Folge 24 Vom 17.06.2006
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Das Ostpreußenblatt Nr. 24 – 17. Juni 2006 U NABHÄNGIGE WOCHENZEITUNG FÜR D EUTSCHLAND C5524 - PVST. Gebühr bezahlt Kultur KLAUS D. VOSS: des Verdachts ichts prägte die öffentliche Abpfiff N Diskussion im Deutschland o ist es immer im Leben, der vergangenen Jahrzehnte so Sder erste Eindruck ent- sehr wie die Frage nach dem kor- scheidet. Die Deutschen ha- rekten Umgang mit der NS-Ge- ben mit dem Auftakt der schichte. Die „Instrumentalisie- Fußball-Weltmeisterschaft rung des Holocaust zu aktuellen sich als glänzende Gastgeber Zwecken“, die der Schriftsteller präsentiert, zuverlässig, Martin Walser in seiner weltweit weltoffen und sogar mit ei- beachteten Rede von 1998 beklag- ner unerwarteten Doppel- Aufwendige portion Charme. te, also der Mißbrauch der NS- Untersuchungen Verbrechen zur Diffamierung An- gehen ins Geld: Obwohl man leider immer dersdenkender, war zur berüch- Bekommen damit rechnen muß, daß tigten Allzweckwaffe in der deut- alle Patienten während eines Vier-Wochen- schen Debattenkultur gereift. nach der Turniers die brisante Mi- Einen Höhepunkt dieser „In- geplanten schung aus Alkohol und Hitz- strumentalisierung“ stellte der so- Gesundheitsre- köpfen einmal zündet – die genannte „Historikerstreit“ dar, form noch alle Welt hat Deutschland in be- Leistungen, die ster Freundschaft erlebt; das der vor genau 20 Jahren ent- sie brauchen? brannte. Der Geschichtswissen- Die Politiker allein zählt. arbeiten an ei- Wie gut sich dieses farben- nem Katalog von frohe Bild von den düsteren Vor 20 Jahren Zuzahlungen. Visionen der selbsternannten begann Deutschen Afrikaräte und Foto: Visum ausgedienten Regierungs- der »Historikerstreit« sprecher abhebt, damit muß man sich nicht lange aufhal- ten. Viel wichtiger ist es, Or- schaftler Ernst Nolte hatte es ge- ganisationen dieser Art auf wagt, Zusammenhänge zwischen Bittere Pillen die Schliche zu kommen. dem roten Terror Stalins und dem Uwe-Karsten Heye, um beim braunen Hitlers zu benennen. Das Gesundheitsreform: Was »Patient Deutschland« noch alles schlucken muß ehemaligen Schröder-Spre- rief den linken Philosophen Jür- cher zu bleiben, steht dem gen Habermas auf den Plan, der Von HANS-J. MAHLITZ 170 Euro. Da dies aber wohl doch annehmen könnte, ist ebenfalls medizinisch noch moralisch ver- Verein „Aktion weltoffenes daraufhin verbissen versuchte, zu einfach wäre, macht man es et- unbekannt; nur so viel ist gewiß: tretbar, allenfalls rein geschäftlich: Deutschland“ vor. Es ist ein Nolte in die Ecke der „Holocaust- was komplizierter: je nach alters- Zum Nulltarif geht das nicht. Der Solange der Arzt für ein und die- Verein, dessen Spendenkon- Relativierer“ zu schieben und den opfpauschale? Bürgerver- oder gesundheitsbedingtem Risi- Streit quer durch die Koalitions- selbe Leistung unterschiedliche ten austrocknen. Andere Or- Historiker wie alle seine Mitstrei- sicherung? Alles Makula- ko werden Zuschläge fällig, die parteien geht aber eher darum, ob Honorare bekommt, weiß er, wem ganisationen hungern nach ter zu stigmatisieren. K tur, Deutschlands Großko- „Einheitsbeträge“ sind also doch man den Bürgern das zusätzliche er schneller einen Termin gibt und Staatszuschüssen für den ver- Lange Zeit prägten danach die alitionäre haben den „Dritten nicht einheitlich. Geld direkt in Form höherer Bei- wem er was verschreibt. meintlich entscheidenden Habermas’schen Dogmen die Weg“ entdeckt. Er heißt „Gesund- Davon merkt der einzelne Bür- träge oder indirekt durch höhere Vorstellungen, wie sie neben „Kampf gegen rechts“. Atmosphäre im Land. „Politische heitsfonds“ und soll dem Wähler- ger freilich nichts. Was er zu spü- Steuern aus der Tasche zieht. SPD-Gesundheitspolitikern auch Die Erfinder von „No-go- Korrektheit“ legte sich wie Mehl- volk suggerieren, die Gesund- ren bekommt: Da der Arbeit- Heftig gestritten wird auch dar- Baden-Württembergs Ministerprä- areas“ für dunkelhäutige tau über alle Diskussionen, eine heitsreformer von Union und SPD geberanteil auf voraussichtlich über, ob und wie man die Privat- sident Oettinger (CDU) vertritt, WM-Gäste mögen dies für Kultur des Verdachts und der an- hätten nun endlich die richtige sechs Prozent begrenzt werden versicherten einbeziehen kann. würden längerfristig das Ende der perfekte Spendenwerbung dauernden Anklage an die Deut- Medizin gefunden. soll, zugleich aber ein neuer Ver- Aus sozialdemokratischer Sicht privaten Krankenversicherung be- halten, die deutschen Fuß- schen drohten Freigeist und Zu- Was bedeutet dieses Modell, so waltungsapparat für Berechnung, waren sie schon immer beliebte deuten. Auch damit würde das Sy- ball-Patrioten haben diese versicht zu ersticken. Erst seit ei- es denn kommt, für den Versicher- Erhebung und Verteilung einge- Neidobjekte: Besserverdienende, stem insgesamt komplizierter und Partie längst abgepfiffen. nigen Jahren scheint wieder Luft ten? Er zahlt weiterhin einkom- richtet – und finanziert – werden bei denen was zu holen ist, nach teurer. Um zum Beispiel bei Selb- Und sie haben ihr Pensum durchs Land zu ziehen, scheint mensabhängige Beiträge, aber muß, werden die Beiträge steigen. dem Motto aus der sozialistischen ständigen das sozialversiche- gut gelernt, nämlich die fal- die Macht von Habermas und den nicht mehr direkt an seine Kran- Blickt man aufs Detail, fällt auf, Mottenkiste: „Wir machen die Ar- rungspflichtige Einkommen zu er- schen Propheten von den Seinen zu brechen. kenkasse, sondern in einen staat- daß die Gesundheitsfonds-Vorstel- men reich, indem wir die Reichen kunden, bräuchte man ein Bei- richtigen zu unterscheiden. Über Protagonisten und Opfer, lich organisierten Fonds. Auch der lungen völlig unausgegoren sind. arm machen.“ Daß dies noch nie tragsbemessungssystem, das es Bleibt nur eine Warnung, die wirklichen und die nur vor- Arbeitgeber zahlt seinen Anteil in Niemand hat eine klare Vorstel- funktioniert hat, kann einen mit unserem total überfrachteten deutlich auszusprechen an geschobenen Streitpunkte des diese Sammelkasse. Die gesetz- lung, wer eigentlich künftig die strammen Sozi nicht irritieren. Steuersystem locker aufnehmen die Adresse der schokoladen- „Historikerstreits“ und über seine lichen Krankenkassen erhalten Beiträge einziehen soll. Welche Andererseits ist eine „Zweiklas- kann. So wird die Reform-Medizin schönen Brasilianer – dieses Folgen bis in unsere Zeit lesen Sie daraus für jeden Patienten einen bürokratischen Dimensionen die senmedizin“, also eine Bevorzu- zur bitteren Pille – nicht immer Mal sind wir dran. auf Seite 4. H.H. Einheitsbetrag, vermutlich um die neue Umverteilungsmaschinerie gung von Privatpatienten, weder besser, aber immer teurer. Ein alter Bekannter wird neu entdeckt Deutschland ist wieder angesagt – als Standort für Arbeitsplätze und Investitionen Von SVERRE GUTSCHMIDT hierzulande, den Wechsel auch hen, so ist dies vor allem Folge ropäischen Land. Osteuropa ein- dergruppe „Asien ohne China“. Das Institut der Deutschen Wirt- nur von Teilen der Fertigung in fehlerhafter Managementent- schließlich der aufstrebenden Die Verlagerung von Arbeit allein schaft spricht gar von einem das osteuropäische Land lehnt der scheidungen. Auch dafür geben EU-Neumitglieder droht wegen zur Kostenersparnis in die un- „überzeugenden Comeback“ des eutschland ist Europas be- Hersteller aber ab. Rechtsunsi- die Großkonzerne „Daimler- hoher Lohnsteigerungsraten zur mittelbaren östlichen Nachbar- Standorts. Das Kölner Institut ster Standort, titelte jüngst cherheit dort gegenüber Stabilität Chrysler“ und „Volkswagen“ sowie Durchgangsstation für Arbeits- staaten hat offenbar ihre natür- sieht dafür erstens die florierende D die „Welt“ und überrasch- und seit Jahren nur mäßig steigen- „Vodafone“ ein lebhaftes Beispiel. plätze zu werden. Schon jetzt pro- lichen Grenzen erreicht. Weltwirtschaft, die gerade das te mit Argumenten für ein Land, den Löhnen hier gaben für die Allen Krisen zum Trotz steigt duzieren besonders kostenbewuß- Billig ist nicht alles. Qualifizier- deutsche verarbeitende Gewerbe in dem sonst ständig von Arbeits- Stuttgarter jetzt den Ausschlag. Deutschland in der Gunst interna- te Firmen lieber gleich in asiati- te deutsche Arbeitskräfte sind zu- nachfrage, zweitens die starke platzverlagerung gen Osten die Auch „Volkswagen“ zögerte lange tional operierender Firmen. Welt- schen Ländern wie Vietnam. Die dem immer günstiger zu haben. Nachfrage der Ölstaaten, die viel Rede ist. Doch Osteuropa und mit einem nun doch geplanten weit Platz drei hinter den USA hochqualifizierten deutschen Ar- Stiegen die Arbeitskosten in von ihrem Kapital in Deutschland Asien ziehen tendenziell inzwi- Werk nahe Moskau. Umfragen un- und Kanada in punkto beitsplätze solcher Unternehmen, Deutschland 2005 nur um 0,9 anlegten, drittens den stabilen Eu- schen weniger Arbeitsplätze von ter Managern und Unternehmens- Attraktivität ermittelte die Stutt- beispielsweise Textilproduzenten, Prozent im Vergleich zum Vor- ro-Wechselkurs gegenüber dem Deutschland ab. Der hiesige Markt führern zeigen eine sinkende Be- garter Wirtschaftsprüfgesellschaft bleiben davon weitgehend unbe- jahr, waren es in Estland beachtli- Dollar und viertens die hiesige wird für dauerhafte Investitionen reitschaft, ins Ausland abzuwan- „Ernst & Young“. Deutschland hat rührt. Die polnischen oder ungari- che 10,7, in Slowenien 6,4 und moderate Kostenentwicklung ver- immer attraktiver und das trotz dern oder vorwiegend dort zu ex- demnach Polen und Indien wieder schen Jeanswerke indessen sehen, selbst in Polen 3,9 Prozent. Zu- antwortlich. großer Bürokratie und politisch pandieren. überholt. Neben wachsendem Op- besonders