Journal für Astronomie www.vds-astro.de ISSN 1615-0880

Nr. 73 2/2020 Zeitschrift der Vereinigung der Sternfreunde e.V.

Automatisierte und Remote-Beobachtungen ASTRONOMISCHE VEREINIGUNGEN Innovationsworkshop „Jugendliche in der Astronomie“ GESCHICHTE Alexander von Humboldt und Südamerikas älteste Sternwarte STERNBEDECKUNGEN Beobachtung einer streifenden Sternbedeckung Canon EOS 250D & 2000D modifiziert für die Astrofotografie !

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Annals of the Deep Sky - A Survey of Galactic and Extragalactic Objects astro-shop

Diese englischsprachige Buchreihe ist als mehrbändiges Werk angelegt, das Das seit zwei Jahrzehnten erfolgreiche Konzept die heutige Sicht auf alle Sternbilder des Himmels und die in Ihnen beobacht- hat inzwischen viele Nachahmer gefunden. baren Objekte darstellt. Deshalb achten Sie unbedingt darauf, dass Sie Die Gliederung erfolgt alphabetisch nach Sternbildern. Vergleichbar sind die auf der richtigen astro-shop Seite landen: Bücher mit "Burnham's Celestial Handbook" oder "Taschenatlas der Sternbilder“, eben aktualisiert auf den Wissens- und Technikstand von heute. Den Einstieg liefert das erste Drittel von Band 1, in dem Grundprinzipien vorgestellt werden Band 7 und vor allem die Begri e erklärt werden, die die Bücher im weiteren Verlauf zur erschienen Beschreibung der Objekte verwenden. Begonnen wird mit dem kompletten Sternbild, für dieses gibt es eine Karte, die wichtigsten Daten zur Sichtbarkeit und eine Beschreibung. Danach stellen die Autoren einzelne Beobachtungsob- jekte vor, beginnend mit bemerkenswerten Sternen und Beschreibungen von Deep-Sky-Objekte, aufgeteilt in galaktische und extragalaktische Objekte. Die Darstellungen sind - wenn erforderlich - durch Detailkarten, Fotos, Zeichnungen und Datentabellen ergänzt. Für Doppelsterne erhalten sind grasche Darstellungen der Bahnen, für Veränderliche Sterne Bestellungen mit einem Mindestwert deren Lichtkurven und für Gasnebel oder Galaxien den zu erwartenden Anblick im kleinen Teleskop. von 20 Euro werden innerhalb Deutsch- Nach Meinung der ersten Nutzer „ein längst überfälliges Werk“, welches bei keiner versierten lands an Sie ohne Zusatzkosten geliefert. Beobachtungsvorbereitung fehlen sollte und in diesem Umfang ihresgleichen sucht. Aktuell sind die ersten beiden Bände erschienen, die weiteren erscheinen etwa im etwa sechsmonatigen Zahlung auf Rechnung oder mit PayPal. Intervall. 90 Band 1-7 je 32 www.astro-shop.com

[email protected] • www.astro-shop.com Telefon 040 5114348 • International +49 40 5114348 Vesting • Storchenweg 6 • 21217 Seevetal Editorial

Liebe Sternfreundinnen, liebe Sternfreunde,

, 1992 hat Bruce Springsteen in seinem Song „57 Channels (And Nothin On)“ vortrefflich über die zahlreichen Fernsehsender ohne sinnvolles Programm gelästert. Viel geändert hat sich seitdem nicht, die Anzahl der Sender wächst, die Inhalte werden, freundlich formuliert, eher dürftiger. Zum Glück haben wir Hobbyastronomen als „58. Kanal“ den Sternenhimmel: Glotze aus, Sterne an! Was aber tun, wenn der Himmel bewölkt ist, das Licht des Nachbarn stört oder die eigene Sehkraft nicht mehr so tut, wie sie soll? Dann ist es Zeit für „Remote- Zu unserem Titelbild Astronomie“ – ein Fernrohr irgendwo auf der Welt fernsteuern und sich, leider wieder nur auf dem Bildschirm, über die gewonnenen Aufnahmen freuen. Wie das geht, welche Unser Titelbild zeigt die Remote-Stern- Anbieter es gibt und was man bei der Installation einer ferngesteuerten Sternwarte so alles warte „ROAD“ (Remote Observatory beachten muss, darüber berichten die Beiträge in diesem Schwerpunktthema. Atacama Desert) in San Pedro de Atacama unter dem Sternenhimmel der Atacama-Wüste. Die Sternwarte befindet Das astronomische Jahr hat uns noch keine besonderen Höhepunkte beschert, von der sich auf einem größeren Gelände mit Halbschatten-Mondfinsternis am 10. Januar einmal abgesehen. Dafür war Merkur im mehreren Teleskopgebäuden, die vor Februar wunderbar am Abendhimmel zu beobachten, worüber wir im nächsten Heft mit Ort fachkundig betreut werden. Stern- dem Schwerpunktthema „Merkur und Merkurtransit“ berichten werden. Gleich Anfang freund Josch Hambsch betreibt vor April wird Venus (am Abendhimmel) durch die Plejaden streifen, am Morgenhimmel ist allem Veränderlichenbeobachtungen Mars an Saturn vorbeigezogen. Noch ist der rote Planet klein, doch ab Ende Mai macht es an dieser Sternwarte vom Heimatort in Sinn, ihn zu beobachten. Eine besondere Herausforderung wird die Bedeckung von Venus Belgien aus. Die Umwelt- und Wetterbe- dingungen in San Pedro lassen nahezu durch den Mond am 19. Juni sein – sie findet in den Vormittagsstunden am Taghimmel täglich astronomische Beobachtungen statt. Für eine Überraschung könnte der Komet C/2019 Y4 (Atlas) sorgen: die Fachgruppe zu. Weitere, detailliertere Informationen Kometen berichtet im VdS-Forum (forum.vdsastro.de), dass dessen Bahnelemente jenen zu Technik und Beobachtungsergeb- des großen Kometen C/1844 Y1 ähneln. Mit etwas Glück würden wir so Mitte bis Ende nissen erhalten Sie im Beitrag von Josch Mai einen Fernglaskometen zu sehen bekommen. Die Sache ist spannend, schauen Sie bei Hambsch in diesem Heft. Interesse im Forum unter dem Thema „Entdeckung - C/2019 Y4 (ATLAS): 19,5 mag“ nach.

Ebenfalls spannend, aber viel besser zu planen, werden die anstehenden Tagungen und Messen sein. Die Termine der zahlreichen Veranstaltungen finden Sie unter www.vds- astro.de. Am 9. Mai werden wir mit unserem Stand auf dem ATT in Essen vertreten sein und freuen uns, wenn Sie einmal vorbeischauen.

Zum Schluss noch ein Tipp: viele Artikel im VdS-Journal geben am Ende Internetadressen zu weiterführenden Informationen an. Damit man sie nicht mühsam abtippen muss, kann man sich die PDF-Datei des Heftes aus unserem Archiv herunterladen (unter www.vds- astro.de im Menü unter „Mitglieder > Anmelden Mitgliederbereich“) und daraus die Adresse schnell kopieren (bei kurzen Adressen klappt das oft auch mit einem Klick).

Herzliche Grüße

Ihr Sven Melchert

Journal für Astronomie Nr. 73 | 1 Inhaltsverzeichnis

SCHWERPUNKTTHEMA AMATEURTELESKOPE/ Automatisierte und Remote-Beobachtungen SELBSTBAU 6 Eine All-Sky-Kamera Marke Eigenbau 59

1 EDITORIAL 55 Experiment veranschaulicht Sternefunkeln 56 Polhöhenwiege für Astrotrac TT320x und andere Reise- NACH REDAKTIONSSCHLUSS montierungen 4 Neues aus dem Vorstand 59 Eine All-Sky-Kamera Marke Eigenbau 5 Tagung der VdS in Halle 5 Die Cuno-Hoffmeister-Gedächtnis-Sternwarte sucht ASTROFOTOGRAFIE Hilfe 64 Entdeckungen durch Amateure: die Zwerggalaxie NGC 3344 Dw1 AUTOMATISIERTE UND REMOTE- 68 Kontinuumssubtraktion in der Astrofotografie, Teil 3 BEOBACHTUNGEN 72 Grundlagen der Bildebnung in der Astrofotografie, Teil 1 6 Zum Schwerpunktthema 6 Remote ohne zusätzliches Schlafdefizit ASTRONOMISCHE VEREINIGUNGEN 12 Grundsätzliche Überlegungen zum Steuern 75 Jugendarbeit: Eine Reise rund um den Mond astronomischer Geräte 79 Jugendarbeit: Ein Tag für die Zukunft 14 Remote-Astrofotografie – Fluch oder Segen? 83 50 Jahre Walter-Hohmann-Sternwarte Essen e.V. 20 UrsaMajor Observatory: eine Remote-Sternwarte 86 Das Weltall – Du lebst darin, entdecke es! in Frankreich, Teil 1 24 Astrofotografie mithilfe von Remote-Teleskopie ASTROPHYSIK & ALGORITHMEN 29 SALSA – Beobachtungen mit einem Remote- 89 Entstehung und Morphologie von Meteoriten Radioteleskop 91 Das Mehrkörperproblem in der Astronomie 31 Astrofotografie im Remote-Betrieb – 94 Reguläre Ausdrücke in der Programmierung das „Spanienexperiment“ SCHWERPUNKTTHEMA 36 Wenn einer eine Reise macht … ATMOSPHÄRISCHE ERSCHEINUNGEN 43 Generation Z oder doch digital native? 94 Fichten- und Kiefernpollenkoronen 2018, Teil 2 Ganymed goes remote 49 Remote Observatory Atacama Desert (ROAD) DEEP SKY 98 Visuelle Beobachtung der NGC-5566-Galaxiengruppe FACHGRUPPENBEITRÄGE (Arp 286) AMATEURTELESKOPE/SELBSTBAU 100 Skyguide 2020 – 1 (Frühling) 54 Neues aus der FG Amateurteleskope/Selbstbau

2 | Journal für Astronomie Nr. 73 Inhaltsverzeichnis

DEEP SKY Skyguide 2020 – 1 (Frühling) 100

ASTROFOTOGRAFIE Entdeckungen durch Amateure 64 KLEINE PLANETEN Kleinplanetentagung 2019 in Salzburg 116

GESCHICHTE ZUM NACHDENKEN 103 Neues aus der Fachgruppe Geschichte der Astronomie 126 Seit 60 Jahren gibt es das Fach Astronomie an allen 104 16. Tagung der Fachgruppe Geschichte der Astronomie Schulen in Sachsen-Anhalt in Bamberg 108 Alexander von Humboldt und Südamerikas älteste SERVICE Sternwarte 139 Himmelsvorschau April – Juni 2020 114 Rezension: Charles Messier – Himmelskarten & Zeichnungen aus der Zeit von 1759 bis 1807 VDS-NACHRICHTEN 142 Wir begrüßen neue Mitglieder KLEINE PLANETEN 142 Spenden an die Vereinigung der Sternfreunde e.V. 115 Neues aus der Fachgruppe Kleine Planeten 142 In Memoriam 2019 116 Kleinplanetentagung 2019 in Salzburg 119 Öffentliche Kleinplanetenbeobachtung im Fernglas VORSCHAU 121 Kosmische Begegnungen 143 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen April bis Juni 2020 KOMETEN 123 Auffallende Kometen des dritten Quartals 2019 IMPRESSIONEN 124 Mehr als 30 Jahre Kometenfieber – ein Rückblick 48 Der 90" große bipolare PN WeBo 1 in der Cassiopeia , 99 Die Dunkelwolke LDN 1622 in Barnard s Loop SONNE 128 Die Sonnetagung 2019 in Jena 129 Sonnenaktivität: auf dem Weg zum Minimum, Teil 3

STERNBEDECKUNGEN HINWEISE 130 Die Fachgruppe Sternbedeckungen aktuell 4 Ihr Beitrag im VdS-Journal für Astronomie Beobachtung einer streifenden Sternbedeckung 131 23 Impressum 34 Inserenten VERÄNDERLICHE 134 Zwei unterschiedliche Nova-Aktivitäten 2019 137 Beobachtungskampagne VV Cep ist beendet

Journal für Astronomie Nr. 73 | 3 Nach Redaktionsschluss Neues aus dem Vorstand von Astrid Gallus, Schriftführerin

An dieser Stelle berichtet der Vorstand der ab 01.01.2020, wobei der ermäßigte Bei- Annäherung der vielen unterschiedlichen Vereinigung der Sternfreunde e.V. über sei- trag für Jugendliche und Studenten hier- Fachgruppen-Logos zu entwickeln. Die VdS ne Arbeit der letzten drei Monate. Seit der von nicht berührt wird. Hier bleibt es bei soll sowohl in den Fachgruppen als auch Mitgliederversammlung im Oktober haben der geringen Gebühr von 25 Euro! Das ist nach außen hin einheitlich erkennbar sein. bereits wieder zwei Vorstandssitzungen eine unserer Maßnahmen zur Jugend- und stattgefunden. Nachwuchs-Förderung! Astronomietag 28.03.2020 und Astronomietag 24.10.2020 Rückblick auf VdS-Tagung und Mit- Forschungsprojekt Hochschule Die VdS-Broschüre 2020 und die Plakate gliederversammlung am 19.10.2019 Auf der Mitgliederversammlung wurden zum Astronomietag am 28.03.2020 wurden Die von den Sternfreunden Dieterskirchen die Ergebnisse der in Auftrag gegebenen rechtzeitig versandt. Wenn Sie genau hinse- organisierte Tagung kann im Nachhin- Hochschularbeit für ein neues, respektive hen, erkennen Sie auf dem Plakat eine neue ein als voller Erfolg gewertet werden. Das überarbeitetes, Kommunikationskonzept Anordnung: Hier haben wir bereits auf die Protokoll der Mitgliederversammlung ist für die VdS vorgestellt. Es war hochinteres- Entwürfe der Hochschule reagiert; dem Vor- im Mitgliederbereich unserer Webseite sant zu sehen, wie vielfältig die Reaktionen stand hat es gut gefallen, wie gefällt es Ihnen? veröffentlicht und kann dort eingesehen hierauf waren. Die Teilnehmer fanden sich Die Plakate für den erstmals zusätzlichen werden (den Code hierzu finden Sie auf recht schnell in zwei Gruppen wieder: Die zweiten Astronomietag zum Saisonbeginn Ihrer Mitgliedskarte). Der in die Zukunft begeisterten Befürworter und die eher zö- im Herbst werden rechtzeitig im Som- weisende Wirtschaftsplan wurde geneh- gerlich Negierenden. Der Vorstand hat da- mer versandt. Mit dem zweiten Termin im migt und damit auch die Erhöhung des her beschlossen, eine behutsame Erneue- Herbst wurde dem Wunsch vor allem der Mitgliedsbeitrags von 35 Euro auf 40 Euro rung des Logos und eine ebenso behutsame norddeutschen Astronomie-Vereine und Sternwarten entsprochen. Sollte sich hier ei- ne ähnlich hohe Beteiligung wie beim Früh- lingstermin erweisen, kann die VdS gern Ihr Beitrag im VdS-Journal für Astronomie auch einen zweiten jährlichen Astronomie- Nachdem wir unser Schwerpunktthema für das Journal 74 „Merkur und Merkurtransit“ tag anbieten. Allerdings würde der Vorstand abgeschlossen haben, möchten wir gerne auf unsere zukünftigen Schwerpunktthemen dann explizit für diese Veranstaltung per- hinweisen: sonelle Unterstützung benötigen. Es steckt „Infrarotastronomie“ in Journal Nr. 75 weit mehr Arbeit in der Organisation eines Redaktionsschluss: 15.04.2020 Astronomietages, als man annimmt. Redakteure: Werner Celnik, [email protected] Peter Riepe, [email protected] Personelle Unterstützung „Astrotourismus und Astrourlaub“ in Journal Nr. 76 Nicht nur der Vorstand, auch die Endre- Redaktionsschluss: 15.07.2020 daktion des VdS-Journals benötigt perso- Redakteur: Michael Schomann, [email protected] nelle Unterstützung. Wer Freude am ge- Zur Gestaltung unserer Journale benötigen wir Beiträge der Mitglieder. Dies kann sowohl schriebenen Wort hat und sich viermal im ein wissenschaftlich fundierter Artikel als auch ein einfaches Beobachtungserlebnis sein. Jahr in netter Runde einen langen Samstag Außerdem soll es möglichst regelmäßig eine Galerie von Fotografien und Zeichnungen in unserer Geschäftsstelle in Heppenheim geben. Wer nicht gerne schreibt, kann also auch auf diese Weise vertreten sein! Wir freuen vorstellen kann, ist herzlich willkommen! uns über alle Einsendungen! Die Redakteure freuen sich auf Sie und Beiträge sollen an die zuständigen Redakteure (siehe auch Liste der VdS-Fachgruppen- arbeiten Sie mit Vergnügen ein. Redakteure) oder an die VdS-Geschäftsstelle (Mail/Postadresse) geschickt werden. Vorher empfehlen wir, als Hilfestellung die Autorenhinweise zu nutzen (siehe www.vds-astro.de/ index.php?id=307). Dort finden Sie in der rechten Randspalte auch einen Musterartikel Messen und Tagungen als Vorbild und das Artikeldeckblatt zum Eintragen der wichtigsten Daten. Die VdS wird auch im Jahr 2020 auf vielen Mit dem Einsenden gibt der Autor gleichzeitig sein Einverständnis zum Abdruck im Veranstaltungen vertreten sein und freut sich „VdS-Journal für Astronomie“ und zur Veröffentlichung auf den Webseiten der VdS. über persönliche Begegnungen und gute Ge- Es besteht jedoch keine Veröffentlichungspflicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge spräche in Würzburg zur Frühjahrstagung, gar nicht oder in gekürzter Form abzudrucken. Das Copyright obliegt den jeweiligen in Essen zum ATT, in Villingen-Schwennin- Autoren. Die Texte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. gen zur AME, in Bochum zur BoHeTa und Die Redaktion in Halle zur Tagung der Astronomie-Vereine und Sternwarten, siehe Ausblick.

4 | Journal für Astronomie Nr. 73 Ausblick Bereits heute möchte der Vorstand auf eine VdS-Tagung im Herbst dieses Jahres hinweisen: Die Fachgruppe Astronomi- sche Vereinigungen lädt alle interessierten Sternfreunde zu einer Tagung vom 20. bis 22. November 2020 nach Halle ein. Neben vielen spannenden Vorträgen am Samstag ist der Be- such der Himmelsscheibe von Nebra mit einer Sonderfüh- rung sowie ein Ausflug zum Sonnenobservatorium und Museum Goseck am Sonntag geplant!

Melden Sie sich rechtzeitig (begrenzte Teilnehmerzahl bei der Sonderführung) unter [email protected] an! Sie sehen, bei der VdS ist immer etwas los! Es grüßt Sie bis zum nächsten Mal, Ihre Astrid Gallus

Leserbrief Die Cuno-Hoffmeister-Gedächtnis-Sternwarte sucht Hilfe

Nachdem wir jetzt das Ziel erreicht haben, die Cuno-Hoffmeister- Sternwarte koordinieren. Da sich in Windhoek inzwischen aller- Gedächtnis-Sternwarte als ‚Nicht-profitable Gesellschaft‘ einzutra- hand Enthusiasten und vor allem Jugendliche eigene Teleskope an- gen, haben wir die Möglichkeit, diese wie bisher weiterzuführen. geschafft haben, wollen wir ihnen in Zukunft auch die Möglichkeit bieten, mit ihren eigenen Instrumenten den Außenplatz zu benut- Zurzeit liegt jedoch das Problem darin, dass ich selbst mich aus zen. Das geht aber nur mit Anmeldung und unter Beaufsichtigung. Altersgründen aus der aktiven Astroarbeit zurückziehen muss. Ich Das wären so die Aufgaben eines Helfers, den wir hier nicht zur steuere auf mein 90. Lebensjahr zu und meine Knochen und mein Verfügung haben, da alle im Arbeitsverhältnis stehen und nicht Gedächtnis lassen nach. Das heißt, wir brauchen Unterstützung hier wohnen können. von jemandem, der die Sternwarte beaufsichtigen und betreuen kann. Er sollte etwas praktisch sein, um auch mit den Wasserprob- Die Sternwarte liegt etwa 18 km südlich von Windhoek hinter den lemen klarzukommen, denn das Wasser bekommen wir von einem Auasbergen. In 20 Minuten hat man die ersten größeren Einkaufs- Nachbarn in ein Bassin gepumpt. Wir haben Solarstrom, der den zentren erreicht. Über eigenen Transport werden wir uns einigen normalen Verbrauch deckt. Haben noch ein Aggregat, das im Not- müssen. Soviel über die Sternwartenbetreuung. Jegliche weitere fall eingesetzt werden kann, und zur Not auch Gasflaschen, um Fragen werden beantwortet. Wasser zu erhitzen oder etwas zu kochen. Außerdem haben wir hier eine Wachtermontierung, die jemand Noch sind wir dabei, eine ‚künstliche‘ Erde zu errichten, da wir in auseinandergenommen und leider Teile verloren hat. Hierfür hät- den Felsen keine ausreichende Erdung bekommen und Differenz- ten wir einen Refraktor, der alles Zubehör für die Sonnenbeobach- ströme entstehen. tung hat. Sollte sich jemand mit dieser alten Montierung ausken- nen, wären wir gern für jeden Rat dankbar. Es geht nicht darum, einen absoluten Astronomie-Fachmann hier zu haben, sondern jemanden, der den Sternwartenalltag hier meis- Zurzeit schweben wir in Gefahr, dass hier eine wilde Bauerei be- tern kann. Ihm stehen aber zu jederzeit, wenn keine Veranstaltun- ginnt, weil unser Gebiet zu Stadtland erklärt worden ist. Wir versu- gen sind, die Geräte zur Eigennutzung zur Verfügung. chen gemeinsam mit der Uni, Restriktionen im Bezug auf die Licht- verschmutzung zu erzielen. Irgendwie wird es schon weitergehen. Die Vertreter der Uni, IOTA und einige Fachamateure haben Zu- Sollte jemand von Heppenheim, der VdS oder von Sterne und tritt zur Dachsternwarte und können mit eigenen Schlüsseln jeder- Weltraum nach Namibia kommen, dann ist er jederzeit hier auf der zeit für Beobachtungen und mit ihren Schülern die Dachsternwarte Sternwarte willkommen. benutzen. Man muss die Aktivitäten der wissenschaftlichen Ge- Für jegliche Hilfe bin ich dankbar. sellschaft, unsere eigenen Veranstaltungen und weitere Nutzer der Sonja Itting-Enke, Windhoek, Namibia

Journal für Astronomie Nr. 73 | 5 Automatisierte und Remote-Beobachtungen

Zum Schwerpunktthema

Es ist schon eine Weile her, dass ein Amateurastronom konzen- nehmen. Das war der zweite, entscheidende Schritt. Und diese triert an seinem Teleskop saß und während der Beobachtungen Technologie entwickelt sich weiter. Alles läuft auf automatisierte mit Hilfe eines Fadenkreuzokulars GA-3 permanent den mo- Funktionen hinaus: Kuppeln drehen sich, Teleskope fahren wie torischen Gleichlauf kontrollierte und korrigierte. Egal ob für von Geisterhand gelenkt die Objekte an, Verschlüsse öffnen sich die Planetenbeobachtung oder die Deep-Sky-Fotografie – man für gesteuerte Belichtungsserien, Wolkenmelder sorgen für ein befand sich mit seinem Instrument aktiv unter dem Himmel rechtzeitiges Schließen des Schiebedaches. Und das alles gelingt und hatte die technischen Schwierigkeiten zu meistern. Damals nicht nur in der heimischen Gartensternwarte, sondern auch sprach man noch vom „Nachführen am Leitstern“. Oft genug wa- weitab vom eigenen europäischen Aufenthaltsort ferngesteuert ren meine Freunde und ich in kalten Nächten im Hochsauerland, im Mittelmeerraum, in Afrika oder in Südamerika. um die Paradeobjekte abzulichten. Einmal musste ich nach zwei- stündigem erfolgreichen Nachführen bei -18 °C und 30 cm Neu- Es ist erfreulich, dass sich einige der bekannten Astrofotografen schnee in krummer Haltung vom Nachführhocker in unseren aus der VdS-Szenerie bereit erklärt haben, unseren Lesern ihre VW-Bus getragen werden. Und die Aufnahmeoptik war inzwi- persönlichen Erfahrungen und Einsichten in dieses spannende schen vereist! In solchen Situationen kam damals ein gewagter Thema zu vermitteln. Wir leben, was die Technik betrifft, in ei- Wunschtraum auf: „Man müsste es einrichten können, draußen ner Welt voller neuer Möglichkeiten. Die „Remote-Astronomie“ in der Kälte das Teleskop automatisch und beheizt nachlaufen zu hat sich etabliert. „Remote“, nicht mit „automatisiert“ zu ver- lassen, mit arbeitender Kamera … und dabei im warmen Bus bei wechseln, leitet sich ab vom lateinischen Wörtchen remotus (= einer heißen Erbsensuppe das Belichten über einen Monitor zu fern). Es bedeutet, Astronomie über weite Entfernungen gesteu- steuern.“ Damals Fiktion, heute erlebte Realität. ert betreiben. Andere Fachgruppen arbeiten ebenfalls remote. So Das Nachführen wurde durch Auto-Guiding ersetzt. Das war ein schildert auch ein Radioastronom seine Remote-Erfahrungen. erster Schritt. Der Computer ist inzwischen unser unentbehr- licher Freund geworden. Über Mini-Computer und geeignete Lassen Sie sich von der Schreibfreude unserer Autoren begeis- Software ist es heute problemlos möglich, die Aufnahmen auto- tern. Eine kurzweilige und aufschlussreiche Lektüre wünscht matisiert zu gewinnen, zu speichern und dann die anschließende Peter Riepe Bildbearbeitung zuhause am wohligen PC-Arbeitsplatz vorzu-

Remote ohne zusätzliches Schlafdefizit von Peter Remmel, Andreas Rörig und Frank Weidenbusch

Deep Sky West (DSW) ist eine Remote- Sternwarte in New Mexico. Sie liegt bei 35,32° Nord und 105,72° West in einem dünn besiedelten Landstrich auf ca. 2.400 m Höhe. Gegenüber unseren heimischen Standorten auf ca. 50° Nord sollten also Objekte in Reichweite kommen, die bei uns im Horizontdunst versinken. Ferner locken natürlich das wüstenartige Kli- ma, die Höhe und die dunkle Umgebung. Die Teleskope sind in zwei großen Hallen mit abfahrbaren Dächern untergebracht. Ganz neu im Programm ist jetzt auch eine im Ausbau befindliche Kuppel innerhalb 1 Apochromat Takahashi TOA-150 mit einer FLI ML 16200 auf einer Astro-Physics 1600 mit des Observatorio El Sauce in Chile (DSW Absolut-Encoder in einer Kuppel des Typs Clamshell (Klappmuschel) innerhalb des Obser- South, 30° 28’ s. Br. / 70° 46’ w. Länge). vatorio El Sauce/Río Hurtado (Chile) auf 1.500 m Höhe. Bild: Peter Remmel

6 | Journal für Astronomie Nr. 73 Automatisierte und Remote-Beobachtungen

2 LBN 437, aufgenommen in New Mexico mit einem Takahashi FSQ und einer Kamera QSI683wsg, Belichtung L: 25 x 900 s, R: 15 x 900 s, G: 15 x 900 s, B: 14 x 900 s. Bild: Andreas Rörig

Bei den meisten Remote-Sternwarten kann ten. Diese Vorschläge muss man nicht cher des Vorschlages, zum Download man bestimmte Teleskope für eine be- begründen, schließlich zahlt man ja da- bereitgestellt. So kommt man in den Ge- stimmte Zeit buchen und bedient sie dann für. So ein Beobachtungsvorschlag um- nuss aller Bilder, die mit dem Teleskop im ferngesteuert über das Internet. DSW ver- fasst das Objekt bzw. die Koordinaten des Laufe eines Jahres aufgenommen werden. folgt hier einen etwas anderen Ansatz und Feldes, die gewünschten Filter, ggf. die Der Preis für die Variante 1 beträgt $700 bietet zwei verschiedene Mitgliedsmodelle Kameraorientierung und die angestrebte pro Monat. Der Preis für die Variante 2 be- für seine Kunden: Belichtungszeit. Die Gesamtbelichtungs- trägt je nach Gerätekombination zwischen – Bei der ersten Variante kann man einen zeit kann man allerdings nicht beliebig $600 und $2.400 pro Jahr. Details zu den Säulenplatz für sein eigenes Equipment lang wählen, sondern es gibt bestimmte Gerätekombinationen und den Preisen in einer der großen Rolldachsternwarten Varianten. Dabei kann die Gesamtbe- können der Webseite von DSW entnom- anmieten. Dies umfasst auch die Bereit- lichtungszeit aber durchaus schon mal men werden [1]. stellung von Strom und Internet. Für die 40 Stunden oder mehr erreichen. Die Installation und den Betrieb seiner Gerä- einzelnen Beobachtungsvorschläge wer- Erfahrungen von Andreas Rörig te ist man dann selbst zuständig. den von einem Mitarbeiter von DSW in Ich habe mich Anfang 2016 für die Varian- – Die zweite Variante ist ungewöhnlich. einen Scheduler eingegeben und dann te 2 entschieden: ein Team, das sich einen Man wird Mitglied in einem Team, das automatisiert in Abhängigkeit von der Takahashi FSQ 106 EDX mit einer Kamera sich ein von DSW bereitgestelltes Tele- Objekthöhe, Mondphase, Filter etc. ab- QSI683wsg auf einer Montierung des Typs skop teilt. Man kann das Teleskop aller- gearbeitet. Die angefallenen Bilder sowie Paramount MyT teilt. Das Filterrad der Ka- dings nicht selbst steuern, sondern reicht die Kalibrierungsdaten (Darks, Flats und mera beinhaltet einen LRGB- sowie einen Beobachtungsvorschläge ein wie die Pro- Bias) werden anschließend allen Team- Linienfiltersatz (Hα, [OIII], [SII]) von As- fiastronomen an den großen Sternwar- mitgliedern, also nicht nur dem Einrei- trodon. Der Preis für diese Gerätekombi-

Journal für Astronomie Nr. 73 | 7 Automatisierte und Remote-Beobachtungen

3 NGC 2170, Autor und Technik wie Abb. 2, Belichtung L: 27 x 900 s, R: 7 x 600 s, G: 5 x 600 s, B: 6 x 600 s. Norden ist oben links.

nation beträgt $1.200 pro Jahr. Das lag noch und die Aufnahmen erreichen eine gute Zusammenfassend kann man sagen, dass innerhalb meiner Schmerzgrenze. Mit die- Tiefe. Es gibt natürlich auch ein paar Wer- man sehr gutes Bildmaterial bekommt. Was sem Gerät lassen sich Felder von knapp mutstropfen. So zeigten sich bei einigen aber fehlt, ist das Gefühl, selbst mit dem Te- 2° x 1,5° ablichten. Das ist ideal für viele Aufnahmen merkwürdige Spikes an hellen leskop unter dem Sternenhimmel zu arbei- Emissionsnebel, Dunkelnebel und größe- Sternen, bei anderen Aufnahmen dagegen ten. Wie wichtig einem das ist, muss wohl re Sternhaufen. Für kleinere Galaxien und nicht. Die Ursache hierfür konnte bislang jeder für sich selbst entscheiden. Planetarische Nebel ist die Brennweite (530 nicht eindeutig geklärt werden. Und dann mm) natürlich etwas kurz. Mir ging es dar- gibt es noch das, was die Einheimischen Erfahrungen von Frank Weidenbusch um, passende Objekte aufnehmen zu kön- dort Monsun nennen: im Sommer mehr Nachdem im Frühjahr und Sommer 2017 nen, die vom heimischen Westerwald aus Wolken und die Luft ist feuchter. Dadurch die Wetterbedingungen in meiner hessi- gesehen zu tief stehen oder zwingend einen sinkt die Ausbeute in den Sommermona- schen Heimat über mehrere Monate keine sehr dunklen und transparenten Himmel ten deutlich ab. Insgesamt kommt aber brauchbaren astronomischen Beobach- verlangen. Außerdem wollte ich einfach dennoch eine recht große Menge an Er- tungen zuließen, begann ich mich nach mehr brauchbare Bildergebnisse erzielen gebnissen zusammen. Schön ist, dass man alternativen Beobachtungsmöglichkeiten als zu Hause. Es zeigte sich schnell, dass die auch die Aufnahmen bekommt, die von umzusehen. Bei meiner Internetrecherche gewonnen Aufnahmen von sehr guter Qua- den anderen Teammitgliedern eingereicht zu möglichen Remote-Lösungen stieß ich lität waren. Sie sind eigentlich immer per- wurden. Da sind zwar manchmal Objekte auf DSW. Das dort praktizierte Modell, sich fekt fokussiert und nachgeführt. Der dunk- dabei, die einen nicht ganz so interessieren, einer Gruppe von Hobbyastronomen an- le, transparente Himmel trägt ebenfalls zur aber oft sind es Motive, die ich selbst zwar schließen zu können, die gemeinsam Zu- Qualität der Bilder bei. Heftige Gradienten, nicht ausgewählt hätte, die sich aber dann griff auf die Aufnahmen eines Teleskops in mit denen ich hier zu Hause oft zu kämp- doch als interessant herausstellen. New Mexico erhält, erschien mir sehr ver- fen habe, sind dort praktisch nicht existent lockend.

8 | Journal für Astronomie Nr. 73 Automatisierte und Remote-Beobachtungen

4 Pferdekopfnebel B 33 in der HII-Region IC 434, aufgenommen in New Mexico mit einem RCOS 14,5 Zoll und einer Kamera SBIG STX-16803, Belichtung R: 15 x 1.200 s, G: 18 x 1.200 s, B: 16 x 1.200 s, Hα: 52 x 1.200 s. Norden ist links. Bild: Frank Weidenbusch

Der große Vorteil dieses Modells liegt in dem relativ geringen Preis für diese be- sondere Art der Teleskopnutzung: Es sind keine Anfangsinvestitionen in Equipment und Infrastruktur erforderlich und es er- folgt auch keine an die individuelle Beob- achtungszeit gekoppelte Bezahlung. Statt- dessen entrichtet man einen jährlichen Pauschalpreis mit der Möglichkeit, nach Jahresfrist auch wieder aus der Gruppe aussteigen zu können. Für diese Pauschale erhält man Zugriff auf alle Aufnahmen, die in diesem Jahr mit dem Teleskop gemacht wurden. Einziger Nachteil scheint auf den Planetarische Nebel und Supernovaüber- Eine Überraschung hatte die DSW-Nut- ersten Blick die Tatsache zu sein, dass man reste. Die Belichtungszeiten pro Objekt zung für mich zusätzlich noch zu bieten. nicht direkt die Objektauswahl vornehmen liegen typischerweise zwischen 25 und 40 Obwohl die beiden Mitautoren dieses Arti- kann, sondern seine Beobachtungsvor- Stunden, so dass pro Jahr etwa 20 bis 25 Ob- kels nur wenige Kilometer von mir entfernt schläge einreichen muss. Alle Vorschläge jekte aufgenommen werden können. Der zu Hause sind, habe ich beide erst über der Gruppe landen dann erst einmal auf ei- Preis liegt bei $2.400 pro Jahr. DSW kennengelernt. Es gibt manchmal ner Liste, die sukzessive abgearbeitet wird. schon merkwürdige Zufälle: Um den loka- Da DSW allerdings mehrere Gruppen mit Nach rund zwei Jahren ist die Bilanz zu mei- len Witterungsverhältnissen zu entfliehen, unterschiedlichen Instrumenten zur Aus- ner Nutzung von DSW positiv. Die Aufnah- mietete ich mich bei einer Remote-Stern- wahl anbietet, hat man die Möglichkeit sich men besitzen in der Regel eine gute Qualität warte in Nordamerika ein und lernte da- eine Gruppe mit Objektwünschen auszu- und der Service durch DSW funktioniert durch Sternfreunde in der direkten Nach- suchen, die gut zu den eigenen Wünschen reibungslos. Rechnet man die jährliche barschaft kennen! passt. Pauschale auf die Beobachtungszeit um, so kostet eine Stunde Belichtungszeit weniger Erfahrungen von Peter Remmel Bereits bei der ersten Kontaktaufnahme als $5. Von daher ist dieses Nutzungsmodell Ergänzend zu Andreas und Frank hebe machte DSW auf mich einen sehr profes- von DSW für jene empfehlenswert, die die ich folgende Punkte heraus: Wie schon er- sionellen Eindruck und ich entschied mich Möglichkeiten einer Remote-Sternwarte wähnt, gibt man - wie bei den Profiastrono- dann im Herbst 2017 einer Gruppe bei- längerfristig nutzen möchten und keine men – seine Objektwünsche ab und über- zutreten, die einen RC Optical 14,5 Zoll allzu ausgefallenen Objektwünsche haben. lässt das weitere Vorgehen einem Operator. Carbon Truss zusammen mit einer SBIG Nach zwei Jahren in der genannten Gruppe Ein Computerprogramm berechnet den STX-16803 nutzt. Als Filter stehen sowohl bin ich aktuell auf ein von DSW neu ein- optimalen Zeitpunkt für das gewünschte Breitband- (L, R, G, B) als auch Schmal- gerichtetes Teleskop in Chile umgestiegen, Objekt unter Berücksichtigung der Objekt- bandfilter (Hα, [OIII], [SII]) zur Verfü- um so auch einmal die Möglichkeit zu er- höhe, Mondphase, Belichtungszeiten usw. gung. Die Objektpalette ist weit gestreut: halten, die Objekte des Südhimmels besser Meine Befürchtung, dass meine Wünsche Galaxien, Emissions- und Reflexionsnebel, kennenzulernen. vielleicht in einer Vielzahl von anderen

Journal für Astronomie Nr. 73 | 9 Automatisierte und Remote-Beobachtungen

5 Tarantelnebel NGC 2070 im Umfeld, Aufnahme aus Chile mit einem TOA 150 plus FLI ML 16200, Belichtung L: 15 x 120 s + 14 x 600 s, R: 15 x 120 s + 15 x 600 s, G: 15 x 120 s + 21 x 600 s, B: 15 x 120 s + 20 x 600 s, Hα: 27 x 300 s + 28 x 900 s, [OIII]: 24 x 1.800 s. Bild: Frank Weidenbusch

Wünschen untergehen würden, traf nicht dass die Anlage unter einem Himmel steht, Zusammenfassend kann man sagen, dass zu. Die anderen am Teleskop Beteiligten den man in Mitteleuropa kaum findet. Ab- durch die Besonderheit des DSW-Pro- gaben entweder gar keine oder nur wenige gesehen von der Qualität der Bilder ist auch jektes keine durchwachten Nächte für die Wünsche ab, so dass mein Name auf der die Quantität beeindruckend: Remote-Fotografie benötigt werden. Somit Objektwunschliste fast dominant war. – RC Optical 14,5 Zoll, New Mexico: Im gibt es auch kein zusätzliches Schlafdefizit. Jahr 2018 konnten wir in New Mexico Sicherlich fehlt hier dem ambitionierten Man steht, wenn man möchte, in engem 22 Aufnahmeprojekte mit einer Gesamt- Astrofotografen der aktive Part. Man kann Kontakt zum Operator der Teleskope und belichtungszeit von ca. 600 Stunden ab- aber jederzeit online mitverfolgen, was kann hier kurzfristig auch mal Änderungen schließen. „das eigene Teleskop“ gerade macht, fast der Beobachtungsprojekte erwirken. Nach- – TOA 140, Chile: Im 3. Quartal 2019 wie zuhause. Man sieht, mit welchen Be- fragen werden fast in Echtzeit beantwortet, konnten wir in Chile neun Aufnahme- lichtungszeiten und welchen Filtern aktuell zumindest innerhalb des gleichen Tages. projekte mit insgesamt 250 Stunden Ge- fotografiert wird, wie das Guiding läuft und samtbelichtungszeit abschließen. NGC was die Himmelskamera, die auch das eige- Das von DSW gebotene Preis-/Leistungs- 6188 kam dabei alleine auf 55 Stunden ne Teleskop im Blick hat, gerade anzeigt. verhältnis ist einzigartig. Einerseits ist man Belichtungszeit. Bei einem Jahrespreis Es bestehen keine Eingriffsmöglichkeiten, an Gerätschaften beteiligt, die einen Markt- von $2.800 sind das $3 pro Stunde, zu- aber ich muss auch nicht eingreifen. Das wert von deutlich über 30.000 Euro haben, mindest im 3. Quartal. Schauen wir mal, schafft mir mehr Zeit für den Betrieb mei- wobei die Kosten des Observatoriums noch wie es weitergeht. ner Sternwarte daheim. Ein zusätzlicher nicht berücksichtigt sind. Hinzu kommt, Pluspunkt dieser Art von Remote-Fotogra-

10 | Journal für Astronomie Nr. 73 Automatisierte und Remote-Beobachtungen

6 Sichelnebel NGC 6888, New Mexico, RC Optical 14,5 Zoll Carbon Truss und SBIG STX-16803 + SBIG AO-X, Belichtung: Hα und [OIII] jeweils 18 x 1.200 s, RGB jeweils 12 x 300 s, Bildmaßstab: 0,55 ’’/px, Filter von Astrodon, Schmalband: HWB 8 nm. Bild: Peter Remmel

fie: Mehrere am Teleskop Beteiligte bekommen das gleiche Rohmaterial. Die Bildresultate sind allerdings sehr unterschiedlich und weisen die Fehler oder Unzulänglichkeiten in der eigenen Bildbearbeitung auf. Das schult ungemein und hilft auch für die eigenen Bilder von daheim.

Weblink (geprüft 25.11.2019): [1] Homepage Deep Sky West Network: https://deepskywest.com

7 Reflexionsnebel NGC 6726 und IC 4812 mit Kugelsternhaufen NGC 6723, Chile. Teleskop und Kamera wie in Abb. 1. Belichtung: RGB jeweils 16 x 900 s, Bildmaßstab: 1,13 ’’/px, Bilddiagonale 108’, Filter von Astrodon. Bild: Peter Remmel

Journal für Astronomie Nr. 73 | 11 Automatisierte und Remote-Beobachtungen

Grundsätzliche Überlegungen zum Steuern astronomischer Geräte von Oliver Schneider

Als ich 1990 zum ersten Mal mit einem Fadenkreuzokular durch weiter und haben keinerlei eigene Ausrüstung mehr, sondern ein Leitfernrohr meine damalige Kamera Olympus OM1 an einem nutzen bestehende Anlagen eines kommerziellen Anbieters für Newton-Fernrohr nachgeführt habe, war die Aufnahmetechnik ihre Belichtungen rund um den Erdball. Dieses Fernsteuern, unter der Astrofotografie noch ein ziemlich mühseliges Geschäft. 45 Sternfreunden als Remote-Steuerung bezeichnet, ist heute weit ver- Minuten Belichtungszeit und mehr für ein Bild waren dabei nötig, breitet. Dabei ist nicht immer nur gemeint, dass man seine gesamte um das gewünschte Objekt abzulichten. Es wurde auf Diafilm oder Ausrüstung so steuern kann. Auch das Kontrollieren seiner Kamera auch auf einen mit einem Gas speziell behandelten Schwarzweiß- per Mobiltelefon (Smartphone) ist schon ein Fernsteuern. Habe ich film belichtet. Den habe ich oftmals noch in der Nacht nach der Interesse an einer solchen Technik und will diese umsetzen, stellt Aufnahme entwickelt. Oft waren es gute Bilder, ab und zu aber auch sich immer zuerst die Frage: Was muss ich tun? misslungene Aufnahmen. Heute, fast 30 Jahre später, sitze ich im Wohnzimmer beim Fernsehen, während meine Kameras (teilweise Ich möchte hier in Form einer Art Checkliste ein paar Erfahrun- bis zu drei gleichzeitig) Bilder in meiner Gartensternwarte aufneh- gen weitergeben. Da die Vielfalt der astronomischen Geräte und men. Ein neues Zeitalter! Andere Sternfreunde haben eigene astro- der eigenen Interessengebiete einen ganz persönlichen Rahmen nomische Ausrüstungen in anderen Ländern stehen und belichten absteckt, ist das allgemein gehalten. Bauanleitungen gebe ich also ihre Bilder ferngesteuert unter dunklerem, vom Wetter her besser nicht. Bei detaillierten Fragen können Sie mich gerne anschreiben gestelltem Himmel. Wiederum andere gehen noch einen Schritt ([email protected]).

Tipps zur Einrichtung von Fernsteuerungen astronomischer Geräte

1. Vorhandene Ausrüstung nutzen Es muss nicht immer alles neu gekauft werden, auch ältere Ausrüstung lässt sich nutzen. Meine Montierung Alt 7AD ist aus dem Jahre 1976 und lässt sich gut fernsteuern. 2. Mit kleinen Schritten anfangen Zunächst versuchen, einzelne Teile zu steuern. Also zunächst nur die Kamera, dann die automatische Nachführung am Leitstern, dann das automatische Anfahren von Objekten usw. So kann man Fehler in den einzelnen Kompo- nenten schnell herausfinden und lösen, ohne den Gesamtüberblick zu verlieren. 3. Was hindert, weglassen Oftmals ist weniger mehr. Zum Beispiel: Wenn das automatische Anfahren von Objekten in zwei von drei Fällen mit meiner Montierung nicht funktioniert, dann doch wieder per Hand die Objekte einstellen. 4. Erfahrungen anderer Kollegen sammeln und nutzen Bei Sternfreunden nachfragen, Zeitschriften lesen und in Foren Infos einholen spart oft viel Arbeit. 5. Nur einmal kaufen Wenn sich der Wunsch nach einer Neuanschaffung noch nicht erfüllen lässt, dann lieber etwas warten, als zweimal falsch zu kaufen. 6. Kabelverbindungen sind besser als drahtlose Übertragung Im Zeitalter vieler drahtloser Technik ist oftmals die kabelgesteuerte Kontrolle von Geräten besser, da sie weniger störanfällig ist und ein Kabelfehler schneller durchschaut werden kann. 7. Trockenübung Man sollte seine Technik am Tage testen, um so in der Nacht seine Technik zu kennen und eventuelle Fehler schnel- ler zu finden. Das gilt nicht nur für das Fernsteuern von Geräten. 8. Ein fester Aufbau Das hilft ungemein, und sei es nur für ein paar Tage. So kann man Fehler, die im Laufe einer Beobachtung entstehen, eventuell erst nachvollziehen. Als Beispiel sei hier eine ungenaue Nachführung genannt, wo schon das Aufstellen der Montierung einen Fehler produzieren kann, der beim nächsten Aufbau nicht mehr nachvollziehbar ist.

12 | Journal für Astronomie Nr. 73 DIE GEBURT DER SCHÖNSTEN ASTROFOTOS

Foto: Philipp Keltenich Aufgenommen mit: Pro APO 71/450 Quadruplet

Die Schönheit hervorragender Astrofotos wird von allen bewundert. Wollen Sie zu den Astrofotografen gehören, die solche Bilder erstellen? Machen auch Sie die Vision wahr: Mit einem Omegon Premium Apochromat und einem brillanten ED-Doublet, Triplet oder Quadruplet- Objektiv und FPL-53 Glas. Mit superflachen Bildfeldern und nadelfeinen Sternen bis zum Rand. Natürlich begeistert auch die genaue Mechanik des CNC-Tubus. Alle Modelle besitzen einen präzisen Zahnrad-Okularauszug mit hoher Tragkraft und 360°-Rotation für den passenden Bildausschnitt. Das ist der Beginn besserer Astrofotos.

Pro APO Doublet Pro APO Quadruplet: Für Vollformat-Kameras - Perfekt für den Einstieg in die Welt der Premium-Apos - Optik des vierlinsigen Quadruplet bietet eine apochromatische - Das zweilinsige ED-Doublet-Objektiv: für ein glasklares Bild Abbildung und eine tolle Farbkorrektur - Wirkungsvolle Flat-Field-Bildfeldkorrektur mit riesiger - Entdecken Sie die Vorzüge eines guten Doublet-Apos: feinere Ausleuchtung von 44mm Details bei der Planetenbeobachtung und Astrofotos mit - Künftig bleiben die Bilder im Original, ohne sie an den Rändern traumhafter Schärfe abschneiden zu müssen - Ihre Astrofotos sehen scharf und farbrein aus wie beim Triplet, Pro APO Triplet zeigen aber zusätzlich auch wundervoll nadelfeine Sterne bis - Auch bei hoher Vergrößerung ein farbreines und glasklares Bild in die Ränder des Bildes - Vollwertiges apochromatisches Objektiv, korrigiert die Abbildung - Freuen Sie sich auf Beobachtungen und Aufnahmen, die in mit seinen drei Linsen so geschickt, dass Sie selbst an hellen Erinnerung bleiben Sternen keinerlei Blausäume bemerken

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Remote-Astrofotografie – Fluch und Segen? von Stefan Korth

Digitale Astrofotografie kann ein ziemlich mühseliges Unterfangen sein. Das richtige Equipment will ausgewählt, erworben und bezahlt sein. Dann geht es an die ersten Tests und das Sammeln praktischer Erfah- rung – die einschlägigen Internetforen sind voll von Beiträgen, die da unterschiedliche Verzweiflungsgrade von Amateurbeobach- tern widerspiegeln. Mal hakt die Poljustage, dann die Abstimmung zwischen Nachfüh- rung und Autoguider, der richtige Fokus will gefunden werden – und bleibt dann nicht über Nacht da, wo er hingehört. Wenn man den ersten Anlauf mit neu erstandener 1 Sternwarte Siding-Spring

2 Screenshot des iTelescope.net-Launchpad

14 | Journal für Astronomie Nr. 73 Automatisierte und Remote-Beobachtungen

3 Screenshot Teleskopmenü

Ausrüstung unternimmt, können schnell 2018 war dann mein Startdatum – eine Wie man der Teleskop-Liste entnehmen ein paar Wochen oder Monate vergehen, 5-minütige Aufnahme des Kugelhaufens kann, stehen an den verschiedenen Stand- bis man vorzeigbare Ergebnisse auf der M 92, gewonnen mit einem 0,61-m-Reflek- orten wahrlich sehr leistungsfähige Fern- Festplatte hat, denn das mitteleuropäische tor. Als das knackscharfe CCD-Bild dann rohre mit herausragend stabilen Montie- Wetter hat dann ja auch noch Tücken parat. bei mir ankam, war es um mich geschehen, rungen und großflächigen, hoch auflösen- Was liegt also näher, als es einmal mit Fix- der Remote-Virus hat mich seitdem nicht den CCD-Kameras zur Verfügung. Mehr und-Fertig-Lösungen unter einem Him- mehr losgelassen. Perfekter Fokus, Grenz- noch, praktisch alle Teleskopsysteme sind mel zu versuchen, für den der Beobachter größe jenseits von 20 mag, exzellente Nach- auch mit einer Vielzahl von Farb-, Spek­ andernfalls einen Jahresurlaub aufbringen führung – ein Traum. tral- und Fotometriefiltern ausgestattet, müsste? Remote-Astronomie ist das Zau- so dass man neben schönen Bildern auch berwort und – ich persönlich kann schon Was nun ist iTelescope.net eigentlich? Unter wissenschaftlich arbeiten kann. In einem an dieser Stelle bekräftigen – mich hat es www.itelescope.net findet sich zunächst Fall ist auch ein Spektrograf an Bord. Die gepackt. eine übersichtlich organisierte Webseite, Teleskoppalette lässt die tiefe Abbildung auf der das Equipment und die Kosten be- ausgedehnter Nebel, aber auch sehr ferner iTelescope.net – ein Weckruf schrieben werden. Aktuell (Oktober 2019) oder lichtschwacher Galaxien zu, die Bild- Eigene Sternwartenpläne im heimischen stehen 18 Teleskope an fünf Sternwarten Metadaten ermöglichen auch präzise astro- Garten musste ich aufgrund von Bauvor- zur Verfügung (Tab. 1), die in den USA metrische Messungen. Kurz gesagt – fast al- haben in der Nähe erst einmal auf Eis legen. (New Mexico, Kalifornien), Spanien, Chile les ist möglich, zumindest hinsichtlich der Aber da gibt es doch Teleskop-Netzwerke, und Australien angesiedelt sind. Teilweise Deep-Sky-Beobachtung. deren Gerätepark man auch aus der Ferne sind dies schon vorhandene Amateurstern- anzapfen kann – in meinem Fall bin ich bei warten, im Fall von Australien hat man das Der Weg zum Bild iTelescope.net hängengeblieben, da mir Gelände des Siding Spring Observatory im Aller Anfang ist die „Registrierung“ – kein schon verschiedene Ergebnisse aus deren Bundesstaat New South Wales mitnutzen großer Aufwand via üblicher Anmeldungs- Fundus aufgefallen sind. Der 24. Januar dürfen. prozedur, es ist aus dem Stand möglich,

Journal für Astronomie Nr. 73 | 15 Automatisierte und Remote-Beobachtungen

Tabelle 1

Technische Daten von Teleskopparks im Netzwerk iTelescope.net

Bildmaßstab/ Pixel-Zahl Sehfeld/ Instrument Öffnung/ Brennw./ Öffnungs- Montierung Bogensek./Pixel der CCD Bogenmin. mm mm verhältnis Mayhil/ New Mexico Teleskop 5 1,65 2.184 x 1.472 40,4 x 60,0 Takahashi Epsilon 250 250 850 f/3,4 Paramount PME Teleskop 11 0,81 4.008 x 2.672 36,2 x 54,3 Planewave 20'' CDK 510 2.280 f/4,5 Planewave Ascension 200HR Teleskop 14 3,50 4.008 x 2.672 155,8 x 233,7 Takahashi FSQ Fluorid 106 530 f/5,0 Paramount GT-1100S Teleskop 20 3,50 4.008 x 2.672 155,8 x 233,7 Takahashi FSQ-ED 106 530 f/5,0 Paramount ME Teleskop 21 0,96 3.072 x 2.048 32,8 x 49,2 Planewave 17'' CDK 431 1.940 f/4,5 Planewave Ascension 200HR

Auberry/ Kalifornien Teleskop 24 0,62 3.056 x 3.056 31,8 x 31,8 Planewave 24'' CDK 610 3.962 f/6,5 Planewave Ascension 200HR

Nerpio/Spanien Teleskop 7 0,63 4.008 x 2.672 28,2 x 42,3 Planewave 17'' CDK 431 2.929 f/6,8 Paramount PME Teleskop 16 1,69 4.008 x 2.672 75,4 x 113,1 Takahashi TOA-150 150 1.095 f/7,3 Paramount PME Teleskop 18 0,73 3.072 x 2.048 37,41x 24,94 Planewave12'' CDK 318 2.541 f/7,9 Paramount PME

Siding Spring/ Australien Teleskop 8 3,50 4.096 x 4.096 230,8 x 230,8 Takahashi FSQ106 EDX 106 530 f/5,0 Paramount ME Teleskop 9 2,80 4.096 x 4.096 188,9 x 188,9 TeleVue NP127fli 127 677 f/5,3 Teleskop 12 3,50 4.008 x 2.672 155,8 x 233,7 Takahashi FSQ ED 106 530 f/5,0 Paramount ME Teleskop 17 0,92 1.024 x 1.024 15,5 x 15,35 Planewave 17'' CDK 431 2.912 f/6,8 Paramount ME Teleskop 30 0,81 3.072 x 2.048 27,8 x 41,6 Planewave 20'' CDK 510 2.280 f/4,5 Planewave Ascension 200HR Teleskop 31 1,10 3.056 x 3.056 55,9 x 55,9 Planewave 20'' CDK 510 2.259 f/4,4 Planewave Ascension 200HR Teleskop 32 0,63 4.096 x 4.096 43,2 x 43,2 Planewave 17'' CDK 431 2.912 f/6,8 Planewave Ascension 200HR Teleskop 33 0,64 4.096 x 4.096 43,9 x 43,9 RCOS 12,5'' RC 320 2.885 f/9,0

Ovalle/Chile Teleskop 40 0,90 4.096 x 4.096 60,1 x 60,1 ASA Newton 20'' 500 1.940 f/3,8 ASA DDM85

schon einmal die verfügbare Technik zu be- täten des Betreibers im Sinne des Nutzers höhe, Sonnenstand und bei Bedarf die ver- gutachten, über einen so genannten „Trial rabattiert werden können. fügbaren Teleskope (oder der Nutzername Account“ kann man für knapp 18 Euro die desjenigen, der gerade damit aktiv ist). Hat ersten Versuche wagen. Ich selber arbeite Einmal eingeloggt, landet man beim man ein verfügbares Teleskop ausgewählt, aktuell mit Plan 90, im Monat kostet mich „Launch Pad“ – einer Übersichtsseite, die dann öffnet sich eine Seite, die neben dem das rund 82 Euro, gelegentlich wird noch auf einen Blick anzeigt, welche Sternwar- Teleskop selbst auch den Belegungskalen- aufgestockt. Bezahlt werden kann per Kre- te gerade einsatzbereit ist. Hier sieht man der zeigt – neben Auswahl in Echtzeit kann ditkarte oder Paypal, abgerechnet wird auch umgehend per Vorschau auf All-Sky- man nämlich auch automatisierte, vorab dann in Wertepunkten („Points“), die auch Kameras, ob der Himmel mehr oder weni- geplante Beobachtungen durchführen. von Mondstand und Promotion-Aktivi- ger klar ist. Anzeigt werden auch Mond-

16 | Journal für Astronomie Nr. 73 Automatisierte und Remote-Beobachtungen Anzeige

4 HII-Region NGC 6888, Komposit aus 4 x 600 Sekunden Belichtung, Teleskop Planewave 17 Zoll CDK (T21, s. Tab. 1), Hα-Filter

Für die ersten Versuche kann man sich an bekannten Standardobjekten mit vorgege- bener Belichtungszeit wagen, alle diese Objekte werden aus dem Stand sehr ansehnlich abgebildet (Option „One-Click Image“). Über die Auswahl „Deep-Sky“ oder „Comet/ NEO“ erreicht man Auswahlmasken, die dann neben der Belichtungszeit auch die An- zahl an Einzelbildern, Filterauswahl oder Einstellung des Detektor-Binnings erlauben. Eine ganze Reihe weitere Optionen erleichtern dann Fotometrie, Astrometrie, Bild­ addition. Abschließend kann man das Ausgewählte als Beobachtungsplan für den automatisierten Ablauf abspeichern oder sofort die Belichtung starten, falls das Objekt denn vom Standort aus sichtbar ist.

Was man in diesem Zusammenhang noch erwähnen sollte – eine Teleskopsteuerung quasi in Echtzeit über eine Art „Remote Desktop“ ist nicht vorgesehen. Es gibt zwar die Funktion „View Observatory“, bei der man einen Blick auf das Steuer- und Vorschau- Interface eines jeden Teleskops werfen kann, aber hier erhält man lediglich einen Schnappschuss des letzten Aufnahmevorgangs geliefert.

Wichtig ist ein Blick auf die Option „System Status“, denn dort kann man nachvollzie- hen, wie nach dem Zentrier- und Leitstern-Suchvorgang auch wirklich das gewünschte Bild bzw. die eingegebene Aufnahmeserie auf den Weg gebracht worden ist.

Her mit den Pixeln! Ist die Aufnahme abgeschlossen, erhält man eine Beleg-E-Mail. Diese versorgt einen gleich auch noch mit einer ganzen Fülle an Zusatzinformationen wie z.B. Aufnahme- zeitpunkt, Belichtungszeiten, verbrauchte Punkte, Links zum Support, Tutorials u.a. Im Anhang der Mails sind außerdem Messdaten der Wetterstation des Aufnahmeortes, ein Bild der dortigen All-Sky-Kamera und eine komprimierte Bildvorschau im JPG- Format enthalten. So hat man schon einmal einen ersten guten Eindruck über das ge- wonnene Bildmaterial. Wichtigster Bestandteil der E-Mail ist aber ein Link zu einem

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in meinen Augen ihr Geld wert. Ich habe von Ende Januar 2018 bis in den Oktober 2019 insgesamt 137 Hauptobjekte aufneh- men können (die vielen „Nebenobjekte“ auf einzelnen Aufnahmen wie z.B. bei Gala­ xienhaufen nicht mitgezählt). Mir selbst wäre eine solche Quote im heimischen Meerbuscher Garten nur schwer geglückt. Ich gebe zu, dass ich gerade am Anfang viele noch relativ kurz belichtete Einzelaufnah- men kreuz und quer über den Nord- und Südhimmel gemacht habe, aber man möge mir das verzeihen – die lange Pause zwi- schen meinen CCD-Zeitaltern hat mich da anfänglich etwas hektisch werden lassen. Mittlerweile hat es sich bei mir eingespielt, drei bis sechs jeweils 10-minütige Einzel- aufnahmen meiner Wunschobjekte zu ma- chen, damit erreiche ich oft schon eine ganz ansehnliche Tiefe. Mir ist bewusst, dass man für richtig tiefe Aufnahmen schon Serien über mehrere Stunden Gesamtbe- lichtungszeit erstellen muss (ein Trend, der mich persönlich extrem beeindruckt), aber aktuell ist es mir wichtiger, mehr Bildmate- 5 Galaxienpaar NGC 4038/4039, Komposit aus 2 x 600 Sekunden Belichtung, rial verschiedener Objekte zu sammeln. Teleskop Planewave 17 Zoll CDK (T32, s. Tab. 1) Was die Objektauswahl anbelangt, so habe ich mich nach den ersten Experimenten auf FTP-Server, der dann auch die Roh- und des Bildes vor, die sich auf Kamera, Teles- Galaxien (mit längeren Brennweiten) und Vorschaudaten zum Download bereitstellt. kop und dessen Position beziehen, so dass Emissionsnebel (mit kürzerbrennweitigen Von da an wird es natürlich spannend: Die auf diese Weise auch astrometrisch ge- Teleskopen und Schmalbandfiltern) kon- Bilddaten sind zum einen als echte Roh- arbeitet werden kann. Der Bilddownload zentriert. Je nach Mondphase und Teles- daten in teleskopspezifischen Verzeichnis- geschieht üblicherweise innerhalb weni- kopverfügbarkeit schiebe ich auch einmal sen abgelegt, zum anderen aber auch schon ger Sekunden bis hin zu einer Minute – je gerne den einen oder anderen Sternhaufen durch eine Dunkelbildabzugs- und Flat- nach Aufnahmemenge und Download-Ge- ein, Supernovae sowieso – und auch noch Field-Prozedur vorbearbeitet worden. Die schwindigkeit. den einen oder anderen Kometen. sperrigen Dateinamen sind aufgrund ihrer Logik sehr sinnvoll, denn dort findet man Ergebnisse Bei fast allen Aufnahmen habe ich mich auf direkt neben dem Aufnahmeobjekt auch Hat man dann also die Bilddaten auf der Schwarzweißbilder beschränkt – für mich Datum, Uhrzeit, Teleskop, Filter und Bin- Festplatte, beginnt der Spaß – meistens eigentlich keine Beschränkung, sondern ning-Einstellung. Sind die im FITS-Format jedenfalls. Denn das, was da bei gutem mein ganz persönlicher Zugang zum foto- abgelegten Bilddaten dann heruntergela- Wetter heruntergeladen worden ist, kann grafischen Deep-Sky-Bildeindruck, der den, kann umgehend mit der Bildbearbei- je nach gewählten Bildparametern schon auch durch meine lange Zeit als visueller tung begonnen werden. Im FITS-Format begeistern. Die Qualität der Standorte, der Beobachter geprägt ist. Farbbildbearbei- selbst liegen dann die üblichen Metadaten Teleskope und ihrer Nachführungen sind tung ist – wenn man es richtig machen will

18 | Journal für Astronomie Nr. 73 Automatisierte und Remote-Beobachtungen

– sicherlich noch ein Brett, das es zu boh- ren gilt. Wobei die kolorierten Auswüchse anderer Beobachter, die man da manchmal auf den Bildschirm bekommt, mich aktuell nicht unbedingt motivieren, das Thema voranzutreiben. Was bleibt, ist dann das digitale Fotoalbum, das man präsentieren möchte – aber über die Dauerbaustelle Website zu schreiben, ist eine eigene Ge- schichte (s. www.astrodigital.de).

Alles gut in der Remote-Welt? Die Amateurastronomie hat viele Fallstri- cke und Tücken – und das gilt auch für die Remote-Astrofotografie. Was ist mir da in den vergangenen Monaten vor die Füße ge- fallen?

Teleskopverfügbarkeit: Gerade um die Neumondphasen herum muss man um Teleskopzeit kämpfen – oder eben lang- fristig im Voraus reservieren. Schade nur, wenn dann doch einmal eine Wolkenpe- riode dazwischenrutscht und man dann seine automatische verschobene Beobach- tung plötzlich zu Vollmond wiederfindet, weil vorher alles ausgebucht war. Hier hel- Das iTelescope-Netzwerk ist auch ständig 6 Reflexionsnebel IC 2118, Komposit fen nur Geduld, Flexibilität und eine Liste bemüht, neue Standorte mit in das Portfo- aus 3 x 900 Sekunden Belichtung, mit alternativen Beobachtungsobjekten lio aufzunehmen – ein Trend, den man nur Teleskop Televue NP127 fli (T9, s. Tab. 1) weiter. Überhaupt das Wetter – die Station begrüßen kann. Aber in den vergangenen Nerpio in Spanien hat da gerade im Herbst Wochen musste dann eine sehr gefragte mit ausgedehnten Regenperioden zu australische Station auch wieder aus dem kämpfen, die es eben in Spanien gibt. Ganz Netz genommen werden, weil sie mit dem abgesehen davon, dass dort die Technik dargebotenen Gerätepark nicht klar kam. auch sehr unzuverlässig läuft. Aber auch Unter dem Strich bin ich dennoch sehr zu- an Standorten mit emsigem Serviceper- frieden mit dem Service, den man sich hier sonal passieren einem unerwartete Dinge. ins Haus holen kann. Ich würde mir mehr Selbst die stabilste 10-Micron-Montierung Alternativen wünschen, vielleicht auch oder der überragendste Planewave-Reflek- einmal langbrennweitiges Equipment für tor können zur Astrobitch mutieren und Mond und Planeten – oder vielleicht auch einen mit wilden Nachführfehlern und Hα-Sonnenbeobachtung. Aber all das steht mieser Fokussierung nerven. Verklemmte und fällt mit den Personen, die so einen Te- Filterräder und vereiste CCD-Detektoren leskop-Pool betreuen können und wollen. habe ich auch schon erlebt. Da ist schon Und – vielleicht macht sich die VdS ja auch regelmäßig menschlicher Eingriff vor Ort einmal Gedanken über ein Remote-Obser- gefordert. vatorium für die Mitglieder?

Journal für Astronomie Nr. 73 | 19 Automatisierte und Remote-Beobachtungen

UrsaMajor Observatory – Teil 1: eine Remote-Sternwarte in Frankreich von Markus Blauensteiner

Wenn man über eine „Remote-Sternwar- te“ spricht, dürfte klar sein, dass es sich um eine „fernbediente“ Sternwarte handelt. Ich würde diese Art von Sternwarten noch um die „robotischen Sternwarten“ erweitern – darunter verstehe ich jene ferngesteuerten Anlagen, deren Betrieb weitgehend selbst- ständig abläuft. Der Fotograf gibt lediglich noch die Objekte, Belichtungszeiten und Filter vor. Den Rest – das ist z.B. das recht- zeitige Öffnen des Daches / der Kuppel, das 1 Bildschirmfoto unseres SQM, 27.04.2017 Kühlen der Kamera, Anfertigen von Flats, Anfahren und Zentrieren der Objekte, Leitsternsuche usw. – erledigt das System – wenig bis gar keine Frequentierung Probleme meist recht flott lösen. PC, Tele- selbstständig und ohne weiteren Eingriff durch ortsfremde Personen skope, Kameras und Montierung allerdings von außen. Dies ist nahezu unbeschränkt – Wohnmöglichkeit in annehmbarer Nähe fasst er nicht an. Der Standort bietet einen ausbaufähig, bis hin zur automatischen bei Servicemissionen (außer man hat ein sehr guten Himmel mit SQM-Werten bis Archivierung und Übertragung der Bild- Wohnmobil) 21,9 Größenklassen pro Quadratbogen- daten. Letztlich wird „remote“ ein Haupt- sekunde, gemessen in Richtung Polaris ziel verfolgen: eine große Anzahl klarer In den folgenden Zeilen präsentiere ich (Abb. 1). Die örtliche Besiedelung ist im Nächte möglichst effizient zu nutzen und konkret meine Sternwarte, aufgetretene Umkreis von vielen Kilometern sehr dünn. dabei nicht permanent vor dem Rechner Fragen / Probleme und Lösungen. Auf so Der nächste größere Ort mit 1.200 Einwoh- sitzen müssen. So werden sich viele Re- manches läuft praktisch jeder mit solchen nern liegt etwa 30 Fahrminuten entfernt, mote-Sternwarten einem „robotischen“ Plänen früher oder später auf, manche die nächste größere Stadt (Montélimar) mit Betrieb zumindest annähern. Spätestens, sind natürlich sehr individuelle Lösungen. 40.000 Einwohnern ist eineinhalb Auto- wenn auch noch eine große Zeitverschie- Die Technik selbst wird im zweiten Teil im stunden entfernt und liegt im Nordwesten. bung (Chile) ins Spiel kommt, wird man als Detail besprochen. Eines möchte ich noch Das Seeing ist in etwa 60-70% der Nächte Berufstätiger kaum Zeit zur permanenten vorausschicken: Für jede Komponente und gut (2’’) bis sehr gut (1’’) und dann auch Überwachung finden. jedes Programm gibt es Alternativen bis konstant. Bedingt durch den noch Einfluss hin zum Selbstbau. Mir war bei der Aus- nehmenden Mistral-Wind kann das Se- Nehmen wir in der Folge (m)eine remote wahl auch wichtig, dass ich Teile verbaue, eing allerdings auch sehr schlecht werden betriebene Sternwarte [1] an, die deutlich die bei ROSA (s.u.) bekannt und bewährt (schlechtester gemessener Wert 10’’). Der zu weit vom Wohnsitz entfernt ist, als dass sind – Fehlerdiagnose und Hilfe durch die Wind selbst, der im Rhônetal Sturmstärke man leicht und schnell dorthin gelangen Mitstreiter fallen so viel leichter. erreicht, ist kein Problem, aber die höheren könnte. Welche Voraussetzungen sollte ein Luftschichten sind dann dementsprechend Standort für eine solche Sternwarte zumin- Voraussetzungen vor Ort turbulent. In den Monaten von Mai bis Ok- dest erfüllen? Meine Sternwarte ist eine von insgesamt tober ist das Wetter häufig über Wochen – eine hohe Zahl klarer Nächte im Jahr sechs auf dem dortigen Gelände im Süden anhaltend gut. Die schlechtesten Monate – gutes bis sehr gutes Seeing in der Mehr- Frankreichs. Der ROSA-Verbund (ROSA sind Dezember und Januar. Für die Zeit zahl der klaren Nächte = Remote Observatory Southern Alps [2]) der kürzesten Nächte des Jahres ergibt sich – trockene Luft – nicht nur wegen der besteht aus vier Kuppeln und zwei Roll- noch eine Dauer der astronomischen Däm- Transparenz (aber dazu später) dachhütten. Breitbandinternet und Strom merung von mindestens 3,5 Stunden. – eine gute und vor allem stabile Internet- via Erdkabel sind vorhanden. Der Grund- anbindung stückseigentümer wohnt in unmittelbarer Durch die Lage ergibt sich die meteorolo- – eine stabile Stromversorgung Nähe, ist praktisch immer erreichbar und gische Besonderheit, dass Wolken immer – Helfer vor Ort, zumindest für Notfälle kann mit geschickten Händen mechanische wieder ganz Frankreich bedecken, nur der

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Bereich vom Rhônetal bis zum Mittelmeer zur französisch-italienischen Grenze bleibt wolkenfrei, als liefen die Wolken gegen ei- ne unsichtbare Barriere (das „wolkenfreie Dreieck“, Abb. 2).

Motivation Meine Sternwarte war einige Jahre auf der Sternwarte Gahberg [3] in Oberösterreich angesiedelt. Damals war dort voller Remo- te-Betrieb nicht möglich, aber abgesehen vom Öffnen und Schließen des Daches konnten und wurden bereits dort praktisch alle Tätigkeiten vom PC aus dem Kontroll- raum heraus erledigt. Daher war schon Er- 2 Bildschirmfoto von www.sat24.com, 12.07.2017 fahrung vorhanden, was die Verlässlichkeit der einzelnen Komponenten betrifft. die Berichte der anderen ROSA-Mitglie- ras, Filterräder, Motorfokussierer usw. an- Da ich in meinem Beruf Nachtdienste zu der über immer wiederkehrende und nicht geschlossen, und es wurde getestet, ob alles leisten habe und natürlich gerne die klaren dauerhaft lösbare Problemchen mit den verlässlich und stabil funktioniert. Nächte für die Astronomie nutzen wollte, Kuppeln (zweier verschiedener Hersteller) wurden die vielen Nächte weg von zu Hau- gaben den Ausschlag in Richtung Hütte. Der Aufbau der Hütte, die Installation se zunehmend zur Belastung – familiär und sämtlicher Geräte sowie die Inbetriebnah- körperlich. Astronomie im Garten ist bei mir Im Winter 2016/2017 standen die Planung me wurden vollständig binnen einer Woche im insgesamt recht hellen Ballungsgebiet der Hütte, Besorgung der nötigen Kompo- Ende April 2017 abgewickelt. Alain hatte im Vöcklabruck nur eingeschränkt möglich, ein nenten, Zeichnen eines „Kabelplans“ und Vorfeld die Punktfundamente für die Hüt- voller Remote-Betrieb am Gahberg erwies die Erstellung des Ablaufplans für den Auf- te sowie den Sockel für die Säule betoniert sich in vielen Gedankenspielen als schwie- bau an. Die Hütte wurde von der Fa. Tele- und Schläuche für Internet und Stromlei- rig umzusetzen. Da tauchte langsam die skop-Schutzbauten [5] gefertigt. Sie besteht tung vergraben. Alleine hätte das niemals Idee einer Remote-Sternwarte auf. Glück- aus Holz, hat die Maße 3,6 m x 2,6 m und geklappt, daher darf ich mich an dieser licherweise durfte ich auf einem Workshop wurde als „Bausatz“ mit Spedition nach Stelle herzlich bei Alain, Martin Ruster- unseres Vereins Martin Rusterholz [4] ken- Frankreich geliefert. Das Dach fährt Rich- holz, Stefan Reichmann, Jürgen Kessler und nenlernen, der bei ROSA eine Sternwarte tung Norden weg und deckt im geöffneten Manfred Penn bedanken. Fachmänner für betreibt und zufälligerweise auch noch der Zustand noch etwa ein Viertel der Hütte Strom, Netzwerk, PC und Holz vor Ort – da dortige „Netzwerk- und PC-Fachmann“ ist. ab. Unter diesem Schutz befinden sich der reicht es dann aus, wenn man selber nur ei- Über ihn konnten erste Informationen zum Dachmotor, die PCs, die Dachsteuerung nen Pinsel bedienen kann. Ein großer Vor- Standort eingeholt und der Kontakt zu den und der Schaltkasten. So sind die Teile dem teil war natürlich, dass die Ausrüstung bei- anderen Kollegen hergestellt werden. Nach Tau weniger ausgesetzt. Der obere Teil der nahe genau so wieder aufgebaut wurde, wie einem Besichtigungsurlaub vor Ort und ei- Südwand kann nach außen weggeklappt sie zuvor am Gahberg in Betrieb gewesen nem Gespräch mit Alain, dem Grundstücks- werden. war. Neu waren für mich hier nur das mo- besitzer, wurde der konkrete Plan gefasst, torisierte Dach und die Verbindungen der nach Frankreich zu gehen. PC und beide CCD-Kameras wurden zu neuen Geräte wie Wolkensensor, Dachsteu- Hause einem „Langzeittest“ unterzogen, erung und unabhängige Spannungsversor- Bau und Umsiedeln das heißt, es wurde praktisch Nacht für gung untereinander. In den letzten Nächten Dass die Sternwarte eine Rolldachhütte Nacht ein Sternwarten-Betrieb simuliert. vor Ort waren viele Testläufe nötig, bis alle werden sollte, war schnell klar. Vor allem Dazu waren alle Komponenten, also Kame- Komponenten wie gewünscht und zuver-

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3 UrsaMajor Observatory nach der Fertigstellung, es geht nach Hause

Worauf sollte man bei der Vorbereitung eines Remote-Standortes achten? – „K.I.S.S.“ - keep it simple sir! [6] Es ist verlockend, was Software alles kann! Automatisiere ich doch dieses und jenes noch! Ein kleines Teleskop noch huckepack, das läuft ja nebenbei mit! Alles kein Problem, bis ein Problem auftaucht und die Fehlersuche ansteht. Ist nicht so einfach, wenn ich nicht mal eben an einem Teil fühlen oder horchen kann, ob es noch „lebt“. – Testen Sie alles ausgiebig, ehe Sie es an den Remote-Standort verlegen! Sie haben eine neue Kamera? Anschließen, und nächtelang testen. Ausschalten, einschalten, Stromversorgung ein- fach kappen, testen Sie möglichst jeden erdenklichen Fall! Stellen Sie zu Hause einen PC auf, der exakt jenem in der Sternwarte entspricht, auf der Hard- und Softwareseite. – Sehen Sie sich die Wetterdaten Ihres Wunsch-Standortes über längere Zeit hinweg an. Und zwar wenn möglich nicht nur die Bedeckung, sondern auch den Wind und die Luftfeuchtigkeit. – Prüfen Sie, wenn möglich, das Seeing über längere Zeit oder lassen Sie sich (wenn im Rahmen eines kommerziellen Projekts) belastbare Seeingdaten übermitteln. Rück- schlüsse auf das lokale Seeing aus Daten in der Nähe gelegener professioneller Sternwarten sind nett, aber de facto unbrauchbar, besonders, wenn man von ganz unterschiedlichen Höhenlagen ausgeht. Gute Seeingmessungen sind nicht ganz einfach durchzuführen, sollten es bei dem Aufwand / den Kosten aber wert sein. – Wenn möglich, testen Sie im Vorfeld die Internetanbindung. Es ist sehr nervend, wenn Mausklicks erst nach mehreren Sekunden ankommen – oder gar nicht. – Wer leistet vor Ort Support und was kann er / sie wirklich? Das sollte klar definiert sein, um zeitaufwändige Reparaturfahrten (Flüge) wegen Dingen, die eigentlich der Support hätte lösen können, zu vermeiden. – Ziehen Sie ein zweites, kleines Teleskop als „Backup“ in Betracht. Auch wenn Sie vielleicht nicht unbedingt ein großer Freund von Weitfeld-Aufnahmen sind, sind Sie wahrscheinlich froh, weiter fotografieren zu können, sollte das große Teleskop wegen eines Defekts nicht nutzbar sein. Aber – K.I.S.S.! – Sparen Sie nicht am falschen Ende! Die Montierung für 15.000 Euro, die Kamera für 5.000 Euro, angeschlossen am USB-Hub für 10 Euro? Nehmen Sie ein paar Euro mehr in die Hand und gönnen Sie Ihrer Sternwarte auch bei den Kleinteilen hochwertige Produkte. – Sämtliches benötigtes Werkzeug muss vor Ort sein. Ist die Sternwarte so weit entfernt, dass sie nur per Flugzeug erreichbar ist, muss klar sein: dann erst recht.

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lässig zusammenarbeiteten. Und trotzdem verhältnismäßig wenig Aufwand verbun- [6] Russel Croman: „Remote Observing“, war es ein merkwürdiges Gefühl am letzten den. Ich habe im Kasten ein paar aus meiner Vortrag auf der Advanced Imaging Tag, alles zurückzulassen und von nun an Sicht wichtige Punkte zusammengefasst. Es Conference 2006 die Freundschaft mit dem Teleskop über lohnt sich, diese zu bedenken, ehe man sich das Internet zu pflegen (Abb. 3). ins Abenteuer stürzt.

Dinge, die man zu Hause so nicht hat Quellenhinweise (Stand: Oktober 2019): Nicht zu unterschätzen sind Staub, Insekten [1] M. Blauensteiner: „Meine remote be- und Blütenpollen. Was man in der Garten- triebene Sternwarte“, www.deeplook. sternwarte schnell mal mit einem feuchten astronomie.at Lappen beseitigt, sammelt sich in einer Re- [2] Remote Observatory Southern Alps: motesternwarte über einige Monate an und www.rosa-remote.com kann beim nächsten Besuch schon mal für [3] Sternwarte Gahberg: kurze Schreckensmomente sorgen. Da darf www.astronomie.at man nicht empfindlich sein. Ich bin doch [4] Martin Rusterholz: www.cxielo.ch jedes Mal zwei bis drei Stunden damit be- [5] Fa. Teleskop-Schutzbauten: schäftigt, Spinnweben und Wespennester www.rolldachhuette.de mit dem Staubsauger zu beseitigen und Teleskope, Montierung, PC usw. vom Staub zu befreien. IMPRESSUM Ein anderes Kapitel sind Mäuse. Sie kom- VDS-JOURNAL FÜR ASTRONOMIE men grundsätzlich immer irgendwie in die Vereinszeitschrift der Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS) Sternwarte und es stellt sich die Frage: Gift- Hier schreiben Sternfreunde für Sternfreunde. köder aufstellen und sie damit vielleicht erst recht anlocken oder hoffen, dass die Herausgeber: Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS) Besuche nicht allzu intensiv ausfallen. Mein Geschäftsstelle: Postfach 1169 | 64629 Heppenheim | GERMANY persönliches Highlight war die Mitteilung Telefon: +49 62 52 78 71 54 | Fax: +49 62 52 78 72 20 von Martin Nischang und David Bender, [email protected] | www.vds-astro.de die während einer Servicemission bei mir Redaktion: Dietmar Bannuscher, Dr. Werner E. Celnik, Otto Guthier, einen ausgefallenen PC wieder in Schwung Sven Melchert, Peter Riepe. Redaktionelle Mitarbeit der VdS-Fachgruppen- bringen wollten und feststellten, dass das Redakteure und VdS-Mitglieder PC-Gehäuse einer Maus als Winterquartier Bearbeitung von Bildern und Grafiken: Dr. Werner E. Celnik und die Autoren gedient hatte. Die Reste des Nestes lagen im Gestaltung/Layout: Bettina Gessinger, Dipl. Designerin Inneren verstreut, was den Ausfall auch er- Anzeigen: Kullmann & Matic GbR, [email protected] klärte. Ich lernte: lasse am PC keinen Kar- Herstellung und Druck: Kullmann & Matic GbR, Stuttgart tenslot offen … Vertrieb: Werner Teutsch GmbH, Laudenbach Bezug: „VdS-Journal für Astronomie“ erscheint viermal pro Jahr und ist im Mit- Tipps fürs eigene Projekt gliedsbeitrag von 40,- E (EU) und 45,- E (außerhalb der EU) bzw. ermäßigt 25,- E Es ist in der Szene ein gewisser „Trend“ zu pro Jahr enthalten. Remote-Sternwarten erkennbar. Es gibt das Beiträge: Beiträge für die Rubriken der VdS-Fachgruppen werden erbeten an die eine oder andere Projekt für einen Verbund Redakteure der Fachgruppen (Adressen siehe unter www.vds-astro.de). einzelner Sternwarten oder einer großen Andere Beiträge senden Sie bitte an die VdS-Geschäftsstelle, Postfach 1169, Sternwarte mit zu pachtenden Plätzen. Das 64629 Heppenheim, E-Mail: [email protected]. klingt oft attraktiv, ist es doch – vor allem, wenn nur eine Säule angemietet wird – mit

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Astrofotografie mithilfe von Remote-Teleskopie von Fred Gaschk

Astrofotografische Aufnahmen lassen sich Die Möglichkeiten der Remote- en) sowie Südamerika (Chile). Durch diese in der heutigen Zeit nicht nur im nächtli- Teleskopie Verteilung der Standorte haben Benutzer chen Feldeinsatz, sondern mittlerweile auch Auf der Suche nach einem geeigneten miet- fast 24 Stunden am Tag die Möglichkeit, auf vom heimischen Wohnzimmer aus bewerk- baren Teleskop fanden sich schnell ein paar ein paar der 18 Online-Teleskope zuzugrei- stelligen. Der Einsatz mietbarer Remote- Anbieter mit Remote-Teleskopen. Oftmals fen. Ein weiterer Vorteil des großen Geräte- Teleskope ist keine Seltenheit mehr, so dass sind diese an wenig lichtverschmutzten Or- parks ist die Diversität der Instrumente. So die Remote-Nutzung aufgrund der Wahl- ten stationiert. Häufig sind diese Anbieter bieten die meisten Standorte verschiedene möglichkeit verschiedener Standorte und leider lediglich auf einen Standort fixiert. Geräte wie z.B. apochromatische Refrakto- Geräte zunehmend an Popularität gewinnt. Dies bedingt, dass man innerhalb der Nacht ren sowie verschiedene Reflektoren an. dieses Standorts zum einen Zeit haben Nahezu jeder hat bereits Astrofotografien muss, um das Teleskop zu bedienen, und Die Funktionsweise anhand des von dem berühmtesten Remote-Teleskop zum anderen das entsprechende Teleskop iTelescope-Systems unserer Zeit, dem Hubble Space Telescope zu der Zeit dann nicht durch andere Be- Remote gestützte Astrofotografie ist in ge- (HST), gesehen und bestaunt. Von unbe- nutzer belegt sein darf. Einer der wenigen wissen Punkten sehr unterschiedlich zur stechlicher Klarheit und mit einer großen Anbieter mit multiplen Standorten ist hier „Feld-Astrofotografie“. Dies betrifft nicht Fülle an Farbakzenten sind die durch Fil- das System iTelescope.net [1]. Mit derzeit nur die Standorte, sondern auch in vielen ter gewonnenen Aufnahmen des HST. Die 18 Online-Teleskopen an fünf Standorten Teilen die Bedienung der Gerätschaften. meisten Menschen kommen mittlerweile bietet es eine große Fülle an Gerätschaften Die Bedienung des Online-Teleskops fängt durch die Medien damit in Berührung. quer über den Globus. Die Standorte liegen nicht mit dem Einnorden an, sondern mit Genau eine solche Berührung führte mich in Siding Spring (Australien), New Mexico dem Login auf der Seite (Abb. 1). Hier er- auch auf den Weg zur Astronomie. (USA), Kalifornien (USA), Nerpio (Spani- halten wir einen direkten Überblick über

1 Statt Einnordung ein Loginverfahren zur Vorbereitung

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2 Die Welcome Site bietet eine Übersicht aller Teleskop- funktionen.

die Standorte sowie die Belegung der Tele- skope. Zusätzlich erhalten wir hier eine zu- sammengefasste Übersicht über unser Kun- denkonto und nützliche Links mit Tools zur weitergehenden Planung der Aufnahmen.

Nun haben wir grundsätzlich zwei Wege, die wir beschreiten können: die spontane Astroaufnahme oder die selbst geplante. Ich werde beispielhaft die selbst geplante Variante vorstellen. Vorab gehe ich jedoch auf das Teleskopinterface ein.

Nach dem Einloggen ins Interface sehen wir die verfügbaren Teleskope. Mit einem Klick auf den Schriftzug „Available“ wird man zur Interface-Seite des jeweiligen Tele- skops weitergeleitet. Nach der Eingabe sei- ner Login-Daten kommt man auf die „Wel- come Site“ des Teleskops, die bereits grund- legende Informationen enthält. Neben der Nummerierung des Teleskops erhalten wir ein Bild vom Gerät und dem Öffnungs- durchmesser.

Die Übersicht der Teleskopsteuerung Die Welcome Site bietet eine Übersicht aller Teleskopfunktionen (Abb. 2). Auf der lin- ken Seite findet sich die Teleskopsteuerung in Form von Links. Diese sind in sechs ver- schiedene Untergruppen aufgeteilt: 1. „Home“ / „Welcome Site“ Hier erhalten wir eine Kurzübersicht über das Teleskop sowie die Reservierungszeiten. 2. „Systemstatus“ In diesem Bereich können wir den Ablauf des so genannten „scripts“ verfolgen, den Autoguider beobachten, das letzte Bild an- 3 Die Übersichtsmaske Deep Sky Imaging sehen oder ggf. das Skript bei Fehlern ab- brechen. Das Skript ist eine Anweisung für das Teleskop in Computersprache. Es sorgt wählen, ob wir ein „One Click Image“, ein 4. „My Documents“ für einen reibungslosen Ablauf des Geräts „Deep Sky“, einen „Comet/Neo“, einen „Sa- In diesem Bereich haben wir Zugriff auf und steuert das Teleskop. ved plan“, also einen zuvor abgespeicherten eigene angelegte, geplante Observierun- 3. „Image/Plan“ Plan, machen wollen. Zusätzlich finden wir gen – „My Observing Plans“ – können uns In diesem Bereich finden wir die Tele­ hier die Möglichkeit, eine Reservierung für die Logs vergangener Skripte anschauen – skopprogrammierung. Hierbei können wir das Teleskop anzulegen. „Run Logs“ – und können Zugriff auf den

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4 Telescopius – der Planungshelfer von iTelescope zugestandenen FTP-Server, spricht es nicht den Rohdaten. Die „All Sky (Abb. 3). Im obersten Feld haben wir die nehmen – „My Image Files“. Camera“ bietet einen schnellen Blick auf Möglichkeit, einen Plan-Namen einzuge- 5. „Support“ den Himmel und lässt erste Rückschlüsse ben (1). Dieser ist nur erforderlich, wenn Der Bereich „Support“ ist gerade am An- auf das Wetter zu. Für eine genauere Wet- man lediglich einen Plan erstellen möchte, fang eine sehr hilfreiche Ecke. Neben der teranalyse des Standorts empfehle ich je- um ihn später zu nutzen. Im zweiten Feld Möglichkeit, den Support bei Notfällen doch den Punkt „Weather Data“. Wirklich wird nach dem Ziel gefragt. Wir können direkt zu kontaktieren – „Contact Support“ interessant ist der Punkt „Telescope Info“, jetzt entweder direkt ein Objekt wie M 51 – finden wir hier eine Fülle an hilfreichen welcher uns detailreiche Informationen zu als Ziel eintragen und auf „get coordinates“ Videos – „Video Tutorials“ – sowie die am dem Teleskop sowie der genutzten Kame- klicken, um die Koordinaten automatisch häufigsten gestellten Fragen – „FAQ“. Der ra, zu Guiding-System und Filter gibt. Der eintragen zu lassen, oder wir tragen die Support kann auch auf Deutsch angeschrie- Punkt „Abort Script“ beendet begonnene Zielkoordinaten ein und geben dem Ziel ben werden. Aufnahmeskripte an der nächstmöglichen selber einen Namen. 6. „Tools“ Stelle im Skript. Durch „Release Observa- Der Bereich „Tools“ enthält verschiedene tory“ kann ein Benutzer, der während sei- Im nächsten Bereich können wir nun die praktische sowie interessante Informatio- ner reservierten Zeit mit seinen Aufnah- gewünschten Filter wählen. Hierzu wählen nen. So lassen sich über den Punkt „Cal. men fertig ist, die Reservierung beenden. wir jeweils die Zeile an. Nun gibt es zwei (Dark/Bias)“ Darks, Flats und Bias für die Möglichkeiten zu definieren, wie oft wir die erweiterte Bildbearbeitung anfordern. Fotografieren wie die Profis – Filter nutzen möchten. Entweder wir geben Über den Punkt „View Observatory“ kann das „Deep Sky“ in der Spalte „Qty“ (2) ein, wie oft jeder ein- man den Desktop des Teleskops betrachten. Für den erfahrenen Astrofotografen emp- zelne Filter genutzt werden soll, oder wir Dieses ist jedoch nur ein Bild und kein Live- fiehlt sich die Option „Deep Sky“. In die- setzen einen Haken bei „Repeat“ (3) und Video. „Preview Last Image“ ermöglicht es ser haben wir die Möglichkeit, unser Ziel geben an, wie oft die Filterserie laufen soll. uns auch über diese Option, das letzte ge- selbstständig festzulegen, die Belichtungs- In der vorletzten Spalte (4) geben wir unse- schossene Bild zu sehen. Da dies jeweils zeiten sowie Filter selber zu wählen und di- re gewünschte Belichtungsdauer an. Hier- nur eine komprimierte Vorschau ist, ent- verse weitere Einstellungen vorzunehmen bei ist die Maximalbelichtungsdauer zu

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beachten. Diese steht i. d. R. unterhalb der Tabelle. In der letzten Spalte haben wir nun die Möglichkeit, das Binning anzugeben (5). Dieses ist beschränkt durch die Drop- down-Auswahl. Unter dem Punkt „Advan- ced Imaging Options“ erhalten wir weitere Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Aufnahme. Ich gehe aufgrund der Fülle der Optionen hier nur auf ein paar wenige Op- tionen einen. Diese werden grundlegend 5 NGC 253 im Sternbild alle in den Video-Tutorials sowie den FAQ Sculptor (Bildhauer), RGB- des iTelescope-Systems genauestens er- Aufnahme je 3 x 300 s be- klärt. lichtet, T 24 Planwave 24 CDK mit 610 mm Öffnung Durch das Anklicken der Kästchen kann und 3.962 mm Brenn- man hier die Optionen an- oder abwäh- weite (f/6,5), Kamera len. So lassen sich Bilder dithern (6), um FLI-PL09000, 3.056 x kleine Positionsänderungen zwischen den 3.056 Pixel von je 12 μm Belichtungszeiten zu erwirken, oder plate Pixelgröße solving (7) anwenden (Bestimmung der Koordinaten des Bildmittelpunktes), um eine exakte Katalogisierung der Aufnah- me zu ermöglichen. Durch einen Klick auf „Acquire images now“ (8) wird nun das meraeigenschaften füttern kann. Zusätzli- reich ist es immer schwer, junge Menschen Skript gestartet oder durch „Create plan for ches bietet der Punkt „iTelescope“ (2) eine zu animieren, nachts in eine Sternwarte zu later“ (9) für später unter angegebenem Na- Auswahl aller Online-Teleskope von iTele- kommen, um Bilder im Zuge eines Projekts men abgespeichert. Die Daten der Aufnah- scope. Nach der Auswahl des gewünschten zu machen. Die Remote-Teleskopie birgt me sowie ggf. angeforderte Daten zu „Cal. Teleskops erhält man direkt eine Voransicht hier großes Potenzial, mit garantiertem (Dark/Bias)“ werden hier ebenfalls unter des Aufnahmebereichs mit dem Gerät. Dies Lerneffekt und Erfolg. Aber auch dieses dem Punkt „My Image Files“ gespeichert. alles ist kostenfrei und erfordert keine wei- System hat einen gewissen Kostenfaktor. Die Daten werden in diesem Bereich 90 Ta- tere Anmeldung. Es ist sehr empfehlens- ge maximal gespeichert. Daher empfiehlt wert, um das richtige Teleskop für das ge- Das iTelescope bietet verschiedene Mit- es sich, alles zeitnah herunterzuladen und wünschte Objekt, oder anders herum, zu gliedschaften (Memberships) über mo- abzuspeichern. finden. natlich kündbare Verträge an. So gibt es beispielsweise eine Probemitgliedschaft Die Planung der Aufnahmen Kosten der Technik für 19,99 US$, die man einen Monat aus- Das Itelescope-System arbeitet eng mit der Jeder Astrofotograf mit eigenem Equip- probieren kann. Danach kostet die güns- Seite Telescopius.com [2] zusammen (Abb. ment weiß, dass es sehr schnell teuer wer- tigste Mitgliedschaft 39,99 US$. Für die 4) die auch für die „Nicht-Remote-Astro- den kann. Ein gutes Teleskop, eine gute Mitgliedschaft erhält man 1:1 Punkte gut- fotografie“ ein mächtiges und kostenfreies Nachführmontierung, Guiding-System, geschrieben. Also 39,99 US$ entsprechen Tool darstellt. Die einfachste Variante zur dann eventuell noch eine gute Spiegelre- 40 Punkten. Planung ist, das gewünschte Objekt rechts flexkamera. Schnell sind ein paar Tausend oben in das Suchfeld einzutragen (1). Nach Euro eingeplant, und das erste Bild ist noch Jedes Teleskop hat nun eine sogenannte Bestätigung erhält man einen übersicht- nicht in Sicht. Diese Hürde kann ziemlich Tickrate für die verschiedenen Mitglieds- lichen Teleskop-Simulator, den man u.a. frustrierend sein, vor allem für jüngere arten. Ein „Tick“ entspricht hierbei genau auch mit seinem eigenen Teleskop und Ka- Sternbegeisterte. Auch im schulischen Be- einer Belichtungsminute des Bildes. Je

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Der VdS-Bonuscode Als besondere Zugabe konnte ich in Zusammenarbeit mit dem System iTelescope.net und Dr. Christian Sasse einen Werbecode für alle Leser des VdS-Journals für Astronomie und für die VdS-Mitglieder verhan- deln. Dieser lässt sich während des Bezahlvorgangs einmalig einlösen und führt zur Punkteverdopplung für neue Mitgliedschaften mit dem iTelescope-System. Dieser Bonus ist wirklich exklusiv für die VdS. iTele­scope-Code: ITELVDS, gültig ab dem 01.04.2020 bis 31.05.2020.

Meine Ergebnisse Zur Veranschaulichung der Qualität möchte ich ein paar meiner Bil- der vorstellen, die mit verschiedener Ausrüstung und Belichtungszei- ten erstellt wurden (Abb. 5, 6, 7). Ich finde diese vor allem im Hinblick auf die teilweise sehr geringe Belichtungszeit bemerkenswert. Ich habe bewusst solche Bilder gewählt, die ohne Darks, Flats oder Bias verarbei- tet wurden. Auch hält sich die fotografische Bearbeitung in Grenzen. Oftmals wurden sie lediglich in PixInsight zusammengefügt, die Be- lichtung angepasst und etwas entrauscht.

Eine Danksagung An dieser Stelle möchte ich dem Team von iTelscope.net und hier vor al- lem für die Hilfestellung von Dr. Christian Sasse danken. Erst durch sei- ne Mithilfe konnten diese Projekte und dieser Bericht realisiert werden.

Weblinks (Stand November 2019): [1] www.itelescope.net [2] www.telescopius.com

6 IC 434 im Sternbild Orion mit dem Pferdekopfnebel, RGB- Aufnahme je 3 x 600 s belichtet, T 9 Tele Vue NP127, 127 mm Öffnung und 670 mm Brennweite (f/5,3), Kamera FLI Prokline 16803 Grade 1, 4.096 x 4.096 Pixel von je 9 μm Pixelgröße

mehr man im Monat investiert, desto geringer ist die Tickra- te. Die Tickrate variiert auch sehr von Teleskop zu Teleskop. Nehmen wir als Beispiel eine Mitgliedschaft für 39,99 US$. Für das Teleskop 12 am Siding Spring bezahlen wir 101 Punkte pro Belichtungsstunde. Eine einzelne Aufnahme von 5 Belich- tungsminuten kostet 8,41 $. In diesem Fall rundet iTelescope ab und sagt 8 Punkte. 8 Punkte entsprechen ca. 7,25 Euro. Mit 3 Bildern kann ich bereits ein RGB-Bild produzieren. Dies entspricht also 21,75 Euro und ist sicherlich nicht als billig zu bezeichnen. Ein Teleskop inklusive einer guten Kamera und einem Guiding-System jedoch auch nicht. Daher ist das Re- 7 Der Orionnebel M 42, RGB-Aufnahme je 3 x 300 s belichtet, T 16 mote-Teleskop-System eine gute Einstiegsalternative. Takahashi TOA-150 mit 1.100 mm Brennweite (f/7,3), Moravian G4-16000, 4.096 x 4.096 Pixel von je 9 μm Pixelgröße 28 | Journal für Astronomie Nr. 73 Automatisierte und Remote-Beobachtungen

SALSA – Beobachtungen mit einem Remote-Radioteleskop von Klaus Fenger

Wer hat nicht schon einmal überlegt, selber Radioastronomie zu betreiben, um zu ver- stehen, welche Möglichkeiten der Amateur hat? Für Fragen zu den Grundlagen der Radioastronomie zum Einstieg empfehle ich die Homepage zur Radioastronomie [1] und die Seiten des Astropeilers Stockert e.V. [2]. In Onsala an der Westküste von Schweden stehen zwei 2,3-m-Radiotele­ skope (Abb. 1) für Übungen zur Verfügung, um radioastronomische Beobachtungen im Bereich der Wasserstoffemissionen der Milchstraße durchzuführen. Der Name SALSA steht für „such a lovely small an- tenna“. Umfangreiche Dokumentationen 1 Die beiden 2,3-m-Radioteleskope, Foto: Onsala Space Observatory, Eskil Varenius stehen auf Englisch bereit [3].

Wie geht man vor? Unter dem Menüpunkt Thematik wird beschrieben, wie man aus Beispiele für Messergebnisse sind in der „Оbserve“ ist die einmalig auszuführende seinen Beobachtungen z.B. die Struktur der Abbildung 3 dargestellt. Sie zeigen für die Prozedur beschrieben, welche Schritte für Milchstraßenarme berechnet. Ein erläu- galaktischen Längen l = 89,5°, 92,5° und die Einrichtung eines kostenlosen (!) Ac- terndes Video von Jean Jacques Maintoux 94,5° die mit SALSA gemessene Intensität counts notwendig sind, um die Anlage zu hierzu findet sich auf Youtube [4]. Nach über der Radialgeschwindigkeit. Die Letz- benutzen. Danach können die Antennen Abschluss der Messungen stehen die Mess- tere wurde berechnet aus der durch den zur Beobachtung reserviert werden. Auf daten in Form von FITS-, PNG- und TXT- Doppler-Effekt bedingten Frequenzver- der Unterseite „Telescope schedule“ sucht Dateien zur Verfügung. Des Weiteren wer- schiebung und ist normalisiert auf den Lo- man sich eine freie Beobachtungszeit, bucht den die Messdaten für den Anwender auf cal Standard of Rest (LSR). Mit diesen Ra- hier für einen Zeitraum eine Antenne und einem Server für längere Zeit gespeichert, dialgeschwindigkeiten bewegt sich das Gas beschreibt in einem Formular die für sei- so dass man seine Daten selbstständig aus- auf uns zu bzw. von uns weg. Die einzelnen ne Beobachtung nötigen Werte. Für Fort- werten kann (Abb. 2). Spiralarme erkennt man in den Maxima. geschrittene und nach Einarbeitung in die Anzeige

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2 Datenarchiv des Autors auf dem SALSA-Server, Screenshot: Klaus Fenger

Weblinks (Stand November 2019): [1] VdS-Fachgruppe Radioastronomie: www.vds-astro.de/index.php?id=radioastronomie [2] Astropeiler Stockert e.V.: https://astropeiler.de [3] SALSA: https://vale.oso.chalmers.se/salsa/ [4] Video Our @ 21cm: www.youtube.com/watch?v=HGwkZY4E64k&feature= player_detailpage

3 Messungen der 21-cm-Linie bei l = 89,5°, 92,5° und 94,5°, Screenshot: Klaus Fenger

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Astrofotografie im Remote-Betrieb – das „Spanienexperiment“ von Robert Pölzl

Es ist 5:30 Uhr – der Wecker geht und ich muss raus aus dem Bett. Leichte Kopf- schmerzen geben mir zu verstehen, dass das jetzt nicht unbedingt das ist, was mein Kör- per will … rein in Jogginghose und Anorak, Haube und Fellstiefel. Mit der Stirnlampe bewaffnet mache ich mich auf den Weg zur Sternwarte – gute 300 Meter entfernt, hoch oben in den Bergen. Die frische Luft tut gut, aber ich frage mich im gleichen Moment, wie wohl der heutige Arbeitstag so abläuft und ich denke, dass dies wohl nicht so ganz der optimale Tagesstart ist. Nachdem ich 1 Die bunten Hochebenen am Weg von Madrid nach Süden in der Sternwarte die Bilder auf einen Stick übertragen habe, die CCD-Kamera wieder aufgewärmt ist und dazu all die notwendi- gen Schritte bis zum Schließen des Daches erledigt wurden, setze ich mich ins Auto und mache mich auf den Heimweg.

So oder so ähnlich geht’s vielen von uns. Dank der übersichtlich gebauten Sternwarte 2 Nerpio liegt in einem funktionierten die Inbetriebnahme und das Naturpark - hier wird wie Schließen recht schnell und es passierten bei uns noch mehr Wert kaum Fehler. Hut ab vor allen Sternfreun- auf die Natur gelegt. den, die ihre Ausrüstung mobil verwenden und großen zusätzlichen Aufwand, Einsatz und erhöhtes Risiko für Fehler nicht scheu- en. Auch ich habe in den ersten Jahren diese Situation durchgemacht. Ursprünglich habe ich mich lange gewehrt, dem PC sämtliche Arbeitsschritte anzuvertrauen und so war ich lange mit der DSLR und anfangs noch mit der Guidecam SBIG ST4 unterwegs.

Tja – Jahre später kommt man schon zum Grinsen, wenn man nachdenkt. Bedingt durch mein Ziel, möglichst tiefe Aufnah- men zu gewinnen, war es für mich klar, dass ich dafür einen möglichst dunklen Himmel benötige. Diesen dunklen Himmel und eine Möglichkeit zum Bau einer Rolldach- hütte habe ich 2008 mit einer großen Por- tion Glück in Hirschegg in der Steiermark auf 1.300 Meter Seehöhe im Bereich eines 3 Meine 300 kg schwere Kiste mit dem gesamten Setup wird auf den LKW verladen, Bergbauernhofes gefunden. Damit verbun- der sie zur Sternwarte hochbringt.

Journal für Astronomie Nr. 73 | 31 Automatisierte und Remote-Beobachtungen

4 Eine der vielen Kojen mit verschieden Ausrüstungen – die im Bild ersichtlichen Modelle fallen in die „kleine“ Rubrik.

So war es ein anderer Zufall, der mich 2012 einen großen Schritt vorwärts machen ließ, als ich erstmals eine Remote-Sternwarte- nanlage erleben konnte. Auf Frage eines Sternfreundes begleitete ich ihn auf einen „Arbeitsurlaub“ ins „Astrocamp“ nach Ner- pio in Spanien. Ich war überrascht von der wunderschönen Landschaft, der dünnen Besiedelung und den Bergen. Irgendwie hatte ich mir Spanien anders vorgestellt. Hier gibt es etwa 200 astronomisch brauch- bare Nächte, sehr gutes Seeing und einen für unsere Begriffe dunklen Himmel. Das sind sehr gute Voraussetzungen für unser Hobby. Nachts konnte ich erstmals live erle- ben, was hier abgeht, wie sich die Teleskope „von alleine“ über den Nachthimmel bewe- gen. Ich erkannte aber auch, dass die tech- nischen Anforderungen an den Betreiber durchaus komplexer sind, als man zunächst vermutet. Vom 60-mm-Refraktor bis zum 20-zölligen Reflektor konnte man alles ent- decken – und vor allem wie unterschiedlich jeder Kunde (= Astrofotograf) seine Aus- rüstung aufgebaut hat. Jedes Setup trug die Handschrift des Eigentümers. Der Support vor Ort hat es in weiterer Folge oft nicht leicht, denn es wird erwartet, dass alles exakt nach den Vorstellungen des Kunden montiert und nach der Inbetriebnahme jede dieser unterschiedlichsten Ausstattun- gen auch eingestellt oder gewartet werden kann. Jedenfalls war dieser Besuch für mich eine Bestätigung, dass Remote-Astronomie 5 Mein damaliger 14-Zoll-Newton mit f/3,8 wohl echt funktioniert und neue Dimensio- nen in der Belichtungszeit zulässt. den ist jedoch auch eine Anfahrt von statt- technik, Netzwerk oder komplexe Software Zuhause war dann wieder mal wochen- lichen 50 Kilometern – was in den Bergen ging, fehlte mir das Wissen. Außerdem war lang nicht an das Arbeiten unter dem Ster- mit einer Fahrzeit von knapp einer Stunde meine Rolldachhütte eine „Handwerker- nenhimmel zu denken und so tendierte verbunden ist. Unterdessen hörte man aber konstruktion“ und fertige Lösungen von ich mehr und mehr dahin, den Schritt ins auch schon damals von Sternwarten mit Dachantrieben für diese Basis gab es nicht. Abenteuer „Remote“ zu wagen. Eine An- ferngesteuertem Teleskopbetrieb – aber mir frage per Mail wurde bald beantwortet fehlte eine leitende Hand. Handwerkliches Andererseits wollte ich es aber auch nicht und man ließ mich wissen, dass ich auf Geschick und Einsatzbereitschaft begleite- vermissen, den wunderschönen Sternen- eine Warteliste käme und eine Info erhielte, ten mich schon jeher, aber als es um Elektro- himmel und die Umgebung live zu erleben. wenn ein Platz frei wird. Ein paar Monate

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6 Die Koje, in der mein Teleskop und ein anderes montiert sind. Es ist wichtig, dass das Teleskop so montiert ist, dass sich das Dach immer schließen lässt.

später war dieser freie Platz dann tatsäch- lich vorhanden und kurz darauf eine 300 kg schwere Kiste auf dem Weg nach Südspa- nien. Ab 2014 betrieb ich sodann meinen 14-zölligen Newton in Nerpio und kam hier mit zwei guten Freunden auf mehrere 100 Stunden an Belichtungszeit. Viele mei- ner besten Bilder entstanden dort. „Meh- rere 100 Stunden Belichtungszeit“ – was – Wie gut ist die Qualität der Rohbilder: den möchten. Eine Übertragung von 30 Bil- macht man wohl mit dieser Zeit? Natürlich FWHM-Wert, Himmelshintergrund, dern kann dann schon mal einige Stunden hört sich das sehr verlockend an. Aber hier- Signal vom Zielobjekt in Anspruch nehmen, denn die Infrastruk- in steckt auch eine große Herausforderung, – Kalibrierungsbilder (u.a. Skyflats) erstel- tur, die wir zuhause als Standard gewohnt denn auf einmal kommen Fragen und Auf- len. sind, liegt im Naturschutzgebiet in Spanien gaben, die man vielleicht nicht bedacht hat: – Erstellen des Plans für die nächste Nacht. so nicht vor. Fast täglich muss man sich mit – Welchen Hintergrund – welches Ziel hat Welches Objekt kommt als nächstes auf diesen und ähnlichen Herausforderungen diese Aufnahme? die Liste? beschäftigen, wenn man es so wie ich etwas – Welche Filter und Einzelbelichtungszei- – Starten der Sternwarte – mit allen Din- ernster nimmt. ten sind nötig, und mit welcher Gesamt- gen, die man zuhause auch macht. belichtungszeit ist zu rechnen? Wollte ich das dauerhaft? Nein – wollte ich – Download der Bilder Das sind viele Dinge, die man vielleicht nicht! Ich habe mich eher verpflichtet ge- – Genaue Durchsicht der Rohbilder und nicht alle von vornherein bedenkt. Und fühlt. exakte Analyse am selben Tag nach even- dann ist nach einer erfolgreichen Nacht tuellen Gradienten durch Zirren (viel- auch noch die Übertragung der Bilddaten Zwar war es nun kein Problem, ein Objekt leicht hat jemand in der benachbarten eine große Herausforderung, da 20 Gleich- in ein paar Tagen 70 Stunden oder mehr zu Koje das Licht vergessen auszuschalten). gesinnte zeitgleich ihre Bilder herunterla- belichten, aber trotzdem habe ich Familie,

7 Überblick über die ganze Anlage „Astrocamp“. Die Anlage befindet sich in ca. 1.700 m Seehöhe über Nerpio.

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8 Bereits kurz nach Sonnenuntergang ist die tolle Himmelsqualität zu erkennen. Die sehr trockene Luft (oft um 20% relative Feuchte) ermöglicht ein sehr gutes Seeing und eine tolle Transparenz.

Meine Meinung: Im Bereich Fertigkeiten der Feinmechanik bleibt noch Luft nach oben. Die Grenze, was der Support vor Ort leisten kann, ist schwer im Vorfeld abzuklä- ren. Nachträglich gesehen rate ich jedem, sein Setup so einfach wie möglich und oh- ne Super- und Sonderlösung aufzubauen. Ganz erspart bleibt es aber trotzdem nicht, vielleicht einmal im Jahr persönlich vor Ort aufzutauchen und nach dem Rechten zu se- Haus und Garten, Freunde und einen Job, 2. Ab ins Flugzeug und das Problem selbst hen. Vielleicht ist es zur Optimierung der der meinen Einsatz verlangt, von anderen lösen. Leider ist mir das tatsächlich pas- Justage, um die Optik und alles andere zu Hobbys ganz zu schweigen. siert. Im Bereich des Off-Axis-Guiders war reinigen, mögliche Veränderungen in der eine Demontage nötig und dies konnten die Nachbarschaft oder ähnliches wahrzuneh- Eine weitere große Herausforderung be- Mitarbeiter tatsächlich nicht lösen, auch men oder auch nur, um mit den Betreibern steht darin, die eigene instrumentelle Aus- weil sie vor Ort sehr vorsichtig vorgehen, und Leuten vor Ort ein gutes Verhältnis zu rüstung unanfällig gegen Störungen zu ma- um Beschädigungen zu vermeiden. Lieber, pflegen. Nach zwei intensiven Jahren be- chen und beim Auftreten von Pannen mög- es fällt etwas für drei Wochen aus, als dass endete ich dieses Abenteuer in Spanien aus lichst selbst eine Lösung parat zu haben. der Betreiber teures Equipment bezahlen den gerade geschilderten Gründen – mit Natürlich bleibt es auch trotz gewissenhaf- muss. einem lachenden und einem weinenden ter Arbeit, stabil laufendem Computersys- Auge ... tem usw. notwendig, dass helfende Hände vor Ort sind. In der Regel geschieht eine solche Anforderung per Ticketsystem. Ein INSERENTEN Mitarbeiter nimmt sich dann des Problems an und versucht, den Wunsch des Kunden 144 APM Telescopes, Rehlingen zu erfüllen. Im Idealfall ist die Sache nach 17 astronomie.de, Neunkirchen ein paar Stunden gelöst. Es kann aber auch 13 Astroshop.de nimax GmbH, Landsberg sein, dass die Beschreibung des Problems 107 ATT, Essen für den Mann vor Ort nicht klar genug U4 Baader Planetarium, Mammendorf formuliert wurde und die Lösung mehre- 53 euro EMC re Mails und mehrere Tage in Anspruch 29 Gerd Neumann jr. Entwicklung und Herstellung nimmt. Hier kann eventuell eine Anlei- feinmechanischer & optischer Instrumente tung mit Foto oder Zeichnung gut helfen. Natürlich kann man auch per Skype einen 119 Sahara Sky, Fritz G. Koring, Marocco Termin vereinbaren und sozusagen live am 77 Kiripotib Astrofarm Teleskop das Problem besprechen. Dies ist 65 Kosmos Verlag, Stuttgart in der Umsetzung aber etwas schwierig und U3 Optical Vision Limited, UK auch etwas unbeliebt, weil in Spanien ein 47 Optische Geräte Wolfgang Lille, Heinbockel etwas „anderes“ Englisch gesprochen wird 35 Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg als bei uns. Sollte der Support vor Ort nicht Spektrum der Wissenschaft in der Lage sein, das Problem perfekt zu lö- 97 Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg sen, gibt es zwei Möglichkeiten: Sterne und Weltraum 1. Das Teil wird abmontiert und zum Kun- den geschickt (das ist aber nur bei kleinen U2 Vesting e. K. Fachhandel für Astronomie, Hamburg Teilen sinnvoll).

34 | Journal für Astronomie Nr. 73 SPEZIAL Physik Mathematik Technik

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Wenn einer eine Reise macht … von Josef Pöpsel

Gut sechzehn Jahre ist es her, dass unser Ba- by das Licht der Welt erblickte. Mit knapp einer Tonne Gewicht und 60 cm Durch- messer durchaus ein stolzes Exemplar sei- ner Gattung. Die Rede ist von „Ganymed“, einem 24-Zoll-Spiegelteleskop, das wir uns als Team im Jahre 2002 zulegten, und das seitdem schon so Manches erlebt hat – und wir mit ihm. Um seine Reise um die Welt, von Löwen, Skorpionen und Schneestür- men geht es in diesem ersten Teil unseres Berichtes – im zweiten folgt dann die „Tech- nikgeschichte“: Die Remote-Steuerung, der Bau einer Kuppel und was man sonst noch so braucht, um sein Baby in trockene Tü- cher zu bekommen.

Ich erinnere mich noch gut, als ich irgend- wann im Herbst 2002 eine Anzeige in „Sterne und Weltraum“ las: „Suchen dritten Mann für Teleskop-Projekt auf La Palma“. Ich war damals mit meinen Versuchen, ver- nünftige Astrofotos zu machen, ziemlich gescheitert – trotz einiger Investitionen in eine CCD-Ausrüstung (768 x 512 Pixel, um die Jahrtausendwende fast unbezahlbar). Sollte ich frustriert aufgeben oder „richtig“ loslegen? Nun, ich habe mich für Letzteres 1 Ganymed im Sommer 2003 zu Testzwecken im heimischen Garten. entschieden. Als Fundament diente der Boden des „Astroklos“, einer auf Rollen befindlichen Hütte, in der normalerweise ein Meade LX200 montiert war. Die Palmeros wollten auf dem Roque de los Muchachos neben den dortigen Großtele­ skopen ein Gästezentrum errichten und Bis aus La Palma etwas wird, sind wir alt Metern Höhe erblickten. Eine provisori- hatten Platz für unser Teleskop – so zumin- und grau. Ich sollte Recht behalten – erst sche Plastik-Umhausung bot bedingt Wet- dest war damals der Stand der Dinge. Ein 2016 wurde der Grundstein für das „Centro terschutz, aber einen Sturm hätte es damals Trip nach La Palma, viele Diskussionen mit de Visitantes del Roque de los Muchachos“ nicht geben dürfen. Zum Einsatz kam eine den Astronomen vor Ort und einige Zeit gelegt, noch heute sind die Bauarbeiten SBIG ST-10XME mit AO7. Das erste Bild später folgte ein ernüchterndes Ergebnis: nicht abgeschlossen, sollen es aber bald war vielversprechend: die Kaulquappen- sein. Ja – ich bin mittlerweile alt und grau. Galaxie UGC 10214 (Abb. 2). Die Hard- ware lief also, nur mein Garten war kein Das Capella-Team besteht derzeit aus Das Teleskop nebst Montierung war mitt- dauerhafter Hort für unser Baby. Josef Pöpsel, Dr. Stefan Binnewies und lerweile fertiggestellt und stand im Som- Frank Sackenheim. Der vierte Mann, mer 2003 für ein paar Wochen zum Test bei 2003 - 2006: Namibia Prof. Dr. Hanns Ruder, ist bekanntlich mir im Garten (Abb. 1). Ich weiß bis heute Und dann erreichte uns ein Angebot aus verstorben. nicht, was die Nachbarn damals gedacht Namibia. Dort gab es eine Gästefarm, wo Die Redaktion haben, als sie das Ungetüm mit knapp vier man unser Teleskop gerne beherbergen

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2 Das linke Bild von UGC 10214 entstand im Sommer 2003 noch im heimischen Garten mit einer SBIG ST-10. Im Vergleich dazu rechts dasselbe Ziel mit demselben Te- leskop, dieses Mal von Kreta aus fünf Jahre später mit einer SBIG STL-11000 remote aufgenommen (Ausschnitt).

wollte – wohl auch mit dem Hintergedan- ken, damit mehr Gäste auf die Farm zu locken. Diese Chance ließen wir uns nicht entgehen, war doch Namibia bekannt für seine klare, trockene Luft, das (angeblich) so gute Seeing und natürlich den Südhim- mel. Im Vergleich zu La Palma waren die Entscheidungswege kurz und schon im Herbst stand das Teleskop in 2.500 m Hö- he auf der Amani-Lodge nahe Windhoek in einer extra errichteten Rolldachhütte. Per Luftfracht hatte sich unser Baby in vier Holzkisten, von der Air Namibia aus „nati- onalem Interesse“ gesponsert, auf den Weg gemacht und erblickte dort im August 2003 das erste Mal den Südhimmel. An Remote- Steuerung war seinerzeit nicht zu denken – 3 In Kisten verpackt verlässt Ganymed Namibia, auf zu neuen Ufern Richtung Kreta. wenn Internet, dann über ein Modem mit Akustik-Koppler bei 1024 Baud. Selbst ein- fache E-Mails dauerten ewig. muss. Wenn man sie bemerkt, ist es bereits ruhigenderes, als die beiden nachts in drei zu spät. Da sind die vermeintlichen „Erd- Kilometern Entfernung in ihrem Gehege Der durchaus geschäftstüchtige Lodge-Be- haufen“, die plötzlich nachts auf den Wegen brüllen zu hören. Dann wusste man, dass sitzer hatte außer unserem Teleskop (da- zum Schlafplatz auftauchen und von denen sie weit weg waren. Meine Furcht vor wil- mals das größte in Namibia) und einem man sich fragt, wie sie denn so schnell da- den Tieren erwies sich im Nachhinein als frei herumlaufenden zahmen Geparden hin gekommen sind, fast nicht mehr der nicht unbegründet. In einem Internetbe- noch zwei weitere Attraktionen in Form Rede wert. Nach der ersten Begegnung mit richt vom März 2013 stand, dass Alain und von ausgewachsenen Leoparden. Die kom- einem solchen Haufen, aus dem plötzlich Shanaaz Houalet (Eigentümer der Amani- men zwar in diesem Teil Namibias eigent- ein langer Hals mit Kopf auftauchte, um Lodge) Reiseveranstalter und Safariunter- lich frei lebend nicht vor, aber was tut man sich anschließend zu erheben und davon- nehmen über einen tödlichen Angriff eines nicht alles für die zahlenden (Foto-) Gäste. zulaufen, weiß man, was das gerade war … Löwen informiert hatten. Ein 22-Jähriger Blöd nur, dass die Umzäunung des Geheges wurde schwer verletzt und starb kurz dar- die beiden Katzen nicht vom Ausbüchsen Nach drei Jahren haben wir Namibia wie- auf. abhalten konnte. Ein bisschen mulmig ist der verlassen. Die Leoparden waren zwar einem schon, wenn man nachts im Freien nicht wieder aufgetaucht, aber das leere Die mehrwöchigen Reisen gingen doch herumspaziert und nicht nur Angst vor gif- Gehege wurde nach dem Umbau mit zwei stark ins Geld und die astronomischen tigen Puffottern, die den Weg kreuzen, son- ausgewachsenen, nicht weniger furchtein- Bedingungen hielten nicht das, was wir dern auch vor hungrigen Leoparden haben flößenden Löwen gefüllt. Es gab nichts Be- uns versprochen hatten. Wahrscheinlich

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4 Elefantenrüsselnebel IC 1396 A/B, August 2006, bei 5 m Brennweite (f/8,3) mit einer SBIG STL-11000M aufgenommen, FWHM = 1’’-1,3’’

5 Spiralgalaxie M 74, Aufnahmedaten wie in Abb. 4

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6 Stephans Quintett, Aufnahmedaten wie in Bild 4 7 Das erste Bild von M 3, remote mit Ganymed aufgenommen im Mai 2007

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Berg angekommen, konnten wir bereits in der darauf folgenden Nacht „First Light“ feiern. Das Teleskop funktionierte hervor- ragend und wir machten den Rest der Wo- che einzigartige Aufnahmen (Abb. 4, 5 und 6). Angst vor wilden Tieren brauchten wir nun nicht mehr zu haben. Lediglich Schafe und Ziegen, die sich nachts auf den Wegen zum Schlafen legten, sorgten für Stolperfal- len und ihre Hinterlassenschaften für eine gewisse Rutschgefahr. Skorpione auf Kre- ta sind im Vergleich zu den namibischen winzig! Übrigens hatte ich in Namibia eine Flasche Champagner versprochen, wenn wir irgendwann einmal ein Seeing besser 8 Hanns Ruder live in Skinakas – hier bei der Videoaufnahme Jupiters 1’’ haben sollten. Bereits nach der zweiten Nacht auf Kreta musste ich mein Verspre- chen einlösen. Überglücklich verließen wir auf Grund der Lage der Rolldachhütte am Sie war elektrisch betrieben, Internet war Skinakas, mit dem Vorsatz, Ganymed beim Hang hatten wir nur ein mittleres Seeing auch verfügbar. Also ging es in Namibia nächsten Besuch remotefähig zu machen. von schlechter als 2’’. Unser Ende in Nami- ans Kistenpacken. Ganymed machte sich bia hatte aber noch einen anderen, wesent- auf den weiten Weg nach Kreta, dieses Mal Das von der Universität Heraklion betrie- lichen Grund: Wir hatten eine ausgespro- über Südafrika per Schiffsfracht (Abb. 3). bene Skinakas Observatory ist allerdings chen interessante Alternative! Air Namibia stand aus nachvollziehbaren während der Wintermonate von Oktober Gründen nicht mehr als Sponsor zur Ver- bis April geschlossen und aufgrund der 2006 - 2012: Kreta fügung. Gut acht Wochen später, im August Schneemengen nur zu Fuß erreichbar. Man Einer aus unserem Dreierteam war ab- 2006, erreichte das Teleskop nebst Tech- wird dort zwar von Frühjahr bis Herbst mit gesprungen und Prof. Dr. Hanns Ruder nik ohne allzu große Blessuren Kreta. Am 150 klaren Nächten verwöhnt, aber für die (schon damals emeritierter Professor für theoretische Astrophysik) bekundete nach einem SuW-Titelblatt mit der von uns foto- grafierten Spiralgalaxie NGC 613 Interesse an einer Zusammenarbeit. Ab 2005 war er der dritte Mann im Team. Er wollte sich als Rentner noch einmal an die praktische Astronomie wagen, die er in seiner Jugend betrieben hatte. Ein Kontakt zu seinem al- ten Studienfreund Prof. Papamastorakis, der mittlerweile Professor für Astronomie an der Universität Heraklion war, sollte uns auf die Insel Kreta umziehen lassen. Dort stand auf dem Berg Skinakas in 1.750 m Höhe eine leerstehende, in die Jahre ge- kommene 8-m-Kuppel (ASH-Dome), die nur alle paar Wochen an öffentlichen Tagen als Besucherraum benutzt wurde. 9 Das jähe Ende auf Skinakas: die Kuppel nach einem Schneesturm im April 2012

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Wintersternbilder ist der Standort leider ungeeignet. So war über den Winter Zeit für die Planung und das Beschaffen von Equipment für die Remote-Steuerung – von elektrisch zu öffnenden Klappen für den Hauptspiegel hin zu Internetkameras und fernsteuerbaren Steckdosen. Der Do- me konnte zwar elektrisch gedreht und ge- öffnet werden, das aber nur per Kopfdruck und durch Stecker einstecken. Näheres zum nötigen Umbau dann im zweiten Teil des Artikels. Im April 2007 war es schließlich so weit. Vollgepackt mit nötiger Hardware machten wir uns an den Umbau. Nach ei- ner Woche Arbeit, drei Stunden vor Abflug, war es geschafft! 10 Richtfest des neuen Domes im heimischen Garten

Ganymed ist in zwei verschiedenen Modi betreibbar. Im Sekundärfokus bei 5 Metern Brennweite (f/8,3), bei dem die Kamera hinter dem Primärspiegel montiert wird und im Primärfokus bei 1,8 Metern Brenn- weite (f/3). Hier wird die Kamera oben am Teleskop direkt an der Spinne montiert. Der 8-zöllige Sekundärspiegel wird zu die- sem Zweck abgeschraubt. Im Sekundärfo- kus ist so bei Verwendung derselben Ka- mera eine etwa dreimal höhere Auflösung bei entsprechend längerer Belichtungszeit möglich. Trotz des außerordentlich guten Seeings auf Kreta entschieden wir uns, das Teleskop erstmal im Primärfokus remote zu betreiben (Abb. 7). Bei 1,8 m Brennweite „verläuft“ sich das Teleskop nicht so schnell und ein Leitstern für das Guiding ist so gut wie immer im Gesichtsfeld.

Ein Jahr später, mittlerweile mit reichlich Übung in der Remote-Steuerung, bau- ten wir das Teleskop auf Sekundärfokus um und konnten so auch das gute Seeing ferngesteuert voll ausnutzen. Es folgten produktive Jahre, es entstanden Hunderte

11 Der neue Aufbau in der Eifel

Journal für Astronomie Nr. 73 | 41 12 Ganymed während einer Remote-Aufnahme in der neuen Kuppel im Juli 2018

land zu holen. Dort harrte er dann knapp zwei Jahre der Dinge, die da kamen.

In den Abendstunden des 17. Oktober 2015 verstarb Hanns. Wir trauern um unseren Freund, Inspirator und Mäzen. Wie schon Jahre zuvor sollte ein „neuer dritter Mann“ uns aus der Standort-Patsche helfen. Frank Sackenheim, gleichermaßen bekannter Musiker wie Astrofotograf, stieß zu uns und hatte Kontakte in die Eifel, wo sich ein neuer Standort auftat. Im Gegensatz zu Kreta allerdings ohne vorhandenen Dome. Ein 5-m-Dome von der Stange war uns de- finitiv zu teuer und nach reichlicher Über- legung entschloss ich mich, einen solchen selbst zu bauen. Ein Jahr, Dutzende Stich- sägeblätter und zehn Liter PU-Leim später – im Winter 2017, konnten wir Richtfest im heimischen Garten beim Probeaufbau fei- ern (Abb. 10, 11). wunderbar scharfer Aufnahmen. Gelegent- ter entfernt gefunden. So entstand dann lich ein Besuch, um den Spiegel zu putzen genügend Angriffsfläche, um den Dome Im Frühjahr 2018 wurde alles wieder ab- und ein paar Tropfen Öl zu verteilen, oder platt zu drücken. Aber wir hatten Glück im gebaut, in einen (reichlich überladenen) einfach, um „live“ vor Ort Bilder zu machen Unglück: Ganymed war ohne große Bles- 7,5-Tonner gepackt und in die Eifel gefah- – mehr war nicht nötig (Abb. 8). suren davongekommen. Die wesentliche ren, wo zwischenzeitlich die Gründungs- Elektronik hatten wir eh am Ende der Sai- arbeiten für die Punktfundamente des Und dann kam das jähe Ende! son abgebaut und sicher gelagert. Einzig in Domes sowie die der Teleskopsäule erfolgt Im April 2012 erreichte mich ein Anruf aus der Tauschutzkappe­ unseres FSQ 106, der waren. Nach einer Hauruck-Aktion stand Griechenland mit dem lapidaren Inhalt huckepack an Ganymed montiert war, hat- der Dome nach einer Woche und beim „Mit Eurer Kuppel stimmt was nicht“. Ein ten sich ein paar Zentimeter Wasser gesam- nächsten Besuch wurde Ganymed montiert Bauarbeiter, der die letzten Schneeverwe- melt. Aber auch er konnte gerettet werden. und erblickte Anfang Juni 2018 nach 14 hungen der Zufahrtsstraßen weggeräumt Glück im Unglück hatten wir auch inso- Jahren wieder heimischen Himmel. Zwei hatte, hinterließ per Handy eine ähnlich fern, dass der Primärspiegel des Skinakas- Wochen später startete der Remote-Betrieb lautende „Fehlermeldung“ an der Uni He- Hauptgerätes (Durchmesser 1,35 m) über (Abb. 12). raklion. Einen Tag später erreichten uns den Winter neu verspiegelt wurde und ein dann die ersten Bilder des Desasters: Die Kranwagen ihn auf den Berg brachte. Mit Mittlerweile haben über die Jahre gut fünf- Kuppel sah aus, als hätte sich Zeus (der der dessen Hilfe konnte unser Baby dann abge- hundert Astroaufnahmen den Weg auf Sage nach ganz in der Nähe von einer Zie- baut und ebenfalls sicher gelagert werden. unsere Website www.capella-observatory. ge gesäugt aufwuchs) persönlich auf den com gefunden. Im zweiten Teil wird die Dome gesetzt, um ihn als Melkschemel zu Auch ein Jahr später war nicht abzusehen, verwendete Technik und deren Evolution benutzen (Abb. 9). Ein Schneesturm über ob die Kuppel jemals wieder aufgebaut Thema sein. Ebenso eine Danksagung an den Winter hatte wohl erst den Spalt da- würde. So entschlossen wir uns, Ganymed all die Menschen, die uns bei dieser Reise vongefegt, er wurde ein paar hundert Me- per Spedition wieder zurück nach Deutsch- rund um die Welt geholfen haben.

42 | Journal für Astronomie Nr. 73 Automatisierte und Remote-Beobachtungen

Generation Z oder doch digital native? Ganymed goes remote von Josef Pöpsel

Der vorangegangene Beitrag handelte von der Reise unseres Babys um die halbe Welt. Ganymed, so sein Name, ist ein 24-Zoll- Spiegelteleskop, das wir uns als Dreierteam im Jahre 2002 zugelegt hatten. In diesem zweiten Teil geht es um die Technikge- schichte rund um das Teleskop – die Re- mote-Steuerung, den Bau einer Kuppel und was man sonst noch so braucht, um sein Ba- by in trockene Tücher zu bekommen.

Eigentlich war es eine Frühgeburt: Gany- med stand zwar im Sommer 2003 bei mir im Garten, aber es fehlte noch so einiges. Diverse Kabel wollten sortiert und mit zu- verlässigen Steckern versehen werden, die 1 Die Nabelschnur des Babys – die SBIG 2 Die aktuellen Kameras für den Antriebe für Rektaszension und Deklina- STL-11000M im Sekundärfokus mit vom Primärfokus nebst selbstgebau- tion entsprachen bzgl. Genauigkeit nicht Rotator aufgewickelten Versorgungsleitungen tem Filterschieber unseren Erwartungen, und die Linsen für den Primärfokus-Korrektor fehlten noch. Letztere konnte ich erst gut ein Jahr später, Jahre später auf Kreta zwei bezahlbare En- bei gefilterten Aufnahmen auch der Leit- als das Teleskop bereits in Namibia stand, coderringe für die Montage direkt an den stern gefiltert und entsprechend dunkler montieren: drei Linsen mit bis zu 7 Zoll im Achsen ein. wurde. Bei 5 m Brennweite und den kleinen Handgepäck auf dem Flug nach Namibia Guidechips der SBIG-Kameras hieß das und reichlich Stress bei der Gepäckkontrol- Kameras häufig, dass ein Leitstern nur bei entspre- le – sahen die Linsen im Röntgenbild der Ein bisschen wie beim Hubble-Teleskop chender Drehung der Kamera zu finden Kontrolleure doch aus wie große „schwarze und seinen diversen Service-Missionen ka- war. Deshalb kam ein Pyxis-Instrumenten- Löcher“. Erst nach ausgiebiger Sichtkon­ men über die Jahre verschiedene Kameras rotator von Optec Inc. mit 3-Zoll-Durch- trolle und Sprengstofftest durfte ich in den an Ganymed zur Anwendung. Begonnen lass zum Einsatz. Mit ihm konnten wir die Flieger. hatten wir 2003 mit einer Kombination Kamera bei Bedarf drehen. Dass sich der aus SBIG ST-10XME und AO7, damals das Rotator wie versprochen nicht automatisch Die Bewegung der Montierung, einer K140 „non plus ultra“. Als Filterrad leistete ein zurückdreht, wenn er neu gestartet wird, von Michael Knopf mit 140 mm Durch- FR03 der Fa. Gerd Neumann, bestückt mit mussten wir erstaunt feststellen, als wir ein messer der Hauptachse erfolgt über zwei sechs 34-mm-Filtern, gute Arbeit. Weiter Jahr nach der Montage zum Service vor Ort Friktionsräder. Je ein Gleichstrommotor ging die Reise 2006 mit einer SBIG STL- waren: Unser Baby hing immer noch an der mit angeflanschtem Encoder (1.024 Stri- 11000M. Durch die kompakte Bauweise Nabelschnur (Abb. 1). che/Umdrehung) sorgt für den Antrieb, inkl. Filterrad konnten wir diese auch im nach Untersetzung durch ein Planetenge- Primärfokus ohne allzu große Abschattung Nach dem Umzug in die Eifel wollten wir triebe und ein Schneckengetriebe. Motor benutzen. 2010 tauschten wir die ST11K aufgrund des zu erwartenden Seeings Ga- und Achsen sind über einen Stahlzylinder gegen eine SBIG STX-16803 ein, nebst nymed vornehmlich im Primärfokus be- von 5 cm Durchmesser, der auf eine große FW7-STX (Siebenfach-Filterrad für quad- treiben. Wir entschieden uns, die STX, die Stahlscheibe von 30 cm Durchmesser ge- ratische 50-mm-Filter). Für Ganymeds Pri- hierfür wegen des ausladenden Filterrades presst ist, gekoppelt. Nach verschiedenen märfokus war die Kombination wegen des zu groß war, weiter am FSQ 106 (dem Hu- Umwegen, mit denen wir den trotz Frik- ausladenden Filterrades leider ungeeignet. ckepack-Teleskop) zu benutzen und für den tionsantriebs vorhandenen Nachführfehler Alle verwendeten Kameras hatten einen in- Primärfokus eine weitere, „moderne“ Ka- in den Griff bekommen wollten, bauten wir tegrierten Guider – mit dem Nachteil, dass mera zu beschaffen. Bei 1,8 m Brennweite

Journal für Astronomie Nr. 73 | 43 Automatisierte und Remote-Beobachtungen

gen der Schieber dienen übrigens zwei alte DVD-Auswurfschacht-Antriebe. Noch vor dem Filterschieber ist ein Off-Axis-Guider montiert. Hier kommt eine ASI290MM Mini (mono) als Kamera zum Einsatz.

Ersatz der Steuerung Der XP-Rechner, der bis dahin als Steuer- PC benutzt wurde, war mit den großen Bil- dern der ASI094 leider hoffnungslos über- fordert. Ihn einfach auszutauschen, war nicht ohne Weiteres möglich, da die ver- wendete Steuerhardware PC-Einsteckkar- ten benutzte, die es nur für ISA-Bus-Rech- ner gab und für deren Treiber Windows XP zwingend war. Zusätzlich hatten die DC-Motoren der Montierung offensicht- lich den „Schneeeinbruch“ auf Kreta doch nicht so gut überstanden. Sie gaben beide innerhalb eines Jahres nach Wiederinbe- triebnahme „ihren Geist auf“. 3 Vollausbau des Sekundärfokus: Mit Hilfe des quadratischen Kastens („Zaphod“) kann der Strahlengang nach links oder hinten (verdeckt) in zwei unterschiedliche So stand also ein neuer Umbau an: Der Kameras abgelenkt werden. Links am Kasten montiert ist eine Video-Kamera (hellblau) PC wurde gegen einen modernen PC mit mit vorgeschaltetem Filterrad und CaF-Flatfield-Corrector zur Brennweitenverlängerung Windows 10 getauscht und die komplette zu sehen. Unterhalb von Zaphod ist der 3-Zoll-Rotator zu erkennen (dunkelblau), darunter die SBIG STX-16803 nebst Siebenfach-Filterrad. Oben rechts im Bild übrigens einer der beiden „elektronischen Schraubendreher“ für die Kollimation.

entsprechen die 9-μm-Pixel der „alten“ Ka- Einer der beiden aufeinander geschichteten meras etwa einer Bogensekunde am Him- Schieber (Abb. 2) wurde mit einem UV/IR- mel. Bei gutem Seeing ist das etwas reich- Cut-Filter und einem Dualbandfilter für lich; kleinere Pixel mussten her. Nach lan- Hα/[OIII] versehen, der andere mit einer gem Hin und Her entschieden wir uns für schwarzen Kappe und „nichts“. So sind den Sprung ins kalte Wasser – weg von Mo- automatisierte Darkframes (die ASI verfügt no-CCD-Chips hin zu einem Farb-CMOS- nicht über einen eingebauten Shutter), UV/ Chip. Wir entschieden uns für die ZWO IR-gefilterte RGB-Bilder und Hα/[OIII]- ASI094MC Pro (Full Frame, 7.376 x 4.928 Bilder möglich. Als Mechanik zum Bewe- Pixel, 4,88 μm/Pixel). Mit 36 Megapixeln hat sie mehr als zehnmal so viele wie unse- re erste Kamera. Um auch mit der Farbka- 4 Diverse Bogenplatten nach dem Aus- mera Schmalbandaufnahmen zu erhalten, sägen mit der Stichsäge. Sie wurden an- entstand ein Doppel-Filterschieber nebst schließend versetzt in drei bzw. vier Schich- ASCOM-Treiber, der ohne zu vignettie- ten verleimt. Insgesamt waren gut 500 ren im Primärfokus benutzt werden kann. dieser Bogenplatten nötig.

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Steuerung „ausgemistet“. Die Motor-En- coder haben wir ersetzt und die Steuerung tauschten wir gegen eine SiTech II, einer über USB ansprechbaren Steuerung, die zwei DC-Servomotoren bedienen kann und auch Digital-Eingänge für Achs-Enco- der hat. Die alten Achsen-Encoder konnten wir weiter verwenden, nur die Signalaufbe- reitungskästchen der Encoder mussten von „analog“ auf „digital, 1.024-fach interpolie- rend“ umgetauscht werden. Die in die Jah- re gekommene AutoSlew-Software wurde komplett durch die Software für die SiTech 5 Beplankung des Domes in der Eifel. Die vorgefertigten Planken wurden „am lebenden II ersetzt. Objekt“ gebogen und verschraubt. Der lange, aus der „Tür“ herausragende Holzbalken diente während des Aufbaus als Kran. Die Fokusmotoren, die „früher“ von der Phillip-Keller-Hardware betrieben wur- den, steuert nun ein Microcontroller (ESP8266) mit nachgeschalteter H-Brücke. Der Controller, an den die Fokusmotor-En- coder-Signale direkt gehen, ist per USB an den PC angeschlossen und wird über einen selbst geschriebenen ASCOM-Fokustrei- ber gesteuert.

Seit dem Umbau „rennt“ das Baby wie nie zuvor – zuverlässig und (wg. des deutlich schnelleren Rechners) flüssiger – selbst der Autofokus (bei f/3 und 1,8 m Brennweite keine leichte Aufgabe) funktioniert gut.

Teleskop-Hilfsaggregate Über die Jahre kamen einige weitere Geräte am Teleskop zum Einsatz. Eine experimen- tell angebrachte CCD-Kamera (Leihgabe der Uni Tübingen, Hanns’ ehemaliger Ar- beitsstätte), die normalerweise für Röntgen- geräte benutzt wird (7.168 x 4.096 Pixel, der Chip hatte etwa die Ausmaße einer Zigaret- tenschachtel!) nebst selbstgebautem 4x-Fil- terschieber erwies sich leider wegen ihrer schlechten Quanteneffizienz als ungeeignet.

„Zaphod“ (Abb. 3) ermöglicht mit zwei in 6 Fast geschafft. Beschichtung der beiden Dome-Klappen mit EDPM-Folie. Jede Klappe den Lichtweg einfahrbaren Diagonalspie- wird an allen vier Ecken durch je drei Kugellager, die die beiden zu sehenden Edelstahl- geln das Verwenden zweier zusätzlicher Stangen umgeben, geführt.

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in diesen Schleifkontakt fuhr, nahm einer- seits den Strom ab und bediente anderer- seits einen Schalter, der die Home-Position des Domes signalisierte. Die Bedienung des Kuppelspalt-Motors erfolgte über Funk- relais nebst zugehörigem USB-Interface (ELV FS 20-Reihe). Der Dome konnte so zwar nur in „Home-Position“ geöffnet/ 7 Blick vom Tele- geschlossen werden, aber für den Notfall skop-Fundament in standen die griechischen Profis, die sich auf die fast fertige Kup- dem Berg befanden, telefonisch zur Ver- pel. Die Sperrholzbe- fügung. Ein Do-It-Yourself-ASCOM-Do- plankung wurde zum me-Treiber steuerte beide USB-Interfaces Schluss noch mit und zusätzlich die beiden Kollimations- 1 cm dickem, selbst- „Schraubendreher“ und die beiden Staub- klebendem Dämm- schutzklappen. stoff beschichtet, um Kondenswasser und Zwei schwenkbare IP-Kameras und eine Schimmelbildung achtfache IP-Steckdosenleiste – und es vorzubeugen. konnte losgehen. Die Steckdosenleiste war und ist das einzige Gerät, das ständig mit Strom versorgt wird. Alle anderen Geräte Kameras, z.B. für Planetenaufnahmen. chungskameras, eine zuverlässige Strom- Mittels Brennweitenverlängerung und Vi- versorgung (aus der Ferne schaltbar) und deo-CCD-Kameras gelangen uns hiermit natürlich eine zuverlässige Internetver- remote ansprechende Aufnahmen von Pla- bindung. Letztere „von außen“ erreichbar, neten und Mond – dem Steckenpferd von z.B. per fixer IP-Adresse oder über dynami- Hanns. Die Steuerung erfolgte über USB sches DNS (eine Art Internet-Adress-Ver- und Spezialsoftware (ASCOM bietet hier- mittlungs-Service). Schließlich dient eine für keine Schnittstelle). Fernsteuer-Software wie Remote Desktop (langsam), TeamViewer (der mit „kom- An zwei der drei Kollimationsschrauben merzielle Nutzung-Meldungen“ nervt) des Hauptspiegels wurden „elektronische oder UltraVNC zur Kommunikation mit Schraubendreher“ (Schrittmotoren mit der Außenwelt. Getriebe) angebracht, um Ganymed auch remote kollimieren zu können – was gele- Die alte Kreta-Kuppel, die wir benutzen gentlich nötig ist. durften, war von vornherein elektrisch be- trieben. Hier mussten nur die vorhandenen Remote-Betrieb Schalter durch Relais ersetzt werden, die Was fehlt nun, um aus einem Teleskop, das über eine USB-Karte (Veleman K8055) an- komplett über den PC gesteuert wird, ein gesprochen wurden. Ein Drehencoder, per Remote-Teleskop zu machen? Nicht mehr Gummischlauch an die Antriebsachse des sehr viel. Einerseits ein ebenfalls über den Domes geflanscht, lieferte die aktuelle Posi- PC steuerbares Dach über dem Kopf (mit tion. Der Stecker für die Stromversorgung 8 Der kleine Mann, der auf der Montierung zusätzlicher Staubschutzkappe für den des Kuppelspalts wurde durch einen kur- sitzt, ist mittlerweile volljährig. Ganymed Spiegel), andererseits ein paar Überwa- zen Schleifkontakt ersetzt. Ein Finger, der braucht bis dahin noch zwei Jahre ...

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9 Noch ein Bild vom kleinen Mann, dieses Mal nicht vor, sondern hinter der Kamera. Max Pöpsel wirkte bei der Belichtung dieses aktuellen Bildes mit. Zu sehen ist P Cygni (der helle Stern im Zentrum) nebst Seifenblasennebel Ju 1 (am rechten Rand) und dem „Mini-PN“ Abell 69 oben links in der Ecke. werden über sie geschaltet; auch der Steuer- und aus 8 x 16 cm² Leimbindern gefertigt. die Kuppel vollständig mit 1,5 mm starker, PC, der so konfiguriert ist, dass er bootet, Als Außenverkleidung dienen OSB-Plat- weißer EDPM-Folie (ähnlich Teichfolie) wenn er nach „Stromausfall“ neu mit Strom ten. Die 23 Ständer (einer im Bereich des beklebt und vulkanisiert. Als Antrieb dient versorgt wird. Eingangs fehlt) sind per Punktfundament ein 750-W-Getriebemotor, der über einen im Boden verankert. Sie tragen ebenfalls Frequenzumrichter angesprochen wird. Nach dem „Unfall“ auf Kreta musste für die Fußbodensparren, unterstützt von vier Mittels Ritzel greift er in eine Edelstahl- den neuen Standort in der Eifel ein neues weiteren Punktfundamenten. Die beiden kette ein, die mit 6.000 Schrauben am sich Dach über dem Kopf her. Aus Kostengrün- Basisringe des Domes (ein fixer, ein dreh- drehenden Ring der Kuppel befestigt ist. den (und weil ich so was schon immer mal barer) wurden ebenso wie die Sparren aus Als Steuer-Interface dient die „alte“ Vele- machen wollte ...) entschieden wir uns für mit der Stichsäge beschnittenem, versetzt man-K8055-USB-Interface-Karte aus Kre- den Selbstbau einer 5-m-Kuppel. Ganz verleimtem Brettschichtholz gefertigt. Die ta, der ASCOM-Dome-Treiber wurde ent- klassisch, weitestgehend aus Holz (Abb. 4, Beplankung der Kuppelsegmente, also die sprechend modifiziert. 5). Nur für den Antrieb und einige wenige „Außenhaut“ der Kuppel, erfolgte mit 9 tragende Teile wurde Edelstahl verwendet. mm dickem Birke-Multiplex-Sperrholz, Die seitlich öffnenden Dome-Klappen Die Planung der Kuppel und deren Bau hier das ohne Weiteres auf den gewünschten (Abb. 6 und 7) treibt ein 50W / 24V-Mo- komplett zu beschreiben, würde viel zu weit Radius von 2,5 m gebogen werden konnte. tor an, der über eine 24V-USV, durch zwei führen – deshalb nur kurz: Die Kuppel wird von zwölf Schwerlastrol- 12V-Batterien gepuffert, versorgt wird. Die Der untere Zylinder (ein 24-Eck), auf dem len getragen und von zwölf kleineren Rol- USV dreht sich mit dem Dome mit und die Kuppel selbst fährt, ist etwa 120 cm hoch len seitlich geführt. Als Wetterschutz wurde wird wie in Kreta auch, in Home-Position

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mit 24V versorgt. Dank der Pufferung ist wenden – mal sehen, wohin es unser Baby aber das Öffnen und Schließen des Domes noch so treibt ... in jeder Position möglich. Die recht unzu- verlässige FS-20-Funkstrecke zur Steue- Danksagung rung des Klappenmotors übernimmt nun Ohne die Hilfe vieler Menschen wäre ein ein bidirektionales Funkmodul, das den Projekt, wie das hier beschriebene, nicht Empfang von Befehlen an den Sender zu- möglich gewesen. Unser besonderer Dank rückmeldet – ein nicht zu unterschätzender gilt Alain und Oliver Houalet aus Namibia, Sicherheitsaspekt. Dietmar Böcker, Prof. Dr. Hanns Ruder (in memoriam), Rainer Sparenberg, Erwin Der Dome bereitet sich nun auf seinen Wünnenberg, Dr. Carolin Liefke und Prof. zweiten Winter in der Eifel vor. Nach ein Dr. Dominik Elsässer sowie Prof. Dr. Ioan- paar Anfangsproblemen (Holz arbeitet), nis Papamastorakis, George Paterakis und funktioniert er mittlerweile recht zuver- Tasos Kougentakis aus Kreta. lässig. Nachträglich sind die Erfahrungen mit der verwendeten EDPM-Folie eher Weblinks (Stand Oktober 2019): mittelmäßig. Die Nahtstellen dicht zu be- [1] Teleskop Ganymed: „Bilder über die kommen, ist nicht ganz einfach und die letzten 16 Jahre mit Ganymed“, Verfügbarkeit der Folie ist auch nicht wirk- www.capella-observatory.com lich gegeben. Das verwendete Fichte-Brett- schichtholz ist nicht sonderlich stabil – für die nächste Kuppel würde ich vermutlich massive Kiefer- oder Lärchenbretter ver-

Impression Der 90" große bipolare PN WeBo 1 in der Cassiopeia

Der 90" große bipolare PN WeBo 1 in der Cassiopeia, 1,12-m-Newton (f = 4.900 mm) der EXPO-Sternwarte Melle, CCD-Kamera SBIG STL-11000, Belichtung: 4 h Hα (für den L-Kanal) und je 30 min für RGB. Autor: Rainer Sparenberg, Bildbearbeitung: Stefan Binnewies.

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Remote Observatory Atacama 1 Strichspuren am Südhimmel auf der IAS-Sternwarte Farm Hakos, Namibia, Desert (ROAD) Foto: F.-J. Hambsch von F.-J. (Josch) Hambsch

Jetzt fragen sich wahrscheinlich viele Leser, wie man zu einem Remote-Teleskop in der schaftler, der ich bin, war es ein großes chilenischen Atacama-Wüste kommt. Das ist natürlich eine längere Geschichte. Ereignis, in meinem Garten im lichtver- schmutzten Belgien ein Ereignis zu beob- Die Anfänge graphen, f/8 und f/3 fotografisch optimiert, achten, das Hunderte Millionen, vielleicht Seit meiner Kindheit interessiere ich mich von P. Keller erworben. Milliarden Lichtjahre von uns entfernt ist. für Astronomie. In den 1980er-Jahren Und das nicht nur in einer Nacht, sondern kaufte ich mir mein erstes Quelle-Teleskop, Astrofotografie in mehreren Nächten hintereinander. Das ein 114-mm-Newton. Danach kam ein ge- Mit diesem Gerät habe ich dann einige gab den Ausschlag, mich auf die Veränder- brauchtes C8-Teleskop ins Haus. Nach vie- Jahre Astrofotografie betrieben und wur- lichenbeobachtung zu stürzen. Leider ist ja len Jahren der Inaktivität durch Studium, de auch Mitglied der IAS (Internationalen Belgien nicht bekannt dafür, dass es viele Beruf und Familie habe ich mir dann vor Amateur Sternwarte), die auf der Farm Ha- klare Nächte gibt. In guten Jahren kommt 20 Jahren eine Rolldachhütte in unserem kos in Namibia eine Sternwarte errichtet man auf ca. 80-100 klare Nächte. Das kann Garten in Belgien gebaut. hat. Ich habe einige Jahre die Geräte der IAS man kompensieren, wenn man an Stelle in Namibia benutzt und das führte zu eini- eines Teleskops zwei oder mehr Teleskope Schon einige Jahre vorher hatte ich eine gen APODs (Astronomical Pictures of the gleichzeitig benutzt. Glücklicherweise habe Astronomie-Gruppe gegründet, da es so Day). Das schönste meines Erachtens ist in ich meine Sternwarte im Garten groß ge- etwas in meinem Wohnort nicht gab. Nach- der Abbildung 1 zu sehen. nug konzipiert und im Endausbau hatte ich dem meine Sternwarte stand, haben wir dann vier Teleskope gleichzeitig in Aktion. öfters an unseren Vereinsabenden von dort Veränderlichenbeobachtung Damit konnte man acht oder mehr Sterne aus beobachtet. In den ersten Jahren habe zuhause an einem klaren Abend beobachten. Aller- ich mich dann hauptsächlich der Astrofoto- Der Wechsel zur wissenschaftlichen Arbeit dings war der Aufwand doch recht groß, grafie mit CCD gewidmet. Dafür hatte ich kam mit der Beobachtung eines Gamma- und ich sah mich nach anderen Möglich- als Hauptinstrument einen 40-cm-Hyper- Ray-Burst GRB03 … Für den Wissen- keiten um.

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beinahe ein Jahr verzögerte. Zum Testen des Teleskops kam ich also viel später als gedacht. Die Montierung hatte sich in der Zwischenzeit schon bewährt, da ich glück- licherweise noch ein anderes Teleskop hat- te, mit der ich sie testen konnte. Durch den Einsatz der schnellen Montierung konnte ich jetzt dieselbe Anzahl von Sternen beob- achten wie vorher mithilfe mehrerer tradi- tioneller Montierungen, die noch in meiner Sternwarte standen. Schlussendlich konnte ich alle Gerätschaften dann im Juni 2011 in einer großen Kiste auf die lange Reise nach 2 Meine Remote-Sternwarte ROAD in Betrieb unter dem Sternenhimmel der Atacama- Chile schicken. Ich hatte natürlich auch für Wüste, Foto: F.-J. Hambsch mich einen Flug im Juli 2011 gebucht, da ich vor Ort zum Sternwartenaufbau dabei sein wollte. Anders als versprochen, war der Erste Remote-Beobachtungen in nem Erstaunen sagte er mir: „Ja, in San Dome bei meinem Eintreffen noch nicht New Mexico Pedro de Atacama in Chile.“ Dort hatte er fertig. Also musste sich Alain entschließen, Durch die Astrofotografie kannte ich eini- einmal für einen Amerikaner ein Teleskop einen anderen leeren Dome abzubauen und ge amerikanische Amateure. Zusammen installiert. an meinem Sternwartenplatz wieder auf- mit dem bekannten Astrofotografen Jay zubauen. Das ging schneller, als den Dome Gabany und einem anderen Amerikaner Die Remote-Sternwarte in Chile vor Ort zu fertigen. Die Kiste kam natürlich habe ich für einige Jahre eine Sternwarte in Tom gab mir die E-Mail-Adresse von Alain auch nicht zum festgelegten Zeitpunkt an, Cloudcroft, New Mexico, USA, betrieben. Maury, der in San Pedro de Atacama eine sondern blieb länger als erwartet beim Zoll Leider entsprach das Versprechen mit vie- Sternwarte mit Remote-Möglichkeiten be- hängen. Aber mit Hilfe von Alain konnte len klaren Nächten und sehr gutem Seeing treibt. Ihn habe ich dann natürlich gleich innerhalb der 14 Tage, die ich in San Ped- nicht der Wirklichkeit. Regenzeit, Schnee- kontaktiert und wir wurden uns schnell ei- ro blieb, alles aufgebaut, die Poljustage ge- fall und immer wieder stärkere Winde re- nig, dass ich bei ihm meine Remote-Stern- macht und auch die ersten Testaufnahmen duzierten die Anzahl der nutzbaren Näch- warte aufbauen konnte. Das war 2009. Das gewonnen werden. Nach meiner Rückkehr te auf ungefähr 150-200 pro Jahr. Das war war auch gerade zu der Zeit, als die Firma in die Heimat konnte ich am 1. August 2011 natürlich immer noch besser als in Belgien, ASA (Astrosysteme Austria) ihre erste Di- die „Produktion“ im wahrsten Sinne des aber auch nicht unbedingt das Geld wert, rect-Drive-Montierug DDM85 offerierte. Wortes aufnehmen. Seitdem war die Stern- das man dort investiert, zumal man auch Ich sah sofort die erweiterten Möglich- warte nicht länger als einen Tag außer Be- noch zu dritt ein Teleskop teilt. keiten einer solchen Montierung gegen- trieb (Abb. 2). über den traditionellen Montierungen mit Inzwischen kannte ich auch weitere Ama- Schnecke und Schneckenrad. Die Montie- Anfänglich betrieb ich beide Sternwarten, teure, die auf dem Gebiert der veränderli- rung wurde also bestellt und ebenso das da- die in San Pedro und die in meinem Garten, chen Sterne arbeiteten. Einer davon, Tom mals neue 40-cm-Dall-Kirkham-Teleskop, aber nach kurzer Zeit sah ich ein, dass die Krajci, lebte selbst auch in Cloudcroft, New f/6,8 Optimized (ODK) von Orion Optics, Remote-Sternwarte so viele Daten liefert, Mexico, und kannte die dortigen Wetter- UK. Lieferzeiten wurden mit drei Mona- dass ich damit in meiner Freizeit ausgelastet bedingungen. Als ich ihn einmal auf einer ten angegeben. Ich wollte alles in meiner bin. So fing ich an, die Sternwarte in Belgien Konferenz traf, sprachen wir natürlich auch Gartensternwarte testen, bevor es die Reise aufzulösen. über die klimatischen Bedingungen in New nach Chile antreten sollte. Das war zumin- Mexico. Ich fragte ihn, ob er denn keinen dest der Plan. Dieser wurde durchkreuzt, Viele werden sich fragen, was außer der besseren Platz kennen würde, und zu mei- da sich die Lieferzeit des Teleskops um Montierung und dem Teleskop noch ver-

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wendet wird. Seit 2011 war ich natürlich schon einige Male wieder in San Pedro, um das eine oder andere auszutauschen, ange- fangen mit dem PC. Mittlerweile habe ich dort einen PC mit einem I7-Prozessor und einer 1-GB-SSD-Harddisk. Die eingesetzte Software ist vom Betriebssystem her Win- dows 10 und von der Astronomiesoftware MAXIM DL für die Kamera-Steuerung, The Sky 6 als Planetariumsprogramm, CCD Commander als Automatisierungs- software und natürlich Autoslew für die Steuerung der DDM85. CCD Commander hat sich für meine Anwendung als die beste Lösung „von der Stange“ erwiesen. 3 Phasendiagramm des RR-Lyr-Sterns AL Pic, der auch den so genannten Blazhko- Als CCD-Kamera wird eine ML16803 von Effekt zeigt. Bei AL Pic ist dabei eine Modulation der Amplitude und der Phase zu sehen. FLI, USA, benutzt. Sie hat einen großen Dieser Effekt ist von den Profis noch nicht verstanden. Diagramm von F.-J. Hambsch Chip von 36 mm x 36 mm Kantenlänge und 16 Millionen Pixeln mit 9 Mikrometern. Bei einer Brennweite von 2,7 m benutze ich achtung von veränderlichen Sternen ver- ner Sterne aufruft. Jeder, der ein Teleskop, die Kamera meistens mit 3x3-Binning, um schrieben. Was sind veränderliche Sterne? eine Kamera (DSLR, CMOS oder CCD) die Größe der Bilddateien zu verringern. In Diese Sterne ändern periodisch oder nicht und eine Montierung hat, kann sich an sol- diesem Modus sind die Bilder nur ca. 3 MB periodisch ihre Helligkeit, und diese Verän- chen Programmen beteiligen. Bei hellen groß, gegenüber 32 MB bei 1x1-Binning. derung zu messen und das nicht nur inner- Sternen genügt sogar schon ein Stativ und Für Veränderlichenbeobachtung spielt das halb einer Nacht, sondern über einen län- ein Objektiv ohne Nachführung. Man soll- Binning keine so große Rolle. geren Zeitraum hinaus, ist der Beitrag, den te es einfach einmal probieren und mit der Amateure leisten können. In den letzten BAV Kontakt aufnehmen. Beobachter gibt Das Filterrad, ebenfalls von FLI, hat 7 Plät- Jahren kommen immer mehr Profi-Astro- es nie genug, da es so viele interessante Ster- ze für Filter und ist bestückt mit den foto- nomen zu den Amateuren und bitten diese ne gibt. metrischen Filtern UBVRI und Clear von um deren Mithilfe bei wissenschaftlichen Astrodon. Das Filterrad von FLI ist genial, Projekten. Dies geschieht meistens über Mein Beobachtungsprogramm da es gegenüber den mir vorher bekannten sogennante Alerts (Alarmmeldungen), Mein eigenes Programm ist ein Sammelsu- Filterrädern von SBIG mit einer Kette wie die von der Dachorganisation der Verän- rium vieler Sterne, die ich teilweise schon beim Fahrrad angetrieben wird. Bei der derlichenbeobachter, der Amerikanischen jahrelang in jeder klaren Nacht beobach- ST- und STL-Familie wurden die Filterrä- Vereinigung von Veränderlichenbeobach- te. In den Jahren, seit ich die Sternwarte der von einem Reibrad angetrieben. Der tern (AAVSO, American Association of in San Pedro de Atacama betreibe, hat Kettenantrieb ist natürlich, wenn man ihn Variable Observers) über deren Web- sich natürlich schon einiges angesammelt. wie ich sehr häufig benutzt, gegenüber dem seite aavso.org mitgeteilt wird. Die AAV- Mein Hauptinteresse gehört den Kataklys- Reibradantrieb verschleißfrei. Bisher gab es SO betreibt auch eine Datenbank, in die mischen Sternen, das sind Doppelstern- mit dem Filterrad noch keinerlei Probleme. man die eigenen Beobachtungen eintra- systeme, wobei einer der beiden Sterne ein gen kann. In Deutschland gibt es die BAV, Weißer Zwerg ist, der meistens Materie von Veränderlichenbeobachtungen in Bundesdeutsche Arbeitsgemeinschaft für dem anderen Stern über eine Akkretions- Chile Veränderliche Sterne, welche die Beob- scheibe erhält. Ab und an zeigen diese Ster- Kommen wir nun zu den Beobachtungen: achtungen sammelt und ihrerseits über die ne so genannte Ausbrüche, und ihre Hellig- Wie gesagt, habe ich mich ganz der Beob- Webseite bav.eu zu Beobachtungen einzel- keit steigt um bis zu 10 Größenklassen an.

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4 Lichtkurve des ersten Weißen-Zwerg-Pulsars, AR Sco. Die Aufnahmen mit (Nature 2016). Die Amateure spielten dabei 10 s Belichtungszeit zeigen die herausragende Rolle, diesen Stern als deutlich die verschiedenen Erste entdeckt zu haben, und es war doch Pulsationsperioden und schön zu sehen, dass mein bescheidenes Te- eine Veränderung der leskop in dem Artikel in Nature neben den Amplitude von bis zu großen Lichtkanonen (VLT, WHT, Hubble) 1 Magnitude innerhalb von erwähnt wurde. 1 Minute. Lichtkurve von F.-J. Hambsch Als Naturwissenschaftler, auch wenn mei- ne Ausbildung nicht in der Astronomie war, bin ich natürlich daran interessiert, In solchen Fällen ist es interessant, die Ster- kommen jetzt die so genannten Highlights. dass meine Beobachtungen, die ich für die ne zu beobachten und deren Lichtwechsel Der bisher größte Erfolg der Zusammenar- Profis mache, letztendlich zu publikations- über einen Zeitraum von Tagen oder Wo- beit mehrerer Amateure und der Profis war reifen Manuskripten führen. Das war in chen zu verfolgen. Die Profis lernen daraus, die Entdeckung des ersten Weißen-Zwerg- den letzten Jahren sehr fruchtbar, und wer wie das System aufgebaut ist und wie der Pulsars. Neutronensternpulsare sind schon sich dafür interessiert, kann gerne die Ar- Massentransfer vonstatten geht. Weiterhin lange bekannt, aber Weiße Zwerge als Pul- tikel als Vorabversion, die für jedermann interessieren mich sogenannte RR-Lyr- sare kannte man bis 2016 noch nicht. Theo- auf ARXIV.org zugänglich sind, anschauen. Sterne, das sind alte, pulsierende Sterne, die retisch wurden diese wohl vorhergesagt, Man muss nur nach meinem Nachnamen, auch zur Abstandsmessung innerhalb der aber Beobachtungen von solchen Sternen Hambsch, suchen. Milchstraße dienen (Abb. 3). Das Schöne an gab es bisher nicht. Der Stern, um den es diesen Sternen ist, dass die Periode weniger sich handelt, AR Sco, im Sternbild Skor- Ich hoffe, ich konnte einen interessanten als einen Tag beträgt und man so innerhalb pion, war schon seit den 1970er-Jahren als Einblick in meine Arbeit und meine Remo- einer Nacht schon einen großen Bereich des Veränderlicher bekannt, aber eben falsch te-Sternwarte, die, wie im Titel aufgeführt, Lichtwechsels beobachten kann. Weiterhin klassifiziert, wie so viele Veränderliche. Ein den Namen ROAD (Remote Observatory haben wir in Belgien ein Programm zum deutscher (Stefan Hümmerich) und ein ös- Atacama Desert) trägt, geben und stehe für Beobachten von so genannten High-Am- terreichischer Amateur (Klaus Bernhard) weitere (Detail-)Fragen sowohl zum Remo- plitude-Delta-Scuti-Sternen (HADS). Die- fanden den Stern bei der Durchsuchung te-Betrieb als auch zu der Veränderlichen- se Sterne haben noch kürzere Perioden von von astronomischen Sterndatenbanken im beobachtung zur Verfügung. nur wenigen Stunden und man kann somit Internet. Da wir uns schon von vorherigen die ganze Periode, also den Lichtwechsel Projekten und auch über die BAV kannten, des Sterns vom Maximum über das Mini- fragten mich beide, ob ich diesen Stern be- mum zum nächsten Maximum, innerhalb obachten könnte. Gesagt, getan, und die einer Nacht beobachten. Hier kommt es da- Lichtkurve, die herauskam, war für uns rauf an, Periodenveränderungen im Laufe rätselhaft (Abb. 4). Also schalteten wir die der Zeit zu beobachten, die man dann auch Profis ein und die waren sofort aus dem benutzen kann, um mehr über die Stern- Häuschen und haben alles, was ihnen zur entstehung zu erfahren. Auch hierzu gibt es Verfügung stand (VLT auf dem Paranal in eine Webseite, und jedermann kann sich an Chile, WHT auf La Palma, Radioteleskope den Beobachtungen beteiligen. in Australien, verschiedene Satelliten, unter anderem Hubble) auf den Stern gerichtet. Das Highlight – AR Sco Im Laufe der Zeit haben sich natürlich sehr Der Erfolg viele Objekte in meinem Programm an- Heraus kam dann die Entdeckung des ers- gesammelt. Alles aufzuzählen, würde den ten Weißen-Zwerg-Pulsars und eine Publi- Rahmen dieses Artikels sprengen. Deshalb kation der Ergebnisse im Fachblatt Nature

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Amateurteleskope / Selbstbau

Neues aus der FG Amateurteleskope/Selbstbau

Österreichischer Optik-Spezialist verstorben Treffen der FG Amateurteleskope/Selbstbau Alois Ortner, 1938 als Bauernsohn in Kärnten geboren, verstarb am auf der BoHeTa 2019 6. September 2019 nach längerer Krankheit in seinem Heimatort Teleskoptreffen und Tagungen bieten immer wieder gute Möglich- Mäder in Vorarlberg. Alois hatte schon als Jugendlicher großes In- keiten für gemeinsame Gespräche und Ideenaustausch. So haben teresse an Optik. In den 1960er-Jahren machte er relativ spät seine sich einige Interessenten zum Thema Selbstbau auf der BoHeTa am Lehre als Feinoptiker. Später legte er in Mäder auch seine Meister- 9. November 2019 getroffen (Abb. 2). prüfung ab. Bei einer großen optischen Firma in Heerbrugg war er als Fachmann für die Lösung schwieriger Probleme zuständig, auch dann, wenn es um hochpräzise optische Teile für Satelliten oder das Weltraumteleskop ging.

Als Ehrenmitglied des Astronomischen Arbeitskreises Salzkam- mergut nahm Alois Ortner – solange es seine Gesundheit zuließ – stets am Astronomie-Workshop teil und stand mit fachkundigem Wissen jedem zur Seite, der ihn um Rat fragte (Abb. 1). Auch bei vielen deutschen Fernrohrbauern war Alois gut bekannt und be- liebt.

2 Erstes Fachgruppentreffen auf der BoHeTa 2019 im kleinen Kreis, Bild: Hubert Hermelingmeier

Die Teilnehmer waren zumeist der Meinung, dass der klassische Selbstbau eine andere Sichtweise bekommen hat. So stehen nicht mehr die Kosten beim Selbstbau von Teleskopen und Montierun- gen im Vordergrund, sondern eher die Modifizierung an erworbe- nen Beobachtungsgeräten. Es besteht aber auch das Interesse, Tele- skopspiegel selbst zu schleifen. Gleichzeitig gab es die Information, dass einige Spiegelrohlinge verfügbar sind. Wer also Interesse hat, 1 Alois Ortner prüft ein Spiegelteleskop beim seinen Teleskopspiegel selbst (aber nicht alleine) zu schleifen, mel- Astronomie-Workshop, Bild: Erwin Filimon de sich bitte per E-Mail bei dem Fachgruppenleiter Andreas Berger.

Für den Austausch innerhalb der Fachgruppe wird eine neue Mai- Alois Ortner ist am Himmel verewigt – der Kleinplanet (367488) lingliste eingerichtet. Dabei hoffen wir auf eine bessere Steuerung Aloisortner wurde 2014 von der Weltraumbehörde NASA nach un- der Nachrichten für die einzelnen Teilnehmer, so dass kein Disku- serem lieben Kollegen benannt, weil er dort einen ausgezeichneten tant übermäßig viele Nachrichten bekommt. Der Zugang zur Mai- Ruf als Feinoptiker und Berater in optischen Fragen genoss. lingliste erfolgt über die FG-Webseite http://selbstbau.vdsastro. de/Gruppe#Mailingliste. Ein wichtiger Hinweis dazu: Es wird kei- Für die hier zu lesenden Informationen vielen Dank an Udo Pe- nen automatischen Transfer der Teilnehmeradressen aus der alten ter, den Obmann der Vorarlberger Amateurastronomen, bei denen Mailingliste in die neue geben. Alois Ortner langjähriges Mitglied war. Wir werden Alois in bes- Hubert Hermelingmeier ter Erinnerung behalten und sprechen hiermit auch seiner Familie QR-Code zur unser Mitgefühl aus. Mailingliste

Peter Riepe

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Experiment veranschaulicht Sternefunkeln von Hubert Hermelingmeier

Warum funkeln die Sterne? Diese Frage dass der Stab an der Grenzfläche zwischen wird uns bei Astroveranstaltungen wie Luft und Wasser geknickt ist. Das Wasser z.B. den alljährlichen Astronomietagen ist das „andere Medium“ anstelle der Luft. oder bei Wanderungen auf unserem Pla- Soweit der erste Teil des Experimentes. Des netenweg immer wieder gestellt [1]. Bei Weiteren nehmen wir unseren Laserkolli- den Wanderungen auf dem Planetenweg mator, über den jeder Dobsonbesitzer ver- kommt die Frage genau dann auf, wenn fügt, und zeigen, dass der Laserstrahl an der wir erklären, dass die Planeten am Ster- gegenüberliegenden Fläche einen kleinen nenhimmel an ihrem ruhigen Licht er- ruhigen Lichtpunkt zeigt (Abb. 1). Wenn kennbar sind, während die Sterne gerade in wir den Laserstrahl aber durch das Wasser kalten Winternächten funkeln. Wir wissen, schicken und dann die Flasche auch noch dass das Licht gebrochen wird, wenn es von leicht schütteln, beginnt der Laserpunkt auf einem Medium in ein anderes wechselt. Die der dahinterliegenden Fläche zu tänzeln Atmosphäre weist bewegliche Luftzellen und wird „matschig“ (Abb. 2). unterschiedlicher Temperaturen auf – dort wird das Licht unterschiedlich und schwan- Mit diesem Experiment werden unseren kend gebrochen. Diese Lichtbrechung ver- Besuchern die Szintillation und das Fun- ursacht das Funkeln. keln der Sterne deutlich.

Zur Erläuterung dieses Sachverhaltes nut- zen wir folgendes Experiment: Wir haben Literaturhinweis: von einer klaren PE-Flasche das Etikett ent- [1] H. Hermelingmeier, 2019: „Der fernt und diese bis zur Hälfte mit Wasser be- Planetenweg als Eingang zur astro- füllt (Abb. 1). Darin steht ein Stab, der zur nomischen Bildung“, VdS-Journal für Hälfte in das Wasser eingetaucht ist. Bis da- Astronomie 70, 3/2019, S. 72 hin kennen wir aus dem Physikunterricht,

1 Der Stab im Wasser zeigt die Lichtbrechung. Der Laserstrahl 2 Der Laserstrahl geht durch die Flasche mit dem Wasser. Der zeigt an der Wand eine kreisförmige Abbildung. Lichtpunkt wird teilweise reflektiert und zeigt an der dahinterliegen- den Wand eine längliche Form.

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Polhöhenwiege für Astrotrac TT320x und andere Reisemontierungen von Christoph Jelsen

Vor vielen Jahren während eines Prakti- kums habe ich mir eine Polhöhenwiege für meine erste parallaktische Montierung gebaut, die seinerzeit für ein kleines Tisch- fernrohr, das Multi 70 S von Vixen, gedacht war und auch genutzt wurde. Die Teile für die Polhöhenwiege stammen aus einem Schrottcontainer der Praktikumsfirma. Die Bleche wurden an den Kanten mit einer Fräsmaschine überarbeitet, so dass sie am Ende winkelig waren. Die Maße der Pol- höhenwiege ergaben sich im Wesentlichen aus den gefundenen Schrotteilen und nicht aus irgendwelchen Berechnungen. Die Klemmringe wurden auf der Drehbank ge- fertigt und dort auch exzentrisch gebohrt. Die Klemmringe und die Welle hat mir dann ein Kollege bei der Firma nach meinen Wünschen an die Bleche angeschweißt. Das Material besteht aus verschiedenen Edel- stählen (was der Schrottcontainer eben so hergab). Das Ganze ist inzwischen etwa 30 Jahre her. Damals haben sich alle über die Eigeninitiative des Praktikanten gefreut. Heute wäre das so sicher nicht mehr ohne Weiteres möglich. So ändern sich die Zeiten. 1 Gesamtansicht der Polhöhenwiege 2 Detailansicht Polhöheneinstellung der Polhöhenwiege Etwas Ähnliches lässt sich aber auch ohne Werkzeugmaschinen bauen, z.B. aus Holz. Die Steifigkeit der Polhöhenwiege hängt im und gekauft. Damals war die zugehörige Der Kopf lässt sich ebenfalls festklem- Wesentlichen von dem Konstruktionsprin- Polhöhenwiege von Astrotrac ausverkauft men. Vielleicht ersetze ich alle Inbus- und zip ab und weniger vom Elastizitätsmodul und erschien mir für 350,- EUR auch ziem- Kreuzschlitzschrauben noch durch Rändel­ der Werkstoffe. Wesentlich ist, dass sich lich teuer. Jedenfalls kam mir bei dieser Ge- schrauben, so dass ich zum Einstellen alle beweglichen Teile nach der Einstellung legenheit mein altes Schätzchen wieder in kein Werkzeug mehr benötige, nach dem festklemmen lassen, so dass jegliches Spiel den Sinn und wurde kurzerhand für den nächsten Baumarktbesuch wahrscheinlich. verschwindet. Es darf nicht einfach nur ein Astrotrac TT320x umgebaut (Abb. 1). Die Polhöhenwiege hat einen sehr großen Winkel sein, der sich um den Drehpunkt Einstellbereich, so dass sie, abgesehen von herum elastisch verformt. Es sollte viel- Die Polhöhenwiege lässt sich auch unter äquatornahen Bereichen, nahezu weltweit mehr geometrisch ein Dreieck darstellen, Last verstellen, in dem die beiden Inbus- eingesetzt werden kann (Abb. 2). das die Verformung stark behindert, weil es schrauben an der Klemmung etwas gelöst durch die geschlossene Geometrie wesent- werden und sich der Neigungswinkel mit Die Gewindestange ist spielfrei mit dem lich steifer ist. der Flügelmutter an der Gewindestange Winkel verbunden. Am oberen Ende der einstellen lässt. Das Widerlager der Gewin- Gewindestange befindet sich eine Messing- Eines schönen Tages, Jahre später, habe destange im Bereich der Flügelmutter ist der kugel aus dem Bastlerladen oder von einem ich dann auf einem ATT in Essen die Rei- Kopf eines alten Fotostativs vom Flohmarkt, alten Möbelstück – ich weiß es nicht mehr semontierung Astrotrac TT320x gesehen das für diesen Zweck herhalten musste. genau. Sie ist zwischen zwei Brettchen ein-

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3 Detailansicht exzentrische 4 Detailansicht Aluminium-Vierkantprofil mit 5 Gesamtansicht Montierung mit Objektiv Klemmringe Befestigungsschraube für den Astrotrac TT320x und Kamera

geklemmt und funktioniert als Gelenk. Alle Rückseite gleichzeitig das Brett, auf dem hilft eine gut sortierte Grabbelkiste. Ab und an der Polhöhenwiege vorhandenen Gelen- die Messingkugel für die Gewindestange zu hat auch der Stativhersteller Berlebach ke können festgeklemmt werden, so dass die eingespannt ist. Durch das untere Loch solche Schrauben im Angebot. Wiege in sich kein Spiel hat und eine sehr kann man mit Hilfe eines Inbusschlüssels große Steifigkeit aufweist. Auch unter gro- die Schraube anziehen, die den Astrotrac Mit dem verwendeten guten Fotokopf kann ßer Belastung verformt sie sich kaum und TT320 hält. Die Mutter dient dem Kontern man dann auch schwere Objektive auf- würde auch bei Verwendung von noch hö- der Schraube. Wichtig für die Steifigkeit ist setzten und mehrere Minuten problemlos herwertigen Bestandteilen der Montierung auch hier das geschlossene Vierkantprofil. nachführen, z.B. ein Pentax f = 500 mm, wie Fotokopf, Astrotrac und Stativ nicht den Ein Winkel aus dem Baumarkt hätte es im 1:4,5, mit Kamera auf der Montierung. Ka- Schwachpunkt des Ganzen darstellen. Prinzip auch getan, wäre aber wesentlich mera und Objektiv wiegen zusammen ca. 5 elastischer gewesen und hätte die Steifigkeit kg (Abb. 5). Entscheidend für die mögliche Zur Befestigung des Astrotrac TT320 ist der Gesamtkonstruktion stark beeinträch- Nachführdauer ist dann nur die vorheri- mir ein Vierkant-Aluprofil in die Hände tigt (Abb. 3 und 4). ge genaue Polausrichtung. Das Batterie- gefallen. Das wurde mittig durchbohrt und pack des Astrotrac TT320 habe ich einfach im rechten Winkel dazu mit vier Schrauben Schwierig war es, die 3/8-Zollschraube auf die Polhöhenwiege geschnallt (Abb. auf dem Blech des Polhöhenwinkels ge- mit Kontermutter zu bekommen, um den 6). Wenn es auf das Gewicht nicht so an- schraubt. Die vier Schrauben halten auf der Astro­trac 320 darauf zu befestigen. Hier kommt, benutze ich einen 12-V-Motorrad-

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schon seit Jahren und ich habe nicht vor, es zu ändern (Abb. 7).

Zum Abschluss noch ein Foto des Orion- nebels M42, das am Stadtrand von Olten in der Schweiz am 28.12 2016 mit dieser Mon- tierung entstanden ist (Abb. 8). Allerdings mit einem alten Tele-Picon 1:4,5 / 400 mm von Piesker, Berlin, West-Germany, mit 5 6 Detailansicht Polhöhenwiege mit Batteriepack min Belichtungszeit bei ISO 800 mit einer für die Astronomie modifizierten Canon 40 D. Vor dem Aufnahmechip war noch ein unten aus der Halterung und zerschellt am CLS-Filter in die Kamera eingeklipst. Ka- Boden. Um das zu verhindern, ist es unbe- mera und Objektiv wiegen hier etwa 3,5 kg. dingt erforderlich, das Polsucherfernrohr Die Aufnahme ist ansonsten unbearbeitet. gegen Herausfallen zu sichern. Ich habe Sie zeigt außerdem, wie gut der Astrotrac das mit Schaumstoffringen improvisiert, TT320x funktioniert, der ja nicht fürs Gui- die ich über das Polsucherfernrohr gezogen den ausgelegt ist. Sie zeigt aber auch, wie habe und die größer sind als das Loch für wichtig eine gute Polausrichtung ist, und den Polsucher, so dass der Polsucher nicht man sieht, dass die Montierung in ihrer herausfallen kann. Außerdem dämpft der Gänze mit der Belastung, Brennweite und Schaumstoff den Aufprall, sollte es, aus Belichtungszeit noch nicht am Ende ist. Al- welchen Gründen auch immer, doch ein- les in allem bin ich mit diesem Aufbau für mal geschehen. Das Provisorium hält auch die Reise sehr zufrieden.

7 Detailansicht mit Polsucherfernrohr des Astrotrac TT320x, gegen Herausfallen gesichert

akku, der auf dem Ablagebrett des Stativs liegt und der auch die Kamera versorgt.

An dieser Stelle noch eine kleine Verbesse- rung für den Astrotrac TT320. Die Befesti- gung des Polsuchers mit Magneten ist sicher eine Spielerei, denn das Polsucherfernrohr 8 M 42, aufgenommen mit Tele-Picon 1:4,5/400 mm, Belichtungszeit 5 min fällt bei kleinen unachtsamen Stößen nach bei ISO 800 mit einer Canon 40Da

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Eine All-Sky-Kamera Marke Eigenbau als Hilfsmittel für die Astrofotografie von Patrick Winkler und Fritz Amtmann

Heutzutage offeriert der Markt eine Viel- zahl an All-Sky-Kameras. Das sind Ka- meras, die in einem Schutzgehäuse unter- gebracht sind und über ein Weitwinkelob- jektiv verfügen. Die Preisspanne der Geräte reicht dabei von wenigen hundert bis zu mehreren tausend Euro. Je höher der Qua- litätsanspruch, desto schneller landet man bei Modellen ab 3.000 Euro aufwärts. Und selbst dann sind gewisse Anforderungen nicht erfüllt. Daher fiel die Entscheidung, eine All-Sky-Kamera selbst zu bauen (Abb. 1). Rückwirkend betrachtet waren viel Re- cherchearbeit, Testen und Ausprobieren notwendig, aber es hat viel Spaß gemacht und war sehr lehrreich. Natürlich hatte 1 Die montierte ich tatkräftige Unterstützung von meinem All-Sky-Kamera an Sternwartenkollegen und Co-Autor dieses der Sternwarte Artikels in elektrotechnischen Belangen und der Programmierung. Drehen wir die Zeit zurück und beginnen mit den definier- ten Anforderungen.

Das Anforderungsprofil Was soll nun das zu bauende Gerät kön- Zugegeben, anfänglich liest sich die Liste straße. Leider war das mitgelieferte Objek- nen? Diese Überlegungen erstreckten sich wie der Wunschzettel ans Christkind, daher tiv aber nicht ideal (starke Verzerrungen). von der Kamera mit der gewünschten Auf- gehen wir die Liste der Reihe nach durch. Nach ausgiebiger Internet-Recherche kam lösung über das zu verwendende Objektiv, ich auf ein bautechnisch sehr kleines Objek- die Kuppel, die Kuppelheizung, das Gehäu- Die Kamera und das Objektiv tiv MPL 1,55 mm von Arecont Vision, das se, die Stromzufuhr bis hin zur Steuerung/ Bei der Wahl der Kamera kam ich ziemlich über eine Anfangsblende von 2,0 verfügt Software: schnell zu Modellen von ZWO ASI. Unsere [1]. Nach gut vier Wochen Lieferzeit war das – mindestens eine 6-Megapixel-Kamera Wahl fiel schlussendlich auf das ungekühlte nicht gerade billige 180°-Objektiv für meine – möglichst verzerrungsfreies Objektiv mit Modell ASI178MM. Die Kamera hat einen All-Sky-Kamera angekommen (ca. 120 Eu- 180° Gesichtsfeld back-illuminated Sensor (3.096 x 2.080 Pi- ro). Es zeichnet scharf und hat für das große – dichtes Gehäuse, das auch extremen Um- xel; 2,4 μm) mit einer Quanteneffizienz von Gesichtsfeld wenig Verzerrung. gebungsbedingungen trotzt und mög- 81% bei einer Lichtwellenlänge von 480 nm. lichst wartungsfrei ist Natürlich war auch der Preis ein entschei- Das Gehäuse – kleine und witterungsresistente Kuppel, dendes Kriterium, wollte ich doch für die Eine zentrale Komponente einer guten All- die leicht zu tauschen ist Kamera nicht mehr als 400 Euro ausgeben. Sky-Kamera ist meiner Ansicht nach das – so wenige Zuleitungen/Kabel wie mög- Im Lieferumfang der Kamera befand sich Gehäuse, ist es doch jeden Tag dem Wetter lich auch eine All-Sky-Linse (Weitwinkeloptik ausgesetzt – im Sommer intensiver Hitze – größtmögliche räumliche Ungebunden- von 2,5 mm Brennweite) mit knapp 170° und hoher UV-Belastung sowie im Winter heit zu Computer/Router Gesichtsfeld. Erste nächtliche Tests zeigten, Nässe, Schnee, Eis und tiefen Temperatu- – völlig autonome Operation des Systems dass bei dieser Brennweite gut 30 Sekunden ren. Dabei muss das Gehäuse absolut dicht – automatischer Upload der Bilddaten belichtet werden kann, ohne Strichspuren und vor allem über Jahre wartungsfrei sein. zu erhalten mit bereits erkennbarer Milch- Diesen Anforderungen entsprechend und

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2 Oben: Das Gehäuse der All-Sky-Kamera mit Kuppel auch in Hinblick darauf, dass die All-Sky-Kamera 3 Oben rechts: Kontermutter und verschraubte Kuppel im Deckel vielleicht einmal ihren Dienst in anderen Regionen der Welt erfüllen soll, schieden für mich Kunststoff- gehäuse aus. Die hohe UV-Einstrahlung lässt Kunst- stoffe schnell altern und spröde werden. Auch lässt ein Remotebetrieb in einer weit entfernten Region es nicht zu, schnell mal hinzufliegen, um etwas zu repa- rieren. So kam ich auf ein Schaltschrank-Edelstahl- gehäuse von Rittal (Abb. 2). Diese werden eigentlich für Anwendungen in der Nahrungs- und Genussmit- telindustrie hergestellt und erfüllen die Anforderun- gen der Schutzklasse IP 66 (staubdicht und geschützt gegen starkes Strahlwasser [2]). Auch können alle Kabel, die später ins Gehäuse führen, nach demsel- ben Standard mit Kabelverschraubungen versehen werden. Alle Teile wie Schrauben, Dichtungsrahmen, Deckel usw. sind als Ersatzteile einzeln bestellbar. Das Gehäuse hat daher einen stolzen Preis (rund 300 Euro), und es ist relativ schwer.

Die Kuppel Die Kuppel bereitete mir am meisten Kopfzerbre- chen, die Suche war sehr zeitaufwändig. Zumeist sind All-Sky-Kameras mit Acryl­glaskuppel ausgestattet. Prinzipiell nicht schlecht, doch wollte ich neben best- möglicher Transparenz auch größtmögliche Witte- rungsbeständigkeit. Aus Gesprächen mit Personen, die All-Sky-Kameras schon einige Jahre in Wüsten- regionen im Einsatz haben, erfuhr ich, dass Sand und Wind eine Acrylglaskuppel schnell abschleifen und diese dann matt wird. Die Lebensdauer beträgt oft nur 1,5 Jahre. Sie ist zwar billig, aber der Tausch wiederum nicht. Glas sei deutlich besser, wurde mir gesagt. Doch woher eine Glaskuppel bekommen? 4 Einige Komponenten im Gehäuse (Lüfter, Raspberry, PoE-Injektor). Fündig geworden bin ich schlussendlich bei Kanal- Die Kamera würde sich in der Bildmitte befinden. Inspektionskameras von Wöhler [3]. Diese Kuppeln

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5 Die Wetterüberwachungs- seite mit Bild der All-Sky-Kamera und den Daten des AAG Cloud Watchers

6 Die Weboberfläche, über die sich Lüftung, Heizung und die Automatik steuern lassen

sind aufgrund ihres Einsatzzwecks klein, widerstandfähig und sowohl in Acryl- als auch in Glasversionen verfügbar. Die Glas- kuppel bewegt sich preislich bei ca. 77 Euro, nahezu dem 5- bis 6-fachen der Acrylglas- version. Sie hat einen stabilen Metallkranz mit Gewinde und lässt sich mit der pas- senden Mutter wunderbar verschrauben. Diese musste ich allerdings anfertigen las- sen, da Gewindesteigung zu Durchmesser nicht Standard ist. Im Fall eines Kuppel- tausches wird die Kuppel aus dem Deckel geschraubt, die Neue eingeschraubt und außen um den Metallkranz mit Silikon ab- gedichtet (Abb. 3).

Da die Kuppel das Fenster zum Himmel dar- stellt und das Wetter nicht immer Sonnen- schein verspricht, war eine Beheizung eben- Stromversorgung, Steuerung und Spannung sein, um am Raspberry stabile so Thema. Dafür wurde ein Ringheizelement Datentransfer 5 V zu haben, da sonst ein Neustart schon aus einem Widerstandsdraht auf einem Wie bereits erwähnt, war eine der Anforde- beim Hochfahren des Raspberrys erfolgt. Rundrohr (bei 5 V rund 4 W Heizleistung, rungen, so wenig Zuleitungen wie möglich In diesem Fall waren es 24 V bei 30 m Zu- Länge ca. 10 cm) konstruiert, das sich zwi- zum Gehäuse und von der Kabellänge aus- leitung zu einem 5-V-Regler bei bis zu 5 A. schen Objektiv und Kuppel einschieben lässt reichend Reichweite zu haben (mindestens Zur Steuerung wurde das Programm selbst und per Software ein- und ausschaltbar ist. 10 m, idealerweise 30 m). Und es galt, alle geschrieben. Die Kamera arbeitet voll- Es zeigte sich, dass sich durch das abgedich- Geräte, also All-Sky-Kamera, Raspberry, automatisch, regelt Belichtungszeit und tete Gehäuse und die darin laufenden Gerä- Kuppelheizung und Lüfter (der sich auto- dergleichen eigenständig, macht alle 5 te (Kamera, Raspberry-Computer) selbst matisch bei einer Gehäuseinnentemperatur Minuten ein Bild und lädt dieses direkt via bei -5 °C Außentemperatur die Innentem- über 50 °C einschaltet und bei Unterschrei- FTP (Datei-Übertragungs-Protokoll) zur peratur bei +1 °C bewegt und ein Beheizen ten dieses Wertes wieder abschaltet) zu be- Wetterüberwachungsseite der Sternwarte der Kuppel selten notwendig war. Insgesamt treiben. Die Lösung für dieses Problem war (Abb. 5). Über eine gesonderte in PHP (das dreimal nach Schneefällen und einmal wegen ein PoE-System (Stromversorgung über ist eine spezielle Programmiersprache) Vereisung der Kuppel musste die Heizung im Ethernet-Kabel) mit Injektoren (eine Art programmierte grafische Benutzeroberflä- Winter aktiviert werden. 30 Minuten später Wandler, der das Ethernet-Signal für lange che, die über einen Webbrowser gesteuert war das System frei und die Innentemperatur Kabellängen tauglich macht [4], Abb. 4). Je wird (Abb. 6), kann die Lüfterautomatik um einige Grade angehoben. länger die Zuleitung, umso höher muss die ein- bzw. ausgeschaltet und die Heizung ge-

Journal für Astronomie Nr. 73 | 61 Amateurteleskope / Selbstbau

7 Die fertig lackierte All-Sky-Kamera 8 Links das unlackierte Blech, rechts das lackierte

steuert werden. Zusätzlich werden die Tem- hen und die Wärmeaufnahme zu senken. oder Wohnmobilen. Laut Hersteller soll peratur des Raspberry, der Kamera sowie Der Sonnenschirm ist ein Blech (30 cm x 30 die Oberfläche nur wenige Grade wärmer die Gehäuseinnenraumtemperatur ausge- cm) mit einer Aussparung für die Kuppel, werden als die Umgebungstemperatur. Mit lesen und in jedes Bild eingeblendet. Für das auf den Schrauben aufliegt. Klingt ein- diesem Lack wurden das Gehäuse und die den Fall eines Kameraausfalls oder Fehl- fach, bringt aber durch die Beschattung des Beschattungsplatte lackiert und in ein ele- funktion (z.B. schwarzes Bild) sorgt eine Gehäuses einiges an Wärmereduzierung. gantes Weiß gehüllt (Abb. 7). Den Herstel- automatische Routine für einen Neustart Auch kann der Wind alles umstreichen und lerangaben zu glauben, war die eine Sache, des gesamten Systems (bis dato aber nicht so zusätzlich Wärme abführen. das „kontrollierte“ Austesten musste fol- vorgekommen). Sollte man wirklich einmal gen. Zu Testzwecken blieb ein Blechstück ein aktuelles All-Sky-Bild in Vollauflösung Die zweite Maßnahme war das Lackie- unlackiert, ein zweites wurde identisch zu haben wollen (z.B. hübsche Wolkenstim- ren der kompletten Oberfläche inklusive den Gehäuseteilen lackiert (Abb. 8). An- mung, All-Sky-Milchstraßenbild), kann der Beschattungsplatte. Gesucht war ein schließend wurden beide Musterstücke dies jederzeit per Klick auf das Vorschau- Lack, der neben einem hohen Reflexions- eine Stunde lang mit einer Infrarotlampe bild in voller Auflösung abgerufen werden. grad auch kühlende Eigenschaften hat. bestrahlt und regelmäßig die Oberflächen- Tatsächlich fand sich Derartiges (COOL- temperatur mittels Laser-Thermometer Testbetrieb und Erkenntnisse DRY von Sistec Coatings, [5]). Dieser wird gemessen. Die Ergebnisse waren überra- Für den neunmonatigen Testbetrieb war zur Lackierung von Blechdächern ver- schend positiv. Natürlich ist dieser einfache die Hoffnung, jedes mögliche Wetter zu wendet, aber auch bei Kühltransportern Versuchsaufbau weder eine Klimakammer erleben. Hitze, tagelanger Regen, Wolken- brüche, Schnee, Sturm, klirrende Kälte. Gleich vorweg: die Kamera hat all dies ge- meistert und funktionierte einwandfrei. Einen Punkt möchte ich aber illustrativ he- rausgreifen, um den Bau und die gewonnen Erkenntnisse zu beschreiben.

An heißen Sommertagen bei Temperaturen bis zu 38 °C zeigten Vorversuche, dass die Innentemperatur im Gehäuse schnell auf bis zu 70 °C anstieg. Der Lüfter konnte die Temperatur um gute 8 °C senken, dennoch galt es, die Hitzeeinstrahlung zu minimie- ren und ein Aufheizen des Gehäuses zu ver- hindern. Die dahingehenden Maßnahmen waren zweistufig. Einerseits eine Art Son- nenschirm für das Gehäuse anzubringen, andererseits den Reflexionsgrad zu erhö- 9 Messung der Temperatur beider Blechstücke mittels Laserthermometer

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noch Ähnliches, aber der Temperaturun- Weblinks (Stand Dezember 2019): terschied beider Blechoberflächen betrug [1] Arecont-Vision-Objektiv: https://sales.arecontvision.com/product/Lenses/MPL1.55 im Mittel 16 °C (Abb. 9). [2] Rittal-Schaltschrank-Hygienic-Design: www.rittal.com/at-de/product/show/ variantdetail.action?category Path=/PG0001/PG0002SCHRANK1/PG0125SCHRANK1/ Fazit PRO0130SCHRANK&productID=1671600 Zusammenfassend lässt sich das Projekt- [3] Glaskuppel der Fa. Wöhler: www.woehler.de/shop/glaskuppel.html ergebnis als überaus zufriedenstellend be- [4] PoE-Injektor: https://www.conrad.at/de/p/tp-link-tl-poe2412g-poe-injektor- werten, die Kamera läuft einschließlich der 10-100-1000-mbit-s-ieee-802-3af-12-95-w-1926762.html Testbetriebszeit nun seit mehr als 1 ¾ Jah- [5] COOLDRY-Dachbeschichtungsfarbe: ren absolut zuverlässig und ohne Probleme. www.sistec-coatings.de/de/produkte/cooldry.html Unser letztes Bild ist der astronomische Be- weis: ein schöner Nachthimmel (Abb. 10).

10 Unser Ziel: der Nachthimmel präsentiert sich prächtig.

Journal für Astronomie Nr. 73 | 63 Astrofotografie

Entdeckungen durch Amateure Die Zwerggalaxie NGC 3344 Dw1 von Markus Blauensteiner, Bernhard Hubl, Günter Kerschhuber und Peter Riepe

Innerhalb der VdS-Fachgruppe Astrofo- tografie haben wir eine etwa 40-köpfige Arbeitsgruppe, die sich speziell mit ex- trem lichtschwachen Phänomenen des extragalaktischen Raumes befasst. Diese „TBG-Gruppe“ (tief belichtete Galaxien, [1]) arbeitet gemeinsam mit dem bekann- ten russischen Astrophysiker Prof. Dr. Igor D. Karachentsev zusammen [2], der sich in der Kosmologie seit den 1960er-Jahren verdient gemacht [3]. Unser Ziel ist die Entdeckung neuer Begleiter von Galaxien des Local Volume (LV). Darunter versteht man den Raum mit einem Radius von et- wa 11 Mpc (1 Megaparsec = 3,262 Mio. Lj) um unsere Milchstraße herum. Gewöhn- lich sind die neu zu erwartenden Begleit- galaxien unscheinbare Zwerggalaxien mit Flächenhelligkeiten von 24 Größenklas- sen pro Quadrat­bogensekunde und licht- schwächer. Aus ihrer Zahl und Anordnung im Muttersystem lassen sich wertvolle In- formationen zur Galaxienentwicklung ge- 1 Umgebung von NGC 3344, Teleskope und Kameras: s. Text, Belichtung: Luminanz winnen. 57 x 10 min und 93 x 5 min, RGB je 8 x 10 min und R 31 x 5 min, G 29 x 5 min, B 33 x 5 min. Bild: Günter Kerschhuber und Markus Blauensteiner I. D. Karachentsev hat für unsere TBG- Gruppe einen Katalog vordringlicher LV-Galaxien erstellt. Die TBG-Mitglieder me wissenschaftliche Publikationen ein- hingezogen hat. Eine der Karachentsev- suchen daraus zunächst passende Zielga- geplant. Sobald die Gelegenheit besteht, Galaxien ist NGC 3344. Diese Balkenspi- laxien aus und nehmen sie dann extrem wird diese neue Galaxie mit dem russischen rale im Kleinen Löwen hat eine Entfernung tief mit möglichst weitem Umfeld auf. Da- 6-m-Spiegel im Kaukasus langbrennweitig von 9,51 bzw. 9,82 Mpc [4, 5], das sind rund bei geht es in erster Linie nicht um „pretty belichtet. Um die Natur als Begleiter zu 30 Mio. Lichtjahre. Ihr scheinbarer Durch- pictures“ der Muttergalaxie selbst, sondern bestätigen, werden auch lang belichtete messer beträgt auf unseren Aufnahmen um schwache, in der Fachwelt bisher unbe- Spektren der Zwerggalaxien angefertigt. 8’ (rund 70.000 Lj). NGC 3344 erscheint kannte diffuse Objekte in einem Umkreis Für Objekte mit Hα-Emission lassen sich in direkter Draufsicht (face-on) mit einer von bis zu 400 Kiloparsec Radius um die aus der gemessenen Radialgeschwindigkeit ganz normalen Spiralarmstruktur, nichts Muttergalaxie. In der TBG-Gruppe werden die Entfernung und damit die Zugehörig- erinnert an gravitative Wechselwirkungen. diese Aufnahmen dann einer ersten Aus- keit zur Muttergalaxie nachweisen. Bei Bis zu unserer Entdeckung war auch nichts wertung unterzogen. Danach werden die in dem zweiten Typ von Zwerggalaxien, den über irgendwelche Begleiter von NGC 3344 Frage kommenden, Erfolg versprechenden sphäroiden Zwergen (dSph), können die bekannt. Eine erste Aufnahme von Günter Bilder mit „verdächtigen“ neuen Objekten hellsten Einzelsterne fotometrisch vermes- Kerschhuber und Markus Blauensteiner nach Russland geschickt. Dort werden sie sen und daraus die Entfernungen abgeleitet (Abb. 1) entstand im Frühling 2014 auf der von Prof. Karachentsev kritisch geprüft. werden. Sternwarte Gahberg in 860 m Höhe, wo bei- Wenn noch nichts über einen neuen mög- de Bildautoren ihre „GeMini“-Sternwarten lichen Begleiter an diesem Ort bekannt ist, In diesem Bericht stellen wir eine typische betrieben (und Günter Kerschhuber heute werden unsere Aufnahmen für gemeinsa- TBG-Entdeckung vor, die sich über Jahre noch betreibt). Beide verwendeten zwei

64 | Journal für Astronomie Nr. 73 Für Entdeckungen — am Sternenhimmel

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2 SDSS-Aufnahme, zentriert auf den Ort von NGC 3344 Dw1 3 Aufnahme aus dem Pan-STARRS-Archiv, zentriert auf den Ort von NGC 3344 Dw1

Journal für Astronomie Nr. 73 | 65 Astrofotografie

4 NGC 3344 mit der möglichen neuen Zwerggalaxie (roter Kreis), Newton 300 mm/1.120 mm mit Kamera QSI 660, Astrodon-Filter, Belichtung: L 90 x 8 min/R, G und B je 31 x 8 min. Bild: Bernhard Hubl

parallel montierte Newton-Teleskope, so SXV-H9 (Blauensteiner), in Verwendung. aber nicht, denn NGC 3344 Dw1 (so die dass gleichzeitig vier Teleskope Licht von Mit diesen beiden Teleskopen entstanden Bezeichnung des vermuteten neuen Beglei- NGC 3344 einsammelten. So kamen in vier parallel zu den L-Aufnahmen die RGB-Bil- ters) kann ja eine gasarme dSph-Galaxie Nächten 29 Stunden Belichtungszeit zu- der. Das Kalibrieren, Ausrichten und Mit- sein. Über NGC 3344 Dw1 berichteten wir sammen. Davon entfallen 17,25 Stunden teln der Rohbilder erfolgte in CCDStack, ebenso wie über andere neue LSB-Zwerge auf die Luminanz und 11,75 Stunden auf die Farbkalibrierung wurde in eXcalibrator [8]. Bis zu diesem Zeitpunkt war das SDSS- RGB, alle Aufnahmen ohne Binning. Zum erledigt. Das Bild zeigt einen LSB-Zwerg Bild die einzige, jedoch eher dürftige Be- Einsatz kamen ein ASA-Newton 250 mm (low surface brightness = geringe Flächen- stätigung für die Existenz von NGC 3344 / 900 mm mit einer CCD-Kamera SBIG helligkeit) in etwa 12’ (105.000 Lichtjahre) Dw1. ST-10XME (Kerschhuber) und ein Lacer- projiziertem Abstand von NGC 3344. An ta-Newton 250 mm/1.000 mm mit einer dieser Stelle erscheint im Sloan Digital Sky Der echte astrofotografische Nachweis ge- CCD-Kamera SBIG ST-2000XM (Blauens- Survey (SDSS, [6]) nach kräftiger Kontrast- lang dann Bernhard Hubl. Seine hier vor- teiner). Damit wurden die Luminanz-Auf- steigerung eine sehr schwache Aufhellung gestellte tiefe Aufnahme der Galaxie NGC nahmen angefertigt. Weiterhin waren ein (Abb. 2). Dagegen ist im qualitativ besseren 3344 (Abb. 4) entstand in seiner Garten- Newton 200 mm/580 mm mit einer Star- PanSTARRS-Bildarchiv [7] nichts zu sehen sternwarte in insgesamt acht Nächten zwi- light SXV-H9 (Kerschhuber) und ein New- (Abb. 3). Auch der GALEX-Survey konn- schen Februar und April 2019. Die Stern- ton 130 mm/650 mm, ebenfalls mit einer te nichts entdecken. Das verwundert uns warte liegt auf einer Seehöhe von 400 m

66 | Journal für Astronomie Nr. 73 Astrofotografie

5 NGC 3344, Vergleich der Aufnahmen von G. Kerschhuber / M. Blauensteiner (links) und B. Hubl (rechts) in Ausschnittsvergrößerungen

in einem flachen Tal des leicht hügeligen 53, 2/2015, S. 62 oberösterreichischen Alpenvorlandes. Der Der direkte Vergleich beider TBG-Bildre- [4] Catalogue & Atlas of the LV : Standort ist aufgrund der nebelanfälligen sultate lässt keinerlei Zweifel aufkommen www.sao.ru/lv/lvgdb/object.php? Tallage und der sich in der Nähe befin- (Abb. 5). Aus dem scheinbaren Durch- name=NGC3344&id=210… denden Siedlungs- und Industriegebiete messer von 15 Bogensekunden ergibt sich [5] L. Bottinelli et al., 1984: „HI line sicher nicht ideal, und daher sind die Be- für NGC 3344 Dw1 in der Entfernung von studies of galaxies III, Distance dingungen wahrscheinlich vergleichbar ~30 Mio. Lichtjahren ein wahrer Durch- moduli of 822 disk galaxies”; Astron. mit denen vieler anderer Astrofotografen in messer von 2.200 Lichtjahren, was sehr gut Astrophys. Suppl. Ser. 56 (6-1984), p. Mitteleuropa. Zum Glück gab es im Früh- zu dSph-Zwergen wie etwa 381-413 jahr 2019 einige Nächte mit besonders gu- bis V aus dem Halo von M 31 passt. Damit [6] Sloan Digital Sky Survey: http:// ter Transparenz und gutem Seeing. Daher hat NGC 3344 Dw1 die ungefähre Leucht- skyserver.sdss.org/dr15/en/tools/ konnte der Bildautor mit seinem Newton- kraft des galaktischen Kugelsternhaufens chart/navi.aspx Teleskop (300 mm/1.120 mm) in Kombina- Omega Centauri. Sie ist jedoch viel ausge- [7] PanSTARRS-Bildarchiv: http:// tion mit einer gekühlten CCD-Kamera des dehnter und hat daher eine viel geringere ps1images.stsci.edu/cgi-bin/ps1 Typs QSI-660 bei einem Bildmaßstab von Flächenhelligkeit. Das alles freut uns sehr. cutouts 0,84’’ pro Pixel in Summe über 24 Stunden Nun warten wir auf die langbrennweitigen [8] I. D. Karachentsev, P. Riepe, T. Zilch, Belichtungszeit sammeln. Dabei wurde je- Befunde am 6-m-Teleskop. M. Blauensteiner, M. Elvov, P. Hoch- weils zwölf Stunden in Luminanz und zwölf leitner, B. Hubl, G. Kerschhuber, S. Stunden in RGB belichtet. Küppers, F. Neyer, R. Pölzl, P. Rem- mel, O. Schneider, R. Sparenberg, U. Alle Aufnahmen wurden ohne Einsatz von Trulson, G. Willems, H. Ziegler, 2015: Binning angefertigt. Die Kalibrierung der Literaturhinweise und Weblinks „New Low Surface Brightness Dwarf Rohdaten und die Bildaddition erfolgten (Stand September 2019): Galaxies Detected Around Nearby mit der Software CCDStack. Mittels De- [1] TBG-Webseite (Thorsten Zilch): Spirals“; Astrophys. Bulletin 70, No. 4, konvolution konnte die Auflösung des ge- http://tbg.vdsastro.de/ p. 379-391 mittelten Luminanz-Bildes weiter erhöht [2] Special Astrophysical Observatory, werden. Die Farbkalibrierung erfolgte mit Russian Academy of Sciences, Hilfe der Software eXcalibrator, welche die Nizhnii Arkhyz 369167, Russia Farbgewichtungsfaktoren zuverlässig unter [3] P. Riepe, 2015: „Igor D. Karachentsev Nutzung der Fotometriedaten von Sternen und der ‚Viktor Ambartsumian Prize aus dem SDSS-Katalog ermittelt. 2014’ “; VdS-Journal für Astronomie

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Kontinuumssubtraktion in der Astrofotografie Teil 3: Anwendung an einer großflächigen HII-Region (Rosettennebel)

von Werner E. Celnik

Im Teil 1 dieser Betrachtungen [1] wurden eine Anwendung an einem großflächigen stellungen in Teil 2 müssen nun Korrektur- Grundlagen und Methodik bei der Tren- Gasnebel – dem Rosettennebel mit dem of- faktoren an den Pixelwerten angebracht nung von optischer Kontinuumsstrahlung fenen Sternhaufen NGC 2244 darin. werden. und Emissionslinienstrahlung aus Aufnah- men von Himmelsobjekten mit Hα-Filtern Da die Original-Aufnahmen von M 33 in Beobachtungen vorgestellt. Der Teil 2 [2] beschrieb den Teil 2 bei nahezu identischen Beobach- Der Rosettennebel wurde mit einem Zoom- analytischen Bearbeitungsprozess dieser tungsbedingungen gewonnen werden Teleobjektiv von Canon 1:4,5-5,6 / 100-400 Strahlungstrennung und eine praktische konnten, werden jetzt bewusst Aufnah- mm (Arbeitsblende 7,1, Arbeitsbrennwei- Anwendung an der Galaxie M 33. Nun, men herangezogen, bei denen die Beob- te 400 mm) und mit einer modifizierten M 33 ist zwar eine Galaxie mit großem achtungsbedingungen stark voneinander Kamera Canon 700Da im APS-C-Format Winkeldurchmesser, die Objekte darin, die abwichen, hier: Aufnahmen ohne Mond- aufgenommen. Die Abbildungsqualität bei im Licht der Hα-Linie Strahlung abgeben, licht, dafür mit Störungen durch Wolken, den Sternen ist nicht berauschend, aber da- sind jedoch von recht kleinem Winkel- und Aufnahmen bei sehr himmelsaufhel- rum geht es hier nicht. Die Aufnahmen mit durchmesser. Daher folgt in diesem Teil lendem Mondlicht. Entsprechend der Dar- einem 12 nm breiten Hα-Filter [3] wurden

1 Das Ausgangsmaterial zur Kontinuumssubtraktion: Oben: Einzelbelichtungen mit Hα-Filtern, links mit HWB 12 nm, rechts mit HWB 6 nm; unten: im Kontrast linear gestreckte Summenbilder nach dem Stacking-Prozess mit Deep Sky Stacker, links mit HWB 12 nm, rechts mit HWB 6 nm. Aufnahmedaten: s. Text.

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am 18.02.2018, mit 13 x 600 s bei ISO 1600 aufgenommen. Aufnahmen mit einem Hα- Filter der Halbwertsbreite von 6 nm [3] wur- den am 21.02.2018 ebenfalls 13 x 600 s bei ISO 1600 belichtet (Abb. 1). Die Einzelbe- lichtungen wurden mit der Software Deep Sky Stacker [4] gestapelt. Am 18.02. störte der Mond noch nicht, dafür zogen Zirrus- wolken durchs Feld, am 21.02. stand der 6 Tage alte Mond 55 Grad entfernt und sorgte bei leichtem Dunst für Himmelsauf- hellung. 2 Bei unterschied- Am Schluss des Beitrags soll das Ergeb- lichen Beobachtungs- nisbild mit der reinen Linienstrahlung zur bedingungen hängt Kontraststeigerung an einer RGB-Aufnah- der errechnete Anteil me verwendet werden. Diese RGB-Auf- der Kontinuumsstrah- nahme (Abb. 6) wurde mit gleichem Ob- lung im Bildfeld von jektiv und gleicher Kamera am 08.01.2016 der richtigen Wahl gewonnen. des Korrekturfaktors K ab. Oben: K zu klein, Vorbereitungen Mitte: K richtig, unten: Bei beiden Hα-Summenbildern aus dem K zu groß. Stapelprozess mit Deep Sky Stacker wurde der Schwarzpunkt im Bild auf Null gesetzt, um den aufgehellten Himmelshintergrund durch die Störfaktoren (Wolken, Mond- licht) zum Teil auszugleichen. Das ent- spricht einer linearen Streckung. Natürlich wurden die Aufnahmen mit 6 und 12 nm HWB für die nachfolgende Bearbeitung so exakt wie möglich aufeinander ausgerichtet.

Trennungsformeln Wir verwenden die im Teil 2 abgeleiteten Trennungsformeln auf Seite 56 des VdS- Journals für Astronomie Nr. 69 in der lin- ken Spalte: Für die Intensität der Linien- strahlung IL gilt nach [2]:

IL = 2,361 ∙ (PWs ∙ K - PWb / 1,967) (1)

Und für die Intensität der von den Filtern eingefangenen Kontinuumsstrahlung IC in einem 10-nm-Band: IC / (1/10 nm) = 1,760 ∙ (PWb - PWs ∙ K / 0,968) (2) 3 Die Emissionslinienstrahlung in Hα und [NII] mit richtigem K-Faktor und mit Sternresten.

Journal für Astronomie Nr. 73 | 69 Astrofotografie

Der Korrekturfaktor Der Korrekturfaktor K ist experimentell zu bestimmen. Man beginnt mit K = 1. Wird K zu klein gewählt, bleibt im Ergebnisbild für die Kontinuumsstrahlung IC noch ein Rest von Hα-Emission zu sehen (vgl. Abb. 2 oben, K = 0,546). Wird K zu groß gewählt, wird zu viel vom Pixelwert subtrahiert und es erscheint ein dunkles Loch dort, wo bis- her das Hα emittierende Nebelgebiet stand (vgl. Abb. 2 unten, K = 0,700). Wenn der 4 Die Emissionslinienstrahlung in Hα und [NII], aber mit weggestempelten Sternresten, Hintergrund so glatt wie möglich erscheint nicht-linear gestreckt. und die Hα-Strahlung weder als helle noch als dunkle Struktur erscheint, ist der K-Fak- tor korrekt gewählt. Das Verfahren reagiert extrem empfindlich auf kleine Änderungen von K, wenn man sich nahe am korrekten Wert befindet (vgl. Abb. 2 Mitte, K = 0,660).

Zwischenergebnis Dennoch sind im Ergebnisbild von IC v.a. im südöstlichen Nebelgebiet hellere Flä- chen zu erkennen (Abb. 2 Mitte). Dies liegt daran, dass in diesem Gebiet der Staub sehr dicht ist und daher kontinuierliches Stern- licht aus der Umgebung reflektiert. Wir haben hier also ein Reflexionsnebelgebiet, welches nur im Bild mit der Kontinuums- strahlung IC erscheint. Auf Farbbildern macht es hier durch eine leichte (!) Farb- verschiebung von Rot nach Orange auf sich aufmerksam (Abb. 5). 5 2-Farb-Komposition der Kontinuumsstrahlung (grünblau) und der Emissions- linienstrahlung (rot). Nachdem das Bild mit der Emissionslinien- strahlung IL mit demselben Korrekturfak- tor K = 0,660 berechnet worden ist (Abb. 3), Zur Erinnerung, dabei bedeuten: Zum „Rechnen“ mit Bildern (d.h. mit Pixel­ sollten ja eigentlich keine Sterne, die kon- werten!) in Photoshop wird der Menü­ tinuierliches Licht abstrahlen, mehr sicht- PWs = der Wert eines Pixels in der punkt „Bild – Bildberechnungen …“ ver- bar sein. Bereits im Teil 2 haben wir auf die Aufnahme mit schmalerem Filter, wendet. In der erscheinenden Eingabemas- möglichen Ursachen für diese „Sternreste“ PWb = der Wert eines Pixels in der ke werden die gewünschten Dateinamen, hingewiesen. Aufnahme mit breiterem Filter, die Rechenoperation und evtl. ein Offset K = Korrekturfaktor zum Ausgleich (empfohlen: 30, damit der Hintergrund Endergebnis unterschiedlicher Beobachtungs- nicht schwarz erscheint) eingegeben. Wie stempeln in Photoshop diese Stern- bedingungen. reste durch Übernahme von dicht daneben liegenden Bildpunkten weg. Das Bild zeigt

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nun die reine Linienstrahlung IL. Achtung! Wie in Teil 1 und 2 beschrieben, werden mit den verwendeten Filtern stets auch die im Spektrum benachbarten [NII]-Linien zusammen mit der Hα-Linie beobachtet. Deren Anteile können wir mit diesen Fil- tern nicht trennen. Wir haben demnach die Summe der Emission von (Hα + [NII]) re- gistriert (Abb. 4).

Handelt es sich um eine wissenschaftliche Arbeit, darf man dies so nicht tun, da man im Ergebnisbild nicht mehr erkennt, wo Sterne weggestempelt wurden. Hier ist es dann ehrlicher, wenn man den Stern z.B. mit einer kleinen grauen Scheibe abdeckt. So machen das die „Profis“. Es sieht nur nicht mehr so „schön“ aus. Das Bild in der 6 RGB-Farbaufnahme des Rosettennebels vom 08.01.2016, 400 mm Abbildung 4 wurde noch nicht-linear ge- Aufnahmebrennweite, astromodifizierte Kamera Canon 700Da. streckt.

Das Rauschen im Bild ist im Vergleich zu den Summenbildern aus dem Stacking- Prozess (Abb. 1) deutlich angestiegen, da es sich im Wesentlichen um ein Differenzbild von Bildern handelt, die ja ebenfalls von Rauschen „befallen“ sind.

Anwendungsmöglichkeiten Natürlich bietet es sich wie schon im Teil 2 beschrieben an, auch für dieses Objekt ein 2-Farb-Komposit anzufertigen. Die Kon- tinuumsaufnahme IC wird in einem sonst leeren Farbbild in die Farbkanäle Grün und Blau kopiert, die (Ha+[NII])-Aufnahme IL in den Rot-Kanal (Abb. 5).

Zur Kontraststeigerung des Nebels in einer RGB-Farbaufnahme (Abb. 6) kann das IL- Bild (Abb. 4) verwendet werden. Die beiden

7 RGB-Farbaufnahme mit geändertem Rot-Kanal: Das errechnete Emissionslinien- bild wurde über die Funktion „Aufhellen“ dem Rot-Kanal hinzugefügt.

Journal für Astronomie Nr. 73 | 71 Astrofotografie

Bilder müssen zunächst wieder exakt aufei- Da das IL-Bild keine Sterne enthält, können Literaturhinweise und Weblinks nander ausgerichtet werden, indem man sie auch die Sternfarben im RGB-Bild nicht (geprüft 1.12.2019): in verschiedenen Ebenen in einem Bild an- verfälscht werden. Lediglich die Nebelteile, [1] P. Riepe, W. E. Celnik, H. Tomsik, ordnet, dann gegeneinander verdreht und die im IL-Bild heller scheinen als im RGB- 2019: „Kontinuumssubtraktion in der verschiebt, bis es passt. Dann die beiden Bild, werden nun heller und kontrastrei- Astrofotografie (Teil 1), Grundlagen aufeinander ausgerichteten Bilder einzeln cher erscheinen (Abb. 7). und Methodik“, VdS-Journal für Astro- in separaten Dateien speichern. Von dem nomie 68 (1/2019), S. 47 RGB-Bild wird der Rot-Kanal in einem Fazit [2] W. E. Celnik, P. Riepe, H. Tomsik, Graustufen-Bild isoliert (im Zusatzfenster Man sieht, das Verfahren funktioniert nicht 2019: „Kontinuumssubtraktion in der „Ebenen“ von Photoshop, und wieder sepa- nur bei Galaxien, sondern auch bei groß- Astrofotografie (Teil 2), Theorie, tech- rat gespeichert. Das IL-Bild wird als Ebene flächigen HII-Regionen. Man kann sogar nik und eine praktische Anwendung über das Graustufen-Bild mit dem Rot-Ka- Emissions- und Reflexionsnebel voneinan- mit Adobe Photoshop“, VdS-Journal nal (aus RGB) gelegt und mit der Kombi- der trennen. für Astronomie 69 (2/2019), S. 52 nierungsmethode „Aufhellen“ zu 100% [3] Hα-Clip-Filter von Astronomik: dem R-Kanal hinzugefügt. Speichern. Wir Aufpassen muss man beim Wegstempeln der Ser. Nr. 1200002909 (6 nm) und laden anschließend das RGB-Bild und das „Sternreste“: es könnte sich ja bei einem sehr 1150017145 (12 nm), neue Graustufenbild des mit IL modifizier- kleinen Objekt nicht um einen Stern, son- www.astronomik.com ten Rot-Kanals. Letzteres wird in den Rot- dern um einen kleinen Planetarischen Nebel [4] Software Deep Sky Stacker: http:// Kanal des RGB-Bildes kopiert. Fertig. handeln, der somit entdeckt werden könnte, deepskystacker.free.fr/german/ sofern man ihn nicht weggestempelt hat ...

Grundlagen der Bildebnung in der Astrofotografie – Teil 1 von Peter Köchling

Wir Hobbyastronomen sind Dank zuneh- mend lichtstärkerer Optiken und emp- findlicherer Kameras in der Lage, immer dunklere Objekte des Nachthimmels foto- grafisch nachzuweisen. So engagieren sich manche mittels tief belichteter Aufnahmen von vielen Stunden oder Tagen Gesamt- belichtungszeit bei der Entdeckung von Zwerggalaxien und Sternströmen oder der Ablichtung des galaktischen Zirrus. Für derart dunkle Objekte jenseits von 28 Größenklassen pro Quadratbogensekunde Flächenhelligkeit wird neben der richtigen Ausrüstung die Beherrschung eben dieser 1 Oliver Schneider nahm an jeweils drei Nächten ein Himmelsflat (Bildreihe oben) umso wichtiger, damit Bildfehler möglichst und ein Folienflat (Bildreihe unten) auf. Um die Farbgradienten hervorzuheben, dividierte vermieden oder eliminiert werden. er das Flat durch seinen Luminanzanteil. Die Himmelsflats zeigen deutlich größere Unterschiede von einer Nacht zur anderen. Wahrscheinlich ist dies auf unterschiedliches Streulicht zurückzuführen.

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können. Häufigste Artefakte sind dunkle Halos um helle Sterne, Kugelsternhaufen oder Galaxien.

Anstatt die Bildfehler durch eine Software künstlich zu reduzieren, sollte man den Bildfehler systematisch messen und das Bild damit korrigieren. Um die Vignettie- rung zu messen, muss man als Testbild ein sogenanntes „Flatfield“ aufnehmen. Die- ses Flatfield sollte außer der Information der Vignettierung, also Randabschattung, möglichst keine weitere Bildinforma- tionen enthalten. Man muss also mit der identischen Teleskopeinstellung wie bei der eigentlichen Belichtung in der Nacht ein möglichst homogenes Objekt foto- grafieren. Was liegt da also näher, als den wolkenlosen und stahlblauen Taghimmel 2 Beim Celestron-Hyperstar-System befindet sich die Kamera samt Kabel im oder alternativ einen wolkenbedeckten Strahlengang. Aufgrund der asymmetrischen Bauform der Canon EOS 60Da, hier Himmel abzulichten? Grundsätzlich liefert mit selbstgebauter aktiver Kühlung, ist auch die Vignettierung entsprechend ein solches Himmelsflat für einfache An- asymmetrisch und komplex. Ein großer, mit schwarzem Velours ausgekleideter wendungen ausreichende Ergebnisse. Die Mülleimer dient dem Celestron-11-Teleskop als Streulichtblende. Erfahrung unserer Flatfieldgruppe zeigt jedoch, dass ein solches Himmelsflat eben nicht unter exakt denselben Bedingungen Der bedeutendste Bildfehler in diesem Treffens des Ostwestfälischen Astronomie- wie in der eigentlichen Belichtungsnacht Zusammenhang ist die Vignettierung, der Stammtisches (OwAS), beschlossen wir, ein aufgenommen werden kann (Abb. 1). Ein jede Optik unterlegen ist. Zudem schatten kleines Projektteam zu gründen, welches die großer Einflussfaktor ist das Streulicht Tubus, Streulichtblende, Taukappe und an- Vor- und Nachteile verschiedener Prozedu- der Umgebung, welches abhängig von der dere Teile im Strahlengang die Ausleuch- ren erarbeitet und eine optimale Prozedur Tageszeit und den Wetterbedingungen tung des Sensors am Rand ab und lassen zur Bildebnung beschreibt. Mitglieder die- sehr unterschiedlich sein kann. Ein weite- die Objekte dort dunkler erscheinen. Das ser Flatfield-Gruppe waren Ulf Kriese, Peter rer Faktor ist, dass sich das Teleskop vom Bild muss also nachträglich in der Bildbe- Rocznik, Oliver Schneider, Andy Sischka, Zeitpunkt des Himmelsflats bis zur Belich- arbeitung am Rand aufgehellt werden; man Mathias Straube und ich, Peter Köchling. Die tungsnacht verändern kann. Die geringere sagt auch geebnet werden. Mittlerweile ha- wahrscheinlich am häufigsten genutzten Temperatur in der Nacht lässt den Tubus ben sich in der Astronomie-„Community“ Mittel zur Bildebnung sind die Möglich- leicht verziehen. Eine Bewegung im Azi- die „denglischen“ Begriffe „flatten“ oder keiten zur automatischen Himmelshinter- mut ändert ebenso die Teleskopbiegung. „Flatfield“ durchgesetzt. grund-Subtraktion verschiedener Soft- Ich selbst verwende zwei Celestron 11 mit wareprodukte. Auch wenn sich damit auf Hyperstar-System und jeweils die Canon Im Gespräch mit anderen Hobbyastronomen den ersten Blick schöne Bilder erstellen las- EOS 60D als Kamera oder die ASI1600, die oder bei der Recherche im Internet merkte sen, sollten die Techniken möglichst nicht in der Schmidtplatte montiert ist. Hierbei ich bald, dass es zu der optimalen Flatfield- verwendet werden, da die Algorithmen im- befinden sich Kameragehäuse und alle not- Prozedur zwar viele Meinungen, aber wenige mer weitere künstliche Bildinformationen, wendigen Kabel also im Strahlengang (Abb. Fakten gibt. Ausgelöst durch eine lange und so genannte Artefakte, in das Bild hinein- 2). Kleinste Änderungen wie das Drehen leidenschaftliche Diskussion während eines bringen, die schnell fehlgedeutet werden des Kameragehäuses, Kippen der Kamera

Journal für Astronomie Nr. 73 | 73 Astrofotografie

3 Ulf Kriese verwendet bei der Flatfield­ erstellung auch für Fotoobjektive einen Milchglas-Diffusor, den er in einen Papprahmen eingefasst hat.

der Dämmerung vor und nach der Belich- tungsnacht das Flatfield erstellt werden. Mit einem Flatfield lässt sich nicht nur die Vignettierung der Optik, sondern auch der Einfluss von Partikeln im Strahlengang eliminieren, die sich als dunkle Ringe be- merkbar machen und umgangssprach- lich „Donuts“ genannt werden. Nach der Flatfielderstellung am Abend dürfen diese Partikel nicht ihre Position ändern. Die Sensorreinigung darf also zu diesem Zeit- punkt nicht durchgeführt werden. Andern- falls erhält man auf dem Light später einen hellen Donut, wo auf dem Flat zuvor das oder eine Verschiebung der Kabel können Möchte man sich von externen Störfakto- Partikel lag. auf dem Flatfield bei tief belichteten Auf- ren bei der Flatfieldaufnahme befreien, so nahmen zu relevanten Abbildungsfehlern muss die Milchglasplatte künstlich mög- In unserem Flatfield-Team sind wir uns führen. lichst gleichmäßig beleuchtet werden. Dies einig, dass ein Flatfield immer bei Ände- ist das Funktionsprinzip vieler Flatfieldbo- rungen am Fokus, der Blende, der Kamera- Somit rücken fortgeschrittene Astrofoto- xen. Eine andere Lösung mit aktiver Be- position, beim Tausch von Farbfiltern oder grafen vom Himmelsflat ab und verwenden leuchtung sind sogenannte Flatfieldfolien, weiteren Änderungen im Strahlengang Lösungen, bei denen ein Flatfield kurz vor, die mittels Elektrolumineszenz gleichmä- erfolgen sollte. Der Einfluss von Streulicht während oder nach der Belichtungsnacht ßig leuchten. Hiermit lassen sich reprodu- der Umgebung muss durch Blenden mög- angefertigt werden kann. Einfachste Hilfs- zierbar reine „Instrumentenflats“ erstellen, lichst eliminiert werden. Zur Reduktion des mittel sind sogenannte „Diffusoren“ vor der die die Vignettierung der Optik erfassen. Rauschens im Flatfield empfiehlt es sich, Teleskopoptik. Dazu wird eine transparente, Wahrscheinlich sind dies die besten Flat- dass der Dynamikumfang des Chips mög- aber diffuse Platte, Tuch oder Folie während fieldaufnahmen. Diese aktiv beleuchteten lichst ausgenutzt wird, mehrere Flatfield- der Belichtung des Flatfields vor die Optik Hilfsmittel haben bis heute einen kleinen aufnahmen gemittelt werden oder später platziert. Dabei zeigte die Milchglasplatte Nachteil. Da sie deutlich heller leuchten in der Bildbearbeitung ein Rauschfilter-Al- im Vergleich zu einem Himmelsflat als Re- als der Nachthimmel, sind zur Flatfieldauf- gorithmus angewendet wird. In jedem Fall ferenz das homogenste Flatfield. Ein Vorteil nahme viel kürzere Belichtungszeiten not- sollte die mittlere Helligkeit des Flatfields der Milchglasplatte ist, dass sie während der wendig. Somit ist die Wirkung der einsei- heller sein als 5% des Dynamikumfangs. Belichtungsnacht jederzeit vor die Optik tigen Abschattung durch den umklappen- Einen Einfluss der Kameraeinstellung auf gehalten werden kann und ohne Änderung den Spiegel einer Spiegelreflexkamera viel die Qualität des Flatfield konnten wir bis- der Kameraeinstellung ein Flatfield auf- stärker. Zudem benötigt man für das kürzer her nicht feststellen, sofern die Belichtungs- genommen werden kann (Abb. 3). Zudem belichtete Flatfield eine separate Reihe von zeit nicht zu kurz wird. wird in diesem Milchglasflat nicht nur die Dunkelbildern, den sogenannten „Flat- Vignettierung der Optik erfasst, sondern darks“. Befolgt man diese grundlegenden Ratschlä- auch die Farbe des Himmelshintergrundes, ge zur Erstellung des Flatfields, so erhält der bei der späteren Bildbearbeitung hilf- Denkt man die technische Herausforde- man eine gute Basis für die spätere Bild- reich sein kann. Bei großen Durchmessern rung der Flatfielderstellung zu Ende, so bearbeitung. Allerdings muss das Flatfield muss sicher gestellt sein, dass das Milch- wäre das beste Hilfsmittel eine dimmbare, selbst in einem anspruchsvollen Verfahren glas homogen beleuchtet wird. Ein diffuser, homogen beleuchtete Flatfieldfolie oder erst an die Lights einer Nacht angepasst kaum sichtbarer Schatten, beispielsweise Flatfieldbox, die nur geringfügig heller ist werden. Dies beschreibe ich im zweiten Teil durch eine nahe Straßenlampe hinter Vege- als der Nachthimmel. Um nicht wertvolle in der nächsten Ausgabe des VdS-Journals tation, kann schnell Geisterbilder erzeugen. Belichtungszeit zu verschwenden, sollte in für Astronomie.

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JUGENDARBEIT Eine Reise rund um den Mond Eine Einstiegsveranstaltung für Kinder von Alexander Golitschek, Volkssternwarte Darmstadt e.V.

Astronomie ist ein toller Beruf und ein tol- les Hobby, soweit dürften sich die Leser ei- nig sein. Die Faszination und das Interesse an Kinder und Jugendliche weiterzugeben, gestaltet sich häufig jedoch als eine größere Hürde, als es den Anschein haben mag, sei es innerhalb oder außerhalb eines Vereins. Bilder, Videos und Bücher können Interesse wecken, doch der Besuch einer Sternwarte kann eine größere Überwindung kosten, als es den Vereinen klar sein mag. Ist man als Besucher überhaupt willkommen, oder würde man nur als störendes Element emp- funden – besonders dann, wenn man mit Kindern kommt.

Um diese Hemmschwelle zu reduzieren, bie- 1 Kraterschießen ten wir in der Volkssternwarte Darmstadt seit im Schuhkarton Januar 2015 mehrmals pro Jahr eine Mond- veranstaltung „Eine Reise rund um den Mond“ an, welche auf Kinder im Alter von ca. 8-12 Jahren ausgerichtet ist. Zum einen bietet sich der Mond als Thema dadurch an, dass je- des Kind den Mond schon mit eigenen Augen gesehen hat und er somit schon greifbar für dieses Alter ist. Außerdem ist er durch seinen 4-wöchigen Zyklus häufig genug sichtbar, so dass sich ein Besucher (gleich welchen Alters und Geschlechts) an das Gesehene und Er- fahrene erinnern kann und dadurch im bes- ten Fall Lust auf mehr bekommt.

Die Mondveranstaltung ist so konzipiert, dass wir pro Termin maximal 12 Kinder plus jeweils bis zu zwei Erwachsene zulassen. So ist die Größe der Gruppe noch ausreichend überschaubar, um genügend Zeit für die jun- gen Teilnehmer zu haben. Der Ablauf glie- dert sich grob in zwei Teile: Einen Vortrags- teil (I) für alle Zuhörer gleichzeitig, gefolgt von einem Gruppenteil (II) in drei Stationen (II.A - II.C), die im Wechsel durchlaufen werden. Insgesamt dauert diese Veranstal- tung etwa 100-110 Minuten. 2 Schattenwurf im 3D-Modell des Kraters Tycho, ca. 12 cm x 12 cm x 1 cm

Journal für Astronomie Nr. 73 | 75 Astronomische Vereinigungen

3 Das „NASA-Weltraumspiel“ mit ausgeschnittenen Kärtchen 4 Beobachtung des Mondes an unserem der 15 Gegenstände CFF 182 mm/1.260 mm-Teleskop

I. Vortrag – Die Mondoberfläche: Krater, Strahlen, der Durchführung hat es sich bewährt, die (Dauer ca. 45 Minuten) Berge, Meere, Hochländer, Rillen allerjüngsten Teilnehmer nach der Vor- Der Vortrag wird hauptsächlich durch – Beobachtungen am Terminator tragsphase direkt bei der Station II.C „Be- Modelle, Bilder und Videos gestaltet, mit – Erforschung des Mondes: Galilei, Apollo, obachtung“ anfangen zu lassen und danach unterstützendem Text. Dadurch wollen wir C h an g’e 4 entsprechend durchzuwechseln. einen leichteren Zugang zu den Inhalten er- – Bilder und kurze Clips der Apollo-Mis- reichen, denn gerade Kinder nehmen sehr sionen Jede Station der Gruppenphase ist geplant viel besser bildliche und haptische Reize für eine Dauer von ca. 15 Minuten. Da der auf, als einen Wust an Buchstaben – zumal II. Gruppenphase Wechsel auch noch ein bisschen Zeit in An- ein Mangel an flüssiger Lesefähigkeit das Nach dem Vortrag, der sich mit 45 Minuten spruch nimmt, ist somit die Gesamtdauer Kind nicht demotivieren soll. Länge bewusst an einer Schulstunde orien- der Gruppenphase ca. 55 Minuten. tiert, teilen wir die Kinder in drei Grup- Inhaltlich gehen wir auf folgende Punkte pen zu je vier Kindern auf. Drei Gruppen II.A Station „Kraterschießen“ ein: deswegen, weil wir so im Wechsel alle drei Dies ist ein Experiment zur Entstehung – Unterschied Stern – Planet – Mond Stationen der Gruppenphase durchlaufen der Mondkrater, welches durch einen ent- – Größenvergleich und Abstand Erde – können, ohne dass Leerlauf entsteht. Die sprechenden Artikel der Webseite Astro- Mond Gruppengröße zu vier Kindern (plus Be- kramkiste inspiriert ist [1]. Dabei nehmen – Mondphasen gleiter) hat sich dahingehend bewährt, dass wir einen Schuhkarton, füllen diesen mit – Finsternisse, Ebbe und Flut in jeder Station ausreichend Zeit für weitere 2-3 kg Mehl, und bedecken die Oberfläche – Aufbau des Mondes Erklärungen und Fragen der Kinder bleibt. ganz leicht mit gesiebtem Kakaopulver. In – Temperaturen/Luft/Wasser/Nahrung Bevorzugt werden Kinder gleichen Alters dieses dürfen die Kinder dann verschieden auf dem Mond? – Voraussetzungen für in einer Gruppe, da dies die Didaktik ver- schwere und verschieden große Kugeln fal- Leben bessert und der Ablauf für die Betreuer ver- len lassen. Der Aufprall dieser Modell-Me- – Entstehung des Mondes – Kollision einfacht wird. Daher erfragen wir das Alter teoriten erzeugt sehr schöne Kraterstruk- Theia/Erde der Kinder bereits bei der Anmeldung. Bei turen – freilich ohne Zentralberg und ohne

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zerstörten Meteoriten. Doch man kann sehr schön darstellen, dass durch den Ein- schlag Material aus dem Mondinneren (al- so helles Mehl) an die Oberfläche gebracht wird (Abb. 1). Außerdem ist wie bei echten Meteoriten die Kratergröße beziehungs- weise die Kratertiefe abhängig von der Grö- ße und der Geschwindigkeit des Aufpralls, was man durch unterschiedliche Fallhö- hen darstellen kann. Weiterhin kann man hierdurch eine grobe Altersbestimmung erklären: Ein Krater innerhalb eines ande- ren Kraters muss zwangsläufig neuer (also jünger) sein.

Zum Vergleich bietet sich eine Veranschau- lichung echter Mondkrater an. Unter ande- rem beim Webauftritt der NASA [2] findet man 3D-Modelle einiger Krater (Coperni- cus, Gassendi, Tycho), die zum Beispiel mit einem 3D-Drucker gut druckbar sind und an denen man auch die Schattenwürfe bei schrägem Lichteinfall einfach zeigen kann (Abb. 2: Tycho). 5 Blick durch ein 114 mm/500 mm-Newton-Teleskop auf unser 3D-Mondmodell II.B Station „NASA-Weltraumspiel“ Dieses Spiel ist eine Art Planspiel, also kein herkömmliches Würfelspiel oder Ge- Jedes Kind steht vor der Situation, dass es che der 15 Gegenstände besonders überle- schicklichkeitsspiel, wie es die meisten Kin- mit einer Mondfähre eine Bruchlandung benswichtig sind oder zum Erreichen der der vielleicht erwarten würden. Es ist unter gemacht hat und nur noch 15 Gegenstän- Mondbasis gebraucht werden. anderem bei Wikipedia [3] beschrieben, so de unbeschädigt geblieben sind. Bis zur dass wir hier nur grob auf die Aufgabenstel- nächsten Mondbasis sind 200 Kilometer Dieses Spiel kann man durchaus komplex lung eingehen. zurückzulegen. Somit ist zu überlegen, wel- durchführen, aber damit es auch für die

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jüngsten Kinder machbar ist, haben wir folgende Vereinfachungen vorgenommen: Die Kinder sollen nur die wichtigsten 4-5 Gegenstände aussuchen und die 4-5 sinn- losesten Gegenstände, ohne dass dabei eine Erklärung nötig ist. Dies ist normaler- weise in 5-10 Minuten von allen Kindern zu schaffen. Drei wichtige – Sauerstoff, Wasser, Nahrung – wurden dabei schon im Vortragsteil erwähnt, damit es nicht zu schwierig wird. Außerdem wurde auch das 6 Andenken für die Kinder: ein kleiner 3D-Mond mit Eigenwerbung Fehlen eines Magnetfeldes erwähnt sowie die Temperaturen, was das Ausschließen des Magnetkompasses und des Heizgeräts sehr bewährt, der mit einem Durchmesser Kinder zwischen 6 und 12 Jahren (und un- erleichtert. von 17,38 cm und einer relativen Über- gefähr ebenso viele erwachsene Begleiter) zeichnung der Höhen um den Faktor 10 in diesem Rahmen zu Gast hatten. Nach Zur Auswertung vergleichen wir die Ant- im FDM-Verfahren gedruckt wurde. Die- einer anfänglichen Lernphase unsererseits worten und erklären bei Bedarf kurz, wa- sen stellen wir in ca. 5,50 m Entfernung sind wir inzwischen bei einem Format an- rum etwas sinnvoll oder sinnlos ist. Ein zu einem Newton-Teleskop 114 mm/500 gekommen, welches wir guten Gewissens besonderer Reiz ist es, die begleitenden mm auf, welches unter Zuhilfenahme einer zur Nachahmung empfehlen können. Die Erwachsenen als eine Gruppe das Spiel Verlängerungshülse von etwa 7 cm Län- allermeisten Kommentare, die wir am En- durchführen zu lassen (Abb. 3). Nicht im- ge in den Fokus kommt. Wenn man dies de von Kindern und Erwachsenen bekom- mer machen die Erwachsenen es besser als an einem möglichst dunklen Ort macht, men, sind durchweg positiv. Auch unseren die Kinder … kann man mit einer seitlich ausgerichteten Betreuern – immerhin 4-5 Vereinsmitglie- Lampe sogar einigermaßen die Mondphase dern für die Durchführung – macht die II.C Station „Beobachtung“ nachstellen und die Schattenwürfe der Kra- Arbeit mit den Kindern viel Freude. Somit Die Beobachtung durch das Teleskop ist ter in Terminatornähe erkennen. Die Ab- hoffen wir, mittelfristig vielleicht das ein sicherlich etwas Besonderes für die Kinder, bildung 5 zeigt eine Aufnahme des Modells oder andere Jungmitglied im Verein be- daher planen wir die Veranstaltung immer durch das Okular des kleinen Teleskops. grüßen zu dürfen, dessen Interesse durch so, dass wir mehr oder weniger zunehmen- diese Veranstaltung geweckt wurde. Jedoch den Halbmond haben, so dass der Mond Zum Abschluss der Veranstaltung überrei- ist auch klar, dass solch eine Veranstaltung möglichst früh am Abend am Himmel steht chen wir jedem Kind als Andenken noch nur ein Anreiz zum Einstieg sein kann und und die Krater am Terminator einfach er- ein kleines 3D-Modell des Mondes (1 cm dass regelmäßige Jugendveranstaltungen kennbar sind. Am besten ist es dann, wenn entspr. 1.000 km, Höhen 30-fach übertrie- wünschenswert sind, um eine tatkräftige man dabei mehrere Teleskope mit unter- ben), welches man zum Beispiel in einen und engagierte Jugendgruppe im Verein zu schiedlichen Vergrößerungen einsetzen Setzkasten oder in eine Vitrine stellen kann. etablieren. kann. Dabei kann man auch einiges zur Auch bei diesem Modell kann man die Kra- Funktion eines Teleskops erläutern. Eine terstrukturen und die Mondmeere sehr kleine Leiter zur Hand zu haben, hat sich gut erkennen (Abb. 6) sowie ein bisschen Weblinks (Stand: Juni 2019): bewährt (Abb. 4). Eigenwerbung … [1] www.astronomie.de/astronomie- fuer-kinder/die-astrokids/experimente/ Freilich lässt sich ein wolkenfreier Himmel In den etwa fünf Jahren seit der ersten mondkrater-simulation/ in unseren Breiten nicht gut vorhersagen Mondveranstaltung haben wir diese mehr [2] https://nasa3d.arc.nasa.gov/models/ oder planen. Für den – leider sehr häufi- als zwanzigmal durchgeführt. Alle diese printable gen – Fall einer nicht möglichen Beobach- Veranstaltungen waren schnell ausgebucht, [3] https://de.wikipedia.org/wiki/NASA- tung hat sich unser 3D-Modell des Mondes so dass wir inzwischen weit mehr als 200 Weltraumspiel

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JUGENDARBEIT 1 Gruppenfoto aller Teilnehmer im Physikalischen Verein und Sternwarte Ein Tag für die Zukunft Frankfurt, Foto: M. Schomann Innovationsworkshop „Jugendliche in der Astronomie“ von Rolando Dölling, Astrid Gallus und Michael Schomann

Die Fachgruppe Astronomische Vereini- Dazu begrüßte Rolando Dölling als Fach- Teams speziell für diesen Tag angepasst und gungen der VdS [1] hatte am 5. Oktober gruppenleiter (Abb. 2) die zum Teil weit an- optimiert [2, 3, 4]. Die Abbildung 4 zeigt 2019 nach Frankfurt in die Räume des Phy- gereisten Teilnehmer mit einem Ausblick den groben Ablauf und die Durchführung sikalischen Vereins zu einem „Jugendwork- auf den Tagesablauf. Einen amüsanten Ein- der einzelnen Schritte, die letztendlich zum shop Astronomie“ eingeladen. Insgesamt stiegsvortrag passend zum Thema: „Vom erzielten Gesamtergebnis führten. fanden 35 Jugendliche und jung gebliebene jungen Sternengucker zum Astrophysiker“ Amateurastronomen den Weg in die frisch hielt der ortsansässige Sternfreund Mario Aus diesen vielen gesammelten Ideen und renovierten Räume des Physikalischen Ver- Weigand. Die im Anschluss folgende Vor- Themen wurden vier Schwerpunkte zu- eins (Abb. 1). stellungsrunde aller Teilnehmer lieferte sammen gebildet, die das Organisations- gleichzeitig die ersten Ideen, die Benja- team in der Mittagspause erstellte. Diese Hintergrund und Anlass für die Tagung min Mirwald auf einem Flipchart festhielt Schwerpunkte waren: „Vernetzung“, „Mo- war die Frage, wie wir junge Menschen für (Abb. 3). tivation“, „Schule“ und „Angebote“. Analog das schöne Hobby Astronomie gewinnen zu diesen Themen wurden vier Gruppen können und welche Wünsche sich bei Ju- Dieser erste Schritt war eine der wichtigsten gebildet mit der jeweils gleichen Anzahl gendlichen entwickeln. Komponenten der angewendeten Methode von Jugendlichen und restlichen Teilneh- in diesem Workshop, sie wurde aus bekann- mern. Jede Gruppe bekam einen Modera- Solche Fragen haben wir uns gestellt: ten Erfahrungen zur Ideenentwicklung in tor und einen eigenen Raum für den Work- – Welche konkreten Angebote oder Unter- stützung brauchen Jugendliche? Tabelle 1 – Was motiviert Jugendliche, warum inter- essieren sie sich für Astronomie? Die 4 Gruppen und deren Themen – Wie sind Jugendliche vernetzt, was fehlt dazu oder stört? Raum 1 Raum 2 Raum 3 Raum 4 – Welche VdS-Fachgruppen/Themen sind Konkrete Angebote Motivation Vernetzung Schulen für Jugendliche interessant? Erika Dölling Benjamin Mirwald Michael Schomann Dr. Heinz Beister – Wie kann die VdS die Jugend unterstüt- zen?

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shop (Tab. 1). Der jetzt folgende Schritt war denkbar einfach: Auf ein leeres Blatt Papier schrieb jeder Teilnehmer je eine ihm wichtige Idee passend zum Thema seiner Gruppe jeweils auf die Vorder- und auf die Rückseite. Hierfür hatte man nur zwei Minuten Zeit, welche der Moderator auch tatsächlich stoppte. Danach wurden die Blätter alle zwei Minuten im Uhrzeigersinn weitergereicht, damit jeder noch die eige- nen Gedanken zu den Ideen seiner Vorder- männer(-frauen) schreiben konnte. Erst als jeder Teilnehmer sein eigenes Blatt wieder in den Händen hielt, endete diese Runde 2 Rolando Dölling erläutert die Vorgehensweise des Workshops, Foto: M. Schomann (Abb. 5). Nun trug jeder die Ergebnisse

3 Die ersten 35 Ideen [5], Autor: R. Dölling

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4 Die angewendete Methode [5], Autor: R. Dölling

5 Links: eine der Arbeitsgruppen, Foto: R. Dölling

6 Unten: ergebnisse der 4 Arbeitsgruppen [5], Autor: R. Dölling

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Folgende Ideen machten das Rennen (Abb. 8): – Regionale Wochenenden für Jugendliche als Astro-Camps (Vorbild das ASL der VEGA) – Vernetzung jugendlicher Organisatoren aus verschiedenen Themenbereichen – VdS-Datenbank mit digitaler Material- zentrale zum Basteln, Modellbau, Power- points etc.

7 Die 12 ausgewählten Ideen aus den 4 Gruppen [5], Autor: R. Dölling Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Jugendlichen gerne Veranstaltungen unter sich machen möchten und Freundschaften entwickeln wollen. Reale soziale Kontakte sind gerade in der Zeit von Socialmedia und Smartphones gefragt, sowohl im Verein als auch in der Schule oder bei Jugendcamps. Anreize zu astronomischen Themen in Form einer digitalen Materialzentrale, Aus- zeichnungen oder Themenwochen müs- sen realisiert werden. Die Vernetzung zu anderen verwandten Bereichen (z.B. Pfad- finder) soll neue Freundschaften und Ideen befördern. Jungen Menschen Zeit am Tele- skop zu geben und ihnen Verantwortung zu übertragen, ist für die Zukunft wichtig. Die genannten Themen inklusive der noch auszuwertenden Ideen werden von der Fachgruppe und vom Vorstand der VdS als Auftrag verstanden und weiterverfolgt. Das bedeutet, dass auch die Ideen, welche es nicht in die beste Bewertung geschafft ha- 8 Die 3 Sieger der ausgewählten Ideen [5], Autor: R. Dölling ben, nicht verloren sind. In ca. einem Jahr möchten wir erneut eine Umfrage starten, um die Erfolge dieser Ideen in den Regio- seines Blattes vor, die zu einem oder zwei der Mittagspause mit einem tollen Büf- nen der FG Astronomische Vereinigun- Hauptthemen zusammengefasst wurden. fet stellten die Moderatoren dort nun die gen abzufragen. Wir werden die Leser des Der Moderator notierte diese Themen auf Arbeitsergebnisse ihrer Workshops vor, die VdS-Journals für Astronomie durch kleine Karten und klebte sie auf eine Tafel. Zum alsdann auf eine Stellwand geheftet wurden Berichte in den kommenden Journalen auf Schluss durften die Teilnehmer mit nur drei (Abb. 7). dem Laufenden halten. Klebepunkten die aus ihrer Sicht besten Ideen bewerten (Abb. 6). Im letzten Schritt waren alle Teilnehmer Herzlichen Dank allen Teilnehmern seitens Von allen vier Gruppen fanden somit nun aufgefordert, mit (jetzt nur noch) zwei gro- des Organisationsteams (Abb. 9) für ihren die jeweils drei wichtigsten Themen den ßen roten Klebepunkten ihre endgültigen persönlichen Einsatz und insbesondere Weg zurück in den großen Hörsaal. Nach beiden Favoriten zu kennzeichnen. den unterstützenden Mitgliedern des Phy-

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sikalischen Vereins Frankfurt, namentlich Barbara, Maria und Dietmar. Hinweis: Wir hatten uns auf das „Du“ zwischen allen Teil- 9 Das Organisations- nehmern geeinigt. Damit sich die Teilneh- team, Foto: E. Dölling mer nicht aus den Augen verlieren, wurde eine Mailingliste eingerichtet, damit ein permanenter Austausch stattfinden kann. Interessierte Leser sind herzlich hierzu ein- geladen, sie mögen sich bei Rolando Döl- ling melden.

Danke und Grüße von der VdS-Fach­gruppe Astronomische Vereinigungen

Innovative Methoden für die Ideen- „Das Design Thinking Playbook. Mit Literaturhinweise und Weblinks entwicklung in Teams“, Schäfer-Poe- traditionellen, aktuellen und zukünf- (Stand: November 2019): schel Verlag Stuttgart. 2. Auflage tigen Erfolgsfaktoren“, Franz Vahlen [1] VdS-Webseite der Fachgruppe Astro- [3] I. Osann, L. Mayer, I. Wiele, 2018: Verlag, 2. Auflage nomische Vereinigungen: „Design Thinking Schnellstart. [5] Rolando Dölling, 2019: Folien aus www.vds-astro.de/index.php?id=338 Kreative Workshops gestalten“, dem Vortrag zum Innovationswork- [2] M. J. Eppler, F. Hoffmann, R. Pfister, Hanser Verlag München shop, VdS-Tagung, 19. Oktober 2019, 2017: „Creability. Gemeinsam Kreativ, [4] M. Lewrick, P. Link, L. Leifer, 2018: Neunburg vorm Wald 50 Jahre Walter-Hohmann- Sternwarte Essen e.V. von Udo Siepmann

Genau 50 Jahre nach der ersten bemannten Mondlandung feiert auch die Essener Wal- ter-Hohmann-Sternwarte ihr 50-jähriges Bestehen. Zu ihrer Jubiläumsfeier am 12. Oktober im Residenzsaal des Schlosses in Essen-Borbeck dankte Oberbürgermeister Thomas Kufen den Essener Sternfreunden „für fünfzig Jahre engagierter Arbeit“ (Abb. 1). Für viele Besucher der Sternwarte sei der Blick durch die Teleskope auf den Mond, die Planeten oder ferne Galaxien ein erster Anreiz, sich intensiver mit der Astronomie zu befassen. Die Vorsitzende der Sternwar- te, Claudia Henkel, betonte: „Unsere Stern- warte hat es sich unter anderem zur Auf- gabe gemacht, Kindern und Jugendlichen 1 Claudia Henkel, Vorsitzende der Walter-Hohmann-Sternwarte Essen e.V., und die Möglichkeit zu geben, ihre Faszination Oberbürgermeister Thomas Kufen. Foto: Jörg Henkel

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2 Volker und Hasso Hohmann, Claudia Henkel, Wolfgang Both, Torsten Englert. Foto: Jörg Henkel

Allen Sternfreunden ist die Walter-Hoh- mann-Sternwarte durch die Ausrichtung des ATT, Europas größter Astronomie- Messe, bekannt. Jahr für Jahr zieht sie rund 2.000 in- und ausländische Besucher sowie alle namhaften Händler und Hersteller aus der Astroszene nach Essen. „Der ATT ist der Marktplatz der Amateurastronomen schlechthin. Hier gibt es nicht nur regen fachlichen Austausch, sondern vor allem Gelegenheit, Innovationen für unser fas- für das Universum zu entdecken.“ Mit dem Sonnensystems legte. Die „Hohmann-Bah- zinierendes Hobby aus erster Hand ken- Projekt „Sterne funkeln für jeden“ setze sie nen“ gehören heute zum festen Bestandteil nenzulernen“, so die Vorsitzende Claudia sich dafür ein, an vielen Schulen in Essen, der Wissenschaft von der Raumfahrt. Auch Henkel. aber auch weit darüber hinaus, Kindern mit die Idee einer Mondlandefähre, so wie sie Handicap die Möglichkeit zu geben, den später im Apollo-Programm auch realisiert Mit einem Grußwort des VdS-Vorstandes Himmel mit gespendeten Teleskopen und wurde, stammt aus Hohmanns Feder. Der und der Übergabe einer Ehrenurkunde passendem Lehrmaterial kennenzulernen. junge Wernher von Braun las Hohmanns zum Jubiläum würdigte auch Schriftführe- Werk, das eine kongeniale Ergänzung zu Einen Überblick über die bewegte Vereins- Oberths Arbeiten zur Raketentechnologie geschichte gab der zweite Vorsitzende Hel- darstellte. mut Metz. Aus Anlass ihres Jubiläums erinnert die Aus einem kleinen Freundeskreis, der sich Sternwarte an das Lebenswerk ihres Na- durch einen Aufruf über die Vereinigung mensgebers mit einer von Wolfgang Both der Sternfreunde (VdS) rasch verbreiterte, verfassten Biografie. Both beleuchtete entstand auf einem Gartengrundstück im während seines Vortrages in der Feierstun- Essener Stadtteil Heidhausen der Vorläufer de eine eher unbekannte Seite von Walter des heutigen Vereins. Ab Juni 1965 trafen Hohmann, nämlich die des Humanisten. sich die Sternfreunde regelmäßig und nah- Entgegen dem Zeitgeist des ersten Welt- men im Juni 1968 ein erstes selbstgebautes krieges und der Zeit danach plädierte Hoh- 20-cm-Spiegelteleskop in Betrieb. Mit der mann für die Gleichberechtigung der Frau Eintragung ins Essener Vereinsregister im und wandte sich gegen einen Patriotismus, Oktober 1969 durch - den im vergangenen der zur „Rohheit und Niederträchtigkeit“ Jahr leider verstorbenen - Ansgar Korte, der verleite. Auch warb er darum, die Beiträ- fortan den Verein für 28 Jahre führte, be- ge der römischen und arabischen Kultur gann das offizielle Vereinsleben. für die Astronomie und die exakten Wis- senschaften zu achten. Besonders erfreut Seinen heutigen Namen nahm der Verein zeigten sich die Essener Sternfreunde, 1972 an. Damit würdigten die Mitglieder die dass auch zwei Enkel ihres Namensgebers, großen Verdienste des Essener Stadtbau- nämlich Volker und Hasso Hohmann rates (1912-1945) und Raumfahrtpioniers und der Vorsitzende Torsten Englert der Walter Hohmann, der mit seinem 1925 namensgleichen Sternwarte aus Walter erschienenen Werk „Die Erreichbarkeit Hohmanns Geburtsort Hardheim zu Gast 3 VdS-Schriftführerin Astrid Gallus überreicht der Himmelskörper“ die Basis für Energie waren (Abb. 2). die Ehrenurkunde zum Jubiläum. sparende Reiserouten zu den Objekten des Foto: Jörg Henkel

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4 Vereinsgelände der Walter-Hohmann-Sternwarte. Foto: Helmut Metz rin Astrid Gallus das breite ehrenamtliche Engagement der Walter-Hohmann-Stern- Schmidt-Cassegrain, einen 15-cm-ED-Re- achtung an den Teleskopen, bei besonderen warte (Abb. 3). Vor allem dieses habe zu fraktor sowie einen 3-Meter-Radioreflektor. Ereignissen wie Finsternissen und Meteor- ihrem hervorragenden Ruf unter den Stern- strömen sind uns Besucher stets willkom- warten beigetragen. Alleine der ATT belege Auch das jährliche Programm der Stern- men“, so Claudia Henkel. Das gilt auch für dies Jahr für Jahr. Auch sei die Radioastro- warte ist beachtlich. „Wir bieten jährlich sonntägliche Sonnenbeobachtungen in den nomie ein ganz besonderer und eher sel- rund 60 Vorträge mit anschließender Beob- Sommermonaten (Abb. 5). tener Schwerpunkt. Zudem habe sich die Sternwarte mit herausragenden Astrofoto- grafen und ihrer erfolgreichen Kleinplane- tenforschung einen Namen gemacht. In den Jahren 2002 und 2003 sind dort fünfzehn Kleinplaneten entdeckt worden, von denen einer nun sogar den Namen „Essen“ trägt.

Das heutige Vereinsgelände der Walter- Hohmann-Sternwarte liegt seit 1978 im ländlichen Essener Stadtteil Schuir (Abb. 4). Dies ist ein – gemessen am lichtver- schmutzten Himmel des Ruhrgebietes – noch außergewöhnlich dunkler Standort. Das Vereinsheim, eine ehemalige Zwerg- schule aus dem Jahre 1829, und das Außen- gelände überließ die Stadt Essen im Jahre 1978 dem Verein zur Pacht.

Heute verfügt die Sternwarte über einen 56-cm-Cassegrain mit Nasmyth-Fo- kus in einer Kuppel, zwei 32-cm- bzw. 40-cm-Spiegel-Astrografen, einen 35-cm- 5 Sonnenbeobachtung am 15-cm-ED-Refraktor. Foto: Helmut Metz

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Das Weltall – Du lebst darin, entdecke es! von Josefine Liebisch

Diesen Worten folgend gründeten im In- ternationalen Jahr der Astronomie 2009 dreizehn interessierte Bürger die Interes- sengemeinschaft (IG) Sternwarte Dresden- Gönnsdorf. Ziel war die Gestaltung eines Freizeitprojektes für Kinder und Jugend- liche zur Vermittlung naturwissenschaftli- cher Kenntnisse. Zu diesem Zeitpunkt lag das Kuppelgebäude jedoch brach (Abb. 1) und bedurfte einer Grundsanierung sowie einer technischen Ausstattung.

Die Geschichte der Kuppel begann mit ihrem Bau 1976 durch die Technische Universität Dresden. Sie befindet sich am nordöstlichen Stadtrand Dresdens im Schönfelder Hochland und diente zur Ver- messung von Himmelskörpern. Durch die zunehmende Lichtverschmutzung wech- selte die TU 2006 den Standort. Seitdem war das Gebäude dem Verfall preisgegeben. Ausschließlich mit enormen Eigenleistun- 1 Sternwarte im ursprünglichen Zustand gen sowohl materieller als auch finanzieller Art hauchte die IG von 2009 bis 2010 der Kuppel neues Leben ein. Um die Stern- warte jedoch ganzjährig nutzen zu können, war ein Funktionsgebäude mit Heizung und Sanitäreinrichtung notwendig. Mit- hilfe privater und gewerblicher Sponsoren sowie des Ortschaftsrates Schönfeld/Wei- ßig wurde der Bau 2013 fertiggestellt (Abb. 2). Bereits ein Jahr zuvor entstand ein en- ger Kontakt zum Schülerlabor DeltaX des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossen- dorf. Das Ergebnis dieser Kooperation ist ein 16-Zoll-Schmidt-Cassegrain von Mea- de als Leihgabe. Es bildet das Herzstück unserer Sternwarte. Im Gegenzug beteili- gen wir uns an den jährlich stattfindenen Veranstaltungen wie den „Astrotagen“ und dem „Juniordoktor“ am DeltaX.

Da wir als IG bisher Teil des „Vereins zu För- derung der Jugend e.V.“ waren, gründeten wir im Dezember 2018 einen eigenen Verein, den „Verein Sternwarte Dresden-Gönnsdorf 2 Sternwarte heute nach liebevoller Renovierung

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e.V.“. Das soll uns künftig ermöglichen, auto- nome Entscheidungen bezüglich Finanzen und Sternwartenbetrieb treffen zu können, sofern uns das Eigentum übertragen wird. Unser Vereinsziel ist vorwiegend die För- derung der astronomischen Bildung sowie der Betrieb und die Weiterentwicklung der Sternwarte als Ort der Wissensvermittlung. Bis zur endgültigen Entscheidung zu einem Verein ist nach wie vor die IG für den Stern- 3 Unsere Astro-AG für Jugendliche wartenbetrieb zuständig.

Was wir bieten In den vergangenen zehn Jahren haben sich ein stabiler Ablauf im „Alltag“ und gewisse Stärken herausgebildet. Zu Letzte- ren gehört unter anderem ein breites Be- sucherspektrum. Neben vielen Familien, Privatpersonen und Erwachsenengruppen bieten wir Bildungseinrichtungen und Kindergärten den Besuch unserer Stern- warte an. Auf Wunsch kann auch über ein bestimmtes Thema referiert werden. Das nehmen besonders Gymnasien gern für ihre zehnten Klassen zur Einführung in die Astronomie an. Auch Grundschulen bauen verstärkt Projektwochen zur Astronomie in den Lehrplan ein. Auf diese Weise wird bei Kindern und Jugendlichen das Interesse an der Astronomie geweckt. Kürzlich fragte 4 Bibliothek, Aufenthalts-, Schulungs- und Vortragsraum mich ein vierjähriger Junge, wie das mit der Unendlichkeit und den Grenzen des Uni- versum sei – ist das nicht ein Beweis dafür, oder eigene Vorträge zu astronomischen an. Aus eigener Erfahrung kann ich die Be- dass die Astronomie alles andere als unbe- Ereignissen. Natürlich wird auch beob- treuung als hohe Qualität einstufen. Man kannt ist? Die Astronomie ist bei uns lange achtet, wann immer das Wetter es zulässt. nimmt sich mit viel Geduld, Wissen und nicht mehr nur ein „Hobby für Ältere“ – im Einige der ehemaligen Schüler haben sich Begeisterung der Schüler an. Gegenteil: Sie wird von jungen Leuten be- für eine naturwissenschaftliche Ausbildung völkert. Deshalb bieten wir für Kinder und entschieden oder sind inzwischen Vereins- Wie schon aus den AGs erkennbar, decken Jugendliche der 5. bis 12. Klassen die Astro- mitglieder geworden. Ich war zwei Jahre die Interessensgebiete unserer Mitglieder AG an (Abb. 3). Betreut von unseren zwei lang ein Teil der AG und habe auf diesem viele verschiedene Bereiche ab. Dieser As- IG-Mitgliedern Steffen Grundmann und Weg einen wundervollen Einstieg in die As- pekt wird durch unser großes Vortragsan- Dr. Frank Bok treffen sich bis zu 16 Schüler tronomie bekommen. gebot sichtbar. Des Weiteren beherbergen jeden Freitagabend. Dabei werden eigene wir eine kleine Bibliothek mit Zeitschriften, Projekte bearbeitet: Ein Sonnenposter als Daneben bieten wir auch eine Spektrosko- historischen Büchern, Kinderliteratur und Unterstützung für die Beobachtung, ein pie- und eine Astrofotografie-AG sowie die Fachbüchern unterschiedlichster Themen Kalender mit selbst erstellten Astrofotos Betreuung von schulischen Facharbeiten (Abb. 4).

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Sternwarte Dresden-Gönnsdorf

Derzeitige Mitglieder: 12 Standort: Weißiger Landstraße 6, 01328 Dresden Leiterin: Renate Franz Web: www.sternwarte-goennsdorf.de Telefon: Renate Franz, +49 160 94 80 61 00

5 Große Besucherzahl während einer unserer Veranstaltungen

Neben der guten inhaltlichen Aufstellung, haben wir auch technisch einiges zu bieten. Zusätzlich zum 16-Zoll-Schmidt-Casse­ grain besitzen wir folgende Optiken, die allesamt durch Spenden zusammengekom- men sind: – 10-Zoll-Newton mit EQ8-Montierung – 12-Zoll-Dobson – 3 Telementoren mit Ausrüstung für die Sonnenbeobachtung – DADOS-Spektrograf mit 200L/mm – astromodifizierte Canon-Kamera – Sonnenteleskop mit Hα-Interferenzfilter – weitere kleinere Optiken

Selbstverständlich wird die Technik rege 6 Renate Franz, Chefin der Sternwarte Dresden-Gönnsdorf genutzt, zum Beispiel bei öffentlichen Be- obachtungen, eigenen Projekten oder zu Teleskoptreffen. Einige unserer Mitglie- Homepage haben wir die von unseren Mit- dern und Unterstützern, die uns in den zu- der sind beim Westhavelländer Astrotreff gliedern erarbeiteten Vorträge aufgelistet. rückliegenden 10 Jahren zur Seite standen. (WHAT) und beim Sächsischen Sommer- Gern können Besuchergruppen über die Ohne sie hätten wir uns nicht weiterentwi- nachtsteleskoptreffen (STT) in Riesa an- Besucheranfrage auf unserer Homepage ckeln können. Nun starten wir in die nächs- zutreffen. Auch wir als Sternwartenteam auch außerhalb der Montage Besuche bu- ten 10 Jahre. Wir hoffen sehr, dass wir auch leben mit Freude und sichtlich großem En- chen. Und selbstverständlich sind wir bei weiterhin das Interesse und die Neugierde gagement das „Ehrenamt Astronomie“. Himmelsereignissen präsent, egal zu wel- für unsere Sternwarte wecken können. cher Uhrzeit (Abb. 5). Besuchen Sie uns! Bei gutem Wetter kann die Sternwarte jeden An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass Montag ohne Anmeldung besucht werden, ohne unsere Chefin Renate Franz (Abb. 6) die Öffnungszeiten richten sich nach der keine einzige dieser Aktivitäten möglich einsetzenden Dunkelheit und sind unse- wäre. Sie setzt sich mit einem unglaub- rer Homepage zu entnehmen. Am zweiten lichen Engagement für die Zukunft und Montag im Monat bieten wir zudem einen Qualität unserer Sternwarte ein. Voller wissenschaftlichen Vortrag an. Auf unserer Hochachtung danken wir auch allen Spen-

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Entstehung und Morphologie von Meteoriten – zum 100. Leipziger Astronomie-Stammtisch von Donald Ranft und Frank Ziegenhein

Am 11. Oktober 2019 fand der 100. Leipzi- ger Astronomie-Stammtisch im Restaurant „Aufgehende Sonne“ statt. Die Einladun- gen zum Stammtisch sowie zum Infor- mationsaustausch untereinander erfolgen seit Jahren auf astronomie.de unter „Treff- punkt/Leipziger Sternfreunde“ und seit einem reichlichen Jahr zusätzlich in einer Whatsapp-Gruppe.

14 Sternfreunde fanden die Zeit zum Hun- dertsten und konnten nach der üblichen asiatischen Stärkung einem von Frank Zie- genhein gestalteten und per Mini-Beamer visualisierten Vortrag über Entstehung und Morphologie von Meteoriten lauschen. Anschließend kamen ca. ein Dutzend Me- teoriten und Meteoritenteile aus Franks Sammlung sowie drei Meteoriten von Uwe Pilz in Umlauf und konnten freiäugig, mit Lupe und Mikroskop auf charakteristische Eigenschaften untersucht werden. Wohl erstmalig sah es in einem Bereich eines Asia-Restaurants aus wie in einem Labor.

1 Scheibe eines gewöhnlichen Chondriten mit gut erhaltenen Chondren (Donald Ranft) Tabelle 1

Vereinfachte Systematik der Morphologie von Meteoriten

Undifferenzierte Meteoriten – Gewöhnliche Chondrite Kohlige Chondrite Enstatite R-Chondrite

Differenzierte Meteoriten – Achondrite Eisenmeteorite Stein-Eisen-Meteorite Mondmeteorite Marsmeteorite 2 Kohliger Chondrit mit kalziumaluminiumreichen Einschlüssen, das sind die hellen, unregelmäßigen Flecken (Uwe Pilz)

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Im Folgenden sollen einige Punkte des Vor- Chondriten erhaltenen Mineralien ge- trages vorgestellt werden. Viele Meteoriten hören hochschmelzende kalziumalumi- gehören zu den ursprünglichsten erhalte- niumreiche Einschlüsse (CAI) in kohligen nen festen Gebilden aus der Akkretions- Chondriten, welche von Mischoxiden und scheibe unseres Sonnensystems. Von der -silikaten dominiert werden. Diese gingen Art der Entstehung her können Meteorite vermutlich als erste wieder in den festen in Undifferenzierte und Differenzierte un- Aggregatzustand über. Für einige Chondri- terschieden werden (Tab. 1). ten wird ein Alter von 4,6 Milliarden Jahren angegeben – älter als unser Heimatplanet: Chondrite sind undifferenziert. Sie wurden Das älteste irdische Gestein ist ca. 4 Milliar- benannt nach den in mehr oder minder den Jahre alt. metallreicher Matrix eingebetteten, an- nähernd kugelförmigen silikatischen Ein- Die Entstehung Differenzierter Meteori- schlüssen – den Chondren (Abb. 1). Die ten wird durch das Aufschmelzen größerer Entstehung der Chondren ist noch nicht Konglomerate erklärt, vermutlich Aste- 3 Achondrit der HED-Untergruppe, ausreichend verstanden. Kohlige Chondri- roiden mit mehreren hundert Kilometern welche zum überwiegenden Teil aus te (Abb. 2) könnten in ähnlicher wasserrei- Durchmesser. Größere Körper können aufgeschmolzenem Material bestehen cher Umgebung wie Kometen entstanden durch Hitzeentwicklung bei Agglome- (Frank Ziegenhein) sein. Bei wenigen, besonders wasserrei- ration und Zerfallswärme aus radioakti- chen Meteoriten wird eine kometarische ven Prozessen ausreichend Wärme zum Herkunft vermutet. Zu den ältesten in den Aufschmelzen des ursprünglichen Ma-

4 Scheibe eines Eisenmeteoriten mit typischen Widman- 5 Eisen-Stein-Meteorit. Gut zu sehen sind die so genannten stättenschen Figuren (Donald Ranft) Neumannschen Linien im linken oberen und unteren rechten Eisenkompartiment. Sie entstehen bei Schockprozessen infolge von Einschlägen. (Frank Ziegenhein)

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terials entwickeln. Im flüssigen Zustand standen sind, die sich nach erfolgter Auf- durch verbleibendes nickelarmes, niedriger entmischt sich das Material und bildet schmelzung erst wieder abkühlen mussten, schmelzendes Kamacit aufgefüllt. einen eisenhaltiger Kern und eine aufge- haben sie ein geringeres Alter als gewöhn- schmolzene (und daher keine Chondren liche Chondrite. Als Ursprung eines großen Die Eisenmeteoriten sind trotz des Nickel- mehr enthaltende) Kruste. Dazwischen Teils der Differenzierten Meteoriten gilt der gehaltes in gewissem Maße rostanfällig. Sie gibt es einen Übergangsbereich, aus dem Asteroid Vesta, da die Absorptionsspektren sollten in trockener Umgebung aufbewahrt Stein-Eisen-Meteoriten stammen. Werden sich gleichen [1]. Besonders eindrücklich werden. Empfehlenswert ist eine kleine solche Körper durch Einschläge ganz oder in Eisenmeteoriten sind die so genannten Menge des preiswerten und weitgehend in- teilweise zerstört, können die entsprechen- Widmanstättenschen Figuren (Abb. 4). Sie erten Kieselgels in der Aufbewahrungsbox den Bruchstücke als Achondriten (Abb. 3), bilden sich durch Kristallwachstum bei ex- des Meteoriten. Eisenmeteoriten (Abb. 4) oder Stein-Eisen- trem langsamem Abkühlen von Eisen-Ni- Meteoriten (Abb. 5) auf der Erde niederge- ckel-Schmelzen. Sie bestehen aus nickelrei- Weblink (geprüft 08.12.2019): hen. Da diese Meteoriten aus Körpern ent- chem Taenit, die Zwischenräume werden [1] de.wikipedia.org/wiki/Achondrit Das Mehrkörperproblem in der Astronomie von Uwe Pilz

Die Bewegung von Körpern unter Einfluss 1 Für die Berechnung der ihrer Gravitation wird durch so genannte Kraft können ausgedehnte Differentialgleichungen beschrieben. Ge- Körper durch Punktmassen geben sind in solchen Gleichungen nicht ersetzt werden. Kräfte zwi- die gesuchten Größen selbst, sondern der schen mehreren Körpern Grad ihrer Veränderung. Eine ausführliche überlagern sich und werden Erläuterung zu Differentialgleichungen ha- summiert. be ich auf den Seiten der Fachgruppe unter „Algorithmen und Lektionen“ gegeben [1]. für Sonderfälle genau berechnen. Im All- digkeiten der beteiligten Körper zu einem Die Bewegung von Körpern im Raum zu gemeinen sind wir auf Näherungsverfahren Startzeitpunkt. Für unsere Experimente berechnen bedeutet, den Ort (die Koor- angewiesen. Ein Beispiel, welches uns in die- mit dem Sonnensystem habe ich die Start- dinaten) aller Körper zu jedem Zeitpunkt ser Aufsatzreihe begleiten wird, ist die Bewe- werte (Koordinaten und Geschwindig- angeben zu können. Hierfür gibt es keine gung aller Planeten unseres Sonnensystems. keiten) für alle Planeten für die Standard- geschlossene Formel. Man kann man zwar Das Zweikörperproblem liefert dafür nur epoche J2000.0 berechnet, also für den 1. mittels des Gravitationsgesetzes die Kräfte eine Näherungslösung und berücksichtigt Januar 2000, 12 Uhr UTC. Ich drucke diese ausrechnen, die sie aufeinander ausüben die so genannten „Störungen“ durch die an- Werte hier nicht ab, sie sind aber im voll- und davon ausgehend die Beschleunigun- deren Planeten nicht. Die damit erreichbare ständigen Programm enthalten, welches gen, welche die Körper erfahren (Abb. 1). Genauigkeit ist gering, die Abweichungen ich im Forum [3] publiziere und über die Wir benötigen aber die Koordinaten. können im Gradbereich liegen. Startseite unserer Fachgruppe verfügbar mache [4]. Als Einheitensystem habe ich Das Mehrkörperproblem geht der Frage Der mathematische Ansatz und die SI-Einheiten gewählt, Koordinaten in Me- nach, wie man aus diesen Beschleunigun- Umsetzung im Programm tern, Geschwindigkeiten in Metern je Se- gen näherungsweise einen Bahnverlauf be- Der Bahnverlauf von Körpern lässt sich kunde und Massen in Kilogramm. stimmt. Für die Bewegung zweier Körper numerisch nur bestimmen, wenn so ge- gelingt das exakt mit Hilfe der Kepler-Glei- nannte Randwerte bekannt sind. Für die Zum gegebenen Zeitpunkt ist erst einmal chung [2]. Kommen mehr Körper ins Spiel, Bahnbestimmung ist dies typischerweise alles bekannt: Die Orte und Geschwin- lässt sich der exakte Bahnverlauf nur noch die Angabe aller Orte und aller Geschwin- digkeiten sind gegeben, auch die Massen

Journal für Astronomie Nr. 73 | 91 Astrophysik & Algorithmen

der Planeten sowie die der Sonne. Die Be- Test der Genauigkeit Zehntel Tag (0,1 * sekProTag). Man kann schleunigungen für diesen Zeitpunkt las- Das Programm rechnet in kartesischen Ko- beide Parameter parallel verändern und sen sich mit Hilfe des Gravitationsgesetzes ordinaten. Hierzu hat man üblicherweise schauen, wie sich die Ergebnis-Genauig- bestimmen. Kräfte lassen sich durch Über- keine Referenzwerte im Sonnensystem. keit ändert, wenn man die Schrittweite ver- lagerung berechnen. Man kann also je zwei Um zu vergleichen, wie gut das Programm kürzt. Die Tabelle 1 enthält einige Werte. Körper betrachten und zunächst die Kraft rechnet, müssen wir diese kartesischen Man erkennt: Eine zusätzliche Stelle an Ge- F und die Beschleunigung a aus den beiden Werte in etwas Gebräuchliches umrechnen. nauigkeit erfordert es, die Schrittweite um Massen m und M sowie dem gegenseitigen Am einfachsten lassen sich die heliozentri- den Faktor 10 zu verkleinern. Bei hohen Abstand r ausrechnen: schen Koordinaten bestimmen. Man muss Genauigkeitsanforderungen steigt die Re- beachten, dass die Sonne nicht im Zentrum chenzeit stark an. Im nächsten Heft werde F = G · M · m / r² des Planetensystems ruht, sondern auch ein ich Verfahren vorstellen, die einen Weg aus G ist die Gravitationskonstante. Da weiter- wenig „herumeiert“. Um die heliozentri- diesem Dilemma zeigen. hin gilt schen, zunächst kartesischen, Koordinaten a = F / M zu bekommen, muss man die Differenzen erhält man zwischen dem betrachteten Planeten und Literaturhinweise und Weblinks a = G · m / r² der Sonne bestimmen. Aus diesen lassen (geprüft 09.12.2019): sich dann durch Winkelfunktionen die he- [1] U. Pilz: „Was sind Differentialglei- In die Beschleunigung geht nur die Masse liozentrische Länge und Breite bestimmen. chungen?“, fg-astrophysik.vdsastro. des Kraft ausübenden Körpers m ein, die Der Programmteil „ausgabe“ ist jetzt so de/algDGL.html Masse des betrachteten Körpers M ist nicht eingestellt, dass er dies für den Planeten [2] U. Pilz, 2018: „Simulationen zur Bahn- mehr enthalten. Die Beschleunigung muss Mars tut. Die Erde eignet sich übrigens bewegung von Planeten“, VdS-Jour- koordinatenweise (vektoriell) bestimmt schlecht für solche Abschätzungen, weil das nal für Astronomie 66, S. 57-58 werden, sie wirkt in Richtung der Verbin- Programm den Einfluss des Mondes nicht [3] Forum der Vereinigung der Stern- dungslinie der beiden Körper. berücksichtigt. freunde: forum.vdsastro.de [4] Fachgruppe Astrophysik und Algorith- Kräfte addieren sich, und so tun es auch Das Hauptprogramm rechnet in der ange- men: „VdS-Journal für Astronomie 73 die Beschleunigungen. Durch Berück- geben Form 400 Tage weit und gibt die Zwi- - Mehrkörperproblem“, http://fg- sichtigung aller Körper erhält man die schenergebnisse für jeden Tag aus. 400 Tage astrophysik.vdsastro.de/prg73-74. Gesamtbeschleunigung, zunächst für den nach JD2000.0 – das ist der 4. Februar 2001, html Ausgangszustand. Im Programm erledigt 12 h UT. Man kann dies verändern, in dem dies die Funktion „beschleunigung“. Um man die Anzahl hinter „range()“ ändert. So Rechenzeit zu sparen, werden hier die Wer- wie hier abgedruckt, rechnet die Funktion te der beiden gerade betrachteten Partner „eulerCauchy“ immer einen Tag weiter, 10 parallel summiert. Schritte mit einer Schrittweite von einem

Damit ist für den Startzeitpunkt alles be- kannt: Ort, Geschwindigkeit, Beschleuni- gung. Das hier vorgestellte Euler-Cauchy- Verfahren nutzt aus, dass sich diese Werte innerhalb einer kurzen Zeitspanne nur sehr wenig ändern. Man kann also näherungs- weise annehmen, die Werte seien eine kur- ze Weile lang konstant. Damit lassen sich neue Geschwindigkeiten und Orte für das Ende dieser Zeitspanne berechnen (Abb. 2). Dann kann man die Beschleunigung wieder berechnen und einen weiteren Zeit- schritt voranschreiten. Im Programm habe ich dies in der Funktion „eulerCauchy“ um- gesetzt. Sie berechnet so viele Zeitschritte, wie im Parameter „tsteps“ angegeben. Die 2 Prinzip des Polygonzugverfahrens nach Euler/Cauchy zur näherungsweisen Lösung von Länge des Zeitschritts ist „dt“. Differentialgleichungen

92 | Journal für Astronomie Nr. 73 Astrophysik & Algorithmen

Python-Programm: from turtle import * from random import * from math import *

# globale Variable G = 6.67408e-11 #Gravitationskonstante mProAE=149597870700 #Astronomische Einheit sekProTag=86400

N=10 # Anzahl der Körper r0 = [[0 for i in range(3)] for j in range(10)] # Koordinaten v0 = [[0 for i in range(3)] for j in range(10)] # Geschwindigkeiten a0 = [[0 for i in range(3)] for j in range(10)] # Beschleunigungen m = [0 for i in range (10)] def startwerte(): # Orte und Geschwindigkeiten r0[0][0]= -1063436181; v0[0][0]= 9.29323348 : # Massen : m[8]=1.0295513181974406248e+26; m[9]=6.6282513865551224955e+24 def sq(x): return x*x; def abstand(r, p, q): return sqrt( sq(r[p][0]-r[q][0]) + sq(r[p][1]-r[q][1]) + sq(r[p][2]-r[q][2]) ) def beschleunigung(N, m, r, a): for p in range(N): # alle Beschleunigungen löschen for k in range (3): a[p][k]=0; for p in range(N): # alle Planeten for q in range(p+1, N): # gegen alle anderen Planeten R=abstand(r, p, q) R3=R*R*R; for k in range(3): A=G*(r[q][k]-r[p][k])/R3 a[p][k]+=m[q]*A a[q][k]-=m[p]*A def eulerCauchy(tsteps, dt): for t in range(tsteps): beschleunigung(N, m, r0, a0); for i in range(N): for k in range(3): r0[i][k] = r0[i][k] + dt * v0[i][k] v0[i][k] = v0[i][k] + dt * a0[i][k] def ausgabe(ii): for i in range(4,5): x=r0[i][0]-r0[0][0] Tabelle 1 y=r0[i][1]-r0[0][1] z=r0[i][2]-r0[0][2] r=sqrt(x*x+y*y+z*z) Veränderung der Rechengenauigkeit l=atan2(y,x) durch die Zeitschrittweite if (l<0): l+=2*pi; b=atan(z/r) Schrittweite/d r/AE l/° b/° print(ii, r/mProAE, 180*l/pi, 180*b/pi) Guide 1,624 197,60 0,9796

# Hauptprogramm 1 1,746 191,32 1,1444 startwerte() for i in range(400): 0,1 1,636 196,88 0,9983 ausgabe(i) eulerCauchy(10, 0.1*sekProTag) 0,01 1,625 197,49 0,9816 ausgabe(i+1) 0,001 1,624 197,56 0,9800 name = input("Fertig?")

Journal für Astronomie Nr. 73 | 93 Atmosphärische Erscheinungen

Reguläre Ausdrücke in der Programmierung von Helmut Jahns

Reguläre Ausdrücke sind ein leistungsfähi- Breite zu erklären; unter [1] findet sich ein was aber damit erkauft wird, dass sie u. U. ges Werkzeug in der Programmierung. Es geeignetes Tutorial für den Einstieg. kryptisch werden können. Ist dies der Fall, handelt sich hierbei um eine Textbeschrei- In der Astronomie lassen sich mehrere An- sollte genau kommentiert werden, welchem bungssyntax, mit deren Hilfe sich Such- wendungsfälle für Reguläre Ausdrücke fin- Zweck der Reguläre Ausdruck eigentlich kriterien erzeugen oder auch Texteingaben den: dient und wie er genau wirkt. (von Tastatur oder aus einer Datei) prüfen – Prüfung einer Eingabe auf gültige Kata- lassen, ob sie einem vorgegebenen Format logbezeichnungen (z.B. NGC891, ngc Für nahezu jede Programmiersprache lässt entsprechen. Der wohl bekannteste Regu- 891, IC1204, PK 64+8.1, ...) sich Unterstützung für Reguläre Ausdrü- läre Ausdruck ist sicherlich der Wildcard – Prüfung einer Eingabe auf gültige Koor- cke finden, sei es durch den Sprachumfang („*“), welcher einen beliebigen Text ohne dinatendarstellung (z.B. 13h44min20s, mit oder durch Einbindung externer Biblio- festgelegte Länge repräsentiert. oder ohne Leerzeichen) theken. In C++ z.B. sind sie Bestandteil des – Prüfung einer Eingabe auf gültiges Zeit- Sprachstandards C++11 geworden. Es gibt eine Vielzahl weiterer Ausdrücke, stempelformat (Datum/Uhrzeit) mit denen man die Eingaben eingrenzen Während der Programmierung möchte kann: der Reguläre Ausdruck [0-9a-zA- Man muss nicht notwendigerweise auf man sicherlich wissen, ob der aufgefunde- Z] beispielsweise erzwingt einen Input, Reguläre Ausdrücke zurückgreifen, um ne Reguläre Ausdruck auch wirklich ge- der nur aus Ziffern, Klein- und Großbuch- Benutzereingaben zu prüfen; die Prüfung nau das ausführt, was ihm zugedacht wird. staben bestehen darf. Oder ein anderes kann natürlich auch klassisch implemen- Hierbei gibt es Unterstützung von Online- Beispiel: [0-9]{5} verlangt ein fünf- tiert werden. Dies kann jedoch längere An- Tools, die eine Prüfung des Ausdrucks vor- maliges Wiederholen von Ziffern; dies weisungsblöcke zur Folge haben. Reguläre nehmen, z.B. [2]. könnte für die Prüfung auf gültige deutsche Ausdrücke sind hingegen meist kompakt, Postleitzahlen Verwendung finden. Mit (NGC|ngc|IC|ic) wird hingegen auf Weblinks (geprüft am 8.12.2019): eine der vier Katalogbezeichnungen ge- [1]: Tutorial Reguläre Ausdrücke: https://danielfett.de/de/tutorials/tutorial-regulare- prüft. Es soll an dieser Stelle darauf verzich- ausdrucke/ tet werden, Reguläre Ausdrücke in voller [2]: Reguläre Ausdrücke online testen: http://www.regexe.de/ Fichten- und Kiefernpollenkoronen 2018 – Beobachtungen und Simulationen, Teil 2 von Alexander Haußmann

Nachdem der erste Teil dieses Artikels [1] Einer davon ist die Neigung der Pollen- werden kann. Außerdem kann die Form die Beobachtungen behandelte, soll hier achse zur Vertikalen, welche im Idealfall der Pollenkörner untereinander variieren. nun beschrieben werden, wie sich Pollen- Null wäre. Realistischer ist die Annahme Am einfachsten lässt sich dies abbilden, in- koronen am Computer simulieren lassen. einer Gaußverteilung der Achsrichtungen dem die einzelnen Formparameter jeweils Nach dem Ansatz von Tränkle und Mielke um die Vertikale (mit Standardabweichung für sich ebenfalls gaußverteilt (relative beginnt man zunächst mit einem 3D-Pol- σthet). Die anderen beiden Winkel (Drehung Standardabweichung σeinzel) skaliert oder lenformmodell. Eine einfache und einiger- um die Vertikale und die Pollenachse, wel- verschoben werden. Damit hat im Modell maßen naturgetreue Repräsentation von che bei Neigung ungleich Null nicht zusam- jedes Korn seine individuelle Geometrie, Kiefern- und Fichtenpollen lässt sich aus menfallen) werden gleichverteilt zufällig im statistischen Durchschnitt ergibt sich drei Ellipsoiden konstruieren (Abb. 3). zwischen 0° und 360° gewählt. Zusätzlich wieder die vorher festgelegte mittlere Form. Neben den Größenangaben ist die Orien- ist zu berücksichtigen, dass die Pollenkör- In eine typische Monte-Carlo-Simulation tierung des Pollenkorns bezüglich der Ein- ner nicht exakt gleich groß sind, was wie- gehen N = 500 ... 2000 individuelle Körner fallsrichtung des Sonnenlichts festzulegen, derum mit einer Gaußverteilung (mit rela- ein. was über die drei Eulerwinkel geschieht. tiver Standardabweichung σges) modelliert

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a)

3 Modell-Pollenformen, dargestellt durch b) Kombination von je drei Ellipsoiden nach erfolgter Optimierung (Anpassung der Formparameter für beste Übereinstimmung mit den Beobachtungen), a) Fichtenpollen, b) Kiefernpollen, jeweils in Schrägansicht, Draufsicht und Frontalansicht, Skalierungen in μm.

Zur Berechnung der Lichtbeugung hinter matisch wird bei der Fraunhoferbeugung Im Rahmen dieser Theorie weisen die Pol- einem so „gebastelten“ Pollenkorn soll die die zweidimensionale Fouriertransformier- lenkoronen stets charakteristische Symme- Fraunhoferbeugung zum Einsatz kommen. te des projizierten Querschnitts berechnet trien auf. Zum einen müssen sie aufgrund Eigentlich beschreibt sie die Lichtverteilung und das Betragsquadrat gebildet (hierbei der Fouriertransformation symmetrisch in großem Abstand hinter einer kleinen geht die Phaseninformation verloren). Für bezüglich einer Punktspiegelung am Son- Öffnung vorgegebener Form und Größe in eine ausreichend dichte Reihe von Wellen- nenscheibenmittelpunkt sein, zusammen einem ebenen, undurchsichtigen Schirm. längen aus dem Sonnenspektrum wird dann mit einer im Mittel vertikalen Pollenach- Um bis zu diesem Punkt zu kommen, ist eine das Resultat passend zum Bildausschnitt se erzwingt dies eine Links/rechts– sowie ganze Reihe von Näherungen nötig. Dabei skaliert. Die multispektralen Daten werden Oben/unten-Symmetrie. Damit ist die voll- stellt sich auch heraus, dass die beugende dann in RGB-Intensitäten übertragen. Die- ständige Information bereits in einem ein- Öffnung im Schirm und ein gleich großes se Ergebnisse werden dann für die N Pol- zelnen 90°-Sektor enthalten. Seitenwinde und gleich geformtes undurchsichtiges lenkörner nacheinander aufaddiert. Dabei könnten allerdings die mittlere Pollenachse Scheibchen in frei transparenter Umgebung kommt zunächst der Verwischungseffekt aus der Vertikalen neigen, was sich dann in dasselbe Beugungsbild (bis auf eine nicht durch die frei erlaubten Drehungen um die einer Verkippung der Symmetrieachsen der beobachtbare Phasenumkehr) erzeugen Vertikale und die Pollenachse zum Tragen, Pollenkorona äußern würde. Auch werden (Babinetsches Prinzip). zusätzlich führen die Neigungsschwankun- hier Geometrieeffekte der Streupartikelan- gen zu einer Verrundung und die Größen- ordnung (d.h. unterschiedliche Lichtweg- Ein Pollenkorn ist jedoch ein dreidimensio- und Formschwankungen zur Auslöschung längen in der Pollenschicht) und Gradien- nales Objekt und kein ebenes Scheibchen. der äußeren Ringe. ten des Himmelshintergrunds in Helligkeit Hier greift die Näherung der „flachen Mas- und Farbe vernachlässigt. Beides hebt die ke“: Die entlang der Lichteinfallsrichtung Abschließend wird noch eine zweidi- Oben/unten-Symmetrie der Pollenkorona projizierte Querschnittsfläche wirkt als mensionale Faltung mit der Sonnen- oder in absoluten Helligkeitswerten oder auch Beugungshindernis. Diese Idee der flachen Mondscheibe vorgenommen, es kann op- beobachtbarem Kontrast auf. Aus der Sym- Maske wurde bereits von W. B. Schneider tional noch ein Himmelshintergrund ad- metrie des Formmodells (wieder im statis- und M. Vollmer zur experimentellen De- diert werden, außerdem erfolgt eine nicht- tischen Mittel) ergibt sich zudem, dass die monstration von Pollenkoronen benutzt, lineare Anpassung der Helligkeit. Koronen Pollenkoronen für betragsmäßig gleiche indem sie computergenerierte Schattenpro- weisen einen sehr hohen Dynamikumfang positive wie negative Sonnenhöhen iden- jektionen in Film einbelichteten. Wichtig auf, der bei der üblichen Fotobearbeitung tisch sein müssen. Beobachtungen für ne- ist noch festzuhalten, dass die Pollenkörner auch nicht linear umgesetzt werden kann. gative Höhen sind möglicherweise schon bzw. ihre Projektionen untereinander keine Die Faltung würde unterbleiben, wenn eine aus Flugzeugen in reflektiertem Sonnen- regelmäßige Anordnung aufweisen dürfen, Pollenkorona durch eine annähernd punkt- licht gemacht worden. Denkbar wäre auch da es sonst zu Gittereffekten wie bei manchen förmige Lichtquelle simuliert wird. Solche der Einsatz künstlicher Lichtquellen an Beugungseffekten an Gardinen oder Fahnen Beobachtungen konnten 2018 tatsächlich baumbewachsenen Hängen und die Auslö- kommt. Auch muss ihr Abstand groß genug an Venus und Jupiter durchgeführt werden sung lokaler Koronen durch Schütteln. sein, damit eine inkohärente Überlagerung und auch früher schon beim Diamantring- der Beugungsintensitäten der einzelnen phänomen während der Sonnenfinsternis Schließlich verbleibt noch die wichtige Ei- Körner angenommen werden kann. Mathe- vom 29.03.2006. genschaft, dass Pollenkoronen für den Ze-

Journal für Astronomie Nr. 73 | 95 Atmosphärische Erscheinungen

4 Simulierte Fichten- (a-d) und Kiefernpollenkoronen (e-h), passend zu Abb. 2 in Teil 1 des Artikels [1]. Den Farbbildern (a, c, e, g) ist jeweils die Differenz aus Rot- und Grünkanal (b, d, f, h) gegenübergestellt. a, b): Sonnenhöhe 10,4°; c, d): Sonnenhöhe 34,2°; e, f): Sonnenhöhe 4,6°;

g, h): Sonnenhöhe 53,9°. Zahl der modellierten Körner jeweils N = 1000. a-d): Streuungsparameter σthet = 5°, σges = 10 %, σeinzel = 7 %, mittlere

Form nach Abb. 3a; e-h): Streuungsparameter σthet = 3°, σges = 7 %, σeinzel = 12 %, mittlere Form nach Abb. 3b. nitstand (oder Nadirstand) der Lichtquelle wie erhofft. Insbesondere der Abstand der zu einem gewissen Grad an der Realität kreisrund werden. Dieser Effekt basiert da- Luftsäcke bei Kiefernpollen scheint emp- vorbeigeht – echte Pollen sehen schließ- rauf, dass die Pollenorientierungen letztlich findlich auf Änderungen der Feuchtigkeit lich doch noch etwas anders aus. Die Fra- nur die Vertikale als ausgezeichnete Achse bzw. Präparation der Pollen zu reagieren, ge nach der Eindeutigkeit und Stabilität besitzen. Fällt diese mit der Lichteinfalls- und einige Fotos zeigen im Gegensatz zur der Optimierung ist ebenfalls noch offen. richtung zusammen, mitteln sich über viele Abbildung 3b klar separierte Luftsäcke. Damit stellt sich schnell der Wunsch nach Pollenkörner alle azimutalen Unterschie- Welche Form die in der Atmosphäre schwe- einer direkten Lösung ein, um das lang- de der Beugungsbilder weg – es fehlt dann benden Pollen im Detail aufweisen, ist di- wierige Vorantasten durch einen trotzdem schlichtweg an einer bevorzugten Azimut- rekt kaum feststellbar. Also kann man den möglicherweise unzureichenden Para- richtung. Pollenkoronen sind damit ein Spieß umdrehen und probieren, durch Va- meterraum abzukürzen. Eine Umkehrung Übergangsphänomen zwischen der Beu- riation einer Startform und der Streupara- der Fouriertransformation wäre prinzipiell gung an völlig zufällig angeordneten Streu- meter eine bessere Übereinstimmung mit unter Verwendung von Phasenrekonst- ern (u.a. in der biophysikalischen Klein- den Fotos zu erzielen, am besten konsistent ruktionsalgorithmen möglich. Allerdings winkelstreuung, v.a. mit Röntgenstrahlung für mehrere Sonnenhöhen (ein „inverses geht in die Pollenkorona auch die inkohä- und Neutronen) und fixierten kristallinen Problem“). rente Mittelung über die erlaubten Orien- Strukturen (z.B. bei der Strukturaufklärung tierungs- und Größen-/Formverteilungen des DNA-Moleküls). Für die praktische Be- Eine direkte Einschätzung der Qualität ist ein. Die Faltung mit der Sonnenscheibe, das obachtung ist jedoch interessant, wie der durch Gegenüberstellung der Fotos aus der Hintergrundsignal, die endliche spektrale eigentliche Übergang von der „lichtknoti- Abbildung 2 (in [1]) mit den Simulationen Breite der Farbkanäle sowie Nichtlinearität gen“ Pollenkorona bei tiefem Sonnenstand in der Abbildung 4 möglich. Wie man sieht, und Rauschen verkomplizieren das Pro- hin zur runden Form aussieht. Beobach- ist die Übereinstimmung bei Kiefernpollen blem weiter. Somit bleiben wohl doch nur tung und Simulation zeigen für Kiefern- bereits sehr gut. Bei den Fichtenpollen ver- das iterative Vorwärtsmodellieren und der pollen eine bereits so gut wie runde Korona bleiben noch einige Unterschiede in den anschließende Vergleich mit den Fotos. für Sonnenhöhen ab 50° (Abb. 2 in [1] und Radienverhältnissen und der Ausprägung Abb. 4). des 3. Ringes. Die Modelle in der Abbildung 3 zeigen dabei keine willkürlichen mittle- Literaturhinweis: Man kann versuchen, die für Simulationen ren Pollenformen, sondern die tatsächli- [1] A. Haußmann, 2019: „Fichten- und erforderlichen Geometriedaten der Pollen- chen Optimierungsergebnisse. Kiefernpollenkoronen 2018 – Beob- körner von licht- oder elektronenmikro- achtungen und Simulationen, skopischen Aufnahmen abzulesen, aller- Problematisch ist, dass das Drei-Ellipsoid- Teil 1“, VdS-Journal für Astronomie dings sind die Ergebnisse nicht so eindeutig Modell zu „einfach gebaut“ ist und damit 72, S. 80-82

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www.sterne-und-weltraum.de UNSPLASH CZERWIŃSKI / PAWEŁ (https://unsplash.com/photos/6lQDFGOB1iw) Deep Sky

Visuelle Beobachtung der NGC-5566-Galaxiengruppe (Arp 286) von Klaus Wenzel

Zwischen Spica und Arcturus befindet sich die helle, relativ wenig beachtete Galaxien- gruppe um den Spiralnebel NGC 5566. In Halton Arps Katalog über pekuliäre Galaxi- en finden sich diese drei Galaxien unter der Nummer 286. Diese Gruppe stand erstmals am 25. Mai 1997 auf meinem visuellen Be- obachtungsprogramm mit meinem altbe- währten 12,5-Zoll-Newton. Anlässlich der Beobachtung des Kometen C/2013 US10 Catalina beobachtete ich diese Gruppe am 23. Dezember 2015 ein zweites Mal visuell, erstmals mit dem 16-Zoll-Newton.

Historische visuelle Beobachtungen Lange bevor Halton Arp diese Galaxien- gruppe als Nummer 286 in seinen bekann- ten Katalog integrierte, waren hier zuerst die historischen visuellen Beobachter am Zug.

Am 30. April 1785 entdeckte Wilhelm Her- schel zwei Galaxien des Galaxientrios. Dies waren NGC 5566 und NGC 5560. NGC 5566 beschrieb er als sehr hellen runden, großen Nebel mit hellerem Zentrum. Zu NGC 5560 vermerkte er: hell, groß und oval. Die dritte Galaxie NGC 5569 bemerk- 1 Die Galaxiengruppe Arp 286, gezeichnet am 12,5-Zoll-Newton bei 170-facher Vergröße- te er hingegen nicht. Zu einem vergleichba- rung am 25.05.1997. Bildgröße: etwa 20 Bogenminuten, Zeichnung: Klaus Wenzel. ren Ergebnis kam sein Sohn John bei sei- nen Nebelbeobachtungen zwischen 1825 und 1833. Auch er sah NGC 5569 nicht. obwohl ihm seine Existenz bereits bekannt dichtung, noch direkt sichtbar, aber deut- sein sollte. Schönfeld beobachtete auf dem lich lichtschwächer als NGC 5566. NGC Die Entdeckung von NGC 5569 blieb Lord Sternwartenturm in Mannheim mit einem 5569 schließlich war bei 170-facher Vergrö- Rosse bzw. seinem Assistenten Johnstone 15-cm-Refraktor. ßerung indirekt, sehr schwach, aber deut- Stoney vorbehalten. In Birr Castle wurde lich als diffuser Lichtfleck nordöstlich von diese Gruppe erstmals am 26. April 1849 Eigene visuelle Beobachtungen NGC 5566 erkennbar. mit dem „Leviathan von Parsonstown“ be- Meine erste visuelle Beobachtung dieser obachtet und dabei ein weiterer schwacher Gruppe führte ich am 25.05.1997 mit mei- Meine zweite visuelle Beobachtung führte Nebel nordöstlich von NGC 5566 erkannt. nem 317 mm/1.500 mm-Newton durch. ich, wie bereits oben erwähnt, anlässlich Ein weiterer visueller Beobachter war Edu- Bei dieser Beobachtung waren bereits bei einer Beobachtung des Kometen C/2013 ard Schönfeld in Mannheim, der den hells- einer Aufsuchvergrößerung von 75x die US10 Catalina am Tag vor Heiligabend ten Nebel NGC 5566 im Juni/Juli 1861 ins- zwei hellsten Galaxien erkennbar. NGC 2015 in den frühen Morgenstunden (06:00 gesamt fünfmal zur Positionsbestimmung 5566, die hellste des Trios, erschien rund, MEZ) durch. Nach der Kometenbeobach- beobachtete. NGC 5560 konnte er ebenfalls relativ groß mit leicht hellerem Zentrum. tung nahe dem 7,8 mag hellen Stern SAO erkennen, aber zu NGC 5569 findet sich NGC 5560, nordwestlich von NGC 5566, 120375 mit Zeichnung, schwenkte ich zur kein Hinweis bei seinen Beschreibungen, war deutlich elongiert, ohne hellere Ver- benachbarten Galaxiengruppe. Bei dieser

98 | Journal für Astronomie Nr. 73 Deep Sky

Beobachtung benutzte ich meinen 406 mm/ 1.829 mm-Newton. Während der Beobach- tung mit dem größeren Teleskop steigerte ich die Vergrößerung auf 360-fach. Zu NGC 5566 notierte ich eine leicht ovale Form und ein deutlich helleres Zentrum. NGC 5569 war in diesem Teleskop relativ einfach als runder Nebel mit einer flächigen Verdich- tung zum Zentrum erkennbar. Und schließ- lich NGC 5560 als direkt und einfach sicht- barer länglicher Nebel.

Eine CCD-Beobachtung dieser Gruppe steht noch aus, ist aber für die kommende Beobachtungssaison geplant.

2 Diese Zeichnung von Arp 286 entstand am 23.12.2015 nach der Beobachtung des Kometen Catalina am 16-Zoll-Newton bei 360-facher Vergrößerung. Bildgröße: etwa 12 Bogenminuten, Zeichnung: Klaus Wenzel.

Impression

Die Dunkelwolke LDN 1622 in , Barnard s Loop

Die Dunkelwolke LDN 1622 in , Barnard s Loop, Lacerta-Newton 254 mm/1000 mm, CCD-Kamera SBIG ST-8300M, Baader-Filter, Belichtung: 55 x 10 min in Hα, 12 x 5 min in Luminanz und je 8 x 5 min in RGB. Datum: 19.-22.09.2019, Autor: Michael Deger, Erdweg (Bayern)

Journal für Astronomie Nr. 73 | 99 Deep Sky

Skyguide 2020 – 1 (Frühling) von Robert Zebahl und René Merting

Unser Skyguide soll in erster Linie Anre- freien Software Cartes du Ciel (Skychart), gungen für eigene Beobachtungen geben für die grobe Orientierung vorhanden, und wird dabei jährlich für jede Jahreszeit welche Sterne bis zu einer visuellen Grö- fünf Objekte kurz beschreiben. Es werden ßenklasse von ca. 8,0 mag zeigt. Telrad- dabei sowohl leichte als auch schwierige kreise (0,5°; 2°; 4°) auf der Karte markieren Objekte ausgewählt, welche nach Schwie- die Position des Objekts. Im Allgemeinen rigkeitsgrad sortiert sind. Wie schwer ein empfehle ich aber, eigene Aufsuchkarten Objekt letztlich ist, hängt natürlich von zu erstellen. Die visuelle Beschreibung des verschiedenen Faktoren ab, vor allem der Objekts basiert weitestgehend auf eigenen Himmelsqualität, der Teleskopöffnung und Beobachtungen und soll lediglich als An- der persönlichen Erfahrung. haltspunkt dienen.

Zu jedem Objekt werden die wichtigsten Informationen in Kurzform angegeben. Des Weiteren ist eine Karte, erstellt mit der

Übersichtkarte der Objekte für Skyguide 2020-1

Karte erstellt mit Cartes du Ciel

100 | Journal für Astronomie Nr. 73 Deep Sky

Melotte 111 (Coma-Berenices-Sternhaufen)

Typ: Offener Sternhaufen Sternbild: Com Koordinaten (2000.0): 12h 22m 30,00s, +25° 50’ 42,00’’ visuelle Helligkeit: 1,8 mag Winkelausdehnung: 270’ x 270’

Melotte 111 (s. Übersichtskarte!) ist ein großer und heller Ebene in sternarmer Umgebung befinden. Melotte 111 zählt Sternhaufen, dessen Mitglieder alle heller als 10,5 mag sind. wie auch die Ursa-Major-Gruppe oder die Hyaden zu den Be- Durch seine Helligkeit und Größe ist er bereits seit der An- wegungshaufen, deren Mitglieder also eine ähnliche Eigenbe- tike bekannt. Der Sternhaufen ist mit geschätzten 100 Son- wegung aufweisen. Für die Beobachtung genügt ein schwach nenmassen vergleichsweise massearm und zeigt sich locker vergrößerndes Fernglas vollkommen, unter dunklem Him- verteilt. Die gravitative Bindung der Mitglieder untereinan- mel sogar das freie Auge. Der Sternhaufen bietet sich auch gut der ist daher gering. Damit sich ein solcher Sternhaufen nicht für eine Zeichnung an. frühzeitig auflöst, muss er sich außerhalb der galaktischen

Messier 64 (NGC 4826, Blackeye-Galaxie)

Typ: Galaxie Sternbild: Com Koordinaten (2000.0): 12h 56m 43,70s, +21° 40’ 57,57’’ visuelle Helligkeit: 8,5 mag Winkelausdehnung: 10’ x 5,4’

Messier 64 ist die hellste Galaxie im Sternbild Haar der Berenike und bietet fotografisch und visuell schöne Details. Eine Besonderheit ist eine Dunkelwolke in der Nähe des Zentrums. Es wird angenommen, dass diese durch eine Verschmel- zung mit einer viel kleineren, staubreichen Ga- laxie entstand. Die Dunkelwolke wurde erst- mals von William Herschel gesehen. Bei einer gemeinsamen Beobachtung mit dem Physiker Charles Blagden verglich dieser den Anblick mit einem schwarzen Auge, daher der Beiname. Visuell lässt sich diese Galaxie unter einem Vor- stadthimmel (Bortle 6) bereits mit einem kleinen 8x40-Fernglas beobachten. Unter gleichen Be- dingungen zeigt ein Teleskop mit 102 mm Öff- nung die Galaxie einfach, und die Dunkelwolke lässt sich erahnen. Bei 150 mm Teleskopöffnung 2 M 64, Zeichnung von Robert Zebahl am 6-Zoll-Refraktor unter Vorstadt- ist die Dunkelwolke dann bereits indirekt gut bedingungen (Bortle 6) bei 129-facher Vergrößerung erkennbar. Die schwächeren Außenbereiche be- nötigen einen eher dunkleren Landhimmel.

Journal für Astronomie Nr. 73 | 101 Deep Sky

NGC 4147 (NGC 4153, H 1.19)

Typ: Kugelsternhaufen Sternbild: Com Koordinaten (2000.0): 12h 10m 06,15s, +18° 32’ 31,78’’ visuelle Helligkeit: 10,3 mag Winkelausdehnung: 4,0’ x 4,0’

Im Sternbild Haar der Berenike gibt es genau drei Kugelsternhaufen, welche im New Gene- ral Catalogue (NGC) verzeichnet sind: Messier 53 (= NGC 5024), NGC 5053 und NGC 4147. Letzterer ist im Vergleich zu anderen Kugel- sternhaufen eher klein und sternarm, da seine Gesamtmasse nur etwa ein Zehntel der Masse eines durchschnittlichen Kugelsternhaufens beträgt. Aufgrund der geringen Winkelaus- dehnung ist seine Flächenhelligkeit recht hoch, er lässt sich damit schon mit kleinerem Instru- ment, selbst aus der Stadt heraus, erfolgreich beobachten. Reicht unter dunklem Landhim- mel schon ein mittelgroßes Fernglas für eine Sichtung? Bei welcher Teleskopöffnung zeigt der Kugelsternhaufen Einzelsterne? 3 NGC 4147, Quelle: Pan-STARRS, gemeinfrei

NGC 4314 (H 1.76)

Typ: Galaxie Sternbild: Com Koordinaten (2000.0): 12h 22m 31,98s, +29° 53’ 43,09’’ visuelle Helligkeit: 10,6 mag Winkelausdehnung: 4,2’ x 3,7’

Bei NGC 4314 handelt es sich um eine wunder- schöne Balkenspiralgalaxie, welche aufgrund ihrer scheinbaren Helligkeit auch mittelgro- ßen Teleskopen einfach zugänglich ist. Eine Besonderheit ist ein Ring aus vergleichsweise jungen Sternen im Inneren der Galaxie. Nor- malerweise liegen solche Sternentstehungs- gebiete meist in den Spiralarmen. Visuell am auffälligsten sind das besonders helle Zentrum sowie der Balken, welcher die Galaxie länglich erscheinen lässt. Die viel schwächeren Spiral- arme benötigen dunklen Himmel. Ab welcher Teleskopöffnung zeigen sich erste Ansätze der Spiralstruktur? 4 NGC 4314, Quelle: Pan-STARRS, gemeinfrei

102 | Journal für Astronomie Nr. 73 Geschichte

3C273

Typ: Quasar 5 Aufsuchkarte von 3C273, erstellt mit Cartes du Ciel Sternbild: Vir Koordinaten (2000.0): 12h 29m 06,70s, +02° 03’ 08,66’’ visuelle Helligkeit: 12,8 mag

Der Quasar 3C273 ist am Sternhimmel der scheinbar hellste Entfernung von 10 ) von mehr als -23 mag, spricht man Vertreter seiner Art. Quasare gehören zu der Gruppe der ak- von einem Quasar. Die absolute Helligkeit von 3C273 liegt bei tiven Galaxienkerne (engl.: active galactic nucleus, AGN). Es etwa -26,7 mag. Damit ist dieser Quasar ca. 300-mal heller als handelt sich hierbei um Galaxien, in deren Zentrum sich ein unsere Milchstraße. Da aktive Galaxienkerne und damit auch supermassereiches Schwarzes Loch befindet, welches enorm Quasare vergleichsweise kleine Objekte in der Größenordnung große Energiemengen freisetzt und damit für eine sehr hohe unseres Sonnensystems sind, wird man diese nur punktförmig Leuchtkraft verantwortlich ist. Erreicht ein aktiver Galaxien- sehen können. Eine Teleskopöffnung von etwa 100 mm unter kern eine absolute Helligkeit (scheinbare Helligkeit bei einer dunklem Himmel sollte genügen.

Neues aus der Fachgruppe Geschichte der Astronomie von Wolfgang Steinicke

Die 16. Geschichtstagung fand vom 1. bis 3. November 2019 in der Zeichnungen aus der Zeit von 1759 bis 1807“. Die Publikation ha- Dr.-Karl-Remeis-Sternwarte in Bamberg statt und war wieder gut be ich in meiner Rezension vorgestellt. Die nächste Tagung wird besucht. Lesen Sie dazu meinen Bericht in diesem Heft. Dort hielt voraussichtlich vom 30.10.-1.11.2020 stattfinden. Der Tagungsort Volker Witt einen Vortrag über „Alexander von Humboldt und die steht noch nicht fest. Näheres dazu finden Sie zu gegebener Zeit auf älteste Sternwarte Südamerikas in Bogotá“. Seine schriftliche Aus- der Webseite der Fachgruppe Geschichte der Astronomie http:// fertigung ist hier abgedruckt. Ein weiteres Highlight der Tagung geschichte.fg-vds.de. Versorgen Sie mich auch weiterhin mit in- war die Präsentation eines neuen Kartenwerks durch Karl-Peter teressanten Artikeln! Julius (Albireo-Verlag): „Charles Messier – Himmelskarten und

Journal für Astronomie Nr. 73 | 103 Geschichte

16. Tagung der Fachgruppe Geschichte der Astronomie in Bamberg von Wolfgang Steinicke

Vom 1. bis 3. November 2019 fand die 16. Tagung der VdS-Fachgruppe „Geschich- te der Astronomie“ statt. Treffpunkt war diesmal die Dr.-Karl-Remeis-Sternwarte in Bamberg. Die Stadt ist bekannt für ihr gutes Bier (in allen Farbtönen) und üppige frän- 1 Auf dem Verbindungs- kische Speisen. Beides konnte am Freitag- gang zwischen den Kup- abend in der historischen Brauerei-Gast- peln (Bilder: W. Steinicke; stätte „Klosterbräu“ stilvoll genossen wer- bis auf Abb. 4) den. Wie üblich war es ein Wiedersehen mit vielen bekannten Gesichtern. Die Tagung ist seit 16 Jahren ein beliebter Treffpunkt für Freunde der Astronomiegeschichte, egal ob Amateur oder Profi. Immer wieder können auch neue Teilnehmer begrüßt werden.

Auf einer Anhöhe südlich der Stadt liegt das Gelände der 1889 eröffneten Stern- warte, dominiert von zwei Kuppelbauten, die das ehemalige Meridiangebäude ein- rahmen (Abb. 1). Dort befindet sich heute die Bibliothek und ein kleiner Hörsaal für 50 Personen. Er reichte gerade aus, um die 46 Teilnehmer aufzunehmen (Abb. 2). Das Programm startete am Samstag um 10:00 Uhr mit einem Vortrag des Sternwarten- direktors Prof. Ulrich Heber über die „Ge- schichte der Dr.-Remeis-Sternwarte und ihres Fotoplattenarchivs“. Der Stifter, Karl Remeis (1837-1882), war ein Bamberger Jurist und Amateurastronom. Über die Jahre wurde die Sternwarte von bekann- ten Personen geleitet: Ernst Hartwig, Ernst Zinner und Wolfgang Strohmeier. Zent- rales Forschungsgebiet wurden die verän- derlichen Sterne – zunächst visuell, dann mittels fotografischer Durchmusterungen. Der Südhimmel wurde in Außenstationen in Südafrika, Neuseeland und Argentinien aufgenommen. Das Bamberger Archiv be- herbergt heute 40.000 Fotoplatten, die mitt- lerweile digitalisiert wurden.

Der Südhimmel war auch das Thema von Volker Witt: „Alexander von Humboldt und die älteste Sternwarte Südamerikas in 2 Blick in den Vortragssaal (der Referent ist Prof. Heber)

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3 Blick von der Sternwarte auf den Bamberger Dom

Bogotá“. Sie entstand in der kolumbiani- schen Hauptstadt um das Jahr 1802. Drei herausragende Persönlichkeiten haben dazu beigetragen: der aus Spanien stam- mende Naturforscher José Celestino Mutis, der aufstrebende kolumbianische Wissen- schaftler und spätere Freiheitskämpfer Francisco José de Caldas und der deutsche Expeditionsreisende und Universalgelehr- te Alexander von Humboldt. Die Geschich- te des kleinen, auf 2.600 m Höhe gelegenen Observatoriums verlief turbulent. Das erste professionelle Schulplanetarium in In der zweistündigen Mittagspause wurde turmartige Gebäude ist heute noch erhalten Deutschland eingeweiht. In einer Zeit kos- die Sternwarte besichtigt. Besonders inte- und einen Besuch wert. mischen Aufbruchs setzte der Astronomie- ressant waren natürlich die beiden Kup- lehrer Karl Kockel als Initiator und Mentor peln – hoch über der Stadt bot sich hier ein Torsten Eisenschmidt zeigte anschließend das Vorhaben erfolgreich um. Der Referent imposanter Blick über Bamberg (Abb. 3). in seinem Beitrag „Das Schulplanetarium illustrierte die Entstehung und Nutzung Die historischen Instrumente sind heute in Astronomische Station Kanena – Vergan- der Einrichtung in eindrucksvollen Ori- einer kleinen astronomischen Ausstellung genheit trifft Gegenwart“ ein interessantes ginalaufnahmen. Das Planetarium mit zu sehen (im Verbindungsgang zwischen Kapitel der jüngeren deutschen Geschich- seinen 50 Sitzen ist noch heute in Betrieb Kuppelbau und Hauptgebäude). Darunter te. Im Dorf Kanena, am östlichen Stadt- und beherbergt einen manuell gesteuerten der 26-cm-Schröder-Refraktor (Abb. 4) rand von Halle gelegen, wurde 1962 das Zeiss-Projektor vom Typ ZKP1. von 1882 und die Dreifach-Weitwinkel-

4 Der Schröder-Refraktor (Bild: Ulrich Görze) 5 Karl-Peter Julius mit einer Ausgabe der „Histoire de L’Académie Royale des Sciences“

Journal für Astronomie Nr. 73 | 105 Geschichte

kamera für die Himmelsdurchmusterung. seinen populären Katalog von 103 Deep- 6 Gruppenfoto Das Plattenarchiv ist in einem eigenen Ge- Sky-Objekten. Doch der Franzose war bäude untergebracht. Hier ist ein großer hauptsächlich ein Kometensucher. Seine Blinkkomparator von Zeiss zu bewundern. Beobachtungen präsentierte er kunstvoll der Astronomie betätigt. Hier finden wir in Sternkarten, Zeichnungen und Grafi- seine Dissertation zu den Alfonsinischen Nach der Pause referierte Regina Umland ken. Sie erschienen in diversen Journalen Tafeln, Untersuchungen über Meteore und über „Maria Clara Eimmart (1676-1707)“. und sind heute leider kaum bekannt. Ju- Meteorite und eine Arbeit zur Entstehung , Sie ist die Tochter von Georg Christoph lius neueste Publikation „Charles Messier der Mondkrater durch Impakt-Ereignisse. Eimmart, dem Gründer der Nürnberger – Himmelskarten und Zeichnungen aus Im abschließenden Vortrag „Karl Friedrich Sternwarte. Als dessen Assistentin wurde der Zeit von 1759 bis 1807“, erschienen im Küstners Beobachtungen der Nova Persei sie zu einer eigenständigen astronomischen eigenen Albireo-Verlag, hat dies nun in be- 1901“ berichtete der Bonner Astronom Beobachterin. Aufgrund ihres zeichneri- eindruckender Weise geändert (Abb. 5). Michael Geffert über einen berühmten schen Talents entwarf sie viele Skizzen des Der Vortrag zeigte das Entstehen der Edi- Vorgänger. Am Anfang des 20. Jahrhun- Mondes und der Planeten. Anschließend tion von der mühsamen Quellensuche bis derts wurde von Vielen der Ausbruch einer ging es um „Kepler und die neuzeitliche zu den fertigen Faksimiledrucken, die am Nova im Sternbild Perseus beobachtet. Naturwissenschaft“. In einem forschen Ritt Stand zu bewundern waren. Küstner benutzte hierzu den neuen Bonner durch die Astronomiegeschichte skizzier- Doppelrefraktor. Sein Hauptziel war die te Pierre Leich die Zeit von Copernicus, Vor der Kaffeepause wurde das obligato- Bestimmung der Entfernung mittels foto- Galilei, Kepler und Newton. Angereichert rische Gruppenfoto gemacht, leider bei grafischer Parallaxenmessung. Der Refe- durch mathematisch-physikalische Be- etwas trübem Himmel (Abb. 6). Danach rent stellte den astronomiegeschichtlichen trachtungen, wurde der epochale Schritt gab es reichlich Kuchen und, wie immer, Hintergrund und die (leider negativen) Er- zu einem dynamischen Verständnis der anregende Gespräche. Anschließend stellte gebnisse der Messungen vor. Planetenbahnen durch Keplers Werk sicht- Klaus Rohe „Die astronomischen Arbeiten bar, das 1619 unter dem Titel „Harmonices von Alfred Wegener“ vor. Der deutsche Der Samstag fand seinen Ausklang im Res- mundi“ erschien. Eine andere Lichtgestalt Wissenschaftler ist hauptsächlich für seine taurant „Weißbierhaus“; Bier und Speisen wurde von Karl-Peter Julius vorgestellt: Theorie der Kontinentalverschiebung be- ließen keine Wünsche offen. Am Sonntag- Charles Messier. Man denkt hier meist an kannt. Er hat sich aber auch auf dem Gebiet morgen traf man sich im Bamberger Natur-

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kundemuseum. Es bietet zwar keine astro­ 7 Der historische „Vogelsaal“ im Naturkundemuseum nomischen Exponate, beeindruckt aber durch den historischen „Vogelsaal“ (Abb. 7) aus dem Jahr 1810 (mit ausgestopften Die 16. Tagung war – nach Ansicht der Teil- Näheres dazu finden Sie zu gegebener Zeit Tieren aller Art) und eine einmalige Fos- nehmer – wieder eine gelungene Veranstal- auf der Webseite der Fachgruppe Geschich- siliensammlung. Die 150 Mio. Jahre alten tung. Als Termin für 2020 ist der 30.10.- te der Astronomie: http://geschichte.fg- Objekte, darunter ein Flugsaurier und ein 01.11. angedacht. Der Tagungsort steht vds.de. Quastenflosser, stammen aus dem fränki- noch nicht fest. Vorgeschlagen wurden u.a. schen Jura (Steinbruch Wattendorf). Aachen und Nördlingen.

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Journal für Astronomie Nr. 73 | 107 Geschichte

Alexander von Humboldt und Südamerikas älteste Sternwarte – Himmelsbeobachtung in Kolumbien vor 200 Jahren von Volker Witt

Das Stichwort „Südamerika“ lässt einen spon- 1 Das in den Jahren tan an die klassischen Beobachtungsplätze 1802/3 in Bogotá (Kolum- in Chile denken, wie etwa Cerro Tololo, Las bien) errichtete astronomi- Campanas, La Silla oder Cerro Paranal, wo sche Observatorium ist die heute die modernsten und größten Telesko- älteste fest eingerichtete pe auf den Südhimmel gerichtet sind. Blickt Sternwarte in Südamerika. man weiter zurück in die astronomische Ver- Ursprünglich im Garten der gangenheit des Kontinents, findet man bei- „Botanischen Expedition“ spielsweise Sternwarten in Santiago (Chile), erbaut, gehört sie heute Cordoba und La Plata (Argentinien), Rio de zum Gebäudekomplex des Janeiro (Brasilien) oder Quito (Ecuador), die Palacio de Nariño, in dem bereits im 19. Jahrhundert gegründet wurden der Präsident Kolumbiens [1]. Wenig bekannt ist aber der Umstand, dass residiert. Die Drehkuppel die erste fest eingerichtete Sternwarte Südame- wurde erst später hinzuge- rikas schon um die Jahre 1802/3 in Bogotá, fügt, sie beherbergt einen der Hauptstadt des heutigen Kolumbien, ent- nicht mehr gebrauchsfähi- stand (Abb. 1). Die Stadt hieß damals Santa gen Refraktor. Fé de Bogotá oder auch nur Santa Fé und war die Hauptstadt des von Spanien verwalteten Vizekönigreichs Neugranada (auch Nueva Granada genannt), das die heutigen Länder Kolumbien, Venezuela, Ecuador und Panama umfasste.

Es waren zwei oder drei Persönlichkeiten, die entscheidend zur Gründung des astronomi- schen Observatoriums in Bogotá beitrugen. Der aus der südspanischen Stadt Cadiz stam- mende Arzt José Celestino Mutis (1732-1808) galt als zentrale Figur für die Belebung der Naturwissenschaften in Neugranada [2]. Mu- tis unterrichtete am Colegio del Rosario in Bogotá als Dozent für Mathematik, Physik und Astronomie und widmete sich vor allem der Er- forschung der heimischen Pflanzenwelt (Abb. 2 José Celestino Mutis war 2). Im Jahr 1783 gründete er mit Genehmigung an der Wende vom 18. zum des spanischen Königs Carlos III. die Real Ex- 19. Jahrhundert einer der an- pedición Botánica, die königliche Botanische gesehensten Wissenschaftler in Expedition. Sie ist nach heutigem Verständnis Lateinamerika. Auf seine Initia- als wissenschaftliches Institut zu verstehen, tive geht die Gründung des as- das sich der Erkundung und Dokumentation tronomischen Observatoriums der reichhaltigen Flora und Fauna des Landes in Bogotá zurück. Denkmal im verschrieben hat. Freigelände der Sternwarte.

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3 Alexander von Humboldt hatte ent- In der von Zach herausgegebenen Schrift scheidenden Einfluss auf die Gründung „Monatliche Correspondenz zur Beför- der Sternwarte in Bogotá. Die Büste im derung der Erd- und Himmelskunde“ be- Garten der Sternwarte stellt den Natur- klagte Humboldt in einem aus Cumaná - im forscher in seinen jungen Jahren dar und heutigen Venezuela - am 1. September 1799 wurde dem kolumbianischen National- geschriebenen Brief seine damals eher noch observatorium von der Bundesrepublik mangelhafte Erfahrung in Sachen Astro- Deutschland aus Anlass des 200. Ge- nomie: „... haben Sie besonders Nachsicht burtstags von Humboldt gestiftet. mit meinen astronomischen Arbeiten. Be- denken Sie, dass dies nur ein Nebenzweck meiner Reise ist, dass ich ein Anfänger in der Astronomie bin, und erst seit zwey Jah- Die Rolle Alexander von Humboldts ren mit Instrumenten umzugehen gelernt Im Sommer 1801 kommt es zu dem denk- habe.“ würdigen Treffen zwischen Mutis und dem deutschen Naturforscher Alexander von Humboldt (1769-1859), der von Kuba kommend in der kolumbianischen Hafen- stadt Cartagena eintrifft und zusammen mit seinem Weggefährten Aimé Bonpland (1773-1858) den südamerikanischen Kon- tinent bereisen will. Humboldt äußerte dazu in einem Brief an seinen Bruder Wil- helm „... den lebhaften Wunsch, den großen Botaniker Don Jose Celestino Mutis, der noch ein Freund Linné’s ist, und sich jetzt in Santa Fé de Bogota aufhält, zu sehn, und unsre Pflanzensammlung mit der seinigen 4 Humboldt galt als profunder Wissen- zu vergleichen ...“ [3]. Humboldts Ankunft schaftskommunikator, der in der Szene - in Bogotá wurde wie ein Triumphzug gefei- auch bei den Astronomen - bestens vernetzt ert und verlieh der dort bestehenden, eher war. Das Gemälde zeigt den Gelehrten im bescheidenen Forschungslandschaft einen reiferen Alter und befindet sich im großen großen Schub, der sich bis hin zur Grün- Saal des Observatorio Astronómico de dung einer Sternwarte auswirkte (Abb. 3). Bogotá.

Hier soll nun auf Humboldts Verhältnis zur Astronomie etwas näher eingegangen wer- bei Gotha, und bei Johann Gottfried Köhler 5 Der ursprünglich als Jurist ausgebildete den – nicht zuletzt auch aus dem Anlass, (1745-1800) in Dresden, der dort als Ins- Francisco José de Caldas begann als Auto- dass sich gerade sein Geburtstag zum 250. pektor des Mathematisch-Physikalischen didakt mit astronomischen Messungen und Male jährt [4]. Bevor Humboldt zu seiner Salons wirkte. Die beiden Experten zeigten wurde später durch Alexander von Hum- großen, sich über fünf Jahre hinziehenden ihm, wie er die Sextanten zu benützen habe, boldt gefördert. Er war der erste Direktor der Amerikareise aufbrach, machte er sich mit von denen er zwei besaß: einen achtzölligen Sternwarte in Bogotá. Auf dem Ölgemälde dem Umgang einiger astronomischer Inst- des Londoner Instrumentenbauers Rams- von Miguel Díaz Vargas ist links im Bild die rumente vertraut. Er holte sich dafür kun- den sowie einen kleineren aus der Werk- Vorrichtung zu erkennen, mit der Caldas aus digen Rat bei Franz Xaver von Zach (1754- statt von Troughton. der Siedetemperatur von Wasser die Höhe 1832), dem Leiter der Seeberg-Sternwarte von Bergen zu bestimmen versuchte.

Journal für Astronomie Nr. 73 | 109 Geschichte

1830er-Jahre für die Gründung der Neuen Berliner Sternwarte in der Lindenstraße tatkräftig einzusetzen.

Vom Autodidakten zum Astronomen Eines der wissenschaftlich hoffnungsvolls- ten Talente in Neugranada war der Ko- lumbianer Francisco José de Caldas (1768- 1816) [5, 6]. Aus der im Süden Kolumbiens liegenden Stadt Popayán stammend stu- dierte Caldas zunächst in Bogotá Rechts- wissenschaft, fühlte sich aber bald weitaus mehr zu den Naturwissenschaften hingezo- gen. Besonders die Astronomie hatte es ihm angetan, und er begann als Autodidakt, mit meist selbst gefertigten Instrumenten, as- tronomische Beobachtungen und Messun- gen auszuführen. Um astronomische Län- 6 Auf kolumbianischen Banknoten wurde den Gelehrten Mutis (oben) und Caldas (unten) genbestimmungen vorzunehmen, wählte ein bleibendes Denkmal gesetzt, das von ihrer allgemeinen Wertschätzung zeugt. Neben er beispielsweise Sternbedeckungen, ge- dem Bildnis von Mutis ist auch das Sternwartengebäude in seiner ursprünglichen Ausfüh- legentliche Mondfinsternisse oder gar die rung (mit anderer Kuppel) dargestellt. Verfinsterungen der Jupitermonde, die er mit entsprechenden Ephemeriden verglich. Er führte zudem meteorologische und geo- Durch die sich ergebenden häufigen Orts- wechsel wurde Humboldt aber bald ein Ex- perte für astronomisch-geodätische Orts- bestimmungen, die sich in den fünf Jahren der Reise auf ungefähr 200 beliefen. Das Er- leben verschiedener Himmelsschauspiele während der langen Tropennächte schärfte seine Beobachtungsgabe. Ein spektakulä- rer Sternschnuppenfall, die Beobachtung des Zodiakallichts und Gegenscheins, die Szintillation der südlichen Sterne und die Messung ihrer Farbe und Helligkeit, all dies fand später auch seinen Niederschlag im dritten Band von Humboldts Kosmos, der vor allem der Astronomie gewidmet war. Humboldt war in der damaligen europäi- schen Wissenschaftsszene bestens vernetzt und hatte in späteren Jahren auch guten Kontakt zu vielen bekannten Astronomen wie etwa Gauß, Bessel, Encke und Schuma- 7 Die historische Sternwarte gehört heute zu den Museen der Universidad Nacional de cher (Abb. 4). Und schließlich war es auch Colombia. Im großen Saal werden verschiedene Exponate gezeigt, die den Besucher die sein besonderes Verdienst, sich Anfang der Arbeit der Astronomen nachempfinden lassen.

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grafische Messungen aus und entwickelte eine als Hypsometrie bezeichnete Metho- de, nach der er aus der Siedetemperatur von Wasser die Höhe eines Berges bestimmen konnte (Abb. 5).

Schon kurz nach seiner Ankunft in Carta- gena wurde Humboldt auf das besondere Talent des jungen Caldas aufmerksam, und im weiteren Verlauf der Reise wies man ihn immer wieder auf den wissenschaftlichen Autodidakten hin. Im September 1801 bra- chen Humboldt und Bonpland nach einem längeren Aufenthalt in Bogotá auf, um auf dem Landweg in die Stadt Quito zu gelan- gen. Da die Reise ohnehin über die Stadt Popayán führte, war ein Besuch bei Caldas 8 Universalinstrument Nr. 8980 von Gustav Heyde, Dresden eingeplant, der aber zu ihrer Enttäuschung bereits in Quito weilte. Stattdessen wur- den die beiden von seinem Vater empfan- In Alexander von Humboldt hatte er einen noten, wo den beiden ein bleibendes Denk- gen, der ihnen bereitwillig Einblick in die großartigen Lehrmeister gefunden, der ihn mal gesetzt wurde (Abb. 6). astronomischen Beobachtungsprotokolle im Gebrauch astronomischer Instrumen- seines Sohnes gewährte. Welch eine Über- te, etwa eines Oktanten oder Quadranten, Die Sternwarte wird gebaut raschung erlebte Humboldt, als er gewahr unterwies und ihm vermittelte, wie die Ta- Der von Mutis beauftragte Architekt war nahm, dass Caldas auch aus den Verfinste- bellen der atmosphärischen Refraktion an- der Kapuzinermönch Domingo de Petrés, rungen der Jupitermonde die geografische zuwenden wären. Von Humboldt erhielt er der die Sternwarte nach europäischen Vor- Länge bestimmen konnte, wie er es selbst zu auch einen Sternkatalog sowie eine Samm- bildern als Turm mit oktogonalem Grund- tun pflegte! Seine Hochachtung vor Caldas lung von Ephemeriden. Schließlich ver- riss und einem Durchmesser von etwa zehn lässt ein Tagebucheintrag vom 15. Novem- kaufte ihm der europäische Gelehrte auch Metern entwarf. An dieses Hauptgebäude ber 1801 erahnen: noch seinen 18-Zoll-Quadranten des eng- ist ein schlanker, etwa 25 Meter hoher Trep- „Geradezu ein Wunder in der Astronomie, lischen Instrumentenbauers John Bird, der penturm mit quadratischem Querschnitt arbeitet er hier im Dunkel einer abgelege- sogar mit einem Mikrometer ausgestattet angelehnt (Abb. 1). Die Grundsteinlegung nen Stadt seit Jahren; bis vor Kurzem hat war. Als Caldas jedoch seine Absicht erken- erfolgte am 24. Mai 1802, und schon am er ... kaum weitere Reisen als nach Bogotá nen ließ, die beiden Forscher auf ihrer Rei- 20. August 1803 war der Bau beendet [7, 8]. unternommen. Sich selber hat er die Instru- se bis zur Rückkehr nach Europa begleiten Nun aber musste das Gebäude mit Leben mente für Messungen und Beobachtungen zu wollen, kam es zur Missstimmung und erfüllt werden. hergestellt. Jetzt zieht er Meridiane, jetzt gegenseitigen Entfremdung. mißt er Breiten! Was würde solch ein Mann Die Frage nach dem Leiter der Sternwarte in einem Lande leisten, wo mehr Unterstüt- In der historischen Rückschau zählen Jo- wurde sicherlich auch wesentlich durch zung ihm zu Theil würde!“ sé Celestino Mutis und Francisco José de Humboldts Einfluss bestimmt, der gegen- Caldas zu Kolumbiens renommiertesten über Mutis die außergewöhnliche Bega- Von der Begegnung mit Humboldt Anfang Naturforschern, die auch nach mehr als bung lobte, die Caldas bei astronomischen des Jahres 1802 versprach sich Caldas einen zweihundert Jahren noch in hohem An- Messungen und Beobachtungen bewies. wissenschaftlichen Gedankenaustausch sehen stehen. Die ihnen entgegengebrach- Ende des Jahres 1805 wird Francisco José mit einem ebenbürtigen Gesprächspart- te allgemeine Wertschätzung zeigt sich auf de Caldas von Mutis zum Direktor des Ob- ner, den er bislang schmerzlich vermisste. kolumbianischen Briefmarken und Bank- servatoriums bestellt.

Journal für Astronomie Nr. 73 | 111 Geschichte

9 Bildnisse im großen Saal der Stern- warte. Obere Reihe (von links): José Ce- lestino Mutis, Francisco José de Caldas, Julio Garavito Armero. Untere Reihe: Alexander von Humboldt, José María González Benito, Jorge Álvarez Lleras

hielt die Sternwarte von Bogotá lange Zeit den Höhenrekord auf dem amerikanischen Kontinent.

Dass sich Caldas nun wieder mit Fragen der atmosphärischen Refraktion befasste, dürfte noch auf die Anregung durch Hum- boldt zurückgehen. Die äquatornahe Lage des Standorts weckte in ihm auch die Idee, einen Sternkatalog des Südhimmels zu er- Die Ausstattung mit Instrumenten, welche Observatorium (Observatorio Real) auf der stellen. Große Aufmerksamkeit widmete die spanische Krone zur Verfügung stellte, Isla de León – dem heutigen San Fernando er der Beobachtung des Großen Kometen umfasste einen Quadranten von Sisson so- in der Nähe der südspanischen Stadt Ca- C/1807 R1. Allerdings stellte sich das Feh- wie verschiedene Teleskope, zwei Theodoli- diz. Die Höhenlage bestimmte er zu 2.686 len eines größeren Teleskops immer mehr ten von George Adams, zwei Chronometer Meter (exakter Wert 2625 Meter), damit als Nachteil heraus. von Josiah Emery sowie Thermometer und Kompasse. Mutis selbst beschaffte unter an- derem drei Spiegelteleskope von Dollond sowie Oktanten, Barometer, Kompasse und eine astronomische Pendeluhr von Graham. Auch Caldas steuerte einige Instrumente bei, darunter vor allem den von Humboldt erworbenen Bird-Quadranten.

Im großen Saal der Sternwarte kann der heutige Besucher die Atmosphäre verspü- ren, wie sie früher geherrscht haben mag (Abb. 7). Der Raum ist inzwischen als Mu- seum eingerichtet und zeigt als Exponate einige Spektroskope und Spektive, mehrere Pendeluhren, einen Erd- und Himmels- globus, verschiedene Theodoliten oder Universalinstrumente (Abb. 8), Teile der Bibliothek und nicht zuletzt die Bildnisse von Persönlichkeiten, die einen Bezug zur Sternwarte haben (Abb. 9).

Caldas verbrachte die ersten Monate mit Positionsmessungen und fand für den Standort des Observatoriums eine nörd- liche Breite von 04° 36’ 06’’, was vom mo- dernen Wert nur um neun Bogensekunden abwich. Als geografische Länge ermittelte 10 Im großen Saal der Sternwarte kennzeichnet eine in den Boden er 04h 32m 16s westlich vom Königlichen eingelegte Messingschiene den Ortsmeridian.

112 | Journal für Astronomie Nr. 73 Geschichte

11 Julio Garavito Armero führte das Observatorium an der Wende zum 20. Jahrhundert zu neuer wissenschaftlicher Aktivität. Büste im Garten der Sternwarte

Schicksalswende Die Situation ändert sich schlagartig am 20. Neue wissenschaftliche Aktivität erleb- Juli 1810, als in Kolumbien die Revolution te das Observatorium, als Julio Garavito ausbricht, und sich das Land von der spa- Armero (1865-1920) die Leitung im Jahr nischen Vorherrschaft lossagt. Caldas wid- 1891 übernommen hatte (Abb. 9 und 11). mete sich in der Folge ganz dem nun statt- Er brillierte durch seine praktische Beob- findenden Freiheitskampf, während die achtungsgabe wie auch durch theoretisches Sternwarte verwaiste. Im Zuge der ab 1815 Wissen und zählt wohl im Bunde mit Mutis einsetzenden spanischen Reconquista wur- und Caldas zu den Wissenschaftlern mit de Caldas von den Royalisten gefangen­ internationaler Reputation [9]. Allgemeine genommen und am 29. Oktober 1816 öf- Anerkennung fanden Garavitos theore- fentlich hingerichtet. Als sich Freunde für cio Liévano (1834-1913), der Sternbede- tische Arbeiten zur Wahrscheinlichkeits- sein Leben einsetzten, soll der spanische ckungen durch den Mond beobachtet und rechnung, mathematischen Optik und Befehlshaber entgegnet haben: „Spanien Ephe­meriden berechnet. Er lässt die bereits Himmelsmechanik, insbesondere seine braucht keine Wissenschaftler“ („España von Caldas im großen Saal angelegte Meri- Studien über die Bewegung des Mondes. Zu no necesita de sabios“). dianlinie durch Anbringen einer massiven seinen Ehren ist seit 1970 der Krater „Gara- Messing­schiene erneuern (Abb. 10). vito“ auf der Rückseite des Monds benannt. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten Nach Garavitos Tod folgte ein neuerliches erfuhr das Observatoriumsgebäude unter- Im Februar 1868 wird José María González Interregnum und erst im Jahr 1930 kehr- schiedlichste Nutzung, die häufig wenig Benito (1843-1903), Professor der Astro­ te mit Jorge Álvarez Lleras (1885-1952), mit Astronomie, aber umso mehr mit der nomie und Meteorologie, zum Direktor einem Schüler Garavitos, das wissenschaft- Historie des Landes zu tun hatte. Es diente ernannt (Abb. 9). Er widmet sich dem Stu- liche Leben auf die Sternwarte zurück (Abb. zwischenzeitlich als meteorologisches Ob- dium der Meteorströme und pflegt enge 9). Belisario Ruiz Wilches (1887-1958) ist servatorium, als Militärakademie, als Fes- Kontakte zu Astronomen in Europa, wie schließlich der letzte Direktor am histori- tungsbollwerk und sogar als Gefängnis für beispielsweise zu dem Franzosen Camille schen Observatorium, dessen Funktion ab einen ehemaligen Staatspräsidenten. Flammarion (1842-1925). Er begründete dem Jahr 1952 vom neu gebauten Observa- die Annalen des Observatorio Astronómi- torio de la Ciudad Universitaria übernom- Im Jahr 1866 hört man von einem neuen co Nacional de Bogotá, deren erste Ausgabe men wird. Direktor der Sternwarte namens Indole- 1882 erscheint.

Literaturhinweise und Weblinks (geprüft 10.12.2019): [1] P. C. Keenan, 1991: “The Earliest Natio­nal Observatories in Latin America”, Journal of the History of Astronomy Vol. 22, p. 21-30 [2] https://en.wikipedia.org/wiki/Jos%C3%A9_Celestino_Mutis, https://es.wikipedia.org/wiki/Jos%C3%A9_Celestino_Mutis [3] A. von Humboldt, 1804: „Notizen Alex. von Humboldt’s von seinen Reisen in der Kordillere der Anden und von seinen physikali- schen Beobachtungen in Quito und Mexiko“, Annalen der Physik Bd. 16, S. 450-493 [4] O. Schwarz, 2014: „Alexander von Humboldt als astronomischer Arbeiter, Diskussionspartner und Ideengeber“, HiN Internationale Zeitschrift für Humboldt Studien XV, 29, S. 39-49 [5] J. W. Appel, 1994: “Francisco Jose de Caldas: A Scientist at Work in Nueva Granada”, American Philosophical Society, Philadelphia [6] www.biografiasyvidas.com/biografia/c/caldas.htm, https://en.wikipedia.org/wiki/FranciscoJos%C3%A9_de_Caldas, https://es.wikipedia.org/wiki/Francisco_Jos%C3%A9_de_Caldas [7] A. D. Bateman, 1953: “El Observatorio Astronómico de Bogotá”, Universidad Nacional de Colombia, Bogotá [8] R. J. Londoño, A. Morales, 2007: “Observatorio Astronómico de Bogotá. Pedes in terra ad siderum visum”, Universidad de los Andes, Departamento de Arquitectura, Bogotá [9] https://en.wikipedia.org/wiki/Julio_Garavito_Armero, www.biografiasyvidas.com/biografia/g/garavito.htm

Journal für Astronomie Nr. 73 | 113 Geschichte

REZENSION Charles Messier – Himmelskarten & Zeichnungen aus der Zeit von 1759 bis 1807 Albireo Verlag, Köln 2019, ISBN 978-3-9816040-6-1, 24 Blätter in kartonierter Archiv-Box, 159,- €

Hört ein Amateurastronom den Namen figuren und aufwändigen Sternsymbolen. „Messier“, so denkt er sicher gleich an leicht Im Gegensatz zu anderen Astronomen, zu beobachtende Objekte aus dem berühm- wie etwa Bayer, Flamsteed oder Bode, hat ten Katalog der 103 Nebel und Sternhaufen. Messier aber keinen Sternatlas produziert. Kein Beobachtungsabend kommt ohne ihn Es gibt nur einzelne Karten ausgewählter aus; man denke nur an M 1 (Krebsnebel), M Himmelsregionen, die zudem in verschie- 31 (Andromedanebel) oder M 42 (Orion- denen französischen Journalen und unter- nebel). Nur die Wenigsten wissen, dass der schiedlichen Jahren erschienen sind. Das Messier-Katalog bereits 1781 veröffentlicht macht die Sache ziemlich unübersichtlich. wurde. Heute werden moderne Versionen Dieser versunkene astronomische Schatz 1 Titelbild mit aktuellen Objektdaten verwendet. ist nun endlich gehoben! Unser Dank geht – wieder einmal – an Karl-Peter Ju- Dabei wurde der Initiator, Charles Mes- lius und seinen Albireo-Verlag. Das beein- Der „Messier“ stellt eine Kollektion von 24 sier (1730-1817), zu seiner Zeit wegen druckende Resultat trägt den schlichten Kartenblättern dar, aufbewahrt in einem ganz anderer Beobachtungen gefeiert: Ko- Titel „Charles Messier – Himmelskarten edlen, 46 cm x 33 cm großen Karton. Eini- meten – er entdeckte insgesamt 20. Noch & Zeichnungen aus der Zeit von 1759 bis ge sind gefaltet. Die größte Karte, und zu- weniger bekannt ist, dass der französische 1807“ (Abb. 1). Es reiht sich ein in eine gan- gleich das Prunkstück der Sammlung, misst Astronom eine Reihe bemerkenswerter ze Serie historischer Raritäten, die in Köln 57 cm x 42 cm. Sie zeigt den Stier (Sternbild Sternkarten, Zeichnungen und Grafiken (stets in streng limitierter Auflage) wieder Taurus). Obwohl ihm der Komet von 1758 publiziert hat. Sie wurden meist erstellt, um auferstanden sind; darunter der „Atlas vor die Nase gesetzt wird, schaut er über- die Bahn eines Kometen und die Lage von Coelestis 1742“ von Doppelmayr, Fortins aus gutmütig drein (Abb. 2). Weitere 18 Nebeln zu zeigen. Seine Sternkarten sind, „Flamsteed Edition“ oder der „Mondatlas Sternkarten zeigen Kometenbahnen. Zu- dem Stil der Zeit entsprechend, kunstvolle 1791“ von Schroeter. sätzlich enthalten sie insgesamt 32 Messier- Darstellungen mit historischen Sternbild- Objekte. Darüber hinaus gibt es 5 Blätter mit Zeichnungen spezieller Objekte bzw. Ereignisse: Saturn (1776), Merkurtransit (1786), Saturnbedeckung (1775), Polarlicht (1777) und den Andromedanebel (1807). Das Ganze ist auf Hahnemühle-Bütten ge- druckt – allein das Anfassen versetzt einen in die Zeit von Messier.

Eine 43-seitige Begleitschrift liefert wich- tige Erläuterungen zu den Karten und Objekten. Wem Messier durch seine Deep- Sky-Objekte oder Kometen vertraut ist, und wer Sinn für rare historische Werke der Astronomie hat, kommt an dieser Edition nicht vorbei. Das Ganze hat natürlich sei- nen Preis. Als stolzer Besitzer ist man einer von nur 399 anderen: Es lohnt sich also, sei- nen „van Gogh“ mal abzuhängen und durch einen liebevollen Stier zu ersetzen!

Dr. Wolfgang Steinicke

2 Sternbild Stier und Komet von 1758 (Karte 1)

114 | Journal für Astronomie Nr. 73 Kleine Planeten

Neues aus der Fachgruppe Kleine Planeten von Gerhard Lehmann

Das Frühjahr kündigt sich wieder an und 1 Entdeckungsauf- die Nächte werden wieder kürzer. Vielleicht nahme vom 27.Januar haben Sie in diesen Nächten auch Lust, ei- 1998 mit einem 7-Zoll- nen Kleinplaneten zu beobachten. Es muss Refraktor und einer nicht immer die Astrometrie im Vorder- ST6-CCD-Kamera des grund stehen. Auch visuelle Beobachtun- später nach Sigmund gen haben ihren Reiz. Alexander Geiss be- Jähn benannten Klein- richtet in dieser Ausgabe von einer solchen planeten 1998 BF14 Beobachtung anlässlich des Bayerischen (rechts unten). Bild- Teleskop-Meetings. autor: Jens Kandler

Die astrometrische Beobachtung von Kleinplaneten erlebte in den letzten Jahren vorschlag ein. Die Freude war groß, als das (17737) Sigmundjähn = vor dem Jahrtausendwechsel durch den MPC im Januar 2001 den Vorschlag akzep- 1998 BF14 Einsatz von CCD-Kameras einen enormen tierte. Seit dieser Zeit gibt es den Kleinpla- Discovered 1998 Jan. 27 Aufschwung. In der Folge wurden an vielen neten (17737) Sigmundjähn. Der Kleinpla- by J. Kandler at Drebach. Amateursternwarten Kleinplaneten neu net erhielt den Namen nach dem am 13. Fe- entdeckt. So auch in der Volkssternwarte bruar 1937 in Morgenröhte-Rautenkranz / Sigmund Jähn (b. 1937) was the first Drebach, wo an einem 7-zölligen Refraktor Vogtland geborenen ersten deutschen Kos- German to travel into space. In August mit einer ST6 beobachtet wurde. Damit ge- monauten. Er flog am 26. August 1978 mit 1978 he spent nine days in the Soviet lang dem heutigen Leiter der Einrichtung dem sowjetischen Raumschiff Sojus 31 zur space station Salyut 6, together with the am 27. Januar 1998 die Entdeckung des Raumstation Salut 6. Russian commander Valery Bykovs- Kleinplaneten 1998 BF14 (Abb. 1). ky. Today Jähn works in the astronaut Wer je die Möglichkeit hatte, ihn kennen- training center of DLR, the German Nach der Nummerierung reichte das Klein- zulernen, weiß um seine ihm eigene Lie- Research Center for Aeronautics and planetenteam der Sternwarte Drebach für benswürdigkeit und Bescheidenheit. Der Astronautics. diesen Kleinplaneten beim Minor Planet Autor dieser Zeilen hatte gemeinsam mit Center (MPC) in den USA einen Namens- seiner Ehefrau das Glück, ihn noch einmal im Frühjahr 2018 (Abb. 2) zu treffen. Am 21. September 2019 ist er in Strausberg bei Berlin verstorben. Bis in alle Ewigkeit, zu- mindest nach menschlichen Maßstäben, wird sein Kleinplanet unsere Sonne um- laufen. Wenn Sie Lust bekommen haben, vielleicht auch einmal Kleinplaneten zu beobachten, dann sind Sie herzlich eingeladen. Als Mit- glied in der FG Kleine Planeten werden Sie Gleichgesinnte treffen und von den Erfah- rungen der anderen profitieren.

Weblinks (geprüft 10.12.2019): [1] Sternwarte Drebach: 2 Von links nach rechts: Gerhard Lehmann, Sigmund Jähn, Jens Kandler, Katrin Lehmann www.sternwarte-drebach.de/ und Sabrina Fritzsch. Fotografiert im Frühjahr 2018 vor der Sternwarte und dem Planetarium [2] Kleinplanetenseite: „Sigmund Jähn“ in Rodewisch/Vogtland. Bildautor: Olaf Graf www.kleinplanetenseite.de/

Journal für Astronomie Nr. 73 | 115 Kleine Planeten

Kleinplanetentagung 2019 in Salzburg von Daniel Bamberger

Zur 22. Tagung der VdS-Fachgruppe Kleine Ihm folgte Gerhard Lehmann mit Neuig- Nach Gruppenfoto und Kaffeepause folgte Planeten vom 14. bis 16. Juni 2019 lud die keiten aus der Fachgruppe Kleine Planeten. Mike Kretlow, welcher leider nicht persön- VEGA-Sternwarte Haus der Natur in Salz- Die Mitgliederzahl der Fachgruppe ist an- lich anwesend sein konnte, der aber für burg in den Neubau des Observatoriums steigend, ebenso wie die Zahl der aktiven seinen Vortrag über „Fehlermodelle und ein. Am Freitagabend trafen sich die Teil- Sternwarten. Während die Zeit der Entde- die Zukunft (amateur-) astrometrischer nehmer zum gemütlichen Beisammensein ckungen durch Amateure Lehmann zufolge Messungen“ per Video zugeschaltet wur- in einem Restaurant im nahegelegenen vorbei sei, könnten Amateure nach wie vor de. Kretlow beschrieb die Möglichkeiten Anthering. Zuvor bestand die Möglichkeit, wichtige Beiträge leisten. und Herausforderungen, die sich durch die an einer Stadtführung durch Salzburg teil- neueste Generation von Sternkatalogen er- zunehmen. Detlef Koschny berichtete von seiner Ar- geben. Besonders der Gaia-Katalog erlaubt beit am Planetary Defense Office der ESA neuartige Anwendungen, wie die bessere Helmut Windhager, Leiter der ehrenamtli- und von der Bedeutung von Amateuren. Vorhersage von Sternbedeckungen oder chen Arbeitsgruppe Astronomie des Hauses Koschny beschrieb die Fortschritte beim die Schwierigkeiten bei der Vorhersage der Natur, Lothar Kurtze von der Sternwar- Bau des 1,2-Meter-Flyeye-Teleskops auf von Kollisionen. Während kleine systema- te Heppenheim, und der Vorsitzende der Sizilien, das ab 2020 nach erdnahen Aste- tische Fehler in Sternkatalogen früher von Fachgruppe, Gerhard Lehmann, begrüßten roiden suchen soll. Er hob die Bedeutung geringer Bedeutung waren, werden diese am Samstag die mehr als 50 Teilnehmer der internationaler Zusammenarbeit hervor. nun zu einem der zentralen Probleme, an Tagung aus Österreich, Deutschland, der Unter Einbindung von Amateuren soll so denen Wissenschaftler in den kommenden Schweiz und den Niederlanden im Vor- ein weltweites Netzwerk von Asteroidenbe- Jahren werden arbeiten müssen. Die Ergeb- tragsraum des Observatoriums. obachtern entstehen. Gleichzeitig arbeitet nisse sind auch für Amateure relevant. Für die ESA an der Entwicklung neuer Soft- Amateure bieten sich dabei außerdem neue Danach erzählte Helmut Windhager die ware zur Vorhersage von Asteroidenein- Chancen, vor allem bei Sternbedeckungen, Geschichte der VEGA-Sternwarte, von den schlägen, an der besseren Zusammenarbeit die in Zukunft an Bedeutung gewinnen ersten Plänen über die Suche nach Sponso- mit den Behörden und an der schnelleren werden. ren bis hin zur Auswahl des Bauplatzes und Koordinierung von Beobachtungen. Auch dem Design des Gebäudes. Im August 2018 Weltraum-Missionen zum Studium von Nahtlos schloss sich der Vortrag von Her- konnte die Sternwarte schließlich feierlich Asteroiden unter Beteiligung der ESA sind bert Raab an, der über das neue Beobach- eröffnet werden. Seither wird sie insbeson- in Planung. tungsformat ADES referierte. ADES ersetzt dere für die Öffentlichkeitsarbeit genutzt. das alte Format zur Datenübermittlung an

1 Gruppenbild der Teilnehmer an der Kleinplanetentagung 2019 in Salzburg. Bild: Johann Reifberger

116 | Journal für Astronomie Nr. 73 Kleine Planeten

das Minor Planet Center. Die Vorteile von ADES liegen in der Flexibilität des Formats, und in der Menge an Informationen, die festgehalten werden können. Insbesondere bietet ADES die Möglichkeit, den geschätz- ten Fehler der Messungen zu übermitteln, was für die von Mike Kretlow diskutierten Anwendungen wichtig ist. Herbert Raab hat ADES in seine bekannte Software „As- trometrica“ integriert, und er ermutigte alle 2 Von links nach rechts: Rochus Hess von der VEGA-Sternwarte und David Voglsam im Amateurastronomen, so bald wie möglich Gespräch mit Herbert Raab, dem Autor der Software Astrometrica. Seine Software wird auf das neue Format umzusteigen. seit vielen Jahren weltweit von Profi- und Amateurastronomen zur Astrometrie eingesetzt. Bild: Gerhard Grau Nach einer Mittagspause mit kleinem Im- biss auf der Sternwarte berichtete Erwin Schwab von der Zerreißprobe des Asteroi- den 2018 AM12. Der Asteroid flog im Janu- ar 2018 an der Erde vorbei, und wurde von Erwin Schwab am Calar-Alto-Schmidt- Teleskop beobachtet. Schwab stellte durch Auswertung der Lichtkurve fest, dass der Asteroid schneller rotierte, als es für einen lose zusammengehaltenen Körper dieser Größe möglich wäre. Dies zeigt, dass 2018 AM12 ein sehr stabiles monolithisches Ob- jekt sein muss.

Weniger stabil ist Asteroid 6478 Gault, der das Thema von Michael Jägers Vortrag war. Gault ist ein aktiver Asteroid im Haupt- 3 Von links nach rechts: Carolin Liefke vom Haus der Astronomie in Heidelberg im gürtel, dessen Aktivität Ende 2018 entdeckt Gespräch mit Matthias Busch und Martin Metzendorf von der Starkenburg-Sternwarte in wurde. Es handelt sich wohl um ein Objekt, Heppenheim. Matthias Busch hat die von vielen Kleinplanetenfreunden verwendete das durch Fliehkräfte zerrissen worden Software EasySky geschrieben. Bild: Gerhard Grau ist. Michael Jäger hat die Entwicklung von Gault in den Monaten nach der Entdeckung bildlich festgehalten und diese Bild­serie in entstehung, und die Erkenntnisse aus dem Ihm folgte Thomas Pausch, der von der seinem Vortrag präsentiert. Vorbeiflug werden unser Wissen darüber Suche nach dem hypothetischen „Planet 9“ erweitern. Ultima Thule weist auch Ähn- am äußersten Rand des Sonnensystems be- Daniel Bamberger stellte die ersten Ergeb- lichkeiten zu den Kometen und kleinen richtete. Er erläuterte seine Zweifel an die- nisse des Vorbeiflugs von NASAs New-Ho- Monden im inneren Sonnensystem auf. Für ser Hypothese. rizons-Sonde am Kuipergürtel-Objekt „Ul- Amateure bietet sich seit Einführung des tima Thule“ vor. Im Januar 2019 hatte New Gaia-Sternkatalogs die Möglichkeit, durch Wegen des aufziehenden schlechten Wet- Horizons erfolgreich Ultima Thule passiert die Beobachtung von Sternbedeckungen ters wurde die für später vorgesehene und Aufnahmen dieses fernen Planetesi- auch an der Erforschung kleiner Kuiper- Führung durch die Sternwarte zeitlich vor- mals zur Erde geschickt. Objekte wie Ulti- gürtel-Objekte aktiv mitzuwirken. gezogen. Die Mitarbeiter der Sternwarte ma Thule sind die Bausteine der Planeten- erläuterten die Funktion und Nutzung

Journal für Astronomie Nr. 73 | 117 Kleine Planeten

der Teleskope. Nach der anschließenden Kaffeepause beschrieb Bernd Gährken in seinem Vortrag „Exokleinplaneten – geht das?“ seine Beobachtungen von Exoplane- ten und wie diese auch für Amateurastro- nomen zugänglich sind. Er spekulierte au- ßerdem, ob auch Kleinplaneten um andere Sterne beobachtet werden könnten. 4 Von links nach rechts: Anna Griesser von der Sternwarte Eschenberg in der Markus Griesser erfreute die Zuhörer mit Schweiz und Katrin Lehmann von der Sternwarte Drebach im Gespräch mit Detlef seinem Vortrag über Schularbeiten zu as- Koschny von der ESA sowie seiner Ehefrau Gabi. Detlef Koschny unterstützt als Profi tronomischen Themen. Er betätigt sich auf vielerlei Art und Weise die Arbeit der Amateurastronomen. Bild: Gerhard Grau seit Langem als Berater für Abschlussarbei- ten zum Thema Astronomie. Griesser be- schrieb die Herausforderungen, die sich Asteroiden (NEOCP) genutzt. Das große f/3,3-Deltagraphen der ehemaligen Stern- bei der Arbeit mit jungen Erwachsenen Gesichtsfeld und ein speziell entwickeltes warte 540 Linz in den Star Park „Hohe ergeben. Gleichzeitig rief er dazu auf, sich Bildbearbeitungsverfahren („Entfaltung“) Dirn“. Der neue Standort bietet Vorteile auf junge Erwachsene und ihre Ideen ein- ermöglichen die Astrometrie von Asteroi- wie Höhe und geringe Lichtverschmut- zulassen. Paul Breitensteins Vortrag stellte denspuren auch bei Objekten, die sich sehr zung, aber auch Herausforderungen wie die Arbeiten von Schülern der von ihm be- schnell am Himmel bewegen. schlechte Erreichbarkeit und strenges Wet- treuten Projektgruppe für Astronomie des ter (Schnee). Hoflehner und Truhlar zeig- Pascal-Gymnasiums in Münster vor. Die Jürgen Linder präsentierte die Ergebnisse ten Bilder vom Bau der neuen Kuppel und Schüler nutzten das Faulkes-Teleskop, um seiner Tests von CMOS-Kameras. Er unter- vom Umbau der Elektronik. Die Steuerung unbekannte Kleinplaneten zu entdecken suchte, ob sich CMOS-Kameras auch für war veraltet und musste ersetzt werden. Ge- und sie im darauffolgenden Jahr erneut die Astrometrie eignen. In den vergange- plant ist der Einsatz als Remote-Sternwarte. aufzuspüren. Die Arbeiten, die daraus her- nen Jahren sind CMOS-Sensoren zu einer Hierzu fehlt noch die notwendige Internet- vorgingen, gewannen Preise in den Wett- ernsthaften Alternative zur klassischen anbindung. bewerben „Jugend forscht“ und „Schüler CCD geworden, auch wenn sie mit ganz ei- experimentieren“. genen Herausforderungen verbunden sind. Die Ankündigung, dass die 23. Kleinpla- Nach einer kurzen Kaffeepause knüpfte netentagung am 6. und 7. Juni 2020 im Den Abschluss des ersten Vortragstages Bernd Häusler an seinen Vortrag vom ver- Zeiß-Planetarium und der Volkssternwarte machte Lothar Kurtze, mit seinem Vortrag gangenen Jahr an, mit einem Bericht über Drebach stattfinden werde, stieß bei den über den Start des Kleinplaneten-Projekts die Fortschritte bei der automatisierten Anwesenden auf Zustimmung. Die Räum- auf der VEGA-Sternwarte. Beim anschlie- NEO-Beobachtung an seinem Dettelbach- lichkeiten in Drebach wurden in einem ßenden Beisammensein in einem Restau- Vineyard-Observatorium. Häusler erläu- kurzen Vortrag vorgestellt. rant in Anthering ließ man den Tag gemüt- terte seine Ausrüstung und sein Vorgehen lich ausklingen. bei der Beobachtungsplanung. Es ist ihm Gerhard Lehmann und Helmut Windhager gelungen, die Beobachtung mit Hilfe selbst- dankten zum Abschluss der 22. Kleinpla- Den Start am Sonntag machte Bringfried geschriebener Computerprogramme so netentagung allen Anwesenden und Vor- Stecklum, der über die neue TAUKAM- weit zu automatisieren, dass das Teleskop tragenden, der VdS und der Fachgruppe Kamera in der Thüringer Landessternwar- während der Nacht ganz ohne Beobachter Kleine Planeten. Nach der Verabschiedung te Tautenburg referierte. Die staatlich ge- auskommt. durch Helmut Windhager und Gerhard förderte Primärfokus-Kamera ist seit Ende Lehmann folgte das Mittagessen auf der 2018 am Schmidt-Teleskop in Tautenburg Markus Hoflehner und Günther Truhlar Kaiserbuche sowie die erneute Gelegenheit, im Einsatz und wird dort vor allem für berichteten im letzten Vortrag von der Mo- an einer Stadtführung durch Salzburg teil- die Beobachtung neu entdeckter erdnaher dernisierung und dem Umzug des 0,6 m- zunehmen.

118 | Journal für Astronomie Nr. 73 Kleine Planeten

Öffentliche Kleinplanetenbeobachtung im Fernglas von Alexander Geiss

Spätestens seit dem Ereignis von Tschelja- binsk am 15. Februar 2013, als quasi „aus dem Nichts“ die Druckwelle eines Meteo- roiden bzw. eines kleinen Asteroiden eine unvorbereitete Stadt erschütterte, rückte die Gruppe der Asteroiden und Kleinplane- ten stärker in den Fokus der an Astro­nomie interessierten Bevölkerung. Aus diesem Grund und, weil anhand von Kleinplaneten die Dynamik des Sternenhimmels erlebbar ist, biete ich gerne während des Bayerischen Teleskop-Meetings (BTM) bei der Führung der Besuchergruppen die Beobachtung die- ser Himmelskörper an, die sich am Sternen- himmel schnell zu bewegen scheinen und leider selten gezeigt werden. Dabei ist das gar nicht so schwer, wenn man die Möglich- 1 Der Autor freut sich bei der Kleinplanetenbeobachtung an der freundlichen und warmen keit des Vergleichs mit dem Anblick einen Atmosphäre in der stockdunklen Umgebung. Das Bild ist ein Einzelbild aus einem Video, oder mehrere Tage zuvor bietet. welches mit einer GoPro-Hero-3+-Black-Kamera ohne einen IR-Sperrfilter und einer Beleuch- tung mit einem IR-Strahler entstanden ist. Bild: Johannes Hildebrandt Der Kleinplanet (15) Eunomia, ein klassi- scher Hauptgürtelasteroid, 255 km groß und 1851 durch den italienischen Astro- Als Beobachtungsinstrument sollte mein Schon Tage zuvor begann ich mit der nomen de Gasparis entdeckt [1], bot Ende 20x80-Fernglas auf einem Kugelkopf und Zeichnung des Himmelsausschnitts um 12 August 2019 ideale Bedingungen. Er war einer Parallelogramm-Montierung (Abb. Aqr bei einer Rektaszension von 21h 05min während seiner Oppositionsschleife nach 1) dienen, um Beobachtern verschiedener und einer Deklination von -6°. Dort sollte Ende der astronomischen Dämmerung im Größen einfach den Einblick zu ermög- sich (15) Eunomia Ende August aufhalten westlichen Teil des Aquarius noch vor der lichen, ohne die eingestellte Richtung des (Abb. 2). Die Helligkeit des Kleinplaneten Kulmination etwa 8,5 mag hell und somit Anblicks zu verändern. Bei einer Bildfeld- machte im Großfernglas keine Probleme, einigermaßen leicht zu finden. Die Vorpla- größe von 3 Grad kann man einen relativ die Grenzhelligkeit bei den Verhältnissen nung erfolgte über „Heavens Above“ [2]. In großen Himmelsabschnitt überblicken und vor der Haustüre lag bei etwa 10 mag. Das den Tagen des BTM war eine ansehnliche die zu erwartenden Bewegungen einfach BTM ist für seine nette und familiäre Atmo- Dreier-Anordnung von Feldsternen in der nachvollziehen. sphäre bekannt und auch der Kontakt mit Nähe. unbedarften Laien ist immer wieder durch-

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aus erwünscht. Damit nicht aber die Un- bedarftheit der Bevölkerung bei allen am- bitionierten Amateuren voll durchschlägt, hatten wir Organisatoren des BTM uns darauf verständigt, dass Instrumente, die unter geführter Anleitung zur öffentlichen Beobachtung zur Verfügung stehen soll- ten, mit Knicklichtern kenntlich gemacht werden und dies den Besuchern mitgeteilt wird. Auf diese Weise bleiben die Besucher zum größten Teil an den Instrumenten des BTM-Organisationsteams hängen und können hier ihren Wissensdurst stillen. Mich überraschte nicht, dass ich der Ein- 2 Eine Skizze der Feldsterne um 12 Aqr mit den Positionen von (15) Eunomia zige war, der einen Kleinplaneten vorstellen vom 22.-31.08.2019. Bild: Alex Geiss wollte. Die Zeichnung musste ich an die besseren Bedingungen des BTM-Stand- orts anpassen, denn die Grenzhelligkeit im aktuelle Position. Die sollten die Besucher Nach dem ersten Anblick im Fernglas kam Fernglas betrug nun etwa 11 mag. vermuten und sich relativ zu den drei mar- auch bei Erkennen des Kleinplaneten im- kanten Sternen merken. Die neue Position mer wieder der Blick auf die Zeichnung und Die Besucher, die sich an meinem Fernglas sollte sich dann beim Anblick im Fernglas ab und zu auch die erneute Anerkennung, einfanden, musste ich aber zunächst in die bestätigen, also mit der Kenntnis, wie sich dass die Erklärung nachvollziehbar war. Thematik einführen. Ich erklärte, dass an (15) Eunomia in den Tagen zuvor bewegt Wichtig war mir aber für wirklich jeden meinem Fernglas ein sich rasch bewegen- hatte. Beobachter, dass der Kleinplanet wie auf der Himmelskörper beobachtet werden der Zeichnung dargestellt real beobachtet konnte, der sich im Prinzip wie ein Stern Mir war wichtig, dass diese Erklärung für werden konnte. Erst am Ende des Beobach- darstellt und daher der schnelle Blick ins jede meiner Besuchergruppen verständ- tungsabends trug ich die neue Position in Fernglas nicht sinnvoll sei, weil nicht zu lich war, was mir immer wieder bestätigt die Zeichnung ein. Besonders zu erwähnen erkennen ist, welches der Sternpünktchen wurde. Erst danach ließ ich den Blick ins ist auch die Freundlichkeit, mit der sich Be- nun das zu beobachtende Objekt ist. Um Fernglas zu. Hier zeigte sich der Vorteil sucher und Teilnehmer begegnen. Dies ist ihn aber als Kleinplaneten zu identifizie- der Parallelogramm-Montierung, die auf immer wieder für mich der Antrieb, solche ren, muss man wissen, dass diese Körper die verschiedenen Einblickhöhen leicht öffentlichen Beobachtungen durchzufüh- durch ihre Bewegung und die der Erde vor einstellbar war, was doch immer wieder ren. Sie entfachen jedesmal wieder meine ihrem Himmelshintergrund eine schnelle für Erstaunen sorgte, weil sich bei dieser Begeisterung aufs Neue. Bewegung vollführen. Und so konnte ich Montierung nicht die Beobachtungsrich- durch meine Zeichnung im Rotlicht mei- tung ändert. Während also der erste Blick ner Buchbeleuchtung die Bahn von (15) ins Fernglas erfolgte, erfragte ich, ob die Eunomia in den vergangenen Tagen auf- drei hellen Sterne im stumpfen Winkel wie zeigen und erklären, wo sich am Beobach- auf der Zeichnung erkennbar waren. Und tungsabend die neue Position zeigen sollte. anschließend, ob auf der vermuteten Stelle In diesem Fall erwähnte ich explizit die drei auch tatsächlich etwas zu sehen wäre. Wenn Weblinks (geprüft 10.12.2019): hellsten Sterne, die auf der Zeichnung als das bestätigt wurde, bestätigte ich damit das [1] Kleinplanet (15) Eunomia: https:// die drei dicksten Punkte in stumpfem Win- Erkennen des Kleinplaneten. Meine Fröh- de.wikipedia.org/wiki/(15)_Eunomia kel dargestellt wurden. Darunter eingetra- lichkeit darüber hörte man mir sicher an. [2] Software „Heavens-Above“: gen waren die Positionen des Kleinplaneten Vielleicht mit dem Gefühl einer „kleinen www.heavens-above.com/ der vorangegangenen Tage, nicht aber die Planetenentdeckung“.

120 | Journal für Astronomie Nr. 73 Kleine Planeten

Kosmische Begegnungen von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries

Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspu- ren. Der Verursacher ist meist ein Kleinpla- net, der sich während der Belichtungszeit ein kleines Stück auf seiner Bahn um die Sonne weiterbewegt hat. Für viele Astrofo- tografen sind solche zufälligen kosmischen Begegnungen eine Bereicherung des Bildes. Besonders dann, wenn man nach einiger Recherche herausfindet, wer der Verursa- cher der Strichspur war.

Zwei Jahre nach seinem letzten Bild kann ich heute wieder eine kosmische Begeg- nung von Wolfgang Bodenmüller [1] prä- sentieren. Sein Deep-Sky-Objekt ist der Kugelsternhaufen M 80 im Skorpion. Am 3. September 2019 erhielt dieser Besuch vom Zwergplaneten (1) Ceres und vom Kleinpla- neten (106) Dione. Da M 80 im September von unseren Breiten aus nicht erreichbar ist, hat Wolfgang diese kosmische Begeg- nung von der Remote-Sternwarte in Siding Spring aus aufgenommen. Sein Einsatz hat sich ausgezahlt und beschert uns ein einma- liges Dokument dieses Ereignisses.

Der Kugelsternhaufen M 80 wurde 1781 von Charles Messier entdeckt. Er ist ca. 7,3 mag hell und hat einen scheinbaren Durch- messer von ca. 10 Bogenminuten am Him- mel. Messier konnte ihn nicht in Einzelster- ne auflösen, und er ist in der Tat einer der kompaktesten Kugelsternhaufen am Him- mel. M 80 umrundet das Milchstraßenzen- trum auf einer stark elliptischen Bahn und braucht dazu ca. 70 Mio. Jahre. Derzeit be- findet er sich ca. 33.000 Lichtjahre von uns entfernt und ist damit viermal weiter weg als sein prominenter Kollege M 4.

Noch viel näher war uns zum Aufnahme- zeitpunkt der Zwergplanet Ceres, der sich 1 Der Kugelsternhaufen M 80 mit dem Zwergplaneten (1) Ceres (links unten) und dem damals in einer Entfernung von ca. 408 Kleinplaneten (106) Dione (rechts oben) am 3. September 2019. Aufgenommen an der Mio. km befand. Seine Helligkeit betrug Remote-Sternwarte in Siding Springs mit einem 127-mm-Apochromaten f/5,35 und einer 8,8 mag. Ceres wurde am Neujahrstag 1801 FLI-CCD-Kamera von Wolfgang Bodenmüller. Bild: Wolfgang Bodenmüller

Journal für Astronomie Nr. 73 | 121 Kleine Planeten

vom Pater Guiseppe Piazzi in Palermo ent- äußeren Hauptgürtels und war zum Auf- die Helligkeit des Kleinplaneten selbst aus- deckt. Er benannte sie nach der römischen nahmezeitpunkt ca. 13,6 mag hell. Entdeckt zuwählen, um eine passende Konjunktion Göttin des Ackerbaus und der Schutzpat- wurde (106) Dione im Jahr 1868 vom ame- für sich zu finden. ronin von Sizilien. In der ersten Hälfte des rikanischen Astronomen James Craig Wat- 19. Jahrhunderts galt Ceres als vollwertiger son, auf dessen Konto insgesamt 24 Astero- Wir möchten Sie im Namen der Fachgrup- Planet. Anschließend wurde sie zum Klein- iden und ein Komet gehen. Dione ist in der pe Kleine Planeten der VdS bitten, Ihre planeten degradiert, da man immer mehr griechischen Mythologie die Mutter von kosmische Begegnung einzusenden, um Himmelskörper zwischen Mars und Jupiter Aphrodite und gleich zweimal am Himmel zukünftige Ausgaben des VdS-Journals entdeckte. Seit 2006 zählt sie zu der neu ge- verewigt, da sie auch die Namenspatronin für Astronomie mit Ihren Bildern zu be- schaffenen Klasse von Himmelskörpern, eines Saturnmondes ist [2]. reichern. Schicken Sie die Bilder per Mail den Zwergplaneten. Planeten und Zwerg- mit dem Betreff „Kosmische Begegnung“ planeten kreisen um die Sonne und haben Kosmische Begegnungen finden täglich an [email protected]. Bitte durch ihre Eigenmasse eine annähernd statt. Die nachfolgende Tabelle 1 enthält vergessen Sie nicht das Aufnahmedatum, runde Form. Die Masse der Zwergplaneten eine kleine Auswahl interessanter Begeg- die fotografierten Objekte und die Daten reicht aber nicht aus, ihre Bahn von anderen nungen zwischen Kleinplaneten und Deep- des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Himmelskörpern zu bereinigen, wie es bei Sky-Objekten, die von uns erstellt wurde. Der Autor eines ausgewählten Bildes wird vollwertigen Planeten der Fall ist. Mit rund Damit soll Ihnen Ihr Weg zum persönli- anschließend aufgefordert, eine unkompri- 900 km Durchmesser ist Ceres auch um ei- chen Bild einer kosmischen Begegnung er- mierte Version des Bildes für den Druck zur niges kleiner als unser Mond. In den Jahren leichtert werden. Verfügung zu stellen. 2015 bis 2018 untersuchte die Raumsonde Dawn Ceres, wobei auffällige helle Bereiche Eine Möglichkeit, sich täglich über aktuelle Weblinks (geprüft 10.12.2019): gefunden und heftig diskutiert wurden. Seit kosmische Begegnungen zu informieren, [1] Sternwarte Singen: dem Ende der Mission im Jahr 2018 um- finden Sie auf der Homepage von Klaus www.sternwarte-singen.de/ kreist Dawn Ceres als künstlicher Satellit. Hohmann [3]. Dort kann sich der interes- [2] Dione: https://de.wikipedia.org/wiki/ sierte Astrofotograf in dem von Klaus ge- Dione Mit 502 Mio. km Entfernung von der Erde schriebenen Tool kosmische Begegnungen [3] Homepage: http://astrofotografie. war (106) Dione fast 100 Mio. km weiter anzeigen lassen. Interaktiv hat man die hohmann-edv.de/aufnahmen/ weg als der Zwergplanet Ceres. Der rund Möglichkeit, verschiedene Parameter wie kosmische.begegnungen.php 200 km große Brocken ist ein Asteroid des die Helligkeit des Deep-Sky-Objektes oder

Tabelle 1

Ausgewählte Begegnungen von Kleinplaneten mit Deep-Sky-Objekten im 2. Quartal 2020

Datum Uhrzeit Kleinkörper mag Objekt Art mag Abstand

18.04.2020 22:00 (2408) Astapovich 15,4 NGC 4206/16 Gx 12,0/10,3 7’ 26.04.2020 22:00 (334) Chicago 13,4 IC 849 Gx 13,1 5’ 19.05.2020 22:00 (727) Nipponia 13,9 NGC 5921 Gx 10,7 7’ 21.05.2020 24:00 (4637) Odorico 15,5 M 80 GC 7,3 6’ 23.06.2020 23:00 (1614) Goldschmidt 15,5 M 12 GC 6,1 2’ 28.06.2020 23:00 (57) Mnemosyne 12,3 M 10 GC 6,6 3’

Abkürzungen: Gx = Galaxie, GC = Kugelsternhaufen

122 | Journal für Astronomie Nr. 73 Kometen

Auffallende Kometen des dritten Quartals 2019 von Uwe Pilz

Der Komet C/2018 W2 (Africano) war der am leichtesten zu beobachtende Schweif- stern des dritten Quartals 2019. Das Perihel (5. September) und die Erdnähe (27. Sep- tember) fielen fast zusammen. Der Komet erreichte das Perihel auf der sonnenabge- wandten Seite der Erde und kam uns da- durch besonders nahe, der Abstand betrug nur 0,5 AE. Eine solche Bahngeometrie führt zu einem großen, diffusen Kometen ohne sichtbaren Schweif, da dieser von der Erde weggerichtet ist. Trotz der hohen Gesamthelligkeit war der Komet kein auf- fallendes Beobachtungsziel und erforderte einen dunklen Himmel. Dennoch war er im August und September in größeren Fern- gläsern ab 63 mm Öffnung sichtbar. Die Aufnahme von Norbert Mrozek zeigt den Kometen in der Giraffe, in der Nähe des of- fenen Sternhaufens King 6 (Abb. 1). 1 C/2018 W2 (Africano) am 30. August 2019, 22:14 Uhr UT, Instrument: 130-mm-Astrograf (f/3,3), 60 Minuten belichtet auf Canon-CCD-Kamera (Bild: Norbert Mrozek) Für uns Kometenbeobachter ist die enge Begegnung zweier Schweifsterne immer ein besonderes Ereignis. Um den 7. Sep- tember herum war es wieder so weit: 260P/ McNaught und C/2018 N2 (ASASSN) ka- men sich auf wenige Bogenminuten nahe. Beide Kometen erreichten zwar nur die 12. Größenklasse, aber das Zusammentreffen war schon ein besonderes. Im Foto von Roland Fichtl ist ASASSN links oben und McNaught rechts unten zu sehen (Abb. 2).

2 C/2018 N2 (ASASSN) und 260P/ McNaught am 5. September 2019, 23:20 Uhr UT, Instrument: 16-Zoll-Newton (f/2,5), 12 Minuten belichtet auf CDS-5D-CCD-Kamera (Bild: Roland Fichtl)

Journal für Astronomie Nr. 73 | 123 Kometen

Mehr als 30 Jahre Kometenfieber – Ein Rückblick von Maik Meyer

1987 - 1990: Aller Anfang ist schwer Da stand ich also im Dezember 1987 als 17-Jähriger am frühen Abend im Hof un- seres Hauses, bewaffnet mit einem 8x30- Feldstecher, und suchte den Kometen, den ein gewisser Herr Bradfield aus Australien laut Tageszeitung entdeckt haben sollte. Ich hatte keinerlei Umgebungskarten, Ver- gleichssterngrößen oder Ähnliches, jedoch dauerte es nicht lange, bis ich den etwa 5-6 Größenklassen hellen Kometen mit kur- zem Schweif aufgefunden hatte. Bis Mitte Januar 1988 konnte ich ihn siebenmal be- obachten. Während dieses Zeitraumes be- schloss ich, mich näher mit den Kometen zu beschäftigen, und trat dem damaligen AK Kometen im Kulturbund der DDR bei. Ich besorgte mir einen einfachen Himmels- atlas, kaufte mir vom ersparten Geld einen 10x50-Feldstecher von Carl Zeiss Jena (den 1 Blick in südwestliche Richtung von meinem Beobachtungsplatz in den 90er-Jahren hinter ich noch heute benutze!) und begann, die dem elterlichen Haus im Erzgebirge. Tageslichtkometen waren leider keine zu sehen … Beobachtung von Kometen ernsthaft mit Helligkeitsschätzungen zu betreiben. Vergleichssterne. Bei der AAVSO wurden zwei Uhr das Teleskop präpariert und ver- 1990 - 1993: Mehr Öffnung! im großen Stil Vergleichssternkarten geor- kabelt hatte und dann plötzlich Wolken Ich wurde Mitglied der VdS und trat der dert, die in der Summe drei Ordner füllten, aufzogen. Fachgruppe Kometen bei. 1990 konnte ich um auch für schwächere Kometen gerüstet auch meinen ersten Kometen mit bloßem zu sein. Ein Quantensprung war dann das Noch abenteuerlicher war es im Winter. Auge beobachten. C/1990 K1 (Levy) war Sternkartierungsprogramm GUIDE, wel- Da ich im Erzgebirge in Kammlage wohn- dabei jedoch relativ unspektakulär und er- ches ich noch heute zur Beobachtungspla- te, bedeutete dies Schneeverwehungen bis schien als diffuser großer Fleck am Nacht- nung verwende. zu zwei Metern Höhe in unserem Garten. himmel. Mir war nun klar, dass ich ein grö- Wollte ich also beobachten, musste ich mir ßeres Teleskop brauchte, welches ich 1991 Ab 1992 konnte ich bereits 60 Helligkeits- vorher einen Gang durch die Verwehungen kaufte - einen 130-mm-Newton. Damit war schätzungen pro Jahr gewinnen. Jedoch graben - eine schweißtreibende Angelegen- der Himmel für Kometen plötzlich sehr viel reichten mir nun die 130 mm Öffnung auch heit. Das Ergebnis allerdings war eine Art größer geworden. Die Beobachtungen wur- nicht mehr. Somit erwarb ich 1996 einen Iglu-Observatorium, da ich Schneeblö- den nun regelmäßig auch an das „Interna- 250-mm-Dobson mit elektronischen Teil- cke als Windschutz verwenden konnte. Es tional Comet Quarterly“ gesandt. kreisen, was mir das zeitaufwändige „Star- kam allerdings auch vor, dass das Graben hopping“ beim Aufsuchen insbesondere eines Ganges nicht mehr möglich war, da Informationen über Neuentdeckungen schwacher Kometen ersparen sollte. Das der Schnee durch häufiges Antauen, Neu- holte ich über die ABBS, eine Astro-Mail- nun große und schwere Teleskop führte zu schnee und Sturm verharscht und festgeba- box, in die ich mich mittels Modem ein- sportlicher Betätigung, da ich dieses nun cken war. Zu solchen Gelegenheiten konnte wählte. Dort bildete sich auch eine frühe die 100 m in den Garten bzw. auf das an- ich das Teleskop über die Schneewehen Online-Community der deutschen Kome- grenzende Feld bugsieren musste. Beson- über den Zaun hinwegtragen und auf tenbeobachter. Eine Kopie des AAVSO-At- ders enttäuschend waren dann immer die dem Schnee absetzen und auf einem Me- las bildete dann auch die Grundlage der Situationen, in denen man nachts gegen ter Schneehöhe beobachten! Ich bin nicht

124 | Journal für Astronomie Nr. 73 Kometen

Meine Kometenstatistik (Stand 01.08.2019)

Anzahl Beobachtungen 1.436 Anzahl Kometen 150 Hellste Schätzung -0,6 mag (C/1996 B2 (Hyakutake) selten in solchen Nächten mit der Nase am Okular angefroren … die kälteste Beobach- Schwächste Schätzung 14,2 mag (C/1998 K5 (LINEAR) tungsnacht hatte -16 Grad Celsius. Längster Schweif 63 Grad (C/1996 B2 (Hyakutake) Größter Durchmesser 80 Bogenminuten (17P/Holmes) Wenn es klar war, dann waren 6,5 mag Grenzhelligkeit im Zenit normal. Auch von die meisten Kometen/Jahr 17 Inversionswetterlagen konnte ich profitie- die meisten Schätzungen/Jahr 144 ren. Ab und zu sorgte auch der Föhn aus Homepage www.comethunter.de der Tschechischen Republik für exklusive Wetterlagen. Zusätzlich wurden in unse- rem kleinen Ort ab Mitternacht die Stra- ßenlampen abgeschaltet. Da unser Haus bei. Am 07.05. wollte ich den neu entdeck- vollkommen erschlagen von dem, was ich am Stadtrand steht, waren auch nächtliche ten Kometen C/1997 J1 (Mueller) beobach- sah. Der Komet im Zenit, Koma ca. ein Besuche durch Tiere normal. Nicht selten ten. Leider war der Himmel nicht optimal Grad und ein 60 Grad langer Schweif, der ist mir der Schreck in die Glieder gefahren, und leicht dunstig. Der Komet sollte 12-13 quer über den Himmel reichte! wenn ich aus dem Augenwinkel eine Bewe- mag aufweisen, war aber glücklicherweise gung wahrnahm oder der hustende Igel im zenitnah platziert. Nur mit Mühe und in- 2001 – 2010: Neue Horizonte Gebüsch wie ein Wildschwein klang. direktem Sehen konnte ich den Kometen Beruflich bedingt musste ich 2001 meinen am vorhergesagten Ort erkennen und auf Standort wechseln und es verschlug mich 1994 - 1999: Verpasste Kometen- 12,6 mag schätzen. Am nächsten Tag fiel ins Rhein-Main-Gebiet. Es war sehr schwer entdeckungen ich allerdings fast vom Stuhl, als das neueste für mich, meinen guten, dunklen Himmel Anfang Mai 1994 erkannte ich während IAU-Zirkular in meiner Mailbox landete: im eigenen Garten gegen den lichtver- eines Beobachtungsabends mit dem bloßen Nur 0,5 Bogenminuten von dem gestern schmutzten Himmel dieses Ballungsraums Auge einen diffusen Fleck im Nordwesten. beobachteten Kometen entfernt wurde ein auszutauschen. Fahrten zu dunklen Be- Ich schaute mit dem Feldstecher und sah weiterer Komet entdeckt, ca. 0,5 mag heller, obachtungsplätzen waren jetzt notwendig einen Kometen mit drei Schweifen. Mir C/1997 J2 (Meunier-Dupouy)! Ich konnte und es zeigte sich, dass ich die gleiche Ak- stockte der Atem! Was tun? Ich skizzierte es nicht glauben! Wäre der Himmel optimal tivität wie früher nicht beibehalten würde schnell die grobe Position und rannte zur gewesen, hätte ich beide Kometen gesehen. können. Dazu gesellten sich neue Prioritä- öffentlichen Telefonzelle, um Hartwig Lüt- Oder hatte ich den falschen, den neuen, ten in Form von Nachwuchs. hen in Hamburg anzurufen (ja, man kann Kometen geschätzt? Ich werde es wohl nie ohne Telefon leben… und ohne Mobiltele- erfahren. Da der Dobson für schnelle und spontane fon wohl auch … damals jedenfalls). Es war Beobachtungsausflüge nicht mehr geeignet ein aufregender Abend. Beobachter aus Natürlich stellen auch für mich die Kome- war, entschied ich mich für den Kauf eines ganz Europa hatten das Objekt gesehen und ten C/1995 O1 (Hale-Bopp) und C/1996 kurzbrennweitigen 150-mm-Refraktors. als Komet gemeldet. Nach der mir lang- B2 (Hyakutake) unvergessene Höhepunkte Dieses Gerät war der ideale Kompromiss sam dämmernden Erkenntnis, dass es sich dar, wobei ich immer Hyakutake als beein- zwischen Öffnung und Transportfähigkeit. wohl um keinen Kometen handeln konnte, druckender empfinde. Besonders in Erin- Azimutal montiert beobachtete ich wie mit da sich das Objekt zu schnell bewegte und nerung ist mir eine Nacht geblieben: Der einem Dobson. drastisch an Helligkeit verlor, stellte sich ei- Komet sollte seine optimale, wenn auch nige Tage später heraus, dass es sich um die kurze Sichtbarkeitsperiode mit größter Ein Merkmal meiner damaligen Beobach- ausgasende Stufe einer amerikanischen Ra- Erdnähe durchlaufen. Glücklicherweise tungstätigkeit war, dass ich keinen festen kete handelte, die einen geheimen Satelliten spielte das Wetter mit. Auf der Fahrt von Beobachtungsplatz hatte. Da ich auch häu- ins All geschossen hatte. der Uni nach Hause konnte ich bereits aus fig beruflich unterwegs bin, beobachtete dem Bus abends den aufgehenden Kome- ich oft überall in Deutschland. Allerdings 1997 schrammte ich dann ganz knapp an ten erkennen. Ich stellte mir dann den We- fehlt dabei etwas die Entspannung, die ich einer richtigen Kometenentdeckung vor- cker auf zwei Uhr morgens und war dann aus dem heimischen Garten von früher

Journal für Astronomie Nr. 73 | 125 Zum Nachdenken

kannte. Nun machte ich Bekanntschaft mit nachdem ich schon 2009 die Leitung der ermöglicht, auch 12 mag helle Kometen zu Jägern, die fragen, ob man denn nicht ge- Fachgruppe an Uwe Pilz übergeben hatte. erreichen. Meinen 150. visuell beobachte- hört hätte, wie sie eben geschossen haben, Ein drittes Kind, berufliche Verpflichtun- ten Kometen konnte ich im Juli 2019 feiern. neugierigen Passanten oder um ihre Sicher- gen und diverse Buchprojekte nahmen heit bedachten Personen. mich in Anspruch. Fazit Zurückblickend kann ich auf mehr als 30 Eine große Enttäuschung war, dass ich den 2014 war es dann aber vorbei mit dem Ent- ereignisreiche und bereichernde Jahre Ko- Großen Kometen C/2006 P1 (McNaught) zug und ich musste wieder unter den ge- metenbeobachtung zurückblicken. Und bei am Taghimmel nicht sehen konnte. Auch stirnten Himmel. 2015 konnte ich seit 1999 aller Routine: Kometen sind für mich im- eine hektische Jagd nach dunstfreiem Him- wieder einmal mehr als 100 Helligkeits- mer noch so spannend wie zu Beginn. Ich mel am Tag des Perihels mit dem Auto schätzungen in einem Jahr erreichen; aller- freue mich auf die nächsten 30 Jahre! durch den Westerwald und bis nach Bonn dings war ich aufgrund meines Standorts mit Sebastian Hönig endete nicht mit mei- auf hellere Kometen beschränkt. Selbst mit Vielleicht konnte ich mit diesem Rückblick ner ersten Taghimmelsichtung eines Ko- dem 250-mm-Dobson waren von zuhau- neue Beobachter für ein faszinierendes und meten. Zuviel Dunst. Dies steht also noch se nur 10 mag helle Kometen erreichbar. abwechslungsreiches Beobachtungsgebiet auf meiner ToDo-Liste. Auch die Horizontsicht war extrem einge- interessieren. Die Fachgruppe freut sich schränkt. Fahrten zur Beobachtung außer- immer über neue und aktive Mitglieder! 2010 – heute: Pause und Neustart halb waren selten. Seit Anfang 2019 woh- 2010 war dann bei mir die Luft heraus nen meine Familie und ich in einem leidlich und ich legte eine Beobachtungspause ein, dunklen Vorort, der es mir endlich wieder

Seit 60 Jahren gibt es das Fach Astronomie an allen Schulen in Sachsen-Anhalt 30 Jahre vor der Wende und 30 Jahre nach der Wende!

Die Astronomie ist die älteste Wissenschaft. künstlichen Satelliten „Sputnik I“ durch die Situation, um diese Forderung umzuset- Ihr Ursprung liegt im Dunkel der Vorge- Sowjetunion. Als den USA die bemannte zen. Wo es heutzutage in den Schulen nicht schichte der Menschheit. Sie entwickelte Landung auf dem Mond gelang, führte man nur um Wissensvermittlung, sondern um sich mit den praktischen Bedürfnissen der 1972 in der alten Bundesrepublik ebenfalls Kompetenzerwerb, fächerübergreifendes Gesellschaft. Zwei Beispiele sind typisch Astronomie ein, aber nur als Wahlfach in Lernen und Verstehen von Zusammenhän- dafür: der Kalender und die Orientierung den Klassenstufen 12 und 13 des Gymnasi- gen geht, erweist sich das Fach Astronomie in der Seefahrt. ums. Abgesehen von einigen ideologischen als denkbar günstiges Hilfsmittel bei der Hintergründen erwies sich die Einführung Umsetzung dieser Ansprüche. Die Mathe- Der große Zugang für die Allgemeinheit des regulären Astronomieunterrichts in matik, alle Naturwissenschaften, die Phi- war aber erst im 20. Jahrhundert gegeben. der DDR als bildungspolitischer Glücks- losophie sowie Kunst, Musik und Religion fall. Denn bereits im 19. Jahrhundert hat- fließen in die Astronomie ein. Diese Zu- Im Jahre 1959 hatte die DDR in ihrem ten Vertreter der bürgerlichen Pädagogik sammenhänge können aber nur in einem Schulsystem das Fach Astronomie für alle wie Diesterweg („Des Menschen Antlitz ist eigenständigen Unterrichtsfach und von Schüler*innen in der Klassenstufe 10 mit nicht zur Erde, sondern aufwärts gerichtet. dafür ausgebildeten Lehrkräften vermittelt einer Wochenstunde eingeführt. Sicher- … Die Wissenschaft, die sich mit dem Him- werden. Gerade für die junge Generation ist lich kam diese Erweiterung des natur- mel beschäftigt, ist die erhabendste im Rau- der große Anteil an Begriffen und Theorien wissenschaftlichen Unterrichts nicht von me.“) gefordert, die Astronomie als ordent- wie „Urknall“, „Schwarzes Loch“, „Antima- ungefähr, sondern wurde ausgelöst durch liches Schulfach einzuführen. Es bedurfte terie“, „außerirdisches Leben“ oder „Ufos“ den kurz zuvor erfolgten Start des ersten aber erst der besonderen weltpolitischen durch Science-Fiction-Themen zu einer

126 | Journal für Astronomie Nr. 73 Zum Nachdenken

Art Anreiz geworden. In unserem Bundes- Nach der Aufgabenstellung des Instituts das Ministerium für Volksbildung, ver- land, in Thüringen und in Mecklenburg- für Lehrmittel sollte jede polytechnische schiedene Probleme bei der Realisierung Vorpommern ist die Astronomie, man Oberschule der DDR mindestens mit ei- und die Endabnahme in Jena durch die möchte fast sagen „dem Himmel sei Dank“, nem Schulfernrohr ausgestattet sein. Bei staatliche Fachkommission. ein obligatorisches Schulfach geblieben. In der Konzeption des Fernrohrs wurde vor den übrigen Bundesländern wird durch die allem eine robuste Ausführung verlangt, Sehr viele Schulen unseres Landes besitzen Kulturhoheit dieses Fach, wenn überhaupt, die den Anforderungen der Dauernutzung auch noch heute beide Teleskope und nut- in Projekten, Einlagerungen in das Fach durch die Schüler*innen gerecht wird. zen diese für vielseitige Beobachtungen. Physik oder als Wahlfach angeboten. Diese Aufgabe wurde Ende der 60er-Jahre dem VEB Carl Zeiss Jena zugewiesen. Der Der ältesten und zugleich auch lebendigs- Zur Orientierung am Sternhimmel dien- Hauptanreiz für die Leitung der Erzeug- ten Wissenschaft der Menschheit sollte te im Unterricht als erstes Hilfsmittel nur nisgruppe Astronomische Geräte bestand man in ganz Deutschland das Recht einräu- die sehr gute und einfach zu handhabende darin, eine Schulfernrohr-Generation für men, ein Schuljahr lang zum Fächerkanon drehbare Schülersternkarte vom Verlag für Großserien zu entwickeln, mit geplanter aller Schulen zu gehören. Zumal sich die Lehrmittel Pössneck. Die wissenschaftliche Rationalisierung der Fertigung. Erfahrene Beobachtungsmöglichkeiten und der Ein- Bearbeitung und Gebrauchsanweisung er- Konstrukteure und Technologen, die sonst satz von Unterrichtsmitteln revolutioniert folgte durch Arnold Zenkert, den Verfasser an großen Teleskop-Projekten tätig waren, haben. Alles andere ist Aktionismus, der des Standardwerkes über Sonnenuhren schufen ein Schulfernrohr mit hohem Ge- dem eigentlichen Anliegen eines ausgereif- und Gründer des Urania-Planetariums brauchswert, das so einfach wie möglich ten Astronomieunterrichtes nicht einmal Potsdam. Mit der drehbaren Deckscheibe aufgebaut und bedient werden konnte: der ansatzweise gerecht wird. Ein systemati- aus Zelluloid ist das Aufsuchen von Sternen Telementor 63/840 war „geboren“. scher und praxisorientierter Astronomie- und Sternbildern zu bestimmten Zeiten ein unterricht, so wie in Sachsen-Anhalt, trifft „Kinderspiel“. Das Gerät ist ein einfaches, solides und bei der Mehrzahl der Schüler*innen auf mit einem hochwertigen Astroobjektiv großes Interesse. In der Astronomie ist ausschließlich die ausgestattetes Linsenfernrohr. Ein mitge- Beobachtung das Mittel zur Erkenntnisge- lieferter Sonnenprojektionsschirm gestat- Viele Astronomen glauben, dass wir „nicht winnung. Das Licht ist dabei der wichtigste tet zudem die gefahrlose Betrachtung der allein“ sind. Mit empfindlichen Radiotele- Informationsträger. Es war also eine ganz Sonnenscheibe. Der Telementor und seine skopen „horchen“ sie seit Langem auf jeg- normale Sache, dass man sich in den ers- Weiterentwicklung, der Telemator, sind in- liche Form reproduzierbarer Signale aus ten Jahren mit dem Selbstbau von kleinen zwischen zu einer Legende unter den Ama- dem All, die vielleicht beabsichtigt von Pla- Fernrohren behalf. Außerdem wurden von teurastronomen geworden. neten ferner Sonnen gesendet worden sein verschiedenen Firmen Fernrohrbausätze könnten. angeboten. Es dauerte etwa zwei Jahre, bis alle poly- technischen Oberschulen mit dem Schul- Das ist einer der Aspekte, der zu spannen- Das war aber alles nicht optimal, denn „Der fernrohr ausgestattet waren. Größere Schu- den Diskussionen führen kann, die weit neue Lehrplan für das Fach Astronomie“ len erhielten sogar mehrere Fernrohre. Nun über die gesteckten Ziele des Lehrplanwer- forderte: „Die Schüler sind zu befähigen, konnten die in der Astronomie unerlässli- kes hinausgehen. wichtige Erscheinungen am Himmel zu chen Beobachtungen mit geringem Auf- beobachten und sie mit Hilfe von Naturge- wand zur großen Freude der Schüler*innen Wilfried Lassak setzen erklären zu können. Der neue Lehr- durchgeführt werden. plan sieht deshalb die Durchführung von [email protected] obligatorischen Beobachtungen sowie ein- Vor einigen Jahren besuchten Mitglieder fache Messungen mit Schülern vor. Es wird der Arbeitsgemeinschaft „Astronomie und hauptsächlich auf solche Objekte orientiert, Raumfahrt“ Quedlinburg den in Jena le- an denen Beobachtungen nach klar formu- benden „Industrie-Astronomen“ Hans G. lierten Aufgaben durchgeführt und unter- Beck, der maßgeblich an der Entwicklung richtliche Erkenntnisse vertieft oder über- des Schulfernrohrs beteiligt war. Er berich- prüft werden können.“ tete uns über die Aufgabenstellung durch

Journal für Astronomie Nr. 73 | 127 Sonne

Die Sonnetagung 2019 in Jena von Michael Delfs

Die diesjährige Sonnetagung fand auf Ein- ladung von Herrn Prof. Dr. Ralph Neuhäu- ser (Astrophysikalisches Institut und Uni- versitäts-Sternwarte Jena) vom 5. bis 7. Juli 2019 in den Räumlichkeiten der Universität Jena statt.

Schon der erste Vortrag am Freitagabend über die Geschichte der Universitäts-Stern- warte Jena (Abb. 1) von Dr. Reinhard Schie- licke (Uni Jena) im altehrwürdigen Insti- tutsgebäude am Schillergässchen neben 1 Der Tagungsort: die Universitäts-Sternwarte Jena Schillers Gartenhaus und Garten brachte uns in doppeltem Sinn der Geschichte nä- her. Im Anschluss an den Vortrag führte uns Herr Professor Dr. Neuhäuser auf das Dach mit einem herrlichen Ausblick auf Jena (Abb. 2) und zeigte uns in der großen Kuppel die beiden alten Fernrohre, einen 25-cm-Cassegrain und einen 20-cm-Re- fraktor von Zeiss Jena auf einer originalen Zeiss-Montierung. An allem hatte der Zahn der Zeit schon deutlich genagt, Mittel für eine Restaurierung aber sind wahrschein- lich – wie so oft – knapp. Nach der inter- essanten Führung gingen wir in das altein- gesessene Gasthaus „Roter Adler“, um den 2 Besichtigung der Uni-Sternwarte, ganz links Prof. Dr. Ralph Neuhäuser Tag ausklingen zu lassen.

Am Samstagvormittag dann eröffnete An- nimum“ von Prof. Dr. Ralph Neuhäuser (Uni Am frühen Abend wurde im Garten des Ins- dreas Zunker (Bretten) das Vortragspro- Jena) und der „Rekonstruktion der Sonnen- titutsgebäudes gegrillt, danach begaben wir gramm in einem anderen Hörsaal am Schil- aktivität im Dalton-Minimum“ von BSc Mi- uns in die angrenzende Gartengaststätte, lergässchen. Es begann mit Heinz Hilbrecht chael Geymeier (Uni Jena). Damit war der die das Kuppelgebäude der Volkssternwarte (Laufenburg) und den Themen „Die photo- Vortragsteil beendet. Urania Jena fast umschließt. Dort fand auch sphärische Supergranulation fotografieren“ die SONNE-Redaktionssitzung statt. und anschließend „ Polarlichter auf dem Vor dem Grillabend im Garten der Stern- Mond beobachten“, setzte sich mit Oliver warte besuchten wir dann noch die angren- Am Sonntagvormittag referierten noch Smie (Dresden) und „Protuberanzen im zende Volkssternwarte Urania Jena bei sehr Steffen Fritsche (Köditz), Martin Hörenz Hb-Licht“ fort, um den ersten Vortragsblock wolkigem Himmel und konnten das für (Schulzendorf) und Andreas Bulling (Ep- mit „Die DARGESO (Deutsche Arbeitsge- Sonnenbeobachtungen geradezu perfekte pelheim) zu dem Thema „Was Wolf’sche meinschaft für Sonnenbeobachtung) und Teleskop, einen Zeiss-Coudé-Refraktor mit Relativzahlen, A-Netz-Zahlen und Ha- ihre Geschichte“ von Michael Delfs (Berlin) einer Objektivöffnung von 150 mm und ei- Relativzahlen miteinander zu tun haben“. zu beschließen. Nach einer Mittagspause an ner Brennweite von 2.250 mm bewundern, Hierbei zeigte Andreas Bulling aus den den Gartentischen einer Pizzeria ging es am an dem gerade ein Ha-Filter mit Fotoka- Zahlen des SONNE-Netzes, dass es offen- Nachmittag weiter mit der „Rekonstruktion mera montiert war. bar eine Trendwende der Sonnenaktivität der Sonnenflecken vor und im Maunder-Mi- zum nächsten (25.) Zyklus gegeben hat.

128 | Journal für Astronomie Nr. 73 Sonne

3 Grillabend auf dem Gelände der Universitäts-Sternwarte Jena

Die Tagung endete mittags und wir besuch- ten ein weiteres Mal den „Roten Adler“, um ein kleines Mittagessen einzunehmen. Dann verabschiedeten wir uns voneinander, wobei einige Teilnehmer noch die Besich- tigung der Universitätssternwarte Groß- schwabhausen nahe Jena mit ihrem 90-cm- Spiegelteleskop wahrnahmen.

Die Fachgruppe Sonne bedankt sich ganz Bitte vormerken: herzlich bei Prof. Dr. Neuhäuser und sei- Die 43. Sonnetagung wird am 11. und 12.07.2020 im nem Team für die Ausrichtung dieser gelun- Museum am Schölerberg in Osnabrück stattfinden. genen Tagung! Infos und Anmeldung unter: www.sonnetagung.de.

Weblinks (geprüft am 11.12.2019): [1] Astrophysikalisches Institut und Universitäts-Sternwarte Jena: www.astro.uni-jena.de/index.php/aiu-history.html [2] R. E. Schielicke: „Geschichte der Astronomie in Jena“, www.astro.uni-jena.de/%7Eschie/UStw-Geschichte.html [3] Volkssternwarte Urania Jena: www.urania-sternwarte.de

Sonnenaktivität Auf dem Weg zum Minimum (Teil 3) von Andreas Bulling

Nach der fleckenarmen „Durststrecke“ der letzten vier Monate zeichnet sich zumindest Klarheit darüber ab, dass das Minimum des 25. Fleckenzyklus nicht schon zum Jahres- wechsel 2018 / 2019 eingetreten ist.

Selbst wenn alle Monatsmittel im kommen- den halben Jahr bei Re = 7 lägen, würden die P17-Mittel bis Mitte 2019 unter den bis- her niedrigsten Wert vom Dezember 2018 sinken (orangefarbene Linien). 1 Verlauf der Monatsmittel und P17-Mittel der Wolfschen Relativzahl des SONNE- Netzes seit 2018 (definitive und provisorische Werte) Wird Re = 4 als mittlerer Wert aus den letz- ten Monaten angesetzt (grüne Linien), er- gibt sich für die Jahresmitte 2019 eine deut- Ein solcher Fall trat selbst beim letzten sehr Rekord von 21 fleckenfreien Monaten zwi- liche Abwärtstendenz (Abb. 1). niedrigen Minimum nicht auf. In der Zah- schen Oktober 1809 und Juni 1811 werden lenreihe des SIDC (alte Version) kam dies wir hoffentlich nicht brechen, sonst wird es Die vier aufeinander folgenden Monatsmit- zuletzt zwischen März und Juni 1913 vor, für passionierte Fleckenzähler für sehr lan- tel mit Re < 1,0 zwischen Juni und Septem- in der korrigierten „Version 2.0“ noch frü- ge Zeit sehr wenig zu tun geben ... ber 2019 sind in der Tat außergewöhnlich. her, von August bis November 1823. Den

Journal für Astronomie Nr. 73 | 129 Sternbedeckungen

Die Fachgruppe Sternbedeckungen +++aktuell +++ von Eberhard H. R. Bredner

Nur wenn viele Bedingungen erfüllt sind, kann die Beobachtung einer Bedeckung zu dem erhofften Erfolg führen. Das wissen wir alle von der Beobachtung einer Mond- oder Sonnenfinsternis. Wenn es heute nicht geht, dann versuchen wir es eben morgen noch einmal – leider hier unmöglich.

Das Projekt BAST (Beobachtung aktueller Sternbedeckungen) hat unter den VdS-Mit- gliedern leider nicht die erhoffte Resonanz gefunden, es wird aber auch weiterhin In- formationen zu totalen Bedeckungen ge- ben.

Regelmäßige Leser werden den Beitrag von Dr. Eberhard Riedel zu streifenden Stern- bedeckungen in dieser Ausgabe vermissen. Nach seinen Kriterien (Sternhelligkeit bei mittlerer Größe des Fernrohres) gibt es keine empfehlenswerten Beobachtungser- eignisse in diesem Quartal. ABER für gut geübte Amateure mit einer etwas komfor- tableren Ausstattung gibt es am 25 und 26. Mai Gelegenheiten zur Beobachtung (Abb. 1. und Tab. 1).

Wir planen dazu eine gemeinsame Be- obachtung. Interessenten melden sich bit- te per E-Mail. Sie erhalten ausführliches Informationsmaterial. Was Sie erwarten können, schildern Wolfgang Dzieran und Hubert Hermelingmeier in ihrem Beitrag in dieser Ausgabe des VdS-Journals für Astro­nomie. 1 Die beiden Bedeckungsereignis-Linien am 25. und 26. Mai 2020

Lassen Sie sich verzaubern ...

2 Daten zu den beiden Bedeckungsereignissen am 25. und 26. Mai 2020

130 | Journal für Astronomie Nr. 73 Sternbedeckungen

Beobachtung einer streifenden Sternbedeckung in unserer Astrogruppe „Beobachtertreff OWL“ von Wolfgang Dzieran und Hubert Hermelingmeier

Die Beobachtung von streifenden Stern- bedeckungen stand schon lange auf unse- rem Beobachtungsplan, leider bedeutete das bisher aber meist längere Fahrten, und es ging nur in arbeitsfreien Zeiten. Umso erfreuter waren wir, als wir im VdS-Jour- nal für Astronomie [1] die Karte mit den Bedeckungslinien für das 3. Quartal 2019 sahen. Gleich drei streifende Bedeckungen in Ostwestfalen waren verzeichnet. Die Be- deckungen am 27.08. und 20.09. waren in den frühen Morgenstunden zu beobachten. Ohne zu zögern, schrieben wir eine E-Mail an Dr. Eberhard Riedel, den Autor des Jour- nal-Beitrages, um mögliche Standortkoor- dinaten zu bekommen. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten, und so war klar, dass die Bedeckung am 27.08. für einen der Autoren auf dem Weg zur Arbeit erreichbar 1 Tangentiale Begegnung zwischen Stern und Mond war. Da wir in der Astrogruppe Beobach- tertreff OWL sind, bereiteten wir die Beob- achtungsdaten aller Bedeckungen für OWL jeweils oberste bzw. unterste Rand des Früher waren solche Beobachtungen wich- auf unserer Webseite [2] auf, in der Hoff- scheinbaren Mondschattens beschreibt. tig, um das Profil des Mondrands genau zu nung, dass sich weitere Sternfreunde der Je nach Standort auf oder in der Nähe die- berechnen. Heute ist zur Berechnung des Beobachtung anschlossen. In der Whats­ ser Grenzlinie beobachtet man ein unter- Mondprofils die Beobachtung von Ama- App-Gruppe meldeten sich bald weitere schiedliches Relief des Mondschattens. teurastronomen nicht mehr notwendig. interessierte Sternfreunde. Aus den Kontaktzeiten mehrerer Beobach- Den Mond umkreisende Satelliten sind ter lässt sich das vom Stern auf die Erde einfach viel näher dran und erledigen sol- Da wir noch keine streifende Sternbede- projizierte Mondprofil rekonstruieren ...“ che Aufgaben professionell. ckung beobachtet hatten, gab es noch vie- le Fragen, die wir per Mail von Dr. Riedel Auf den ersten Blick erscheint der Mond am Aber ist das nicht alles nur Theorie? Wie freundlicherweise beantwortet bekamen. Rand immer glatt rund. Weil der Mond aber sieht das denn tatsächlich in der Realität Auf der Webseite der Vereinigung der auch an seinem Rand (= Horizont) Berge, aus? So eine Beobachtung soll ja besonders Sternfreunde Deutschlands [3] findet man Täler und Kraterformationen besitzt, also spannend sein. Wie oft verschwindet der folgende Definition einer „Streifenden eben doch nicht gleichförmig ist, kann es Stern denn in der Praxis am Mondrand? Sternbedeckung“: passieren, dass bei einer „streifenden Bede- Einmal, zweimal, mehrfach? Oder viel- „Streifende Sternbedeckungen sind ein ckung“ ein Stern mal durch einen Berg oder leicht gar nicht? – Nun, es kommt dabei Sonderfall der Sternbedeckungen durch Kraterrand verdeckt wird und dann nicht schon sehr genau auf den Standort des Be- den Mond. Während bei einer totalen Be- zu sehen ist, und dann plötzlich in einem obachters an. Bezogen auf einen bestimm- deckung der Stern nur einmal an der voran Tal zwischen zwei Erhebungen wieder auf- ten Standort wird eine solche Beobachtung laufenden Seite des Mondes verschwin- taucht, dann wieder verschwindet usw. Für schon 100 Meter weiter nördlich oder süd- det und auf der gegenüberliegenden Seite die visuelle Beobachtung von der Erde aus lich ganz anders ausfallen. wieder auftaucht, geschehen solche Be- gibt es eine hervorragende Software zur deckungsphänomene in den Polregionen Vorhersage solcher Bedeckungsereignisse: Bei der Bedeckung am 27.08. ging es vor- des Mondes gleich mehrfach. Hierzu muss GRAZREP [4]. rangig darum, erste Erfahrungen für die Be- man die Linien auf der Erde kennen, die der obachtung am 20.09. zu sammeln. Diese Be-

Journal für Astronomie Nr. 73 | 131 Sternbedeckungen

2 Die Beobachtungsgruppe am Feldweg östlich von Paderborn

zum Glück war auch diesmal bei uns der Himmel klar. Mit mehreren Sternfreunden gemeinsam trafen wir uns bei Paderborn direkt auf der „Zentrallinie“ dieser Bede- ckung (Abb. 2)

deckung konnten wir um 04:24 Uhr MESZ bei klarem Himmel von Gütersloh aus gut verfolgen. Der Stern SAO 79216 war mit 7,0 mag am Südpol der schmalen Mondsichel gut zu erkennen. Der Stern blinkte mehr- fach in unregelmäßigen Abständen hinter den Mondbergen auf. Es erforderte zwar ein wenig Konzentration, den Stern visuell zu verfolgen, wie er am Mondrand entlang- streicht. Aber es war ein schöner Anblick! 3 Der Münchener In Gütersloh haben wir versucht, die Be- Hobbyastronom deckungszeiten „von Hand“ zu messen. B. Gährken mir seinen Mit einem Löffel wurde jeweils beim Ver- Beobachtungsgerät schwinden oder Erscheinen des Sterns auf einen Campingtisch geklopft. Dieses Ge- räusch wurde mit einer Smartphonekamera aufgezeichnet, die zeitgleich eine auf einem eine vollständige Bedeckung von wenigen Es ist nicht ganz einfach, eine solche Be- 2. Smartphone schnell laufende Uhr (App Minuten zu sehen. (Eine Aufnahme kurz obachtung zu dokumentieren. Die Wahr- „AtomUhr“) abfilmte. Einer der Verfasser, vor der dortigen Bedeckung zeigt schön, scheinlichkeit eines Beobachtungserfolges der so früh nicht mit dem Auto zur Zentral- wie der Stern „tangential“ am Mondrand ist höher, wenn sie am unbeleuchteten linie fahren wollte, hat die Bedeckung von entlangzieht (Abb. 1). Mondrand stattfindet. In einem Spektiv (90 seinem Garten aus versucht zu verfolgen. mm Öffnung) zum Beispiel war das Stern- Doch ca. 30 Kilometer südlich der Zentral- Ein weiteres Ereignis gab es am 20. Sep- chen am 20. September mit bloßem Auge linie gab es keine streifende, sondern „nur“ tember kurz nach 6 Uhr in der Frühe – und kaum zu erkennen, der helle Mond über-

4 Links: Der Stern ist ein kleiner lichtschwacher Punkt, dicht an der Schattengrenze des Mondes. Mitte: Der Stern ist hinter einem Mondberg verschwunden. Rechts: Der Stern ist wieder da.

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5 Einer der Verfasser verfolgt die Bedeckung mit seinem 6 Austausch der Daten vor dem gemeinsamen Frühstück Selbstbau-Reiseteleskop

strahlte fast alles. Das macht auch das Foto- Und von uns noch einmal einen ganz Diese erfolgreiche Beobachtung beendeten grafieren nicht einfach. herzlichen Dank an all die anderen Mit- wir mit einem gemeinsamen Frühstück, bei beobachter aus Bayern, aus Bielefeld, Del- dem wir die Beobachtungsdaten austausch- Viel besser hat es jedoch unser Sternfreund brück und Leopoldshöhe. Es war wirklich ten und uns noch viel über unser schönes Rainer Kleibrink gemacht. Er konnte das eine schöne, spannende Aktion! Und vielen Hobby unterhielten. gesamte Ereignis sogar per Video aufzeich- Dank an die Freunde des „Beobachtertreff nen [5]. Versuchen Sie einmal, auf dem OWL“, die rechtzeitig auf das Ereignis auf- laufenden Video zu zählen, wie häufig der merksam machten! Stern verschwindet und wiederauftaucht. Verschiedene Fotos von der Bedeckung und Zur Beobachtung am 20.09. war auch weitere Hintergrundinformationen gibt es Bernd Gährken (Abb. 3) aus Bayern zu in dem Astroblog eines der Verfasser [8]. uns gestoßen. Er hat seine Beobachtungs- technik so weit professionalisiert, dass er in eine Videoaufnahme der Bedeckung automatisch das exakte Zeitsignal eines Literaturhinweise und Weblinks (Stand 30.09.2019): GPS-Empfängers einblenden kann. In der Auswertung seiner Daten wurde deutlich, [1] E. Riedel, 2019: „Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im dass es zwischen der praktischen Beob- 3. Quartal 2019“, VdS-Journal für Astronomie 70, S. 139 achtung und der theoretischen Vorhersage [2] Webseite Beobachtertreff-OWL, mit Standortinformationen etc.: des Mondprofils wohl doch kleine Abwei- www.astronomie-owl.de chungen gibt. Und das vielleicht sogar die [3] Vereinigung der Sternfreunde e.V., Homepage: www.vds-astro.de Doppelsternstruktur des streifenden Ster- [4] GRAZPREP, Download-Seite: www.grazprep.com nes eine Rolle gespielt haben könnte. Mehr [5] R. Kleibrink, 2019: „Video zur streifenden Sternbedeckung am Informationen dazu auf der Webseite von 20.09.2019“, http://astronomie-owl.mozello.com/neues/ Bernd Gährken [6]. beobachtungshinweise/

Wer mehr über „streifende Sternbedeckun- [6] B. Gährken, 2019: Homepage, „Streifende Sternbedeckung durch gen“ erfahren will, dem seien die Seiten den Mond am 20.0.2019“, www.astrode.de/9graze20j19a.htm der entsprechenden Fachgruppe der Ver- [7] IOTA/ES, Homepage: www.iota-es.de einigung der Sternfreunde Deutschlands [8] W. Dzieran, 2019: Blog zur streifenden Sternbedeckung am 20.9.2019, empfohlen oder gleich die Seiten einer ent- http://astroblog-lippspringe.blogspot.com/2019/09/20-september- sprechenden weltweiten Spezialistenorga- streifende-sternbedeckung.html?m=1 nisation IOTA/ES [7].

Journal für Astronomie Nr. 73 | 133 Veränderliche

Zwei unterschiedliche Nova-Aktivitäten 2019 – Helligkeitseinbruch der Nova Aql 1918 (V603 Aql) und Ausbruch der Zwergnova TCP J21040470+4631129 von Klaus Wenzel

Zwei veränderliche Sterne erregten 2019 bruch der Dunkelheit erspähten. Alle mel- meine besondere Aufmerksamkeit. Zum deten eine Helligkeit vergleichbar mit Atair. einen ein alter Bekannter, V603 Aql, eine Neben diesen Beobachtern wurde der auf- historische Nova von 1918, die einen selt- fallende „Neue Stern“ auch zeitgleich in vie- samen Helligkeitseinbruch zeigte. Zum len Schützengräben des Ersten Weltkrieges, anderen TCP J21040470+4631129, eine der ja noch in Europa tobte, gesehen, wo in Zwergnova vom Typ WZ Sge, bei der 2019 zahlreichen Feldpostbriefen über diese Er- erstmals ein Ausbruch beobachtet wurde, scheinung berichtet wurde. mit immerhin einer Maximalhelligkeit von über 9 mag. Das Maximum mit einer Helligkeit um et- wa -1 mag wurde bereits in der folgenden Seltsames Minimum von V603 Aql Nacht erreicht. Manche Quellen sprechen (Nova Aql 1918) hier sogar von einer Maximalhelligkeit Seit April 2010 steht die alte Nova V603 Aql von -1,4 mag. Damit war die Helligkeit von (Nova Aql 1918) auf meinem regelmäßi- Nova Aquilae 3 1918 – so die vorläufige Be- gen, vornehmlich visuellen Beobachtungs- zeichnung – auf jeden Fall deutlich heller als programm. Bisher verliefen die Beobach- Wega, wie viele der damaligen Beobachter tungen eher unspektakulär, die Helligkeit bestätigten. Die Nova wurde zunächst als schwankte etwa in den Bereichen um 11,5 „blendend weiß“, später als „gelbrot“ und 1 V603 Aql (Nova Aql 1918) am 28.02.2019 und 11,9 mag. Am 24. Februar 2019, der schließlich als „stark rot“ beschrieben. Ähn- um 4:24 Uhr UT mit einer Helligkeit von ersten visuellen Beobachtung (mit dem liche Farbphänomene konnten wir sehr gut 12,5 mag, CCD-Aufnahme am 8,3-Zoll-New- 12,5-Zoll-Newton) der neuen Saison, fiel zuletzt bei der etwa 4 mag hellen Nova Del- ton (f/3,9), 4 x 15 s, Canon EOS 1300, Bildfeld mir sofort auf, dass die Nova deutlich licht- phini 2013 (V339 Del) beobachten. ca. 45’ x 35’, Norden ist oben. schwächer als gewohnt erschien. Eine un- mittelbar daraufhin durchgeführte CCD- Die letzte Aufnahme vor dem Ausbruch ge- Beobachtung (mit dem 8,3-Zoll-Newton) lang übrigens Max Wolf am 5. Juni 1918, als geschätzt. Bis etwa 1922 lag die Helligkeit bestätigte den Befund: V603 Aql war mit er zufällig die Sternfelder in dieser Region noch über der zehnten Größe. Die Hellig- 12,5 mag etwa eine Größenklasse schwä- in der Bergsternwarte auf dem Königsstuhl keit ging dann langsam immer weiter zu- cher als sonst (Abb. 1). mit seinem „Uranographen“ (31 mm, f/4,7) rück und liegt heute, wie bereits erwähnt, fotografierte. Die Entwicklung dieses Aus- bei etwa 11,5-12 mag (Abb. 2). Rückblick bruchs wurde von Max Wolf und seinen Am 8. Juni 1918 wurde von verschiedenen Kollegen in Heidelberg mit den Instru- Bei der Nova Aql 1918 (V603 Aql) handelte Beobachtern weltweit eine sehr helle No- menten der Königstuhlsternwarte gut do- es sich um eine so genannte „schnelle No- va im Sternbild Adler entdeckt. Die Nova kumentiert. Die meisten Aufnahmen sind va vom Typ Na“. Bei diesem Typ fällt nach Aquilae 1918 war in dieser Nacht bereits heute im Internet frei verfügbar und kön- einem schnellen Helligkeitsanstieg die Hel- als Stern erster Größe sichtbar und in etwa nen dort eingesehen werden [1, 2]. ligkeit innerhalb von 100 Tagen um min- vergleichbar mit Atair (Alpha Aquilae). Zu destens 3 mag ab. den ersten Beobachtern dieser Nova zählte Bis Ende Juni 1918 fiel dann die Helligkeit bis unter anderem auch Eduard Emerson Bar- auf etwa 4 mag ab und bis Ende August um Helligkeitseinbruch 2019 nard. Vor den Amerikanern wurde die bril- eine weitere Größenklasse, wobei bei dieser Seit 2010 beobachte ich V603 Aql regel- lante, helle Nova jedoch bereits in Europa Phase größere Helligkeitsschwankungen bis mäßig, meist visuell mit dem 12,5-Zoll- gesehen. Unter anderem in Babelsberg von zu einer Größenklasse beobachtet wurden. Newton meiner Dachsternwarte. Seit 2016 Prof. Leopold Corvoisier oder in Ilmen- Bis Ende des Jahres wurde die Lichtkurve wird die alte Nova auch gelegentlich mit der au von F. Schwab, um nur einige der zahl- immer flacher und bis Mitte 1919, also etwa CCD-Kamera am 6- oder 8,3-Zoll-New- reichen Beobachter zu nennen, die sie alle ein Jahr nach dem Ausbruch, wurde die No- ton beobachtet (Abb. 1). Die bei diesen mehr oder weniger gleichzeitig nach Ein- va Aql 1918 immer noch auf etwa 6,5 mag Beobachtungen registrierten Helligkeits-

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2 Historische Lichtkurve der Nova 1918 Aql (V603 Aql) von 1900-2019, basierend auf verschiedenen historischen Quellen (u.a. LSW Heidelberg) und ab 2010 auf eigenen Beobachtungen. Mit einer Maximalhelligkeit von über -1 mag dürfte sie die bisher hellste, jemals beobachtete Nova gewesen sein.

3 Gesamtlichtkurve (visuell, CV, V) seit meiner regelmäßigen Überwachung von V603 Aql, deutlich ist der Helligkeitseinbruch mit langsamer Rückkehr zur Normalhelligkeit in der Saison 2019. schwankungen bewegten sich in der Regel, Zwergnovaausbruch in Cygnus – 109 pc ermittelt. Bisher wurde noch kein wie aus der Lichtkurve (Abb. 3) ersichtlich, TCP J21040470+4631129 früherer Ausbruch dieser Zwergnova regis- zwischen 11,5 und 12 mag. Im Februar Am 12. Juli 2019 entdeckte der Japaner Hi- triert. Auch im Heidelberger Plattenarchiv, 2019 konnte ich dann die Nova völlig über- deo Nishimura ein etwa 9 mag helles Ob- das viele Aufnahmen über den Zeitraum raschend deutlich lichtschwächer beobach- jekt im Schwan, das zunächst die falsche von 1890-1907 und von 1957-1958 abdeckt, ten. Dieser Helligkeitseinbruch muss wohl Bezeichnung PSN J21040470+4631129 er- findet sich kein historischer Ausbruch die- während der Unbeobachtbarkeit der Nova hielt. PSN steht für Possible Supernova. Tat- ser Zwergnova. Aufgrund der großen Maxi- am Taghimmel stattgefunden haben. Wäh- sächlich handelt es sich jedoch hierbei um malhelligkeit könnte man hier vielleicht im rend der kommenden Monate erholte sich eine Zwergnova. Das PSN in der Koordi- Sonneberger- oder Harvard-Archiv fündig die Helligkeit dann langsam wieder, wobei natenbezeichnung wurde demnach durch werden. Ausbrüche von WZ-Sge-Sternen hier auch ständig kurzzeitige Schwankun- ein TCP (Transient Confirmation Page) er- sind relativ selten. Die Ausbruchsintervalle gen beobachtet werden konnten. Zum setzt. Mit einer Maximalhelligkeit von über können bei diesen Sternen teilweise mehre- Schluss der Beobachtungssaison Ende Sep- 9 mag liegt diese neue Zwergnova im Be- re Jahrzehnte betragen. tember überschritt V603 Aql wieder die 12. reich von U Gem, SS Cyg oder V455 And. Größe. Ob es sich hierbei um ein kurzfristi- Der Ausbruch 2019 ges Ereignis handelte oder ob die Helligkeit Als Ursprung von TCP J21040470+4631129 Bereits am 13. Juli, also einen Tag nach der erneut einbricht, müssen weitere Beobach- wurde der nur etwa 18 mag helle Stern US- Entdeckung durch Nishimura, gelang mir tungen in den nächsten Jahren zeigen. Trotz NO-A2.01350-13375367 identifiziert. Die die erste Beobachtung sowohl visuell (8,8 einer Alert-Meldung von Taichi Kato im Helligkeitsamplitude dieser Zwergnova mag) als auch mit der CCD-Kamera (8,75 VSNET wurde dieser Helligkeitseinbruch vom Typ UGWZ betrug demnach etwas mag, Abb. 4). TCP J21040470+4631129 relativ wenig beachtet. mehr als 9 Größenklassen. Aufgrund der dürfte sich zu diesem Zeitpunkt wohl im Parallaxe wurde eine Entfernung von etwa Maximum befunden haben. Die Helligkeit

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dann einen weiteren größeren Ausbruch (3. Echoausbruch) mit einer Maximalhel- ligkeit von 11,3 mag. Dieser größte Echo- ausbruch dauerte bis zum 4. September, da lag die Helligkeit wieder bei 14,4 mag. Einen 4. kurzen Ausbruch konnte ich dann am 15. September mit 12 mag beobachten. Dann setzte ein langsamer kontinuierlicher Rückgang der Helligkeit ein (Abb. 5 und 6). 4 CCD-Aufnahme von TCP J21040470+ 5 CCD-Aufnahme von TCP J21040470+ Am 18. Oktober 2019 lag die Helligkeit nur 4631129 vom 13.07.2019 um 21:58 Uhr UT, 4631129 vom 21.09.2019 um 18:54 Uhr UT. noch bei 15,1 mag. Der Ausbruch ist ver- also etwa 24 Std. nach der Entdeckung von Die Helligkeit liegt nun zum Ende des Aus- mutlich beendet. Doch vor Überraschun- Nishimura. Die Nova befindet sich mit 8,75 bruchs bei 14,5 mag. Man beachte die deut- gen ist man bei WZ-Sge-Sternen nie sicher, mag in der Maximalhelligkeit. CCD-Auf- lich tiefere Grenzgröße des Newtons. deshalb werde ich meine Beobachtungen nahme am 5-Zoll-Maksutov (f/12), 8 x 45 s, CCD-Aufnahme am 8,3-Zoll-Newton (f/3,9), in dieser Saison zunächst noch weiterfüh- Canon EOS 1300 6 x 45 s, Canon EOS 1300 ren, solange das Sternbild Cygnus für mich noch von meiner Sternwarte erreichbar ist. fiel dann bis zum 3. August auf 11,9 mag oft genannt werden, können vor allem bei ab. Bis zum 7. August ging die Helligkeit WZ-Sge-Sternen häufig beobachtet wer- Literaturhinweise: abrupt auf 13,8 mag (rapid fading phase) den. Bis zum 10. August fiel die Helligkeit [1] K. Wenzel, K. Birkle, 2010: „Astrono- zurück. Am Folgetag beobachtete ich die schon wieder auf 13,8 mag. Am 14. August mische Schätze heben“, Sterne und Zwergnova schon wieder mit 11,3 mag (1. erfolgte dann ein weiterer kurzer Anstieg Weltraum 3/2010, S. 68 Echoausbruch). Echoausbrüche sind weite- (2. Echoausbruch), der allerdings von mir [2] K. Wenzel, 2014: „Drei ‚Neue Sterne’ re kleinere Ausbrüche nach dem Hauptaus- nur in der Endphase erfasst werden konnte. am Abendhimmel“, Sterne und Welt- bruch. Solche Rebrightenings, wie sie auch Um den 27. August herum beobachtete ich raum 10/2014, S. 72

6 Die Gesamtlichtkurve (Vis, CV, V) meiner Beobachtungen der Zwergnova TCP J21040470+4631129 vom 13.07.-18.10.2019 mit verschiedenen Instrumenten meiner Dachsternwarte. Die Echoausbrüche 1, 3 und 4 sind deutlich erkennbar. Der 2. Echoausbruch konnte nur in der Schlussphase mit 13,1 mag beobachtet werden.

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Beobachtungskampagne VV Cep ist beendet von Frank Walter

In mehreren Ausgaben des VdS-Jour- vorliegen (Abb. 1). nals für Astronomie wurde über den Be- Die Abbildung 2 zeigt vergrößert die ge- Es ist wohl zu früh, anhand solcher Überle- deckungsveränderlichen VV Cep mit der glätteten Verläufe der Messpunkte in den gungen Genaues zur Modellierung des Be- zweitlängsten bekannten Periode berichtet einzelnen Farbbereichen. Besonders an der deckungssystems zu sagen. Insbesondere [1, 2]. Die bekannten Daten des Sternsys- unteren Kurve für den Bereich U lässt sich die Struktur und die Lage der Akkretions- tems werden deshalb hier nicht wiederholt. der Beginn und das Ende der Bedeckung (1. scheibe sind damit allein nicht zu klären. Wir berichten zusammenfassend über die und 4. Kontakt) gut ablesen. Es ergeben sich Dazu müssen spektroskopische Untersu- Auswertungen der fotometrischen Ergeb- im Vergleich mit den Daten der Vorhersage chungen vom Verlauf der Bedeckung be- nisse, die viele Beobachter der BAV in den die Werte in der Tabelle 1. rücksichtigt werden. Unsere Mitglieder Jahren 2017-2019 zusammengetragen ha- Ernst Pollmann und Wolfgang Vollmann, ben. Berücksichtigt man die lange Periode (20,4 die an der spektroskopischen Verfolgung Jahre), so zeigt der Vergleich dieser Daten, maßgeblich beteiligt waren, haben in ihren Dem bereits 2015 erfolgten Aufruf [3] zur dass die Vorhersagen aufgrund der Ele- Arbeiten darauf hingewiesen [4, 5]. Verfolgung der Helligkeit in mehreren mente sehr gut mit den Ergebnissen der ak- Farbbereichen sind in Deutschland und tuellen Bedeckung übereinstimmen. Die Fülle und Genauigkeit der bei der BAV Österreich 22 Beobachter gefolgt. Sie haben eingegangenen Ergebnisse waren möglich allein in der Zeit der Bedeckung vom Janu- Auffallend sind in den Farbbereichen R, G, B durch die verbesserten Techniken, die in ar 2017 bis zum Oktober 2019 mit Hilfe von die Helligkeitsschwankungen während der den letzten Jahrzehnten den Amateuren zur CCD- bzw. DSLR-Kameras sowie durch vi- Bedeckung. Sie lassen darauf schließen, dass Verfügung stehen (CCD-Kameras, DSLR- suelle Beobachtungen mehr als 5.000 Mes- der bedeckende Stern (ein roter Überriese) Kameras, Software zur Fotometrie usw.). sungen/Schätzungen erfasst, so dass über selbst veränderlich ist. Er scheint mit einer Trotzdem sind auch die Untersuchungen diesen Zeitraum sehr dichte und lückenlose Periode von ca. 146 Tagen zu pulsieren. mit einfachen Mitteln sehr willkommen. Lichtkurven für die Farbbereiche R, G, B, U Gerade Anfänger, die ihr Betätigungsfeld

1 BAV-Gemeinschaftslichtkurve von VV Cep vom 01.01.2017 bis 07.10.2019

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noch suchen, können durch visuelle Beobachtungen (meist genügt ein Feldstecher) einen wichtigen Beitrag in der Arbeitsgemein- schaft leisten. Deshalb hatte die BAV auch visuelle Beobachter zur Teilnahme an der VV-Cep-Kampagne aufgerufen. Ihre Ergebnis- se müssen den Vergleich mit den fotometrisch gewonnenen nicht scheuen (Abb. 3).

Literaturhinweise: [1] D. Bannuscher, 2017: „Spektakulär: Die Beobachtung von VV Cephei 2017-2019“, VdS-Journal für Astronomie 62, S. 87 [2] F. Walter, 2018: „VV Cephei - Beobachtungskampagne einer seltenen Bedeckung“, VdS-Journal für Astronomie 65, S. 118 [3] F. Walter, 2015: „Ein Projekt für mehrere Jahre: Beobach- tungskampagne VV Cep“, BAV Rundbrief 4/2015, S. 233 [4] E. Pollmann, W. Vollmann, P. D. Bennett, 2017: „A Time Se- ries of BV photometry and H{alpha} Emission Fluxes of the Eclipsing Binary VV Cep“, IBVS 6198 [5] E. Pollmann, P. Bennett, W. Vollmann, P. Somogyi, 2018: „Stand der ARAS-BAV Beobachtungskampagne am Be- deckungs-Doppelsternsystem VV Cephei, 1. Periodische Variation der Hα-Emission“, BAV-Rundbrief 2/2018

Tabelle 1

Vergleich zwischen gemessenen und vorhergesagten Kontaktdaten des Systems VV Cep

gemessen vorhergesagt 2 Geglättete Gemeinschaftslichtkurven in Form von je 5 gemit- 1. Kontakt JD = 2457955; 20.07.2017 JD = 2457970; 04.08.2017 telten Messpunkten v.o.n.u. in den Farbbereichen: R, G, B sowie U 4. Kontakt JD = 2458602; 28.04.2019 JD = 2458620; 16.05.2019 (unbearbeitet) D D = 647 Tage D = 650 Tage Mitte JD = 2458278; 08.06.2018 JD = 2458288; 18.06.2018

3 Vergleich der Lichtkurven visuell geschätzter Helligkeiten (oben) mit den mit CCD- und DSLR-Kameras gewonnenen Werten für den G-Bereich (jeweils Binning = 5)

138 | Journal für Astronomie Nr. 73 Capella

VdS vor Ort / TagungsberichteFUHRMANN HERKULES LUCHS GROSSER BÄR NÖRDL. KRONE STIER

JAGDHUNDE Castor ZWILLINGE BOOTES Gemma Pollux KLEINER LÖWE

Arktur HAAR DER BERENIKE KREBS ORION Beteigeuze LÖWE

Regulus SCHLANGE KLEINER (KOPF) JUNGFRAU Procyon HUND

SEXTANT EINHORN Alphard WAAGE Spica BECHER

SÜDOST RABE

WASSERSCHLANGE

SÜDWEST Sternkarte exakt gültig für 15. April Vereinigung der Sternfreunde e.V. 23 Uhr MESZ SÜD www.sternfreunde.de

Mondphasen im April 2020

Erstes Viertel Vollmond Letztes Viertel Neumond 1.4. 8.4. 14.4. 23.4.

Ereignisse im April 01. max. Libration Ost 20. 20h Mond erdfern, 29,4’ 01. 04:30 Mars (0,8 mag, 6,4’’) 57’ SO Saturn (0,7 mag, 16,1’’), 21. auf 22. Maximum Meteorschauer der Lyriden, 48 km/s, ca. 18/h SO-Hor. 23. 03:26 Neumond 01. 11:21 Erstes Viertel 25. 21h Mond 5,2° N Aldebaran (α Tau, 1,0 mag) 02. (3) Juno (9,5 mag) in Opposition zur Sonne 26. 10h Uranus in Konjunktion mit der Sonne 03. 21h Venus (-4,4 mag, 26,4’’) in den Plejaden (M 45) 26. 21h Mond 6,5° S Venus (-4,5 mag, 36,4’’) 04. 22:57 Mond 3,2° NO Regulus (α Leo, 1,4 mag) 27. 21:30 Venus max. Helligkeit -4,8 mag, 37,0’’, NW-Himmel 06. 4h Jupiter (-2,2 mag, 37,7’’) 46’ N Pluto (14,5 mag), SO-Hor. 28. 22h (5) Astraea (11,1 mag) zieht durch den off. Hfn. 07. 19h Mond erdnah, 33,5’ Praesepe (M 44), Sternbild Krebs, bis 1.5. 08. 03:35 Vollmond 29. max. Libration Ost 08. 4h Mond 7,9° N Spica (α Vir, 1,1 mag) 30. 21:38 Erstes Viertel 10. 22h (3) Juno (9,6 mag) 29’ S Stern δ Vir (3,4 mag), Sternbild Jungfrau 11. 03:30 Mond 8,8° NW Antares (α Sco, 1,1 mag) 12. 21h (4) Vesta (8,5 mag) 40’ N Stern ε Tau (3,5 mag), Sternbild Stier (Hyaden) 13. max. Libration West 14. 23:56 Letztes Viertel 15. 4h Mond 3,6° SO Jupiter (-2,2 mag, 38,7’’) u. 4,7° SW Saturn (0,6 mag, 16,5’’) 16. 03:45 Mond 3,0° S Mars (0,6 mag, 7,0’’) Quellen: US Naval Observatory, eigene Recherchen mittels GUIDE (Project Pluto), Berechnungen der BAV, der BAV, Berechnungen Pluto), mittels GUIDE (Project eigene Recherchen Observatory, Quellen: US Naval Riedel [GRAZPREP]), (Eberhard der IOTA/ES Berechnungen Preston), (Steve der IOTA Berechnungen (IMO). Homepage der International Meteor Organization

Journal für Astronomie Nr. 73 | 139 SCHWAN LEIER Wega ZWILLINGE GROSSER BÄR Castor Albireo HERKULES LUCHS Pollux

NÖRDL. JAGDHUNDE KREBS KRONE KLEINER LÖWE BOOTES Gemma HAAR DER KLEINER BERENIKE HUND Arktur LÖWE Procyon SCHLANGE Regulus (KOPF)

JUNGFRAU

SCHLANGEN- TRÄGER SEXTANT Alphard

WAAGE Spica BECHER

SKORPION SÜDOST RABE

WASSERSCHLANGE

SÜDWEST Sternkarte exakt gültig für 15. Mai Vereinigung der Sternfreunde e.V. 23 Uhr MESZ SÜD www.sternfreunde.de

Mondphasen im Mai 2020

Vollmond Letztes Viertel Neumond Erstes Viertel 7.5. 14.5. 22.5. 30.5.

Ereignisse im Mai 01. 24h Mond 5,2° NW Regulus (α Leo, 1,4 mag) 22. 21:30 Merkur (-0,5 mag, 6,2’’) 1,3° SO Venus (-4,2 mag, 53,9’’), 04. 2h (6) Hebe (10,3 mag) 24’ S Galaxie NGC 4866 (11,1 mag), NW-Hor.

Sternbild Jungfrau 23. 01:30 (7) Iris (9,8 mag) 20’ S Stern ξ2 Sgr (3,5 mag), 04. 23h Komet C/2017 T2 (Panstarrs, 8,2 mag?) 41’ S Stern Sternbild Schütze SAO 6022 (4,5 mag), Sternbild Giraffe 24. 0h Komet C/2017 T2 (Panstarrs, 8,2 mag?) ca. 1° NO 04. 23h Merkur in ob. Konjunktion mit der Sonne Galaxiengruppe M 81/82, Sternbild Großer Bär 06. auf 7. Maximum Meteorschauer der Eta-Aquariden, 67 km/s, 24. 21h Mond 4,6° SO Merkur (-0,4 mag, 6,5’’) und 9,2° O bis zu 40/h Venus (-4,1 mag, 55,0’’) 06. 00:04 Mond 5,9° NO Spica (α Vir, 1,1 mag) 26. max. Libration Ost 06. 4h Mond erdnah, 33,2’ 27. 0h Komet C/2017 T2 (Panstarrs, 8,3 mag?) 20’ SW Galaxie 07. 11:45 Vollmond IC 2574 (10,2 mag), Sternbild Großer Bär 09. 02:04 Mond 5,3° N Antares (α Sco, 1,1 mag) 27. 23:34 RR Lyr, Max. 7,1 mag, schneller Anstieg von 8,1 mag 11. max. Libration West 29. 22h Mond 6,2° NO Regulus (α Leo, 1,4 mag) 12. 3h Mond 5,3° SW Jupiter (-2,4 mag, 42,2’’) 30. 04:30 Erstes Viertel 13. 3h Mond 5,3° SO Saturn (0,5 mag, 17,3’’) 31. 22:47 RR Lyr, Max. 7,1 mag, schneller Anstieg von 8,1 mag 14. 15:03 Letztes Viertel 15. 3h Mond 3,5° S Mars (0,2 mag, 8,3’’) 18. 9h Mond erdfern, 29,5’ 20. 21:30 Beginn Merkur (-0,7 mag, 6,0’’) Abendsichtbarkeit, NW-Himmel 22. 18:39 Neumond Zeitangaben in MEZ für Standort bei 10° ö.L. und 50° n.Br., falls nicht anders angegeben. in MEZ für StandortZeitangaben bei 10° ö.L. und 50° n.Br., 29.03.2020, 2:00 Uhr MEZ, bis 25.10.2020, in MESZ im Zeitraum Umrechnen Zum Crisium bedeutet, dass das Mare West“ „Libration addieren. eine Stunde zu den Zeitangaben befindet. westlichen Mondrand sich weit weg vom

140 | Journal für Astronomie Nr. 73 Deneb

DRACHE LUCHS

SCHWAN LEIER Wega ZWILLINGE SCHWAN GROSSER BÄR Castor GROSSER BÄR Albireo HERKULES LUCHS Pollux Wega FÜCHSCHEN HERKULES JAGDHUNDE KLEINER LÖWE LEIER NÖRDL. JAGDHUNDE Albireo KRONE KREBS KLEINER LÖWE DELFIN NÖRDL. KRONE BOOTES BOOTES PFEIL Gemma HAAR DER LÖWE Regulus HAAR DER KLEINER Gemma BERENIKE BERENIKE HUND Arktur Arktur LÖWE Atair Procyon SCHLANGE Regulus (KOPF) ADLER SCHLANGE (KOPF) JUNGFRAU JUNGFRAU SCHLANGE SCHLANGEN- (SCHWANZ) SCHLANGEN- TRÄGER TRÄGER SEXTANT Alphard

SCHILD WAAGE WAAGE Spica Spica BECHER BECHER

SKORPION SKORPION SÜDOST RABE SÜDOST RABE

WASSERSCHLANGE Antares WASSERSCHLANGE

SÜDWEST WOLF SÜDWEST Sternkarte exakt Sternkarte exakt gültig für 15. Mai Vereinigung der Sternfreunde e.V. gültig für 15. Juni Vereinigung der Sternfreunde e.V. 23 Uhr MESZ SÜD www.sternfreunde.de 23 Uhr MESZ SÜD www.sternfreunde.de

Mondphasen im Mai 2020 Mondphasen im Juni 2020

Vollmond Letztes Viertel Neumond Erstes Viertel Vollmond Letztes Viertel Neumond Erstes Viertel 7.5. 14.5. 22.5. 30.5. 5.6. 13.6. 21.6. 28.6.

Ereignisse im Juni 01. 24h Mond 7,7° NW Spica (α Vir, 1,1 mag) 19. 08:48 Mond bedeckt Venus (-4,3 mag, 51,4’’), bis ca. 09:35, 03. 5h Mond erdnah, 32,8’ genaue Zeit abh. v. Standort 03. 19h Venus in unterer Konjunktion mit der Sonne, anschl. 20. 22:44 Sommeranfang Morgenstern 21. 07:41 Neumond, ringf. Sonnenfinsternis in NO-Afrika, N-Indien, 04. 22h Merkur (0,6 mag, 8,2’’) in größter östl. Elong., 24° S-China 05. 0h Komet C/2017 T2 (Panstarrs, 8,3 mag?) 1° NO Stern 21. ca. 22:39 (699) Hela (13,2 mag) bedeckt UCAC4 434-81245 α UMa (2,0 mag), Sternbild Großer Bär (9,7 mag) für 1,9 s, Hell.-Abnahme 3,6 mag, Pfad 05. 2h Mond 8,1° NW Antares (α Sco, 1,1 mag) S-Deutschld., Österr. 05. 20:12 Vollmond, Halbschattenfinsternis Mitte 20:25, 22. max. Libration Ost Größe 0,593, Mond-S! 24. 0h Komet C/2017 T2 (Panstarrs, 8,6 mag?) 48’ W Galaxie 08. max. Libration West M 106 (8,3 mag), Sternbild Jagdhunde 09. 2h Mond 5,1° SO Jupiter (-2,6 mag, 45,6’’) u. 3,7° S Saturn 24. 23:50 RZ Cas, Min. 7,7 mag, Abstieg von 6,1 mag in 2,5 Std. (0,4 mag, 18,0’’) 25. 22h Mond 3,8° NO Regulus (α Leo, 1,4 mag) 11. 00:25 RR Lyr, Max. 7,1 mag, schneller Anstieg von 8,1 mag 27. 22:00 η Aql, Max. 3,48 mag, An- und Abstieg in 7,17 Tagen 13. 2h Mars (-0,2 mag, 10,1’’) 1,7° S Neptun (7,9 mag, 2,3’’) 27. ca. 22:16 (336) Lacadiera (12,3 mag) bedeckt TYC 5745-1897-1 13. 2h Mond 3,4° S Mars (9,7 mag) für 12,6 s, Hell.-Abnahme 2,7 mag, 13. 07:24 Letztes Viertel Pfad Schweiz 13. 23:38 RR Lyr, Max. 7,1 mag, schneller Anstieg von 8,1 mag 28. 09:16 Erstes Viertel 15. 2h Mond erdfern, 29,5’ 28. 22:50 U Oph, Min. 6,6 mag, Abstieg von 5,9 mag in 2,5 Std. 16. 0h Komet C/2017 T2 (Panstarrs, 8,5 mag?) 16’ W Stern 29. 23h Mond 7,7° NO Spica (α Vir, 1,1 mag) γ UMa (2,4 mag), Sternbild Großer Bär 30. 3h Mond erdnah, 32,4’ 17. 0h Komet C/2017 T2 (Panstarrs, 8,5 mag?) zwischen Galaxien M 109 und NGC 3953, Sternbild Großer Bär

Journal für Astronomie Nr. 73 | 141 VdS-Nachrichten Wir begrüßen neue Mitglieder

Mitgl.-Nr. Name Vorname Mitgl.-Nr. Name Vorname Mitgl.-Nr. Name Vorname 21016 Zeising Artur 21176 Hasel Patrick 21197 Keppler Bernd 21133 Astronomische Ges.URANIA e.V. 21177 Frischhut Helmut 21198 Fritzek Volker 21153 Adolf Schuch GmbH 21178 Pauthner Heiko 21199 Lensch Fritz 21155 Jelen Matthias 21179 Bönning Dietmar 21201 Ahrens Daniel 21156 Mittag Manfred Dieter 21181 Schwab Karl-Heinz 21202 Wilsdorf Oliver 21159 Bauernschmitt Anna 21182 Grote Alexander 21203 Kovács Daniel 21161 Dörpmund Lutz J. 21184 Wischumerski Marco 21205 Becker Wolfgang 21162 Baranowski Thomas 21185 Volkssternwarte 21206 Tesar Marikka 21163 Born Olaf Doberlug-Kirchhain 21207 Heinen Harro 21164 Steppat Christoph 21186 Benzenberg-Sternwarte 21208 Wengel Carla Sofie 21165 Schneider Ingrid 21187 Herplich Ralf 21209 Wenck Jürgen 21166 Popelka Grit 21188 Fischer Friedrich Wolfram 21210 Blank Bernd 21167 Froschauer Christian 21189 Lang Julian 21211 Rothenpieler Frank 21169 Fecht Lara 21190 Frintrop Gina 21213 Van Duin Albert 21170 Decher Dieter 21191 Gehrmann Bodo 21214 Bernatek Siegmund 21171 Herter Martin 21192 Hahn Matthias 21215 Zodtner Dorian 21172 Dahm Gerhard 21193 Lamecker Markus 21217 Frey Albrecht 21174 Schulze Hans 21194 Schänzer Wilhelm 21175 Haake Karl-Michael 21196 Steinmüller Harald

Spenden Im Jahr 2019 erhielt unsere Vereinigung wieder zahlreiche Spenden von Mitglie- dern. Der Vorstand bedankt sich bei allen Spendern ganz herzlich, auch bei den an die Vereinigung der Sternfreunde e. V. vielen ungenannten Mitgliedern, die bei der Überweisung der Jahresrechnung den von Dr. Andreas Klug, VdS-Schatzmeister Betrag aufrundeten. Insgesamt erhielt die VdS Spenden in Höhe von 2.783,40 EUR, die teilweise zweckgebunden für bestimmte Projekte verwendet werden. Vielen Dank für Ihre Unterstützung.

Mitgl.-Nr. Name Vorname Mitgl.-Nr. Name Vorname Mitgl.-Nr. Name Vorname 11998 Glitscher Gunnar 14604 Jonscher Peter 18285 Klug Andreas 12451 Quester Wolfgang 14617 Grimm Wolfgang 18368 Limbach Martin 12980 Hambsch Franz-Josef 15786 Stinner Peter 18860 Bork Jens Peter 13211 Hosters Peter 15943 Kower Karl-Hein 20109 Wenzel Martin 13448 Stück Günter 17168 Kuhn Klaus 20243 Sternfreunde Dieterskirchen e.V. 13692 Lange Hans-Peter 17898 Spindler Rolf 20288 Leitz Bruno 13861 Brüchmann Wolfgang 17994 Henze Werner 20468 Ritter Rainer 13921 Küppers Stephan 17998 Böttcher Peter Hörakustik Brenner 14437 Kirch Monika 18175 Reim Thomas

In Memoriam 2019

Mitgl.-Nr. Name Vorname Mitgl.-Nr. Name Vorname Mitgl.-Nr. Name Vorname 10058 Kunert Adolph 15782 Petter Günter 18906 Busse Michael 10548 Lammerer Max 16189 Bräuer Jürgen 19018 Schulte-Vieting Heinrich-Jürgen 10739 Grunau Siegfried 16365 Kupsch Gerhard 19247 Zimmermann Christiane 12931 Conrad Walter 17134 Körber Erich 19603 Schneider Kurt 13000 Ophey Hans 17830 Klawa Bernhard 19963 Geldmann Ludger 13854 Rulff Michael 18356 Linnemann Günter 19977 Toll Ulrike 13899 Brichta Hans-Georg 18385 Kimmich Ernst 20181 Woede Georg 14437 Kirch Hans 18805 Berger Ralf 20198 Tesar Harald 15113 Schwarze Wilfried 18807 Schober Florian 15588 Hofmann Wilfried 18884 Weyer Klaus

142 | Journal für Astronomie Nr. 73 Vorschau Vorschau auf astronomische Veranstaltungen April - Juni 2020 Aktuelle Informationen im Terminkalender der VdS unter www.vds-astro.de

April 2020 Ort: Hohe Wand beim Alpengasthof Postl. FR, 15.05. - SA, 16.05.2020 Österreichisches Teleskoptreffen, auch für SA, 04.04.2020 BAV-Beobachtertreffen 2020 Erstkontakter mit wenig Vorkenntnissen ge- Norddeutsches Astrofotografentreffen Ort: Bruno H. Bürgel Sternwarte, Hartha eignet. Gemütl. Zusammenkunft mit (oder (NAFT) (Kreis Döbeln). Vortreffen Freitag im Hotel ohne) Fernrohr, ohne dass nur todernst Ort: Traditionsschiff „Typ Frieden“ im „Goldener Löwe“ im Nachbarort Waldheim. beobachtet wird. Info: www.waa.at/treff/ Schmarl Dorf 40, 18106 Rostock. Ab 12 Uhr, Info: www.bav-astro.eu Einlass ab 10 Uhr. Veranstalter: Astro- esp.shtml nomischer Verein Rostock e.V., Astro­ MI, 20.05. - SO, 24.05.2020 FR, 24.04. – SO, 26.04.2020 fotografen sind herzlich eingeladen und 29. Internationales Teleskoptreffen 8. Bergedorfer Teleskoptreffen und Lange können Fotos zeigen oder einen Vortrag Vogelsberg (ITV) Nacht der Museen halten, ohne Vor-Anmeldung. Infos und Ort: Campingpark Am Gederner See, Ort: Hamburger Sternwarte Bergedorf. Bei Anmeldung zum gemütl. Abend: https:// 63688 Gedern, Naturpark Hoher Vogelsberg günstiger Wetterlage u. nach Absprache astronomie-nord.de/tagungen/naft (Frankfurt-Fulda-Gießen). Gute astronomi- Anreise ab Do-Nachmittag. Freitag: Tele- sche Bedingungen. Info: www. skoptreffen, Gäste willkommen. Samstag ab SA, 04.04. - SO, 05.04.2020 teleskoptreffen.de/itv/ Teleskoptreff auf dem Mönchberg 18 Uhr: „Lange Nacht der Museen“, Öffent- Ort: Mönchberg (Schwäbische Alb). lichkeitsarbeit ! Info: https://astronomie- DO, 21.05. - SO, 24.05.2020 nord.de/teleskoptreffen/btt/9 Aufbau ab 16:45 Uhr, Mitternachtssnack. WAA-Frühlingsworkshop „Gut vorbereitet Info u. Anm.: www.afgbw.de beobachten“ Mai 2020 Ort: Hohe Wand beim Alpengasthof Postl. SO, 12.04.2020 FR, 01.05.2020 Info u. Anm.: www.waa.at/workshop/ Yuri’s Night 2020-2fws/index.shtml PixInsight Österreich – Tagung X Yuri’s Night feiert den Aufbruch der Ort: Gasthof Hotel Bramosen, A-4852 Wey- Menschheit ins All. Veranstaltungen an regg, Oberösterreich. 9 bis 18 Uhr. Tagungs- Juni 2020 Standorten auf der ganzen Welt. Info: https://yurisnight.de / https://yurisnight.net gebühr: 20,- EUR, max. 35 Teilnehmer (mit FR, 05.06. - SO, 07.06.2020 Laptop). Info: www.skypixels.at/ 23. Kleinplanetentagung FR, 17.04. - SO, 19.04.2020 pixinsight_Tagung_10.html, Anm.: Herbert Ort: Drehbach, Tagung rund um das Thema [email protected]. Frühjahrstreffen in Malliß Walter, Teilnahme Asteroiden der VdS-Fachgruppe Kleine Pla- nur nach bestätigter Anmeldung möglich. Ort in einem der dunkelsten Gebiete neten. Info u. Anm.: www.hausdernatur.at/ Deutschlands. Gute Bedingungen für Astro­ kleinplaneten/ SA, 09.05.2020 fotografen und Dobsonauten. Hamburg 36. Astronomiebörse ATT liegt ca. 130 km westl. Info: https://astrono- SA, 06.06.2020 Ort: (Angaben wie immer ohne Gewähr). mie-nord.de/teleskoptreffen/fruehjahrs- Gymnasium am Stoppenberg, Im Müh- 10. Norddeutsches Sternwartentreffen NST treffen-in-malliss/ lenbruch 51, 45141 Essen. Zahlreiche Pro- Ort: Aula der KGS in Tornesch. Kurzvorträ- duktanbieter, Präsentationen v. Sternwarten, ge von Sternfreunden über ihre Sternwarte, SA, 18.04.2020 Vortragsprogramm. Kontakt: besucher@ Projekte o. Forschungen. Info: https:// att-essen.de www.att-essen.de H-alpha-Treff Rüsselsheim (HaTR) , astronomie-nord.de/tagungen/nst Ort: Ewald-Becher-Sternwarte in Rüssels- SA, 09.05.2020 heim, ab 10 Uhr. Info u. Anfahrt: http:// FR, 12.06. - SO, 14.06.2020 Treffen der Fachgruppe Dark Sky www.ruesselsheimer-sternfreunde.de ASpekt – Tagung der Fachgruppe Spektro- auf dem ATT skopie 2020 DO, 23.04. - SO, 26.04.2020 Ort: Gymnasium am Stoppenberg, Ort: Johanneum in Lübeck. Auch für jünge- Im Mühlenbruch 51, D-45141 Essen. Aschberger Frühjahrs Teleskoptreffen (AFT) re Interessenten u/o Einsteiger. Info: http:// Ort: Aschberg zwischen Eckernförde u. spektroskopie.vdsastro.de/konferenz. DO, 14.05. - SO, 17.05.2020 Rendsburg. Unterbringung: Hotel, Jugend- html Kepler-Teleskoptreffen KTT auf der gästehaus (ähnlich Jugendherberge) o. Pretulalpe­ Campingwiese. Info: www.gva-kiel.de/aft/ SA, 20.06.2020 Ort: html/anmeldung.htm Naturfreundehaus Roseggerhaus auf H-alpha-Treff Rüsselsheim (HaTR) 1.588 m in Ratten in den Fischbacher Alpen. Ort: Ewald-Becher-Sternwarte in Rüssels- FR, 24.04. - SO, 26.04.2020 Richtet sich insbesondere an Jugendliche. heim, ab 10 Uhr. Info u. Anfahrt: Info: www.astrotreff.de/topic.asp Easter Star Party 2020 www.ruesselsheimer-sternfreunde.de Zusammengestellt von Werner E. Celnik aus vorliegenden Informationen E. Celnik aus vorliegenden Werner von Zusammengestellt

Journal für Astronomie Nr. 73 | 143

VIELE SEITEN – VIELE ANWENDUNGEN BAADER Es gibt das unterschiedlichste Zubehör, vom Okular (wie z.B. Morpheus 76°) über die Kamera bis hin zu Spektrographen, welches man an ein Teleskop an- FlipMirror II schließen kann. Leider hat jedes Teleskop nur einen okularseitigen Anschluss. Also heißt es immer wie- der Umschrauben und Umstecken – und das meist nachts im Dunkeln. Das tut weder der Mechanik noch den Nerven gut. Und sobald Sie einen Remotebetrieb planen, wird die einzig vorhandene Anschlussmög- lichkeit schmerzhafte Realität. Wenn Sie diese Prozedur leid sind und ihren Workfl ow vor allem bei der Astrofotografi e deutlich verbessern möchten, dann schauen Sie sich unseren Baader Flip- Mirror II (BFM II) Zenitspiegel an! Er kann permanent am Teleskop montiert bleiben, denn seine optische Politur ist wirklich so gut, wie man es von einem hervorragen- den Zenitspiegel erwarten kann. Und im Gegensatz zu einfachen Klappspiegeln bietet er neben dem geraden Kamera-Anschluss einen dritten, permanent nutzba- ren Anschluss z.B. für einen Off-Axis-Guider! Machen Sie mit dem BFM II Ihr Teleskop so „vielseitig“ wie Ihre Interessen.

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