Aus Fernen Ländern, Von Fremden Kulturen
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070709_SIK_H3:051020_SIK_layout_vorlage 26.07.2007 11:23 Uhr Seite 1 03/07 magazine Verfremdung und Technik Auf den Spuren ferner Völker und ihrer Instrumente Naturmaterialien: Wasser Steineund AUS FERNEN LÄNDERN, VON FREMDEN KULTUREN – Musik für nicht alltägliche Instrumente 070709_SIK_H3:051020_SIK_layout_vorlage 26.07.2007 11:23 Uhr Seite 2 INHALT Das Yanggin ...: Seite 08 Die Erhu ...: Seite 09 AUF DEN SPUREN FERNER VÖLKER UND IHRER INSTRUMENTE 04 China 12 Japan 13 Vorderer Orient 15 Russland 17 Südostasien VERFREMDUNG UND TECHNIK 18 „Täuschungsmanöver“ – klassische Instrumente ahmen Volksinstrumente nach 19 Präpariertes Klavier Die Zheng ...: Seite 04 21 Verwandlung klassischer Instrumente - Das Euphonium NATURMATERIALIEN: WASSER UND STEINE 22 „Wasserspiele“ – Sofia Gubaidulina und das Aquaphon 23 Multimedia mit Steinen – Tan Duns Werk „The Map“ CONTENTS IMPRESSUM Quartalsmagazin der SIKORSKI MUSIKVERLAGE erscheint mind. 4x im Jahr - kostenfrei VERLAG Internationale Musikverlage Hans Sikorski Briefanschrift: 20139 Hamburg, Paketanschrift: Johnsallee 23, 20148 Hamburg, Tel: 040 / 41 41 00-0, Telefax: 040 / 44 94 68, www.sikorski.de, [email protected] Fotonachweis: Chen mit Qin: Friedrich Riehel / Tan Dun: Regine Koerner Ali-Sade: Sikorski-Archiv / Kantscheli: Priska Ketterer / Firssowa: Sikorski-Archiv Hinweis: Wo möglich haben wir die Inhaber aller Urheberrechte der Illustrationen ausfindig gemacht. Sollte dies im Einzelfall nicht ausreichend gelungen oder es zu Fehlern gekommen sein, bitten wir die Urheber, sich bei uns zu melden, damit wir berechtigten Forderungen umgehend nachkommen können. Der Ruan ...: Seite 07 REDAKTION Helmut Peters ARTWORK zajaczek.com 2|SIKORSKI magazine 070709_SIK_H3:051020_SIK_layout_vorlage 26.07.2007 11:23 Uhr Seite 3 EDITORIAL INSTRUMENTE AQUAPHON S. 22 Liebe Leser, BAMBUSFLÖTE S. 11 BAJAN S. 15 kein Geringerer als der große Dichter Thomas Mann bemerkte einmal: „Die Gewohnheit ist ein Seil. Wir weben jeden Tag einen Faden, und schließlich können wir es nicht Bambusflöte mehr zerreißen.“ Der kreative Geist CH’IN S. 05 ist ganz explizit an ein solches Weben DISKLAVIER S. 06 gewöhnt. Allein er webt nicht unbe- dingt um des Anknüpfens willen, DUDUKI S. 18 nicht um Vorhandenes fortzusetzen, er will Neues, Unerhörtes und Unerwartetes schaffen. Zu diesem Zweck durchbrechen viele Autoren Erhu stilistische oder kompositions- technische Vorgaben oder wählen ERHU S. 09 ein exotisches Instrumentarium. EUPHONIUM S. 21 GOSCHA NAGARA S. 13 Einige Instrumente, von denen man zum Teil vielleicht noch nie etwas gehört hat, möchten wir Ihnen in diesem Heft ausführlicher vorstellen. Das riesige Gebiet der Volksinstru- Pipa mente aus Asien oder Russland wird KANUN S. 13 dabei ebenso gestreift wie die vielen Verfremdungen und Eingriffe in den KOTO S. 12 gewohnten Klang klassischer Musik- NAY S. 13 instrumente, deren Klangspektrum in der Neuen Musik oft zahlreichen Metamorphosen unterworfen ist. Wir würden uns freuen, wenn wir Präpariertes Klavier bei Ihnen die Neugier auf neue, PIPA S. 10 unbekannte und bereichernde Klänge PRÄPARIERTES KLAVIER S. 19 von Instrumenten wie Aquaphon, Zheng oder Yanggin wecken RUAN S. 07 würden. Gleichzeitig möchten wir Hemmschwellen, die nicht allein in ästhetischer Hinsicht bestehen, sondern auch in Bezug auf schlichte Ruan organisatorische Fragen entstehen könnten, reduzieren. Gern ist der SHENG S. 06 Verlag bei der Planung behilflich, TAR S. 14 z.B. durch die Vermittlung von THAO S. 06 Interpreten. Wir stehen Ihnen – wie gewohnt – in allen Fragen rund um Ihr Programm mit Rat und Tat zur Seite. Nehmen Sie uns beim Wort! Yanggin UD S. 14 Dagmar Sikorski YANGGIN S. 08 Dr. Axel Sikorski ZHENG S. 04 SIKORSKI magazine|3 070709_SIK_H3:051020_SIK_layout_vorlage 26.07.2007 11:24 Uhr Seite 4 uf den Spuren ferner Völker Die Zheng ... ... ist ein historisches Saitenzupfinstru- ment aus China und wird auch Gu, Alt- oder Antik-Zheng genannt. In den ver- gangenen 2300 Jahren wurde sie China sowohl in der Volksmusik als auch im Die Musikszene Chinas nimmt eine Sonderstellung in der Orchester zur Hofmusik eingesetzt. Auf einen länglichen Korpus werden mehre- Entwicklung der zeitgenössischen Musik Asiens ein. Im Gegensatz re Saiten gespannt, deren Anzahl sich zu Japan, Vietnam oder auch Korea ist die politische und gesell- von fünf in der frühen Entstehungszeit schaftliche Entwicklung im bevölkerungsreichsten Land der Erde des Instruments über dreizehn im 6. bis einen anderen Weg gegangen. Ein Komponist wie der aus Peking 10. Jahrhundert und später bis sechzehn erhöhte und gegenwärtig einundzwan- stammende Xiaoyong Chen berichtet, dass er in seiner Heimat erst zig beträgt. spät Zugang zu Notenmaterial westlicher Avantgardisten erhalten habe. Die europäische Moderne wurde in seiner Jugend durch Der einfache Klang des Instruments längst verstorbene Komponisten wie Paul Hindemith repräsentiert. erinnert an die Harfe, unterscheidet sich von ihr aber wiederum dadurch, dass die Töne durch den Einsatz der linken Hand Viele Komponisten dieses allein schon flä- der Seiden-Kategorie zugerechnet werden, bis hin zum mikrotonalen Bereich kolo- chenmäßig riesigen Landes, das zudem und die fast unüberschaubare Vielfalt von riert werden können. Die Zheng erlaubt eine der ältesten Kulturen der Erde reprä- Schlaginstrumenten, die heute teilweise es, eine Vielzahl von persönlichen emo- sentiert, greifen auf Volksinstrumente auch von der westlichen Avantgarde, dem tionalen Haltungen und inneren medita- zurück, die eine Jahrtausende alte Ge- Jazz und auch der Popmusik verwendet tiven Einstellungen auszudrücken. Dabei schichte hinter sich haben. Die Ursprünge werden. Unter den chinesischen Schlag- lässt sich die Tonhöhe durch Vibrati und chinesischer Volksmusik, die aus Liebes- instrumenten finden wir Po-chong, Pien- Glissandi höchst differenziert gestalten. und Arbeitsliedern entstand, ist dennoch chong, Fang-hiang, der Gong Lo, Yun-lo, kaum erforscht. Lange vor den Hochkultur- die chinesischen Becken Po, die Ling- Die Zheng ist heute beim Publikum Dynastien Chinas wurde eine Frühform der Glocken sowie die Bronzetrommeln T’ong- ausgesprochen beliebt. Viele Komponis- Hofmusik geschaffen, die ein eigenes kru und die Ledertrommeln Ku. ten schreiben sehr gern für dieses Instrumentarium erforderte. Obwohl auch Instrument, weil es viele Möglichkeiten die Chinesen die Oktave in zwölf Töne Interessant ist, dass das für uns meist als sowohl für den musikalischen Ausdruck unterteilen, unterscheidet sich die chinesi- typisches Instrument der Spanier betrach- als auch in technischer Hinsicht bietet. sche Musiktheorie doch erheblich von der tete Kastagnetten-Paar chinesischen Ur- Einer dieser Komponisten ist Xiaoyong abendländischen. Jeder Ton einer pentato- sprungs ist und dort unter der Bezeich- Chen, ein heute in Hamburg lebender nischen Leiter wird nicht durch einen nung „Pei-pan“ neben Holzstäbchen und chinesischer Komponist. Die Reihe sei- Buchstaben, sondern durch einen Begriff dem skurril gestalteten Holz-Fisch („Mu- ner Werke für und mit Zheng ist lang. wie „Chang“ (Beratung), „Kong“ (Palast), yu“) für rituelle Musik verwendet wird. Hier einige Beispiele: „Kiao“ (Horn) oder „Yu“ (Flügel) bezeich- net. Mit Hilfe dieser Töne schufen die alten Xiaoyong Chen: „Circuit” for Zheng solo (1996) Chinesen ein komplexes System von Modi. - „Circuit“ für Zheng solo (1996) In Verbindung mit den 12 Halbtönen der - Duett für Violine und Zheng (1989) Die Komposition „Circuit“ für Zheng Skala, die sie als Liu bezeichneten, und den - „Invisible Landscapes“ für Zheng, solo hat Xiaoyong Chen schrittweise in fünf gebildeten Modi waren sie in der Klavier, Schlagzeug und Ensemble einer für ihn eher untypischen Vorge- Lage, sechzig verschiedene Tonarten (Tiao) (1998) hensweise erarbeitet. Zunächst entwarf zu bilden. - „Yang Shen“ für Sopran, er eine grobe Skizze, die er spielen und drei chinesische Instrumente aufnehmen ließ. Daraufhin entwickelte Ebenso stringent, wie die Chinesen ihr und Ensemble (2002) er eine zweite Fassung, die er wiederum Tonsystem ordneten, ordneten sie auch ihr - „Yün“ für Sopran und Ensemble spielen ließ, um durch weitere Änderun- reiches, aus Naturmaterialien geschaffenes (Flöte, Oboe, Klarinette, Schlagzeug, gen eine dritte Fassung herzustellen Instrumentarium. Bis in die Gegenwart gilt u.a. Xylophon, Harfe, Zheng, und denselben Evolutionsprozess noch die Ordnung chinesischer Instrumente in Streichquintett) (1991) mehrmals zu wiederholen. So kristalli- acht Gruppen, die hierarchisch nach dem sierte sich schließlich nach einigen Wert des jeweiligen Herstellungsmaterials Sofia Gubaidulina: „Generationen und Transformationen gebildet wurden: Metall, Stein, Seide, - „Im Schatten des Baumes“ von Skizzen“ ein Ergebnis heraus, das Bambus, Kalebasse, Ton, Leder oder Holz. für Koto, Bass-Koto, Zheng „anders ist, als wenn ich dieses Stück Häufig sind die gezupften oder gestriche- und Orchester (1998) sofort niedergeschrieben hätte - das nen Saiteninstrumente, die zum Beispiel – Besprechung unter Japan auf Werk entstand wie ein Organismus nach S. 12 in diesem Heft 4|SIKORSKI magazine 070709_SIK_H3:051020_SIK_layout_vorlage 26.07.2007 11:24 Uhr Seite 5 einem langen evolutionären Prozess“ (Chen). Der Titel „Invisible Landscapes“ bedeu- Aus anfänglich simplen Formen werden tet im Deutschen „Unsichtbare Landschaf- höchst komplexe und farbenreiche ten“. Er beziehe sich auf eine Vielzahl von Strukturen gebildet, die sich allmählich Bildausschnitten, sagt Chen, die teils aus wieder auflösen - eine Art Kreislauf (circuit). der Erinnerung