Helmut Ruppert: -Yafo 31

TEL AVIV-YAFO

Zum Problem des Einflusses heterogener Einwanderergruppen auf Stadtstruktur und Stadtentwicklung Mit 5 Abbildungen, 1Beilage (I) und 1Tabelle

Helmut Ruppert

The waves of into Pales von den unter Summary: Jewish immigration judischen Einwanderorganisationen tine and have been characterised by their distinctive stiitzt. af areas of From the cultural, composition regards origin. Bedingt durch politische und wirtschaftliche Gege economic and social heterogeneity of the Jewish immi benheiten lafit sich daher fiir jede Zeitperiode der Ein grants, an influence on spatial group behaviour would be wanderung, einer sogenannten Aliya1), eine charakte expected. The temporal-spatial impact of the immigrant ristische landsmannschaftliche fest groups was investigated using the example of the structure Zusammensetzung die in ihrer and development of the city of Tel Aviv-Yafo. stellen, Wirkung auf die Stadtentwicklung Starting from the traditional elements of the oriental Tel Aviv-Yafos untersucht werden soil. levantine city of , the influence of Russian and Polish Die im zeitlichen Nacheinander angelegten Stadt on the and structure of Tel Aviv in the - emigrants founding viertel Tel Aviv-Yafos lassen bedingt durch die kul years 1909-1931 is described. The waves of central Euro turelle, wirtschaftliche und soziale Heterogenitat der in the 1932 pean Jewish immigrants into Palestine years zu - verschiedenen Zeiten eingewanderten Juden einen 1938 gave dynamic impetus to the economic and cultural Einflufi des auf den Raum erwar of the in the Gruppenverhaltens development city. Vigorous growth tertiary ten.Die sector made Tel Aviv into the main urban centre of Pales Untersuchung iiber die Bedeutung heterogener tine. jiidischerLandsmannschaften auf die Struktur von Tel The mass immigration between 1948 and 1953, with an Aviv-Yafo mufi sich daher vorrangig mit den durch on aus emphasis Bulgarian and Rumanian Jews and Jews from raumpragende gruppenspezifische Entscheidungen oriental an and econom countries, brought educationally gelosten prozessualen Ablaufen befassen. ically weaker population to Tel Aviv, which made a distinctive contribution to the structure of the southern 1. Das alte parts of the city through its often traditional way of life. Jaffa The most recent is characterised the development by strong Das Stadtbild des alten mit economic influence of North American Jews. Jaffa entspricht einigen Modifikationen den Strukturen The influence exerted on urban spatial structure exerted weitgehend generellen einer by the material position, the cultural tradition and the idealtypischen orientalischen Stadt (vgl. K. general way of life of immigrants from particular areas of Dettmann 1969, S. 25). Obwohl in den zentralen Tei was studied field in the Hatikva len origin by investigation nach der starken napoleonischen Zerstorung wah and in Yafo. Quarter rend der Jahre 1810-1820 nahezu vollig erneuert, tref An concerns the forces increasingly important question fenwir auch in Jaffa die engeNachbarschaft von Zita which are ethnic bonds. The pattern crea loosening spatial delle, Moschee und Suq, die auf die starkewirtschaft ted in housing, economic and cultural activity by the old liche Stellung der muslimischen Araber hindeuten. way of life is changed these forces and a by spatial Weite Teile der siidlichenAltstadt von waren regrouping takes place along lines of wealth and property Jaffa von christlichenArabern wahrend die ownership. The tertiary sector has a special significance as bewohnt, Juden, a formative element in the development of a modern west ern society. In essence, however, the influence of ethnic origins can *) Aliya (hebr.) bedeutet wortlich ?Aufstieg" und be zeichnet die einzelnen be recognised in the functional composition of the city. In Einwanderungswellen jiidischer Bur addition to the specific structure of residential areas and ger nach Palastina. the handicraft and industrial areas, the central business Man unterscheidet: districts of Tel Aviv-Yafo must be seen in relation to their 1. Aliya 1881-1903 ca. 24 000 Einwanderer adaptation to new immigrant groups and their economic (bes.Rufiland) needs. 2. Aliya 1904-1918 ca. 32 700 Einwanderer (Rufiland/Polen) 3. Aliya 1919-1923 35 200 Einwanderer /.Die jiidischenEinwandemngswellen und ihr (Ukraine/Polen) 4. 1924-1931 112 300 Einwanderer strukturbestimmenderEinflufi Aliya (Osteuropa/bes. Die jahrliche Einwanderung nach Palastina Polen) erfolgte 5. 1932-1938 inWeilen wechselnder Intensitat und unterschiedlicher Aliya 197 000 Einwanderer (Mittel- und landsmannschaftlicherZugehorigkeit der Immigranten. Die Motive fiir die waren dabei unter Osteuropa) Wanderung 2. Weltkrieg 1939-1944 55 000 Einwanderer schiedlicherNatur. Wo die Moglichkeit jiidischerBur 1945 bis 14.Mai 1948 73 300 Einwanderer ger bestand, nach Palastina auszuwandern, wurde dies ab 15.Mai 1948 bis 1951 586 700 Einwanderer 32 Band 28/1974 _Erdkunde

begriindet durch ihren zahlenmafiig geringen Bevolke 2. Die Griindung von Ahuzat Bayit, rungsanteil in der 1.Halfte des 19. Jahrhunderts, kein des zentralen Kerns von Tel Aviv, eigenes geschlossenes Wohnviertel, jedoch eine am Suq durch osteuropaische Juden rand liegende Handelsstatte, den sogenannten Jiidi wuchs auch in den ersten des 20. schen Bazar, besafien. Jaffa Jahren Jahr hunderts recht stark. Die der Stadt ver Der Anstieg der Bevolkerung Jaffas auf ca. 18 000 Bevolkerung mehrte sich bald auf 45 000 von denen Einwohner bis zum Jahre 1880 machte ein Wohnen Einwohner, rund 8000 waren. Die starke aufierhalb der Altstadtmauern notwendig. Bereits 1868 Juden iiberproportional Zunahme des jiidischen Anteils resultierte aus zwei und 1870 griindeten Siedler des deutschen Templer der von und ordens die ?Kolonije alemanie" und das Dorf Sarona Faktoren, Zuwanderung Palastinajuden der aus Rufiland. nordostlich von Jaffa (vgl. Abb. 1). Beide Anlagen Einwanderung jiidischerEmigranten hatte sich des 20. zum waren jedoch vorrangig landwirtschaftliche Siedlun Jaffa Anfang Jahrhunderts wirtschaftlichen Zentrum Palastinas entwickelt, das gen, deren Bewohner aus Deutschland einwanderten, viele imHandel und als Geldwechsler vorher nicht im alten Kern Jaffas wohnten, und sich tatige palasti nensische ihres wirtschaft insbesondere dem Ackerbau widmeten. Juden anzog. Infolge engen lichenKontaktes zu den arabischen Grofihandlern Noch bis Ende des 19. Jahrhunderts erlebte Jaf Jaffa um fas und den die Hafenanlagen ansassigen europai wie fast alle expandierenden Stadte der Levante eine schen und von neuen Import- Exporthandlern suchten sie auch Angliederung Stadtvierteln. Insbesondere nach innerhalb der Altstadt von die griechisch-orthodoxeKirche erstellte in diesen Jah Wohnmoglichkeiten ihre war es ihnen ren aufierhalb der Tore in traditioneller Art undWeise Jaffa; durch relativeWohlhabenheit Wohnhauser zu kaufen oder einen ganzen mit abschliefibaren Toren moglich, gut ausgestattete Suqkomplex zu mieten. Der Kontakt mit den in den peripheren und vermietete die Suqladen. Eine begleitende rand Wohngebieten Neveh Zedek und Neveh Shalom le licheAngliederung von Wohnvierteln vollzog sich ahn einer wesentlich armeren Einkommensschicht lichwie in E. Wirth 1966, S. und benden, Aleppo (vgl. 117) war angehorenden Juden sehr gering. Die wohlhaben anderen orientalischen Stadten der Levante entspre den, neu wurden im Ge chend dem Prinzip der Gliederung nach Glaubensge zugewanderten Palastinajuden zu den vollkommen im Sozial an gensatz Immigranten meinschaften. Entlang eines der Kiiste verlaufenden Sanddiinenstreifens entwickelten sich siidlich der Alt system der orientalisch-levantinischen Stadt integriert. Die sich in Jaffa ansiedelnden jiidischenEmigranten stadt von Jaffa die Wohnquartiere der christlichen die durch die des zaristischen Araber, nordlich der Altstadt im Bezirk Manshiye die Osteuropas, Pogrome Rufilands vertrieben wurden, entstammten in der Regel Wohnquartiere der muslimischen Araber. dem Kleinbiirgertum oder dem Handwerk, zwei So Um 1880 zahlte die jiidische Bewohnerschaft Jaffas zial- und die es entweder in der vor allem durch von wirtschaftlich akti Berufsstellungen, Zuwanderung orientalischen Stadt nicht oder die durch traditio ven aus anderen Teilen Palastinas bereits gab Gruppen nelle bereits besetzt waren. Die 1000 Personen. Da in der Altstadt keine weiteren Bindungen mangelnde wirtschaftliche Integration liefi nie einen engeren Kon Wohnmoglichkeiten bestanden, begann man 1887 mit takt mit der altansassigen arabischen Bevolkerung auf Hilfe der ?Ezrat Zion", einer zionistischen Hilfsorga kommen, zumal die Einwanderer mit ihrem politisch nisation, Neveh Zedek, das erste rein jiidischeQuar geistigen Konzept der zionistischen Ideale sichweitge tier Jaffas, anzulegen. Im Jahre 1892 folgte in unmit hend isolierten. telbarerNachbarschaft mit Neveh Shalom das zweite Der Mangel an annehmbarer Wohngelegenheit in jiidischeQuartier. und der Wille der zioni Fiir beide Wohnviertel ist- ebenso wie bei den neu Jaffa politisch fiihrenden, stisch russischen eine arabischen und Siid eingestellten Immigranten, eigen gegriindeten Quartieren Manshiye zu beeinflufiten den - dafi man bereits7 vom standige Siedlung griinden, Jiidi jaffa typisch, vollig altgewohn schenNationalfonds im eine von ten der Strafien und Jahre 1909, Anlage Sackgassengrundrifi abging plan 60 Einfamilienhausern fiir sich kreuzende baute. osteuropaische Immigranten mafiig rechtwinklig Strafienziige zu finanzieren Abb. Ahuzat wurde eine Die Grundform der bis dahin im levantinischenRaum (vgl. 1). Bayit reine die in ihren Strukturelementen starke verwendeten wurde mit unwe Wohnstadt, Haustypen allerdings Ahnlichkeit mit den britischen und deutschen Garten sentlichen Veranderungen beibehalten. stadten hatte. Die Bewohner dieses standen Das alte dokumentiert demnach Traditionsele Quartiers Jaffa inwirtschaftlicher zu mente einer osmanischen Stadt der Levante mit einer Abhangigkeit Jaffa. Um so starker versuchte man ein kul Glaubensbekenntnisse. Die eigenstandiges Bevolkerung heterogener und soziales Leben der wer turelles eingewanderten Juden ersten Erweiterungen des spaten 19. Jahrhunderts zu fordern.Die baldige Errichtung des Herzl-Gymna den von einheimischen Palastinensern in die Wege ge siums an Stelle von Ahuzat un an hervorragender Bayit2) leitet, ihre Strukturformen entsprechen denjenigen derer orientalisch-levantinischer die durch Stadte, 2) Am Standort des ehemaligen Herzl-Gymnasiums be Eu Handelsbeziehungen bereits engere Kontakte mit findet sich heute das grofite Geschafts- und Verwaltungsge ropaern besafien. baude Israels, der Shalom Tower. Helmut Ruppert: Tel Aviv-Yafo 33

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~* ?j^m>^sin y^^^^^^^^^^^ p-Ji ' ancient Jaffa ll^l//K/^rQ '/^K YlL^^ *~ Arabischedorfliche Kerne r^^^/^^Kj:A formerArab villages i^lScxV^c^ Sarona r> Templersiedlungeni"S-, y^^^^^^Sr^^^^^7^W\ Ll Templercolony iK.A.Kolon.jealeman.e ^^^^^VV^X^T^^^^-fe^ J^ischeQuartitrtJ"A-B-AhuzatB*y|t ^^^^^^^$Mf^r^$?rk ^ H Jewish IN-Z. Neve Zedek ^ / / early quarters ^^^^^p^^^^^^^W/^^JW ' / / Ausbautenbis 1918 i^^^^SwV y/s^v^^' ^^>^ ESg builtprior to1918 /^^^^^^^^r^'^^7/ I' f Ausbauten1918-1930 /fjjjj!^^ Ausbauten1931-1943 ^ Ausbauten 1944-1950 J^^PkvI?^^^^, /j^'^^T"'^ ^ ^ Ausbauten1951'1958 ^^^^^ ^f^^^^ /^xl^^^ IT/ El ;K ^'^"^'yj Ausbauten1959-1970 J^^^^^^-ip^S ^ tij/-" 0 500 1000 1500 2000 2500m

Entw.:H.Ruppert 1972 / f^^'s^y'^^y-'^'' n*chAttaB ?'und Angabender Stadt Tel Aviv-Yafo. V ^-i//

i: Tel Aviv-Yafo. Stadtentwicklung Development of Tel Aviv-Yafo

terstreichtden Willen zu einer jiidisch-zionistischenEi allelen der Verwestlichungserscheinungen inWohnvier genentwicklung. teln anderer orientalisch-levantinischer Stadte unter Obwohl die aufiere Struktur des Wohnviertels be mauern diese Feststellung. Bei einer wirtschaftlichen reits europaisch anmutet, entspricht der Entwicklungs Bindung an das Stadtzentrum Jaffa weist Ahuzat vorgang noch orientalischen Formelementen. Man kann Bayit aber erstmals neben der Trennung des Wohnge in ihm eine Weiterentwicklung der Vorstadtquartiere bietes auch ein bewufit angelegtes geistig-kulturelles Neveh Zedek und Neveh Shalom sehen. Analoge Par Nebenzentrum aufierhalb der Altstadt auf. Erdkunde34 Band 28/1974

3. Die Stadtentwicklung Tel Avivs hen wollten. Obwohl von den im Zeitraum 1932-1938 unter dem Einflufi polnischer nach Palastina eingewanderten 197 000 Juden nur und russischer Juden nach dem 36 000 aus Deutschland stammten, gewannen diese 1. Weltkrieg dennoch einen so grofien Einflufi, dafi die 5. Aliya als die der deutschen Einwanderung bezeichnet wird. Nach den tiirkischenRepressalien wahrend des 1. Die deutschen Juden waren in entscheidender Art von vom Weltkrieges lebten bereits Anfang 1921 wieder 3600 und Weise europaischen Lebensformen und Juden in den 242 Hausern Tel Avivs. Doch erst die abendlandischen Kulturgut gepragt. Auf Grund der arabischen Terroraktionen gegen die Juden Jaffas im Ausbildung, der beruflichen Stellung und der allge Jahre 1921 liefien den kritischen Punkt einer selbstan meinen Verhaltensnormen nahmen die deutschen Ju digen wirtschaftlichen Entwicklung iiberspringen. den eine Sonderstellung innerhalb Palastinas ein. Zahlreiche Fliichtlinge aus dem alten Jaffa siedelten Die stark der deutschen Kultur verhafteten Juden jetzt neben den eingewanderten Juden in Tel Aviv. standen von Anfang an im Gegensatz zu den bisher Die Volkszahlung vom Oktober 1922 meldet bereits schon in Palastina wohnenden Juden. Kennzeichnend 15 100 jiidische Burger Tel Avivs. hierfiir ist beispielsweise die Beibehaltung der deut Die 4. Aliya wahrend der Jahre 1924-1928 brachte schen Sprache. Wahrend die alteingewanderten Juden aus besonders polnische Juden nach Palastina. Die bereits politisch-zionistischen und auch religiosen Motiven in ihrer alten Heimat vorwiegend als Kleinhandwer bewufit die hebraische Sprache gebrauchten, wider ker und Handler tatigen Einwanderer errichtetenbald setzten sich die deutschen Juden, die sich auch in ihrer mit ihren bescheidenen finanziellen Mitteln und ihrem alten Heimat in der Mehrzahl weder religios noch po technisch-handwerklichen Wissen Handwerksbetriebe litisch stark engagiert hatten. und kleine Industriebetriebe, wobei vor allem die be Mittels der inTel Aviv und anderen Orten gegriin reits in der alten Heimat betriebenen Branchen des deten Landsmannschaftsverbande betonte man bewufit Textil- und Bekleidungsgewerbes sowie der Holzbe die deutsche Kulturtradition. Da die deutschen Juden ent arbeitung (einschliefilichMobelherstellung) stark be hauptsachlich einer mittel-gehobenen Bevolkerung zu vorzugt wurden. Fiir die judisch-zionistischen Gemein stammten, fanden sie zunachst keine Bindung den den Tel Avivs bedeutete die Eigenproduktion einen sich aus einfacheren Sozialschichten rekrutierenden ost Schritt zur wirtschaftlichen Unabhangigkeit gegeniiber europaischen Juden. Jaffa. Zu einem weiteren wichtigen Differenzierungsmerk Bereits 1925 lebten 34 200 Juden in Tel Aviv, die mal wird die Tatsache, dafi die deutschen Juden ihr in in den Charakter der ehemaligen Gartenvorstadt allmah Deutschland erworbenes Vermogen mitbrachten und lich vollig veranderten. Statt der bis dahin ublichen Palastina Anlagemoglichkeiten suchten. von ein- oder zweigeschossigen, Garten umgebenen Die Statistik der britischenMandatsverwaltung lafit Hauser werden jetzt im zentralen Teil immer starker erkennen, dafi der Anteil der ?capitalist immigrants" ste drei- oder viergeschossige, in geschlossener Front (Einwanderer mit mindestens 5000 Dollar Kapitalver hende Geschaftshauser erbaut. Die Herzlstrafie, einst mogen) sehr starkwuchs: Wanderten bis 1930 erst 178 nur zentrale Achse eines Wohnvororts ohne Bedeutung solcher ?capitalist immigrants" ein, so stieg ihre Zahl fiir den Dienstleistungssektor, gestaltet sich zur wich bis 1933 auf 3250 und erreichte 1935 bereits 6309 Per tigen Geschaftsstrafie mit Grofihandlern und Hand sonen (Statistical Abstract of Palestine 1944/45, S. werksbetrieben auch in den Seitengassen. Tel Aviv 746). wird der zentrale Sitz vieler jiidischerKooperativen; Tel Aviv profitierte in starkerWeise von privaten der Ort gilt in dieser Phase als Gegenpol zu den von Investitionen und wurde zu einem zentralen Anzie Zionisten stark forcierten kooperativen landlichen hungspunkt, dessen Attraktivitat sich schon in der in Siedlungen und besitzt als die erste rein jiidische Stadt den Jahren 1931-1939 von 45 600 auf 160 000 Per Palastinas eine besondere Anziehungskraft fiirdie wei sonen steigenden Einwohnerzahl zeigt. Besafi Tel Aviv so teren Einwanderungswellen. 1931 26,1% der jiidischen Bevolkerung Palastinas, wuchs dieser Anteil im Jahre 1939 auf die nie wieder erreichte Spitze von 35,9% (Har-Paz, H. 1967, S. 4. Die Bedeutung der mittel 697). setzte europaischen Einwanderer der Das Wirken der deutschen Juden in Tel Aviv Jahre 1932-193 8 sowohl auf wirtschaftlichem Gebiet als auch im kultu rell-wissenschaftlichen Leben und imWohnverhalten Fiir die Struktur und die Entwicklung der Stadt neue dynamische Akzente, die einmal immitgefiihrten zum anderen in Tel Aviv von entscheidender Bedeutung war die Im Kapitalvermogen der Einwanderer, war ihrer Lebensform waren. migrationswelle der Jahre 1932-1938. Sie durch mitteleuropaischen begriindet einen relativ hohen Anteil von einwandernden deut Die stadtische Herkunft der deutschen Einwanderer schen Juden bestimmt, die den Repressionsakten und erklarte ihre Vorliebe fiir private Investitionen im der Verfolgung durch den Nationalsozialismus entflie stadtischen Bereich. Helmut Ruppert: Tel Aviv-Yafo 35

Die starkste Ausweitung erfuhr zweifellos der Han 5. Die Entwicklung Tel Avivs bis del, weil hier zusatzlich durch die europaischen Bediirf zur Staatsgrundung Israels neuen nisse der Konsumentenschicht eine Anpassung des Warenangebots notwendig wurde. Aus dieser Zeit Fiir die jiidische Einwanderung bedeutete der 2. datiert auch die endgultige Trennung von Einzelhan Weltkrieg eine Phase der Stagnation. del und Handwerk in der GeschaftsstrukturTel Avivs, Trotz einer verhaltnismafiig geringen Einwande von von die der osteuropaischen Handwerkerschicht nicht rungsrate stieg jedoch die Bevolkerung Tel Avivs unahnlich dem Prinzip im orientalischen Suq noch 160 000 Einwohner (1939) auf 248 000 Einwohner weitgehend nebeneinander gefiihrtwurden. Die Rehov (1948), was seinenGrund vor alien Dingen darin hat zur ver Allenby entwickelte sich zentralen Geschaftsstrafie te, dafi viele Juden Palastinas in Tel Aviv eine von vor mit einer Konzentration Einzelhandel. Zwangs haltnismafiig sichere ?Zufluchtstatte" arabischen laufig wurde auch das Bankwesen ausgebaut, der Roth Obergriffen sahen. Der Bevolkerungszunahme ging von neu schild Boulevard nahm eine Reihe gegriindeten eine starke raumliche Ausdehnung Tel Avivs nach Nor Geld- und Kreditinstituten auf; nicht zuletzt wurde zu den parallel. Erfolgte die Ansiedlung der Einwanderer dieser Zeit auch die Borse von Tel Aviv gegriindet. bisher ziemlich eindeutig landsmannschaftlich orien Eine starke Ausweitung erfuhren die gehobenen tiert in geschlossenen stadtischen Erweiterungsgebieten, Dienstleistungsberufe, da die Einwanderer versuchten, so wird jetzt das individuelle Vermogen und Einkom in den inDeutschland betriebenen Berufen als Archi men immer starker zum Gradmesser einer selektiven zu tekten,Arzte, Apotheker und Rechtsanwalte Geld sozialen Gliederung. Die gestiegene Einwohnerzahl, aus verdienen. die Verdrangung der Bewohner den zentralen Be Die Kapitalinvestition in Industriebetriebe erfolgte zirken durch Ausweitung des Geschaftszentrums, die in Tel Aviv nicht in dem vielleicht zu erwartenden Verbreiterung des Berufsspektrums sowie die zuneh Mafie. Die bereits stark ausgebildete Handwerker mende individuelle Lebensgestaltung leiteten einen Pro struktur der polnischen Immigranten hat ebenso wie zefi der sozialen einkommensmafiigenDifferenzierung der noch recht kleine jiidischeMarkt in Palastina eine ein,mit dem Ergebnis, dafi die jungenWohnausbauten grofiziigige Investition in der Industrie nicht als loh des nordlichen Tel Avivs eindeutig die Gebiete einer nend erscheinen lassen. gehobenen Sozialschicht wurden. Mit dieser Strukturie Um so starker wandten sich die kapitalkraftigen rung erfolgte auch eine lineare Ausweitung der Ge deutschen Einwanderer dem stadtischen Bodenmarkt schaftsstrafien dergestalt, dafi die jungen Wachstums zu. Spekulativ die weitere Entwicklung Tel Avivs in spitzen imNorden sich an der kaufkraftigen Kund giinstigem Lichte sehend, die inflationaren Tendenzen schaft der benachbarten Wohngebiete orientierten. innerhalb Palastinas registrierend, die vergangene Welt Als besonderes Charakteristikum in der Entwicklung we wahrungskrise noch in bester Erinnerung und einen Tel Avivs mufi fiirdiese Zeit auch die verstarkte Indu vor nig entwickelten palastinensischen Kapitalmarkt strialisierung angesehen werden, die durch die Ereig Augen, kaufte man stadtische Grundstiicke, wo man sie nisse des 2.Weltkriegs stark gefordertwurde. Wichtig war angeboten fand. Das Ergebnis ein starkes Anstei fiir die strukturelle Entwicklung Tel Avivs wahrend gen der Bodenpreise, besonders im mittleren Norden des 2. Weltkriegs war der gegeniiber friiheren Jahren Tel Avivs, dem bevorzugten Wohngebiet der deut stark zuriickgegangene Einflufi der jiidischenKoopera schen Einwanderer. Betrug 1933 der Preis pro Dunam tiven, die sich starker der Verteidigung erreichter Po (ca. 0,1 ha) noch 650 Palast. Pfund, so kletterte er sitionen als der Initiative des weiteren Ausbaues wid 2 Jahre spater auf den zehn- bis fiinfzehnfachen men konnten. Unter diesem Vorzeichen ist das starke Wert3). private Engagement auf dem Gebiet der Industrie und von Die realisierten Spekulationsgewinne als zusatzli auch der Vorgang sozial getrennten Wohngebieten ches Einkommen machten die deutschen Juden in die zu sehen, die ja nicht den zionistisch-sozialistischen ser Zeit zur kapital- und wirtschaftstragenden Schicht Vorstellungen der Griinder Tel Avivs entsprachen. Tel Avivs, die sich entsprechend ihrenmitteleuropai von schen Gewohnheiten in Garten umgebenen Ein familienhausern in Zentrumnahe niederliefien 6. (vgl. Die Masseneinwanderung der Nur - Abb. 2). die oberste Schicht der osteuropaischen Jahre 1 9 4 8 1 9 5 3 Juden konnte an dieser Entwicklung kapitalmafiig teilhaben und sich nicht nur dem pafite wirtschaftli Nach Beendigung des 2.Weltkrieges und dem welt chen sondern auch den Wohn- und Ver Verhalten, weiten Bekanntwerden der Greueltaten gegen die Ju brauchergewohnheiten der mitteleuropaischen Juden den in Europa mufite Grofibritannien seinenWider wodurch sich der einer an, integrierende Prestigewert stand gegen die weitere jiidische Einwanderung auf Sozialschicht kapitalbesitzenden bestatigt. geben. In den Jahren 1945-1947 kamen allein 56 000 aus Immigranten vorwiegend siidosteuropaischen Lan war 3) Verfasser verdankt die freundlichen Angaben Herrn dern nach Palastina. Tel Aviv der relativ sichere Dr. H. Darin-Drabkin, Tel Aviv. Unterschlupf in einem Land, das in der Mehrzahl Erdkunde36 Band 28/1974

J"** -^.^ Gesamt verteilung in Tel Aviv-Yafo (1961=380.250 E.) /

' (1:10 verkleinert)

\_ \^

aus (y JiidischeEinwanderer Europa/Amerika born in ). Europa/America seit 1948 immigratedsince 1948 bis 1947 to 1947 V\ immigratedup

i JiidischeEinwanderer aus Asien/Afrika ' ^ born in Asia/Afrika

seit 1948 immigratedsince 1948 i to 1947 ^\ \-1 bis 1947 immigratedup

x : x [ I In Israel Geborene, born in Israel x I I davonKinder von 0-14 Jahren ^^77*^ / ^ thereofchildren up to 14years j^y

20.000 30.000Einwohner .j ^10000^ ^ ^.^^^^^

x Berechnung nach Quellen des Popu ] / ' lation and Housing Census-1961. ^^^r

Entw.H.Ruppert1972

Abb. 2: Bevolkerungsstruktur von Tel Aviv-Yafo of Jewish population in Tel Aviv-Yafo, by continent of birth and period immigration Helmut Ruppert: Tel Aviv-Yafo 37

man - man seiner Bevolkerung gegen die jiidische Kolonisation in Palastina nicht gab und wohl auch aus war. - eingestellt Doch erst der nach aktiver Kampfes gelndem Verstandnis fiir die zionistischen Ideale die tatigkeit zwischen Arabern und Juden imMai 1948 Ansiedlung in landlichen Raumen mied. neu proklamierte jiidische Staat Israel offnete seine Gren Fiir ihre eingewanderten Landsleute wirkten die zen fiir eine uneingeschrankte Einwanderung aller bereits in Tel Aviv ansassigen afro-asiatischen Juden man Juden4). als vertraute Auffangstation, die als Stiitze in Die Volkszahlung vom November 1948 meldet in einer ungewohnten Umgebung suchte. Die leerstehen Tel Aviv und Jaffa ein starkes Anwachsen der Be den Hauser der aus Jaffa gefliichtetenAraber spielten volkerung auf insgesamt 248 300 Einwohner, obwohl fiir die weitere Attraktivitat des jetzt vereinigten Tel bis auf etwa 5000 Bewohner alle Araber Jaffa ver Aviv-Yafo5) eine wichtige Rolle. Sie boten eine ideale lassen haben. Wohngelegenheit, um so mehr, als man den Typ des Entscheidend fiirdie weitere Entwicklung Tel Avivs orientalischen Wohnhauses aus dem Heimatland kann war, dafi sichdie Herkunftslander der jiidischen Immi te und sich darin durchaus wohlfiihlte. So kam es zu granten wahrend der Masseneinwanderung wieder einem starken Anstieg der Bevolkerungszahl in anderten. Unter den europaischen Einwanderern wird den bisher schon von einer niederen Sozialschicht be jetzt der Anteil rumanischer und bulgarischer Juden wohnten Siidvierteln Tel Aviv-Yafos durch Auswei immer starker (1948 gehoren 10,6?/o der im Ausland tung der Quartiere asiatisch-afrikanischer Landsmann geborenen Juden Tel Avivs dieser Gruppe an, 1961 schaften und durch Auffiillung Jaffas mit jiidischer sind es 17,5?/o); am wichtigsten aber ist der hohe Pro Bevolkerung. zentsatz der aus afrikanischen und asiatischen Lan dern (besonders Marokko, Jemen, Irak, Tiirkei) ein gewanderten Juden. Stammten von den im Ausland 7. Die Rolle der nordamerikanischen geborenen Juden Tel Avivs 1925 noch 95?/o aus Eu Einwanderer in Tel Aviv-Yafo ropa und nur 4,5% aus Asien/Afrika, so veranderte sich das Verhaltnis bereits im Jahre 1948 auf 82,1% Die Einwanderung nordamerikanischer Juden nach zu 17,5%, um schliefilich 1961 die Relation 69,4% Israel spielt erst seit der Konsolidierung des jiidischen zu 30,0% zu erreichen (Har-Paz, H. 1967, S. 699). Staates Ende der 50er Jahre eine bedeutendere Rolle. Der Wandel der Herkunftslander ist begleitet von Entsprechend ihren Herkunftsorten, den nordostame einer veranderten Sozialstruktur der Einwanderer. rikanischen Grofistadten, lafit sich bei diesen Immi Kamen bisher in der Regel jiidische Immigranten nach granten eine besondere Vorliebe fiir die grofistadti Tel Aviv, die eine Schul- und Berufsausbildung be schen Siedlungen Israels beobachten. Dabei besitzt die safien, so ist jetzt fiir die Emigranten aus den wirtschaftliche und kulturelle Zentralitat Tel Aviv Maghrebstaaten, Yemen und Aden, Tiirkei und Irak Yafos in der Bewertung der nordamerikanischen Ein aus sowie auch Rumanien und Bulgarien geradezu wanderer eine wesentlich hohere Attraktivitat als die typisch,dafi sie bei aufierst geringer schulischerBildung landschaftliche Schonheit Haifas oder das religiose keine Berufe erlernt haben und damit von vornherein Zentrum Jerusalem. in der Stadt nur als Hilfsarbeiter Verwendung fanden. Tel Aviv-Yafo wurde somit zum bevorzugten Ziel Dennoch war gerade Tel Aviv fiir die berufslosen der aus den USA und Kanada stammenden Juden. aus Emigranten Bulgarien, Rumanien und den afro Bildete diese Gruppe 1961 nur 0,6% der in Tel Aviv asiatischen Landern eine attraktive Stadt, da sie lebenden und im Ausland geborenen Juden, so betrug glaubten, nur hier eine ihrer geringen schulischenund ihr Anteil 1965 bereits 2,6% (Har-Paz, H. 1967, beruflichen Vorbildung entsprechende Beschaftigung S. 700). Wesentlicher als ihre Zahl ist jedoch der Ein zu finden. Sicher trugen zu diesem Trend auch die bis flufiauf die wirtschaftliche Dynamik Tel Avivs. Um herigen Lebensgewohnheiten im stadtischenMilieu der dessen Starke zu verdeutlichen, mufi man sich die Herkunftslander bei. Als grofieVerlockung erwies sich strukturelle Zusammensetzung der in Tel Aviv wei vor dariiber hinaus, dafi bereits dem 2.Weltkrieg fiir lenden amerikanischen Juden vor Augen fiihren.Nur die wenigen afro-asiatischen Einwanderer eindeutig ein Viertel der Gesamtheit siedelt sich fiir immer, in Tel Aviv als begehrter Wohnsitz im Vordergrund der Regel zum Lebensabend, in Tel Aviv-Yafo an. stand, da es andere rein jiidische Stadte (aufierAfula) Ein weit hoherer Teil besitzt in Tel Aviv einen Zweitwohnsitz, der fiir 1-2 Monate wahrend des Jah nach Israel in den 1948-1953: 4) Einwanderung Jahren res genutzt wird. Schliefilich verbleibt noch ein ge 1948 14.Mai 17 200 Personen (bis 1948) wisser Prozentsatz amerikanischer die lan 1948 15.Mai 101 800 Personen Juden, (ab 1948) Zeit in den Hotels Tel Avivs Unterkunft 1949 239 600 Personen gere suchen, um nach Zeit zuriickzukehren 1950 169 400 Personen gewisser oder endgiil 1951 173 900 Personen 1952 23 400 Personen 5) Die Vereinigung von Tel Aviv und Jaffa unter eine 1953 10 300 Personen einheitliche Stadtverwaltung Tel Aviv-Yafo erfolgte im Statistical Quelle: Abstract of Israel 1964, Table D/3. Jahre 1950. Band 2811974 ^_Erdkunde_

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. I // / /-\ rrv,/f / \ LJlll -n^n /

* L2? / I f N. (a) Bevblkerungsbewegungen innerhalb des Quartiers r-u / J V-^*"^ / y moved withinthe quarter aus .91_Z- ^>VJ / \ tb) Zuwanderung anderen Stadtquartieren moved fromanother Tel Aviv-Yafo j quarter y^t^g^j 16 V is/ V (c) Abwanderung in andere Stadtquartiere 23 -16 / moved to anotherTel Aviv-Yafoquarter \^ " ? ? ^ von aufierhalb Tel Aviv-Yafo j ?'--19 v\ Zuwanderung ~~| A^iJ^j / T : moved fromother settlements / 8 11 / -i C_ PR - ib^ 7p b LJ? \ (e) Abwanderung nach auflerhalb Tel Aviv-Yafo /.g-p \ 26 N movedto other settlements -20-r / / \ ^ Saldo der ^ ? J j Bevblkerungsbewegung 1 io / 21 / Y balancemigration movement -j J / / \i ^ 28 / in 100 Personen j LJ/X"'"N-^/ (Angabe pro Jahr) / / / (in 100persons/year)

f %' Entw.:H. Ruppert 1972

Abb. 3: Bevolkerungsmobilitat in den Quartieren von Tel Aviv-Yafo Mobility of Tel Aviv-Yafo population, by quarter (multi-annual average 1962-1968)

tig in Israel zu bleiben. Charakteristisch fiir alle drei Besonders kennzeichnend fiirdie nordamerikanischen Teilgruppen ist jedoch auch, dafi die nordamerikani Einwanderer sind ihre personlichen Motive der Ein schen Juden, wenn sie in Israel leben, weiterhin ame wanderung, die sie ohne irgendeinen politischen oder rikanische oder kanadische Staatsbiirger bleiben wollen. wirtschaftlichen Zwang nach Israel wandern lassen et Der noch in ihrenHanden befindliche auslandische Pafi (vgl. Antonovsky, A. al. 1970). In der Regel waren gibt ihnen die Moglichkeit, jederzeit in ihre alte Hei sie in der amerikanischen Gesellschaft integriert,hatten mat zuriickzukehren, fordertmithin sehr stark die Mo einen bestimmten Lebensstandard. Die Umstellung in bilitat dieser Bevolkerungsgruppe. Israel gelingt ihnen vielfach nur schwer,was nicht zu Helmut Ruppert: Tel Aviv-Yafo 39

- letzt ahnlich der Situation der in den 30er Jahren von Jaffa und die ?Einwandererstadt" Tel Aviv mit - eingewanderten deutschen Juden daran liegt, dafi sie alien ihren landsmannschaftlichen Sonderheiten. Die aus einem anderen okonomischen und kulturellen Betrachtung der verschiedenen Einwanderungswellen Milieu kommen und es nicht fiir notig halten, die hat uns gezeigt, in welch hohem Mafie materielle hebraische Sprache zu lernen, vielmehr an ihren ge Grundlagen, kulturelle Tradition und allgemeine Ver wohnten Lebensformen festhalten wollen. haltensweisen bestimmter landsmannschaftlicher Grup Der starke Einflufi amerikanischer Juden zeigt sich pen die Struktur Tel Avivs beeinflufit haben. Von in Tel Aviv-Yafo in zweifacher Auswirkung: in der grofier Bedeutung ist dabei, dafi sich die landsmann starken Entwicklung touristischerEinrichtungen und in schaftlich-kulturellen Krafte insofern nahezu ohne der Griindung von Zweitwohnsitzen. 185 000 Nord Widerstand durchsetzen konnten, als die zionistischen amerikaner, das sind 42% aller Touristen, besuchten Organisationen, die vor der israelischen Staatsgriin 1970 Israel (Stat. Abstract of Israel 1971, Table D/10). dung weithin die jiidische Kolonisation in Palastina zur Das in den Hotels Verfiigung stehende Raumange steuerten, starken Einflufi auf die landlichen Siedlun bot hat sichvon 1387 Raumen im Jahre 1963 auf 2735 gen ausiibten, die Stadt Tel Aviv jedoch sich als ?not Raume im Jahre 1971 verdoppelt (Tel Aviv-Yafo wendiges Obel"6) frei entwickeln liefien. Municipality Yearbook 1971, Table F/l). Die Reihe Die landsmannschaftlich orientierten Quartiere der Hotelbauten imGebiet der Rehov Hayarkon und konnten sich damit im ?freien Raum" eines unbebau der Rehov Ben Yehuda liefi hier in Verbindung mit ten Sanddiinengelandes vielfach ohne starke Hinde von einer starken Konzentration Touristikunterneh rung entfalten. Besonders interessant wird jedoch die men und einem auf das Nachfragepotential der Tou Konfrontation der landsmannschaftlichen Krafte mit ent risten zugeschnittenen Einzelhandel einen Raum den bereits bestehenden Strukturen einer orientali stehen, der in starksterWeise durch den auslandischen schen Stadt oder alter dorflicher Kerne. Beide Bewe Tourismus gepragt ist. gungsablaufe im Raum sollen an Hand einiger ausge Fiir die Struktur der Stadt Tel Aviv-Yafo ebenso wahlter Beispiele verdeutlicht werden. bedeutend istdie Entwicklung von Zweitwohnsitzen in von Form Eigentumswohnungen im sozial hochstehen den Norden Tel Avivs. Im Gegensatz zu den sonst 1. Prozefiablaufe im ?freien Rau mtc von meist staatlichen Stellen oder kooperativen Bau (aufgezeigt am Beispiel des Hatikva-Quartiers) unternehmen im sozialen Wohnungsbau erstellten Hau sern findenwir gerade imNorden Tel Avivs noch frei Das Hatikva-Quartier ist eines der primaren Stadt finanzierte Wohnungen, die vielfach als Ursachen von viertel orientalischer Juden in Tel Aviv, das in seiner eklatanten Bau- und Bodenpreiserhohungen gelten. Entwicklung und strukturellenAusformung als typisch Das bevorzugte Gebiet fiir Zweitwohnsitze im Raum angesehen werden kann. Das Wohnquartier entwickelte des Kikar Hamedina wies gerade in den 60er Jahren, sich bereits vor dem 2.Weltkrieg unabhangig von Tel durch starkeNachfrage bedingt, hohe Bodenpreisstei Aviv. Ohne jegliche durchdachte Planung erhielt jeder gerungen auf.Wurde 1960 noch ein Preis von 120-150 Siedlungswillige 100 m2 Grund, auf die er seinHaus I. so man - L. (isr.Pfund) pro m2 gefordert, bezahlt heute setzen konnte. In gegenseitiger Nachbarschaftshilfe fiirWohngrundstiicke in diesem bevorzugten Gebiet Ausdruck einer familiaren Bindung in Grofifamilien 1000 I. L. m2. Konform der - man pro Nachfrage amerikani und Nachbarschaftsgruppen errichtete die scherJuden gingen dieWohnwiinsche vieler Israeli, die Wohnbauten fiir die Grofifamilie. Eine dichte Bebau ebenfalls ab 1960, veranlafit durch einen hoheren Le ung von Innenhofhausern an engen Gassen schuf eine bensstandard, nach privaten Wohnungen fragten. Und Umgebung, die den orientalischen Juden aus ihrerHei schliefilichbildeten auch der seit mat vertraut war. 1958/60 stark gestie Die Versorgung der Bevolkerung gene private Kapitaltransfer sowie Restitutions- und erfolgte in einem lokalen Suq, der die wichtigsten an Reparationsleistungen der BRD israelische Biirger Lebensgiiter lieferte.Die Synagoge bildete das geistige eine wert Verlockung, das Geld inflationssicherin den Zentrum des Quartiers. mafiig stark steigenden Sachwerten Boden und Wohn In dieser nach dem Prinzip eines orientalischen gebaude anzulegen. So erlebte der Immobilienmarkt Stadtquartiers aufgebauten Anlage spiegelte sich deut der bevorzugten Lagen Tel Aviv-Yafos einen mehr lich die traditionelle Verhaltensweise der aus orien fachen Nachfragedruck mit dem Ergebnis von stark Die zionistischen davon die steigenden Boden- und Mietpreisen. 6) Vorstellungen gingen aus, jiidische Berufspyramide durch einen hohen Anteil von Ar beitern und besonders Landwirten in der Basis zu verbrei tern und den Besatz mit gehobenen tertiaren Dienstlei II. Exemplarische Erfassung von stadtischen Raum stungen moglichst niedrig zu halten. Nicht zuletzt steht da strukturen hinter auch die Vorstellung von einer ?gesunden" landli chen Gesellschaft, die mit eigener Hand den Boden bebaut; Zwei Stadtstrukturen uns in Tel typische begegnen erst dann wiirde das Land zur eigentlichen ?Heimat" wer Aviv-Yafo: die ?orientalische Stadt" im alten Kern den (vgl. E. Cohen, 1970). Erdkunde40 Band 28/1974

talischen Landern nach Tel Aviv gekommenen Juden Zentrum des Suqs ist eine aus Griinden der Hygiene von wider. Sie verlieften ihr Land aus Griinden der wirt der britischen Mandatsverwaltung geplante An schaftlichen und politischen Verfolgung, ihreVorstel lage einesMetzger-Suqs, dem sich einHiihner-Suq und lungen von Palastina lagen meist auf einer religios eine Huhnerschlachterei anschliefien. In einer vorge messianischen Ebene. Die Einwanderung bedeutete fiir lagerten Gasse werden Obst und Gemuse angeboten. sie anfangs keinen Bruch mit der sozialen Struktur Damit ist die fiir jeden Lokalsuq wichtige Angebots des Heimatlandes. Man war gewillt, in der gleichen struktur an Grundnahrungsmitteln (?Viktualien") ge traditionellen Lebensform der Groftfamilie zu ver geben (vgl. Abb. 4). Paradox erscheint dagegen im er harren. Viele orientalische Juden glaubten dariiber sten Moment das Vorhandensein eines alten Gold hinaus ohne Berufswechsel in den bereits imHeimat Suqs, der zwar nicht mehr taglich offnet, aber an be land ausgeiibten Stellungen als Kleinhandwerker, stimmtenWochentagen einfachen Schmuck und Uhren Kleinhandler, ambulanter Handler, ungelernter Ge an das Publikum verkauft. Doch zeigt sich gerade in legenheitsarbeiter, Geldwechsler oder Grofthandler dieser Suqstruktur die Verhaltensweise auch der ein verbleiben zu konnen (vgl. S. N. Eisenstadt 1950, fachen, aus orientalischen Landern stammenden Bevol S. 201). kerung, nach Sattigung des einfachenGrundbedarfs das Dieses Festhalten an einer speziflsch orientalischen verbliebene Kapital in Gold und Schmuck anzulegen. Berufs- und Sozialstruktur manifestiert sich auch im Heute ist hier insofern ein kleinerWandel eingetreten, Aufbau des Hatikva-Quartiers. Am deutlichsten wird als viele Goldhandler ihrenHauptbetrieb in das Ge das Phanomen imBereich des fiir orientalische Lebens schaftszentrum oder das Touristenviertel Tel Avivs nur form zentralen Raumes, des Suqs, der ja nicht verlegten und ihre kaufkraftschwacheren Landsleute wirtschaftlicher Mittelpunkt einer Stadt bzw. eines nur gelegentlich bedienen. Stadtviertels ist, sondern auch deren gesellschaftliche Der starke Bevolkerungsanstieg im Hatikva-Quar Plattform. Gerade imHatikva-Quartier ergeben sich tier fiihrte auch zu einer Ausdehnung des Obst- und von dabei sehr interessante Uberlappungserscheinungen Gemiise-Suqs in Form ambulanten Standen und von zwischen Elementen eines orientalischen Suqs und zu einer Ausweitung gemischten Geschaftsstruk Strukturen einer westlich-europaischen Geschaftsstrafie. turen in die unmittelbar angrenzenden Wohngebiete,

h -d e r i Gold-Suq a h a g a n a ??????? r-x?-?-?-?-?;?7?rs\ fsssssa gold and jewels * r . r. v. / .\ \^ A I IObst und Gemiise .V/ /\ \' ' /.'.'.'.'.'.'.'.'. \ a I I fruits and vegetables _/Cy /qS \* '' .' ! ''.'' / Metzger (.'./'/, . A% * W' ''\ VZZ\^7/A butchers' ibgJ J.' y \ x\ \ shops ' . ^^^^\ \-'\ ^^Huhner-Suq / x\ \ xV ] ^^1 chicken-selling 7*^""""^-^^^^ y^y /GyC ' * Huhner-Schlachterei \ \ * ^ &v&^y'W PS^I Sonsti9eLebensmittel -<^v.'.''MbS^^^^? .' -* P^" r------jother foodstuffs f^g^ftyyffiffT) /^^^^L-lLAx \ " ' ^^^^ \ [MTextil * ' r .\x \ GemischteGeschaftsstruktur " f^^fffnl ' "r*GlP^^i ' I * \ P H m'xed ssBoBi r~~~*~^?il I LS^-L^-*^ shops

R e Vt^L h 'o v Schule ? ?"^T^^ SCh0?'rc~l PT^V jg^ 0 20 40 60 80 100m yX~?r>^yrLJ/ /' ^~-^3lZj^rf~7| Entw.:H.Ruppert 1972

>4?&. 4; Hatikva Suq Helmut Ruppert: Tel Aviv-Yafo 41

wobei die im allgemeinen scharfeGrenze zwischen Suq der im Jahre 1948 einsetzenden Masseneinwanderung, er zur und Wohngebiet nicht mehr gegeben ist. Dagegen der Nutzung alien vorhandenen Wohnraums weist sich die Konzentration von Garkiichen an den zwang. Suqeingangen als typisch orientalisches Element, das Obwohl der israelische Staat die von Arabern ver sich hier bemerkenswerterweise wiederfindet. lassenen Hauser und den zunickgelassenen Grundbe er es Nach westlichem Vorbild haben sich,wie in anderen sitz in treuhanderische Verwaltung nahm, konnte orientalischen Stadten auch feststellbar, nachfolgend nicht verhindern, dafi es zu einer vollig ungeplanten von entlang Durchgangsstrafien Geschafte unterschied und wilden Besetzung verlassener Wohnungen durch licherBranchenzugehorigkeit angesiedelt, die heute als bulgarische und orientalische Juden kam. Die Stadt wer moderne Erganzung des Suqangebotes angesehen Tel Aviv hatte auch, nachdem innerhalb ihresGebie mussen. zur tes zur den Ausgangspunkt dieser Entwicklung noch geniigend Freiflachen Bebauung offenstan waren an Geschaftsstrafie mehrere Handwerksbetriebe, den, kein Interesse der Umgestaltung der altgenutz die man in Restbestanden noch heute findet. Die Aus tenWohnbezirke. So ist es geradezu typisch, dafi die weitung des Angebots und die Strukturierung der Ge alten arabischen dorflichen Kerne schaftsstrafiesind unter dem Gesichtspunkt einer all innerhalb des heutigen Stadtgebietes von Tel Aviv = mahlichen soziookonomischen Integration und einer (z. B. Summeil, Sheikh Muwannis, Salame [ Kfar Veranderung der Bediirfnisskala orientalischer Juden Shalem] etc.) physiognomisch klar zu erkennen sind. zu Das von sehen. Hatikva-Quartier gilt heute auf Grund Durch Errichtung Notunterkunften anstelle zer un storter seiner dichten und relativ alten Bebauung, seiner arabischer Hauser wurde der Bauzustand noch zureichenden sanitaren Einrichtungen und der unter verschlechtert. entwickelten finanziellen Basis und beruflichen Stellung In der ethnisch-sozialen Stellung ihrer Bewohner seiner Bewohner als ein Slumgebiet Tel Aviv-Yafos. fallen diese Gebiete gegeniiber der unmittelbaren Um Dennoch ist dieses Gebiet im Gegensatz zu anderen gebung stark ab. Selbst der eine grofie Flache einneh Raumen gleicher kategorialer Einstufung von einigen mende nordliche Vorort Jaffas,Manshiye, ist in sei giinstigen soziologischen Daten gekennzeichnet, die das nem baulich desolaten Zustand im Stadium eines Slum Gebiet ethnisch-sozial homogen strukturieren. Die enge gebietes belassen worden, obwohl hier einst grofie zur Plane Bindung Nachbarschaft wird dadurch unterstrichen, einer Sanierung bestanden (vgl. H. Ruppert dafi 65% der Bewohner erklaren, ihreFreunde wohnen 1972). im Einen gleichen Quartier (D. Soen 1968). Die Verwandt grundlegenden funktionalen Wandlungspro sind sehr zefi unter schaftsbeziehungen weit; mehr als die Halfte Beibehaltung der aufieren Erscheinungsfor aller Bewohner haben einen Grofiteil der Verwandt men hat eigentlich nur das urspriinglich von deutschen schaft im gleichen Quartier. Schliefilich bezeugt auch Templern gegriindete S a r o n a erlebt.Nachdem die noch die langeWohndauer, dafi man sich sozial einge Bevolkerung wahrend des 2.Weltkrieges umgesiedelt ordnet fiihltund guten Kontakt zur Nachbarschaft be wurde, nutzten die israelischen Behorden und Mini sitzt. sterien das weite Gelande einschliefilichder ziegelge Ursache dieser positiven Faktoren ist die ethnisch deckten Landhauser. Sarona bildet noch heute den einheitliche Struktur der Bewohner, die durch die Standort der in Tel Aviv stationierten israelischen starkeKonzentration der orientalischen Juden gegeben Ministerien und Verwaltungsbehorden und wurde ist: 93% der imQuartier wohnenden Juden sind aus zum Kern der Hakirya (Raum mit Konzentration der orientalischen Landern eingewandert bzw. Abkomm staatlichen Verwaltung). dieser Einwanderer. Ihr Anteil an Einer linge der Bewohner genaueren Betrachtung soil Jaffa unterzo schaft hat sich auch noch nach 1961, als die orientali gen werden, da hier die orientalischen Elemente im schen erst Juden 89% der Bevolkerung ausmachten, Aufbau der Stadt bis 1948 noch am starksten gegeben durch von Verwandten und waren und am Zuwanderung Bekannten Wandlungsprozesse eindeutigsten auf bei werden gleichzeitiger Abwanderung der inMinderheit be gezeigt konnen. Als Ansatzpunkt miissen da findlichen bulgarischen und rumanischen Juden er bei die Besitzverhaltnisse untersucht werden, da sie hoht. bereits eine Differenzierung in diejenigen Immobilien zulassen, die in arabischem Besitz blieben, und in die jenigen, die mit der treuhanderischenUbernahme des 2. Die Konfrontation landsmann jiidischen Staates einen abrupten Bruch der Verfii schaftlichen Verhaltens mit gungsgewalt erlebten. Ihren Grundbesitz konnten be konsistenten Strukturen sonders die institutionellen Besitzer, z. B. die Kirchen, wahren, die noch heute ihreGebaude in traditionell Nach der Flucht der meisten Araber in den Jahren orientalischer Weise vermieten. Dabei ist jedoch als 1947/48 blieben viele Gebaude, ja ganze Quartiere ein wichtiges Kennzeichen der Vermietung durch alle nur Jaffas bevolkerungsleer, obwohl ein geringer Teil Besitzer gegeben, dafi der staatlich verordnete Miet der Bauten durch die Kampfhandlungen zerstort war. preis nur gewisse Hochstwerte zulafit, die aber kaum stand der zur Demgegeniiber grofie Bevolkerungsdruck Instandhaltung der Gebaude ausreichen. Dadurch Erdkunde42 Band 28/1974

ist von vornherein ein Trend zur restlosen Abschop lisch-levantinischen Stadt, so sank er nach der Flucht zu fung der Mietpreise bei nur sehr geringer Investition der Araber einem lokalen Einkaufsgebiet innerhalb in die Gebaude zu beobachten. Die Verwahrlosung der Grofistadt Tel Aviv-Yafo ab, das eindeutig im sowohl der wohnlich als auch der gewerblich genutzten Schatten der City von Tel Aviv stand. Die neu als Hauser ist somit eine generelle Erscheinung, die mit Suqhandler auftretenden osteuropaischen Juden mufi der spezifischen Situation Jaffas nur sehr bedingt zu ten versuchen, sich diesen funktionalen Veranderungen Produkte Die sammenhangt. durch das Angebot spezieller anzupassen. waren Die arabischeWohnbevolkerung Jaffas hat sichnach verbliebenen arabischen Suqhandler gezwungen, neue 1948 im siidlichen Jaffa neu konzentriert, wogegen nach dem Fortfall ihrer bisherigen Kunden Kun zu die jiidischen Einwanderer erst einmal jedes leerste denschichten gewinnen. hende Haus besetzten. Von vornherein zogen die aus Die strukturellenWandlungen des Suqs vollzogen aus Sie sind orientalischen Landern sowie Bulgarien und Ru sich analog der funktionalen Veranderung. von ver einerseits durch eine des manien stammenden Juden in die Arabern gekennzeichnet Abwertung lassenen Hauser ein, die nicht seiten ihren in der Suqs, soweit er noch in arabischen Handen ist, und andererseits durch eine seitens der neuen Handler Diaspora gekannten Wohnformen entsprachen. Ty H. Ruppert pisch fiir die Bevolkerungsstruktur Jaffas ist heute der schicht geanderten Angebotsstruktur (vgl. relativ hohe Anteil der seit 1948 nach Israel einge 1972). dem der wanderten Juden (vgl. Abb. 2), wobei es bis 1961 Der alte Gold-Suq, entsprechend Prinzip zu orientalischen Stadt in unmittelbarer Moscheenahe (letzte veroffentlichteDaten der Volkszahlung) ei ge im west hat seine radikal ner bevolkerungsmafiigen Sortierung kam: legen, Angebotsstruktur umgestellt; Hand lichen Jaffa dominieren eindeutig die orientalischen Schuh- und Lederverarbeitung durch arabische an seiner Stelle zu finden.Die Juden mit 59% Bevolkerungsanteil (ohne zentrales werker sind heute jiin und in der erfuhren Jaffa), wogegen sie in den ostlichen Teilen bei starkem geren Regel geraumigeren Suqteile nur eine als Hand Obergewicht der bulgarischen Juden einen Anteil Nutzung Handwerksquartiere jiidischer stark von 27% ausmachen. werker osteuropaischer Abstammung. Besonders im der E. Cohen (1964, S. 123/124) stellt fur Jaffa wie ausgebreitet hat sich Suqkomplex griechisch das in Verbin auch fiir andere Slumgebiete im siidlichen Tel Aviv orthodoxen Kirche das Schuhgewerbe, Be Zulieferbetrieben einen deutlichen Trend zur ?Orientalisierung der dung mit zahlreichen (Lederverar Produktion von Schuh volkerung" fest, indem er darauf hinweist, dafi die beitung, Kartonageherstellung, Elementen des orientali Abwanderung der bulgarischen und rumanischen Ju leisten) durchaus formalen Produktion den starker ist, wogegen die aus orientalischen Landern schen Suqs entspricht. Allerdings erfolgt zuwan und Verkauf nicht an einer wir haben vielmehr stammenden Juden in diese Raume bevorzugt Statte; dern. Handwerker vor uns, die ihreProduktion an die Grofi Raum handler weiterverkaufen. Zum des Hand Eindeutig festzuhalten bleibt, dafi Jaffa einen Eindringen hoher Wohnortmobilitat bildet und damit fiir weite werks nach Jaffa hat sicher auch beigetragen, dafi sich des siidlichenTel Aviv ohnedies Teile derWohnbevolkerung nur eine Zwischenstation der Handwerksgiirtel bis in die Nahe des von so dafi darstellt (vgl. Abb. 3). Auffallend ist auch die hohe Suqs Jaffa erstreckte, Handwerker die Wohnortmobilitat innerhalb des Quartiers, die auf die die sich ansiedelnden osteuropaischen etwas als willkommene stetige Hektik nach der Suche eines besseren Suqstruktur Erganzungsmoglichkeit Wohnraumes hinweist. Die unterdurchschnittliche Rate betrachteten. Wird einerseits der friihere in fast traditioneller des Wanderungsanteils innerhalb des stadtischen Ge Suq durch eine neue Handwerkerschicht bietes lafit auf das geringe Eingliederungsmafi der Art und Weise so es dafi Wohnbevolkerung Jaffas schliefien.Hingegen deuten genutzt, ist andererseits interessant, bulga bei der eines die hohen Zu- und Abwanderungsquoten Jaffas zu rische und rumanische Juden Neuanlage bewufit Formelemente des orientali den Siedlungen aufierhalb Tel Aviv-Yafos auf wich ?Flohmarktes" schen iibernehmen. Der ist eine tige Verbindungsfunktionen hin. Sie sind einerseits Suqs ,,Flohmarkt" mit die durch die Abwanderung der Bevolkerung in die So planmafiige, rechteckigeAnlage Langsgassen, durch Blechrollos abschliefibar sind.Wir treffenkeine zialwohnungen der siidlichen Vororte gegeben, ande be an, sondern nur Handwerk und Verkauf. rerseits iibt Jaffa eine Anziehungskraft auf die Wohnungen - und ent Im Unterschied zum haben wir aber keine Bran reits friiher nach Israel eingewanderten Suq - in anderen Lan auch ist der Kundenkreis von armsten sprechend dem planerischen Konzept chensortierung, aus. Sozialschichten bis hin zu den Touristen sehr hetero desregionen angesiedelten orientalischen Juden Besonders das immer starkere Auftreten von Tou Durch die vollige Umstrukturierung der Bevolke gen. risten fiihrt sowohl im rung, verbunden mit der hohen Mobilitatsrate Jaffas, Angebot (Kupfergerate, als auch in der Ge wurde die friihere funktionale Zuordnung der Wohn Schmuckgegenstande, Teppiche) War der des ?Flohmarktes" (einheitliche Uber gebiete zum zentralen Suqbereich gestort. Suq samtgestaltung Ge zu einer an die Formelemente Jaffas einschliefilich der angrenzenden jiingeren dachung) Anlehnung schaftsstrafien noch 1947 das Zentrum einer orienta des Suqs. 43 Helmut Ruppert: Tel Aviv-Yafo

Die Bedeutung der Touristen, in Sonderheit die sucht bewufit, iiber die Anlage von sogenannten Nach mit einer ethnisch Zwitterstellung der amerikanischen Juden als ?Tou barschaften einheitlicheWohnviertel zu errichten. rists and Residents", fiir die Entwicklung eines moder gemischten Bevolkerungsstruktur nen Fremdenverkehrsviertels und der nordlichen Ein noch bedeutenderer Integrationsfaktor sind die zur Wohnausbauten Tel Avivs ist bekannt. Diese in der staatlichen und organisatorischen Mafinahmen wirtschaftlichen Entwicklung Israels und Tel Aviv Arbeitsplatzbeschaffung, zur Berufsausbildung und an Yafos immer mehr Bedeutung gewinnende lands zum Erlernen der einheitlichen hebraischen Sprache. mannschaftliche Gruppe will aber in Tel Aviv-Yafo Sie tragen dazu bei, dafi mit der sozialen Sicherheit nicht nur die jiidische Stadt sehen, sondern bereits des Individuums die Bedeutung der landsmannschaft aus etwas vom ?Hauch des Orients" erleben. Die ?aufiere lichenBindung sinkt. Besonders bei Einwanderern Hiille" des 1948 stark zerstorten zentralen Kerns Jaf orientalischen Landern wird dabei deutlich, dafi der fas mit den engen Gassen in reliefreichemGelande, Staat die Funktion der traditionellen Sozialgruppe der den Gewolben der Grofihandelslager und den grofien Grofifamilie ubernimmt. Wohnhallen bot den idealen Rahmen fiir sich am Tou S. N. Eisenstadt (1970) betont, dafi den meisten rismus und an wohlhabenden einheimischen Juden Einwanderern nach recht instabiler Situation in ihren orientierende Spezialitatenlokale, Kiinstlerateliers und Herkunftslandern die soziale und politische Sicherheit Ausstellungsraume. Gerade das zentrale Jaffa wird wichtiger erscheinen als ein ?sozialer Auf stieg". damit zu einem guten Beispiel dafiir, dafi iiber ein Die staatlichenMafinahmen sollen vor alien Dingen erst zu bestimmtes Raummuster hinaus die allgemeinen dabei helfen, den Schock der Einwanderung iiber neu man Verhaltensdispositionen einer auftretenden Sozial winden, der fast immer dazu fiihrt,dafi mit sei neu um gruppe einen alten Funktionalraum vollig orien nen Landsleuten lebt, eine erste psychologische Si tieren. cherheit zu haben. Fiir die jungen Leute ist der Dienst in der Armee in aller Regel der entscheidendeWende punkt in der Identifikationsbereitschaft zur israeli ///.Die Krafte der Auflockerung landsmann schenGesellschaft und damit auch zur Loslosung von scbaftlicherBindungen landsmannschaftlichen Bindungen. Das kann sich sogar aus soweit steigern, dafi viele junge Einwanderer Die differenzierten Verhaltensweisen der einge orientalischen Landern angesichts ihrer geringen Schul wanderten Juden haben in entscheidender Weise dazu und Berufsausbildung und des niedrigen Einkommens beigetragen, dafi wir inTel Aviv-Yafo viele Elemente gegen die herrschende Sozialstruktur opponieren. einer landsmannschaftlichen Segregation erkennen. Die Die zunehmende soziale Differenzierung aller jiidi durch eine bestimmte Lebensform im Bereich des scher Einwanderer nach Berufsstellung und Einkommen Wohnens, des Wirtschaftens und der kulturellen Be lafit allmahlich die Diaspora- und Ghettosituation tatigung hervorgerufenen Raummuster stellen jedoch vergessen. Der Staat ist nach den anfanglichen Mifier von keinen festgefiigten, unveranderlichen Raumkomplex folgen der gemischten Ansiedlung Bevolkerung dar; vielmehr verandern soziale und wirtschaftliche verschiedener landsmannschaftlicherZugehorigkeit be Krafte laufend die Lebensgewohnheiten der ansassigen strebt,Personen und Familien ahnlicher Berufsstellung Bevolkerung und damit auch die von ihnen bewirkten inNachbarschaft anzusiedeln, um auf diese Weise eine zu Raummuster. landsmannschaftliche Mischung bewirken. Da je Die Faktoren der Segregation einerseits, die haufig doch die Startposition zur Erlernung und Ausiibung durch die spezifische soziale, okonomische und kultu von bestimmten Berufen fiir die Einwanderer aus ver relle Situation der Juden in den verschiedenen Lan schiedenen Kulturlandern auf Grund der stark dif dern der Diaspora begriindet sind, und die Faktoren ferenzierten schulischenBildung und familiaren Tra einer Anpassung an die israelische Gesellschaftssitua dition sehr unterschiedlich ist, kann der Trend der tion andererseits sind Begrenzungspunkte eines Kraft landsmannschaftlichen Segregation auch durch diese feldes, das auf die Lebensgewohnheiten der Bevolke Mafinahme nicht vollig unterbunden werden7). rung einwirkt. Eine entscheidende Bedeutung kommt Auch die gemeinsame jiidische Religion kann nur dabei den staatlichen Mafinahmen zu, die gleichsam als zur Hebel einer starkeren Tendenz Auflockerung 7) D. Soen 1971 (S. 219) zitiert eine Enquete des Israeli landsmannschaftlicher Bindungen gelten miissen. Der schen Statistischen Zentralamtes, wonach 1963/64 folgende durchschnittliche Monatseinkommen erzielt wurden: jiidische Staat ist sehr daran interessiert, aus den hete Bis 1947 und amerikanische rogenen Gruppen zahlreicher jiidischer Landsmann eingewanderte europaische Ju schaften eine israelischeGesellschaft zu Schmieden.Da den: 775 I.L. Seit 1948 und amerikanische her versucht er bereits bei der die Neu eingewanderte europaische Ju Einwanderung, den: 600 I. L. ankommlinge in die israelischeGesellschaft einzuglie Bis 1948 eingewanderte asiatische und afrikanische Juden: dern. Dabei sollen das Angebot an offentlich finan 532 I. L. zierten und der zur Wohnungen Verfiigung gestellte Seit 1948 eingewanderte asiatische und afrikanische Juden: Wohnraum eine Hilfsaktion iibernehmen. Man ver 468 I. L. Erdkunde44 Band 28/1974

Abb. 5: Ballungsraum Tel Aviv-Yafo Tel Aviv-Yafo Conurbation

bedingt als ein einigendes Band angesehen werden. (z. B. Rechtsanwalte, Arzte und Apotheker) mit Juden Nicht nur die Unterscheidung in aschkenazhische und mitteleuropaischer Abstammung wird heute akzep von sephardische Juden, sondern auch eine Vielzahl tiert, d. h. auch die Juden anderer landsmannschaftli religiosen Riten, die von einer liberalen Haltung bis cher Gruppen nehmen diese Dienstleistungen voll in hin zu einer strengorthodoxen Linie reichen, fiihrenzu Anspruch, ohne Anstofi an der einseitigen ethnischen zu zentra einer Kleingruppierung, die sich nicht nur im religios Zusammensetzung der Berufe nehmen. Die sozialen Leben, sondern auch teilweise im getrennten len offentlichen und die gehobenen privaten Dienst Wohnen widerspiegelt. Die oft enge Verzahnung von leistungen haben viel zur Integration aller jiidischer landsmannschaftlicher Zugehorigkeit und beruflicher Biirger Tel Aviv-Yafos beigetragen; beide Funktionen Ausbildung beeinflufit auch den Angleichungsprozefi dokumentieren damit ihre zentrale Rolle fiir einen auf wirtschaftlich-kommerzieller Ebene. Die starke allgemeinen Angleichungsprozefi in Richtung einer Durchsetzung der gehobenen Dienstleistungsberufe modern-westlichen Stadtstruktur. Helmut Ruppert: Tel Aviv-Yafo 45

armerer IV. Zusammenfassung und Ergebnisse: bulgarischen und rumanischen Juden Sozial Landsmannschaftliche Elemente in der schichten besiedelten Siidteil und einem uberwiegend funktionalen Gliederung der Stadt von mitteleuropaischen und nordamerikanischen Juden hoherer Sozialschichten bewohnten Nordteil (vgl. Die funktionale Gliederung des heutigen Tel Aviv Abb. 2 und Beil. I). Yafo entspricht mit den Geschafts-, Verwaltungs-, In Die Nutzung der von den Arabern 1948 verlassenen dustrie- und sozial differenzierten Wohnvierteln weit alten Wohnquartiere durch jiidische Neueinwanderer aus aus gehend derjenigen westlich-europaischer Grofistadte. orientalischen Landern sowie Bulgarien und - Dennoch verbergen sich dahinter traditionelle lands Rumanien eine Folge der gewohnten Lebensform zur mannschaftliche Strukturen, die spezifischen Aus und der finanziellen Moglichkeiten dieser Einwande - formung der Funktionsraume fiihrten. Die modernen rergruppen verstarkt die sozial schlechteStellung des Krafte der Auflockerung landsmannschaftlicher Bin Siidens. dungen konnten dabei die durch die Verhaltensweise Diese charakteristische Siid-Nord-Abfolge der sozi nur an unter heterogener Einwanderer bedingten Formelemente alen Wertigkeit wird wenigen Stellen nicht vollig beseitigen. brochen; einerseits ist das bedingt durch die staatliche zur Fiir die Wohnviertel Tel Aviv-Yafos ist der Planung sogenannter Nachbarschaften, die auf von ent charakteristische Anstieg der sozialen Wertigkeit Verfugung stehendem offentlichem Grundbesitz Sud nach Nord auffallend. Er ist das Ergebnis eines standen und in denen man die Bevolkerung ethnisch in Wellen anbrandenden Einwandererstromes ver zu mischen versuchte; andererseits werden alte arabi wo schiedener landsmannschaftlicher Zugehorigkeit, sche Dorfkerne, deren Bewohner 1948 flohen, von bei sich die jeweils jiingeren Einwanderungswellen aus orientalischen Einwanderern bewohnt. Mit den Nach sozial und vermogensmafiig hoherstehenden Schichten barschaften Kiryat Shalom und (vgl. zusammensetzten. Modifiziert wird dieses Phanomen Beil. I) liegen beispielsweise Wohnviertel von relativ - dadurch, dafi speziell bei derMassenimmigration der gehobenem Status im Siiden und relativ niedrigem Sta - ersten Jahre nach der Staatsgriindung Israels die tus imNorden. Die imNordteil befindlichen alten ara Neueinwanderer bevorzugt in die Nahe ihrer bereits bischen Dorfkerne wie Summeil an der Ibn Gvirol in Tel Aviv-Yafo wohnenden Landsleute zogen. Da oder Givat Amal und Sheikh Muwannis sind heute es mit kam letztlich sogar zu einer Verstarkung des noch isolierte Fremdkorper des sozial hochstehenden von Gegensatzes zwischen einem orientalischen sowie Nordens.

Tabelle: Ausgewahlte Wohnquartiere von Tel Aviv-Yafo

Quartiere 1 2 3456789

Bevolkerung 1969 (in ?/o der Gesamtbevolkerung) 10,1 20,0 11,2 2,9 7,2 10,6 10,1 7,0 2,0

Sozialhilfe 1969 (in ?/o der in Tel Aviv-Yafo ausgezahlten Summe)7,9 5,9 1,5 8,5 5,0 19,8 11,7 14,9 8,2

In Europa/Amerika geborene Juden (in ?/o der Quartier-Be volkerung 1971) 36,6 56,3 44,4 22,1 57,0 28,2 41,8 2,9 8,9

In Asien/Afrika geborene Juden (in ?/o der Quartier-Bevolke rung 1971) 19,8 7,2 7,4 29,3 15,1 32,5 19,3 42,5 37,8 Geburtenrate 1970 (in ?/o) 24,0 8,8 16,5 10,1 8,7 20,2 11,9 23,1 28,7 Wohnraum/Person 1971 (inm2/Person) 22,7 25,9 27,1 11,1 22,7 14,2 18,8 10,8 13,6 an zum Beteiligung der Wahl 11. Stadtparlament am 28. Ok tober 1969 (in ?/oder Wahlberechtigten) 77,1 77,1 81,6 66,8 73,8 68,6 73,2 72,2 72,5

Quelle: Berechnungen aus Tel Aviv-Yafo Yearbook 1970 und 1971.

Quartiere: 1 Quartier nordlich des Yarkon-Flusses 2 ?Alter Norden" (meist errichtet bis 1948) 3 ?Neuer Norden" (meist errichtet nach 1948) 4 Manshiye 5 um Zentrale Teile Rehov Allenby 6 Yafo um 7 Kern altes Ahuzat Bayit 8Hatikva-Quartier 9 Erdkunde46 Band 28/1974

von wer Am Beispiel ausgewahlten Stadtquartieren d) Die Ben Yehuda ist die Verlangerung der Rehov - den in der vorstehenden Tabelle einige Indikatoren des Allenby nach Norden; siewandel te sich vor allem Siid-Nord-Anstieges aufgezeigt. Dabei fallt auf, dafi bedingt durch den Einflufi der nordamerikanisch - die von orientalischen Juden bewohnten Quartiere jiidischenTouristen von einemNebenzentrum fiir eine relativ hohe Geburtenrate besitzen, iiberdurch die hier wohnenden mitteleuropaischen Juden zu schnittlich viele Sozialhilfeempfanger beherbergen, einer Geschaftsstrafiemit iiberwiegenderAngebots einen relativ kleinen Wohnraum pro Person aufweisen struktur fiir Touristen. und sichals Zeichen einer nicht vollzogenen Integration e) Sehr entwickelt sich heute der Dizen unterdurchschnittlich an Wahlen Eine be dynamisch beteiligen. Boulevard. aus einer merkenswerte Ausnahme bildet das nordlich goff Hervorgegangen geho Quartier benen Wohn- und Geschaftsstrafie der spaten 30er des Yarkon-Flusses mit seinen vielen, sozial differen Jahre, wandelte er sich mit dem veranderten Le zierten Nachbarschaften und den hier wohnenden re bensstil der 60er Jahre zu einem modernen Frei lativ Familien. jungen zeitzentrum mit Strafiencafes, Restaurationsbetrie Die zentralen Geschaftsviertel Tel ben und Einzelhandelsgeschaften gehobener Ange Aviv-Yafos miissen unter dem der An Gesichtspunkt botsstruktur und gleicht in vielen Punkten den an immer neue und de passung Einwanderergruppen Prachtstrafien mediterraner Stadte. ren Verhaltensformen und wirtschaftliche Bediirfnisse Die Ibn Gvirol als Geschaftsstrafie ist heute gesehen werden. Dadurch ergibt sich, entsprechend der f) jiingste noch beherrscht von fiir erfolgtenAngliederung von Wohnvierteln imNorden, Einzelhandelsgeschaften neuer das sozial Publikum der benachbarten auch eine starke lineare Aufreihung Geschafts gehobene Wohnviertel. Die Nachbarschaft zum Rathaus strafien von Siid nach Nord (vgl. Beil. I). Vom Ge enge schaftszentrumYafos bis hin zur Ibn Gvirol bieten von Tel Aviv-Yafo und zu vielen Landsmann schaftshausern sowie zur dem Verwal sie eine Abfolge typischerEntwicklungsreihen: Hakirya, tungsviertel, lafit mehr und mehr gehobene Dienst leistungen ansiedeln. a) Das Geschaftszentrum Yafos, urspriinglich als Suq einschliefilich benachbarter jiingerer Geschaftsstra Die durch die Landsmannschaften und ihre unter fien in Funktion, war bis 1948 das wirtschaftliche schiedlichen auf Zentrum fiir die in Jaffa lebenden Araber. Durch Anspriiche initiierten,perlschnurartig Geschaftsstrafien behindern heute die mo die Flucht der Araber und die Ansiedlung orienta gereihten derne und Konzentration des CBD einer lischer und bulgarischer Juden hat das Viertel an Verdichtung wirtschaftlich aktiven Grofistadt. Die Zentralitat verloren, wurde teilweise zu einem festgefahrenen Kern besitzt eine Funk Strukturformen und der Mangel eines zentralen Handwerkerviertel degradiert, - tion als lokales Nebenzentrum fiir die benachbarte raumes gehobener Dienstleistungen auch die Rehov mit dem Bankenviertel um die Sderot Roth Wohnbevolkerung und erfuhr in geringen Teilen Allenby schild kann nur als solcher - fiihren eine Sonderfunktion der Touristenversorgung. bedingt gelten ebenso wie ein immer starker werdendes Bezugssy Die Rehov Herzl, der 20er zu einer b) Hauptgeschaftsstrafie stem zum Verwaltungsapparat des Staates mufite diese Bedeutung abgeben, als sich von Jahre, Konzentration gehobenen Dienstleistungsinstitu der starke Einflufi der und russischen polnischen tionen, Import- und Exportfirmen, Wirtschaftsagen auf die Tel Avivs ver Immigranten Entwicklung turen und Versicherungen siidwestlich der Hakirya in Sie verandert sich entsprechend der be ringerte. unmittelbarer Nahe des Gemiisegrofimarktes. ruflichen der Bewohner dieses Viertels zu - Stellung Der H a n d w e r k s und Industriegiirtel von einer Strafie mit einer Konzentration Grofi im sudlichen Tel Aviv-Yafo ist in seinem zentralen handel und Agenturen zahlreicher Kleinbetriebe, Kern vom Standort der friihen Handwerksbetriebe wahrend sich in den Nachbarstrafien Handwerker osteuropaischer Juden abzuleiten. Noch heute ist die bleibt er befinden. Die zusatzliche Wohnfunktion Kleinindustrie ein beherrschendes Traditionselement: halten. 1965 arbeiteten in Tel Aviv-Yafo 43?/o der Industrie in Betrieben bis zu 9 diese c) Die Rehov Allenby iibernahm die Funktion der beschaftigten Beschaftigten; der Gesamtzahl aller In Hauptgeschaftsstrafie in den 30er Jahren. Der Ein Kleinbetriebe machten 88% aus. flufider mitteleuropaischen Juden liefi hier sowohl dustriebetriebe Tel Aviv-Yafos eine Konzentration des Einzelhandels als auch im Die der Kleinindustrie Ausdehnungsmoglichkeit - Raume der Sderot Rothschild eine Bankenkonzen und des Handwerks bis hin zum Suq von Yafo auch tradition entstehen. Der Raum um die Rehov Alien hier treffenwir uberwiegend osteuropaische Juden als Aviv - verstarkt nach 1948 die Intensi by hat bis heute seine Stellung als CBD Tel Gewerbetreibende tat Mit einem hohen Anteil von Betrie Yafos gehalten, wenn auch einige der gehobenen des Giirtels. nur vertreten und Textil- und Schuh- und Dienstleistungen teilweise sind, ben der Bekleidungsbranche, der Einzelhandel seitenmehr als ein mittelmafiiges Lederwarenbranche, sowie Kleinmetall- und Holzver sind besonders Angebotsniveau erreicht. arbeitung diejenigen Industriezweige 47 Helmut Ruppert: Tel Aviv-Yafo

of Political and Social 1956, Vol. stark vertreten, die von der judischen Handwerker Sciences, Philadelphia 145-156. schicht bereits in ihren Heimatlandern aus 305, S. bevorzugt - : Israeli Society, London 1967. geiibt wurden. -, R. Bar C. Adler: and Auch die alten Strukturformen des Yosef, Integration Development Handwerksgiir in Israel. 1970. tels sind heute einHindernis fiir eine weitere Entwick Jerusalem Gonen, A.: Decentralisation of Manufacturing within a lung an Ort und Stelle. Schlechte Verkehrsbedienung, Metropolitan Core. In: Jerusalem Studies in Geogra mangelnde Parkplatze, unzureichende Lademoglich 2. 1971, S. 37-54. zu phie keiten und kleine Werkstatten sind Folgeerscheinun Har-Paz, H.: des immigrants dans la ville de gen der an engen Strafien liegenden Hauser der 20er L'integration Tel Aviv-Yafo. In: Population 22. 1967, S. 692-708. Jahre. So wurde der ehemals zentrale Innovationskern Isaac, F.: A urban core. Ideology and eco einer Industrialisierung allmahlich zu einem Riickzugs deteriorating voor nomics in the landscape of Tel Aviv. In: Tijdschrift raum fiir kapitalschwache Kleinunternehmen, die iiber Economische en Sociale Geografie 52. 1961, S. 113-119. dies durch ihr spezialisiertesHandwerksprogramm auf Isaac, Cultural and economic of Jewish mi unmittelbaren Kundenkontakt angewiesen sind. Be J.: problems triebe mit hoherem Bedarf an Flache und Arbeits gration in the Post-War World. In: The Jewish Journal of 1. 1959, S. 234-241. kraften wandern in den Bezirk Givat Herzl, siedeln Sociology S.: Les classes sociales en Israel. In: Cahiers inter sich entlang des Ayalon-Flusses an oder weichen in die Jonas, 38. 221-230. aus. nationaux de Sociologie 1965, S. Peripherie des Ballungsraumes Sie tragen dazu bei, die starkeVerdichtung und Vergesellschaftung von Koenig, S.: Immigration and Culture Conflict in Israel. In: Handwerk, Kleinindustrie, Grofi- und Kleinhandel Social Forces 31, 1952, S. 146 ff. sowie fiir den zentralen Raum der Wohnen, typisch Lissak, M.: Patterns of change in ideology and class struc zu fruhen Ansiedlung osteuropaischer Juden, entmi ture in Israel. In: Jewish Journal of Sociology 7. 1965, schen. S. 46-62.

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VWohngebiete mitniederem sozialen Bevolkerungsstatus ^ nI* jff^JKSaTjj/ jj^/ GSSSS9 Residentialareas of lowerclass people (z. T.Slum)

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