AufbruchDer Österreichische Kunst von 1945 bis 2020 Österreichische Kunst von 1945 bis 2020 Der Aufbruch

www.kovacek-zetter.at AufbruchDer Österreichische Kunst von 1945 bis 2020

9. März bis 11. April 2020 Wir freuen uns, Sie zur Ausstellung „Der Aufbruch Wir wollten bei der Auswahl derer, die den künst- – Österreichische Kunst von 1945 bis 2020“ einla- lerischen Aufbruch in Österreich nach 1945 be- den zu dürfen. Anlässlich der Eröffnung der Alber- gründeten, nicht den Anspruch auf Vollständigkeit tina Modern im Wiener Künstlerhaus beleuchtet erheben. So haben wir uns auf bestimmte Künst- ab 13. März die Werkschau „The Beginning“ die ler verstärkt konzentriert – es erwartet Sie ein sehr für die Entwicklung der österreichischen Kunst vielseitiger und spannender Einblick in die öster- so wichtigen Jahre nach 1945. Wir widmen uns reichische Kunstgeschichte, die einen Vergleich in unserer Präsentation ähnlichen Themen- und mit den großen internationalen Strömungen des Fragestellungen und beschäftigen uns mit der Informel, des Abstract Expressionism oder der Aufbruchsstimmung nach dem Krieg, die sich Pop Art nicht zu scheuen braucht. spannenderweise in so divergierenden Kunstrich- Vorwort tungen und Gruppierungen wie den „Phantasti- Weiters war es uns ein Anliegen, die Präsentation schen Realisten“ mit ihren Vertretern , nicht in den 1980er Jahren des vorigen Jahrhun- Friedensreich Hundertwasser und Anton Lehm- derts enden zu lassen, sondern aktuelle Positio- den oder der „Gruppe St. Stephan“ mit Markus nen zu integrieren, wobei wir uns vor allem auf Prachensky, Josef Mikl und Wolfgang Hollegha wichtige zeitgenössische Künstlerinnen fokussie- manifestierte. Auch dem wohl wichtigsten ös- ren. terreichischen Vertreter der heute international Hier sei auf die große Martha Jungwirth, die un- beachteten Künstlergruppe ZERO, die 1958 in ter anderem mit einem wichtigen Werk, ihrem Deutschland gegründet wurde, Hans Bischoffs- Entwurf für den Eisernen Vorhang der Wiener hausen, und dem erst kürzlich verstorbenen Uni- Staatsoper, vertreten ist, verwiesen. Eine der be- versalkünstler Oswald Oberhuber widmen wir deutendsten Künstlerinnen und eine Ikone der Raum in dieser Ausstellung. feministischen Kunst der 1960er Jahre ist Renate Bertlmann, der seit letztem Jahr endlich die lang Die Kunst in Österreich in der Nachkriegszeit war verwehrte Anerkennung zuteilwurde. Wir zeigen gekennzeichnet von einer großen Experimentier- die Skulptur „Knife-Rose“ („Discordo ergo sum“), freudigkeit und Schaffensfreude. Monsignore Otto die in einer beeindruckenden Installation auf der Mauer, der in der Galerie nächst St. Stephan so Biennale in Venedig 2019 zu sehen war und nun bedeutende Künstler wie Kiki Kogelnik, Maria auch als Sammleredition erworben werden kann. Lassnig, Josef Mikl, Markus Prachensky, Arnulf Rainer oder Wolfgang Hollegha vereinte, schuf Zuletzt möchten wir Ihnen in diesem Katalog Wer- ein geistiges Klima der Offenheit, in dem sich die ke von Michela Ghisetti vorstellen, einer faszinie- Künstler frei entfalten konnten. Einige von ihnen renden und vielseitigen Künstlerin, der ab 28. Mai gingen in den 1960er Jahren nach Paris oder eine große Ausstellung in der Albertina gewidmet New York, wo sie mit der internationalen Avant- wird. garde hautnah in Berührung kamen. Manche blie- ben länger, wie und Kiki Kogelnik, Wir hoffen, Ihr Interesse geweckt zu haben, und andere, wie Wolfgang Hollegha oder Arnuf Rainer, freuen uns schon sehr auf Ihren Besuch. kehrten früher wieder nach Österreich zurück: alle mit den unterschiedlichsten Eindrücken und Er- Wie gewohnt beginnt der Verkauf ab Versand des fahrungen, die sie in ihrem Kunstschaffen beein- Kataloges und wir bitten Sie, sich bei Interesse flussen sollten. gleich zu melden.

Claudia Kovacek-Longin und Sophie Zetter-Schwaiger

Galerie Kovacek & Zetter GmbH Stallburggasse 2 A-1010 Wien

Telefon +43/1/512 86 36 Telefax +43/1/512 86 36-36 [email protected] www.kovacek-zetter.at

Öffnungszeiten: Mo – Fr 10 – 18 Uhr Sa 11 – 14 Uhr Jenny Reiter Kathrin Macht Claudia Kovacek-Longin Sophie Zetter-Schwaiger Sophie Cieslar Stefan Rodler Bianca Kleinbichler von linksnach rechts:

Index HUNDERTWASSER FRIEDENSREICH BISCHOFFSHAUSEN HANS HOLLEGHA WOLFGANG HOLLEGHA SALZMANN GOTTFRIED SALZMANN PRACHENSKY MARKUS OBERHUBER OSWALD OBERHUBER JUNGWIRTH MARTHA JUNGWIRTH BERTLMANN RENATE BERTLMANN AVRAMIDIS JOANNIS AVRAMIDIS GHISETTI MICHELA DAMISCH GUNTER DAMISCH NITSCH HERMANN NITSCH LEHMDEN ANTON SCHEIBL HUBERT SCHNUR MARTIN SCHNUR HAUSNER XENIA HAUSNER ANGELI EDUARD LASSNIG MARIA LASSNIG TRINKAUS GABI TRINKAUS KOGELNIK KIKI KOGELNIK BRAUER ARIK BRAUER CRAGG TONY CRAGG ELR MAX WEILER MIKL JOSEF MIKL 54 - 58 54 - 82 80 - 85 83 - 64 62 - 74 72 - 46 41 21, 22 53 - 40 36 - 14 12 - 30 24 47- 52 75, 76 6 - 1 - 35 31 78, 79 - 90 86 - 61 59 65 - 11 7 - 20 15 77 23 - 71 66 Paris Güterslohs – Arik Brauer, Ernst Fuchs6, Anton selbaren Stil,: „Zivilisationskritik“10 in ein äußerst an- Lehmden und –, die sich dem fran- sprechendes Gewand verpackt und geprägt von einer zösischen Surrealismus zugewandt an der Perfektion bereits im Jugendstil verankerten Abscheu gegen- Wolfgang Hollegha, Josef Mikl, Arnulf Rainer, Markus Prachensky 2009 altmeisterlicher Malkunst orientieren und die „Wiener über der geraden Linie. In einem fremden Land Fuß (© Franz Hubmann / Imagno / picturedesk.com) Schule des Phantastischen Realismus“ begründen, zu fassen und zu reüssieren, ist sicher nicht leicht. So und andererseits die Abstrakten. Dieser losen Grup- schreibt Arik Brauer: „Paris ist ein harter Acker, wer pierung schließen sich Künstler aus verschiedenen dort ernten will, braucht einen scharfen Pflug.“11 Meisterklassen an, die die Vorliebe für die geomet- rische Abstraktion und den abstrakten Expressionis- Zurück ins Wien der 1950er Jahre: Die wichtigste mus verbindet. Zu ihnen zählen Wolfgang Hollegha, Plattform für Künstler und das kunstinteressierte Pu- Josef Mikl, Markus Prachensky und Arnulf Rainer7. So blikum ist in den Jahren von 1947 bis 1954 der „Art unterschiedlich die künstlerischen Wege sind, die Club“ mit dem „Strohkoffer“12. Hier gibt es Ausstellun- diese beiden Gruppen beschreiten, so eint sie doch gen, Diskussionsrunden und legendäre Feste. Promi- der Widerstand gegen den konservativen Kunstbe- nente Gäste wie Jean Cocteau bringen internationa- trieb. 1950 gründen die Abstrakten gemeinsam mit les Flair nach Wien, man tauscht sich über die auf Ernst Fuchs und die „Hundsgruppe“ Auslandsreisen gewonnenen Erfahrungen aus. Viele Der als Gegenbewegung zur klassischen akademischen Möglichkeiten für zeitgenössische Künstler, ihr Werk Malerei. Eine erste und einzige Ausstellung der Grup- zu präsentieren, gibt es im Nachkriegs-Wien nicht13 Auf pe findet 1951 statt und sorgt für einen Skandal. und so bietet der „Art Club“ Gelegenheit, mit Arbeiten bruch an die Öffentlichkeit zu gehen. Nach seiner Auflösung In den 1950er Jahren beginnt auch eine intensive 1959 fällt eine wichtige Plattform weg. Zweite zent- Der Weg der österreichischen Kunst in die Postmoderne Reisetätigkeit der jungen Künstler, Arnulf Rainer fährt rale Anlaufstelle und progressivste Galerie im Wien 1951 und 1952 gemeinsam mit Maria Lassnig nach der Nachkriegszeit14 ist die 1954 von Monsignore ien 1945: Die Stadt ist in Besatzungszonen tionale Kunstentwicklung anzuknüpfen. Gleich nach Paris, wo sie in der Galerie Nina Dausset Arbeiten von 10) Breicha, S. 64 gegliedert, in den Bezirken, die den Ameri- Kriegsende ist an Reisen in andere Länder noch nicht Willem de Kooning, Georges Mathieu und Jackson 11) Danielle Spera, Daniela Pscheiden (Hg.), Arik Brauer. Alle meine Künste. kanern zugeteilt sind, weht ein Hauch der zu denken. Man ist auf Publikationen angewiesen und Pollock sehen, sowie Karl Appel und Hans Hartung All of my Arts, Ausstellungskatalog, Jüdisches Museum, Wien 2019, S. 165 W 12) Das sagenumwobene Clublokal eröffnet 1951 unter der Loos-Bar in der großen weiten Welt. Die Soldaten haben Schokolade auf die wenigen Bilder ausländischer Künstler, die kennenlernen. Markus Prachensky folgt einige Jahre Kärntnerstraße und wird wegen der mit Strohmatten ausgelegten Wände und der eher bescheidenen Größe so benannt. und Kaugummis mitgebracht und den Jazz. Schnell dennoch ihren Weg in österreichische Ausstellungs- später, 1957. Ihn beeindruckt die Malerei des Tachis- 13) Erst 1962 eröffnet das Museum des 20. Jahrhunderts im 20er Haus im will man die Schäden, die der Krieg hinterlassen hat, häuser finden. So stellt zum Beispiel der Leiter des mus eines Georges Mathieu und Pierre Soulages Schweizergarten (Direktor Werner Hofmann gefolgt von Alfred Schmeller). 1979 kommt als weiterer Standort das Gartenpalais Liechtenstein hinzu, Josef Mikl, Arnulf Rainer, beseitigen. In der Kulturwelt hat die rückwärtsge- französischen Kulturinstituts in Innsbruck, Maurice nachhaltig. Die Befreiung der Farbe in seinen Bildern das 2000/2001 vom Neubau im Museumsquartier abgelöst wird. 14) Ein viel klassischeres Programm fährt die seit 1865 bestehende Galerie Wolfgang Hutter, wandte Kunstpolitik der Nationalsozialisten und die Besset, konsequent wichtige Arbeiten der Künstler wäre ohne diese Begegnung nicht denkbar. Wolfgang Würthle in der Weihburggasse. Die in den 1950er und 1960er Jahren im Anton Lehmden 1984 Emigration großer Talente einen Stillstand, ja sogar der „Pariser Schule“ vor und veröffentlicht zahlreiche Hollegha zieht es im selben Jahr nach New York. Über Besitz der Schweizer Bankiersfamilie Kamm stehende Galerie wird bis 1965 (© Franz Hubmann / Imagno / von Fritz Wotruba geleitet. picturedesk.com) Rückschritt verursacht. Österreich war in den Kriegs- Publikationen. Max Weiler, aber auch Oswald Ober- Vermittlung des amerikanischen Kunsthistorikers Cle- jahren einer Blut- und Bodenmalerei verpflichtet, al- huber3 haben hier die Gelegenheit, die französische ment Greenberg kann er bis in die 1960er Jahre hin- les Fortschrittliche wurde als entartet verboten. In der Avantgarde kennenzulernen. In Wien kann man in der ein seine Arbeiten in mehreren Ausstellungen zeigen. Akademie der bildenden Künste wird im schwer be- Secession und im Künstlerhaus vereinzelt französi- Die Begegnung mit dem Abstrakten Expressionismus schädigten Gebäude am Schillerplatz unter dem pro- sche Kunst sehen, muss sich aber mühsam alle In- und der Farbfeldmalerei, mit Werken von Morris Louis, visorischen Rektor Herbert Boeckl1 im April 1945 der formationen selbst zusammentragen. Gerhard Rühm4 Barnett Newmann und Kenneth Noland, prägt seine Unterricht wieder aufgenommen. Eindeutig national- beschreibt die Situation wie folgt: „nach sieben jahren malerische Entwicklung nachhaltig. Es ist für die jun- sozialistisch belastete Professoren werden zwar des gewaltsamer absperrung galt es aufzuholen, was sich gen Künstler geradezu Pflicht, sich vor Ort in den da- Dienstes enthoben, dennoch setzt sich der Lehrkör- inzwischen draussen getan hatte, für uns junge, die maligen Zentren der Avantgarde ein Bild zu machen, per in den Nachkriegsjahren aus eher konservativen bisher verfemte moderne kunst zu rekapitulieren, sie Einflüsse in sich aufzusaugen, um die durch den Künstlern zusammen, die an Altbewährtem festhalten hatte, gerade in Österreich, auch vor 1938 nur eine Zweiten Weltkrieg verlorenen Jahre wieder aufzuho- wollen. Sergius Pauser, der der modernen Malerei kleine minderheit erfasst; die grossen bibliotheken len. In weiterer Folge brechen manche Künstler und im Großen und Ganzen positiv gegenübersteht, er- hatten es versäumt, rechtzeitig ihre wichtigsten doku- Künstlerinnen, wie Maria Lassnig, Hans Bischoffshau- klärt das mit einer gewissen Unsicherheit der älteren mente zu sammeln, oder sie waren ‚gesäubert‘ wor- sen und Kiki Kogelnik ihre Zelte in Österreich ganz ab Künstlergeneration den bisher unbekannten neuen den, wir waren auf verstreute dürftige privatbestände und übersiedeln nach Paris8 und New York9. Auch zu Möglichkeiten gegenüber: „Wir glauben uns noch angewiesen, die bruchstückhaften informationen über nennen ist hier Friedensreich Hundertwasser, der in immer dazu verpflichtet, das Gewachsene, von alters expressionismus, dadaismus, surrealismus, konstruk- den 1950er Jahre immer wieder mehrere Monate in her Gewordene zu bewahren, das, was die Öffentlich- tivismus wurden gierig aufgenommen, herumgereicht, Paris verbringt, und später als „Weltenbummler“ mit keit noch immer von der Malerei fordert, zu erfüllen...“2. mühsam zu einem bild zusammengefügt.“5 Wohnsitzen in der Normandie, Venedig und Neusee- land, Eindrücke aus der ganzen Welt sammelt. Aus Doch die Zeichen stehen auf Veränderung. Die Gene- Schon in den frühen Jahren kristallisieren sich zwei diesen entwickelt er seinen einzigartigen, unverwech- ration der um 1930 Geborenen, die nun an die Akade- dominierende Lager unter den jungen Talenten an 6) Arik Brauer und Ernst Fuchs beginnen ihr Studium in der Klasse von mie drängt, ist neugierig und begierig an die interna- der Akademie heraus: einerseits die Schüler Albert Robin Christian Andersen, wechseln aber rasch, da er ihnen viel zu konservativ und intolerant ist. 1) Für viele junge Künstler wird die 1946 in den Akademieräumen gezeigte 3) Otto Breicha, Neubeginn in Vielfalt. Bildende Kunst in Österreich vom 7) Wolfgang Hollegha und Josef Mikl studieren bei Josef Dobrowsky. Markus Boeckl-Ausstellung zu einem Schlüsselerlebnis. Die Aufbruchsstimmung an der Kriegsende bis Mitte der 50er Jahre, in: Kunst aus Österreich. 1896-1996, Prachensky kommt eigentlich aus der Architekturklasse und findet, zusätzlich in Akademie ist auch sicher seiner Person geschuldet, sowie am bildhauerischen Ausstellungskatalog, Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Malerei inskribiert, in der Meisterklasse von Albert Paris Gütersloh Aufnahme. Sektor eng mit der Person Fritz Wotrubas verknüpft, den Boeckl aus seinem Deutschland, Bonn 1996, S. 64 Arnulf Rainer besteht sowohl die Aufnahmeprüfungen an die Akademie für Schweizer Exil nach Wien an die Akademie geholt hatte. 4) Gerhard Rühm, geboren 1930, ist ein österreichischer Schriftsteller, Komponist angewandte Kunst als auch an die Akademie der bildenden Künste und kehrt 2) Sergius Pauser, 1959 auf: und bildender Künstler. Gemeinsam mit H. C. Artmann, Friedrich Achleitner, beiden Hochschulen nach wenigen Tagen den Rücken. https://biografien.zierlart.at/sergius-pauser-1896-1970/ Konrad Bayer und Oswald Wiener gründete er 1954/1955 die „Wiener Gruppe“, 8) Paris: Maria Lassnig 1961-1968, Hans Bischoffshausen 1959-1971, (zugegriffen am 28.1.2020) die an einer Erneuerung der literarischen Sprache arbeitete. Arik Brauer 1957-1964. 5) Antonia Hoerschelmann, Helmut Friedel (Hg.), Arnulf Rainer, 9) New York: Maria Lassnig 1968-1980, Kiki Kogelnik mit kurzer Unterbrechung Ausstellungskatalog, Albertina, Wien 2014/2015, S. 13 ab 1961. Phantasten. Diese Dominanz setzt sich wickelt daraus aber, unter Einbeziehung aller Kunst- Konkurrenz erwächst. Es ist ein ganz neuer Stil, der lange Zeit auch in der Kunstgeschichts- formen und dem Verweben der einzelnen Aktionen sich als grellbunter, satirisch bis sozialkritischer Rea- schreibung fort. Doch die österreichi- zu einem einzigen Gesamtkunstwerk, ein ganz eige- lismus lustvoll den Weg auf die Leinwand bahnt und sche Kunstszene präsentiert sich bei nes Konzept. Mit drastischen Ausdruckweisen und der in großem Kontrast zur Malerei des Informel steht. näherer Betrachtung weitaus differen- aggressiver Tabuverletzung stellt der Wiener Aktio- Der Name der losen Gruppierung, die bis 1975 im- zierter. Wenngleich Hans Bischoffshau- nismus die Scheinheiligkeit der bürgerlichen Gesell- mer wieder gemeinsam in Erscheinung tritt, geht auf sen bis 1971 in Paris lebt, bleibt er durch schaft bloß und hinterfragt staatliche und kirchliche einen Bildtitel von Kurt Kappa Kocherscheidt zurück. die Galerie Hildebrand in Klagenfurt mit Autoritäten. Als berühmteste Performance gilt „Kunst Neben diesem gehören Franz Ringel, Peter Pongratz, Österreich verbunden. So werden schon und Revolution“, die, von den Medien als „Uni-Ferke- Wolfgang Herzig und Martha Jungwirth dazu. Die in der Zeit ab 1959 neben seinen Ar- lei“ bezeichnet, 1968 für einen handfesten Skandal20 Künstler schließen an die Tradition des österreichi- beiten Werke von Yves Klein und Piero sorgt. Der in Fotografien gut dokumentierte Wiener schen Expressionismus an, ein Umstand auf den Manzoni in Kärnten gezeigt. Erst in den Aktionismus zählt heute auch international zu einer Martha Jungwirth explizit in einem Werkzyklus von letzten Jahren wird die Bedeutung des der radikalsten künstlerischen Bewegungen des 20. 2015, in dem sie sich mit Richard Gerstl auseinan- Künstlers, dessen monochrome Bilder Jahrhunderts. dersetzt, verweist 25. In seinem Frühwerk steht auch der ZERO-Bewegung zuzurechnen sind Eduard Angeli der Gruppe „Wirklichkeiten“ nahe. In und der in seinen Werken das „Concet- In enger Beziehung zum Aktionismus steht die Medi- bunten, figurenreichen Szenen, oft an historische to spaziale“ Lucio Fontanas verarbeitet, enkünstlerin Valie Export. Sie bespielt gemeinsam mit Ereignisse angelehnt, finden sich auch bei ihm ein erkannt. ZERO ist als Reaktion auf die Maria Lassnig 1980 den österreichischen Pavillon auf gestisch-expressiver Duktus mit übertriebener Far- Übermacht von Informel und Abstrak- der Biennale di Venezia. Bis zur ersten Einzelausstel- bigkeit. Nachdem die Menschen nach und nach aus tem Expressionismus zu verstehen und lung einer Künstlerin in Venedig dauert es weitere 39 seinen Bildern verschwinden, beruhigen sich seine gleichzeitig „eine der ersten internatio- Jahre, diese Ehre wird 2019 Renate Bertlmann zuteil. Kompositionen immer mehr, bis sie zuletzt, von gro- nalen Bewegungen, in welcher deutsch- Alle drei Künstlerinnen gelten schon früh als Vertre- ßer Harmonie und Stille geprägt, einen stark medita- sprachige Künstler gleichberechtigt mit- terinnen einer feministischen Kunstströmung, die mit tiven Charakter aufweisen. wirken“17 . dem Erstarken der Frauenbewegung in den späten 1960er und 1970er Jahren aufkommt. Es geht darum Eine weitere Künstlergruppe wird, die, obwohl die Auch der große Max Weiler wurde lange weibliche Rollenbilder zu hinterfragen, ironisch wer- Protagonisten nicht unterschiedlicher sein könnten, Arik Brauer, Ernst Fuchs, 15 Anton Lehmden in der Otto Mauer gegründete Galerie St. Stephan . Gegen Zeit als Einzelgänger angesehen, der seine Kunst un- den bestimmte Klischees bedient und ein männlicher unter dem Namen die „Neuen Wilden“ – zeitgleich Brauer-Villa, 2008 Ende der 1950er Jahre interessiert sich Mauer immer abhängig von allen Strömungen entwickelt hat. Dabei Blickwinkel eingenommen. In diesem Zusammen- gibt es ein deutsches Pendant26 – zusammenge- (© Vukovits Martin / mehr für das Informel, was auch im Ausstellungspro- wurde allzu gerne übersehen, wie sehr sein Oeuvre hang können auch die Arbeiten der Serie „Women’s fasst. Zu ihr zählen, unter anderen Siegfried Anzinger, Verlagsgruppe News / picturedesk.com) gramm Niederschlag findet. 1956 gründen Wolfgang doch mit der internationalen Kunstentwicklung verwo- Liberation“ von Kiki Kogelnik gesehen werden. Herbert Brandl, Hubert Schmalix, Gunter Damisch Hollegha, Josef Mikl, Markus Prachensky und Arnulf ben ist. Vergleiche seiner Arbeiten der späten 1950er Im Stil der Pop Art 21 hinterfragt sie bereits Anfang der und Hubert Scheibl. Sie weisen einen Weg zu einer Rainer die nach der Galerie benannte „Gruppe St. und frühen 1960er Jahre mit Werken von internatio- 1970er Jahre kritisch das Bild der Frau in einer Welt gänzlich neuen Auffassung von Malerei: hin zum Bild Stephan“. Otto Mauer wird zu ihrem prominentesten nalen Größen wie Clyfford Still oder Nicolas de Staël, des Konsums, der Massenmedien und der Werbung. als „adäquate Form eines Existenzzustandes“ und zu Mentor, die Galerie zum fixen Stützpunkt der Künstler aber auch Cy Twombly oder Raymond Hains liefern Hier lässt sich ein Bogen spannen bis zu den groß- einer „koloristisch-malerischen, autonomen Bildauf- und entwickelt sich gleichzeitig zu einer der wichtigs- dabei überraschende Ergebnisse. In manchen seiner formatigen Collagen von Gabi Trinkaus. Ihre Gesich- fassung, die sich völlig von allen gestisch-aktionisti- ten europäischen Avantgarde-Galerien, die im regen Bilder nimmt Weiler Strömungen der internationalen ter sind Symbol einer käuflichen Schönheit, die uns schen und erzählerischen Momenten löst“27. Der Weg Austausch mit der internationalen Szene steht. Neben Avantgarde vorweg oder kommt zeitgleich zu ähn- von der Werbung als Heilsversprechen geliefert wird. zu den unterschiedlichsten Bildlösungen ist nun ge- dem Vierergespann der „Gruppe St. Stephan“ gehö- lichen Lösungen. Seine neuartige Art einer „Land- Mittlerweile wird in zahlreichen Ausstellungen und ebnet und die österreichische Kunstszene kann mit ren auch Kiki Kogelnik, Maria Lassnig und Oswald schaftsmalerei“ wird hingegen schon lange in ihrer Publikationen angestrebt, den Begriff „Feministische der internationalen auf Augenhöhe agieren. Oberhuber zu den fixen Galeriekünstlern. Letzterer Qualität und Bedeutung erfasst und gewürdigt. Der Avantgarde“22 in der Kunstgeschichte zu verankern. übernimmt nach dem Tod Otto Mauers 1973 bis 1978 Begriff der Landschaftsmalerei ist allerdings ein irre- „Kuratoren und Kritiker haben zunehmend erkannt, Abschließend bleibt zu bemerken, dass ohne den Bei- die Leitung der Galerie. führender, denn Max Weiler macht bereits mit der Se- dass vom Feminismus die einflussreichsten Impul- trag der Künstler aus den Jahren 1950 bis 1980 die rie „Wie eine Landschaft“ (1961-1967) einen radikalen se in der Kunst des späten 20. und beginnenden 21. zeitgenössische Entwicklung österreichischer Kunst Zu erwähnen ist auch noch die vom Künstlerehe- Schritt in die gegenstandslose, prozessuale Malerei. Jahrhunderts ausgegangen sind.“23 anders verlaufen wäre. Auf ihren Errungenschaften paar Christa Hauer und Johann Fruhmann geleitete „Weiler war zeitweise moderner, als er es vielleicht sel- und dem Aufbau eines internationalen Netzwerkes Galerie im Griechenbeisl, die in den Jahren ihres Be- ber wusste.“18 In den späten 1960er Jahren tauchen „Krokodile im baut die nachfolgende Entwicklung auf und bereitet stehens 1960 bis 1971, ebenfalls essentielle Aufbau- Karpfenteich“24 auf. Der Wiener Kunstkritiker Alfred den Nährboden für die Postmoderne. arbeit leistet und viele Künstler von internationalem Aus Amerika schwappen Fluxus und Happening nach Schmeller bezeichnet so die Künstler der Gruppe Rang nach Wien holt. Arbeiten von Karl Prantl, Franz Europa. Bereits 1962 wird das performative Konzept „Wirklichkeiten“, die sich im Mai 1968 in einer Grup- Sophie Cieslar Ringel, Christian Ludwig Attersee und Martha Jung- von einer Gruppe Wiener Künstler aufgegriffen, unter penausstellung der Wiener Secession zusammenfin- wirth werden hier präsentiert. ihnen Günter Brus, Otto Muehl, Hermann Nitsch und den. Die „Karpfen“ sind in diesem Fall die Vertreter Rudolf Schwarzkogler. An der ersten Aktion „Die Blut- der abstrakten Kunst, denen hier eine ernsthafte In den späten 1950er und frühen 1960er Jahren orgel“19 sind neben Otto Muehl auch Adolf Frohner hat sich die Malerei in Österreich im Wesentlichen und Hermann Nitsch beteiligt. Nitsch bleibt mit den 20) Die Aktion im Hörsaal 1 des Neuen Institutsgebäudes in Wien bringt den 25) Martha Jungwirth widmet Richard Gerstl 2015 einen eigenen Zyklus: daran beteiligten Künstlern polizeiliche Anzeigen und Haftstrafen ein. Ohne Titel (aus der Serie Richard Gerstl, Bildnis der Schwestern Frey). 16 also in zwei Lager gespalten , die Maler des Infor- Aktionen seines Orgien Mysterien Theaters und den 21) Kiki Kogelnik kann wohl als einzige österreichische Vertreterin der Pop Art 26) „Neue Wilde“ in Deutschland: Rainer Fetting, Helmut Middendorf, Salomé, mel und des Abstrakten Expressionismus sowie die Malaktionen auch später dem Aktionismus treu, ent- bezeichnet werden, als männlicher Apologet dieser Stilrichtung kann mit Elvira Bach, A. R. Penck, Martin Kippenberger, Jírí Georg Dokoupil u.a. seinem Frühwerk Christian Ludwig Attersee genannt werden. 27) Lóránd Hegyi, Die 80er und 90er Jahre, in: Kunst aus Österreich. 1896-1996, 22) z. B.: Gabriele Schor, Feministische Avantgarde. Kunst der 1970er Jahre aus Ausstellungskatalog, Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik 15) Es werden die ehemaligen Räumlichkeiten von Otto Kallirs Neuer Galerie in 16) Daneben gibt es vereinzelt auch Künstler, die direkt an den Expressionismus der SAMMLUNG VERBUND, Wien, München 2015 (umfassender Deutschland, Bonn 1996, S. 121 der Grünangergasse angemietet. Kallir selbst war vor der Verfolgung durch der Vorkriegszeit anschließen (Ferdinand Stransky, Karl Stark oder Georg Ausstellungskatalog zu einer internationalen Wanderausstellung 2010 bis 2018) die Nationalsozialisten zunächst nach Paris und 1939 nach New York geflohen, Eisler) oder kubistische Tendenzen in ihr Werk aufnehmen (Alfred Wickenburg). 23) „But curators and critics have increasingly come to see that feminism has wo er die heute noch existierende und mittlerweile von seiner Enkelin, Jane 17 ) Hoerschelmann, Friedel, S. 14 generated the most influential art impulses of the late 20th and early 21st Kallir, geleitete Galerie „St. Etienne“ gründete. Diese Namensgebung 18) Edelbert Köb in: Max Weiler. Die Natur der Malerei, Ausstellungskatalog, century.“, Holland Cotter, Feminist Art Finally takes Center Stage, in: übernimmt Otto Mauer in der deutschen Version als „Galerie St. Stephan“. Essl Museum, Klosterneuburg 2010, S.12 The New York Times, 29.1.2007 auf: https://www.nytimes.com/2007/01/29/ 1964 wird die Galerie aufgrund innerkirchlicher Kritik in „Galerie nächst 19) „Die Blutorgel“ findet vor Publikum in Otto Muehls Kelleratelier in der arts/design/29femi.html (zugegriffen am 29.1.2020) St. Stephan“ umbenannt. Perinetgasse im 20. Wiener Gemeindebezirk statt. 24) http://www.artmagazine.cc/content76930.html (zugegriffen am 29.1.2020) Der 1928 geborene Friedrich Stowasser (ab verschmelzen zu Kernen mit konzentrischen Rin- 1949 nennt er sich Hundertwasser, 1961 nach gen, während der Regen, der sich im oberen Teil einer Japanreise Friedensreich) gilt als einer der des Werkes manifestiert, die Physiognomie von bedeutendsten österreichischen Künstler der schrägen, vertikalen Linien annimmt. „Der grüne Nachkriegszeit. Nach einem nur dreimonatigen Regen fällt.“2 Studium an der Wiener Akademie der bildenden Der „Spiral-Maler“ Hundertwasser positioniert sich Künste bildete er sich autodidaktisch fort. Zahlrei- schon 1954 als erbitterter und unversöhnlicher che Reisen führten den Künstler nach Italien, Ma- Gegner der geraden Linie und formuliert eine rokko, Tunesien, Nepal, Tokio, Sibirien, Tahiti und stringente Absage an Uniformität und Regelden- Neuseeland, viele davon ab den frühen siebziger ken. Theoretisch reflektiert der Künstler über die Jahren im hölzernen Einmaster „Regentag“. 1973 gerade Linie, die „gottlos“ und „unmoralisch“ sei kaufte er eine Farm im Norden Neuseelands. Aus- und in letzter Konsequenz „zum Untergang der gehend vom Wiener Jugendstil, der Malerei Paul Menschheit führe“3. Im Gegensatz dazu steht Klees und orientalischen Miniaturen entwickelte Hundertwassers leidenschaftliches Plädoyer für Friedensreich Hundertwasser einen abstrakt-de- die spiralförmige Linie. Nicht als sinnentleertes korativen, flächigen, farbenprächtigen Stil mit den und repetitives Dekorationsmotiv, sondern als für ihn typischen immer wiederkehrenden Kreisen omnipräsenter künstlerischer Ausdruck des sich und Spiralformen. Neben den großen Erfolgen ständig wiederholenden, vegetativen Kreislaufs als Maler war Friedensreich Hundertwasser auch von Leben und Natur, der Dialektik von Expansion Architekt (unter anderem: Hundertwasserhaus in und Konzentration. der Wiener Löwengasse) und Vorreiter der ökolo- Friedensreich Hundertwassers Fokussierung auf gischen Bewegung. 1981 wurde der Künstler an die uralte, stark symbolisch konnotierte Spiralen- die Wiener Akademie der bildenden Künste als Chiffre spielt zwischen 1953 und 1970 die be- Leiter der Meisterschule für Malerei berufen. Frie- herrschende Rolle in seinem malerischen Oeu- densreich Hundertwasser starb im Jahr 2000 auf vre. Daneben finden wir seine Konzentration auf einem Kreuzfahrtschiff vor Neuseeland. leuchtende, reine Farben als signifikantes Ge- staltungselement. Unleugbar gilt: „Hundertwasser Der Aufenthalt in der französischen Metropole malt, und es gibt für ihn nichts anderes als die Paris zwischen 1949 und 1960 präsentierte sich Malerei.“4 Friedensreich Hundertwasser als „ungeheures Abenteuer im Neuland“ 1. Mit seiner prozessualen, dynamischen Malweise und seinen experimen- tellen Bildkompositionen hatte der zweimalige Biennale-Teilnehmer Hundertwasser (1954 und 1962) bereits Ende der 1950er Jahre eine eige- ne künstlerische Reife erreicht und bewegte sich ganz auf der Höhe der internationalen Avantgarde. Der Künstler malte „La Pluie (Jour de pluie verte)“ (Der Regen – Tag des grünen Regens) im Februar 1959 auf Picaudière, einem Bauernhof in der Nähe

Friedensreich Hundertwasser von Alençon in der französischen Normandie, den

er zwei Jahre vorher gekauft hatte. Dem Betrachter FRIEDENSREICH HUNDERTWASSER (Wien 1928 - 2000 Neuseeland) offenbart sich hinter dem metaphorischen, poeti- 1 schen Bildtitel eine äußerst subtil arrangierte Land- La Pluie (Jour de pluie verte) schaft aus Arabesken und bunten Feldern, die von 1959 frei ondulierenden, mäandernden Wasserläufen Öl, Eitempera und Aquarell auf umspült werden. Die Farben Blau und Grün do- kreidegrundiertem Papier auf Leinwand minieren die ausdrucksstarke Komposition und 81 x 65,2 cm lassen auf die grüne, feuchte Atmosphäre der Signiert und datiert links oben und Mitte unten: Landschaft der Normandie im Winter schließen. HUNDERTWASSER 1959 Alles scheint sich zu drehen und zu bewegen. Die Rückseitig betitelt, datiert und bezeichnet: weichen, sanften Formen im unteren Bildbereich HUNDERTWASSER „JOUR DE PLUIE VERTE“ 25 F = 81 x 65 cm 1959 SUR PAPIER VERNIS CIRE Rückseitig Ausstellungs- und Galerieetiketten

Provenienz: Galerie Charles Lienhard, Zürich; Privatsammlung Schweiz (seit den 1970er Jahren) 1) Friedensreich Hundertwasser, Paris 1954, in: Walter Schurian (Hg.), Privatsammlung Frankreich Friedensreich Hundertwasser, Schöne Wege. Gedanken über Kunst und Leben. Literatur: Andrea Christa Fürst, Hundertwasser 1928-2000. Werkverzeichnis, Schriften 1943-1999, München 2004, S. 25 Vol. II, Köln 2002, Wkv.Nr. 453, m. Abb. S. 401; 2) Friedensreich Hundertwasser, „Der Tod der tausend Fenster“ (1964), in: Wieland Schmied, Hundertwasser. Katalog der Kestner-Gesellsschaft, Kestner Gesellschaft Hannover (Hg.), Hundertwasser. Vollständiger Ausstellungskatalog, Hannover 1964, Abb. S. 185, Nr. 453 Oeuvre-Katalog mit 100 farbigen Reproduktionen, Ausstellungskatalog, Kestner-Gesellschaft Hannover, Hannover 1964, S. 37 Ausgestellt: Kestner-Gesellschaft, Hannover 1964/1965; 3) Christoph Grunenberg, Astrid Becker (Hg.), Friedensreich Hundertwasser. Kunsthalle Bern, Bern 1964/1965; Gegen den Strich. Werke 1949-1970, Ausstellungskatalog, Kunsthalle, Karl-Ernst-Osthaus-Museum, Hagen 1964/1965; Bremen 2012/2013, S. 118 und S. 61 Stedeljik Museum, Amsterdam 1964/1965; 4) Wieland Schmied, „Notizen zu Hundertwasser“, in: Kestner Gesellschaft Hannover Moderna Museet, Stockholm 1964/1965; (Hg.), Hundertwasser. Vollständiger Oeuvre-Katalog mit 100 farbigen Reproduktionen, Krugier chez Gimpel & Hannover, Zürich 1966; Ausstellungskatalog, Kestner-Gesellschaft Hannover, Hannover 1964, S. 8 Galerie Krugier, Galerie Georges Moos, Genf 1967 2 3

nsgesamt sieben Aquarelle von 1953 und Das entspricht auch dem Wunsch des Künstlers, FRIEDENSREICH HUNDERTWASSER 1959 wurden von Friedensreich Hundert­ dass seine Werke ausgestellt werden sollen „wie (Wien 1928 - 2000 Neuseeland) 2-3 Iwasser in insgesamt 240 kleine Stücke zerteilt Juwelen. Sie sollten so gezeigt werden, dass sie La Lune en rodage und mit weiterer Ummalung dem Buch „La Lune ihre Kostbarkeit zur Schau stellen“1. Somit werden 1959 en Rodage“ von Carl Laszlo (Hg.) beigelegt. Die- die Kompositionen auch in einen Art Andachts- Aquarell und Collage auf Papier, ses erschien in seltenen, stark limitierten Ausga- raum verschoben, der etwas Weihevolles, Ent- 25 x 17,5 cm bzw. 22 x 15 cm ben in den Jahren 1960, 1966 und 1975. In jeweils rücktes an sich hat. Signiert unten: Hundertwasser als drei Bänden wird reich bebildert ein Überblick visuelles Kürzel: 100 mit drei Wellen über die künstlerische Avantgarde der 1950er „Kunst ist jedoch etwas Religiöses. bis 1970er Jahre gegeben. Die beigelegten Uni- Ein Platz der Andacht, ein Ort der Provenienz: Privatbesitz Italien bzw. Schweden Literatur: Wieland Schmied, Hundertwasser. kate von Hundertwasser sind in Collagetechnik Erbauung, des Friedens, ein Ort, wo Katalog der Kestner-Gesellsschaft, auf kreidegrundiertem Packpapier gearbeitet, die man tiefe seelische Hilfe bekommt, wo Ausstellungskatalog, Hannover 1964, Kat.Nr. 577 Vgl.: Andrea Christa Fürst, Hundertwasser 1928-2000. Ummalungen in Aquarellfarben umschließen in man den richtigen Weg wiederfindet, Werkverzeichnis, Vol. II, Köln 2002, S. 469 f. Halbkreisen den collagierten Teil wie Gloriolen den man verloren hat.“2 oder wie eine Fassung einen wertvollen Edelstein. (Friedensreich Hundertwasser)

1) http://www.hundertwasser-museum.de/zitate/15-zitat-gemälde-sollten- ausgestellt.html (zugegriffen am 23.1.2020) 2) https://hundertwasser.com/texte/on_false_art (zugegriffen am 23.1.2020) FRIEDENSREICH HUNDERTWASSER Signiert, datiert und nummeriert: 4 (Wien 1928 - 2000 Neuseeland) 23/200 551A Hundertwasser Regentag 1967 Die Nachbarn I - Spiralsonne und Mondhaus Auflage: 200 Stück 1967 Provenienz: Privatsammlung Niederösterreich Japanischer Holzschnitt Literatur: Andrea Christa Fürst, Hundertwasser 1928-2000. Werkverzeichnis, Vol. II, Köln 2002, S. 794 (Werknummer 551A); 32,4 x 49,3 cm (Druckgröße) Walter Koschatzky, Janine Kertész, Friedensreich Hundertwasser. 35,5 x 52,2 cm (Blattgröße) Das vollständige druckgraphische Werk 1951-1986, Zürich 1986, S. 84, HWG 32 (551A)

FRIEDENSREICH HUNDERTWASSER Provenienz: Privatbesitz Schweiz (Wien 1928 - 2000 Neuseeland) Literatur: Andrea Christa Fürst, Hundertwasser 1928 - 2000. 6 Werkverzeichnis, Vol. II, Köln 2002, HWG 25 (652); Seereise II - Reise zur See und mit der Bahn Walter Koschatzky, Janine Kertész, Friedensreich Hundertwasser. Das vollständige druckgraphische Werk 1951-1986, Zürich 1986, 1967 S.70, HWG 25 (652) FRIEDENSREICH HUNDERTWASSER Betitelt, datiert und nummeriert am linken Rand Farblithografie 5 (Wien 1928 - 2000 Neuseeland) im Druck: Die Häuser hängen unter den Wiesen 63 x 50 cm (Druckgröße) Die Häuser hängen unter den Wiesen Hundertwasser Lengmoos 1972 699 Signiert, datiert, bezeichnet und nummeriert Mitte unten: aus dem Portfolio „Look at it on a rainy day“ (Blatt 9) Stempel sowie Farbauszugspunkte am linken Rand Hundertwasser 652 Paris Genf 1967 21/267 1971 Provenienz: Privatbesitz Schweiz Signiert, datiert, bezeichnet und nummeriert links unten im Farbserigrafie mit Metallprägungen Literatur: Andrea Christa Fürst, Hundertwasser 1928 - 2000. Druck: Hundertwasser 652 Paris Genf 1967 Werkverzeichnis, Vol. II, Köln 2002, HWG 52 (699A); 41 x 60 cm (Druckgröße) Walter Koschatzky, Janine Kertész, Friedensreich Hundertwasser. Signiert und nummeriert rechts unten: Das vollständige druckgraphische Werk 1951-1986, Zürich 1986, Friedensreich Hundertwasser 184/300 S. 124, HWG 52 (699A) Arik Brauer entführt uns mit seiner Malerei in ver- verwendet. Auch in Johannes Brahms‘ „Zigeuner- zauberte, märchenhafte, immer sehr persönliche liedern“ oder in den „Ungarischen Tänzen“, in Jo- Bildwelten, in denen alle Möglichkeiten und Un- hanns Strauss‘ „Der Zigeunerbaron“ und bei Béla möglichkeiten unserer Welt enthalten sind. Das Bartók finden sich Einflüsse der Romamusik. Malen ist ihm neben all seinen anderen Talenten „die wichtigste Begabung“1. Er arbeitet oft an meh- Mit den staunenden Augen und der Begeiste- reren Bildern gleichzeitig, in altmeisterlicher Manier2 rungsfähigkeit eines Kindes geht der Künstler mit feinen Pinseln aber auch mit den Fingern, um durch die Welt. Seine Liebe zur Natur und Musik durch das Wischen weiche Übergänge, ein Sfu- findet ebenfalls Niederschlag in seinen Werken, mato, zu erzielen. Als Bildträger dienen Platten, zum Beispiel in „Musik für 3 Rosen“ (Kat.Nr. 11), eine Leinwand wäre einfach zu rau für diese feine wo Musiker in bunten Gauklergewändern mit ihren Malerei. Oft bleiben Bilder längere Zeit stehen, bis teils sehr eigentümlichen Instrumenten drei gigan- den Künstler der Funken der Fantasie wieder zur tische Rosen zum Wachsen und Erblühen bringen angefangenen Erzählung zurückführt. Schwer ist – eine wundervolle Hommage an die Kraft der Mu- es, ein Bild für vollendet zu erklären, es gibt so vie- sik. „Der Schildwache Nachtlied“ aus Gustav Mah- le Geschichten zu erzählen und mit jedem noch lers „Des Knaben Wunderhorn“, der Vertonung Arik Brauer Arik Brauer so kleinen zusätzlichen Detail kann eine weitere von Gedichten Clemens Brentanos und Achim Facette, ein neuer Erzählstrang hinzugefügt wer- von Arnims, findet Eingang im Bild „Will Deiner den. Ist doch die Welt ein „verrücktes Chaos von warten im Rosengarten“ (Kat.Nr. 10), wo mehrere Begebenheiten und Schicksalen“3. Von Anfang Erzählstränge in einer dramatischen Komposition an hat dieser „Magier des Pinsels seinen eige- miteinander verwoben werden. Arik Brauer erzählt nen, unverwechselbaren Stil: Bizarr-phantastische „Geschichten, die sich im Betrachter und durch den Schöpfungen, die ein wenig an mittelalterliche Betrachter verändern.“5 So werden wir in das Bild- Miniaturen und orientalische Traditionen erinnern... geschehen eingebunden und sollen mit unserer und politische Themen ebenso aufgreifen wie Mo- Fantasie die angelegten Erzählstränge weiterspin- tive aus der jüdischen Geschichte, Erlebnisse von nen. In „Wundersame Gebilde“ (Kat.Nr. 9) bringt seinen Reisen und immer, immer seine zutiefst der Künstler eine karge Wüstenlandschaft zum humanistische Gesinnung beweisen“4. Blühen, aber sind es Pflanzen oder menschen- gemachte Gebilde, was ist Mensch, was Abbild, Der „Romageiger“ (Kat.Nr. 7) musiziert in sich Skulptur? Neben all den schrecklichen Dingen, die versunken mit geschlossenen Augen. Er streicht Menschen hervorbringen können, sind es auch den Bogen zart über ein orange fluoriszierendes viele wunderbare: die Kraft, Kunst zu erschaffen, Streichinstrument, dessen intensives Leuchten ist eines davon. Solange es Kunst, Liebe zu Musik den Blick auf sich zieht. Auf dem Kopf des Musi- und Natur, sowie Nächstenliebe gibt, solange gibt kers sitzt eine Haube, die mit blauen an Elektro- es Gutes in dieser Welt. den erinnernden Formen bedeckt ist, von denen Schwingungen wie Dunstschleier ausgehen. Sie „Die Bilder von Arik Brauer sind von versinnbildlichen wohl die Kraft der Inspiration, die großer Wahrheit, von großer Ergrif- von großen Künstlern auszugehen vermag. Links fenheit über die Wunder, die überall, fliegt ein zarter blau-violetter Vogel ins Bild, Verkör- jeden Tag geschehen. Es sind Bilder perung der Seele des Mannes. Mit nackten Füßen voller Hoffnung. Die Hoffnung sagt ein steht der Geiger in einer schneebedeckten, eher Sprichwort, stirbt zuletzt. Arik Brauer öden Landschaft, aber rings um ihn ist der Boden widerspricht dem: ‚Die Hoffnung stirbt fruchtbar geworden, sogar aus der Tasche seines überhaupt nicht, sie überlebt den Hof- armseligen, zerschlissenen Mantels wuchert Grün fenden.“6 empor. Vier prachtvolle Blüten haben ihre Kelche geöffnet und scheinen sich zum Rhythmus der Musik zu bewegen. Bei näherer Betrachtung sieht man, dass die Staubblätter der fleischigen Kelche ARIK BRAUER Namenszüge formen: Brahms, Liszt, Bartok und (geb. Wien 1929) 7 Strauss ist da zu lesen. Hier bezieht sich Arik Brau- Der Romageiger und seine Schüler er explizit auf die Wichtigkeit der Musik der Roma, Öl auf Hartfaser wie dem ungarischen Csárdás, dessen Elemente 120 x 90 cm zum Beispiel Franz Liszt in seinen Kompositionen Signiert rechts unten: BRAUER Rückseitig betitelt und nummeriert: ÖL 1014 „DER ROMAGEIGER UND SEINE SCHÜLER“ Authentizität bestätigt durch das Atelier Brauer.

Literatur: Vgl.: Agnes Husslein-Arco (Hg.), 1) Danielle Spera, Daniela Pscheiden (Hg.), Arik Brauer. Alle meine Künste. Phantastischer Realismus, Belvedere, Wien 2008; All of my Arts, Ausstellungskatalog, Jüdisches Museum, Wien 2019, S. 58 Arik Brauer, Monografie, Wien 1998; 2) Vor allem die Arbeiten von Pieter Bruegel dem Älteren und Hieronymus Bosch, Arik Brauer. Werkverzeichnis I, Dortmund 1984, die Arik Brauer im Kunsthistorischen Museum in Wien eingehend studieren S. 252, Wkv. Nr. Öl 26 ff. konnte, haben eine große Vorbildwirkung. 3) Spera, S. 59 4) ebd., S. 58 5) ebd., S. 11 6) ebd., S. 61 ARIK BRAUER (geb. Wien 1929) 9 Wundersame Gebilde Öl auf Hartfaser 62 x 76 cm Signiert links unten: BRAUER Authentizität bestätigt durch das Atelier Brauer. rik Brauer wurde 1929 als Sohn eines als Tänzer am Wiener Raimundtheater engagiert. Literatur: Vgl.: Danielle Spera, Daniela Pscheiden (Hg.), Arik Brauer. Schuhmachermeisters in Wien geboren, Nach der Heirat 1957 in Tel-Aviv zogen Arik und Alle meine Künste, Ausstellungskatalog, Jüdisches Museum, Wien 2019; wo er auch seine Schulzeit, ab 1942 in ei- Naomi nach Paris und traten als israelisches Franz Smola, Alexandra Matzner (Hg.), Arik Brauer Gesamt.Kunst.Werk, A Ausstellungskatalog, Leopold Museum, Wien 2014 ner „Judenschule“, verbrachte. Gegen Kriegsende Gesangsduo auf. Hier kamen auch die beiden entkam er, versteckt in einem Schrebergarten, der Töchter Timna und Talja zur Welt. Nach der Rück- Verfolgung durch die Nazis. Ab 1945 studierte er übersiedlung der Familie nach Wien 1964 be- ARIK BRAUER an der Wiener Akademie der bildenden Künste schäftigte sich Arik Brauer neben der Malerei mit 8 (geb. Wien 1929) bei Albert Paris Gütersloh. Parallel dazu begann er der Gestaltung von Bühnenbildern und betätigte Der Zauberer 1947 eine Gesangsausbildung. Brauer war einer sich äußerst erfolgreich als Sänger im Wiener Di- Öl auf Hartfaser der Mitbegründer und Hauptvertreter der „Wie- alekt. 1972 kam die dritte Tochter Ruth zur Welt. 26 x 21 cm ner Schule des phantastischen Realismus“. Be- Neben Wien ist Ein-Hod in Israel zweiter Lebens- Signiert rechts unten: BRAUER reits ab 1959, in Folge der Gruppenausstellung mittelpunkt der Familie Brauer. Von 1986 bis 1997 Rückseitig betitelt und nummeriert: ÖL 961 „DER ZAUBERER“ der „Phantasten“ in der Österreichischen Galerie war er Professor an der Akademie der bildenden Authentizität bestätigt durch das Atelier Brauer. Belvedere, begann auch seine internationale An- Künste. Daneben realisierte er zahlreiche künstle- Literatur: Vgl.: Agnes Husslein-Arco (Hg.), erkennung als Maler. rische Projekte im In- und Ausland, darunter archi- Phantastischer Realismus, Belvedere, Wien 2008; Anfang der 1950er Jahre reiste der Künstler mit tektonische Bauten im öffentlichen Raum wie das Arik Brauer, Monografie, Wien 1998; dem Fahrrad durch Europa und Afrika und leb- Arik-Brauer-Haus in Wien-Mariahilf. Der Künstler Arik Brauer. Werkverzeichnis I, Dortmund 1984, S. 252, Wkv. Nr. Öl 26 ff. te 1954/1955 als Sänger und Tänzer in Israel, wo ist Träger zahlreicher Auszeichnungen wie dem er seine spätere Frau Naomi kennenlernte. 1956 Großen Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste schloss er sein Akademiestudium ab und wurde um die Republik Österreich. ARIK BRAUER 10 (geb. Wien 1929) Will Deiner warten im Rosengarten Mahler: Des Knaben Wunderhorn Tempera auf grundiertem Karton, gefirnisst 63 x 47 cm (Passepartout-Ausschnitt) Signiert links unten: BRAUER Rückseitig betitelt und nummeriert: 968 MAHLER DES KNABEN WUNDERHORN „WILL DEINER WARTEN IM ROSENGARTEN“ Authentizität bestätigt durch das Atelier Brauer.

Literatur: Vgl.: Danielle Spera, Daniela Pscheiden (Hg.), Arik Brauer. Alle meine Künste, Ausstellungskatalog, Jüdisches Museum, Wien 2019; Franz Smola, Alexandra Matzner (Hg.), Arik Brauer Gesamt.Kunst.Werk, Ausstellungskatalog, Leopold Museum, Wien 2014

ARIK BRAUER (geb. Wien 1929) 11 Musik für 3 Rosen Tempera auf grundiertem Karton, gefirnisst 34 x 47 cm (Passepartout-Ausschnitt) Signiert rechts unten: BRAUER Rückseitig betitelt und nummeriert: 826 MUSIK FÜR 3 ROSEN Authentizität bestätigt durch das Atelier Brauer.

Literatur: Vgl.: Danielle Spera, Daniela Pscheiden (Hg.), Arik Brauer. Alle meine Künste, Ausstellungskatalog, Jüdisches Museum, Wien 2019; Franz Smola, Alexandra Matzner (Hg.), Arik Brauer Gesamt.Kunst.Werk, Ausstellungskatalog, Leopold Museum, Wien 2014 Anton Lehmden kam nach Kriegsende im Sommer Auch in nebenstehendem monumentalen Gemäl- 1945 nach Wien, wurde noch im selben Jahr an de führt uns Anton Lehmden eines seiner großar- der Akademie der bildenden Künste aufgenom- tigen transformierten Weltlandschafts-Panoramen men und studierte bis 1950 in den Meisterklassen vor Augen. Bis weit an den hoch angesetzten von Robin Christian Andersen und Albert Paris Gü- Horizont schwingt in sanften Mulden eine Heide- tersloh. Mit Ernst Fuchs und Arik Brauer arbeitete landschaft, grasbestanden und mit fein kalligra- er im legendären „Turm-Atelier“ der neu etablierten fiertem, geducktem Buschwerk überwachsen. Und Klasse, das als Geburtsstätte der „Wiener Schule doch beunruhigt die weite menschenleere Land- des Phantastischen Realismus“ gilt. 1948 trat er schaft den Betrachter, ist sie doch durchsetzt mit der avantgardistischen Künstlervereinigung „Art zahlreichen seltsamen, rechteckigen Gruben und Club“ bei und beteiligte sich aktiv an deren zahl- Schächten, die mit irritierender geometrischer Prä- reichen Aktivitäten. Seine erste Einzelausstellung zision aus der vegetabilen Oberfläche ausgeho- hatte Anton Lehmden 1949 in Turin und es folgten ben sind. Bis tief ins Innere ist die Struktur der Erde zahlreiche weitere Erfolge – so nahm er an den mit geologischer Genauigkeit freigelegt, eine urge- Biennalen von Venedig (1950, 1954) und São schichtliche Stratigrafie aus mineralischen Ocker-, Paulo (1953) teil, darüber hinaus waren seine Wer- Braun- und Rottönen kommt zum Vorschein, die ke später in Philadelphia, Amsterdam, Kairo, Los kraftvoll mit dem zart lasierten Grün der Oberfläche Angeles, New York, Montevideo und Tokio zu se- kontrastiert. Wie an Scharnieren befestigt, ragen hen. Bereits 1956 wurde Anton Lehmden mit dem meterdicke Erdstücke aufgeklappt aus der Land- Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet und schaft und rhythmisieren diese bis zu den fernen kurz darauf auch mit einer Einzelausstellung in der Klippen am Horizont, die in einen seltsam glü-

Anton Lehmden renommierten Galerie Würthle geehrt. 1971 wurde henden, orange-rot gefärbten Himmel ragen. Wie Anton Lehmden als Professor an die Akademie Überreste einer unbekannten, archaischen Kultur der bildenden Künste in Wien berufen und leitete sind diese Eingriffe kaum mehr dechiffrierbar: sind bis 1997 eine Meisterklasse für Malerei. Weithin es aus dem Ruder gelaufene geologische Son- bekannt wurde der Künstler auch durch das 360 dierungen, archäologische Grabungen oder gar m² große, monumentale Glasmosaik „Das Werden massenhaft ausgehobene Unterstände oder Grä- der Natur“, das er für die 1991 eröffnete U3-Station ber? Wir wissen es nicht. Der orange schwelende Volkstheater entwarf. 1999 wurde Anton Lehmden, Himmel, der sich über dem surrealen Panorama der auch Träger des Lovis-Corinth-Preises war, wölbt, lässt vielleicht (Welten-)Brände und Kriegs- zum Ehrenbürger von Deutschkreutz, wo er auch geschehen assoziieren – jedenfalls ein Topos, der die Pfarrkirche künstlerisch neu gestaltet hat. Im in der Kunst Anton Lehmdens von Anfang an einen 90. Lebensjahr starb der Künstler 2018 in Wien. zentralen Platz einnimmt. Die mehrfach ausgestellte „Bewegte Landschaft“ Seine charakteristische, fein ziselierte Maltechnik ist durch Format, malerische Qualität und Ikono- hatte Anton Lehmden schon früh an den Werken grafie ein absolutes Hauptwerk Antons Lehmdens der chinesischen Landschaftsmalerei sowie den und gerade in unserer Ära einer brennenden und alten Meistern wie Pieter Bruegel oder Albrecht rücksichtslos ausgebeuteten Erde ein großartiges Altdorfer geschult und auch sein zentraler Bildto- Kunstwerk von mahnender, zeitloser Gültigkeit. pos blieb von Anfang an die Landschaft: oft groß- räumige und menschenleere „Weltlandschaften“1, von windzerzausten Wolkenbahnen und Vogel- flug rhythmisiert – „sanft, fast freundlich gewölbte Hügel und nicht sehr tiefe Täler, etwas Vegetation, Bäume, Landwirtschaftliches, Wiesen…“2, häufig aber auch bizarr zerschnittene Erdformationen, die ANTON LEHMDEN auf den Betrachter bedrohlich wirken und apoka- (Nitra, Slowakei 1929 - 2018 Wien) 12 lyptische Assoziationen mit Naturkatastrophen, Bewegte Landschaft Kriegsereignissen und Tod wecken. 1973/1974 Öl auf Leinwand 65 x 165 cm Signiert und datiert unten: Anton 1973-(19)74 Lehmden gemalt Rückseitige Klebeetiketten: Ausstellung „Phantasten“, Ausstellung in

Provenienz: Privatsammlung Burgenland Literatur: Lehmden. Ölmalerei 1946 bis 1997, Ausstellungskatalog, Schloss Deutschkreutz, Deutschkreutz 1998; Vgl.: Alfred Schmeller, Anton Lehmden. Weltlandschaften, Salzburg 1968; Gesellschaft bildender Künstler, Österreich (Hg.): Die Phantasten. Brauer - Fuchs - Hausner - Hutter - Lehmden. Ausstellungskatalog Künstlerhaus Wien, Wien 1990, Abb. S. 311; Agnes Husslein-Arco (Hg.) Phantastischer Realismus, Ausstellungskatalog Belvedere, Wien 2008

Ausgestellt: Künstlerhaus, Wien 1990; Tokio 1992; 1) Alfred Schmeller, Anton Lehmden. Weltlandschaften, Salzburg 1968 Schloss Deutschkreutz, 1998 2) Die Phantasten, Ausstellungskatalog, Künstlerhaus, Wien 1990, S. 282 ANTON LEHMDEN (Nitra, Slowakei 1929 - 2018 Wien) 14 Vögel im Schilf 1999 Öl auf Holz 80 x 40 cm Signiert und datiert unten: Lehmden 1999 Anton

Provenienz: Privatsammlung Burgenland Literatur: Lehmden. Ölmalerei 1946 bis 1997, Ausstellungskatalog, Schloss Deutschkreutz, Deutschkreutz 1998; Vgl.: Alfred Schmeller, Anton Lehmden. Weltlandschaften, Salzburg 1968; Gesellschaft bildender Künstler, Österreich (Hg.): Die Phantasten. Brauer - Fuchs - Hausner - Hutter - Lehmden. Ausstellungskatalog Künstlerhaus Wien, Wien 1990, Abb. S. 323; Agnes Husslein-Arco (Hg.) Phantastischer Realismus, Ausstellungskatalog Belvedere, Wien 2008

ANTON LEHMDEN 13 (Nitra, Slowakei 1929 - 2018 Wien) Vogelflug 2001 Aquarell auf Papier 30,3 x 42,6 cm Signiert rechts unten: Anton Lehmden Datiert und bezeichnet links unten: 2001 gemalt

Provenienz: Privatsammlung Burgenland Literatur: Lehmden. Ölmalerei 1946 bis 1997, Ausstellungskatalog, Schloss Deutschkreutz, Deutschkreutz 1998; Vgl.: Alfred Schmeller, Anton Lehmden. Weltlandschaften, Salzburg 1968; Gesellschaft bildender Künstler, Österreich (Hg.): Die Phantasten. Brauer - Fuchs - Hausner - Hutter - Lehmden. Ausstellungskatalog Künstlerhaus Wien, Wien 1990, Abb. S. 322; Agnes Husslein-Arco (Hg.) Phantastischer Realismus, Ausstellungskatalog Belvedere, Wien 2008

„Ich male Vögel im Flug, in mehreren Stadien des Flügelschlages, ich bewundere sie, ich beneide sie um den Gleitflug. Ich bewundere die Form der Fische, denen der größte Teil des Planeten gehört.“1

1) Die Phantasten, Ausstellungskatalog, Künstlerhaus, Wien 1990, S. 289 Hans Bischoffshausen ZERO an,die1958ZERO von HeinzMack undOtto Zeit undRaum“ Anerkennung blieb ihm aber noch viele Jahre ver - Auftrag füreindreißig MeterlangesRelieffriesfür Antoine Pevsner, NaumGabo,Kurt Schwitters

5 4 3 2 1 Seine Wurzeln reichen zurück biszurMethodik zeit zählt,erst1986, einJahrvor seinemTod. chen, dieZweidimensionalität zudurchbrechen cio Fontanas „Concettospaziale“,indemMalerei Création imParis der1930er Jahre. Künstler wie Geistesverwandten, war mitihmbefreundet und gezogen und konnte erst nach dem Krieg seine der Künstler endgültiginseineHeimatKärnten zu- das Landeskrankenhaus Klagenfurt,dasheuteim der auch internationalbetrachtet zudenbedeu- der Künstler bereits 1956 alsseinenwichtigsten ein Architekturstudium anderTechnischen Hoch- schule inGraz undbildetesich inderFolge au- seiner BedeutungerstiminternationalenKontext. stieß, miteinerRetrospektive imKärntner Landes- stellte mitihmgemeinsamaus.Wiedieserperfo- wehrt. 1977 wurde seinWerk, dasinseinerRadi- rück undließsich inVillach nieder. Dieöffentliche riert und strukturiert Bischoffshausen die zumeist rungenschaften gehenRichtungen wieNouveau nach Paris undschloss sich der Künstlergruppe museum geehrt.DenProfessorentitel erhieltderin monochromen Bildflächen, umPlastizitätzuerrei- und Theorie derKünstlergruppe Abstraction- und eine„SyntheseausFarbe, Klang,Bewegung, und Skulpturalssich frei entfaltende, unbegrenzte unterschätzen istauch dieVerwandtschaft mitLu- ungegenständlichen Kunst gelegt.Ausihren Er- und AugusteHerbinhabenhierGrundsteinezur Neubau des Klinikums zu sehen ist. 1972 kehrte Reifeprüfung inVillach ablegen.1946 beganner Hans Bischoffshausen, 1927 inFeld amSeein Piene inDüsseldorfgegründetworden war. 1961 Hans Bichoffshausens Werk erschließt sich in Réalisme und die Arte Povera hervor. Nicht zu Kärnten geboren, wurde frühzumWehrdienst ein- Folge einerSehnervzerstörungerblindeteKünstler, Kontinuen betrachtet werden. Fontana bezeichnet begann dieZusammenarbeit mitderKlagenfur- kalität undFortschrittlichkeit oftaufUnverständnis ter GalerieHildebrand, gefolgt von einemgroßen todidaktisch zumMalerfort. 1959 übersiedelteer tendsten österreichischen MalernderNachkriegs- ) ) ) ) ) ebd. ebd. Klagenfurt 1991, S.192 Arnulf Rohsmann,Bischoffshausen. Struktur-Monochromie-Reduktion, (zugegriffen am24.1.2020) derstandard.at/2000024290902/Ich-treibe-die-Askese-des-Weiss-bis-zum-Ende Hans BischoffshausenAndrea zitiertin: Schurian, 21.10.2015, Ausstellungskatalog, GalerieElisabethundKlaus Thoman, Innsbruck 1990, o.S. Peter Weiermair HansBischoffshausen. in: Bilder 1951-1982, 1 zuerreichen. – lesen.DieKombination dieserBausteine,die

17) sindgeprägt von derzusehendenErblindung Thema nimmtbisweit indie1960er Jahre hinein (er) hatdieKriterien derMonochromie(er) hintersich des Lichtes“ der Komposition deutlich spürbar, Bewegung, Zeit der weiße Grundglattundruhig.DieEnergie, die großformatige Leinwandbilder (Kat.Nr. 15), manche göttlicher Weisheiten definieren. Er verwendet „an- gelassen“ organe –einefreigelassene Fläche wird zumge- einen hohenStellenwert inseinemSchaffen ein. einem Wulst“ zum„SubstituteinerAugenpartie“ auf Weiß mögliche Strukturen erforscht. Dieses strahlung auch inderFarbe GoldzumAusdruck se Artderplastischen Grafik istneuimOeuvre... schon in früheren Werken vorkommt, mitrohem öffneten Mund, „eine Reihe gepresster Löcher in Um 1970 setzterdiesePrinzipien verstärkt inRe- verdichten siesich zuGruppen,ananderen bleibt nach obenüberdasBild.Anmanchen Stellen von ihnen„Champsdel’Energie“, Energiefelder, und Raumverschmelzen zueinerEinheitunddie Blindheit eineindringliches Spätwerk. Bischoffshausen mitdiesenBilderneinfängt, istin In denJahren 1961 und1962 entstehenmehrere Bischoffshausens, die er auf die Giftstoffe zurück- Kleine Verwerfungen, wieSanddünenoderWellen, Karton scheint ungestümer, vehementer:„Die- Monochromie wird zueiner„Erscheinungsform betitelt, indenenHansBischoffshausen inWeiß kommt. Die Arbeiten der 1980er Jahre (Kat.Nr. 16, inseriert“ teilweise kaumwahrnehmbar, wandern von unten te ausdemReservoir seinerstrukturellen Reliefs thropomorphe Formen, indenenerGrundelemen- tragen, dieBilderalsogleichsam alsVerkünder telmasse ausgesetzt war. Er arbeitetwieschon liefbildern (Kat.Nr.ein,deren magische Aus- 20) früher inSerien,dieimTitel „Seher“oder„Prophet“ - führt, denenerbeiseinerArbeitmitPVC-Spach Rückseitig signiert,datiertund bezeichnet: Bischoffshausen Rückseitig KlebeetikettenundVisitenkarten desKünstlers 3 . Dieselassensich alsWahrnehmungs- 5 undschafft trotz seinerzunehmenden Hans Bischoffshausen unddieGalerieHildebrand, Ausstellungskatalog, Arnulf Rohsmann,Bischoffshausen, Klagenfurt 1991, Abb.S.124 f., 227 2 . Rückseitig Nachlassstempel mitWerknummer 246 Orangerie desBelvedere, Wien2015/2016, Abb.S.229; (Feld amSee1927 -1987 Villach) Dispersion aufLeinwand aufHartfaser HANS BISCHOFFSHAUSEN Literatur: Vgl.:MehralsZero. More thanZero. PARIS 1962 TOILE SUR ISOREL Provenienz: Nachlass des Künstlers 4 60 x7360 cm Ohne Titel 15 1962

HANS BISCHOFFSHAUSEN 16 (Feld am See 1927 - 1987 Villach) Prophet 1983 Öl, Gips und Goldlack auf Karton 40 x 25,5 cm Signiert und datiert unten: Bischoffshausen 1983 Betitelt und datiert Mitte bzw. rechts unten: PROPHET (19)83 Rückseitig Nachlassstempel mit Werknummer 46

Provenienz: Nachlass des Künstlers Literatur: Vgl.: Mehr als Zero. More than Zero. Hans Bischoffshausen und die Galerie Hildebrand, Ausstellungskatalog, Orangerie des Belvedere, Wien 2015/2016; Arnulf Rohsmann, Bischoffshausen, Klagenfurt 1991, Abb. S. 227, Abb. S. 185 ff.

HANS BISCHOFFSHAUSEN 17 (Feld am See 1927 - 1987 Villach) Ohne Titel 1983 Öl und Gips auf Karton Mit dem Vorwurf konfrontiert, dass das, was er mache, 29,5 x 27,5 cm das Ende der Malerei sei, antwortet Hans Bischoffshausen: Signiert und datiert unten: Bischoffshausen (19)83 Rückseitig Nachlassstempel mit Werknummer 25

„Sie irren sich, hier beginnt die moderne Malerei überhaupt erst. Provenienz: Nachlass des Künstlers Monochromie ist eine Erscheinungsform des Lichtes, Literatur: Vgl.: Arnulf Rohsmann, Bischoffshausen, Klagenfurt 1991, Abb. S. 185 ff. die gemeinsam mit Energie und Materie eine Einheit bildet“ 1.

1) Andrea Schurian, 21.10.2015, derstandard.at/2000024290902/ Ich-treibe-die-Askese-des-Weiss-bis-zum-Ende (zugegriffen am 16.1.2018) HANS BISCHOFFSHAUSEN Rückseitig Nachlassstempel und mit Bleistift 18 (Feld am See 1927 - 1987 Villach) nummeriert: KÜNSTLERischer NACHLASS Ohne Titel Hans Bischoffshausen Auflage: 50 Stück 1980, Druck posthum Prägedruck, Schwarz Provenienz: Nachlass des Künstlers 57 x 75 cm Literatur: Vgl.: Arnulf Rohsmann, Bischoffshausen, Klagenfurt 1991, Abb. S. 148

HANS BISCHOFFSHAUSEN 20 (Feld am See 1927 - 1987 Villach) Spachtelspur 1976 Keramik, Gips und Goldlack auf Karton 15 x 15 cm Rückseitig signiert, datiert, betitelt und nummeriert auf Originalkarton: SPACHTEL-SPUR N. 28 Bischoffshausen 1976

Provenienz: Pirvatbesitz Klagenfurt Literatur: Vgl.: Mehr als Zero. More than Zero. Hans Bischoffshausen und die Galerie Hildebrand, Ausstellungskatalog, Orangerie des Belvedere, Wien 2015/2016; Arnulf Rohsmann, Bischoffshausen, Klagenfurt 1991

Ausgestellt: Schloss, Wolfsberg, Wolfsberg 2012

HANS BISCHOFFSHAUSEN Rückseitig Nachlassstempel und mit Bleistift 19 (Feld am See 1927 - 1987 Villach) nummeriert: KÜNSTLERischer NACHLASS Ohne Titel Hans Bischoffshausen 47/50 1980, Druck posthum Auflage: 50 Stück Prägedruck, Gold Provenienz: Nachlass des Künstlers 57 x 77,5 cm Literatur: Vgl.: Arnulf Rohsmann, Bischoffshausen, Klagenfurt 1991, Abb. S. 148 OSWALD OBERHUBER „Meine Ausgangsbasis ist die (Meran 1931 - 2020 Wien) 21 permanente Veränderung.“1 Ohne Titel 1950 1) Oswald Oberhuber, Ausstellungskatalog, 21er Haus, Wien 2016, Abb. S. 149 Öl auf Leinwand auf Holz 12,5 x 31,5 cm Signiert und datiert links unten: Oberhuber (19)50

Provenienz: Privatbesitz Niederösterreich Literatur: Vgl.: Oswald Oberhuber. Ausstellungskatalog, 21er Haus, Wien 2016, Abb. S. 136 ff.

OSWALD OBERHUBER (Meran 1931 - 2020 Wien) 22 swald Oberhuber, 1931 in Meran geboren, Ohne Titel studierte an der Wiener Akademie bei Fritz 1954 OWotruba und in Stuttgart bei Willi Bau- Lack und Öl auf Hartfaser meister. Ab 1973 übernahm er von Otto Mauer die 22,8 x 31 cm Signiert und datiert links unten: O. Oberhuber (19)54 Leitung der Galerie nächst St. Stephan in Wien. Als Professor und später auch Rektor der Hoch- Provenienz: Privatbesitz Wien Literatur: Vgl.: Oswald Oberhuber, Ausstellungskatalog, schule für angewandte Kunst prägte er von 1973 21er Haus, Wien 2016, Abb. S. 136 ff. bis 1998 ganze Künstlergenerationen. Er gilt als Mitbegründer der informellen Malerei und Plastik in Österreich. Sein Schaffen ist wie kein anderes in der österreichischen Kunstgeschichte geprägt von Stilbruch und Pluralität und einem ständigen Wechsel zwischen abstrakt und gegenständlich, zwischen Malerei und Skulptur. Joannis Avramidis wurde 1922 als Sohn ponti- Hoch und schlank ragt auch die elegante „Mittle- scher Griechen in Batumi (damals UdSSR) am re Figur II“ von 1963 über der kreisrunden Plinthe Schwarzen Meer geboren. Er begann ein Studi- auf. Alles Zufällige, Individuelle und auch jede um der Malerei an der dortigen Staatlichen Kunst- Bewegung sind eliminiert. Und doch sind trotz schule, das er jedoch auf Grund der ethnischen weitgehender Abstraktion die Volumina der ein- Säuberungsaktionen Stalins abbrechen musste; zelnen Körperabschnitte deutlich zu erkennen. sein Vater starb 1937 im Gefängnis. Nach dra- Die Grenzen der Längsprofile werden durch klare matischen, bewegten Jahren und seiner Flucht vertikale Einschnitte wiedergegeben. Auf seiner nach Athen, wo er 1939 bis 1943 lebte, wurde Suche nach der ‚absoluten Figur‘ hat das Zufäl- er 1943 von den Nationalsozialisten zwangsver- lige, Unregelmäßige hier keinen Platz, auch Ge- pflichtet und als Fremdarbeiter nach Wien de- sicht und Geschlechtsmerkmale werden von der portiert. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs stu- glatten, abgerundeten Oberfläche quasi absor- dierte er an der Wiener Akademie der bildenden biert. Die Figur nähert sich einmal mehr der Form Künste zunächst Malerei bei Robin Christian An- der Säule an – der grundlegenden Maßeinheit im dersen, bevor er von 1953 bis 1956 an die Bild- Tempel der griechischen Antike und dem klassi- hauereiklasse Fritz Wotrubas wechselte. Seinen schen Symbol für das menschliche Maß. internationalen Durchbruch hatte der Künstler, als er – gemeinsam mit Friedensreich Hundert- „Die Schönheit: das zog ich überhaupt wasser – Österreich 1962 bei der Biennale in nicht in Betracht. Eine Sache, die eine Venedig 1962 vertrat. Bereits 1973 wurde er für Gesetzmäßigkeit befolgt, muss zuletzt sein künstlerisches Gesamtwerk mit dem Großen auch schön sein. Die Vorstellung des Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet. Von Menschen von der Wahrheit ist sicher 1965 bis 1966 leitete Joannis Avramidis die Klas- mit der Gesetzmäßigkeit und dem Maß se für Aktzeichnen an der Wiener Akademie, ge- verbunden. Es muss so sein, es muss folgt von einem Intermezzo als Gastprofessor an richtig sein. Gesetzmäßigkeit heißt Joannis Avramidis der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. Ausschluss der Willkür, auch des Von 1968 bis zu seiner Emeritierung 1992 leitete Expressiven.“1 er schließlich eine Meisterklasse für Bildhauerei an der Wiener Akademie der bildenden Küns- te. Zahlreiche Museumsausstellungen sowie die Teilnahmen an der Biennale Venezia 1962, der documenta III (1964) und der documenta 6 (1977) in Kassel brachten ihm große Anerken- nung und bedeuten wichtige Wegmarken im Schaffen Joannis Avramidis‘. Zuletzt wurde das Oeuvre des großen österreichischen Bildhauers 2017 im Wiener Leopold Museum in einer um- fangreichen Werkschau präsentiert.

Seit Ende der 1950er Jahre hat Joannis Avrami- dis mit seinen zeitlos-monumentalen Skulptu- ren erste große Erfolge, die bis heute anhalten. Als Inspirationsquelle dienen ihm – neben dem JOANNIS AVRAMIDIS Werk von Oskar Schlemmer, Constantin Brancu- (Batumi/Georgien 1922 - 2016 Wien) 23 si und auch Fritz Wotruba – konsequenterweise Mittlere Figur II zwei Epochen, in denen der Mensch und seine 1963 Proportionen als das Maß aller Dinge galt: Die Bronze mit gold-brauner Patina klassische Antike und die italienische Frührenais- H 80,5 cm sance. Der Künstler lässt in seinen Skulpturen Signaturpunze und nummeriert am Sockel: Avramidis 1/7 die Grenze zwischen Abstraktion und figurativer Monogrammpunze auf der Plinthe: A Darstellung verschwimmen. Sanft geschwunge- Auflage: 7 Stück, artist proofs ne Rundungen ziehen den menschlichen Körper Provenienz: Galerie Brusberg, Berlin; nach, ohne ihn zu konkretisieren, verschiedene Privatsammlung Niedersachsen Profilansichten werden aufgefächert und gleich- Literatur: Joannis Avramidis. Hommage zum 90. Geburtstag, Ausstellungskatalog, Galerie bei der Albertina, Wien 2012, Kat.Nr. 9, Abb. S. 26 f.; sam verschliffen. Joannis Avramidis. Agora, Ausstellungskatalog, Galerie Brusberg, Berlin 1989, Abb. S. 32; Joannis Avramidis. Skulpturen, Ausstellungskatalog, Karmeliterkloster, Frankfurt 1986, Kat.Nr. 21, m. Abb. o. S.; Joannis Avramidis. Plastik. Grafik, Ausstellungskatalog, Neue Galerie am Landes- museum Joanneum, Graz 1974, Kat.Nr. 38, Abb. 21

Ausgestellt: Galerie bei der Albertina, Wien 2012; Galerie Brusberg, Berlin 1989; Karmeliterkloster, Frankfurt 1986; Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum, Graz 1974

1) Joannis Avramidis in: Michael Semff, Avramidis. Skulpturen und Zeichnungen, München 2005, S. 76 Maria Lassnig ist die wohl bedeutendste zeit- mit Tieren. Das Rückbesinnen auf für sie wichti- genössische österreichische Künstlerin. Nach ge Themen ist typisch für ihr Schaffen, dadurch surrealistischen Anfängen spielt sie eine wich- gelingt es ihr, Fragestellungen in anderem Licht tige Rolle bei der Entstehung des Informel in zu betrachten und neue Antworten und Ansätze Österreich Anfang der fünfziger Jahre. Ihr Werk zu finden. beeindruckt durch seine formale und inhaltliche Intensität und dem beharrlichen Verfolgen einer In den 1990er Jahren tauchen Kleintiere wie Vision. Ihre „Body Awareness“-Bilder sind einzig- Marder und Frettchen in ihren Bildern auf. Die- artige und wichtige Beiträge zur Malerei des 20. sen begegnet sie wohl in den Sommermonaten und 21. Jahrhunderts. in ihrem Haus im Kärntner Metnitztal. Die Nähe Die Künstlerin wurde 1919 in Kappel am Krapp- zur Natur, die sie dort intensiv erlebt, fließt auch feld in Kärnten geboren. Zunächst machte sie in in ihre Bilder ein. Wir blicken auf eine gequälte Klagenfurt eine Ausbildung zur Volksschullehre- Kreatur, die unnatürlich verdreht am Boden liegt rin, bevor sie 1941 bis 1944 an der Akademie der und die stark vereinfachten Gesichtszüge der bildenden Künste unter Wilhelm Dachauer, Ferdi- Künstlerin trägt. Auf dem linken Oberarm thront nand Andri und Herbert Boeckl Malerei studierte. ein Marder mit offenem Maul und gefletschten 1948 fand die erste Einzelausstellung Maria Lass- Zähnen in aggressiver Abwehrhaltung, die im nigs statt, im selben Jahr entstand die erste „Kör- Gegensatz zur passiven Hingabe der Menschen- perbewusstseinszeichnung“. Die frühen fünfziger figur, die der Natur schutzlos ausgeliefert scheint, Maria Lassnig Jahre brachten die Übersiedelung nach Wien und steht. Gleichzeitig verweist der Titel aber auf eine zwei Paris-Aufenthalte, wo sie sich 1961 nieder- aktive Rolle, die die Künstlerin hier als Hl. Fran- ließ. In dieser Zeit entstanden großformatige „Kör- ziskus, Schutzpatron der Tiere und der Natur, für pergefühlsfigurationen“. 1968 ging Maria Lassnig die Waldtiere einnehmen will. Im Gegensatz zu nach New York. Den endgültigen internationalen den zwanzig Jahre früher entstandenen, durch- Durchbruch brachte die Präsentation ihrer Arbei- gehend realistisch gemalten „Tierbildern“, kombi- ten auf der Biennale in Venedig 1980. Im selben niert Lassnig hier die „Body Awareness“ mit dem Jahr wurde sie an die Hochschule für angewand- Realismus in der Gestaltung des Marders. Der te Kunst in Wien als erste Professorin für Malerei gequälte Körper der Künstlerin scheint das Leid an einer Akademie im deutschsprachigen Raum der vom Menschen bedrohten Tierwelt in sich berufen. 1985 war ihrem malerischen Werk eine aufgenommen zu haben. Charakteristisch sind erste große Retrospektive in Wien, Düsseldorf, die in unterschiedlichsten Farben gestalteten Nürnberg und Klagenfurt gewidmet. Vor allem in Umrisslinien der Figur, die die verschiedenen Sin- den letzten zehn Jahren ist die Liste der interna- neswahrnehmungen, wie Schmerz, Druckstellen, tionalen Ausstellungen und Auszeichnungen be- Anspannung einer im Schicksal verstrickten und eindruckend und Zeichen der großen weltweiten darunter leidenden Kreatur versinnbildlichen. Der Anerkennung ihres Oeuvres. Hintergrund ist von einem unnatürlichen Gelb, Im Mai 2014 starb die Künstlerin im Alter von 95 eine künstliche Farbe, die im krassen Gegensatz Jahren in Wien. zum Organischen des Leibes und der Naturalistik des kleinen Nagers steht. Maria Lassnig malt hier „Ein Mensch auf einem Bild ist meist gleichsam eine Mythologie der Menschheit und noch keine Geschichte, zwei Menschen der von ihr bedrohten Tierwelt. geben eine Geschichte. Ein Mensch und ein Tier zusammen geben eine Mythologie.“1

Die ersten Bilder mit Tieren entstehen um 1975 in New York, hier beginnt Maria Lassnig teilwei- MARIA LASSNIG se auch als Reaktion auf das Unverständnis, das (Kappel am Krappfeld 1919 - 2014 Wien) 24 den „Body Awareness“-Arbeiten entgegenschlägt, Ich bin der Hlg Franziskus der Waldtiere wieder realistischer zu malen. Hauptwerke wie 1995/1996 „Mit einem Tiger schlafen“ entstehen. Mitte der Öl auf Leinwand 1980er und noch einmal Mitte der 1990er Jahre 85 x 100 cm kommt es zu Rückgriffen auf die Selbstbildnisse Rückseitig signiert und datiert: 1996 M. Lassnig Rückseitig auf Keilrahmen signiert, datiert und betitelt: „Ich bin der Hlg Franziskus der Waldtiere“ Maria Lassnig 1995

Provenienz: Privatsammlung Süddeutschland Literatur: Vgl.: Andrea Madesta (Hg.), Maria Lassnig. Körperbilder. Body awareness painting, Ausstellungskatalog, Museum Moderner Kunst Kärnten, Klagenfurt 2006, Abb. S. 78 ff.; Maria Lassnig. Verschiedene Arten zu sein, Ausstellungskatalog, Kunsthaus Zürich, Zürich; Das Städel Museum, Frankfurt 2004, Abb. S. 78 ff.

1) Maria Lassnig, 1982 in: Hans Ulrich Obrist (Hg.), Maria Lassnig. Die Feder ist die Schwester des Pinsels. Tagebücher 1943 bis 1997, Köln 2000, S. 80 MARIA LASSNIG 25 (Kappel am Krappfeld 1919 - 2014 Wien) Hundegebell im Garten 1983 Bleistift auf Papier 49,9 x 69,5 cm Signiert, datiert und betitelt rechts unten: Hundegebell im Garten (19)83 M. Lassnig

Provenienz: Privatbesitz Schweiz (direkt von der Künstlerin erworben)

MARIA LASSNIG (Kappel am Krappfeld 1919 - 2014 Wien) 26 Mutter und Tochter am Meer Mère et fille à la mère 1999 Aquarell und Bleistift auf Papier 43 x 60 cm Signiert, datiert und betitelt rechts unten: M. Lassnig 1999 Mer et fille à la mère (sic!)

Provenienz: Privatbesitz Deutschland Literatur: Vgl.: Maria Lassnig, Im Möglichkeitsspiegel. Aquarelle und Zeichnungen von 1947 bis heute, Ausstellungskatalog, Museum Ludwig, Köln 2009; Andrea Madesta (Hg.), Maria Lassnig. Körperbilder. Body awareness painting, Köln 2006; Hanne Weskott, Josef Helfenstein (Hg.), Maria Lassnig. Zeichnungen und Aquarelle 1946-1995, München-New York 1995

„Das Hindernis für den Betrachter ist, daß die optischen Erinnerungen an den Körper verschwunden sind, und je mehr dieser sichtbar im Bild verschwunden ist, desto realer ist er für mich, aber nicht für die anderen.“1

1) Maria Lassnig im Gespräch mit Hanne Weskott 1995, in: Hanne Weskott (Hg.), Maria Lassnig. Zeichnungen und Aquarelle. 1946-1995, München 1995, S. 70 MARIA LASSNIG (Kappel am Krappfeld 1919 - 2014 Wien) 28 Dionysos im Wald 1984 Aquarell auf Papier 43 x 61 cm

Provenienz: Privatsammlung Kärnten Literatur: Vgl.: Maria Lassnig. Aquarelle, Ausstellungskatalog, Kärntner Landesgale- rie, Klagenfurt; Graphische Sammlung Albertina, Wien; Salzburger Landessammlun- gen Rupertinum, Salzburg 1988, Abb. S. 97, 146 ff.

MARIA LASSNIG 27 (Kappel am Krappfeld 1919 - 2014 Wien) Schilddrüsenbegrüssung 2000 Aquarell und Bleistift auf Papier 20,5 x 16 cm Signiert und betitelt unten: Schilddrüsenbegrüssung M. Lassnig Beigabe zur Vorzugsausgabe: Hans-Ulrich Obrist (Hg.), Maria Lassnig. Die Feder ist die Schwester des Pinsels. Tagebücher 1943-1997, Köln 2000 „Ich trete gleichsam nackt vor die Leinwand, ohne Absicht, ohne Provenienz: Privatbesitz Deutschland Literatur: Vgl.: Julia Friedrich (Hg.), Maria Lassnig, Im Möglichkeitsspiegel. Planung, ohne Modell, ohne Fotografie, und lasse entstehen. Doch Aquarelle und Zeichnungen von 1947 bis heute, Ausstellungskatalog, Museum Ludwig, Köln 2009; habe ich einen Ausgangspunkt, der aus der Erkenntnis entstand, Wolfgang Drechsler (Hg.), Maria Lassnig. Das neunte Jahrzehnt, Ausstellungskatalog, Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, Wien 2009 daß das einzig wirklich Reale meine Gefühle sind, die sich innerhalb des Körpergehäuses abspielen: physiologischer Natur, Druckgefühl beim Sitzen und Liegen, Spannungs- und räumliche Ausdehnungs- gefühle – ziemlich schwierig darstellbare Dinge.“1

1) Maria Lassnig, 1980 in: Hans Ulrich Obrist (Hg.), Maria Lassnig. Die Feder ist die Schwester des Pinsels. Tagebücher 1943 bis 1997, Köln 2000, S. 74 uch während ihrer Zeit in Paris und New „Zunehmend kommt der Farbe mehr York verbringt Maria Lassnig die Sommer- Bedeutung zu, die Figuren hingegen Amonate zumeist in Kärnten, wo sie im alten wurden einfacher, zahlreicher, stehende, Elternhaus in der Adolf-Tschabuschnigg-Straße sitzende, hockende, die Proportionen in Klagenfurt Quartier nimmt. Von Klagenfurt aus normaler, fast realistisch, dafür die Far- verbringt die Künstlerin gerne Zeit am Wörthersee, ben komplizierter, die Akzentuierung immer mit dabei Papier und Aquarellfarben, mit von beiden auf einmal scheint nicht denen sie spontan Szenen im Strandbad festhält. immer möglich.“1 Auffallend ist die Buntfarbigkeit dieser Arbeiten.

MARIA LASSNIG 29 (Kappel am Krappfeld 1919 - 2014 Wien) Ohne Titel Entwurf für Plakat / Einladung zur Ausstellung im Kunstverein Hannover; Sujet: Gemälde „Armes Tauberl“, 1981 1983 Aquarell auf Papier 27,5 x 10,5 cm Rückseitig bezeichnet: „Liebe Katrin, da ich am 17. Feb. - 7. März wegfahre bitte entscheiden Sie sich schnell welches Plakat (Farbe) Sie wollen, welches Format (A1 scheint mir zu gross) u. welche Anzahl (Plakat + Einladung) bitte senden Sie raschest das ausgewählte Exemple an mich, damit der Druck anfangen kann, denn Sie müssen ja rückwärts auch noch Text u. Veranstaltungen drucken u. verschicken. Bitte rasch. Bis wann dauert die Ausstellung?“

Provenienz: Privatsammlung Deutschland Literatur: Vgl.: Wolfgang Drechsler (Hg.), Maria Lassnig, Klagenfurt 1985, MARIA LASSNIG Abb. S. 117 („Armes Tauberl“, Öl, 1981) (Kappel am Krappfeld 1919 - 2014 Wien) 30 Ohne Titel aus der Serie „Wörtherseeaquarelle“ um 1974 Buntstift und Aquarell auf Papier 28,8 x 40 cm Betitelt und nummeriert (von der Künstlerin) rechts unten: Wörthersee 342

Provenienz: Privatsammlung Kärnten

1) Maria Lassnig, 1980 in: Hans Ulrich Obrist (Hg.), Maria Lassnig. Die Feder ist die Schwester des Pinsels. Tagebücher 1943 bis 1997, Köln 2000, S. 99 Wolfgang Hollegha wurde 1929 in Klagenfurt ge- lange, beinahe meditativ, und versucht, das ihm in- boren. 1947 bis 1954 studierte er an der Akademie newohnende Leben und die inhärente Bewegung der bildenden Künste in Wien bei Josef Dobrowsky zu erfühlen und auszuloten. Mit ganzem Körperein- und Herbert Boeckl. Im Jahr 1955 lernte er den satz und weit ausladenden Bewegungen setzt er großen Kunstförderer Monsignore Otto Mauer schließlich seine subjektiven Wahrnehmungen und kennen und stellte erstmals in der von diesem ge- Empfindungen in amorphen Flecken leuchtender gründeten berühmten Galerie nächst St. Stephan Farbe nebeneinander auf eine meist großdimen- aus. Mit Markus Prachensky bezog er ein gemein- sionierte weiße Leinwand: eine scheinbar willkür- sames Atelier in der Liechtensteinstraße in Wien liche, in Wahrheit aber exakt kalkulierte Ansamm- und fand zu seiner charakteristischen, auf Farb- lung von irisierenden, organischen Gebilden, die flecken aufgebauten Malerei. Im darauffolgenden sich gleichmäßig und in fließenden Übergängen Jahr gründete Wolfgang Hollegha zusammen mit im Bildraum verteilen und zu einem funkelnden Josef Mikl, Markus Prachensky und Arnulf Rainer harmonischen Ganzen verwoben sind. Wie durch die „Gruppe St. Stephan“. 1960 nahm er durch die ein Vergrößerungsglas betrachtet, werden so auch Vermittlung des berühmten amerikanischen Kunst- noch kleinste, unscheinbare Fragmente der gese- kritikers Clement Greenberg an einer Gruppen- henen Wirklichkeit in einem monumentalen „blow ausstellung mit Kenneth Noland, Barnett Newman, up“2 auf die Leinwand transformiert und verfremdet. David Smith und anderen in der New Yorker Ga- Es gibt in der Malerei Wolfgang Holleghas kein lerie French & Co. teil. Noch im selben Jahr reiste klassisches Bildzentrum, ein Oben oder Unten ist er mit dem Schiff nach New York und lernte die nicht auszumachen, im Gegenteil: dadurch, dass Künstler persönlich kennen. Seine Arbeit wurde mit die Farben über die Ränder hinaus verwischt wer- dem renommierten Carnegie-Preis ausgezeichnet, den, scheinen sie sich auszudehnen und in den der Weg für eine internationale Karriere war ge- Raum hinaus zu drängen – wie ein eigener Mikro- ebnet, eine Übersiedelung nach New York wurde kosmos interagieren sie miteinander und strahlen Wolfgang Hollegha nahegelegt. Stattdessen kauf- Energie und Leben aus. Der Einsatz speziell ange-

Wolfgang Hollegha Wolfgang te er 1961 einen jahrhundertealten Bauernhof in mischter, dünnflüssiger Farben auf dem strahlend der Einsamkeit des Rechberg bei Frohnleiten in weißen Grund, oft mit Lappen oder der bloßen der Steiermark, wo er einen vierzehn Meter hohen Hand verwischt, verleiht dieser Malerei zusätzlich Atelierturm aus Holz nach seinen Plänen bauen eine geradezu magische Leuchtkraft und Helligkeit. ließ, und wo er bis heute lebt und arbeitet. 1964 Die langen zeichnerischen und gedanklichen Vor- beteiligte er sich an der renommierten Kunstschau bereitungen haben zur Folge, dass kaum mehr als documenta III in Kassel. In den Jahren 1972 bis etwa zwanzig – meist großformatige – Gemälde 1997 hatte Wolfgang Hollegha eine Professur an im Jahr entstehen. Aufgrund dieses – im Vergleich der Akademie der bildenden Künste inne und mit anderen Kollegen – sehr kleinen Oeuvres sind prägte so nachfolgende Künstlergenerationen. Er Wolfgang Holleghas Gemälde ausgesproche- zählt zusammen mit Arnulf Rainer, Josef Mikl und ne Raritäten am Kunstmarkt und ein nicht mehr Markus Prachensky zu den maßgeblichen Protago- wegzudenkender Bestandteil der österreichischen nisten der abstrakten Malerei in Österreich. Kunstgeschichte. Wolfgang Hollegha öffnet den Abstrakten Expressi- „Solange ich die Dinge betrachte, sind onismus wie kein anderer Künstler über seine Gren- sie lebendig. Wenn ich es nun ganz stur zen hinaus und nimmt mit seinem Schaffen auch abzeichnen würde, wäre es plötzlich tot. im internationalen Kontext eine einzigartige und Also schaue ich, dass mein Körper, bedeutende Stellung ein. Seine Bilder sind heute die Art, die Hand zu bewegen, die in fast jedem österreichischen Museum moderner Verlagerung der Schwerkraft, die man Kunst zu finden sowie in internationalen Häusern spürt, dass all das in der Zeichnung wie dem Museum of Art (Portland, Oregon) oder erhalten bleibt.“1 dem Carnegie Museum of Art (Pittsburgh).

Obwohl Wolfgang Hollegha stets von konkreten Naturvorbildern ausgeht, etwa einer Landschafts- formation, aber auch von scheinbar zufälligen WOLFGANG HOLLEGHA Fundstücken wie einem knorrigen Ast, einem ver- (geb. Klagenfurt 1929) 31 färbten Blatt, einem alten Weidenkorb oder der Ohne Titel Puppe seiner Tochter, lassen sich beim fertigen 1980 Bild die Formen und Farben der ursprünglichen Öl auf Leinwand Objekte kaum mehr erahnen. Hat sich der Künst- 80 x 99 cm

ler für ein Motiv entschieden, beobachtet er dieses Provenienz: Privatbesitz Wien Literatur: Wolfgang Hollegha. Bilder 1974-1981, Ausstellungskatalog, Akademie der bildenden Künste, Wien 1981, m. Abb. Vgl.: Die Natur ist innen. Der Maler Wolfgang Hollegha. Ausstellungskatalog, Neue Galerie Graz, Universalmuseum Joanneum, Graz 2015/2016; St. Stephan. Wolfgang Hollegha, Josef Mikl, Markus Pra- 1) Interview mit Wolfang Hollegha, in: http://magazin-portrait.at/wolfgang-hollegha/ chensky, Arnulf Rainer. Ausstellungskatalog, (zugegriffen am 27.1.2020) Sammlung Essl, Klosterneuburg 2005, S. 22 ff. 2) Arnulf Rohsmann, Wolfgang Hollegha, in: Hollegha, Ausstellungskatalog, Sammlung Essl, Klosterneuburg 2004, S. 8 WOLFGANG HOLLEGHA (geb. Klagenfurt 1929) 32-35 Ohne Titel Entwürfe für Glasfenster 1958 Aquarell und Bleistift auf Papier je 86 x 25 cm Signiert und datiert rechts unten: Hollegha (19)58 Provenienz: Privatsammlung Wien Literatur: Vgl.: Wolfgang Hollegha. Die Natur ist innen, Ausstellungskatalog, Neue Galerie Graz, Universalmuseum Joanneum, Graz 2015/2016, Abb. S. 62 ff.; Wolfgang Hollegha, Ausstellungskatalog, Galerie Welz, Salzburg 2010, Kat.Nr. 5, 6

32 33 34 35 „Das, was man sieht, das, was man „Zwei Figuren“ ist 1956, ein Jahr nach Ende des gesehen hat, lässt sich nicht ganz ver- Studiums, im Gründungsjahr der „Gruppe St. Ste- gessen. Daher gibt es keine ausgedach- phan“ entstanden. Zeitlich fällt die Arbeit in eine ten, keine wirklich gegenstandslosen Periode reger Ausstellungstätigkeit und begin- Bilder. Ein Gegenstand macht das nender internationaler Aufmerksamkeit. Arbeiten Bild erst sinnvoll.“1 des Österreichers werden auf den Biennalen von Venedig und São Paolo gezeigt und ebenso in Josef Mikl gehört zu jenen Künstlern der öster- Rotterdam, Amsterdam und Mailand. Ausgehend reichischen Nachkriegsgeneration, die die heimi- von Figuren, die sich aus knochenähnlichen Röh- sche Kunstwelt revolutionierten, indem sie eine ren zusammensetzen, entstehen nun aus überein- eigenständige, abstrakte Bildwelt schufen. Gebo- andergestapelten Würfelformen gebildete Büsten, ren 1929 in Wien, besuchte er hier die Akademie Stehende oder Köpfe mit mächtigen Schulterpar- der bildenden Künste. Gemeinsam mit Wolfgang tien, die wuchtig in kräftigen Farben das Bildfor- Hollegha, Markus Prachensky und Arnulf Rainer mat füllen. Die Abstrahierung gesehener Formen Josef Mikl begründete er die „Gruppe St. Stephan“, benannt bringt eine Emanzipation der künstlerischen Mittel. nach der Galerie des Monsignore Otto Mauer, Farbe und Form werden bestimmend und ermög- in der die Künstler schon früh ihre Bilder zeigen lichen es dem Künstler, neue Wege zu wählen, konnten. Bereits 1968 vertrat Josef Mikl Österreich die Grenzen der Malerei im herkömmlichen Sin- auf der Biennale in Venedig. 1969 wurde er als ne zu überschreiten und der Darstellung zu einer Professor der Meisterklasse für Malerei an die eigenständigen Existenz zu verhelfen. Es entste- Akademie berufen. Bald setzte also eine Anerken- hen keine Abbilder der Realität mehr, das Ziel ist nung ein, die 1994 auch zum großen Auftrag für es, mit der Malerei eine neue Realität zu schaffen. die malerische Neugestaltung des Redoutensaals Später wird Josef Mikl die geometrischen Formen in Wien führte. Seine Arbeiten waren auf zahlrei- zu Gunsten eines freieren Pinselstriches aufgeben. chen Ausstellungen im In- und Ausland zu se- Die gelb-orangen Farbfelder, aus denen die bei- hen und befinden sich heute in vielen wichtigen den Figuren gebildet werden, scheinen zu vibrie- Sammlungen und Museen. ren, zu oszillieren. Mikl will sich „zum Ordnungs- gefüge der Welt vortasten“ 5, er will dem Aufbau Die fünfziger Jahre sind für Josef Mikl eine wichti- des Lebens auf die Spur kommen und diesen in ge Zeit in der Herausprägung seines prägnanten, seinen Bildern einfangen. unverwechselbaren Stils. Bis 1955 besucht der Künstler die Malereiklasse von Josef Dobrowsky, Als Wegbereiter der abstrakten Kunst in Österreich einem Lehrmeister, den er schätzte, weil er sich ist Josef Mikl auf seine Art ein „realistischer“ Maler, „am wenigsten in die Arbeiten der Schüler ein- der einen sehr persönlichen Weg gefunden hat, mischte“2. An der Akademie entwickelt er auch eben diesen Realismus zu überwinden, und der schon die Grundprinzipien seiner weiteren Ma- somit zu den wichtigsten zeitgenössischen öster- lerei: das „Vereinfachen der menschlichen Figur reichischen Künstlern gezählt werden muss. im Sinne eines maschinellen Konstrukts“3. In den Jahren 1955 bis 1958 entstehen Bilder, in denen er seine Figuren aus einfachen geometrischen Formen baut. Diese Phase wird auch manchmal als Periode der „schlampigen Quadrate“4 bezeich- net. Tatsächlich findet sich sogar in diesen weitge- hend geometrischen Kompositionen Gestisches und es stellt sich das Gefühl ein, etwas organisch Wachsendes vor sich zu haben. JOSEF MIKL (Wien 1929 - 2008 Wien) 36 Zwei Figuren 1956 Öl auf Leinwand 106 x 192,5 cm Signiert und datiert links unten: Mikl (19)56

Literatur: Vgl.: Josef Mikl, Ausstellungskatalog, Museum Liaunig, Neuhaus 2016, Abb. S. 27; Josef Mikl. retrospektiv, 1947-2003, Ausstellungskatalog, Kunsthalle Krems, Krems 2004/2005, Abb. S. 52 f.; Werner Hofmann, Josef Mikl. Wien 1980, Abb. S. 56 f., 173

1) Gespräch mit Wolfgang Drechsler in: Josef Mikl. Arbeiten 1988-1993, Wien 1994 2) Otto Breicha, Der junge Mikl, in: Josef Mikl. retrospektiv. 1947-2003, Ausstellungskatalog, Kunsthalle Krems, Krems 2004, S. 21 3) ebd. S. 21 4) ebd. S. 24 5) Egon Kapellari. Über Sichtbares und Unsichtbares, in: Josef Mikl. retrospektiv, S. 43 JOSEF MIKL (Wien 1929 - 2008 Wien) 37 Zur Hawranek 1983 Öl auf Papier 19,9 x 62,4 cm Monogrammiert und datiert links oben: M (19)83 Rückseitig betitelt und weiteres Motiv in Öl: Zur Hawranek

Provenienz: Privatsammlung Wien Literatur: Vgl.: Josef Mikl. Arbeiten 1980-1987, Wien 1988; Josef Mikl, Die Hawranek und die Journalisten, Wien 1969; Josef Mikl, Einige Untaten der Journalistenfresserin Hawranek, Galerie der Spiegel, Köln 1964

ie Journalistenfresserin Hawranek hat Im Selbstverlag bringt Josef Mikl mehrere Ha- JOSEF MIKL Josef Mikl schon 1948/1949 aus Unmut wranek-Bände4 heraus, zahlreiche Arbeiten auf (Wien 1929 - 2008 Wien) 38 Düber die österreichische Kulturkritik ins Papier lassen sich neben den Buchillustrationen Figur auf gelbem Grund Leben gerufen. Sie ist ein vierbeiniges Ungetüm, ebenfalls diesem Themenbereich zuordnen. Von 1959 eine Mischung aus „Gemeindebaukatz und Bes- eher figuralen Darstellungen reicht hier das Re- Öl auf Leinwand erlparkhund“1, das keine Gnade kennt und alles pertoire bis „Zur Hawranek“ von 1983, wo Josef 77,7 x 44,7 cm lästige „satirische Verhalten von meiner Malerei Mikl in Öl auf Papier ein wildes Getümmel in Rot, Monogrammiert und datiert fernhält“2, so der Künstler. Gelb und Schwarz darstellt. Gestische Pinselstri- Mitte unten: M. (19)59

che werden von grafisch anmutenden Partien be- Provenienz: Privatsammlung Wien „Die Hawranek äschert ein Inka- gleitet, Stellen werden ausgekreuzt, Rundungen Literatur: Werner Hofmann, Josef Mikl. Wien 1980, Pressehaus in Pyramidenform ein, überwuchert, lichte Zonen von dunklen überla- Abb. S. 110, Nr. 108 Vgl.: Josef Mikl. retrospektiv, 1947-2003, speist Zeitungsmenschen aus einer gert. Ausstellungskatalog, Kunsthalle Krems, Rakete wie aus der Konserve. Kein Krems 2004/2005, Abb. S. 58 Berggipfel ist ihr zu hoch... Striche zucken und stöbern durcheinander, bravouröses Hakenschlagen, zuerst mehr schmissig, später kugelig gepurzelt, immerzu resolut drauflos.“3

1) Professor Hawranek, Glosse in: Oberösterreichische Nachrichten, 28. Oktober 1969 2) Josef Mikl (Hrsg.), Monografie, Wien 1979, S. 158 3) Otto Breicha, Zur Hawranek, in: ebd., S. 162 4) „Die Hawranek und die Journalisten. 12 Katastrophen aus Österreich“ (1969); „Die Hawranek auf dem Mars. 12 Eingriffe in das Journalistenleben“ (1972); „Acht lose Arbeiten zum Verständnis der Hawranek“ (1982); „Die Aufführung in der Sandgrube oder Der Müller und sein Kind“ (1987) JOSEF MIKL 39 (Wien 1929 - 2008 Wien) Der Journalist Gänseleber 1970 Aquarell auf Bütten 64,5 x 48,5 cm Signiert und datiert links unten: Mikl 1970 Rückseitig betitelt: Journalist (aus der Hawranek)

Provenienz: Privatsammlung Wien Literatur: Werner Hofmann, Josef Mikl, Wien 1979, Abb. 157, S. 159 Vgl.: Josef Mikl, Die Hawranek und die Journalisten, Wien 1969; Josef Mikl, Einige Untaten der Journalistenfresserin Hawranek, Galerie der Spiegel, Köln 1964

Ausgestellt: Karikatur und Satire. Fünf Jahrhunderte Zeitkritik, Kunsthalle in der Hypostiftung, München 1992

JOSEF MIKL (Wien 1929 - 2008 Wien) 40 Spargel und Rose 2002 Öl auf Leinwand 50 x 60 cm Signiert links unten: Mikl Rückseitig betitelt und gewidmet: Spargel und Rose Rückseitig datiert, betitelt und bezeichnet auf Klebeetikett: Josef Mikl Spargel und Rose 2002

Provenienz: Galerie Welz, Salzburg; Privatbesitz Österreich Literatur: Vgl.: Josef Mikl. Arbeiten 1997-2008, Wien 2009, Abb. S. 81 ff. Markus Prachensky wurde 1932 in Innsbruck ge- 1963 entsteht im Berliner Atelier der Galerie Springer boren. Durch seinen Vater Wilhelm Nicolaus, ei- die gleichnamige Bilderfolge „Berlin“ (Kat.Nr. 42), nem Architekten und Maler, kam er schon früh die in ihrer expressiven Formsprache anschließt mit Kunst in Berührung. Zunächst begann auch an die vorhergehenden Werkserien „St. Stephan“, er an der Wiener Akademie Architektur zu studie- „Sebastianplatz“ und „Aschaffenburg“. In möglichst ren, inskribierte aber gleichzeitig Malerei. Gemein- freier Zeichnung und spontanem Gestus soll sich sam mit den Studienkollegen Wolfgang Hollegha, die Komposition gänzlich befreit auf dem Bildträ- Josef Mikl und Arnulf Rainer gründete Markus ger entfalten. Wild spritzen die Farben in alle Rich- Prachensky 1956 die „Gruppe St. Stephan“, die tungen, die größeren roten Farbpartien scheinen von Monsignore Otto Mauer gefördert wurde. einander zu umkreisen und gleichzeitig in alle Seine künstlerischen Anfänge standen, beein- Richtungen davon zu wirbeln. Ein gekonntes Spiel flusst durch Piet Mondrian, ganz im Zeichen des aus expressivem Gestus und durchdachter Kom- Abstrakt-Geometrischen. 1957 kam er bei einem position. Paris-Aufenthalt mit der Malerei von Pierre Soula- ges, Georges Mathieu und Yves Klein und dem Im Folgejahr, 1964, benennt Prachensky die nun Informel in Berührung. In der Malaktion „Peinture entstandenen Werke nach dem gleichnamigen liquide“ 1959/1960 gelingt ihm die endgültige Schloss in Stuttgart „Solitude“ (Kat.Nr. 41). Das da- Loslösung vom Gegenständlichen und die totale mals noch stark renovierungsbedürftige Ensemble Freisetzung der Farbe, die bestimmend wird für wird von Künstlern verschiedenster Richtungen – sein folgendes Werk. Malern, Architekten und Musikern – genutzt und 1967 bis 1971 lebte und arbeitete der Künstler in beherbergt auch heute noch eine Kunstakademie. Kalifornien. Ab Beginn der 1970er Jahre bereiste Markus Prachensky hat die Möglichkeit, Räumlich- er immer wieder Italien. Dabei faszinierten ihn be- keiten in einem Nebengebäude des Schlosses sonders antike Ausgrabungen. 1983 wurde er als als Atelier zu verwenden. In den „Solitude“-Bildern Professor an die Wiener Akademie der bildenden kombiniert der Künstler kalligrafische Elemente in Künste berufen, wo er bis 2000 unterrichtete. Heu- verschiedenen Rottönen mit monochromen Flä- te gilt der Künstler, der im Jahr 2011 verstorben ist, chen in diversem Kolorit – Rot auf Weiß, Rot und Markus Prachensky Markus Prachensky als einer der wichtigsten Vertreter des Informel in Grün, Rot und Violett, Rot und Blau, Rot und Rot. Österreich. Neben dem Belvedere in Wien befin- Er untersucht die Beziehungen der unterschied- den sich Werke Markus Prachenskys auch in der lichen Farben zueinander und gleichzeitig das Sammlung der Österreichischen Nationalbank in Spannungsverhältnis zwischen bewegten und Wien, in der Albertina modern im Künstlerhaus, statischen Formen. Wien, sowie im Museum Angerlehner in Wels und im Museum Liaunig in Neuhaus. Ein Jahr darauf ändert sich die Formensprache abermals und der Künstler kombiniert in „Rech- Die 1960er Jahre sind geprägt von einer Rast- berg“ (Kat.Nr. 43) expressive Bildpartien mit kom- losigkeit und der Suche nach künstlerischer An- pakten Rundformen. Der Titel verweist auf den erkennung, die Markus Prachensky zunächst in Sommer-Aufenthaltsort im Atelier seines Maler- Deutschland zu finden hofft. Er arbeitet in Ateliers kollegen Wolfgang Hollegha am Rechberg in der in Aschaffenburg, Karlsruhe, Berlin und Stuttgart, Steiermark. um dazwischen immer wieder nach Wien zurück- zukehren. Die Namen seiner Stationen finden sich in den Titeln der in diesen Jahren entstandenen Serien wieder.

MARKUS PRACHENSKY (Innsbruck 1932 - 2011 Wien) 41 Solitude 1965 Acryl auf Bütten 70 x 51 cm Signiert und datiert rechts oben: PRACHENSKY (19)65 Gewidmet links oben

Literatur: Vgl.: Markus Prachensky. Restrospective in Red, Ausstellungskatalog, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 180 ff.; Markus Prachensky. Eine Retrospektive, Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie, Oberes Belvedere, Wien 2002, Kat.Nr. 76, Abb. S. 116, 120 MARKUS PRACHENSKY (Innsbruck 1932 - 2011 Wien) 43 Rechberg 1966 Mischtechnik auf Papier 49,5 x 64,4 cm Signiert und datiert rechts unten: Prachensky (19)66

Provenienz: Privatsammlung Österreich Literatur: Vgl.: Prachensky. Frühe und späte Werke. Ausstellungskatalog, Essl Museum, Klosterneuburg 2007/2008, Abb. S. 49; Wolfgang Fleischer, Markus Prachensky, Wien 1990, Abb. 26 f.

MARKUS PRACHENSKY 42 (Innsbruck 1932 - 2011 Wien) Berlin 1963 Tusche auf Papier 70 x 50 cm Signiert rechts unten: Prachensky

Provenienz: Privatsammlung Österreich Literatur: Vgl.: Markus Prachensky, Eine Retrospektive, Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2002, Abb. S. 112 MARKUS PRACHENSKY 44 (Innsbruck 1932 - 2011 Wien) Jalisco 1973 Acryl auf Papier 70 x 50 cm Signiert und datiert rechts oben: Prachensky (19)73 Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus Prachensky „Jalisco“ 1973

Provenienz: Privatsammlung Österreich Literatur: Vgl.: Markus Prachensky, Ausstellungskatalog, Galerie Hennemann, Bonn 1979, Abb. S. 66

MARKUS PRACHENSKY 45 (Innsbruck 1932 - 2011 Wien) Senatus Consultum 2005 Acryl auf schwarzem Bütten 69,7 x 62 cm Signiert und datiert rechts unten: PRACHENSKY (20)05

Literatur: Vgl.: Prachensky. Frühe und späte Werke, Ausstellungskatalog, Essl Museum, Klosterneuburg 2007/2008, Abb. S. 102 f. 1980 ziehen die etruskischen Ausgrabungsstät- ten Markus Prachensky das erste Mal nach Umb- rien. Weitere Besuche folgen und ab 1986 betitelt er mehrere Werkserien mit „Umbria“, teils noch mit einem Zusatz versehen. Nach „Umbria“ und „Umbria cantata“ folgt 1988 der Zyklus „Umbria Rot“. In der Farbgebung erweitert er in diesen Se- rien seine Palette um Gelb, Grün, Blau und Braun. Ein weiteres Kennzeichen dieser Werkfolgen ist auch das fast vollständige Ausmalen der Lein- wände ohne große, freie Flächen zu belassen und das Kontrastieren von breiten vertikalen mit horizontalen Pinselzügen.

Das fast völlige Bedecken des Malgrundes mit Farbe erzeugt einen Eindruck der Ausschnitthaf- tigkeit, als ob sich die Formationen in alle Rich- tungen fortsetzen würden. Die zwei oberen Drit- tel der Bildfläche sind mit kräftigen waagrechten Farbstrichen bedeckt. Die einzelnen Schichten überlagern einander, kämpfen miteinander um eine Vormachtstellung im Bild. Das Gelb kann sich vor allem im oberen Bereich kaum gegen das mächtige Grün, Blau und Braun durchsetzen. Dafür bricht es vorwitzig aus dem unteren vertika- len Bereich aus und versucht sich rechts am Rand einen ganz eigenständigen Weg nach oben zu bahnen, der auch im schrägen Verlauf von der sonst streng horizontal und vertikal gelagerten Komposition abweicht. Die generelle Aufwärtsbe- wegung der unteren Zone wird vom mächtigen quergelagerten Bereich darüber eingebremst. Dort wird eine andere Richtung vorgegeben, die eher nach links aus dem Bild hinausführt. Es ist bemerkenswert, wie Markus Prachensky in sei- nen Kompositionen immer wieder neue Ansätze aufgreift und seinen gestischen Duktus zu neuen Bildfindungen treibt.

„Welches Format, welcher Bildinhalt angemessen ist, welche Proportionen für das Verhältnis der Farben zu wählen sind, welche Ansätze weitergeführt und welche verworfen werden müssen, in Hinsicht auf solche Fragen ist Erfah- rung viel wert. Das Entscheidende an MARKUS PRACHENSKY einem Bild aber muss immer wieder (Innsbruck 1932 - 2011 Wien) 46 erkämpft werden, jedesmal neu.“1 Umbria 1986 Acryl auf Leinwand 150 x 120 cm Signiert und datiert rechts unten: PRACHENSKY (19)86 Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus PRACHENSKY 1986 „Umbria - 27 - 1986“

Provenienz: Privatbesitz Österreich Literatur: Vgl.: Markus Prachensky. Rot auf Schwarz – Rot auf Weiß. Bilder, Ausstellungskatalog, Kunstsammlungen Chemnitz, Wien-Chemnitz 2004, Abb. S. 151 ff.; Markus Prachensky die Akademiejahre. Bilder 1983-2000, Akademie der bildenden Künste, Wien 2000, Kat.Nr. 5

1) Markus Prachensky. Eine Retrospektive, Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2002, S. 29 Kiki Kogelnik wurde 1935 in Graz geboren und der Komposition des gemalten Bildes, manch- wuchs in Bleiburg in Kärnten auf. Sie studierte mal wirbeln sie einfach in willkürlicher Anordnung an der Akademie der bildenden Künste in Wien durch den Raum und erweitern die Zweidimensio- bei Albert Paris Gütersloh und im Abendakt von nalität der Malerei in die dritte Dimension. Herbert Boeckl. Sie gehörte seit Mitte der fünf- ziger Jahre zur Gruppe der Avantgarde um Otto In „Different Opinion“ baumeln die gemalten Mas- Mauer und dessen Galerie nächst St. Stephan. ken an Schnüren, deren Befestigung und Ursprung Großes Aufsehen erregte dort 1967 ihre Ausstel- außerhalb der Bildfläche liegen. Die Zerrissenheit, lung „Kunst kommt von künstlich“. Kiki Kogelnik die unterschiedliche Meinungen – ein Für und ein übersiedelte 1961 auf Anregung von Sam Francis Wider – nicht nur zwischenmenschlich, sondern nach New York, wo sie sich schnell in der Kunst- auch in einem selbst hervorrufen können, wird szene etablierte und ihre Arbeiten in zahlreichen durch die Teilung der Gesichter in zwei Hälften, die Ausstellungen gezeigt wurden. Zu ihrem Bekann- zudem noch in verschiedenen Farben ausgeführt ten- und Freundeskreis zählten Tom Wesselmann, sind, unterstrichen. In den begleitenden Keramik- Roy Lichtenstein, Claes Oldenburg und Andy masken wird die Zwiespältigkeit der Gefühle durch Warhol. Seitdem pendelte sie zwischen New York, das Auseinanderwirbeln der zueinander gehören- Wien und Bleiburg. Neben ihren großformatigen den Hälften auf die Spitze getrieben. Das Bild ge- Bildern hat sie ein umfangreiches Werk aus Gra- hört sicherlich zu den malerischen Hauptwerken

Kiki Kogelnik Kiki Kogelnik fiken, Keramiken, Skulpturen und Installationen Kiki Kogelniks und war 1993 im Ernst Múzeum in hinterlassen. 1994 begann Kiki Kogelnik erstmals Budapest und der Galerie Úluv in Prag ausgestellt. mit Glas in Murano zu arbeiten und in Folge ent- standen auch die ersten Arbeiten in Bronze. Kiki Kogelnik verstarb im Februar 1997 in Wien. 1998 zeigte die Österreichische Galerie Belvedere eine große Retrospektive über ihr Lebenswerk. Im Zuge dieser Ausstellung wurde ihr posthum das Öster- reichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst verliehen. Ihre Werke befinden sich in zahlreichen nationalen und internationalen Sammlungen und Museen – unter anderem im MUMOK und in der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, im Louisiana Museum of Modern Art in Dänemark und im National Museum of Women in the Arts in Washington D.C., USA.

„Kiki Kogelniks Kunst lässt sich nicht in ein malerisches Oeuvre abgrenzen. Kogelniks Raumsinn erstreckt sich weit in vieldimensionale Environments ohne sichtbare Markierungen und Grenzen.“1

„Different Opinion“, 1991 entstanden, gehört zu den „Expansions“, deren Vorläufer die „Fallout“- Serie ist: „In meinem Atelier lagen überall auf dem Boden Papierschablonen... die einzelnen Schab- lonen sahen aus, als wären sie aus dem Bild ge- KIKI KOGELNIK fallen. Meine Idee war, dass ich eine Realität, die (Graz 1935 - 1997 Wien) 47 zweidimensional ist, in eine andere, unsere Rea- Different Opinion lität bringe.“2 Aus den Schablonenformen fertigt Serie „Expansions“ Kogelnik flache, leicht gewölbte Keramiken, die 1991 zunächst vor dem Bild am Boden liegen, erst in Öl und Acryl auf Leinwand, 8 Keramikmasken weiterer Folge werden sie an die Wand gehängt 180 x 140 cm (Leinwand) „so als wären die Keramiken aus dem Bild heraus- Monogrammiert und datiert rechts unten: KK (19)91 gekommen“3. Die Anordnung der Keramikteile ist Rückseitig signiert, datiert und betitelt: nicht fix vorgegeben, manchmal folgen sie logisch „DIFFERENT OPINION“ 1991 KIKI KOGELNIK

Provenienz: Privatsammlung Kärnten Literatur: Kiki Kogelnik. Expansions. Thirty Years New York; Ausstellungskatalog, Ernst Múzeum, Budapest; Galerie Úluv, Prag 1993, m. Abb. Vgl.: Kiki Kogelnik. 1935-1997. Retrospektive, Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie Belvedere, Wien 1998, Abb. S. 119, 123 ff.

Ausgestellt: Ernst Múzeum, Budapest; Galerie Úluv, Prag 1993

1) Heide Warlamis in: Kiki Kogelnik. Monographie, Klagenfurt 1989, S. 123 2) Gabriela Fritz, Kogelnik. Das malerische und plastische Werk, Klagenfurt-Ljubljana-Wien 2001, S. 83 3) ebd. S. 84 KIKI KOGELNIK 48 (Graz 1935 - 1997 Wien) Seventh Avenue People 1970 Siebdruck 55,5 x 76 cm (Druckgröße) Signiert, datiert, betitelt und nummeriert unten: PP (printers proof) 2/2 SEVENTH AVE(NUE) PEOPLE Kiki Kogelnik 1970 Auflage: 20 Stück, 2 printers proofs

Provenienz: Privatbesitz Kärnten Literatur: Vgl.: Kiki Kogelnik. Fly me to the Moon, Ausstellungskatalog, Modern Art Oxford, Oxford 2015, Abb. S. 68; Hans Peter Wipplinger (Hg.), Kiki Kogelnik. Retrospektive Retrospective, Ausstellungskatalog, Kunsthalle Krems, Krems 2013, Abb. S. 137; Gabriela Fritz, Kiki Kogelnik. Das malerische und plastische Werk, Klagenfurt-Ljubljana-Wien 2001, Abb. S. 133; Kiki Kogelnik. Monographie, Klagenfurt 1989, Abb. S. 14 KIKI KOGELNIK (Graz 1935 - 1997 Wien) 49 Vanitas aus der Serie „Venetian Heads I“ 1994 Muranoglas H 56 cm Monogrammiert und nummeriert auf der Basis: K.K. A.P. 2/4 Auflage: 7 Stück, 4 artist proofs

Provenienz: Privatbesitz Wien Literatur: Kiki Kogelnik. Venetian Heads & Co., Ausstellungskatalog, Galerie bei der Albertina, Wien 2010, Abb. S. 39; strictly KIKI. perfectly KOGELNIK, Ausstellungskatalog, Galerie bei der Albertina, Wien 2006/2007, Abb. S. 81; Kiki Kogelnik and the Venetian Heads, Ausstellungskatalog, The Chicago Athenaeum, Chicago 1996; Venetian Heads. Art in Glass by Kiki Kogelnik, Venedig 1994 KIKI KOGELNIK Signiert, datiert, betitelt und nummeriert unten: 50 (Graz 1935 - 1997 Wien) „Doctor‘s Wife“ Kiki Kogelnik (19)79 Doctor‘s Wife Auflage: 200 Stück, 35 artist proofs

1979 Provenienz: Privatsammlung USA Siebdruck 61 x 75 cm (Druckgröße)

KIKI KOGELNIK (Graz 1935 - 1997 Wien) 52 Desire 1981 Siebdruck 58,8 x 79,2 cm (Druckgröße) Signiert, datiert, betitelt und nummeriert unten: „Desire“ Kiki Kogelnik (19)81 Auflage: 200 Stück, 35 artist proofs

Provenienz: Privatsammlung USA

KIKI KOGELNIK Signiert, datiert, betitelt und nummeriert unten: 51 (Graz 1935 - 1997 Wien) „Look Again“ Kiki Kogelnik (19)79 Look Again Auflage: 200 Stück, 35 artist proofs

1979 Provenienz: Privatsammlung USA Siebdruck Literatur: strictly KIKI. perfectly KOGELNIK. Ausstellungskatalog, Galerie bei der Albertina, Wien 2006/2007, Abb. S. 63 61 x 81,7 cm (Druckgröße) Vgl.: Kiki Kogelnik. Monographie, Klagenfurt 1989, Abb. S. 67 Hermann Nitsch, 1938 in Wien geboren, zählt zu Nitsch das Orgien Mysterien Theater stetig wei- den wichtigsten und international bekanntesten ter. Das Sechstagespiel nimmt immer konkretere Vertretern des Wiener Aktionismus. Unmittelbar Formen an. Neben der Dauer der Aktion, werden nach Abschluss der Graphischen Lehr- und Ver- Anzahl der Akteure und Art der Requisiten genau suchsanstalt entstand bereits die Idee des Orgien festgelegt, der choreografische Ablauf in einer von Mysterien Theaters, eines sechs Tage dauernden Nitsch in einem eigens von ihm entwickelten No- Festspiels, das ihn bis heute ständig beschäftigt tensystem geschriebenen Partitur3 festgehalten. und in dem sich alle seine künstlerischen Be- Neben den Relikten, Fotos und Videos, sind es strebungen sammeln. Seine Aktions- und Aus- diese Partituren, in denen das Werk der Nachwelt stellungstätigkeiten in den 1960er erhalten bleibt, ebenso wie auch Jahren in Wien führten zu mehre- im Rahmen der Aktion entstande- ren Prozessen und drei Gefäng- ne Leinwandbilder, wie nebenste- nisstrafen, die Nitsch dazu veran- hende Arbeit, die gleichsam als lassten, Österreich für einige Zeit „gefrorener Zustand der Aktion“4 den Rücken zu kehren. Er lebte in verstanden werden können. weiterer Folge bis 1978 in Deutsch- land. 1971 erwarb er das Schloss Schon früh bekennt sich der Prinzendorf in Niederösterreich, Künstler zu jener überschäumen- Beim Signieren aus der 100. Aktion das zukünftig Austragungsort des den Lebensfreude, die bis ins Eks- Orgien Mysterien Theaters sein sollte. 2007 wurde tatische reicht, und die er verstärkt in sein Schaffen das „Hermann Nitsch Museum“ eröffnet und im einbringt. Dabei spielt die Farbe Rot eine tragen- Folgejahr in Neapel das „Museo Archivio Labora- de Rolle: „Das Rot“, das für ihn eine „unglaublich Hermann Nitsch Hermann Nitsch torio per le Arti Contemporanee Hermann Nitsch“. tolle sinnliche Farbe ist, die intensivste und ag- Der Künstler wurde mit zahlreichen Auszeichnun- gressivste überhaupt“5. Sie steht für Leben und gen wie dem Großen Österreichischen Staatspreis Tod gleichermaßen, als Farbe des Bluts, für Leid für sein Schaffen geehrt. und Schmerz, aber auch für den Ursprung und die Essenz des Lebens. Dieses Rot lässt er von der Mit dem Sechstagespiel des Orgien Mysterien Oberkante der am Tag zwei in einem Innenraum Theaters, das vom 3. bis 9. August 1998 in Prin- des Schlosses an den Wänden aneinandergereih- zendorf stattfindet, erreicht die Aktionsarbeit Her- ten Leinwände fließen.6 Diese Aktionsmalerei ist mann Nitschs zweifellos einen Höhepunkt. Die „die visuelle grammatik... des o(rgien). m(ysterien). Idee eines sechs Tage und sechs Nächte dauern- theaters auf einer bildfläche“7. Das Fließen der den Schauspiels entsteht schon Ende der 1950er Farbe steht sinnbildlich für Werden und Vergehen, Jahre und war anfangs, an Vorbildern wie Georg für Leben und Tod, somit für die eigentliche Sub- Trakl, James Joyce und Thomas Mann orientiert, stanz allen Lebens. Diese Arbeit, die als wesentli- als reines Sprechtheater konzipiert. Immer mehr cher Baustein eines lebenslang entstehenden Ge- geht es aber darum, alle Sinne anzusprechen, die samtkunstwerkes gesehen werden kann, markiert Erfahrbarkeit auf allen Ebenen miteinzubauen. einen Höhepunkt im Schaffen Hermann Nitschs, 1962, in der legendären „Blutorgeleinmauerung“ in der mit Recht als einer der bedeutendsten zeit- Otto Muehls Wiener Kelleratelier in der Perinetgas- genössischen Künstler Österreichs zu bezeichnen se, findet erstmalig Blut als Malmittel Verwendung. ist und dessen Schaffen auch international große Der weitere Weg führt zu immer ausgedehnteren Resonanz entgegengebracht wird. Aktionen, die zum Ziel haben, „schicht um schicht die menschliche erregungsfähigkeit zu enthüllen, aus ihrer verdrängung hervorzuholen und zur wir- kung zu bringen“1. Dabei rückt das Ekstatische immer mehr ins Zentrum. Der Exzess soll eine Reinigung (Katharsis) bewirken, dem „radika- HERMANN NITSCH len, hemmungslosen Abstieg ins Sinnliche“ soll (geb. Wien 1938) 53 ein „befreiender Aufstieg ins Geistliche“2 folgen. Schüttbild Mit dem Erwerb von Schloss Prinzendorf, das ei- aus der 100. Aktion nen idealen Rahmen bietet, entwickelt Hermann Sechstagespiel, Prinzendorf 1998 Acryl und Blut auf grundierter Jute 200 x 150 cm Rückseitig doppelt signiert und datiert: hermann nitsch 1998 1) Hermann Nitsch, Bilanz, in: Hermann Nitsch. 6-Tage-Spiel in Prinzendorf 1998, Ausstellungskatalog, Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, Wien 1999, S. 9 f. Provenienz: Sammlung Volpinum, Österreich; 2) Danielle Spera, Hermann Nitsch. Leben und Arbeit, Wien-München 1999, S. 60 Privatbesitz Deutschland 3) Die Partitur umfasst 1.595 Seiten, es wirkten 100 Akteure und 180 Musiker mit. Literatur: Otmar Rychlik (Hg.), Hermann Nitsch. Zu den Requisiten zählten fünf Kirchenglocken, 500 Ritualhemden und zwei Panzerfahrzeuge. Das Sechstagespiel des Orgien Mysterien Theaters. Neben 13.000 Liter Wein, kamen 1.000 kg Trauben, 20.000 Blumen und 1.000 Liter Tierblut Prinzendorf 3.-9. August 1998, Stuttgart 2003, S. 63 ff. zum Einsatz. 4) Sophie Cieslar, Hermann Nitsch, in: Parnass, Heft 3, Wien 2004, S. 132 5) ebd., S. 129 6) 41. Malaktion im Rahmen des Sechstagespiels. 7) Bluttext zur Malaktion im Sechstagespiel des Orgien Mysterien Theaters (1998), in: Hermann Nitsch. Das Sechstagespiel, Ostfildern-Ruit 2003, S. XXXIX Neben Oskar Kokoschka oder Friedensreich Nebenstehendes Gemälde „Gartenhaus“ ist in Hundertwasser zählt Max Weiler zu den großen, seiner Thematik gleichsam ein Sinnbild der Idyl- international anerkannten österreichischen Künst- le und des Friedens. Inmitten einer grün chan- lern des 20. Jahrhunderts. gierenden Farbdramaturgie, die eine von einem Schon als junger Maler und Mitglied der „katholi- blau schimmernden Bächlein durchzogene weite schen Reformbewegung“ entwickelte er früh eine Gartenlandschaft suggeriert, liegt still ein zeichen- eigenständige „spiritualisierte“ Weltanschauung. haft strukturiertes Ensemble von einem kleinen Er studierte 1930 bis 1937 an der Wiener Akade- schilfbewachsenen Teich, einem Gartenhaus und mie bei Karl Sterrer. Nach einer großen Einzelaus- einem Tisch, noch menschenleer, aber Entspan- stellung im Landesmuseum Ferdinandeum (1950), nung und Stille verheißend. Der Natureindruck ist setzte mit den Biennale-Teilnahmen des Künstlers hier bereits stark in die Fläche transformiert – wol- in São Paulo (1955) und Venedig (1960) dessen kenartig und wattig weich schlängeln sich oszil- internationale Anerkennung ein. Von 1964 bis lierende Farbbahnen aus Türkis, Chromoxidgrün, 1981 war er Professor für Malerei an der Wiener Ockererden und Ultramarinblau dynamisch um Akademie der bildenden Künste. Sein Werk wur- die idyllische Gartenlaube und umhüllen die buko-

Max Weiler Max Weiler de in zahlreichen Ausstellungen weltweit (Kunst- lische Szenerie in einem brillanten und magischen museum Bern; Prager Nationalgalerie; Museum Farbennebel. Lediglich im Vordergrund, und hier moderner Kunst, Mexico City; Chinesische Natio- eine weitere Bildebene markierend – geradezu ein nalgalerie, Peking) sowie 1999 im Wiener Künst- formales Kennzeichen zahlreicher Gemälde die- lerhaus, der Wiener Akademie und zuletzt 2010 im ser Jahre – verfestigt sich die amorphe Natur zu Essl Museum in Klosterneuburg sowie 2011 in der einem dominanten Ast- und Blütenwerk, das sich Albertina in Wien gewürdigt. als rotglühende, kontrastreiche Diagonale über die Landschaft legt – einem gestrengen Wächter „Es gibt keine künstlerische, malerische gleich, der den Eingang zu dem friedvollen „hortus Autorität, nichts, wonach ich (mich) conclusus“ überblickt. umschauen darf. Ich verlasse mich Das Gemälde, das zu den Schlüsselwerken des ganz auf mich allein.“1 Künstlers auf dem Weg zur späteren noch konse- quenteren Abstraktion der Landschaft zählt, faszi- „Gartenhaus“, 1953 gemalt, entsteht für Max Weiler niert nicht nur durch eine bislang nicht dagewese- in einer wichtigen Phase der kompletten künstleri- ne Ikonografie, sondern gleichermaßen durch die schen Neuorientierung, die sich durch eine zuneh- ihm eigene Leuchtkraft der erstmalig verwendeten mende „Chiffrierung“ der Naturphänomene aus- Temperafarben: „1953 werden die Farben rein zeichnet. Die sichtbare Welt wird nun in eine Art und ungebrochen verwendet… Für Bilder nahm Zeichensprache, in ein neuartiges künstlerisches ich Eitempera… Die Farben sind stärker heraus- Alphabet transformiert: „Ein Berg, ein Baum, eine gehoben, sie bezeichnen die Dinge genauer. Sie Wolke, ein Weg – sie sind nicht länger die „natür- bekommen mehr Symbolwert…“3 lichen“ Gegebenheiten, die sich zu einer Kompo- Max Weiler zeigt mit nebenstehendem Gemäl- sition ordnen, sie sind jetzt immer auch Chiffren.“3 de, das sich in der Sammlung des bedeutenden Berge erscheinen als Dreieck, kegelartige Bäume Kunsthistorikers und Autors Otto Breicha befand, als sich verzweigende Zylinder oder Wolken als eine schlichte, paradiesische Idylle, in der Natur Wellenlinien, deren formelhafte Abfolge auf der und Menschenwerk in der Malerei zu einer kraft- Leinwand die Natur als Schrift suggeriert, die der vollen Einheit verschmelzen. Maler für sie und an ihr entwickelt. Hier eröffnen sich Parallelen etwa zu Paul Cézanne, der sich auf seine Weise mit diesem Aspekt beschäftigt hatte, MAX WEILER wenn er davon sprach, die Natur sei gemäß Kugel, (Absam bei Hall 1910 - 2001 Wien) 54 Kegel und Zylinder geschaffen und folglich auch Gartenhaus durch diese Formen darzustellen. Und hier hakt 1953 auch Max Weilers Kunstverständnis der 1950er Eitempera auf Papier auf Leinwand Jahre ein, in der jahrhundertealten spirituellen 90 x 85 cm Tradition des Buches der Natur, das von einem Signiert und datiert links unten: Weiler (19)53 fernen Schöpfer am Anbeginn der Welt verfasst, Rückseitig betitelt auf altem Klebeetikett: Gartenhaus aber verborgen und chiffriert nur durch Klugheit, Provenienz: Sammlung Otto Breicha, Wien; Weisheit, Wissenschaft oder eben Malerei zu ent- Privatsammlung Österreich schlüsseln sei. Literatur: Yvonne J. Weiler (Hg.), Max Weiler. Aus der Natur gemacht, Innsbruck-Wien 1997, Abb. S. 88; Otto Breicha, Weiler. Die innere Figur, Salzburg 1989, S. 78, Abb. S. 79; Wilfried Skreiner (Hg.), Max Weiler. Mit einem Werkverzeichnis der Bilder von 1932-74 von Almut Krapf, Salzburg 1975, Wkv.Nr. 225, Abb. S. 213

Ausgestellt: Neue Galerie der Stadt Linz, Wolfgang-Gurlitt-Museum, Linz 1955; Akademie der bildenden Künste, Wien 1958

1) Max Weiler. Malerei seit 1927, Retrospektive, Ausstellungskatalog, Künstlerhaus, Wien 1999/2000, S. 93 2) Gottfried Böhm, Der Maler Max Weiler. Das Geistige in der Natur, Wien 2001, S. 171 3) Wilfried Skreiner, Max Weiler, Salzburg 1975, S. 33 „Was ich jetzt mache, ist aus Eitemperafarbe geboren, aus den MAX WEILER (Absam bei Hall 1910 - 2001 Wien) Lachen auf der liegenden Leinwand, aus dem Spritzen, Tropfen, 55 2 Ockerberge aus dem Rinnenden, Verrinnenden, aus dem Gestockten, den 1974 Formen des Erstarrens, eintrocknender Farbe. Das sind die Eitempera auf Leinwand Mittel, die die Natur darbietet, und die setze ich ein, diese sind 100 x 195 cm Vokabular, mit dem ich rede, die Formen, aus denen ich Bilder Signiert und datiert rechts unten: Weiler (19)74 1 Das Bild wird in das in Vorbereitung befindliche mache, mit denen ich meine Vorstellung realisiere…“ Werkverzeichnis der Gemälde Max Weilers aufgenommen.

Provenienz: Privatsammlung Österreich (direkt vom Künstler erworben); Sammlung Bank für Arbeit und Wirtschaft AG; Privatsammlung Wien Literatur: Max Weiler. Malerei seit 1927, Retrospektive, Ausstellungskatalog, Künstlerhaus, Wien 1999/2000, Abb. S. 313; Otto Breicha, Weiler. Die innere Figur. Salzburg 1989, Abb. S. 303

Ausgestellt: Max Weiler, Retrospektive, Künstlerhaus, Wien 1999/2000; 1) Max Weiler, 1973 zitiert in: Gottfried Boehm, Der Maler Max Weiler. Max Weiler. Retrospektive, Museum des 20. Jahrhunderts, Wien 1989 Das Geistige in der Natur, 2. verbesserte Auflage, Wien 2010, S. 324 urz vor seinem 80. Geburtstag vollendete Für den heutigen Betrachter, der weit mehr und Max Weiler 1989 ein Gemälde mit dem Ti- ganz selbstverständlich mit den wissenschaftli- Ktel „Sommerzeichen“, das allein schon we- chen Daten aus der Welt des Mikrokosmus ver- gen seiner Maße von zwei mal zwei Metern beein- traut ist, präsentiert sich Max Weilers Malerei in druckt. Es zählt aber auch künstlerisch innerhalb erstaunlicher Parallelität als eine fantastische, ja seinen Oeuvres zweifellos zu einem seiner ein- geradezu visionäre Vergrößerung dieser, für das drucksvollsten Bilder aus der späten Schaffenszeit, Auge unsichtbaren aber für das Leben essentiel- in der sich Max Weilers einzigartige Interpretation len Formen und Gestalten. Gleichzeitig weckt die der gesehenen Welt mit den Mitteln der Farbe und Sinfonie an Farben im Betrachter unmittelbar As- der Malerei beispielhaft erfahren lässt. soziationen mit Gerüchen und Stimmungen, die der Künstler für uns im Titel bereits als „Sommer- Bemerkenswert ist zunächst die unglaubliche Dy- zeichen“ interpretiert. namik, die der Komposition wie dem Malakt selbst innewohnt und nichts vom fortgeschrittenen Alter „Es ist meine Aufgabe, zur modernen Kunst etwas des Malers ahnen lässt. Ganz im Gegenteil, mit beizusteuern, das ihr fehlt. Was ist das? Sie kön- souveräner Selbstverständlichkeit spielt Max Wei- nen es lesen, es ist die Übereinstimmung mit dem ler seine jahrzehntelang gesammelte Erfahrung großen Leben des Kosmos, eine gewisse Passi- im Umgang mit der Farbe und ihren Eigenschaf- vität zugunsten einer ungeheuren Wirkkraft des ten sowie mit der technischen Beherrschung des Unterbewußten, eine asiatische Welterfahrung, die Malens aus und gelangt dabei zu einer neuen die unbedingte Ergänzung dieser europäischen Form von Leichtigkeit, einer großartigen, geradezu Schau ist. Auch sie ist die Wirklichkeit. Das sage musikalischen Rhythmik von Farbakkorden, von ich für die Einsichtigen unter den Kunstmenschen Farbtektonik auf der Leere eines weißen Grundes. und denen gehört die Zukunft. Man ist ein Gesche- Wie aus einem selbstverständlichen malerischen hen, das sich nicht selbst beurteilt.” (Max Weiler 1988) Automatismus heraus, gleiten die Farben auf der großen Leinwand ineinander über, durchbricht ein Marianne Hussl-Hörmann Grün den violetten Wasserfall, verwandelt sich Rot über Violett in ein dunkles Blau, das sich wenig später in ein helles Wasserblau auflöst. Im Wech- sel von durchscheinender und kompakter Farb- schicht bilden sich eigene amorphe Formen he- raus, die sich in einem imaginären weißen Nichts aufeinander zu bewegen, in einem steten Tanz, bei dem die Parameter des Raumes von Oben und Unten, von Hinten und Vorne aufgehoben werden.

Max Weilers Kunst ist bestimmt durch seine le- benslange Beschäftigung mit der Natur und mit der Suche nach einer für sie entsprechenden Bild-Sprache. Ausgehend von gegenständlichen Formen seiner frühen Jugend löst er diese suk- zessive auf und verfremdet sie, bis er sich schließ- lich Anfang der 1960er Jahre mit dem großen Zy- klus „Als alle Dinge …“ ganz davon befreit. Die Erkenntnis, dass sich die Natur in ihrer ständigen MAX WEILER Verwandlung nicht im reinen Abbilden erfassen (Absam bei Hall 1910 - 2001 Wien) 56 lässt, führt Max Weiler zur „Innenschau“ ihres We- Sommerzeichen sens, zu ihrer „inneren Schönheit“ und in Folge 1989 zum Zeichenhaften, zum Sinnbildlichen, um so auf Eitempera auf Leinwand die unbekannten Geheimnisse des Lebens zu ver- 200 x 200 cm weisen. Schon 1972 spricht der Künstler von einer Signiert und datiert rechts unten: MWeiler (19)89 „Neuschöpfung der Natur ohne jede Naturähn- Das Bild wird in das in Vorbereitung befindliche lichkeit… Ich mache die Lüfte, die Stimmungen, Werkverzeichnis der Gemälde Max Weilers aufgenommen. Bäume, Gräser und Dinge der Natur mit meinen Provenienz: Galerie Elisabeth und Klaus Thoman, Innsbruck; (Max Weiler, 1972) eigenen Formen. ” Privatbesitz Tirol Literatur: Gottfried Boehm, Gerhard Roth (Hg.), Weiler. Das Spätwerk 1973-1991, Ausstellungskatalog, Prager Nationalgalerie, Waldstein-Reitschule, Prag 1991, m. Abb. S. 161: Max Weiler. Bilder, Ausstellungskatalog, Galerie Elisabeth & Klaus Thoman, Innsbruck 1992, Kat.Nr. 5, m. Abb. ; Otto Breicha, Weiler. Die innere Figur. Salzburg 1989, Abb. S. 411

Ausgestellt: Nationalgalerie Prag, Prag 1991; Galerie Elisabeth und Klaus Thoman, Innsbruck 1992 MAX WEILER 57 (Absam bei Hall 1910 - 2001 Wien) Wie eine Landschaft 1963 Eitempera auf Hartfaser 50 x 35 cm Signiert und datiert rechts unten: MWeiler (19)63 Rückseitig signiert, datiert, betitelt und bezeichnet: MAX WEILER 1963 „WIE EINE LANDSCHAFT“ TEMPERA HOLZ Das Bild wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis der Gemälde Max Weilers aufgenommen.

Provenienz: Privatbesitz Italien Literatur: Vgl.: Gottfried Boehm, Der Maler Max Weiler. Das Geistige in der Natur. 2. verbesserte Auflage, Wien 2010, S. 256 ff.; Max Weiler. Die Natur der Malerei, Ausstellungskatalog, Essl Museum, Klosterneuburg 2010, Abb. S. 72 ff.; Otto Breicha, Weiler. Die innere Figur, Salzburg 1989, Abb. S. 199 ff.

MAX WEILER (Absam bei Hall 1910 - 2001 Wien) 58 Baumgruppe im Wind 1988 Eitempera auf Leinwand 65,3 x 95,2 cm Signiert und datiert rechts unten: MWeiler (19)88 Rückseitig signiert, datiert und betitelt: MWeiler (19)88 Baumgruppe im Wind Das Bild wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis der Gemälde Max Weilers aufgenommen.

Provenienz: Privatbesitz Wien Literatur: Max Weiler. Landschaft der Farbe, Ausstellungskatalog, Galerie Würthle, Wien 1988 Vgl.: Gottfried Boehm, Der Maler Max Weiler. Das Geistige in der Natur. 2. verbesserte Auflage, Wien 2010, Abb. S. 375 ff.; Max Weiler. Malerei seit 1927. Retrospektive, Ausstellungskatalog, Künstlerhaus, Wien 1999/2000, Abb. S. 359 ff.; Max Weiler. Licht und Farbe, Ausstellungskatalog, Museion, Museum für Moderne Kunst, Bozen 1993/1994; Otto Breicha, Weiler. Die innere Figur, Salzburg 1989, Abb. S. 359 ff.

Ausgestellt: Galerie Würthle, Wien 1988 Gunter Damisch wurde 1958 in Steyr in Oberös- Auch wenn Gunter Damisch erklärt, dass „er keine terreich geboren. Er studierte von 1978 bis 1985 Geschichten erzählen wolle“1, und es keineswegs an der Akademie der bildenden Künste in Wien um ein Abbilden der Welt gehe, so war er doch ein bei Maximilian Melcher und Arnulf Rainer. Er gilt Weltenbildner, der mit seinen seriellen Farbknäu- als einer der Hauptvertreter der „Neuen Wilden“ in eln und -anhäufungen, mit Wischungen und Aus- Österreich, wie die Protagonisten einer vor allem kratzungen, mit seinen schlierigen, stacheligen in der Malerei manifest gewordenen stilistischen Geißeltierchen und Strichmännchen den Raum Strömung der achtziger Jahre genannt werden. der zweidimensionalen Leinwand öffnete in die Diese propagierten das Tafelbild als neues altes Unendlichkeit“2. Er erschafft ein eigenes Univer- Medium und betonten dessen spezifische Qua- sum, das er mit den fantasievollsten Namen wie litäten. Bezeichnend für diese Richtung sind far- „Gelbfeldweltgesang“ (Kat.Nr. 59) oder „Nächtliche benreiche, mit expressiver Geste gemalte Bilder, Weltwegballung“ (Kat.Nr. 60) versieht und den Be- welche die der Malerei genuinen Komponenten trachter damit ausgerüstet auf den Weg schickt in offenlegen, indem sie Farbe als Gestaltungsmit- einen unendlichen Kosmos. Man folgt den im Bild tel oft auch plastisch hervorheben und den Pin- vorgegebenen Pfaden, verliert sich im Gewimmel selstrich erkennen lassen. Die Ausstellung im da- der Formen, erkennt, dass es keinen Unterschied maligen Wiener 20er Haus (heute Belvedere 21) mehr gibt zwischen Fern- und Nahsicht zwischen „Hacken im Eis“ in den 1980ern (gemeinsam mit Mikro- und Makrokosmos. Herbert Brandl, Otto Zitko und Hubert Scheibl) war dabei eine wesentliche Station und erregte das In- „Bewegungen durch Zeit und Raum, die teresse der Öffentlichkeit, was den Künstlern auch auf nichts Eindeutiges und Endgültiges eine internationale Positionierung ermöglichte. hinauslaufen, bewohnt von Zeichen Gunter Damisch Gunter Damisch der Einzelnen, die den Grenzen inne- Parallel zu Damischs Gemälden entstanden wohnen und es mit Erzählungen und Zeichnungen, Druckgrafiken und auch Skulpturen. Erlebnissen strukturieren, die aus dem Ab 1992 war Damisch Professor für Grafik an der Ganzen in seiner Unüberschaubarkeit Akademie der bildenden Künste in Wien. Seine spezielle Orte und Bereiche machen meist großformatigen Ölbilder zeichnen sich häu- und im Allgemeinen, im Weiten Punkte fig durch intensive Farbigkeit aus, ihr Formenvoka- des ‚So und nicht anders‘ darstellen, bular erinnert bisweilen an einen Blick durch das Figuren in Fülle und Einzelne im Chor Mikroskop, eine Welt voll kleiner, amöbenartiger der Vielen.“3 „Tierchen“. Werke des Künstlers befinden sich in bedeutenden Sammlungen wie der Sammlung Essl in Klosterneuburg, dem Museum Angerleh- ner in Wels oder der Albertina in Wien. Gunter Da- misch, der heute international zu den bedeutends- ten Vertretern österreichischer Gegenwartskunst gehört, ist im Frühjahr 2016 verstorben.

GUNTER DAMISCH (Steyr 1958 - 2016 Wien) 59 Gelbfeldweltgesang 2009/2010 Öl auf Leinwand 130 x 110 cm Rückseitig signiert, datiert und betitelt: G. Damisch 2009 Gelbfeldweltgesang

Literatur: Vgl.: Gunter Damisch. Teile vom Ganzen. Sammlung Würth und Leihgaben, Ausstellungskatalog, Museum Würth, Künzelsau 2012/2013; Günter Bucher (Hg.), Gunter Damisch. Weltwegschlingen. Zeichnungen/Malerei, 1997-2010, Hohenems-Wien 2012

1) Andrea Schurian, 30.4.2016, Nachruf auf Gunter Damisch, auf: https://www.derstandard.at/story/2000036059150/maler-gunter-damisch-ist-tot (zugegriffen am 25.1.2020) 2) ebd. 3) Gunter Damisch. Weltwegschlingen. Zeichnungen / Malerei. 1997-2011, Hohenems-Wien 2012, S. 20 GUNTER DAMISCH 60 (Steyr 1958 - 2016 Wien) Nächtliche Weltwegballung 2009/2010 Öl auf Leinwand 130 x 110 cm GUNTER DAMISCH Rückseitig mehrfach signiert, datiert und betitelt: (Steyr 1958 - 2016 Wien) 61 GDamisch 2009 Nächtliche Weltwegballung Ohne Titel

Literatur: Vgl.: Gunter Damisch.Teile vom Ganzen. Sammlung Würth und 1996/1997 Leihgaben, Ausstellungskatalog, Museum Würth, Künzelsau 2012/2013; Öl auf Leinwand Günter Bucher (Hg.), Gunter Damisch. Weltwegschlingen. Zeichnungen/Malerei, 1997-2010, Hohenems-Wien 2012 110 x 70 cm Rückseitig signiert und datiert: G. Damisch 1996/97

Provenienz: Privatbesitz Tirol Literatur: Vgl.: Gunter Damisch. Aus dem Weltengarten, Landesgalerie Oberösterreich, Kunsthalle in Emden, Stiftung Henri und Eske Nannen, Ausstellungskatalog, Linz-Emden 1999 Hubert Scheibl, 1952 in Gmunden geboren, stu- Hubert Scheibl versteht „Abstraktion als erwei- dierte an der Akademie der bildenden Künste in terten Begriff, der auf den historischen Errungen- Wien bei Max Weiler und Arnulf Rainer. Er gehört schaften der ungegenständlichen Malerei aufbaut, zu jener Künstlergeneration, die in den 1980er jedoch nicht nur auf dem reinen formalen Erschei- Jahren unter dem Begriff die „Neuen Wilden“ oder nungsbild beruht. Momente wie Natur, Raum und „Neoexpressionisten“ als lose Gruppierung zusam- mentale Referenzen – oft aus dem Unterbewusst- mengefasst wurde. Dazu zählten auch Siegfried sein gespeist – sind hierbei die entscheidenden Anzinger, Erwin Bohatsch, Herbert Brandl, Gunter Parameter.“1 Scheibls Bildlandschaften sind „Fik- Damisch, Alfred Klinkan, Alois Mosbacher und tionen, innere, mentale Raumkonstruktionen, hal- Hubert Schmalix. So unterschiedlich die stilisti- luzinatorische Sensationen“2. Er bezeichnet seine sche Entwicklung dieser Künstler heute scheinen Werke auch als „Fenster in eine andere Realität“3 mag und sich ihre Arbeiten einer Zuordnung zu und versteht es meisterhaft, „die Bildfläche mit einer spezifischen Kunstrichtung widersetzen, so Gefühl zu berühren“4. eint doch alle die Wiederentdeckung des „Maleri- schen“. Hubert Scheibl vertrat Österreich 1985 auf „Ich habe das Gefühl, dass die Bewe- der Biennale von São Paulo und 1988 auf der Bi- gung, die Hand, die einen Pinselstrich ennale di Venezia. Frühere Arbeiten sind deutlich macht, dass das nichts Ausgedachtes, expressiver und in ihrer Materialität eher pastos, Kalkuliertes ist. Ich habe den Eindruck, ab 1985/1986 konzentrierte er sich zunehmend dass die Hand das ehrlichste Organ an auf eine einzige, das Bild dominierende Farbe. uns ist.“5

Hubert Scheibl Hubert Scheibl Seine Arbeiten wurden ruhiger, meditativer, die Oberfläche glatter und besänftigter: ein Spiel aus Licht und Schatten und unergründlicher Tiefe, die Farbschichten als Membrane, als Schleier, die vor eine tieferliegende Wahrheit, vor Unergründliches, das unsere Neugier weckt, gelegt werden. Seine Werke befinden sich unter anderem im Belvedere in Wien, im MUMOK, museum moderner kunst stiftung ludwig, Wien, in der Albertina, Wien, und im Lentos in Linz, sowie in zahlreichen renommier- ten Privatsammlungen. Der Künstler lebt und arbeitet in Wien.

HUBERT SCHEIBL (geb. Gmunden 1952) 62 RX 2014/2015 Öl auf Leinwand 195 x 140 cm Rückseitig signiert, datiert und betitelt: RX Hubert Scheibl 2014/5

Literatur: Vgl.: Hubert Scheibl. Fly. Ausstellungskatalog, Orangerie, Unteres Belvedere, Wien 2016/2017; Hubert Scheibl. Plants & Murders. Ausstellungskatalog, Museum der Moderne Salzburg Mönchsberg, Salzburg 2013

1) Florian Steininger in: Hubert Scheibl. Plants & Murders, Ausstellungskatalog, Museum der Moderne Salzburg Mönchsberg, Salzburg 2013, o. S. 2) ebd. 3) https://www.youtube.com/watch?v=gBa2yZVfL-A (zugegriffen am 18.1.2018) 4) Steininger, o. S. 5) Hubert Scheibl im Gespräch mit Martin Traxl, Künstlergespräch Belvedere Museum, 26.11.2016, in: https://www.youtube.com/watch?v=-yizAMB2xPA (zugegriffen am 25.1.2020) HUBERT SCHEIBL 63 (geb. Gmunden 1952) Cargo G2 1996/1997 Öl auf Leinwand 80,5 x 50 cm Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Hubert Scheibl Cargo G2 1996/7 Provenienz: Privatbesitz Süddeutschland

Literatur: Vgl.: Hubert Scheibl. KAGE, Ausstellungskatalog, Neue Galerie der Stadt Linz, Linz 1995

HUBERT SCHEIBL (geb. Gmunden 1952) 64 Shadows and Clouds 2014/2015 Öl auf Leinwand 120 x 100 cm Rückseitig signiert, datiert und betitelt: „shadows & clouds“ Hubert Scheibl 2014/5

Literatur: Vgl: Hubert Scheibl. Fly. Ausstellungskatalog, Orangerie, Unteres Belvedere, Wien 2016/2017, Abb. S. 161 „Die Bildhauerei ist nur eine Methode, Abbilden vorgefundener Gegenstände aus der mit der großen Welt umzugehen, nach Natur zu verstehen, sondern der Künstler schafft neuen Formen zu suchen und neue Fra- „Objekte, die in der natürlichen Welt nicht exis- gen über die Welt, in der wir leben, über tieren, aber Informationen und Gefühle über die die Wirklichkeit zu formulieren.” Welt und seine (des Künstlers) eigene Existenz re- flektieren und übermitteln“3. In seinen Skulpturen Tony Cragg ist einer der bedeutendsten internatio- sucht er dabei ein „Gleichgewicht von Äußerem nalen Bildhauer der Gegenwart. Der 1949 in Liver- und Innerem“4 zu erreichen, eine Einheit von Idee, pool geborene Brite lebt seit 1977 im deutschen dem aristotelischen „Urbild“, und der Form, wie wir Wuppertal, hier hat er eine Kunststiftung gegrün- sie wahrnehmen. In Werken wie „Willow“ (Weiden- det und ab 2006 den Skulpturenpark Waldfrieden baum) gelingt es Tony Cragg den schon seit der angelegt. Nach dem Studium am Gloucestershire Antike thematisierten Vorwurf an die Kunst, nur College of Art and Design und der Wimbledon die Oberfläche der Dinge zu erfassen, aufzulösen. School of Art, wechselte er 1973 an das Royal Col- Seine Skulpturen dringen in die Tiefe, erfassen lege of Art and Design nach London. Zunächst an das Innere, den strukturellen Aufbau, er „zertrüm- Tony Cragg Tony Malerei interessiert, kam er bald zur Bildhauerei. mert das Figurative, zersplittert und durchbohrt es, In jener Zeit lernte er auch den Land Art Künstler womit er die Dynamik organischer Mechanismen Richard Long kennen, mit dessen Werk er sich in- freilegt und die geometrische Koexistenz des tensiv auseinandersetzte. In den frühen Arbeiten Imaginären und des Realen, des Sichtbaren und kombinierte Cragg Fundstücke aus der Natur mit Unsichtbaren möglich macht“5. Das ist der Grund, „Zivilisationsmüll“, den er auf Deponien fand. Ein warum uns seine Formen stets eigentümlich ver- Lehrauftrag führte ihn an die École des Beaux-Arts traut scheinen und uns entfernt an Dinge erinnern, in Metz und anschließend, 1976, nach Deutsch- die wir schon gesehen haben, ohne aber endgül- land. In den 1980er Jahren war er auf der docu- tig fassbar zu sein. menta 7 und 8 in Kassel und auf fünf Biennalen in Venedig, São Paolo und Sydney vertreten. In dieser Zeit wechselte der Künstler von der „Plas- tik-Ära“ zu spektakulären raumgreifenden Bronze- plastiken. 1988 erhielt er den renommierten briti- schen Turner-Preis und steht so in einer Reihe mit Künstlern wie Tracey Emin, Lucian Freud, Mona Hatoum, Damien Hirst, Anish Kapoor oder Rachel Whiteread. Seine Lehrtätigkeit setzte er an der Hochschule der Künste in Berlin und der Kunst- akademie in Düsseldorf fort, deren Rektor er von 2009 bis 2014 in der Nachfolge Markus Lüpertz’ war. Tony Cragg ist Mitglied der Royal Academy of Arts, Ehrenmitglied der Kunstakademie Düsseldorf, Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und Künste, Träger des vom japanischen Kaiserhaus verliehenen Praemium Imperiale und Commander of the British Empire 1.

„Für mich ist jede Oberfläche nur das Resultat von dem, was sich darunter befindet“2, sagt der Künst- ler. Es geht ihm darum, in die Tiefe zu dringen, weit

über den äußeren Schein hinaus, und sichtbar zu TONY CRAGG (geb. Liverpool 1949) machen, was die meisten Menschen nicht wahr- 65 nehmen. Das ist aber durchaus nicht im Sinne von Willow Version 4 2 014 Bronze 70 x 69 x 75 cm (TC 1179)

Provenienz: Atelier Tony Cragg; Galerie Thaddaeus Ropac, London, Paris, Salzburg Literatur: Gerhard Finckh, The Cragg Foundation (Hg.), Anthony Cragg. Parts of the World, Ausstellungskatalog, 1 ) Anlässlich der Verleihung des Ordens durch den britischen Premierminister Von der Heydt-Museum Wuppertal, wurde Tony Cragg von der Queen zum Ritter geschlagen und darf seither Wuppertal 2016, Abb. S. 454, 455 den Titel „Sir“ führen. 2) Sebastian Preuss, Eine Stadt unter Fliesen, anlässlich einer Retrospektive von Tony Cragg in Teheran, Kerman und Isfahan, in: Weltkunst, Nr. 141, April 2018, Hamburg 2018, S. 39 3) ebd., S. 36 4) Demosthenes Davvetas, Tony Cragg. Eine Onthologie des Stofflichen, in: Gerhard Finckh, The Cragg Foundation (Hg.), Anthony Cragg. Parts of the World, Ausstellungskatalog, Von der Heydt-Museum Wuppertal, Wuppertal 2016, S. 198 5) ebd., S. 198 Eduard Angeli, 1942 in Wien geboren, studiert Was gibt es Schöneres und Beruhigenderes als an der Wiener Akademie bei Robin Christian den Blick auf das Wasser, vor allem in den Abend- Andersen und geht gleich nach Studienende für stunden, wenn die untergehende Sonne die un- sieben Jahre nach . Der Ausgangspunkt terschiedlichsten Farbspiele in die Lagune zaubert. seiner Malerei liegt im Gestisch-Expressiven. Mit In seiner Malerei erschafft Eduard Angeli eine At- seinen bunten, figurenreichen Szenen steht er in mosphäre, der sich der Betrachter nicht entziehen dieser Zeit der Gruppe „Wirklichkeiten“ um Franz kann. Es ist eine Atmosphäre, die aus der Natur- Ringel, Peter Pongratz, Martha Jungwirth, Wolf- stimmung, aber auch aus der Ruhe der Kompo- gang Herzig und Kurt Kocherscheidt nahe. Nach sition heraus entsteht. Zurecht wird der Künstler seiner Rückkehr nach Wien entstehen die bereits als „Maler der Innerlichkeit“3 bezeichnet, der in menschenleeren „Wüsten“- und „Wrackbilder“, le- unserer schnelllebigen Zeit mit seiner Kunst einen diglich mit Überresten einer Zivilisation versehen. Gegenentwurf zur oft rauen und hektischen Re- Die Beschäftigung mit den Relikten menschlicher alität schafft. Eduard Angeli rückt uns mit seinen Tätigkeit scheint Angeli „poetischer“1 als das Ma- Kompositionen, mit seinen überwältigenden Na- len der Menschen selbst. Anfang der 2000er Jah- turkulissen so nahe, dass wir gar nicht anders kön- re zieht es den Künstler wieder ans Meer, diesmal nen, als uns als Teil dieser Landschaften zu fühlen. nach Venedig: „Das Meer und die Lagune, die Das hat aber nicht nur mit einer lokalen Verortung Offenheit, die Symbolkraft des Meeres hat mich zu tun, sondern vielmehr mit einer Gefühlswelt, in einfach unglaublich angezogen.2 Große Teile des die wir hineingezogen werden. Die Poesie seiner

Eduard Angeli Jahres arbeitet er nun in seinem Atelier am Lido. Bilder entsteht aus der „Verdichtung und Berührt- Es gewinnt vor allem das Motiv des Wassers und heit von etwas, was nicht explizit beschrieben ist der Lichtstimmungen in der Lagune zusehends oder beschrieben werden kann“4. In der Reduktion an Bedeutung. Dabei greift er auf eine Fülle an des Gegenständlichen und der Konzentration auf verschiedenen Techniken zurück, große Öl- und Lichtstimmungen gelingt es Angeli, eine Aura des Pastellbilder auf Leinwand entstehen ebenso wie Geheimnisvollen festzuhalten, die einen im tiefs- Kohle- und Kreidezeichnungen. ten Inneren zu berühren vermag. Sein künstlerisches Schaffen, das mehrfach mit Preisen ausgezeichnet wurde (u. a. 2003 Gol- „Kunst ist Beispiel für Menschsein, denes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Kunst verändert nicht die Welt aber Wien), ist von großer Ausstellungstätigkeit im In- uns, wir werden durch die Kunst zu und Ausland geprägt. Zuletzt waren seine Werke besseren Menschen.“5 anlässlich seines 75. Geburtstags in einer großen Retrospektive in der Albertina Wien zu sehen. Seine Arbeiten sind in zahlreichen privaten Sammlungen und öffentlichen Institutionen ver- treten, wie zum Beispiel im Allgemeinen Kranken- haus der Stadt Wien oder in der Aula der Univer- sität Salzburg.

EDUARD ANGELI (geb. Wien 1942) 66 Sunset Winter 2019 Pastell auf Jute 100 x 120 cm Rückseitig signiert und datiert: Angeli 2019

Literatur: Vgl.: Klaus Albrecht Schröder (Hg.), Eduard Angeli, Ausstellungskatalog, Albertina, Wien 2017

1) Eduard Angeli, Hüzün – Melancholie, by CastYourARt from KA21, https://eduardangeli.com/biography (zugegriffen am 21.1.2020) 2) ebd. 3) Klaus Albrecht Schröder zur Retrospektive in der Albertina 2017, https://www.youtube.com/watch?v=HfL03ohMitw (zugegriffen am 21.2.2020) 4) Eduard Angeli in einem Interview mit Sophie Cieslar, Wien, 19.1.2018 5) Angeli, Hüzün EDUARD ANGELI EDUARD ANGELI 67 (geb. Wien 1942) 68 (geb. Wien 1942) Die Hundeinsel im Sturm Arsenale 2019 2019 Öl auf Jute Öl auf Jute 100 x 100 cm 100 x 100 cm Rückseitig signiert und datiert: Angeli 2019 Rückseitig signiert und datiert: Angeli 2019 EDUARD ANGELI 69 (geb. Wien 1942) Der rote Mond 2 017 Pastell auf Papier 56 x 76 cm Signiert und datiert Mitte unten: Angeli 2017

EDUARD ANGELI (geb. Wien 1942) 71 Der Abend 2019 Öl auf Jute 65 x 210 cm Rückseitig signiert und datiert: Angeli 2019

EDUARD ANGELI (geb. Wien 1942) 70 Der Tanker 2019 Pastell auf Papier 56 x 76 cm Signiert und datiert Mitte unten: Angeli 2019 Gottfried Salzmann wird am 26. Februar 1943 den Betrachter unmittelbar an den schwindeler- in Saalfelden geboren. 1963 bis 1965 studiert regenden Einblicken und irritierenden Perspek- er an der Akademie der bildenden Künste in tiven der emporschießenden architektonischen Wien bei Sergius Pauser und Maximilian Mel- Kubaturen teilhaben. Die Strenge der auf dem cher. Ein Stipendium des österreichischen Reißbrett entworfenen Skyline emporschießender Bundesministeriums für Unterricht ermöglicht Türme wird durch ein pointilistisch flirrendes, bis- ihm 1965 die Fortsetzung seines Studiums an weilen amorph-verwaschenes Kolorit aus Türkis-, der École nationale supérieure des beaux-arts Ultramarin-, Kadmiumrot- und Ockertönen span- in Paris. Er zieht in die französische Metropole, nungsreich durchbrochen. Menschen sind aus wo er auch seine Frau, die französische Ma- dieser hohen Perspektive keine mehr zu sehen, lerin Nicole Bottet, kennenlernt. 1968 präsen- lediglich Kolonnen buntfarbiger Autopunkte, die, tieren erste Ausstellungen in Wien, Linz und tief am Grund dieser visionär-unwirklichen Metro- Paris das Werk von Gottfried Salzmann, das polis, an einem schwarzen Gitternetz perlengleich in seinem unverkennbaren Aquarellstil von aufgefädelt sind. Diese vielschichtigen Aquarel- Beginn an auf große Zustimmung sowohl in le vermitteln auf irritierende Weise den Eindruck Österreich als auch in Frankreich stößt. 1969 des Unscharfen und Präzisen, des Formlosen und übersiedelt der Künstler, fasziniert von der Strukturierten zugleich und fordern die geläufigen französischen Landschaft, dauerhaft in seine und bisweilen oberflächlichen Sehgewohnhei- Wahlheimat. Heute lebt und arbeitet Gottfried ten des Betrachters heraus. Gottfried Salzmann Salzmann abwechselnd in Paris und Vence, schafft in einem unglaublich präzisen, langwieri- einer kleinen Ortschaft in der Provence. Über gen und aufwändigen Arbeitsprozess – in meh- 200 internationale Einzelausstellungen und reren Durchgängen werden bereits applizierte unzählige Publikationen zum Künstler zeugen Farben und Gitterlinien teils getilgt, partiell stehen von seinem weltweiten Erfolg. Von dieser gro- gelassen, dann wieder abgewaschen, und aufs ßen Wertschätzung bekunden auch mehrere Neue in zahlreichen Schichten aufgetragen – ein Museumsretrospektiven, wie jene im Salzbur- komplexes urbanes „Palimpsest“2, das einen fas-

Gottfried Salzmann ger Museum Carolino Augusteum 2006, das zinierenden und unverwechselbaren Beitrag zur sogar einen Saal in der Neuen Residenz nach zeitgenössischen Malerei darstellt. dem Künstler benannt hat. Klaus Albrecht Schröder, Direktor der Albertina, formuliert Gottfrieds Salzmanns Einzigartigkeit fol- „Ein umwerfender Blick von oben auf gendermaßen: „Für die Albertina zählt die muse- diese Stein-, Glas- und Stahlskulpturen- umseigene Sammlung an Salzmann-Aquarellen Landschaft mit den Rillenstrukturen der zum kostbarsten Schatz. Salzmann behauptet sich Hochhäuser, den spiegelnden Glaswän- in der Kette von Albrecht Dürer über Josef von Alt den, die sich ineinander schieben….“ 1 bis zum späten Klee als legitimer Erbe und Nach- folger, nicht als Epigone. Mit Gottfried Salzmann Gottfried Salzmann zählt heute zu den prägnan- wurde nicht nur eine scheinbar längst abgegras- testen Aquarellisten der Gegenwart und hat über te Gattung wie jener der Landschaftskunst und Jahre ein gleichermaßen unverwechselbares Stadtvedute, sondern auch die unerschöpflichen Form- und Motivrepertoire entwickelt. Zahllose Möglichkeiten einer zu Unrecht in den Hintergrund urbane Panoramen sind in einem jahrzehnte- getretenen Technik rehabilitiert.“3 langen Schaffensfurioso entstanden, neuartige Blicke auf New York, San Francisco, Paris, Wien oder Tokio. Kaleidoskopartig aufgefächerte bunte Dachlandschaften, vogelperspektivisch überfloge- ne endlose Häusermeere, tiefe Straßenschluchten GOTTFRIED SALZMANN mit Wolkenkratzern sowie vibrierend-zerfließende (geb. Saalfelden 1943) 72 Spiegelungen an glitzernden Glasfassaden bil- NY Riverside den einen faszinierenden, ja magischen künstle- 2018 rischen Kosmos. So sind auch vorliegende (Kat. Aquarell auf Papier Nr. 72–74), mit verblüffender Präzision aufs Blatt 60 x 47 cm gebannte New Yorker Architekturen spannen- Signiert links unten: SALZMANN de Zeugnisse seiner legendären Helikopterflüge Werknummer rechts unten: 41808

über die atemberaubende Metropole und lassen Literatur: Gottfried Salzmann, Ausstellungskatalog, Galerie Joël Knafo, Paris 2018, m. Abb. S. 20; Vgl.: Martin Hochleitner, Nikolaus Schaffer (Hg.), Gottfried Salzmann. Cityscapes – Stadtlandschaften – Paysages urbains, Publikation anlässlich der Ausstellung im Salzburg Museum, München 2013; Gottfried Salzmann, Aquarelle. Landschaften und Städte. Von der Idee zum reinen Aquarell, München 2000.

Ausgestellt: Galerie Joël Knafo, Paris 2018 1) Gottfried Salzmann, Aquarelle. Landschaften und Städte, München 2000, S. 102 2) Unter „Palimpsest“ versteht man ein antikes oder mittelalterliches Schriftstück, von dem der ursprüngliche Text abgeschabt oder abgewaschen und das danach neu beschriftet wurde. 3) https://www.salzburgerland.com/de/magazin/kuenstler-gottfried-salzmann-im-portrait (zugegriffen am 30.1.2020) GOTTFRIED SALZMANN (geb. Saalfelden 1943) 74 NY Perspective 2 017 Aquarell auf Papier 47,5 x 29 cm Signiert mit Werknummer rechts unten: SALZMANN 11707

Literatur: Vgl.: Martin Hochleitner, Nikolaus Schaffer (Hg.), Gottfried Salzmann. Cityscapes – Stadtlandschaften – Paysages urbains, Publikation anlässlich der Ausstellung im Salzburg Museum, München 2013; Gottfried Salzmann, Aquarelle. Landschaften und Städte. Von der Idee zum reinen Aquarell, München 2000.

GOTTFRIED SALZMANN 73 (geb. Saalfelden 1943) NY Crossroads 2 017 Aquarell auf Papier 50,5 x 64,7 cm Signiert mit Werknummer rechts unten: SALZMANN 121804

Literatur: Vgl.: Martin Hochleitner, Nikolaus Schaffer (Hg.), Gottfried Salzmann. Cityscapes – Stadtlandschaften – Paysages urbains, Publikation anlässlich der Ausstellung im Salzburg Museum, München 2013; Gottfried Salzmann, Aquarelle. Landschaften und Städte. Von der Idee zum reinen Aquarell, München 2000. Martha Jungwirth wurde 1940 in Wien gebo- „Meine Kunst ist wie ein Tagebuch, ren. Sie studierte 1956 bis 1963 bei Carl Unger seismografisch. Das ist die Methode an der Universität für angewandte Kunst in Wien, meiner Arbeit: ich bin dabei ganz auf wo sie von 1967 bis 1977 auch unterrichtete. Sie mich bezogen, Zeichnung und Malerei kann der Gruppe „Wirklichkeiten“ zugerechnet sind eine Bewegung, die durch mich werden, zu der auch Franz Ringel, Peter Pongratz, durchgeht. Durch meine Wahrnehmung Wolfgang Herzig, Robert Zeppel-Sperl und Kurt und meine Gestik wird es etwas ande- Kocherscheidt gehörten. Die Künstler fanden sich res. Das Bild ist ein intelligentes erstmals im Mai 1968 für eine Ausstellung in der Fleckengefüge, nichts Festgefahrenes. Wiener Secession zusammen und bildeten mit Es geht um das Fluide, Durchsichtige.“ 1 ihren im Realismus verankerten Arbeiten einen Gegenpol zum damals in Österreich dominieren- den Informel. Die Gruppe trat bis 1975 trotz äu- ßerst unterschiedlicher künstlerischer Konzepte immer wieder gemeinsam in Erscheinung. Martha Jungwirth selbst arbeitete stets an der Grenze zwi- schen gegenständlicher und abstrakter Malerei. In den 1960er Jahren lebte die Künstlerin für einige Monate in New York, kehrte dann aber nach Ös- terreich zurück. Von 1969 bis zu dessen Tod 1990 war sie mit dem Kunsthistoriker Alfred Schmeller verheiratet, der in den 1970er Jahren Direktor des 20er Hauses im Wiener Schweizergarten war. Jungwirths Werk wurde mehrfach in großen Aus- Martha Jungwirth Martha Jungwirth stellungen wie der documenta 6 1977 in Kassel gezeigt sowie zuletzt mit zwei großen Personalen 2014 in der Kunsthalle Krems und 2018 in der Albertina in Wien gewürdigt. Ihre Arbeiten befin- den sich in zahlreichen Wiener Museen wie dem MUMOK – museum moderner kunst stiftung lud- wig, dem Belvedere und der Albertina, im Lentos Kunstmuseum in Linz, im Museum der Moderne in Salzburg, im Unviersalmuseum Joanneum in Graz, im Museum Angerlehner in Wels und im Museum Liaunig in Neuhaus, sowie in der Barnes Foundation in Philadelphia. Außerdem sind noch bedeutende private Sammlungen zu nennen wie die Sammlung Wemhöner in Herford, die Klocker- stiftung in Innsbruck, die Rubell Family Collection in Miami und die Sammlung Dichand in Wien. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Wien.

MARTHA JUNGWIRTH (geb. Wien 1940) 75 Ohne Titel 1993 Aquarell auf Papier 69 x 99,5 cm Signiert und datiert links unten: Martha Jungwirth (19)93 Provenienz: Privatbesitz Wien

Literatur: Vgl.: Hoerschelmann, Klaus Albrecht Schröder (Hg.), Martha Jungwirth, Ausstellungskatalog, Albertina, Wien 2018, Abb. S. 91 ff.; Hans-Peter Wipplinger, Martha Jungwirth. Retrospektive, Ausstellungskatalog, Kunsthalle Krems, Krems 2014, Abb. S. 118 ff.

1) Hoerschelmann, Klaus Albrecht Schröder (Hg.), Martha Jungwirth, Ausstellungskatalog, Albertina, Wien 2018, S.16 raftvoll und dynamisch präsentiert sich das „Das trojanische Pferd“ kann nicht nur aufgrund Trojanische Pferd von Martha Jungwirth. Im seines markanten Pendants in der Wiener Staats- KSpannungsfeld zwischen Gegenständ- oper, das im Rahmen des Kunstprojektes „Eiser- lichkeit und Abstraktion gestaltet die Künstlerin ner Vorhang“3 realisiert wurde und seit mehreren das Tier in expressiv-schwungvollem Duktus. Monaten vor den Eisernen Vorhang gespannt in Das intensive Kolorit ist überwiegend in Rot- und der Saison 2019/2020 in der Oper zu sehen ist, Brauntönen gehalten. „Im Kontrast zum tonigen als ein Hauptwerk der Künstlerin angesehen wer- Packpapier sticht das leuchtende Rot stark hervor, den. Vielmehr sind darin die typischen Qualitäten, Farbspritzer und Malspuren sind darauf sichtbar. die das Gesamtwerk von Martha Jungwirth aus- Die einzelnen Linien konstruieren als Raumgerüst zeichnen, meisterhaft umgesetzt und verdichtet. den Tierkörper, wobei die über die Silhouette hin- Jeder Pinselstrich, jeder Fleck, jede Farbnuance ist aus schwingenden Pinselstriche die raumgreifen- perfekt gesetzt, im kongenialen Wechselspiel zwi- de Dynamik des Pferdes potenzieren.“1 schen Spontaneität und Kontrolle, zwischen Fülle und Leere und zwischen Abstraktion und Form. Jungwirths Malprozess ist geprägt von Zufall und Kontrolle:

„Wenn die äußere Bewegung, die Kör- perbewegung und die innere Bewegung zusammentreffen, und wenn dieses Zusammentreffen glückt, dann geht die Malerei los.“2

Ihre Vorliebe für Rottöne, die auch beim Trojani- schen Pferd vorherrschen, dürfte auf ihre sinnliche Kraft und ihre durchaus zwiespältigen Assoziatio- Eiserner Vorhang, Staatsoper, Wien 2019/2020 nen mit Blut, Leidenschaft, Aggression und Zer- störung zurückzuführen sein. Insofern passt die Ambivalenz der Farbkonnotationen zum Motiv des Trojanischen Pferds, das hinter seinem erhabenen Äußeren ein unheilbringendes Geheimnis verbirgt. Allerdings ist das Bildmotiv auch hier, wie bei Jungwirth üblich, in erster Linie Ausgangspunkt für die Komposition und rückt schließlich zugunsten einer lyrischen Abstraktion in den Hintergrund. Ab- bildhaftes wird bewusst vermieden, um Raum für Ausdruck und Emotionalität zu schaffen.

MARTHA JUNGWIRTH (geb. Wien 1940) 76 Das Trojanische Pferd Entwurf für den Eisernen Vorhang, Staatsoper Wien 2019 Öl auf Karton auf Leinwand 120 x 200 cm Rückseitig signiert und datiert: Martha Jungwirth 2019

Provenienz: Auftragswerk für den „Eisernen Vorhang“ in der Wiener Staatsoper. Ein Projekt des museum in progress in Kooperation mit der Wiener Staatsoper und der Bundestheater Holding. Literatur: Antonia Hoerschelmann, Martha Jungwirth, Das trojanische Pferd, in: museum in progress (Hg.), Eiserner Vorhang 2019/20, Ausstellungsfolder, Wien 2019 Vgl.: Antonia Hoerschelmann, Klaus Albrecht Schröder (Hg.), Martha Jungwirth, Ausstellungskatalog, Albertina, Wien 2018

1) Antonia Hoerschelmann, Martha Jungwirth, Das trojanische Pferd, in: museum in progress (Hg.), Eiserner Vorhang 2019/20, Ausstellungsfolder, Wien 2019, S. 2 2) Antonia Hoerschelmann, Klaus Albrecht Schröder (Hg.), Martha Jungwirth, Ausstellungskatalog, Albertina, Wien 2018, S. 90 3) Diese Ausstellungsreihe wird von museum in progress seit 1998 konzipiert. Eine Jury (Daniel Birnbaum und Hans-Ulrich Obrist) zeichnet für die Künstlerauswahl verantwortlich, deren Werke mehr als 600.000 Opernbesucher/ innen pro Spielzeit erreichen. Die bisherigen Künstler/innen inkludieren u. a. Tauba Auerbach, John Baldessari, David Hockney, Jeff Koons, Maria Lassnig, Rosemarie Trockel, Cy Twombly, Kara Walker und Franz West. Renate Bertlmann „Amo ergo sum“ („Ich liebe,also bin ich“) stand 1970 war sieselbstdortüberzehnJahre langals Jahre, eineKunstströmung, dieerstindenletz- („Ich denke,alsobinich“) wird auch derTitel der Ausstellung imPavillon „Discordo ergo sum“(„Ich

3 2 1 2019 Biennale in Ve bei der 58. - 2017 denGroßen Österreichi - 2007 erhielt sie den Preis der Stadt Wien für bildende Kunst, zur feministischen Avantgarde derfrühen1970er Oxford undwechselte dannandieAkademieder den unterschiedlichsten Medien,wieZeichnung, dium 1962 bis1964 anderAcademyofArtsin auch internationalinBerlin,Hamburg, Amsterdam, schen Staatspreis undbespielte setzt sich mitThemen wieSexua- sie weibliche Rollenbilderund wie in Gwangju in Südkorea gezeigt. Werke von widerspreche, alsobinich“) gesetzt. rer Bedeutung erkannt wird. Sie begann ihr Stu- nedig alsersteKünstlerin denösterreichischen voraus war. MitIronie hinterfragt um, Linz, sowieinderSammlungVerbund, Wien. und giltalseinePionierinderPer- Philosophen RenéDescartes„Cogitoergo sum“ In BezugzumberühmtenZitatdesfranzösischen Hoffmann gestaltetenösterreichischen Pavillons. Die Künstlerin lebtundarbeitetinWien. London, immumok,Wien,Lentos Kunstmuse- Renate Bertlmannbefindensich unteranderem Rom, Madrid,Paris, London, NewYork, Brüssel,so- Ihre Arbeitenwurden inAusstellungenimMuseum Pavillon miteinerEinzelausstellung. Lehrbeauftragte tätig.DieKünstlerin arbeitetmit Renate Bertlmann,1943 inWiengeboren, gehört Kitsch undPornografie alsStilmit- Moderner Kunst inWien,derKunsthalle Krems, Malerei, Skulptur, Installationen,Fotografie, Video bei sieinihren Arbeitenbewusst bildenden Künste inWien.Nach Studienende in großen Lettern aufderFassade desvon Josef im Centre Pompidou, Paris, inderTate Modern, inWien,aber undimMUMOK in Linz, imMUSA im MuseumderModerneinSalzburg, imLentos tel einsetzt. terbeziehungen auseinander, wo- ten Jahren zunehmendaufgearbeitet undinih- lität, Mutterschaft undGeschlech- formancekunst, dieihrer Zeit weit ) ) ) https://biennalearte.at/de/ausstellung (zugegriffen am21.1.2020)https://biennalearte.at/de/ausstellung Wien,München-London-New York 2015, VERBUND, SAMMLUNG S.206 Gabriele Schor Feministische (Hg.), Avantgarde. Kunst der1970-Jahre ausder (zugegriffen am 21.1.2020) https://biennalearte.at/de/ausstellung Beatriz Colomina,zitiert in: Österreichischer Pavillon, Biennale,Venedig 2019 „Im BinnengartendesPavillonsgestal- Todestrieb gekonntmiteinander. Dabeisymboli- Aus jedereinzelnenBlüteausMuranoglas ragt zusammenkommt, Gegensätzliches dieSeiten Raster, alseine‚ArtroteArmee,die gung geraten.“ der Liebenden und der Widerständigen, formiert einer Acryl-Box aufgelegt.einer Acryl-Box eine scharfe Messerklingebedrohlich emporund sich ein Schwellenraum, in dem Unpassendes schaftlichen Wandel einzuleiten.„AusderGrund- eine große Rolle.„Diephallische Ordnung sollals absurd bloßgestelltwerden“ unter der gleißenden Sonne Habtacht unter dergleißendenSonneHabtacht wechselt, Dichotomien undHierarchien inBewe- vereint Eros undThanatos, denLebens- undden die sich in einem präzise angelegten die sichineinempräziseangelegten Roses“ ausVenedig auch in alsSammler-Edition In einerAuflage50Stückvon wurden die„Knife- tete Renate Bertlmann eine Installation tete RenateBertlmanneineInstallation aus 312 roten Rosen auf Metallstielen, aus 312rotenRosenaufMetallstielen, bewegung derbeidenIch-Figuren derKünstlerin, früheren Arbeitenvon RenateBertlmannauch hier steht‘ 1 präsentiert.“ Renate Bertlmann,Ausstellungskatalog, La BiennalediVenezia, 53. 3 Expertise unterzeichnet von der Künstlerin liegtbei. der gekonnte Einsatz übertrieben der gekonnteEinsatzübertrieben der ArbeitRenateBertlmanns das Messer den Widerstand. In gewaltsam durchgesetzten Do- dem Geschlechterkampf verwo- schaft. DabeispielenIronie und siert dierote RosedieLiebe und auch alsPhallussymbolinterpre - ästhetischer Motive wieschon in wiegend patriarchalischen Gesell- wird dasPrinzip derGegensätze minanz ineinerimmernoch vor- und Dualitäten zudem eng mit und Dualitätenzudemengmit ben. DasMesserkanndurchaus tiert werden, alsZeichen eineroft Literatur: Felicias Discordo Thun-Hohenstein (Hg.), Ergo Sum. Esposizione internationaled’Arte,Wien 2018, m.Abb Monogrammiert R.B. undnummeriert: 2 , umeinengesell- Auflage: 50 Stück,20artistproofs Auflage: RENATE BERTLMANN Muranoglas, MetallinAcryl-Box Biennale-Installation imOberenBiennale-Installation Belvedere inWien zusehen. Bis 30. August 2020 istdie August2020 Bis 30. 53 x 20 x 20 cm (mit Box) cm(mit x20 x20 53 H 10 cm,B11 cm(Rose) (geb. Wien1943)(geb. Discordo ergo sum Knife-Rose 77

Xenia Hausner wurde 1951 als Tochter des Ma- lers in Wien geboren. Zunächst studierte sie Bühnenbild an der Wiener Akademie der bildenden Künste und an der Royal Academy of Dramatic Art in London. 1975 bis 1992 arbeitete sie an mehr als hundert Theater- und Opernpro- duktionen mit, darunter für Covent Garden in Lon- don, das Wiener Burgtheater, das Théâtre de la Monnaie in Brüssel und die Salzburger Festspiele. Seit den frühen 1980er Jahren hat sie ein Atelier in Berlin. Beginnend mit 1992 widmete sie sich ausschließlich der Malerei. Zentrum ihrer äußerst farbexpressiven Darstellungen ist der Mensch, XENIA HAUSNER zum Großteil Frauen, die sie oft in einem bühnen- (geb. Wien 1951) 78 artigen Setting präsentiert. Xenia Hausner lebt Lola und arbeitet in Berlin, Wien und Hongkong. Sie 2002 zählt zu den renommiertesten Künstlerinnen der Unikat: Mixed Media, Öl und Lithografie auf Bütten Gegenwart und ist vor allem für ihre Acrylgemälde 60 x 79 cm (Druckgröße) und Mixed Media Arbeiten bekannt. Ihre Arbeiten Signiert rechts unten: Xenia Hausner finden internationalen Anklang, tauchen nur selten Betitelt und nummeriert links unten: 33/35 „Lola“ Xenia Hausner Auflage: 35 Stück am Kunstmarkt auf und sind bei ihren Sammlern sehr begehrt. Ausgewählte Werke der Künstlerin Provenienz: Privatbesitz USA befinden sich in der Albertina modern im Künstler- haus, Wien, im Belvedere, Wien, sowie der Samm- lung Würth in Künzelsau.

„Wenn ich ein Gesicht male, dann entwickelt es sich meistens so, dass mich der Mensch ansieht oder ich ihn dazu auffordere, mit mir Blickkontakt zu halten. Ich erzähle hier aber aus der Perspektive der Macherin und da interessiert mich einfach der direkte Blickkontakt und das Hineinwühlen in eine innere Befindlichkeit.“1

XENIA HAUSNER (geb. Wien 1951) 79 Rot Weiß Rot 2001 Unikat: Mixed Media, Öl und Lithografie auf Bütten 84 x 104,5 cm Signiert rechts unten: Xenia Hausner Nummeriert und betitelt links unten: 35/50 „Rot Weiß Rot“ Auflage: 50 Stück

Provenienz: Privatbesitz Steiermark

Ab 6. Mai 2020 widmet die Albertina 1) Xenia Hausner in einem Gespräch mit Tim Seifert, der Künstlerin die Ausstellung „True Lies“. Berlin-Prenzlauer Berg 2011, https://www.freundevonfreunden.com/de/interviews/xenia-hausner/ (zugegriffen am 21.1.2020) Gabi Trinkaus Trinkaus herantritt, erkenntmandieraffinierte Col- York, derMoscowBiennaleofContemporary Art

3 2 1 Sammlungen: darunterdasMuseumderModer- Sammlungen: Sie hatsich mitihren CollagenausbuntenHoch- Studium derCollageteileauch dieSchattenseiten zügen undglitzerndenLichtern scheinen mögen, Stadt wiedergeben. So idyllisch die nebenstehen- zeilen, diedasDargestellte ironisch undkritisch Gabi Trinkaus 1966 inGraz geboren, studierte der Frieze inLondon, derArmoryShowinNew gemacht. Ihre Collagenwaren aufdenwichtigsten der Vogelperspektive, die bei näherer Betrachtung glanzmagazinen indenOlympderKunstszene den Häuserschluchten mitihren belebtenStraßen- einen hohenAbstraktionsgrad aufweisen, hatdie sie selbstgerneals„Köpfe“ subsummiert,ande- an der Universität für angewandte Kunst in Wien. eröffnen sich beinäherer Betrachtung unddem steine, dasLeben, dieCharakteristik einerfiktiven sind es zudem kleine figurale Details kombiniert rin lebtundarbeitetinWien. rican Art in New Britain, Connecticut, sowie das rerseits große nächtliche Stadtlandschaften aus vedere in Wien, das New BritainMuseum of Ame- ne, Salzburg, dieNeueGalerie,Graz unddasBel- verwechselbaren Arbeiten,einerseitsPorträts, die mit Wort- undSatzfragmenten, diealsPuzzle- man noch näher, sieht man auch einzelne Text- und derViennaFair zusehenundbefindensich Erst wenn man ganz nahe an die Bilder von Gabi Eskilstuna ArtmuseuminSchweden. DieKünstle- Künstlerin von heuteaufmorgen weltweit bekannt katapultiert. Derdurchschlagende Erfolg ihrer un- in bedeutendenMuseenundzahlreichen privaten internationalen Kunstmessen wiederArtBasel, hinter alldemoberflächlichen Glanz. hinterfragen. IndenStadtlandschaften (Kat.Nr. 80) tem sehendieArbeitenwiegemaltaus.Kommt lage ausunzähligenkleinenPapierteilen. Von wei- ) ) ) Mind theGap“, Georg Kargl Fine Arts,Wien2008 Rebecca Harms,Irene Karl, Pressetext TRINKAUS. zurAusstellung„GABI (zugegriffen am 5.7.2018) https://diepresse.com/home/kultur/kunst/472848/Gabi-Trinkhaus_Mediendiebin Ausstellungskatalog, Georg Kargl Wien2005 BOX, Die Portraits von GabiTrinkaus, GabiTrinkaus. in: „works“, Bernadette Wegenstein, Geoffrey AlanRhodes,Ilookandchoose. Zu klassischen Porträts hatGabiTrinkhaus eineher Trinkaus perfekt umzusetzen weiß. Von Weitem Schönheitsideal entsprechen, tritt man näher an zeichnung blicken kann,diese„Auslassungen chen Lebensperformances.“ Ihr OhristeinbehaarterUnterarm. Ihr HaaristvonGucci,Prada,Dior. Ihre NasebestehtausWimpern und Die AugenhabenHaare Die LippeisteinschmutzigerFinger. Gesichts, denVerletzungscharakter von Körper die Kunstwerke heran, offenbaren sich Brüche und die unsMöglichkeit einermakellosenSchön - gemäß einerIndustrie,dieWünsche vorgibt.“ gendeine Ähnlichkeit zuerzielen“,sagtsie,„viel- offenbaren dieFragmentierung desKörpers/des engesichter (Kat.Nr. 81, diedemklassischen 82), aber auch immerwiederStellenimAntlitzfrei, wo ambivalentes Verhältnis. „Esistnicht meinPlan,ir- Unebenheiten, diedurch eingearbeiteteTextzeilen vorstellungen derBeauty-undLifestyleindustrie, man aufdienackte Leinwand mitderBleistiftvor- noch unterstrichen oderpointiertpersifliert werden. nen sich dieGesichter unddieKörper aufzulösen mehr empfindeich meine Porträts als,Make-overs‘ einem goldenenFrauenbein. und Hintergründigem. BewusstlässtGabiTrinkaus und enttarnendieMaskenhaftigkeitunserer tägli- und Psyche... WieabblätterndesMake-upschei- Bildnisse versteht siealsAntwort aufdieKlischee- Es entstehteinsubtilesSpielausOberflächlichem betrachtet blicken wiraufperfekt geformte Frau- heit vorzugaukeln versteht. GenaudieseAmbiva- lenz zwischen SeinundSchein istes,dieGabi 3 Rückseitig signiert,datiertundbetitelt: 1 Collage, Hochglanzmagazine und „More is asked“ TRINKAUS 2019„More isasked“TRINKAUS GABI TRINKAUS GABI (geb. Graz(geb. 1966) 2 Ihre MORE IS ASKED Acryl aufLeinwand 140 x4cm x220 80 2019

GABI TRINKAUS GABI TRINKAUS 81 (geb. Graz 1966) 82 (geb. Graz 1966) Let it (the Queen is amused) BADgal eye 2018/2019 2018 Collage, bedrucktes Papier auf Leinwand Collage, bedrucktes Papier auf Leinwand 150 x 130 cm 150 x 130 cm Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Rückseitig signiert, datiert und betitelt: „Let it (The Queen is amused)“ TRINKAUS 2018/19 „BADgal eye“ TRINKAUS 2018 Martin Schnur, geboren 1964 in Vorau, besuchte Meeresoberfläche, auf der die Frauen zwischen 1982 bis 1985 die Kunstgewerbeschule in Graz den Kontinenten angesiedelt sind. Ähnlich wird und von 1985 bis 1990 die Meisterklasse für Bild- wohl die Zerrissenheit empfunden, wenn man hauerei von Joannis Avramidis an der Akademie sich nirgends richtig zugehörig fühlt. Auch die la- der bildenden Künste in Wien. Die Assistenzar- bile Position der Schwarzen Frau deutet auf eine beit für eine Sol LeWitt-Ausstellung in der Wiener gewisse Unsicherheit hin, ob sie in der ihr zuge- Secession 1988, wo er ein monumentales „Wall wiesenen Position tatsächlich verharren will und Drawing“ mitgestaltete, führte ihn zur Malerei. kann. Das hinter ihr fast über die gesamte Bildbrei- Als malerischer Autodidakt übernimmt er durch- te gespannte Spinnennetz symbolisiert mit seinen aus skulpturale Qualitäten in seine Bilder wie das vielen Fäden das Gewebe aus Raum und Zeit mit statuarische Platzieren seiner Figuren und das seinen unterschiedlichen Strängen, aus dem sich „Ordnen in Raum-Systemen“1. Zumeist dienen das Leben eines Menschen zusammensetzt, steht fotografische Vorlagen als Ausgangspunkt, die in aber auch für das „das Trügerische, die Illusion so- collageartiger Zusammensetzung den Ansatz für wie die Angst vor dem Eingefangenwerden und die Malerei bilden. Aber auch in der Erinnerung ge- sich Verstricken ohne Möglichkeit des Entkom- speicherte „Augenfotos“2 finden, aus einem visu- mens“6. ellen Speicher abgerufen, Eingang in seine Bilder. Martin Schnur hat ein für ihn typisches „Bild-im- Architektonische Details und verunklärte Raumsi- Bild-Verfahren“ entwickelt, das „aus unterschied- tuationen spielen in Bildern wie „Blendung“ (Kat.Nr. 3 Martin Schnur lichen Raum- und Wirklichkeitsebenen“ besteht. 83) eine wichtige Rolle. Wo steht die Frau, deren Wesentliches Element ist dabei der Spiegel, der Spiegelbild wir sehen? Sie verschwindet in einem aber über das bloße Gegenbild hinausgeht. Der imaginären Raum, der zwischen Wald- und Stadt- Künstler lebt und arbeitet in Wien. landschaft in einem Zwischenreich angesiedelt ist, das sich der Darstellung entzieht. Ihr Arm und ein „Die Verdoppelung – das Bipolare, Teil des Kopfes mit dem braunen Haar, sowie der wenn man so will – ist trotzdem rechts ins Bild ragende Teil einer Häuserfassade, immer anders: Nie schaut es aus wie sind die einzigen Bindeglieder zwischen den ein- Wirklichkeit. Das hat etwas Mystisches, zelnen Realitätsebenen. das mich fasziniert.“4

In der Natur, im Wald oder in der Au, ist der Künst- ler mit Spiegeln mit seinen Malermodellen unter- wegs. Nachdem ein Platz – dieser muss gar nicht spektakulär sein – gefunden ist, wird der Spiegel platziert und das Modell gebeten, eine Position einzunehmen. Der Künstler gibt oft nur vor, ob diese eine liegende oder stehende sein soll, die Spontaneität des Modells ist durchaus erwünscht, sofern es intuitiv und nicht gestellt wirkt. Neben den Modellen spielt die Natur, zum Beispiel die kunstvolle Konstruktion eines Spinnennetzes, in dem die Lichtbrechungen tausender Tautropfen ein Eigenleben entfalten, oder ein besonderer Baum, den der Künstler auch als „Lebewesen“5 bezeichnet, eine gleichwertige Rolle. In neueren Arbeiten stehen dem Künstler oft Schwarze Men- schen Modell. So in „Ihr gegenüber #2“ (Kat.Nr. MARTIN SCHNUR 85), wo sich das weißgewandete Schwarze Mäd- (geb. Vorau 1964) 83 chen in einer braungewandeten Weißen Frau spie- Blendung gelt. Der Spiegel versinnbildlicht gleichzeitig die 2019 Öl auf Leinwand 220 x 164 cm Rückseitig signiert, datiert und betitelt: „Blendung“ M. Schnur 2019

Literatur: Vgl.: Paula Watzl, Martin Schnur. Imagina, Parnass, Heft 3, Wien 2017, S. 134; Karla Starecek, Martin Schnur. Rätselhafte Spiegelbilder, Parnass, Heft 1, Wien 2013, S. 95

1) Karla Starecek, Martin Schnur. Rätselhafte Spiegelbilder, in: Parnass, Heft 1, Wien 2013, S. 95 2) Martin Schnur in: Post am Rochus, Ausstellungskatalog, Österreichische Post AG, Unternehmenszentrale am Rochusplatz, Wien 2019, S. 64 3) Petra Noll, Martin Schnur. Natural-Metapher, zur Ausstellung im Kunsthaus Nexus, Saalfelden 2017, http://www.kunstnoll.de/index.php/16-archiv-kunsthalle-nexus/116- martin-schnur-natural-metapher (zugegriffen am 18.6.2019) 4) ebd. 5) ebd. 6) ebd. (zugegriffen am 23.1.2020) MARTIN SCHNUR 84 (geb. Vorau 1964) Contakt 2019 Öl auf Leinwand 175 x 142 cm Rückseitig signiert, datiert und betitelt: „Contakt“ M. Schnur 2019

Literatur: Vgl.: Paula Watzl, Martin Schnur. Imagina, Parnass, Heft 3, Wien 2017, S. 134; Karla Starecek, Martin Schnur. Rätselhafte Spiegelbilder, Parnass, Heft 1, Wien 2013, S. 95

MARTIN SCHNUR 85 (geb. Vorau 1964) Ihr gegenüber #2 2020 Öl auf Kupfer 81 x 100 cm Rückseitig signiert, datiert und betitelt: „Ihr gegenüber #2“ M. Schnur 2020

Literatur: Vgl.: Paula Watzl, Martin Schnur. Imagina, Parnass, Heft 3, Wien 2017, S. 134; Karla Starecek, Martin Schnur. Rätselhafte Spiegelbilder, Parnass, Heft 1, Wien 2013, S. 95 Michela Ghisetti wurde 1966 in Bergamo geboren. Die große stilistische Bandbreite – sie selbst nennt Sie studierte 1988 bis 1992 an der Accademia das „Multipolarität“ – in ihrem Werk, erklärt die Carrara di Belle Arti in Bergamo und schloss ihr Künstlerin mit einer innerlichen, seelischen Reise4, Studium mit einem Diplom in Malerei und Grafik auf die sie sich begeben hat. Es geht um eine „Ge- ab. 1992 kam sie für weitere vier Studienjahre borgenheit, die dadurch entsteht, dass man alles in der Meisterklasse von Gunter Damisch an der zulässt. Vor allem im Umgang mit sich selbst und Akademie der bildenden Künste nach Österreich. seinen multipolaren Anteilen“5. Der hyperrealisti- Seitdem lebt und arbeitet sie als freischaffende sche Stil ihrer einfühlsamen Frauenbilder beginnt Künstlerin in Wien. sich 2013/2014 zusehends aufzulösen. In einem Ihre Arbeiten waren auf Ausstellungen im BA-CA sanften Übergang wechselt Ghisetti mittels Colla- Kunstforum in Wien, mehrfach im Rahmen von Al- getechnik und Bildnissen mit Positiv-Negativ-Effek- bertina Contemporary in der Albertina in Wien, im ten zur abstrakten, scheinbar gegenstandslosen Kunstforum Strabag in Wien, sowie in Hamburg, Malerei. Bildtitel wie „Magic Carpet“ (Kat.Nr. 86) Berlin und Sotschi sowie in mehreren Personalen oder „Salt Bags“6 (Kat.Nr. 87, 90) verweisen aber in Italien zu sehen. Werke der Künstlerin befinden auf reale Bezugspunkte. Das Umsetzen sensualis- sich in der Albertina, Wien, im Angerlehner Mu- tischer Eindrücke steht nach wie vor im Zentrum seum in Wels, sowie den Sammlungen der Stadt ihres Schaffens und ist untrennbar mit der Person Wien, des BMBWF, und der Strabag in Wien, so- der Künstlerin verbunden. Sie erklärt das so: wie in der Sammlung Urban in Waidhofen. Ab 28. Mai 2020 widmet die Albertina der Künstlerin eine „Für mich ist Arbeit mit Kunst immer große Retrospektive1. stark mit der Seele verbunden, jeder kann das nennen, wie er will, für mich

Michela Ghisetti Das Werk der Künstlerin bewegt sich zwischen ist dies ein großer innerer Raum, den den Polen von Abstraktion und Figuration. Biogra- ich fülle – einmal mit Strichen, einmal fisch-emotionale und philosophisch-kunsttheo- mit Farbe, einmal mit extremem retische Elemente fließen in ihren Arbeiten inein- Fotorealismus. So treffe ich Aussagen ander. Immer wieder erprobt sie in den einzelnen zu Fragen, die sicher nicht nur mich Werkgruppen die unterschiedlichsten Materialien. beschäftigen.“7 Auch die Reflexion über den Bewegungsablauf während des Arbeitsprozesses bildet ein konstan- tes Element ihres Schaffens. So unterschiedlich manche Werkphasen stilistisch ausfallen, so kon- stant ist doch die Beschäftigung mit den zentralen Fragen von Kunst und menschlicher Existenz, die sie in einem „einzigartigen Gefüge von Zeit-, The- men- und Motivachsen umkreist“2. Zudem ist die Frau in ihren gesellschaftlich bedingten Rollen von Anfang an in Michela Ghisettis Arbeit ein präsen- tes Thema. Ihre Herangehensweise beschreibt die Künstlerin wie das einer „Hebamme“, sanft und bestimmt zugleich, „weich, bewegt und beweglich. Sie sucht weniger den Widerstand und die Gren- zen, vielmehr gelte es, diese aufzulösen. Es gehe um die Koexistenz der Gegensätze und die Ver- bundenheit der Pole. Man müsse erkennen, dass 3 alles Platz habe und kein Kampf notwendig sei“ . MICHELA GHISETTI (geb. Bergamo 1966) 86 Magic Carpet I 2015 Acryl und Farbstifte auf Papier 189 x 153 cm Signiert und datiert rechts unten: M.Ghisetti 2015 Rückseitig signiert und datiert: MGhisetti 2015

Literatur: Vgl.: Michela Ghisetti (Hg.), Michela Ghisetti. Ich gehe nach Hause, Wien-Graz 2018, Abb. S. 132 f.

1) Michela Ghisetti. Ich gehe nach Hause, Albertina, Wien, Ab 28. Mai 2020 widmet die Albertina 28. Mai bis 13. September 2020 der Künstlerin eine große Retrospektive. 2) Pressetext zur Ausstellung „Michela Ghisetti. Ich gehe nach Hause, Albertina, Wien 2020 auf: https://www.albertina.at/site/assets/files/11479/pt_michela_ghisetti_de.pdf (zugegriffen am 25.1.2020) 3) Michela Ghisetti (Hg.), Michela Ghisetti. Ich gehe nach Hause, Wien-Graz 2020, S. 203 4) ebd., S. 147 5) ebd. S. 155 6) Grob gewebte und bunt eingefärbte marokkanische Salzsäcke haben die Künstlerin zu dieser Werkserie inspiriert. 7) Ghisetti, S. 147 f. MICHELA GHISETTI MICHELA GHISETTI 87 (geb. Bergamo 1966) 88 (geb. Bergamo 1966) Salt Bags Goldener Sommernachtsregen 2016 2019 Acryl und Farbstifte auf Papier Acryl und Gold auf Papier 75,6 x 57,5 cm 154 x 114 cm Signiert und datiert rechts unten: M.Ghisetti 2016 Signiert und datiert rechts unten: MGhisetti 2019 Rückseite signiert, datiert und betitelt: Rückseitig signiert, datiert und betitelt: SALT BAGS 16 2016 Ghisetti M. „GOLDENER SOMMERNACHTSREGEN“ MGhisetti 2019

Literatur: Vgl.: Michela Ghisetti (Hg.), Michela Ghisetti. Ich gehe nach Hause, Wien-Graz 2018, Abb. S. 112 MICHELA GHISETTI MICHELA GHISETTI 89 (geb. Bergamo 1966) 90 (geb. Bergamo 1966) Salt Bags Tutto 2 017 2 017 Acryl und Farbstifte auf Papier Acryl und Farbstifte auf Papier 77 x 56 cm 50 x 40 cm Signiert und datiert rechts unten: M.Ghisetti (20)‘17 Signiert und datiert rechts unten: M.Ghisetti 2017

Rückseitig signiert, datiert und betitelt Literatur: Vgl.: Michela Ghisetti (Hg.), Michela Ghisetti. „SALT BAGS“ Ghisetti 2017 Ich gehe nach Hause, Wien-Graz 2018, Abb. S. 179 ff.

Literatur: Vgl.: Michela Ghisetti (Hg.), Michela Ghisetti. Ich gehe nach Hause, Wien-Graz 2018, Abb. S. 109 Impressum Gesamtherstellung: und Verleger: Herausgeber Redaktion: Copyright: Lektorat: Grafik: Fotos: Texte: ISBN

978 39504728-7-5 GalerieKovacek &Zetter© 2020 GmbH Österreichischer Pavillon, BiennaleVenedig 2019 (©SophieThun/APA/picturedesk.com) Tony Cragg (©CharlesDuprat, CourtesyGalerieThaddaeus Ropac, London, Paris, Salzburg) Teamfoto gorla photography, Galerie(Foto: GerlindeGorla) Porträtfoto MartinSchnurDanielaBeranek) (Foto: Porträtfoto Michela Severin Ghisetti(Foto: Koller) Poträtfoto HansBischoffshausen Michael (Foto: Leischner) Porträtfoto Eduard NinaGoldnagl,Wien) Angeli(Foto: Galerie Kovacek &Zetter GmbH www.printalliance.at BadVöslau2540 Print AllianceHAV Produktions GmbH www.beyond.ag Thomas Riegler Kathrin Macht Marianne Hussl-Hörmann Stefan Rodler Sophie Cieslar Claudia Kovacek-Longin Sophie Zetter-Schwaiger Stefan Rodler Jenny Reiter Sophie Cieslar www.kovacek-zetter.at [email protected] A-1010 Wien Stallburggasse 2 Kovacek &ZetterGmbH Galerie