei Hauen. Letztere charakterisiert, zu der Brandgänse, Raufußbussard rW, rD (Okt.–März) sind auf einer Fläche von circa 65 ha Knäk-, Löffel- und Reiherenten, Wie- Säbelschnäbler rB, sW, hD, hN (April–Nov.) zuvor landwirtschaftlich genutzter sen- und Rohrweihen, Wasserrallen, Fläche durch Kleientnahme für den Austernfischer, Kiebitze, Sandregen- Goldregenpfeifer rW, hD (Aug.–Mai) Deichbau entstanden und anschlie- pfeifer, Uferschnepfen, Lachmöwen, Uferschnepfe hB, hD, hN (März–Sept.) ßend vernässt und naturnah gestaltet Flussseeschwalben und Bartmeisen Rotschenkel hB, rW, hD, hN (ganzjährig) worden. zählen. Rotschenkel, Schilfrohrsän- Temminckstrandläufer rD (Mai, Juli/Aug.) Die zum Nationalpark Niedersäch- ger, Blaukehlchen, Wiesenpieper und Zwergmöwe rD (April/Mai, Okt.) sisches Wattenmeer gehörigen Vor- Wiesenschafstelzen sind Charakter- länder und Verlandungszonen der vögel des Gebietes und tragen zur Trauerseeschwalbe rD (April/Mai, Aug./Sept.) Leybucht, die vor allem aus Queller- eindrucksvollen Geräuschkulisse bei. Flussseeschwalbe rB, hD, hN (April–Sept.) watt bestehen, wurden in den 1990er Für Löffler ist die Leybuch außer- Ohrenlerche rW, rD (Okt.–März) Jahren größtenteils aus der Nutzung halb der Brutzeit der wichtigste Rast- Bartmeise rB, rD (ganzjährig) genommen. Nur noch rund 160 ha platz in Deutschland. Besonders von Schilfrohrsänger hB, rD (April–Aug.) werden heute extensiv beweidet. März bis Oktober mit einem Maxi- mum im Juli und August kann man » Besondere Vogelarten und mit den eleganten Vögeln rechnen. Reisezeit Im Juli beleben oft Hunderte Ufer- drucken. Daneben verweilen Grün- schnepfen die Pütten bei Hauen. delenten, Greifvögel, Limikolen, See- Die Leybucht und die unmittelbare Seltener finden sich Seeregenpfeifer, schwalben zum Teil in großer Zahl im Umgebung gehören zu den wichtigs- Zwerg- und Brandseeschwalben in Gebiet. Auch der herbstliche Singvo- ten Gänserastgebieten Norddeutsch- der Leybucht ein. gelzug beeindruckt den Beobachter. lands. Die Gänsescharen werden Auf dem Herbstzug dominieren Wird es sonst vielerorts ruhig im von Weißwangengänsen dominiert, wieder Gänse das Bild, wobei Brand- Winter, lockt die Leybucht mit zahl- die im März und April mit bis zu gänse im Oktober und November reichen Ringel- und Weißwangengän- 30 000 Individuen ihren maximalen mit bis zu 13 000 Individuen beein- sen sowie Pfeifenten. Aber auch Mit- Rastbestand erreichen. Unter den bis zu 3500 Ringelgänsen finden auf- merksame Beobachter regelmäßig auch Hellbäuchige und Pazifische Ringelgänse. Mit etwas Glück kann man von Oktober bis März rastende Kurzschnabelgänse auf dem Weg zwischen dem Winterquartier in den Niederlanden und dem Brutgebiet auf Spitzbergen entdecken. Gründelenten, darunter viele Schnatter-, Spieß- und Löffelenten, beleben im zeitigen Frühjahr die Süß- und Brackwasserbereiche. Letz- tere werden auch von Mittelsägern bevorzugt. Kornweihen, Wander- falken und Merline füllen aus dem reichen Vogelleben ihre Fettreserven für den Weiterzug. Besonders ein- drücklich lässt sich der konzentrierte Frühjahrszug der Limikolen erleben, Für Weißwangengänse ist die Leybucht einer der wichtigsten Rastplätze Deutschlands. wobei die Mischung aus Süß-, Brack- Foto: C. Moning. Niederlande, 3.1.2010. Der Falke 61, 5/2014 5 Beobachtungstipp und Sichelstrandläufer hinzu. Über den binnendeichs gelegenen Weg Richtung Greetsiel gelangt man 900 m nach dem Parkplatz an einen kurzen Stichweg, der nach rechts zu einer weiteren Beobachtungshütte (5) führt. Hier halten sich oft besonders viele Löffler auf. Bartmeisen und Blaukehlchen sind oft direkt vor der Beobachtungshütte zu entdecken. Für Beobachtungen auf der Halb- insel Leyhörn überquert man rund 300 m östlich des Parkplatzes den Deich nach Norden. Auf der ersten Wiese (4) halten sich im Frühjahr häufig Uferschnepfen und Kampf- läufer sowie Ringel- und Weißwan- gengänse auf. In dem Schilfstreifen am Deichfuß lassen im Frühjahr Blaukehlchen ihr abwechslungsrei- ches Lied erklingen. Bei (6) rasten bei auflaufendem Wasser, also 1,5 bis 2 Die Leybucht gehört in Deutschland zu den besten Beobach- Stunden vor Hochwasser viele Limi- tungsgebieten für Löffler. Foto: C. Moning. Hortobagy, Ungarn, 13.6.2010. kolen, insbesondere bis zu Tausende Große Brachvögel, Austernfischer, tel- und Zwergsäger, Rohrdommeln, setzte Wiesen mit flachen Gewäs- Säbelschnäbler und Brandgänse. Kornweihen, Merline, Wanderfalken, sern auf. Schon von der Straße kann Bei auflaufendem Wasser kann man Limikolen, Sumpfohreulen, Strand- man aus kürzester Distanz schöne von hier sehr gut Strandläufer bei pieper, Berghänflinge