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Zur Entwicklung der wissenschaftlichen Verflechtung der Chemie mit anderen Wissenschaften bei der Erforschung von Struktur, Funktion und Synthese von Proteinen im 20.Jahrhundert vorgelegt von Diplom-Chemiker Roderich Glaesmer aus Berlin Von der Fakultät I - Geisteswissenschaften der Technischen Universität Berlin zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Philosophie - Dr.phil – genehmigte Dissertation Promotionsausschuß: Vorsitzender: Prof. Dr. phil. Manfred Liebel Berichter: Prof. Dr. Hans-Werner Schütt Berichter: Dr. Sven Dierig Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 09.Juni.2004 Berlin 2004 D 83 2 Vorbemerkungen In meinem Berufsleben haben immer wieder Fragen aus Grenzgebieten der Chemie zur Biologie, Pharmazie, Medizin sowie Landwirtschaft und dabei direkt oder mittelbar Probleme von Struktur und Funktion von Eiweißen eine Rolle gespielt. Mir war vergönnt, an für die Eiweißforschung historischen Orten zu studieren wie in dem unter Emil Fischer (1852-1919) gebauten Chemischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin und später in Räumen eines Gebäudes zu arbeiten, das als Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung errichtet wurde und in dem von dem Genetiker Timofeew-Ressowski (1900- 1981) experimentelle Grundlagen für die Prägung des Gen-Begriffes geschaffen wurden. Ich hatte Gelegenheit, den Biochemiker Otto Warburg (1883-1970) bei einem Kolloquium der Berliner Physiologischen Gesellschaft zu erleben und seine Schüler Karl Lohmann (1898- 1978) und Erwin Negelein (1897-1979) als Laborant vor dem Studium und als Absolvent danach in der Arbeit im Forschungszentrum für Medizin und Biologie der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Berlin-Buch ebenso kennen und schätzen zu lernen wie den Biophysiker Walter Friedrich (1883-1968), der dem Zentrum zeitweilig als Direktor vorstand. Bei ihren Besuchen in Berlin sah und hörte ich in Vorträgen den Röntgen-Kristallographen und Wissenschaftshistoriker Desmond Bernal (1901-1971) ebenso wie den Physikochemiker und Eiweißforscher Linus Pauling (1901-1994) und ich hatte den Vorzug, mit Stanford Moore (1913-1982) Fragen zur Analytik von Aminosäuren und Peptiden persönlich besprechen zu können. Ein Studienaufenthalt am Institut für Organische Chemie und Biochemie der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften in Prag machte mich mit dem Biochemiker und damaligen Akademiepräsidenten František Šorm (1913-1980) und dem Peptidchemiker Josef Rudinger (1924-1975) bekannt. Es waren nicht zuletzt die persönlichen Erinnerungen an diese Forscherpersönlichkeiten und das frühere unmittelbare Erleben von Höhepunkten der Eiweißforschung, die in Gesprächen mit Herrn Prof. Dr. Hans-Werner Schütt am Institut für Philosophie, Wissenschaftstheorie, Wissenschafts- und Technikgeschichte der TU Berlin den Gedanken reifen ließen, die facettenreiche Entwicklung der Eiweißforschung im vergangenen Jahrhundert und die damit verbundenen vielfältigen Erfolge und Probleme in der Zusammenarbeit der Chemie mit anderen Wissenschaften zum Gegenstand einer Dissertation zu machen. In der Erkenntnis, daß bisher überwiegend der Einfluss der die Eiweißforschung berührenden inneren Faktoren unter wissenschaftshistorischen Gesichtspunkten betrachtet wurde, die Auswirkungen äußerer Faktoren der gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklung 3 jedoch weitgehend unberücksichtigt blieben, wurde deren Untersuchung in die Zielstellung dieser Arbeit einbezogen. Herr Prof. Schütt hat die Anfertigung dieser Arbeit von der Themenerarbeitung an mit wertvollem Rat und fördernden Hinweisen begleitet, wofür ich ihm herzlich danken möchte. Mit wohlwollendem Verständnis hat er mir geholfen, einen akademischen Abschluss nach einem Arbeitsleben zu erreichen, der normalerweise an dessen Anfang hätte stehen sollen. Wichtige Anregungen erfuhr ich durch die Nestorin der biologischen Wissenschaft, Frau Prof. Dr. Ilse Jahn persönlich in orientierenden und bestärkenden Gesprächen und indirekt durch Beiträge aus ihren Werken, besonders ihrer „Geschichte der Biologie“. Bei dem gewählten zeitlichen Rahmen der Arbeit war der Hauptteil der Literaturarbeit mit Periodika und Monographien seit den 1930er Jahren zu leisten, der Anteil archivalischer Materialien entfiel hauptsächlich auf Emil Fischer betreffende Dokumente. Bei deren Beschaffung aus dem Emil-Fischer-Nachlass in der Bancroft Library der University of California in Berkeley/Calif. hatte ich in Mr. David Kessler einen stets hilfsbereiten Partner. Das Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft unterstützte mich mit Unterlagen zum Wirken Emil Fischers für diese und in dieser Gesellschaft sowie mit seltenen Dokumenten zur Eiweißforschung. Beiden Einrichtungen gebührt mein besonderer Dank. Danken möchte ebenfalls Herrn Dr. Sven Dierig vom Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, der mich auf wenig bekannte Quellen zum Thema und technische Möglichkeiten zu deren Erschließung aufmerksam machte und mich mit Hinweisen und Anmerkungen unterstützte sowie Frau Dr. Astrid Schürmann für hilfreiche Gespräche und fachlichen Rat. Diese Arbeit hätte ich nicht schreiben können ohne die technische Hilfe meines Schwiegersohnes Wilhelm Schwarte besonders und meines jüngsten Sohnes Andreas, die mir und meinem PC immer wieder geduldig „in die Spur“ halfen. Es sind drei Frauen, denen ich den größten Dank schulde und diese Arbeit widme: Meiner Mutter Alice, deren stillen Wunsch ich zu ihren Lebzeiten nicht erfüllen konnte; meiner Tochter Barbara, die Zuneigung und Glauben an ihren Vater nie verloren hat und vor allen meiner Christel, die mir in einer schwierigen persönlichen Lage mit ihrer Kraft und Liebe wieder Halt gegeben und den Mut und die Zuversicht vermittelt hat, die vorliegende Arbeit in Angriff nehmen und vollenden zu können. Berlin, im März 2004 Roderich Glaesmer. 4 Inhaltsverzeichnis Seite 1. Einleitung 7 2. Die Eiweißforschung am Beginn des 20.Jahrhundert und deren Entwicklung bis zum I. Weltkrieg 12 2.1 Die allgemeine Situation der Forschung 13 2.1.1 Institutionalisierung der Biochemie 15 2.1.2 Staatliche und außerstaatliche Förderung der Forschung 19 2.2 Kenntnisstand auf dem Eiweißgebiet um 1900 und Entwicklungen bis zum I.Weltkrieg 22 2.2.1 Die Eiweißforschung und die Chemie 23 2.2.1.1 Emil Fischer, Albrecht Kossel und die Eiweißforschung 28 2.2.1.2 Die Begriffe „Reinheit“ und „Molekül“ in der Eiweißforschung 40 2.2.1.3 Die Farbstoffchemie und die Eiweißforschung 43 2.2.2. Die Eiweißforschung und die Biologie 44 2.2.3 Die Eiweißforschung und die Physik 46 2.2.4 Die Eiweißforschung und die Philosophie 47 2.3 Zwischenbilanz 49 3. Die Eiweißforschung zwischen den beiden Weltkriegen 51 3.1. Die allgemeine Situation der Forschung 52 3.1.1 Staatliche und außerstaatliche Förderung der Forschung. Die Rolle Warren Weavers in den USA, Walter M.Fletchers in GB 54 3.2 Kenntnisstand und Entwicklung auf dem Eiweißgebiet 58 5 Seite 3.2.1. Die Eiweißforschung und die Chemie 60 3.2.1.1 Enzyme 60 3.2.1.2 Neue Wege der Peptidsynthese 62 3.2.1.3 Molekulargewichte – Makromoleküle 64 3.2.1.4 Die Ultrazentrifuge – Molekulargewichtsbestimmungen 66 3.2.1.5 Neue Trenn- und Bestimmungsmethoden 67 3.2.1.6 Eiweiß für Futter- und Ernährungszwecke 70 3.2.1.7 Nukleinsäuren – Zusammensetzung und Aufbau 71 3.2.2 Die Eiweißforschung und die Biologie 73 3.2.3. Die Eiweißforschung und die Physik 78 3.2.3.1 Atombau und Chemische Bindungen 80 3.2.3.2. Einblicke in Molekülstrukturen 80 3.2.3.3. Einsatz stabiler Isotope 82 3.3 Einflüsse politischer Entwicklungen 83 3.4 Eine Zwischenbilanz 85 4. Die Eiweißforschung bis zum Ende des 20.Jahrhunderts 87 4.1. Die allgemeine Situation der Eiweißforschung 88 4.1.1 Methodische und apparative Entwicklungen 90 4.2 Entwicklungen auf dem Eiweißgebiet 98 4.2.1 Insulin - Leitsubstanz für die Strukturaufklärung von Proteinen 99 4.2.2 Hämoglobin – Blutfarbstoff und „Enzym ehrenhalber“ 102 Leitsubstanz für das Verständnis der Funktion von 6 Proteinen 4.2.2.1 Primärstrukturen von Hämoglobinen 104 4.2.2.2 Sekundärstrukturen von Hämoglobinen 106 4.2.2.3 Tertiärstrukturen und ihre biologische Bedeutung 111 4.2.3 Synthesen auf dem Eiweißgebiet 113 4.2.3.1 Eiweißsynthesen in der Zelle 115 4.2.3.2 Peptidsynthesen 115 4.2.3.3 Einzeller-Protein-Synthesen 117 4.3 Entwicklungen auf dem Nukleinsäuregebiet 118 4.3.1 Die Analytik von Nukleinsäuren 119 4.3.2 Röntgen-Kristallstrukturanalytik der DNS. Die Doppelhelix 121 4.4 Nukleinsäure / Protein – Beziehungen Der genetische Code 125 5. Zusammenfassung 129 6. Glossar 133 7. Verzeichnis der Abkürzungen 135 8. Quellen- und Literaturverzeichnis 137 9. Personenregister 172 10. Abbildungsverzeichnis 180 7 1. Einleitung Das Wissen um die stofflichen Grundlagen von Lebensprozessen war zu Beginn des 20.Jahrhunderts noch sehr gering. Unklare Vorstellungen und Annahmen, die später nicht bestätigt werden konnten, verstellten den beteiligten Forschern oft den Blick. Die vorher aus überwiegend biologischer Sicht geprägte Betrachtungsweise von Eiweißen führte mit der Zunahme naturwissenschaftlicher Ergebnisse aus experimentellen Untersuchungen ihrer Bausteine, ihrer Zusammensetzung sowie ihrer Struktur mit Hilfe neuer und verbesserter methodisch-apparativer Möglichkeiten zu grundlegend neuen Erkenntnissen, aber auch zu Wandlungen in den weltanschaulichen Sichten auf Lebensprozesse. Durch neue Erkenntnisse und experimentelle Ergebnisse vermochten im 20.Jahrhundert einzelne Wissenschaftler auf Teilgebieten neue Wege für vertiefende und weiterführende Arbeiten aufzuzeigen. Die Beziehungen zwischen Biologie, Chemie und Physik vom 18. bis zum 20.Jahrhundert