Ausg. Nr. 137 • 1. Dezember 2014 Unparteiisches, unabhängiges Monats- magazin speziell für Österreicherinnen und Österreicher in aller Welt in vier verschiedenen pdf-Formaten http://www.oesterreichjournal.at Wir wünschen einen schönen Advent! Foto: Thomas2006 / Creative Commons Attribution Share Alike

Sie sehen hier die Variante A4 mit 300 dpi und hoher Qualität von Bildern und Grafiken ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 2 Die Seite 2

Liebe Leserinnen und Leser, soeben ist die Stillste Zeit im Jahr angebrochen. Als dieser heimelige Begriff erfunden wurde, konnte man noch keine Ahnung haben, daß die Generationen der Jetztzeit das nur aus Kindertagen kennen. Wenn es schon nicht uns Erwachsenen gelingt, den Advent beschaulich zu verbringen, sollten wir diese Zeit zumindest für unseren Nachwuchs erhalten … er wird es uns in 20, 30 Jahren danken! Mit besten Wünschen Michael Mössmer Interview mit Außenminister Kurz S 10

Der Inhalt der Ausgabe 137

Bundespräsident in Rom 3 »Burgenland Journal« 20 Jahre EU-Beitrittsbeschluß 6 Moderne Landesverfassung 49 Georgischer Staatspräsident Aufrüstung bei Sicherheit 50 dankt Kopf für dessen Engagement 9 Grenzüberschreitende Interview mit Außenminister Kurz Trinkwasserversorgung 51 Von Markus Staudinger und EU-Projekt zur Hospizbetreuung 52 Clemens Schuhmann. 10 Mörbisch: »Eine Nacht in Venedig« 53 Berufsanerkennung.at 11 Martinsfest in Eisenstadt mit Würde am Ende des Lebens S 44 Vertiefung der Kooperation Bartholomaios I. 56 mit Tschechien 12 ------Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino Aus Südtirol 60 Arbeitsprogramm für 2015 13 EU startet Investitionsoffensive 61 Erwin Pröll an der Spitze der Flaute der österr. Industrie hält an 63 Europäischen Dorferneuerung 14 Träge Abschwächungsphase 64 Tirol hilft beim Wiederaufbau WKÖ-Präsident Leitl nennt Maß- der Feuerwehr in Kroatien 15 nahmen Konjunktur-Ankurbelung 65 Österreich fördert ländliche Erstmals über 20 Millionen Gäste 66 Entwicklung im Kosovo 15 Vermögensbildung der Haushalte 67 Martinsfest mit Bartholomaios I. S 56 Landesminister von Sachsen- Anhalt auf Steiermark-Besuch 16 Bevölkerungszahl wächst stärker 68 »Jüdische Genies – Warhols So tickt Österreichs Jugend 70 Juden« in Melbourne 16 InterContinental Wien ist 50 72 Leitl und Ban Ki-moon betonen Kärnten macht »Lust auf Fisch« 75 Brückenfunktion der Wirtschaft 17 Martin Haselböck feierte 60er 76 China interessiert sich für Ostermayer ehrt Schriftsteller Salzburger Verwaltungskontrolle 17 Peter Henisch 78 Centrope-Preis an Agnes Katona 18 Pröll: Peter Turrini steht »für »Ars Pannonica« 18 Offenheit, gegen Einengung« 78 Jordanien als Zukunftsmarkt Planeten rotieren rückläufig 79 Arik Brauer - Gesamt.Kunst.Werk S 88 für oö. Agrarprodukte 19 Wie man einem Plastikfilm Italienische Betriebsansiedelungen das Sehen lehrt 80 bringen neue Arbeitsplätze 19 RFID-Etiketten aufspüren 81 Staatsbesuch von Sozialminister Marktreif: Optisches Mikrofon 82 Hundstorfer in Israel 20 NHM: Digitales Planetarium 83 Europa kennen - Europa verstehen 20 Neues Analyseverfahren könnte Italien dankt Österr. Marineverband 20 Brustkrebstherapie revolutionieren 85 PaN-Preis 2014 des BMEIA 21 Resveratrol aus Rotwein PaN-Gesellschaften vor den Vorhang 22 wirkt entzündungshemmend 86 Romero-Menschenrechtspreis 23 Arik Brauer - Gesamt.Kunst.Werk 88 Schul-Container für Banglades 24 Tanz der Hände im Rupertinum 94 Das war die Viennale 2014 S 101 Marineverband: Venezia a 25 Kunstgenuss Essen im Nordico 96 Gedenken an den Ersten Weltkrieg 33 39. Innsbrucker Festwochen 98 Impressum: Eigentümer und Verleger: Österreich Nachwirkungen der »Front- Buch: E.T.A. Hoffmann - Georg Journal Verlag; Postadresse: A-1130 Wien, Dr. Scho- erfahrung« des Ersten Weltkriegs Trakl - Anton P. Tschechow 100 ber-Str. 8/1. Für den Inhalt verantwortlicher Her- auf die Entwicklung Österreichs Das war die Viennale 2014 ausgeber und Chefredakteur: Michael Mössmer; Lek- Teil 11: Von Verena Moritz 35 Von Margarethe Glac. 101 torat: Maria Krapfenbauer. jede Art der Veröffentli- Wir spielen Krieg. Serie "Österreicher in Hollywood" chung bei Quellenangabe ausdrücklich erlaubt. Fotos: Österreich Journal/Michael Mössmer; Parlamentsdi- Die Kindheit vor 100 Jahren 42 von Rudolf Ulrich. Diesmal: der rektion / Bildagentur Zolles KG / Christian Hofer; Enquete-Kommission zu Komponist Ernst (Ernest) Toch 108 kathbild.at / Franz Josef Rupprecht; Leopold Mu- Würde am Ende des Lebens 44 Ein Winterurlaub in Tirol 110 seum / Privatbesitz; Viennale / Robert Newald

In Zusammenarbeit mit dem Auslandsösterreicher-Weltbund und »Rot-Weiss-Rot« – http://www.weltbund.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 3 Österreich, Europa und die Welt Bundespräsident in Rom Gespräche mit Amtskollegen Giorgio Napolitano und Regierungschef Matteo Renzi – Offizieller Besuch des Bundespräsidenten und Frau Margit Fischer bei Seiner Heiligkeit Papst Franziskus Foto: HBF / Peter Lechner Begrüßung des Bundespräsidenten und Frau Margit Fischer (l.) durch den Präsidenten der Italienischen Republik, Giorgio Napolitano, und Frau Clio Napolitano im Quirinal, dem Sitz des italienischen Präsidenten in Rom undespräsident Heinz Fischer hat am tung als Brücke zwischen den beiden Län- Engagement für konstruktive Lösungen für B11. November seinem italienischen dern. sichere Grenzen und Schritte, die zu diesem Amtskollegen Giorgio Napolitano einen Be- Der Bundespräsident lobte die Leistun- Ziel führen, ist besonders wichtig und wird such abgestattet. Im Mittelpunkt der Ge- gen der Regierung Renzi in diesem EU-Halb- von uns unterstützt“, sagte Fischer. spräche standen europäische Fragen und die jahr unter italienischem Vorsitz. „Der EU- Nach dem Treffen mit Napolitano be- internationale Lage. Vorsitz unter italienischer Leitung ist gut suchte der Bundespräsident den italienischen Heinz Fischer wurde mit militärischen organisiert, verläßlich und hat bisher zu gu- Ministerpräsidenten Matteo Renzi im Regie- Ehren im Quirinal, dem Sitz des italieni- ten Beratungsergebnissen geführt.“ rungssitz Palazzo Chigi, wo außenpolitische schen Präsidenten in Rom, empfangen. Nach Auch das Thema Ukraine war ein Schwer- Fragen angesprochen und die innenpoliti- einem Vier-Augen-Gespräch zwischen den punkt der Gespräche zwischen den beiden sche Situation in Italien erörtert wurden. Da- beiden Präsidenten wurden die Unterredun- Präsidenten. „Die Situation ist zwar kom- bei wurde auch die Südtiroler Frage ange- gen mit den beiden Delegationen weiterge- plex, wir dürfen aber nicht vergessen, was schnitten, berichtete Heinz Fischer bei einer führt. „Wir sind stolz, wie sich die Bezie- wir in der letzen Jahrzehnten bei der Über- Pressekonferenz mit österreichischen Jour- hungen zwischen Italien und Österreich auf windung des Kalten Krieges gelernt haben.“ nalisten. wirtschaftlicher, politischer, kultureller und Zusammenarbeit sei immer wichtig. „Bei Renzi schilderte im Gespräch mit dem auch auf persönlicher Ebene entwickelt ha- komplizierten Problemen ist es notwendig, Bundespräsidenten einige Schwerpunkte des ben“, betonte der Bundespräsident bei einer auch mit dem Kopf der anderen Seite zu neuen Südtiroler Finanzabkommens über die gemeinsamen Presseerklärung mit Napoli- denken. Wenn man das Problem von allen in Rom zurzeit verhandelt wird. „Die Verein- tano. Italien sei Österreichs zweitwichtigster Sichten betrachtet, kann man zu vernünfti- barungen müssen noch in die Budgetgesetze Handelspartner und zweitstärkster Investor. gen Ergebnissen gelangen. Der Kalte Krieg eingebaut werden. Wenn das Ergebnis unter- Fischer erklärte, er habe von Napolitano darf sich nicht wieder annähern und zu einer schriftsreif ist, soll es dann durch einen Brief- die Garantie erhalten, daß Italien trotz Ein- echten Gefahr werden“, erklärte der Bundes- wechsel zwischen Premier Renzi und Bun- sparungen im Budget am Projekt des Bren- präsident. deskanzler Werner Faymann als Unterpfand ner Basistunnels festhalte. Große Infrastruk- Er lobte zudem den Einsatz der neuen für die Akzeptanz auf beiden Seiten besie- turprojekte seien wichtig, um Arbeitsplätze EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini gelt werden“, berichtete Fischer. zu schaffen. Der Brenner Basistunnel habe für eine friedliche Lösung in Nahost. „Mog- Auch Präsident Giorgio Napolitano, den außerdem eine große symbolische Bedeu- herinis Einsatz hat mich sehr ermutigt. Ihr er ja zuvor getroffen hatte, habe ein „sehr

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 4 Österreich, Europa und die Welt tiefes und positives Verständnis für Südtirol“ gezeigt. Er verfolge mit großem Interesse die Aktivität von Landeshauptmann Arno Kompatscher. Fischer sprach in Rom auch die Frage einer Begnadigung der Südtiroler Terroristen an. „In den nächsten Monaten ist in dieser Sache keine Bewegung zu erwar- ten“, meinte der Präsident. „Ich glaube, daß die Vereinbarungen für Südtirol vernünftig und fair sind. Wenn alles unter Dach und Fach ist, wird man in Süd- tirol froh sein, daß man Pflöcke einschlagen hat, an denen man sich halten kann“, kom- mentierte der Bundespräsident. „Die Südti- roler sind gute Verhandler, das haben sie in den letzten 60 Jahren bewiesen. Ich glaube die Südtiroler haben gut verhandelt und das herausgeholt, was herauszuholen war. Italien befindet sich außerdem nicht in der einfach- Die Präsidenten Heinz Fischer (l.) und Giorgio Napolitano bei der Pressekonferenz sten Situation. Das Land muß den Staats- haushalt sanieren und stabilisieren“, betonte Fischer. Mit Renzi thematisierte Fischer unter anderem die Flüchtlingsproblematik. „Italien und Österreich wünschen sich europaweite Lösungen. In punkto Asylrecht muß es auf- grund unleugbarer Gegebenheiten zu einer neuen Zusammenarbeit kommen“, erklärte Fischer. Bis Jahresende könnte die Zahl der in Österreich eingereichten Asylantrage um 70 bzw. 80 Prozent gegenüber 2013 wach- sen. In Italien dürfte die Zuwachsrate ähn- lich aussehen. Handlungen seien daher drin- gend notwendig. Fischer berichtete den Journalisten eben- so, daß sich Österreich mit einigen Experten an der EU-Mission Triton zur Rettung von Flüchtlingen beteiligen wird, die Anfang November unter Aufsicht der EU-Grenz- Präsident Heinz Fischer und Premierminister Matteo Renzi schutzagentur Frontex begonnen hat. Renzi macht sich laut Heinz Fischer Sorgen um die schwierigen und chaotischen Verhältnissen in Libyen, die sich noch weiter verschlech- tern könnten. „Dies könnte weitere Flücht- lingsströme auslösen“, kommentierte der Bundespräsident. Renzi berichtete im Gespräch mit Heinz Fischer auch über seine Reformpläne. In Eu- ropa suche der italienische Premier nach Bündnispartnern, damit Themen wie der Kampf gegen Arbeitslosigkeit und mehr Investitionen für Wachstum und Beschäf- tigung in Brüssel stärker in den Vordergrund rücken können. Am Nachmittag des 12. November hatte Heinz Fischer den Sitz der deutschsprachi- gen katholischen Gemeinde in Rom besucht.

In der Kirche des Päpstlichen Instituts Santa Fotos: HBF / Peter Lechner Maria dell’Anima wurden das Staatsober- Führung durch die Kirche und das Päpstliche Institut Maria dell´Anima in Rom

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 5 Österreich, Europa und die Welt Foto: HBF / Peter Lechner v.l.: Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl, Finanzminister Hans Jörg Schelling, Bundespräsident Heinz Fischer, Papst Franziskus und Margit Fischer in der Privatbibliothek des katholischen Kirchenoberhaupts im Vatikan

haupt und seine Frau Margit von dessen Lei- terreich rein quantitativ zu den EU-Mit- Papst positiv geäußert, berichtete der Bun- ter, dem Oberösterreicher Franz Xaver gliedsstaaten zählt, die im Vergleich zur Be- despräsident weiter. „Er hat sich sehr zufrie- Brandmayr, begrüßt. Anschließend folgte völkerungszahl die meisten Flüchtlings- und den über die lebhaften Diskussionen zu den ein kurzer Rundgang durch das um 1523 Asylanten aufgenommen haben“, berichtete verschiedenen Problemen gezeigt, die von vollendete Gotteshaus. der Bundespräsident. Der Papst habe ge- allen Seiten beleuchtet worden sind“, erklär- Der Besuch des Bundespräsidenten im mahnt, die Not von Flüchtlingen ernstzuneh- te Fischer. Vatikan begann mit dem Empfang durch den men. „Er drängt auf gesamteuropäische Lö- Mit dem Papst diskutierte der Bundes- Präfekten des Päpstlichen Hauses, Erzbi- sungen für die Flüchtlingsproblematik“, präsident auch über den Konflikt in der schof Georg Gänswein. Danach begann das erklärte Heinz Fischer. Ukraine. „Wir teilen die Meinung, daß Ruß- Vier-Augen-Gespräch des Bundespräsiden- Der Bundespräsident berichtete dem land, die Ukraine und die EU einander auf ten mit Papst Franziskus. In der Privatbiblio- Oberhaupt der katholischen Kirche auch Augenhöhe begegnen müssen, um Gegen- thek des Heiligen Vaters wurden mehrere über die Diskussion in Österreich über das sätze und Konflikte zu überwinden und wei- Themen angesprochen, darunter die Flücht- Abdullah Center für interreligiösen Dialog. tere Spannungen zu verhindern“, erklärte der lingsproblematik, die Lage der verfolgten „Es hat Übereinstimmung gegeben, daß die- Heilige Vater, der unter anderem über seinen Christen und die bevorstehenden Reisen des se Problem nicht aus der momentanen Situa- (damals noch) bevorstehenden Besuch beim Papstes. tion beurteilt, sondern objektiv und länger- EU-Parlament in Straßburg berichtete. Aus- „Es war ein angenehmes und interessan- fristig betrachtet werden muß. Der Papst serdem habe ihm Franziskus über die Pläne tes Gespräch, bei dem viele Themen ange- meint, man dürfe keine voreiligen Entschei- für seine bevorstehende Reise in die Türkei schnitten worden sind“, berichtete Heinz dungen treffen, sondern die Diskussion auf berichtet. Fischer im Gespräch mit österreichischen die richtigen Geleise bringen. Der Papst hält Der Bundespräsident Heinz Fischer Journalisten nach seinem Besuch im Vati- den interreligiösen Dialog für besonders brachte dem Papst als Geschenk eine Litho- kan. Der Heilige Vater habe sich bei dem wichtig“, so Fischer gegenüber Journalisten. grafie des Wiener Stephansdoms sowie eine halbstündigen Gespräch unter anderem mit Der Papst habe sich über die Lage der ver- CD mit der Mozart-Oper „Cosi fan tutte“ großem Interesse über die Flüchtlingspro- folgten Christen besorgt gezeigt und Druck mit. Franziskus revanchierte sich mit einer blematik in Österreich informiert. für Lösungen auf internationaler Ebene Pontifikatsmedaille sowie einem Exemplar „Der Papst war darüber informiert, daß gemacht. des Lehrschreibens „Evangelii gaudium“, Österreich 1500 Syrer außerhalb der offiziel- Über die Bischofssynode zur Familien- das als Programmschrift seines Pontifikates len Flüchtlingsquoten aufgenommen hat. Ich pastorale, die im vergangenen Oktober im gilt. „ habe dem Heiligen Vater berichtet, daß Ös- Vatikan stattgefunden hatte, habe sich der Quelle: APA/PrK

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 6 Österreich, Europa und die Welt 20 Jahre EU-Beitrittsbeschluß Österreich zieht Bilanz über 20 Jahre EU-Mitgliedschaft – Spitzen der Republik begehen Jubiläum des Beitrittsbeschlusses im Parlament

or 20 Jahren beschlossen Nationalrat und VBundesrat Österreichs Beitritt zur Euro- päischen Union, nachdem bei der Volksab- stimmung zwei Drittel dafür votiert hatten. Bilanz über die EU-Mitgliedschaft wurde am 18. November im Parlament gezogen, als man das Jubiläum des geschichtsträchtigen Beitrittsbeschlusses auf Einladung von Na- tionalratspräsidentin Doris Bures, Bundes- ratspräsidentin Ana Blatnik und dem Zwei- tem Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf beging. Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner tra- fen dabei auf ihre Pendants aus der Zeit der Beitrittsverhandlungen, Franz Vranitzky und Erhard Busek. Übereinstimmung besteht un- ter den Regierungsspitzen von heute und da- mals: Nur wenn die Mitgliedsländer der Eu- ropäischen Union sich als echte Gemein- schaft begreifen, geht die EU in eine sichere v.l.: Edith Mock, Außenminister a. D. Alois Mock, Zweiter Nationalratspräsident Zukunft. Karlheinz Kopf, Bundesratspräsidentin Ana Blatnik und Nationalratspräsidentin „Vor 20 Jahren wurde hier im Hohen Doris Bures … Haus große österreichische und zugleich eu- ropäische Geschichte geschrieben“, betonte die Nationalratspräsidentin. Eine breite Mehr- heit von 141 Abgeordneten habe damals „Ja“ zum Beitritt in die Europäische Gemein- schaft gesagt. Wenige Monate zuvor, am 12. Juni 1994, waren die ÖsterreicherInnen direkt am Wort gewesen, erinnerte Bures und unterstrich, die Volksabstimmung hatte eine Zwei-Drittel Mehrheit für Europa zum Ergebnis – und sei Anlaß für Freude und Erleichterung in breiten Teilen der Republik gewesen. Diese klaren Voten markieren den Beginn der österreichischen EU-Mitgliedschaft, re- sümierte Bures, und bildeten zugleich den Abschluß intensiver Auseinandersetzungen und Debatten im Vorfeld. Über viele Monate seien Vor- und Nachteile, Chancen und Risi- ken des EU-Beitritts leidenschaftlich, heftig, Fotos: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Leo Hagen ohne thematische Schranken – ernsthaft und und (v.l.) Bundeskanzler Werner Faymann, Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, Bundeskanzler a. D. Franz Vranitzky und Vizekanzler a. D. Erhard Busek bei manchmal auch weniger ernsthaft diskutiert »Österreich und die Europäische Union – Résumé und Ausblick« im Parlament worden. „Alle Aspekte der europäischen In- tegration wurden beleuchtet, Hoffnungen sche Fragen und Auswirkungen auf die ös- Zweiten Republik. „Die Entscheidung für formuliert, Ängste ausgesprochen und ent- terreichische Souveränität und Identität ge- ein gemeinsames Europa war auch eine Ent- kräftet.“ Debattenthemen waren der Präsi- standen. „Am Ende all dieser Debatten stand scheidung für ein friedliches, weltoffenes und dentin zufolge die Chancen des freien Wa- ein klares ,Ja‘ zu Europa!“, unterstrich Bures. modernes Österreich!“ Viele VisionärInnen, renverkehrs ebenso wie sozialpolitische Fra- Zweifelsohne, hielt die Präsidentin fest, die Europa als Chance begriffen, hätten maß- gen, Konsumentenschutz und Umweltpolitik. gehört der EU-Beitritt zu den wichtigsten geblich zum EU-Beitritt Österreichs beige- Im Blickpunkt seien auch sicherheitspoliti- und weitreichendsten Entscheidungen der tragen, so Bures und sie würdigte dabei

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 7 Österreich, Europa und die Welt

lamente zu stärken, woraus sich mehr Mit- sprache, größere Transparenz und Nachvoll- ziehbarkeit und damit ein Mehr an demokra- tischer Legitimation ergebe. Im österreichischen Parlament seien die Mitwirkungsrechte in EU-Fragen bereits fest verankert, etwa die Möglichkeit, Regierungs- mitglieder im Rat an eine im Nationalrat festgelegte Position zu binden. Diesen be- reits eingeschlagenen Weg zur Stärkung des Parlamentarismus müsse man fortzusetzen. Außerdem sei das Europabewußtsein zu stärken, so Bures weiter, die PolitikerInnen sollten Debatten über europäische Angele- genheiten in das österreichische Parlament tragen. Dazu gebe es schon Initiativen, bei- spielsweise ein Rederecht für Europa-Ab- geordnete im österreichischen Nationalrat. Im Sinne von mehr Akzeptanz von Europa sei zudem eine sinnvolle Balance und das richtige Augenmaß gefragt, wenn es um die Frage geht, was Angelegenheit der EU ist und Fotos: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Leo Hagen was im Entscheidungsbereich der National- Bundeskanzler Werner Faymann Nationalratspräsidentin Doris Bures staaten geregelt wird. besonders den damaligen Bundeskanzler „Ein starker Parlamentarismus ist beides: schwäche die Demokratie. „Wer also für den Franz Vranitzky, Vizekanzler a.D. Erhard Treibende Kraft für den europäischen Inte- Frieden eintritt muß dafür sorgen, daß die Busek, den früheren Außenminister Alois grationsprozeß und zugleich Garant für die sozialen Verhältnisse fair gestaltet werden. Mock sowie Europa-Staatssekretärin Brigitte demokratische Legitimation der EU“, schloß Für mich ist die Lösung der sozialen Frage Ederer. Sie alle hätten ihre proeuropäische Bures und sie verlieh ihrer Überzeugung Aus- dafür entscheidend, welchen Weg die Euro- Überzeugungsarbeit in den Mittelpunkt ihres druck, daß der Weg aus der Krise und die päische Union in den nächsten Jahren gehen politischen Handelns gestellt. Vermeidung künftiger Krisen ähnlichen Aus- wird“, so Faymann. Inzwischen sind 20 Jahre vergangen, zwei maßes durch ein gestärktes Europa führt. „Es ist eine Stärke der Europäischen Jahrzehnte, in denen die europäische Inte- „Deshalb sind wir auch heute gefordert, Eu- Union, daß sie in dieser Finanz- und Wirt- gration weiter vorangetrieben wurde, zog ropa in Köpfen und Herzen seiner Bürgerin- schaftskrise den völligen Zusammenbruch Bures Bilanz. Gemeinsam mit Finnland und nen und Bürger zu verankern!“ verhindert hat. Wir haben uns damit den Zu- Schweden ist Österreich einer Gemeinschaft „Europa, das sind wir“, sagte auch Bun- sammenbruch von systemrelevanten Banken von damals zwölf Staaten beigetreten – heute desratspräsidentin Ana Blatnik. In ihren Au- und Wirtschaftsbetrieben sowie den Ansturm zählt die Union 28 Mitglieder. Für Bures gen muß ein gemeinsames Europa aber auf der Menschen auf die Banken erspart“, so zeigt dies, daß die EU kein statisches Ge- sozialer Gerechtigkeit basieren, es dürfe nicht der Bundeskanzler. bilde, sondern stets in dynamischer Entwick- durch ungleiche Vermögensverteilung in den „Wer aber jetzt nicht die gleiche Kraft und lung begriffen ist. Grundfesten erschüttert werden. Energie wie bei der Errichtung des Schutz- In Folge der Finanzkrise stehe Europa schirms aufwendet, um die Wirtschaft zu heute vor einer großen Bewährungsprobe: Faymann: Lösung der sozialen Frage stärken, begeht einen großen Fehler. Denn Steigende Arbeitslosigkeit und soziales Un- für Europäische Union entscheidend diese Krise ist noch nicht vorbei. Es fehlt uns gleichgewicht lassen BürgerInnen an Europa „Die EU ist für mich ein Friedensprojekt. jetzt an der gleichen Begeisterung und So- zweifeln, gab die Präsidentin zu bedenken. Es ist jedoch eine menschliche Grundeigen- lidarität wenn es darum geht, den sozialen Überwunden geglaubte Nationalismen wür- schaft, das Erreichte als gegeben anzusehen. Zusammenbruch zu verhindern“, warnte Fay- den wieder erstarken. „Die Antwort kann nur Das friedliche Zusammenleben ist aber kei- mann. ein starkes Europa sein. Ein Europa, das ne- ne ausgemachte Sache und kann von keinem Europa brauche jetzt Investitionen. Die ben einer Wirtschafts- und Währungsunion Gesetzeswerk für alle Zeiten garantiert wer- entscheidende Frage aber sei, ob Europa so- auch eine Sozial- und Werteunion ist.“ Bures den. Wie aber soll man Millionen arbeitslo- lidarisch genug sein werde, um die nötigen sieht hier ganz besonders die Politik gefragt sen – auch jugendlichen – Menschen erklä- Programme und Projekte auch umzusetzen. und präzisierte, die Herausforderung bestehe ren, daß die EU ein Projekt der Zukunft sein „Es ist meine Überzeugung, daß wir uns aus darin, die Europäische Union in die Nähe der soll, wenn diese in der Gegenwart keine der Krise herausinvestieren müssen. Ich hof- Bevölkerung zu holen und greifbar zu ma- Verdienstmöglichkeit haben und sich nicht fe, daß man in 20 Jahren sagen wird, daß die chen. „Noch allzu oft ist die EU in unseren beweisen können“, fragte Bundeskanzler EU diese soziale Krise überwunden hat und Köpfen ein Ort im Nirgendwo, ein Ort, an Werner Faymann. stark genug war, um die richtigen Maßnah- dem Ängste und Sorgen abgeladen werden.“ Eine hohe Arbeitslosigkeit fördere die men zu setzen“, so der Bundeskanzler ab- Um dem entgegenzuwirken, seien die Par- Unzufriedenheit einer Gesellschaft und schließend.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 8 Österreich, Europa und die Welt

Gemeinschaftsdenken als Basis für Zukunft der Europäischen Union Der große Wert eines gemeinsamen Euro- pas sei noch besser zu vermitteln, war auch der Tenor in der Diskussion zur steigenden EU-Verdrossenheit vieler UnionsbürgerIn- nen. Alt-Bundeskanzler Vranitzky und sein damaliger Vizekanzler Busek sehen hier vor allem die nationale Politik gefordert, ein neues Europagefühl in den Mitgliedsstaaten zu wecken. Denn Österreich beispielsweise habe von der Mitgliedschaft enorm profi- tiert, etwa durch Förderungen in der Regio- nalpolitik, unterstrich Busek. Vranitzky er- gänzte, um gerade in Krisenzeiten deutlichen Zuspruch in der Bevölkerung zu erlangen, müsse die Europäische Union verstärkt auch soziale Themen auf ihre Agenda nehmen.

Entscheidend sei eine faire Gestaltung Foto: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Leo Hagen der sozialen Verhältnisse in Europa, bekräf- Abspielen der Europahymne tigte Bundeskanzler Faymann, nur so könne man den gesellschaftlichen Frieden sichern. und auf Grund der Haltung eines der Signa- schiebungen sowie die politischen Krisen- Die besten Lösungen für die soziale Proble- tarstaaten angesichts der geostrategisch sen- herde außerhalb der Gemeinschaft seien matik biete wiederum der Binnenmarkt, be- siblen Lage Österreichs am Eisernen Vor- nicht von der EU verursacht worden. Die merkte Vizekanzler Mitterlehner, wobei er hang praktisch unmöglich, erinnerte Kopf. scheinbare Hilflosigkeit, mit der diesen Ent- dafür plädierte, die EU-Politik insgesamt Die Ausdauer einiger österreichischer Poli- wicklungen begegnet wird, untergrabe aber bürgernäher zu machen. tikerInnen und natürlich auch die politischen das Vertrauen in ihre Lösungskompetenz und Umbrüche in der damaligen Sowjetunion generell in die Lösungskompetenz parlamen- Kopf: EU ist bestmögliche Antwort hätten es schließlich doch möglich gemacht. tarisch-demokratischer Systeme, warnte auf kriegerische Geschichte Europas Kopf nannte in diesem Zusammenhang Kopf. „Wer an Europa zweifelt, der sollte Bundeskanzler Franz Vranitzky, Vizekanzler Wenn links- und rechtspopulistische Be- Soldatenfriedhöfe besuchen“, zitierte der Erhard Busek, Außenminister Alois Mock, wegungen verstärkten Zulauf erhalten, wenn Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Agrarminister Franz Fischler, Staatssekre- ein Premierminister mitten in Europa die Kopf den neuen EU-Kommissionspräsiden- tärin Brigitte Ederer, Landeshauptmann Mar- „illiberale Demokratie“ propagiert, dann ten Jean-Claude Juncker. tin Purtscher, den EU-Botschafter in Wien komme zu den ökonomischen Herausforde- In der Tat sei die Gründung und die Exi- Corrado Pirzio-Piroli und den österreichi- rungen für die europäische Gemeinschaft stenz der Europäischen Union mit all ihren schen EU-Botschafter Manfred Scheich. Sie noch eine weitere Dimension hinzu, so Kopf. Schwächen und Fehlern die bestmögliche stünden zuvorderst und stellvertretend für je- Es gelte, die politische Integration zu ver- Antwort auf die kriegerische Geschichte un- ne, die den Weg für Österreich in die dama- stärken und gegen einen aufkommenden an- seres Kontinents, unterstrich Kopf mit Nach- lige EG geebnet haben. Ihnen allen gebühre tidemokratischen Zeitgeist anzukämpfen. druck und stellte gleichzeitig mit Bedauern größter Respekt, Dank und Anerkennung. Und an noch einer „Front“ sei Europa gefor- fest, daß diese Gründungsidee der nachhalti- Heute beschäftige uns innerhalb der Eu- dert: Von Extremisten mißbrauchte Religio- gen Friedenssicherung heute angesichts der ropäischen Union nicht mehr so sehr die Fra- nen, von Staatenlenkern gelebte hegemoniale wirtschafts- und finanzpolitischen Probleme ge nach der inneren Friedenssicherung, be- Phantasien schafften weltweit neue Krisen- der jüngeren Vergangenheit allzu oft in den merkte der Zweite Nationalratspräsident, herde. Hier sei Europa gefordert, sich besser Hintergrund trete. Aber auch bei diesen Pro- vielmehr seien es die Auswirkungen schran- zu koordinieren, seine Kräfte zu bündeln blemen habe Europa nicht das Problem son- kenloser Schuldenpolitik der Vergangenheit und geschlossen diesen Entwicklungen mit dern die Lösung gebracht, so Kopf. und die unterschiedliche wirtschaftliche Ent- politischen Instrumenten entgegenzutreten. Daß Österreich seit nunmehr 20 Jahren wicklung der Mitgliedsstaaten. Kopf machte „Das europäische Friedens-, Demokratie- Mitglied dieser Staatengemeinschaft ist, ver- in diesem Zusammenhang darauf aufmerk- und Wohlstandskonzept ist einzigartig auf danke es vor allem dem Mut, der Überzeu- sam, daß die EU die Schuldenkrise nicht ver- der Welt“, appellierte Kopf abschließend. gungskraft und der Ausdauer einer Reihe ursacht habe. Im Gegenteil, ohne sie hätte „Wir sind seit 20 Jahren Teil einer Gemein- von großartigen Persönlichkeiten aus Politik man diese nicht lösen können, konstatierte schaft, von deren Mitgliedschaft wir in jeder und Wirtschaft, schon ehe Außenminister er, trotzdem steige aber das Maß an Unzu- Hinsicht enorm profitiert haben.“ Vor zwan- Alois Mock am 17. Juli 1989 den Beitrittsan- friedenheit mit ihrer Lösungskompetenz. zig Jahren habe er persönlich vor der Geneh- trag in Brüssel übergeben konnte. Denn lan- Auch die anhaltend schwache Konjunk- migung des Beitrittsvertrages seine Jung- ge Zeit schien ein Beitritt Österreichs zur tur und die Verschlechterung der transkonti- fernrede gehalten und sein seinerzeitiges Europäischen Gemeinschaft im Hinblick auf nentalen Wettbewerbsposition Europas, dar- Plädoyer für diese europäische Gemein- die Neutralitätsverpflichtung im Staatsvertrag aus resultierende mögliche Wohlstandsver- schaft sei bis heute aktuell, bekräftigte Kopf.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 9 Österreich, Europa und die Welt

„Ich erachte es daher heute mehr denn je wurde ein österreichischer EU-Beitritt mög- selbstbewußt sowohl nach Westen als auch auch als meine persönliche Verpflichtung, lich. Die letzten 20 Jahre haben Österreichs nach Osten zu blicken und den ihrer zentra- zur Stärkung des europäischen Gedankens Stabilität, Wohlstand und Sicherheit vergrös- len Lage entsprechenden Beitrag auch in den beizutragen“, schloß Kopf. sert und gefestigt. Ich bin weiterhin davon internationalen Beziehungen zu leisten. Ich überzeugt, daß dies der für Österreich richti- wünsche mir, daß nach den wichtigen insti- Für Österreich der richtige Weg ge Weg war. Angriffe auf das Friedensprojekt tutionellen und personellen Änderungen der Bundespräsident Heinz Fischer erinnerte der Europäischen Union, von welcher Seite letzten Monate, die der Europäischen Union am 21. November anläßlich des Jahrestages auch immer, müssen daher entschieden zu- auch eine höhere demokratische Legitimität der Unterzeichnung der Ratifikationsurkun- rückgewiesen werden“, so der Bundespräsi- gegeben haben, jetzt mit neuer Kraft an die de des österreichischen EU-Beitrittsvertra- dent. „Wir haben heute natürlich eine völlig vielen dringenden Herausforderungen her- ges am 22. November 1994 durch den öster- andere Situation als vor 20 Jahren. Viele Un- angegangen wird“, sagte der Bundespräsi- reichischen Bundespräsidenten an die histo- sicherheiten wurden überwunden, neue sind dent. rische Bedeutung des österreichischen EU- hinzugekommen. Ich bin aber sicher, daß der Nach vorangegangener Genehmigung im Beitrittes vor 20 Jahren. enge Zusammenhalt in der Europäischen Parlament wurde die Ratifikationsurkunde „Mit der überwältigenden Zustimmung Union der beste Weg ist, um diesen Heraus- des österreichischen EU-Beitrittsvertrages von zwei Drittel der österreichischen Bevöl- forderungen zu begegnen, ob es nun um die am 22. November durch den damaligen Bun- kerung in einer Volksabstimmung über den Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, Maßnah- despräsidenten Thomas Klestil und Bundes- österreichischen EU-Beitritt wurde ein jah- men zur Steigerung des Wachstums, oder die kanzler Franz Vranitzky unterzeichnet und am relanger Prozeß abgeschlossen, der auch in zahlreichen politischen Herausforderungen 24. November 1994 in Rom hinterlegt. Der engem Zusammenhang mit dem Ende des geht“, führt der Bundespräsident weiter aus. EU-Beitritt erfolgte am 1. Jänner 1995. „ Kalten Krieges stand. Erst nach dessen Ende „Die Europäische Union hat jeden Grund, Quellen: Hofburg, Parlamentskorrespondenz, Bundespressedienst

Georgischer Staatspräsident dankt Kopf für dessen Engagement in der Kaukasus-Region

n einer äußerst freundschaftlichen Atmo- Isphäre verlief heute das Gespräch zwi- schen dem Zweiten Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf und dem Georgischen Staatspräsidenten Giorgi Margvelashvili, der sich anläßlich der zweiten UNO-Konferenz zu Binnenentwicklungsländern in Wien auf- hielt und diese Gelegenheit am 5. November zu einem Besuch bei Kopf wahrnahm. Margvelashvili dankte Kopf für dessen Engagement in der Kaukasus-Region und ins- besondere für sein Land. Der Zweite Natio- nalratspräsident war bereits bei der Ratifizie- rung des EU-Assoziierungsabkommens durch das georgische Parlament im Juli dieses Jah- res in Georgien, wo er in seinen Grußworten Foto: Parlamentsdirektion / BKA Andy Wenzel von einer „historischen und wichtigen Ent- Zweiter Nationalratspräsident Karlheinz Kopf (r.) empfing den Staatspräsidenten von Georgien, Giorgi Margwelaschwili, im Hohen Haus in Wien. scheidung Georgiens“ sprach. Auch in der Bevölkerung herrsche eine europäische Kopf unterstrich die politisch strategische nationalen Staatengemeinschaft bis heute Grundstimmung vor, bekräftigte der Gast. Bedeutung der Region und in diesem Zu- nicht anerkannt wird. Er werde diese Fragen Das Abkommen helfe Georgien, sich besser sammenhang zeigten sich beide Gesprächs- innerhalb der EU, aber auch gegenüber rus- in die europäischen Strukturen zu integrieren partner äußerst besorgt über die aktuelle sischen Politikern thematisieren, versicherte und die politische und wirtschaftliche Ent- instabile Lage. Der Fokus liege derzeit auf Kopf seinem Gast. wicklung des Landes voranzutreiben. Un- der Ukraine, merkte Kopf an, man dürfe aber Was die Ziele seines Landes betreffen, so gefähr 300 Gesetze seien zu ändern, infor- auch die anderen Krisenherde nicht verges- wies Margvelashvili darauf hin, er sei um eine mierte er, das werde einige Zeit in Anspruch sen. Keineswegs dürfen Verletzungen der gute Partnerschaft mit den Ländern am Kas- nehmen. Präsident Kopf seinerseits sagte territorialen Integrität akzeptiert werden, pischen Meer bestrebt. Als Transitland für seine Unterstützung zu, den Ratifizierungs- stellte er unmissverständlich fest. Gemeint Öl und Gas sei Stabilität wichtig. Der geor- prozeß in Österreich für das Abkommen so waren damit vor allem die nach wie vor un- gische Staatspräsident ging auch kurz auf die rasch wie möglich zu gestalten. Es werde gelösten territorialen Probleme bezüglich innenpolitischen Turbulenzen ein, zeigte sich aber auf alle Fälle bis Jänner 2015 brauchen, Abchasien und Süd-Ossetien, deren einseitig aber zuversichtlich, daß diese überwunden fügte er hinzu. ausgerufene Unabhängigkeit von der inter- werden können. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 10 Österreich, Europa und die Welt Wir haben über Jahrzehnte so getan, als wären wir kein Zuwanderungsland Außenminister Sebastian Kurz im OÖNachrichten-Interview vom 12. November über Fehler in der Integrationspolitik, die Wiederkehr des Blockdenkens und die Frage, ob er in zehn Jahren noch in der Politik sein wird

Von Markus Staudinger und Clemens Schuhmann.

m August feierte er seinen 28. Geburtstag, Iin der Regierung ist er der Minister mit den höchsten Vertrauenswerten: Im Inter- view mit den OÖNachrichten sprach Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (VP) über außen- und innenpolitische Brenn- punkte. OÖN: Herr Minister, Sie bemühen sich um ein besseres Verständnis zwischen Zuwande- rern und ansässiger Bevölkerung. Frustriert es da nicht, daß gerade unter jungen Wäh- lern die FPÖ meist weit vor der ÖVP liegt? Sebastian Kurz: Das kommt darauf an, wo. Bei der Landtagswahl in Oberösterreich et- wa war die ÖVP eindeutig stärkste Partei bei den unter 30jährigen. Wir sind bei unter 30jährigen generell stark. Und daß das The- ma Integration besonders unter jungen Men- schen sehr emotional diskutiert wird, ist klar. Foto: Österreich Journal / Michael Mössmer Außenminister Sebastian Kurz In der Gesamtbevölkerung haben rund 20 Pro- zent Migrationshintergrund, bei Volksschul- Ist Österreich für Sie ein Zuwanderungs- Ich teile die Einschätzung, daß das Block- kindern sind es 25 Prozent und bei Volks- land? denken leider wieder Hochkonjunktur hat. schulkindern in Wien 60 Prozent. Rußland und die EU stehen sich als zwei Österreich ist natürlich ein Zuwanderungs- Blöcke gegenüber – das ist dramatisch. Gerade dort – in Wien – hat die ÖVP das land, aber auch ein Abwanderungsland. Wir Kurzfristig ist entscheidend, in der Ukraine Match gegen die FPÖ schon vor längerer haben jährlich 150.000 Menschen vor allem eine militärische Deeskalation zu erreichen. Zeit verloren. aus der EU, die neu ins Land kommen, und Dort sterben täglich Menschen. Mittelfristig Die FPÖ schafft es – nicht nur bei Integra- mehr als 100.000 Menschen, die unser Land brauchen wir einen Weg, damit die EU und tionsthemen – viel Protestpotential einzu- verlassen. Entscheidend ist, daß wir von An- Russland an einem Strang ziehen – und sammeln. Der große Fehler war, daß SPÖ fang an mit Integration beginnen. Staaten wie die Ukraine oder Georgien sich und ÖVP das Thema Integration viel zu lan- nicht zwischen einer Annäherung an die EU ge nicht behandelt haben. Wir hatten jahr- Kommen wir zur Außenpolitik: Zum 25. Jah- oder Rußland entscheiden müssen. zehntelang Zuwanderung nach Österreich – restag des Mauerfalls hat Ex-Sowjetchef und haben trotzdem über Jahrzehnte so ge- Michail Gorbatschow vor einem neuen Kal- Muß man angesichts der neuerlichen Eska- tan, als wären wir kein Zuwanderungsland. ten Krieg gewarnt. lation in der Ost-ukraine die Sanktionen ge- Man hat die Diskussion den linken und rech- gen Moskau verschärfen? ten Rändern überlassen und dadurch Pro- bleme verschärft, die wir vielleicht sonst Es ist völlig inakzeptabel, daß russische nicht hätten. Jetzt haben wir einen sehr sach- Truppen auf dem Gebiet der Ukraine kriege- lichen Zugang: Wenn es Probleme gibt, zei- risch tätig sind. Österreich hat neben den gen wir sie auf – aber nicht wie die FPÖ, um Sanktionen gefordert, Verhandlungen mit sie größer zu machen, sondern um Lösungen Moskau zu führen. So sehe ich es nach wie zu finden. vor. Das russische Verhalten ist völkerrechts-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 11 Österreich, Europa und die Welt widrig und muß zu 100 Prozent verurteilt Vergangenes Jahr sagten Sie, in zehn Jahren sich das gedreht. Ich sehe das gelassen. werden. Gleichzeitig muß man einen Aus- würden Sie nicht mehr in der Politik sein. Sie Wichtig ist, daß man als Politiker und als weg aus der Krise finden. Das geht nur in sind 28. Ist das wirklich Ihre Absicht? ÖVP-Team für Dinge eintritt, die man für Verhandlungen. richtig erachtet. Ich habe gesagt, ich glaube, daß ich nicht Die Staaten-Gemeinschaft beschäftigt auch mehr in der Politik bin. Ich gehöre einer Ge- Vortrag in Oberbank der Kampf gegen den IS-Terror. Österreich neration an, die oft nicht vorhersehen kann, Die Spannungen zwischen der EU und hat sich der Anti-IS-Allianz angeschlossen. was die nächsten Jahre bringen. Solange ich Rußland sowie die Auswirkungen der Sank- Birgt das nicht die Gefahr, daß Österreich das Gefühl habe, daß ich in der Politik einen tionen auf Österreichs Wirtschaft standen im Ziel von Anschlägen wird? Beitrag leisten kann und es mir Freude Mittelpunkt des Diskussionsabends mit Aus- Am gefährlichsten ist für uns, wenn die IS- macht, werde ich gern in der Politik sein. senminister Sebastian Kurz, zu dem Ober- Terroristen immer stärker werden. 3000 Aber mein Leben ist noch lang. bank-Generaldirektor Franz Gasselsberger Menschen aus EU-Ländern haben sich die- am 11. November ins Oberbank-Donau-Fo- sen Terroristen schon angeschlossen, mehr Im Vertrauensindex sind Sie regelmäßig vor rum geladen hatte. Das Interesse war groß: als 150 davon aus Österreich. Zu glauben, Ihrem neuen Parteichef Reinhold Mitterleh- Rund 1500 BesucherInnen waren der Einla- mit Nichtstun wäre man auf der sicheren ner. Ist das nicht auch bisweilen Bürde, da dung gefolgt. „ Seite, ist absolut falsch. In Österreich haben besser als der Chef zu sein? wir daher auch die Gesetze verschärft und Das „Österreich Journal“ dankt den Präventionsmaßnahmen beschlossen, damit Solche Umfragen sind volatil. Ich habe bei- „OÖNachrichten“ http://www.nachrichten.at diese Verrückten nicht noch mehr Jugend- des erlebt. In der Anfangsphase war ich hin- dafür, daß wir Ihnen dieses Interview zur liche verführen. ter Norbert Darabos Schlußlicht. Dann hat Lektüre anbieten konnten.

Berufsanerkennung.at Informationsmaterial und Service-Angebot zur Anerkennung von Qualifikationen überarbeitet

m MigrantInnen bei der Anerkennung bleme bei der Anerkennung ihrer Qualifika- lar den Anerkennungswegweiser sofort eva- Uihrer Bildungs- und Berufsabschlüsse tion und arbeiten unter ihrem Ausbildungs- luieren. Sie tragen so zur ständigen Verbes- bestmöglich zu unterstützen, hat der Öster- niveau. Integrationsminister Sebastian Kurz serung des Beratungsangebots bei. Zahlrei- reichische Integrationsfonds (ÖIF) gemein- betont: „Viele Zuwanderinnen und Zuwan- che Erfolgsgeschichten von ZuwanderInnen, sam mit dem Bundesministerium für Europa, derer haben im Herkunftsland einen Beruf die ihre Nostrifikation bereits positiv abge- Integration und Äußeres (BMEIA) das Onli- gelernt oder ein Studium absolviert. Es ist schlossen haben, sollen motivieren und die neportal berufsanerkennung.at sowie das An- volkswirtschaftlicher Unsinn, daß fast jeder verschiedenen Karrierechancen in Öster- erkennungshandbuch „Anerkennungs-ABC“ Dritte mit Migrationshintergrund unter sei- reich aufzeigen. Die Online-Datenbank ist in überarbeitet und noch benutzerfreundlicher nem Qualifikationsniveau arbeitet. Wir ha- vier Sprachen (Deutsch, Englisch, B/K/S, gestaltet. Das aktualisierte Informationsan- ben deshalb im Bereich der Anerkennung Türkisch) verfügbar. gebot wurde am 19. November im Rahmen von Qualifikationen zahlreiche Maßnahmen des „Netzwerk Anerkennung“ präsentiert. gesetzt, um die Nostrifizierung zu vereinfa- ÖIF als Servicedienstleister chen. Es ist außerdem ein Gebot der Stunde, im Bereich Anerkennung Jeder zweite EU-Migrant hat auch die Rot-Weiß-Rot-Karte auszuweiten, Das Angebot des ÖIF im Bereich Aner- Matura oder Hochschulstudium um qualifizierte StudienabsolventInnen aus kennung von Qualifikationen und Abschlüs- Aktuelle Zahlen des ÖIF belegen: Mi- dem Ausland in Österreich zu halten.“ sen umfaßt neben dem Online-Portal auch grantInnen, die nach Österreich kommen, sind das überarbeitete Anerkennungshandbuch häufig gut qualifiziert. Besonders Zuwan- Online-Anerkennungswegweiser für „Anerkennungs-ABC“ das Informationen zu derInnen aus EU-Staaten sind höher gebildet über 1800 verschiedene Berufe 200 verschiedenen Berufsgruppen bietet und (50 Prozent haben Matura bzw. Hochschul- Die Datenbank der Online-Plattform bie- ab sofort kostenlos in Deutsch und Englisch studium) als die einheimische Bevölkerung. tet ab sofort eine noch einfachere und benut- erhältlich ist und an vielen Beratungsstellen Bei MigrantInnen, die in den letzten zehn zerfreundlichere Oberfläche, die nicht nur aufliegt. Vierteljährlich organisiert der ÖIF Jahren einwanderten, ist von einem Brain am PC, sondern auch auf mobilen Geräten außerdem das „Netzwerk Anerkennung“, das Gain zu sprechen. Sie erzielten 2012 ein Er- abrufbar ist. Der Anerkennungswegweiser StakeholderInnen aus verschiedenen Kom- werbseinkommen von 20,2 Milliarden Euro. bietet ausführliche Beschreibungen und In- petenzbereichen rund um das Thema Aner- Der größte finanzielle Beitrag kommt dabei formationen zum Anerkennungsprozeß für kennung an einen Tisch bringt und Lösungen von Erwerbstätigen mit mittlerer und höhe- über 1800 Berufe. In nur sechs Schritten fin- erarbeitet, die den Anerkennungsprozeß ver- rer Qualifikation. Zugleich haben aber im- den Interessierte maßgeschneiderte Informa- einfachen. „ mer noch viele MigrantInnen, die mit guter tionen für ihre individuelle Anfrage und http://www.berufsanerkennung.at Ausbildung nach Österreich kommen, Pro- können mit einem online Feedback-Formu- http://www.integrationsfonds.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 12 Österreich, Europa und die Welt Vertiefung der Kooperation mit Tschechien Foto: NÖ Landespressedienst / Filzwieser

Arbeitstreffen in Mikulov: Landeshauptmann Josef Pühringer (Oberösterreich), Außenminister Sebastian Kurz (Österreich),

Außenminister S.E. Lubomír Zaorálek (Tschechische Republik), Landeshauptmann Erwin Pröll (Niederösterreich), Michael

^ ^ Hašek (Südmährischer Kreis) und Ivana Stráská (Südböhmischer^ Kreis; vorne) sowie Ferdinand Trauttmansdorff (Botschafter der Republik Österreich in Prag), Jirí Behounek (Vysocina) und S.E. Jan Sechter (Botschafter Tschechische Republik; hinten). m der Kooperation zwischen Österreich schen Gerichtshof. Im Gespräch habe sein es eine gute Kooperation in der Wirtschaft Uund der Tschechischen Republik weite- südmährischer Kollege sehr verständnisvoll und Kultur auf Gesellschaftsebene gebe. re Impulse zu verleihen, kamen am 11. No- darauf reagiert, die Bevölkerung einzubin- Weitere Themen, über die gesprochen vember die Außenminister der beiden Län- den und habe gesagt, daß es gegen den wurde, waren Europa und die Europäische der Sebastian Kurz und S.E. Lubomír Zao- Willen der Bevölkerung keine Entscheidung Union. Was das Atommüll-Endlager betref- rálek mit den Landes- und Kreishauptleuten geben werde. fe, stehe man in Tschechien erst in der An- der angrenzenden Regionen Erwin Pröll 2014 sei ein Jahr, mit dem sich viele hi- fangsphase, betonte der Außenminister. Vor- (Niederösterreich), Josef Pühringer (Ober- storische Ereignisse jährten, so Außenmi- erst werde überprüft, welche Lokalität dafür österreich), Michael Hašek (Südmährischer nister Sebastian Kurz. Der Fall des Eisernen geeignet sei. Er habe seinen Nachbarn ange- Kreis) und Jiøí Bìhounek (Vysoèina) sowie Vorhangs vor 25 Jahren und die Erweiterung boten, daß sie mit den staatlichen Behörden in Vertretung von Jiøí Zimola (Südböhmi- der Europäischen Union vor zehn Jahren der Tschechischen Republik Kontakt aufneh- scher Kreis) Ivana Stráská zu einem Arbeits- hätten dazu geführt, „daß die Länder enger men können und Informationen bekommen. treffen auf Schloß Mikulov in der Tsche- zusammenrücken und, daß das Grenzland Zum Projekt „Österreichisch-Tschechi- chischen Republik zusammen. ein aufblühendes Gebiet geworden ist“, so sches Geschichtsbuch“ sagten die beiden Landeshauptmann Pröll hielt fest, daß die Kurz. Der Außenminister hielt fest, daß Ös- Außenminister, daß dieses ein wichtiger guten Beziehungen, die sich in den vergan- terreich der drittgrößte Investor in Tsche- Schritt sei, sich mit der gemeinsamen Ge- genen Jahren und Jahrzehnten entwickelt chien sei. „Die Beziehungen zu Tschechien schichte auseinanderzusetzen und sich aus- hätten, „eine gute Fortsetzung finden“. „Das haben sich in den vergangenen Jahren posi- zutauschen. Es gehe darum, sich gegenseitig ist spürbar“, so Pröll. Den gemeinsamen tiv entwickelt. Wir sind näher zusammenge- zu erzählen und mitzuteilen, wie die Dinge infrastrukturellen Ausbau habe man bereits wachsen“, so Kurz. Er betonte, daß es auch gesehen werden und sich so besser zu ver- in vergangenen Gesprächen und Treffen vor- wichtig sei, „klar Stellung zu beziehen, wenn stehen. Dieses Projekt, das im Rahmen der bereitet. Was das Atommüll-Endlager be- es um heikle Themen geht“. „Wir wollen kein Ständigen Konferenz österreichischer und trifft, sagte Pröll: „Das wird uns in den näch- Atommüll-Endlager in unserer Grenznähe tschechischer Historiker beauftragt wurde, sten Jahren und Jahrzehnten noch beschäfti- und nützen alle unsere Möglichkeiten“, wird von beiden Seiten mit insgesamt gen.“ Aber auch wenn das Problem noch in machte Kurz die Position Österreichs klar. 360.000 Euro im Verhältnis 2:1 unterstützt. der Zukunft läge, müßten bereits jetzt die Außenminister Zaorálek sagte, daß das Es soll den Gesellschaften beider Länder in Vorbereitungen dafür getroffen werden. Der aktuelle Treffen eine Fortsetzung des Tref- angemessener Form einen offenen, informier- Landeshauptmann betonte, daß „wir alle fens im April dieses Jahres gewesen sei und ten Zugang zur gemeinsamen Geschichte rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen wer- eine Art Bilanz darüber gezogen worden sei, ermöglichen und damit der besseren Ver- den“, wenn notwendig bis zum Europäi- was seit April gelungen sei. Er betonte, daß ständigung dienen. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 13 Österreich, Europa und die Welt Arbeitsprogramm für 2015 Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino vergibt Euregio- Kooperationspreis für länderübergreifende Projekte und Ideen Foto: Land Tirol / /Berger v.l.: Obmann des Museumsvereins Schloß Landeck Christian Rudig, LH Ugo Rossi, LH Günther Platter, LH Arno Kompatscher und der Bürgermeister von Landeck Wolfgang Jörg freuen sich über die gelungene Zusammenarbeit in der Europaregion.

m 27. November trafen einander die drei tiert. Projektträger ist der Verein Via Claudia Euregio zu fördern und Familien die Mög- ALandeshauptleute Günther Platter aus Augusta mit Sitz in Fließ in Tirol. lichkeit zu bieten, durch kostengünstige und Tirol, Arno Kompatscher aus Südtirol und In der zweiten Kategorie wurden neuarti- familienfreundliche Angebote Tirol, Südtirol Ugo Rossi aus Trentino auf Schloß Landeck, ge und grenzüberschreitende Projektideen und Trentino besser kennenzulernen“, beton- um das Arbeitsprogramm der Europaregion prämiert. Das Siegerkonzept mit dem Titel te LH Platter. Tirol-Südtirol-Trentino für das kommende „KulturerbePortal“ soll den BürgerInnen di- Jahr zu fixieren. Dabei wurde erstmals auch gitalisierte Bibliotheks-, Archiv- und Mu- Alpine Sicherheit stärken der Euregio-Kooperationspreis für länder- seumsbestände online zur Verfügung stellen. Eine verstärkte Zusammenarbeit streben übergreifende Projekte und Ideen vergeben. Darüber hinaus soll es einzelnen Personen die drei Landeshauptleute bei der alpinen Si- „Es ist unser Ziel, die Europaregion mit die Möglichkeit bieten, selbst historisches cherheit an. Dabei soll neben der Einführung Leben zu füllen und das Bewußtsein für die Material ins Portal einzupflegen. Den ersten eines gemeinsamen Lawinenwarnberichts grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Preis gewann Emanuel Valentin, der an der auch die Notfall-App Bergrettung Tirol zu den Menschen und den Institutionen zu för- bildungswissenschaftlichen Fakultät der einer Euregio-App ausgeweitet werden. dern“, erklärte LH Platter. „Die ausgezeich- Universität Bozen tätig ist und als Privat- Die Notfall-App wird auf das Handy ge- neten Projekte und Konzeptideen stellen person an der Ausschreibung teilgenommen laden, um in Falle eines Bergunfalls eine au- konkrete Maßnahmen vor und sind ein Bei- hat. tomatische, schnellere und genauere Ortung spiel dafür, wie sehr sich die Menschen be- Insgesamt wurden 56 Projekte und Ideen zu ermöglichen. „Das bedeutet eine effizien- reits mit der Europaregion identifizieren.“ zum Euregio-Kooperationspreis eingereicht. tere Rettung vom Boden und aus der Luft“, „Die Europaregion hat deutlich Fahrt auf- erklärt LH Platter. genommen und ist für die Bürgerinnen und Euregio-Arbeitsprogramm 2015: Bürger in Tirol, Südtirol und Trentino durch Länderübergreifender Familienpaß Intensivere Zusammenarbeit die verschiedenen Projekte spürbar gewor- Die Landeshauptleute haben in Landeck und Verwaltungsvereinfachung den. Für unsere Standorte bedeuten die Eu- auch das Arbeitsprogramm für das kommen- Die Regierungsmitglieder der drei Lan- roparegion und die gemeinsame Zusammen- de Jahr genehmigt. Dieses sieht wiederum desteile wollen in ihren Fachgebieten ge- arbeit einen großen Mehrwert“, betonten LH zahlreiche Projekte vor, die der Bevölkerung meinsam Synergien schaffen, um in allen Kompatscher und LH Rossi. „Der Euregio- von Nutzen sein sollen. „Um Familien nörd- Bereichen die Europaregion zu stärken. Kooperationspreis ist ein weiteres Zeichen lich und südlich des Brenners bestmöglich zu Gerade im Bereich der Wirtschaft sei eine dafür, welchen Stellenwert das Miteinander unterstützen, bringen wir gemeinsam einen Eu- Vernetzung auch zwischen den Wirtschafts- der drei Regionen für die Zukunft hat.“ regio-Familienpaß nach Tiroler Vorbild auf und Handelskammern der drei Länder wün- Der Kooperationspreis wurde in zwei Ka- den Weg“, präsentierte LH Platter eine wei- schenswert, so LH Platter. So sei eine ge- tegorien vergeben: Die erste umfaßt alle Pro- tere länderübergreifende Initiative: Der neue meinsame Studie zur Wettbewerbsfähigkeit jekte, die noch laufen oder bereits umgesetzt Euregio-Familienpaß soll durch die wechsel- angedacht. wurden. Hier überzeugte die seit 1998 beste- seitige Anerkennung von Vorteilsgebern für Kulturprojekte können über die Euregio- hende Fernwander- und Radroute Via Clau- Tiroler, Südtiroler und Trentiner Familien Homepage http://www.europaregion.info dia Augusta, die sich an die einzige alpen- die gleichen Vergünstigungen bringen. eingereicht werden und das Büro der Euro- überquerende römische Kaiserstraße orien- „Ziel ist es, den Austausch innerhalb der paregion wickelt die Formalitäten ab. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 14 Österreich, Europa und die Welt Erwin Pröll an der Spitze der Europäischen Dorferneuerung ie Vollversammlung 2014 der Europäi- Dschen ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung, die Mitte November im nie- derösterreichischen Krems stattfand, bot eine Rückschau auf ein beeindruckendes Arbeits- programm und einen Ausblick auf nicht min- der ambitionierte Zukunftsprojekte. Bei der Neubestellung des Vorstandes wurde der nie- derösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll einstimmig als Präsident wiederge- wählt. „Große Ideen brauchen Zeit, um verstan- den und in sinnvollen Projekten umgesetzt zu werden. Das betrifft auch die Entwick- lung der ländlichen Räume in Europa, die lange nur aus der agrarpolitischen Perspek- tive gesehen wurde. Nicht zuletzt dank des

25jährigen Engagements der Europäischen Foto: NLK /Johann Pfeiffer ARGE Landentwicklung und Dorferneue- Charles Konnnen stv. Vorsitzendender, Theres Friewald-Hofbauer Geschaftsführerin, rung sind Themen wie Leerstandsmanage- und Landeshauptmann Erwin Pröll, Prasident der Europäischen ARGE Landentwick- lung und Dorferneuerung ment und Ortskernentwicklung, demographi- scher Wandel und soziale Erneuerung der dern. Die Herausgabe mehrerer Publikatio- mans aus der Deutschsprachigen Gemein- Dörfer, um nur einige zu nennen, in der Ge- nen, darunter eine „Roadmap – Leitbild für schaft Belgiens. sellschaft und wohl auch bei vielen Agrar- eine nachhaltige Entwicklung europäischer Die Europäische ARGE Landentwick politikerInnen als zentrale Zukunftsthemen Dörfer und Landgemeinden“, komplettieren lung und Dorferneuerung wurde 1989 als angekommen“, betonte der Präsident der das umfangreiche und vielfältige Aktivitä- eine Plattform des Ökosozialen Forums Ös- Europäischen ARGE Landentwicklung und tenspektrum. terreich gegründet. Seit Februar 2007 ist sie Dorferneuerung, Erwin Pröll, bei der Voll- Von großer Brisanz für die Entwicklung ein eigenständiger Verein und versteht sich versammlung 2014 der ARGE, die in der der ländlichen Räume sind die Themen, de- als unbürokratischer Zusammenschluß von Donau-Universität Krems abgehalten wurde. rer sich die Europäische ARGE Landent- RegierungsvertreterInnen, WissenschafterIn- Die Bilanz, die Pröll und Geschäftsfüh- wicklung und Dorferneuerung 2015 anneh- nen sowie DorferneuerungsexpertInnen und rerin Theres Friewald-Hofbauer über die ver- men will. „NeubürgerInnen und Integration“ mittlerweile auch KommunalpolitikerInnen gangenen zwölf Monate zogen, konnte sich wird dabei ebenso Raum gegeben werden und RepräsentantInnen von Nichtregie- jedenfalls sehen lassen: Mit Konferenzen, wie „Naturschutz und ländliche Entwick- rungsorganisationen. Workshops und Netzwerktreffen zu Themen lung – Dreamteam oder Gegensatzpaar?“ Die Vorstellungen über ein Idealbild wie „European Rural Visions. Krisen – Wan- oder „Leerstandsbewältigung und Ortskern- ländlicher Räume bestehen in einer Synthese del – Chancen“, „Kulturlandschaften zwi- stärkung“. zwischen der Bewahrung eigenständiger schen Tradition, Produktion und Innovation“ Die Vollversammlung stand aber auch im Strukturen und der Entwicklung zu markto- oder „Innenentwicklung der Dörfer“ wurde Zeichen der Neuwahl des Vorstandes. Als Vor- rientierten (Land)Wirtschaftsstandorten mit man auf überzeugende Weise dem Anspruch sitzender wiedergewählt wurde, wie ein- hoher Lebensqualität, dies stets unter Be- auf europaweitem Know-how-Transfer ge- gangs bereits erwähnt, Landeshauptmann rücksichtigung sozialer und ökologischer recht. Zum grenzüberschreitenden Erfah- Erwin Pröll, als seine StellvertreterInnen fun- Prinzipien sowie unter Wahrung des Aspek- rungsaustausch trugen insbesondere zwei gieren wie in der abgelaufenen Funktions- tes regionaler Identität. Die tragenden Säu- Dorferneuerungsstudienfahrten sowie der periode der Bayerische Staatsminister für len heißen persönliches Engagement und Ei- Wettbewerb um den Europäischen Dorferneu- Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Hel- genverantwortlichkeit der Betroffenen. Un- erungspreis unter dem Motto „besser.leben“ mut Brunner, der luxemburgische Flurbe- verzichtbar erscheint dabei, der Bevölkerung bei. Als ein wahres Fest der Begegnung, bei reinigungsexperte Charles Konnen, die Na- in den ländlichen Räumen und Dörfern rea- der das europäische Wir-Gefühl reiche Nah- turschutzverantwortliche des Slowenischen listische Perspektiven zu geben, ihre Bin- rung erhielt, erwies sich der dreitägige Ver- Landwirtschaftsministeriums Marija Markes dung an die Heimat zu stärken und so durch anstaltungsreigen zur Verleihung der Euro- und Wojewode Ryszard Wilczynski aus der Visionen und konkrete Taten eine nachhalti- päischen Dorferneuerungspreise im Septem- polnischen Wojewodschaft Opole. Neu als ge Verbesserung ihrer Lebensumstände her- ber 2014 in der Schweiz mit mehr als 1000 stellvertretende Vorsitzende in den Vorstand beizuführen. „ Gästen aus zahlreichen europäischen Län- gewählt wurde Ministerin Isabelle Weyk- http://www.landentwicklung.org

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 15 Österreich, Europa und die Welt Tirol hilft beim Wiederaufbau der Feuerwehr in Kroatien m Rahmen der Wiederaufbauhilfe für das IFeuerwehrwesen in Kroatien hat LHStv Josef Geisler am 19. November neun ge- brauchte und renovierte Einsatzfahrzeuge an Feuerwehren in der Region Pozega in Kroa- tien übergeben. Insgesamt sind bisher bereits 37 Feuerwehrfahrzeuge an Kroatien über- stellt worden. „Seit Jahren setzen wir uns im Rahmen der Wiederaufbauhilfe in besonders vom Bal- kankrieg mitgenommenen Regionen in Kroa- tien ein. Ein Beispiel dafür ist die Stadt Vu- kovar und ihre Umgebung, die große Zerstö- rungen erlebt hat und erst vor einigen Mona- ten von extremem Hochwasser heimgesucht Foto: Landesfeuerwehrverband / Hassl worden ist“, erklärte Geisler bei der feier- Peter Logar, Landesfeuerwehrkommandant Peter Hölzl und LHStv Josef Geisler lichen Übergabe in der Landesfeuerwehrschu- (3. v. re.) mit kroatischen Feuerwehrkommandanten und Bürgermeistern in Telfs le in Telfs im Beisein kroatischer Bürger- sator der Wiederaufbauhilfe. Die gebrauch- „Das Land Tirol und die Tiroler Feuer- meister. ten und wieder renovierten Einsatzfahrzeuge wehren unterstützen schon seit Jahren den „Die Auswahl der Fahrzeuge geht quer stammen von den Freiwilligen Feuerwehren Aufbau von Freiwilligen Feuerwehren in durch die von den kroatischen Feuerwehren Landeck, Gries am Brenner, Westendorf, Kroatien. Durch die Übergabe von gebrauch- benötigte Ausrüstung und reicht von einer Mayrhofen, Niederbreitenbach, Schönwies, ten funktionsfähigen Einsatzfahrzeugen und Drehleiter über Tanklösch- und Kleinlösch- Schönberg, Achental und Reith im Alp- Geräten sollen die Feuerwehrstützpunkte nach fahrzeuge bis zu Mannschaftstransportern“, bachtal. Auch heuer konnten zahlreiche Hil- kriegsbedingten Zerstörungen wieder aufge- informiert Peter Logar, früherer Flüchtlings- feleistungen mit Ausrüstungen und Fahrzeu- rüstet werden“, betonte Landesfeuerwehr- koordinator des Landes und jetziger Organi- gen aus Tirol gewährleistet werden. kommandant Peter Hölzl. „ Österreich fördert ländliche Entwicklung im Kosovo urch Subventionen über ein Regional- Dentwicklungsprogramm steigerten fast 100 landwirtschaftliche Betriebe im Kosovo ihre Produktion und die Qualität ihrer Pro- dukte. „Ich freue mich, daß wir dazu beitra- gen konnten, 870 neue Jobs im ländlichen Bereich zu schaffen“, sagte Außenminister Sebastian Kurz anläßlich der Abschlußkon- ferenz des Regionalentwicklungs-Program- mes in Suhareka/Suva Reka. „Insgesamt ha- ben nun 4700 Menschen ein besseres Ein- kommen. „Das trägt wesentlich zur erfolg- reichen wirtschaftlichen Entwicklung des südwestlichen Kosovo bei“, so Kurz. Foto: ADA Die geförderten Betriebe sind in unter- Liman Hoti, Gemüsebauer in Neprebishte/Neprebiste, Kosovo: »Österreichische schiedlichen Sparten wie Rinderzucht oder Techniker haben mir geholfen, meinen Betrieb zu modernisieren. Mit dem neuen Gemüseanbau tätig. Aber auch Bio-Eier wer- Glashaus ist die Ernte besser. Heute bin ich ein wichtiger Lieferant für Frischge- den produziert, was bisher im Kosovo ein- müse in der Region Suhareka.« zigartig ist. Region leben von Landwirtschaft, die mei- wir 78 von 82 Projekte erfolgreich beenden „Meist sind die Unternehmen Familien- sten schon seit Jahrzehnten. und die Gemeindeverwaltung reformieren“, betriebe“, berichtet Martin Ledolter, Ge- Seit 2009 investierte die Österreichische führt Martin Ledolter aus. Neben Subventio- schäftsführer der Austrian Development Entwicklungszusammenarbeit 3,65 Millionen nen, die über ein Wettbewerbsverfahren ver- Agency, der Agentur der Österreichischen Euro, um im Förderwesen in der Gemeinde geben wurden, unterstützte die Österreichi- Entwicklungszusammenarbeit: „Durch die Suhareka/Suva Reka nachhaltiges Wirt- sche Entwicklungszusammenarbeit die Subventionen ist es möglich, daß auch Fa- schaften, Geschlechtergleichstellung und Gemeinde beim Bau einer Markthalle und milienmitglieder im eigenen Betrieb entgelt- Transparenz und Rechenschaftspflicht zu maßgeblich bei der Weiterentwicklung der lich mitarbeiten können und versichert verankern. „In Zusammenarbeit mit unserem Gemeindeverwaltung. „ sind.“ Rund 80 Prozent der Bevölkerung der Vertragspartner CARE Österreich konnten http://www.entwicklung.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 16 Österreich, Europa und die Welt Landesminister von Sachsen-Anhalt auf Steiermark-Besuch andeshauptmann Franz Voves empfing Lam 21. November den Minister für Lan- desentwicklung und Verkehr des deutschen Bundeslandes Sachsen-Anhalt, Thomas We- bel, zu einem Gespräch in der Grazer Burg, der es sich als Verkehrsminister freilich auch nicht nehmen ließ, sich einen Eindruck von den voranschreitenden Arbeiten an der Kor- almbahn, einem der derzeit europaweit größ- ten Tunnelbauprojekte, zu verschaffen. Im Gespräch mit LH Voves war unter an- derem der Fall der Berliner Mauer, der sich vor wenigen Tagen zum 25. Mal jährte, The- ma. Nach der Öffnung hatte Sachsen-Anhalt zunächst mit einem Einbruch der Wirtschaft sowie mit einer massiven Abwanderung ins- besondere junger Frauen zu kämpfen. In der Foto: steiermark.at / Promitzer Folge sanken die Geburten drastisch, die Ar- LH Franz Voves (l.) begrüßte Minister Thomas Webel in der Grazer Burg beitslosenrate stieg auf ein Rekordhoch von bis zu 25 Prozent. Über strukturelle Refor- des Reformprozesses 218 Gemeinden, da- lichen Länder, vor allem aber vor der Lei- men konnte das stark industriegeprägte Land von 35 Städte und 127 Märkte. Webel zieht stung der neuen deutschen Bundesländer zum mittlerweile jedoch auf einen guten Weg trotz mancher Herausforderungen während Ausdruck, „denen diese großartige Trans- gebracht werden. der Umsetzungsphase eine positive Bilanz: formation im wirtschaftlichen Bereich, in Diese tiefgreifenden Reformen waren „Unterm Strich war die Gebietsreform er- der Gesellschaft und vor allem in den Köp- sodann auch dominierendes Thema im Ge- folgreich, schließlich haben sich durch die fen und Herzen der Menschen gelungen ist.“ dankenaustausch mit Voves. Teil der Maß- Synergien die Handlungsspielräume erwei- Auch das Thema Europa kam nicht zu nahmen in Sachsen-Anhalt war eine umfas- tert. Und wenn die Gemeinden mal zusam- kurz: Webel und Voves waren sich auch dar- sende Gebiets- bzw. Gemeindereform. Noch men sind, dann arbeiten sie auch zusammen.“ über einig, daß nicht nur innerstaatlich, son- Anfang des Jahres 2007 lebten in 70 Prozent Dieses Resümee nahm Voves erfreut zur dern gerade in herausfordernden Zeiten wie aller Gemeinden in Sachsen-Anhalt, das bei Kenntnis, geht es doch bei der steirischen diesen, Solidarität vor allem auf europäi- einer mit der Steiermark vergleichbaren Flä- Gemeindestrukturreform ebenfalls darum, scher Ebene von größter Bedeutung ist. „Al- che eine Bevölkerung von rund 2,3 Mio. „wieder vermehrt Handlungsspielräume zu leingestellt sind die europäischen Länder Menschen zählt, weniger als 1000 Einwoh- schaffen, um auch zukünftigen Generationen chancenlos, nur im Kollektiv eines 500-Mil- ner. Als man mit der Gemeindegebietsre- eine lebenswerte Heimat in der Region zu lionen-Europas werden wir uns im globalen form begann, hatte das Bundesland rund erhalten.“ Voves brachte sodann auch seinen Wettbewerb behaupten können“, mahnt Vo- 1400 Gemeinden, heute stehen nach Abschluß großen Respekt vor der Solidarität der west- ves ein. „ »Jüdische Genies – Warhols Juden« in Melbourne ie 2012 im Museum Judenplatz erfolg- Dreich präsentierte Ausstellung „Jüdische Genies – Warhols Juden“ mit zehn Porträts prominenter Jüdinnen und Juden von Andy Warhol wurde am 20. November feierlich im Jüdischen Museum in Melbourne (Jewish Museum of Australia) eröffnet, das die Aus- stellung über die Entstehung der Porträtserie vom Jüdischen Museum Wien (JMW) über- nommen und durch weitere Leihgaben aus der National Gallery of Victoria und Arbei- Foto: JMW ten zeitgenössischer australischer Künstler Porträts nun auch in Australien zu sehen sind. mit Rebecca Forgasz, Direktorin des Jüdi- ergänzt. Danielle Spera, Direktorin des Das sei ganz im Sinn von Andy Warhol, der schen Museums Australien, in der National JMW, hob bei der Eröffnung ihre Freude wollte, daß die zehn Persönlichkeiten nicht Gallery in Melbourne über die Entstehungs- über die Zusammenarbeit zwischen den bei- vergessen werden, sondern ihrer an vielen geschichte der Porträtserie gesprochen. Die den jüdischen Museen hervor. Ron Feldman Orten gedacht würde, so Ron Feldman, der Arbeiten können bis 24. Mai 2015 besichtigt zeigte sich in seiner Grußbotschaft aus New sich ausdrücklich für die Initiative bedankte. werden. „ York besonders glücklich darüber, daß die Am 23. November hat Spera gemeinsam http://www.jewishmuseum.com.au

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 17 Österreich, Europa und die Welt Leitl und Ban Ki-moon betonen Brückenfunktion der Wirtschaft m Rahmen seines dreitägigen Wienaufent- Ihaltes anläßlich der 2. UN-Konferenz zu Binnenentwicklungsländern („Second Uni- ted Nations Conference on Landlocked De- veloping Countries LLDC“), darunter das Wirtschaftsforum mit 55 angemeldeten ös- terreichischen Firmen im Vienna Internatio- nal Center, traf UN-Generalsekretär Ban Ki- moon am 4. November im Haus der Wirt- schaft in Wien mit WKÖ-Präsident Christoph Leitl und einer hochrangigen Delegation von österreichischen und internationalen Exper- ten aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zusammen. Unter anderem waren neben et- lichen UnternehmensvertreterInnen und Mi- nisterInnen aus ca. der Hälfte der 96 an der Foto: WKO / photonews.at Georges Schneider UN-Generalsekretär Ban Ki-moon (l.) und WKO-Präsident Christoph Leitl UN-Konferenz teilnehmenden Länder, auch der neue EU-Kommissar für Entwicklung bringt einerseits Unternehmen und deren Leitl, daß die Wirtschaft, die Politik und in- und Kooperation, Neven Mimica, der Präsi- Produkte und Innovationen in die Schwel- ternationale Organisationen wie die Verein- dent Georgiens, Giorgi Margwelaschwili, der lenländer und hilft bei der Entwicklung die- ten Nationen gemeinsam gegen Spekulatio- stv. Präsident Burundis, Gervais Rufyikiri, ser Regionen, gleichzeitig ebnet sie aber auch nen vorgehen müssen und viel mehr in die sowie der stv. Premier Nepals, Prakash Man den Weg von Unternehmen aus diesen zu uns Entwicklung der realen Wirtschaft investie- Singh, beim Businesslunch vertreten. nach Europa.“ Ban Ki-moon ging in seinen ren sollen. Abschließend bedankte sich Leitl Leitl wies in seiner Eröffnungsrede auf Ausführungen ebenfalls auf die Brücken- beim UN-Generalsekretär für die Auszeich- die Brückenfunktion der Wirtschaft zwischen funktion der Wirtschaft ein und betonte auch nung der Aussenwirtschaft Austria der WKÖ der sogenannten Ersten Welt und den Ent- die Bedeutung von Konferenzen, wie jener als weltweit beste Außenhandelsorganisation wicklungsländern hin: „Die Wirtschaft ist da- in Wien. Wichtig sei in diesem Zusammen- vor einem Jahr durch UN und WTO. „ bei eine Brücke in beide Richtungen. Sie hang für die weitere globale Entwicklung, so https://www.wko.at China interessiert sich für Salzburger Verwaltungskontrolle it der Volksrepublik China bestehen Mseit Jahren Kooperationen des Landes in Verwaltung, Wirtschaft, Handel und Kul- tur. Eine hochrangige Delegation aus der chinesischen Provinz Zhejiang südlich von Shanghai informierte sich kürzlich bei einem Besuch der Landesverwaltung über die Kon- trolle in der Verwaltung. Landesamtsdirektor Hofrat Heinrich-Christian Marckhgott beton- te beim Empfang der Delegation im Chiem- seehof, daß sich die Salzburger Verwaltung sehr intensiv mit dieser Thematik auseinan- dersetze und fortlaufend interne Kontrollsy- steme und Systeme zur Steigerung der Effi- zienz entwickle und weiterentwickle. „Die Verwaltung Salzburgs, insbesondere die neuen Kontrollsysteme, ist für andere Länder inter- essant und kann sich im internationalen Ver- Foto: Land Salzburg gleich sehen lassen“, so Marckhgott. Besuch der Chinadelegation aus der Provinz Zhejiang Der chinesischen Delegation gehörten Provinzregierung Zhejiang, Xu Minghua, und im Amt der Salzburger Landesregierung. der ranghöchste Beamte der Provinzregierung Mitarbeiter aus dem Amt für Überwachun- Dazu erhielt die chinesische Delegation Zhejiang, Ren Zemin, der erste Vize-Gene- gen an. Die Delegation wurde von Jianzhen einen informativen Vortrag über die Interne raldirektor der Gesellschaft des chinesischen Schaden vom Chinabüro Salzburg begleitet. Revision von Manfred Huber, über Maß- Volkes für Freundschaft mit dem Ausland, Schwerpunkt des Besuches bildete die nahmen zur Antikorruption von Andrea Ruan Zhongxun, sowie der Vize-Generaldi- Information über die Systematik der Kon- Grünbart sowie über das interne Kontroll- rektor des Amts für Disziplinaraufsicht der trollmechanismen und Kontrollmaßnahmen system von Hofrat Gerhard Walcher. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 18 Österreich, Europa und die Welt Centrope-Preis 2014 an Agnes Katona er mit 10.000 Euro dotierte Centrope- DStiftungspreis geht heuer an Agnes Ka- tona. Die Präsidentin des Vereins „Kultur- plattform Internationale Donauphilharmo- nie“ ist am 7. November im Wiener Rathaus geehrt worden. Katona habe mit dem „mit- teleuropäischen, multinationalen Orchester ein geistiges und kulturelles Netzwerk in der Region“ geschaffen, hieß es in der Begrün- dung. Übergeben wurde der Stiftungspreis von Gemeinderätin und der Vorsitzenden der Europakommission des Wiener Gemeinde- rates, Elisabeth Vitouch, sowie von Reinhard Karl, Direktor der Raiffeisen-Landesbank NÖ-Wien. Kammersängerin Ildiko Raimondi hielt die Laudatio: Nicht zufällig trage das Orche- Foto: PID / Jobst ster den Namen „Donauphilharmonie“. Denn v.l.: Reinhard Karl, Ildiko Raimondi, Gabor Hajas, Agnes Katona, Elisabeth Vitouch, Jan Sechter, Ludmila Hrachovinova und Juraj Machac so „wie zur Donau hin viele kleine und gros- se Wasseradern fließen, bis ein großer Strom aus den BotschafterInnen der Slowakei, zwischen der „Vienna Region“ (Wien, Nie- daraus wird“, so sammle auch das Orchester Tschechiens und Ungarns sowie je einem/ derösterreich, Burgenland) und den Nach- aus vielen Ländern seine MusikerInnen. einer VertreterIn der Stadt Wien und der Raiff- barregionen in Tschechien, der Slowakei und Der gemeinsam von Stadt Wien und Raiff- eisen-Landesbank NÖ-Wien – ausgewählt. Ungarn beitragen. Die Initiative befaßt sich eisen initiierte Preis für „herausragende Lei- Die Centrope-Initiative wurde im Jahr mit Forschung und Ausbildung ebenso wie stungen im Bereich der grenzüberschreiten- 2003 ins Leben gerufen und soll zur Intensi- mit Wirtschaft und Arbeitsmarkt, mit Regio- den Regionsarbeit“ wurde heuer zum 8. Mal vierung des Austauschs und des Ausbaus nalentwicklung, Infrastruktur, Kultur, Stand- vergeben. Er wird von einer Jury – bestehend von grenzüberschreitenden Kooperationen ortmarketing und Öffentlichkeitsarbeit. „ »Ars Pannonica« – Eine Biennale, die verbindet m Verwaltungszentrum des Landes Kärn- Iten wurde am 14. November die „IV. Ars Pannonica – Biennale für Bildende Kunst“ eröffnet, in der über zehn Tage über 50 Wer- ke von 28 KünstlerInnen aus dem ungari- schen Komitat Vas und aus Kärnten gezeigt wurden. Danach wanderten die Werke nach Budapest, wo sie vom 28. November bis 11. Dezember zu sehen sind. Kärnten und das Komitat Vas sind seit bald 28 Jahren durch die Zusammenarbeit im Alpen-Adria-Raum verbunden, beide gehören auch der im Vor- jahr unter Kärntner Vorsitz gegründeten Alpen-Adria-Allianz an. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser sprach bei der Eröffnung auch als Präsident dieser Allianz, die derzeit zwölf Mitglieder Foto: LPD / fritzpress aus Österreich, Kroatien, Ungarn und Slo- v.l.: Thomas Pseiner (Alpen-Adria-Allianz), LH Peter Kaiser und László Majthényi wenien umfaßt. Ihr ging die 1978 gegründe- Stellenwert, so Kaiser. In der Alpen-Adria- Der Präsident der Generalversammlung te ARGE Alpen-Adria voraus, die im dama- Allianz wirke man vor allem „people to peo- des Komitates Vas, László Majthényi, er- ligen Europa einzigartig gewesen sei, wie ple“, binde also die Menschen stark ein, um klärte, daß es die Biennale seit 2008 gebe und Kaiser betonte. Ideologische Grenzen hätten eine nachhaltige Verbindung zu kreieren. daß sie immer in Zentren von ungarischen die Zusammenarbeit damals stark einge- Kaiser schloß mit einem passenden Zitat des Komitaten und Nachbarländern stattfinde. schränkt, trotzdem habe man es vor allem Triestiner Schriftstellers Claudio Magris: Durch die Ausstellung seien bereits viele durch Sport, Kunst und Kultur geschafft, die „Der Alpen-Adria-Raum ist ein Laborato- gewinnbringende Kontakte auf zwischen- Völker zusammenzuführen. Für Kärnten rium, in dem das Wesen Europas ausgearbei- menschlicher und institutioneller Ebene ent- habe Interregionalität einen besonders hohen tet wird.“ standen. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 19 Österreich, Europa und die Welt Jordanien als Zukunftsmarkt für oö. Agrarprodukte ereits im Mai 2014 lud Oberösterreichs BAgrar-Landesrat Max Hiegelsberger zu einem runden Tisch mit Vertretern Ober- österreichischer Firmen aus dem Agrarbe- reich, aus der Fleischindustrie, Gemüsever- arbeitung, Düngemittelwirtschaft, Saatzucht, Molkereiwirtschaft und Futtermittelproduk- tion. Gemeinsam mit Harald Deller, Ober- österreichs Honorarkonsul für Jordanien, und Jordaniens Botschafter Hussam al Husseini, wurden mögliche Kooperationen geprüft. Deller ist als Geschäftsführer des oö. Her- stellers von Backzutaten „backaldrin The Kornspitz Company“ bereits seit 1996 wirt- schaftlich in Jordanien tätig und konnte über Jordanien auch den Aufbau in weitere Ex- portländer meistern. Mit seinen Erfahrungen und Kontakten will er oberösterreichischen Firmen helfen, wirtschaftlich in Jordanien und der Region Fuß zu fassen. Foto: Land OÖ / Anzengruber Hieglesberger rechnet mit einer Win-win- Issa Murad, Präsident der Wirtschaftskammer in Amman, und Oberösterreichs Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger (r.) Situation: „Von einer Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen könnten beide Sei- duzenten und der Firma Efko gekommen. der kommen soll, die Weizen nach Jordanien ten profitieren. Immerhin werden derzeit rund Agrar-Landesrat Hiegelsberger erhofft sich liefern. Bereits für den heurigen Dezember 80 Prozent des Rindfleischs, das in Jorda- weiters vor allem im Bereich Käse bzw. ist erneut ein runder Tisch zwischen Vertre- nien gegessen wird, aus den osteuropäischen Rindfleisch und Rinderzucht sowie im Ge- tern der österreichischen Agrarbranche und Ländern und aus Georgien importiert. Wie- treidebereich mittelfristige Exportmöglich- Vertretern Jordaniens geplant“, kündigte derum kommen 50 Prozent des Winterge- keiten. Hiegelsberger an. müses in Ungarn aus Jordanien.“ „Der Präsident der Wirtschaftskammer Das Ziel ist, daß bereits im kommenden Zu ersten intensiveren Kontakten ist es von Amman hat mir in einem Gespräch zu- Jahr umfangreichere Wirtschaftsbeziehun- bereits zwischen jordanischen Gemüsepro- gesagt, daß Österreich auf die Liste der Län- gen aufgenommen werden. „ Italienische Betriebsansiedelungen bringen neue Arbeitsplätze nach Klagenfurt und Kühnsdorf

erade in wirtschaftlich schwierigen Zei- gesamt werden am Kruschitz-Gelände ca. für Drohnen. Geplant sind dafür auch. Gten ist jede Betriebsansiedelung in 1,9 Millionen Euro investiert. Es entstehen Forschungs- und Entwicklungs-Kooperatio- Kärnten von besonderer Bedeutung“, beton- mittelfristig zwölf Vollzeitarbeitsplätze. Der nen mit den Lakeside Labs in Klagenfurt so- te LHStv.in Gaby Schaunig am 26. Novem- Produktionsstart ist für das Frühjahr 2015 wie weiteren Forschungszentren und Unter- ber bei einer Pressekonferenz. „Die Entschei- geplant. Vom Standort in Unterkärnten aus nehmen im In- und Ausland. Mittelfristig dung von zwei weiteren italienischen Firmen werden die Granulate künftig europaweit werden fünf Arbeitsplätze geschaffen. für den Standort Kärnten zeigt auch, daß wir ausgeliefert. Mauro Migliazzi, Mitbegründer und Ge- als Wirtschaftsstandort wieder attraktiv sind.“ Im Lakeside Science & Technology Park schäftsführer der KIM Remote Sensing Kurz und prägnant erklärte der Ge- in Klagenfurt siedelt sich noch heuer die GmbH: „Kärnten ist der perfekte strategi- schäftsführer der Firma Cointer GmbH, Mar- KIM RemoteSensing GmbH an. Die Investi- sche Dreh- und Angelpunkt, da es hier in der co Costantini, warum das Unternehmen sich tionssumme beläuft sich auf ca. 200.000 Euro. Umgebung Forschungszentren und Univer- für die neue Ansiedlung ausgerechnet Kärn- Das Unternehmen konzentriert sich auf zwei sitäten wie z.B. in Wien, Graz, Villach und ten ausgesucht hat. „Neben der geografischen Tätigkeitsbereiche, die eng miteinander ver- Bozen gibt, die unsere Forschungs- und Ent- Nähe zu Italien sind es vor allem die im knüpft sind: Luftfahrt mittels Drohnen und wicklungstätigkeiten unterstützen könnten Verhältnis zum Heimatland geringeren büro- in Forschung- und Entwicklung im Bereich sowie Weingüter, bei denen wir unsere schon kratischen Hürden und die steuerlich vorteil- Fernerkundung mittels Drohnen. Im Bereich in Italien mit Erfolg erprobten Technologien hafteren Rahmenbedingungen.“ Ausschlag- Forschung und Entwicklung sind vorerst testen, kalibrieren und verbessern können.“ gebend für Kärnten war auch die langjährige zwei spezielle Projekte geplant: eines zur „Tage wie diese machen mir als Techno- Partnerschaft mit dem Kärntner Betrieb Kru- Auffindung vermißter Personen in engen logiereferentin neuen Mut, denn durch Be- schitz GbmH, welcher die italienische Firma Schluchten bzw. unwegsamem Gelände und triebsansiedlungen wie diese wird Kärnten seit Jahren mit dem Rohstoff beliefert. Ins- ein weiteres zur Entwicklung einer Black Box international sichtbar“, betonte Schaunig.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 20 Österreich, Europa und die Welt Staatsbesuch von Sozialminister Hundstorfer in Israel ozialminister Rudolf Hundstorfer stattete SMitte November als erster österreichi- scher Sozialminister Israel einen offiziellen Besuch ab. Im Rahmen seiner dreitägigen Israelreise hat er Gespräche u.a. mit seinen Amtskollegen, Arbeitsminister Naftali Ben- nett und Sozialminister Meir Cohen, sowie mit Abgeordneten der Knesset geführt. Wei- ters waren Treffen mit österreichstämmigen JüdInnen in Israel sowie ein Besuch im ös- terreichischen Hospiz in Ostjerusalem, ge- plant. Außerdem traf er mit dem Vorsitzenden des israelischen Gewerkschaftsbundes zusam- men und hat auch das Sozialversicherungs- insitut Bituach Leum besucht. Ein Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und des Israel-Museums bildetet den Ab- schluß der Reise. „Ich will mit meinem Besuch die guten Foto: BMASK / Uri Ishay Beziehungen der beiden Länder unterstrei- Sozialminister Rudolf Hundstorfer mit österreichstämmigen JüdenInnen chen. Die Begegnung und der Austausch können das Verständnis füreinander und das und Leistungen der Opferfürsorge und Pfle- nischer Art geleistet“, informierte Sozialmi- Lernen voneinander weiter verbessern. Ös- gegeld aus. Zusätzlich werden von österrei- nister Hundstorfer. „ terreich ist sich aber auch seiner Verantwor- chischer Seite Plätze in Alters- und Pflege- http://www.bmask.gv.at tung gegenüber den Opfern der NS-Herr- heimen für in Israel lebende österreichstäm- Lesen Sie mehr darüber in der Ausgabe 138 schaft bewußt. Das Sozialministerium zahlt mige JüdInnen gefördert und Unterstützungs- des „Österreich Journal“ pdf-Magazins, ver- rund 8000 Opfern des Faschismus Pensionen zahlungen in Notfällen sozialer und medizi- fügbar ab dem Abend des 23. Dezember. Europa kennen – Italien dankt dem Österr. Marineverband Europa verstehen

unge Menschen sind von politischen Ent- Jscheidungen ganz besonders betroffen, schließlich geht es um ihre Zukunft. Deshalb ist es gerade für sie wichtig zu sehen, wie Po- litik funktioniert. Wo sonst, als in Brüssel, könnten sie das besser erleben“, sagt Bun- desminister Andrä Rupprechter. 80 SchülerInnen aus vier Höheren Land- wirtschaftlichen Schulen waren Mitte No- vember zu Besuch in der Europahauptstadt Brüssel. Der Besuch wurde vom Landwirt- schaftsministerium organisiert, um den Ju- gendlichen einen Einblick in die EU-Politik zu ermöglichen. Foto: Hannes Hochmuth / ÖMV „In Brüssel wird Politik für 500 Millio- S.E. Giorgio Marrapodi, der italienische Botschafter in Österreich (Mitte), mit nen Menschen in 28 Ländern gemacht. Ge- Oberst dhmtD Karl Skrivanek, Präsident des Österreichischen Marineverbandes, und dessen Gattin Maria Teresa rade die Landwirtschaftspolitik wird maß- geblich in Brüssel gestaltet. Europa kennen und um den Nationalfeiertag hatte der und Landesrat Giorgio Valente angereist war heißt auch Europa und die europäische Poli- RÖsterreichische Marineverband (ÖMV) und hier das Wochenende verbrachte. Da Ita- tik besser verstehen“, betont der Minister, traditionell RepräsentantInnen von Partner- liens Botschafter in Wien, S.E. Giorgo Mar- der die Schüler begrüßte. Organisationen nach Wien geladen – heuer rapodi, an diesem Wochenende in Rom weil- Im Dezember folgen weitere Schülergrup- konnte dessen Präsident, Oberst dhmtD Karl te, bedankte er sich einige Tage später beim pen – an einem regelmäßigen Besuchspro- Skrivanek, einen besonderen Gast begrüßen: ÖMV für die Bemühungen rund um die gramm wird gearbeitet, auch ein Europatag den Landtagspräsidenten von Veneto, Clo- langjährige Partnerschaft. Lesen Sie mehr soll jedes Jahr stattfinden. „ dovaldo Ruffato, der extra mit seiner Gattin darüber auf der Seite 25. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 21 Österreich, Europa und die Welt PaN-Preis 2014 des BMEIA Die Österreichisch-Bhutanische Kooperations-, Freundschafts- und Kulturgesellschaft wurde ausgezeichnet.

ie stellvertretende Leiterin der Kultur- Dpolitischen Sektion im Bundesministe- rium für Europa, Integration und Äußeres (BMEIA), Botschafterin Teresa Indjein, ver- lieh am 18. November den PaN-Preis 2014 an die Österreichisch-Bhutanische Koopera- tions-, Freundschafts- und Kulturgesell- schaft. Der seit dem Jahr 2006 vergebene Preis für „Partner aller Nationen – PaN“ geht auf eine Initiative des Dachverbandes aller österreichich-ausländischen Gesellschaften zurück und würdigt außerordentliche Leistun- gen einzelner Freundschaftsgesellschaften. „Im Jahr 2014 feiern Österreich und Bhutan 25 Jahre diplomatische Beziehungen. Die vor 26 Jahren gegründete Österreichisch- Bhutanische Kooperations-, Freundschafts- und Kulturgesellschaft trägt einen guten Teil dazu bei, daß in diesen zweieinhalb Jahr- zehnten eine erfolgreiche Entwicklungszu- sammenarbeit möglich war und sich eine v.l.: PaN-Präsident Oskar Wawra, der Präsident der Österreichisch-Bhutanischen enge Freundschaft zwischen unseren Län- Kooperations-, Freundschafts- und Kulturgesellschaft, Claus Walter, und die stell- vertretende Leiterin der Kulturpolitischen Sektion im Bundesministerium für Europa, dern entwickelt hat“, so die Botschafterin Integration und Äußeres, Botschafterin Teresa Indjein, bei der Verleihung anläßlich der Preisverleihung im Marmor- saal des BMEIA. Unter den zahlreichen von der Österrei- chisch-Bhutanischen Kooperations-, Freund- schafts- und Kulturgesellschaft initiierten Projekten zeichnet sich vor allem jenes zur Finanzierung und zum Bau einer ländlichen Grundschule in Pangtokha, einem entlege- nen Teil im Osten von Bhutan, aus. Ziel die- ses Projektes ist es, der Bevölkerung in länd- lichen Regionen einen direkten Bildungszu- gang zu ermöglichen. Im Februar 2005 wur- den bei diesem ersten bildungspolitischen Projekt in der erfolgreichen Geschichte der Zusammenarbeit zwischen Österreich und Bhutan 10 Klassenzimmer für 150 Kinder errichtet. Die Zuerkennung des PaN-Preises 2014 Fotos: BMEIA / Mahmoud stieß in Bhutan auf eine positive Resonanz: Ein Blick in den Marmorsaal des BMEIA Außenminister Lyonpo Ugyen Tshering hat in einem einmaligen Schritt in der Geschich- Jahr 1989 bestehenden Beziehungen zwi- ken und Verhalten, verbunden mit Wohl- te des PaN-Preises der Österreichisch-Bhu- schen der Republik Österreich und dem Kö- tätigkeit und gemeinnützigen Aktivitäten. tanischen Kooperations-, Freundschafts- und nigreich Bhutan in allen Bereichen nachhal- Alle an Bhutan interessierten Österrei- Kulturgesellschaft persönlich gratuliert. tig zu festigen und zu pflegen. cher sind eingeladen, an der Verwirklichung Die Österreichisch - Bhutanische Ko- Sie wirkt als unvoreingenommener Lob- der Ziele der bilateralen Freundschaftsge- operations-, Freundschafts- und Kulturge- byist für Bhutan in Österreich und vice ver- sellschaft mitzuwirken sowie netzwerkartig sellschaft ist, so heißt es auf der Homepage, sa. Die Vereinsverantwortlichen fühlen sich zusammengefaßt und betreut zu werden. „ eine Interessensgemeinschaft auf „people- in ihrem Handeln der Philanthropie verpflich- http://a-lp.jimdo.com/bhutan to-people“ Ebene. Sie hilft mit, die seit dem tet, also einem menschenfreundlichen Den- http://www.dachverband-pan.org

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 22 Österreich, Europa und die Welt PaN-Gesellschaften vor den Vorhang Am 6. November hat der Dachverband aller österreichisch- ausländischen Gesellschaften PaN ins Hotel InterContinental gebeten. Foto: PaN / Florian Wieser PaN-Präsident Oskar Wawra (5. v.r.) mit RepräsentantInnen österreicherreich-ausländischer Gesellschaften

iele Freundschaftsgesellschaften veran- tes mit diesem Thema. In einer Studie soll Mongolei Vstalten unterschiedliche Aktivitäten und das Wissen und die Lebensgeschichte dieser Die Österreichisch-Mongolische Gesell- unterstützen Partnerländer u.a. auch durch Personen aufgearbeitet und sichtbar gemacht schaft „OTSCHIR“ plant die Errichtung humanitäre Projekte. Fünf davon wurden im werden, um es so für spätere Generationen eines sozial-medizinischen Stützpunktes in Rahmen dieser Veranstaltung vorgestellt. Der zu bewahren. Die Resultate der Forschung der Nordmongolei. In dem dortigen Gebiet Dachverband hat dafür jeweils eine Projekt- sollen in einem Buch veröffentlicht werden. wird sehr viel Holz gefällt und in Sägewer- unterstützung von 2000 Euro beigesteuert: Einige ausgewählte Biographien sollen unter ken verarbeitet. Dadurch kommt es immer dem Thema Migration ab 2016 im neuen wieder zu zahlreichen Unfällen mit Langzeit- Kabul Weltmuseum Wien zu sehen sein. folgen die nicht behandelt werden können. In einer Schule in Kabul mit über 7000 Durch diesen Stützpunkt soll vielen dieser SchülerInnen funktioniert die Trinkwasser- Bolivien Menschen geholfen werden. versorgung nicht mehr. Wasser muß mühsam Bolivien hat eine lange Tradition österrei- in Flaschen und Behältern herbeigeschafft chischer Musik. In Cochabamba besteht seit Südsudan werden. Die Österreich-Afghanistan Gesell- 1961 eine Musikschule, die vor allem Kin- Die Österreichische Südsudan Gesell- schaft wird daher einen eigenen Brunnen für dern aus ärmeren sozialen Schichten einen schaft errichtet gemeinsam mit dem Verein diese Schule bauen. Musikunterricht ermöglicht. Die Österrei- „Helfen Wir“ im Südsudan eine Fachschule chisch-Bolivianische Gesellschaft unter- für Landwirtschaft-, Gemüse- und Obstbau, Australien stützt diese Initiative. Sie hat 2012 einen be- Bienenzucht und Forstwirtschaft. Dadurch In den letzten Jahrzehnten sind viele sonders begabten Geigenschüler nach Öster- soll vielen SchülerInnen der Region aus ar- ÖsterreicherInnen in andere Länder ausge- reich gebracht. Er hat es in kurzer Zeit zum men Verhältnissen die Möglichkeit einer Aus- wandert, viele auch wieder zurückgekom- ersten Geiger der Johann Sebastian Bach bildung und eines späteren Lebensunterhal- men. Die Österreichisch-Australische Gesell- Musikschule gebracht und an internationalen tes ermöglicht werden. „ schaft befaßt sich im Rahmen eines Projek- Musikfestivals teilgenommen. http://www.dachverband-pan.org

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 23 Österreich, Europa und die Welt Solidarität und Gerechtigkeit Romero-Menschenrechtspreis der Katholischen Männerbewegung Österreichs ging an Fr. Anastácio Ribeiro aus Brasilien und an Sr. Veronica Petri aus Tansania Foto: Gerd Neuhold / »Sonntagsblatt« v.l.: Generalvikar Heinrich Schnuderl, Sr. Veronica Petri, Frei Anastacio Ribeiro, Leopold Wimmer, Vorsitzender der KMBÖ und Ernest Theußl, Vorsitzender der KMB Steiermarka nach der Verleihung im Pfarrsaal von Fernitz

wei langjährige Projektpartner der ordneter in der gesetzgebenden Versamm- das „Medical Board“ auf, das all diese Sta- ZKatholischen Männerbewegung Öster- lung von Paraiba ist, in seiner Dankrede. Die tionen mit Medikamenten versorgt und die reichs (KMBÖ) Steiermark erhielten heuer Bewegung der Landpastoral habe wirtschaft- Mitarbeiterinnen betreut. Seit dem Jahr 2000 den an Erzbischof Oscar Romero erinnern- liche, soziale und kulturelle Bedeutung, ist dir mittlerweile 80jährige, unermüdlich den Menschenrechtspreis. Der Festakt im Menschen organisieren sich in lokalen Grup- tätige Schwester Koordinatorin für das Ge- übervollen Pfarrsaal von Fernitz stand unter pen, betreiben organische Landwirtschaft sundheitswesen der Diözese Morogoro. dem Titel „Entwicklung² = Solidarität² + und würden eine Gegenkraft zu den Groß- Leopold Wimmer, der Vorsitzende der Gerechtigkeit²“ Die beiden Preisträger, so konzernen, den Monokulturen und der Land- KMB Österreichs, sieht im Romero-Preis, erläuterte der steirische KMB-Vorsitzende flucht bilden. Wichtig sei dabei der rechtli- der seit 1981 vergeben wird, ein wichtiges Ernest Theußl, stünden exemplarisch für die- che Beistand, den die CPT geben könne, Zeichen der Würdigung des Engagements in se beiden Werte in der Gleichung: Sr. Ve- denn an die Stelle der „pistoleiros“ der der Entwicklungszusammenarbeit. Die CPT ronica Petri, die in der tansanischen Diözese Großgrundbesitzer seien nun Heere von könne auch für Männer in Österreich ein An- Morogoro das Medical Board leitet und 36 Anwälten getreten. Dem einzelnen Klein- stoß zu mehr gesellschaftspolitischem Enga- Krankenstationen betreut, für die Solidarität bauern würden sowohl die Mittel als auch gement sein: „Müssen wir uns nicht mehr zu und der Franziskaner Fr. Anastácio Ribeiro, die Sachbildung fehlen, um gegen diese et- Wort melden?“ Die KMB könne durch die Mitbegründer der Landpastoral im brasilia- was ausrichten zu können. Die CPT doku- Projekte der Spendenaktion „Sei so frei“ nischen Bundesstaat Paraiba, für die Ge- mentiere auch alle Fälle von gewaltsamen nicht alle Lücken stopfen, aber doch viel be- rechtigkeit. Übergriffen und mache sie publik. wirken. Auch Generalvikar Heinrich Schnu- In einem Filmporträt wurde Ribeiro als Sr. Veronica Petri, die zunächst Lehrerin derl, der als Vertreter der Diözese Graz- Symbolfigur für eine gerechtere Verteilung war, bewegte die hohe Müttersterblichkeit in Seckau den Preis überreichte, schlug in die des Landes in Brasilien bezeichnet. Mit der ihrer Umgebung zu einer Ausbildung als selbe Kerbe: „Es braucht Mut, sich für CPT, der Kommission für Landpastoral, Krankenschwester und Hebamme, die sie in Menschen in Not einzusetzen, auch wenn es setzt er sich für eine Demokratisierung des Deutschland absolvierte, und zum Eintritt in gesellschaftlich nicht ‚en vogue‘ ist“, und Zugangs auf Land ein. Die Aktivisten der den Orden des unbefleckten Herzens Ma- staatliche Entwicklungsausgaben gekürzt Landreformbewegung seien zu Schlüsselfi- riens. Sie gründete Krankenstationen in vie- würden. Er dankte der KMB – aber auch der guren in Fragen der Menschenrechte gewor- len Dörfern der Diözese Morogoro, organi- KFB und der Sternsingeraktion – dafür, „daß den, schilderte der Priester, der auch Abge- sierte die Mutter-Kind-Betreuung und baute sie dranbleiben an diesem Thema“. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 24 Österreich, Europa und die Welt Schul-Container für Banglades Hilfsaktion der Volkshochschule der Burgenländischen Roma für serbische Romasiedlung »Banglades« ach wochenlangen Vorbereitungen und Netlichen Hürden auf dem Weg nach Novi Sad ist der Transport vergangene Wo- che Mitte November sicher an seinem Be- stimmungsort angekommen. Vier große Container, zur Verfügung gestellt von TEE- RAG-ASDAG, wurden von der niederöster- reichischen Spedition LTS-Neuninger Logi- stik nach Novi Sad geliefert. Für die Volks- hochschule der Burgenländischen Roma hat der langjährige Mitstreiter Thomas Eckert die Überstellung begleitet und dokumentiert. Erste Kontakte zu serbischen Roma- Vertretern wurden im Rahmen einer Studien- reise 2012 geknüpft. Damals besuchte die vom Geschäftsführer der Burgenländischen Volkshochschule, Horst Horvath, angeführte Reisegruppe auch die am Stadtrand von Novi Sad gelegene Romasiedlung „Banglades“. Bald danach meldete sich ein Vertreter einer serbischen Studentenverbindung und ersuchte um Hilfe bei der Realisierung eines Die Romasiedlung »Banglades« in Novi Sad Bildungsprojekts für die Kinder von „Ban- glades“. Die finanziellen Mittel für die Ar- beit von StudentInnen und LehrerInnen waren bereits von der Pestalozzi-Stiftung gesichert, was in den durchwegs winzigen Häusern der Siedlung fehlte waren Räume zum Lernen. So entstand die Idee, nach gebrauchten Containern Ausschau zu halten. Horst Horvath nützte seine Kontakte und hatte noch vor dem Sommer welche gefun- den. Die TEERAG-ASDAG stellte vier älte- re Bau-Container, die innen in tadellosem Zustand waren, zur Verfügung. Jetzt galt es, den Transport zu organisieren. Da die Kosten dafür beträchtlich sind, wurde im Kreis der engsten Mitarbeiter der Volkshochschule der Burgenländischen Ro- ma vereinbart, einerseits selbst in die Tasche zu greifen und andererseits Freund um Spen- den zu bitten. Mit dem Studentenvertreter Nenad Vladi- Fotos: Volkshochschule der Burgenländischen Roma savljev wurde vereinbart, daß bei der An- Thomas Eckert mit Vertretern der Studentenvereiningung in Serbien und Kinder der Siedlung vor den Containern kunft ein Kran zum Entladen der Container bereitstehen müsse, was schließlich auch der erst zu Lernräumen eingerichtet werden Die diesbezügliche Aktion für die Roma- Fall war. Für die LKW mit den Containern müssen. Ziel des Bildungsprojekts ist es, siedlung läuft noch – wenn Sie sie unterstüt- wurde die Fahrt jedoch zur Geduldsprobe, Kinder auf die Einschulung vorzubereiten, zen wollen, überweisen Sie Ihre Spende an weil sich an der Grenze ein Mega-LKW- später beim Lernen zu unterstützen und auch die Volkshochschule der Burgenländischen Stau gebildet hatte. So kamen die Container die Eltern in das Geschehen mit einzubezie- Roma und geben Sie als Verwendungszweck: zwar einen Tag später als geplant, aber doch hen, damit sie Schule und Bildung schätzen „Banglades“ an. noch sicher am Zielort an, wo sie jetzt ne- lernen. „ IBAN: AT74 5100 0902 1370 7800 beneinander stehen (insgesamt 50 m²) und http://www.kbk.at BIC: EHBBAT2E

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 25 Österreich, Europa und die Welt Venezia a Vienna Der Präsident des Landtages von Venetien, Clodovaldo Ruffato, und die A.M.N.I.- Gruppo P. Foscari, Venedig, besuchten den Österreichischen Marineverband in Wien Foto: Hannes Hochmuth / ÖMV Nationalfeiertag am Heldenplatz: Die Mitglieder des Österreichischen Marinverbandes mit ihren internationalen Gästen

ie A.N.M.I.-Gruppo P. Venezia – be- vor 100 Jahren erinnert, in dem unsere Staa- daß dadurch die Werte besiegelt werden sol- Dsuchte gemeinsam mit Kameraden von ten einander feindlich gegenüberstanden – len, welche die Seeleute weltweit verbinden: der Marineinfanterie VANGA aus Pula und wohingegen sie heute jedoch vereint sind im Solidarität, Frieden und Brüderlichkeit als Repräsentanten der Bulgarian Naval Confe- Bestreben der Erhaltung des Friedens zu die- die moralischen Grundwerte, die alle militä- deration ihren Partner, den Österreichischen nen.“ In einer gemeinsamen Erklärung wird rischen Vereinigungen an die künftigen Ge- Marineverband (ÖMV), anläßlich des Natio- in der Partnerschaftsurkunde ausgedrückt, nerationen weiterzugeben haben. nalfeiertags 2014 in Wien. So wurden einige Tage zu einem großen Bekenntnis zur part- nerschaftlichen Völkerverständigung, 100 Jahre nach Ausbruch des Weltkrieges, der Eu- ropa veränderte. Auch wurde bei dieser Ge- legenheit die am 11. April 2014 in Venedig geschlossene Partnerschaft mit A.N.M.I. Venedig besiegelt. Der Präsident des Land- tages des Veneto, Clodovaldo Ruffato, hatte die Delegation des ÖMV damals herzlich empfangen und dabei auch auf die Ereignis- se vor 100 Jahren und die positive Entwick- lung seither hingewiesen, indem er damals im „Sala dei Cuoi“ des Palazzo Ferro Fini sagte: „Diese Partnerschaft hat auf eine bestimmte Weise eine besondere Bedeutung: nicht nur, weil sie in Venedig geschlossen wird, welche

die größte maritime Stadt war, sondern vor Foto: Hannes Hochmuth / ÖMV allem, weil dies in dem Jahr stattfindet, in v.l.: Cav. Raffaele Pinto, Oberst dhmtD Karl Skrivanek, Präsident des ÖMV, und dem man an den Beginn des großen Krieges Clodovaldo Ruffato, Präsident des Landtags des Veneto vor der Hofburg

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 26 Österreich, Europa und die Welt

Danach versprach Ruffato, der Einladung der österreichischen Partner zu folgen. Als „Vorhut“ sozusagen war bereits am 23. Oktober eine große Delegation aus Venedig nach Wien gereist und von Prof. Oberst dhmtD Karl Skrivanek, Präsident des ÖMV, abends am Bahnhof Meidling abgeholt und in das vom italienischen Militärattache, Oberst iG Marco Centritto, gebuchte Hotel Cordial Appartements beim Naschmarkt ge- bracht wurde. Der Landtagspräsident kam dann mit seiner Gattin tags darauf per Flug- zeug nach. Der große Stellenwert, der von den vene- zianischen Gästen dem Gastgeber ÖMV und dessen Veranstaltung beigemessen wurde, ergibt sich auch daraus, daß mit Admiral Rudy Guastadisegni, dem Direktor des be- deutenden Museo Storico di Venezia, auch Der erste Tag begann mit einem italienischen Frühstück im Café Bräunerhof. Admiral Div. Lorenzo Sferra, Konservator des Museums und Ehrenpräsident der A.N.M.I.-Gruppo P. Foscari, mit nach Wien gekommen waren. Der erste Abend klang gemütlich im nahen Café Sperl aus.

Tags darauf machte sich die Gruppe per pedes zu einer Sightseeing-Tour auf, die nach einem ersten Blick auf den Stephans- dom zum Michaelerplatz mit den römischen Ausgrabungen und in die Michaelerkirche führte. Der Heldenplatz, die Sisi-Räume in der Hofburg und die Schatzkammer, Josefs- platz und Augustinerkirche rundeten den Vor- mittag ab. Im Offizierskasino der Landesver- teidigungsakademie, wo das Mittagessen vor- bereitet worden war, wurde man von Oberst Thomas Rappatz im Auftrag des Komman- danten, GenLt Erich Csitkovits, empfangen Empfang in der Landesverteidigungsakademie in der Stiftskaserne und über die LVAk informiert. Der Nachmittag brachte den Gästen einen ersten Höhepunkt ihres Besuches – den Be- such im italienischen Kulturinstitut. In Ab- wesenheit S.E. Botschafter Giorgio Marra- podi, der leider zu diesem Zeitpunkt in Rom weilte, wurde von Militärattaché Marco Cen- tritto und dem stv. Leiter des Instituts, Fabrio Iurlano, zu einem Buffet mit Sekt und italie- nischem Wein geladen. Unter den hinzuge- kommenen Gästen befand sich auch Pier- paolo Zagnoni, der mit seinem Bruder Vin- cenzo das Wrack des k.u.k. Torpedofahrzeugs „SMS Wildfang“ in der nördlichen Adria ge- funden und betaucht hatte. Inzwischen hat- ten sich neben Nathalie v. Kostial und Ulrike Habsburg-Lothringen auch viele ÖMV-Ka- meraden eingefunden, wie die Vizepräsiden- ten Herwig Brun und Markus Habsburg-Lo- Fotos: Karl Srkivanek / ÖMV thringen, Gerfried Stefanson, Oswin Hoch- Militärattache Oberst iG Marco Centritto und Gäste im Italienischen Kulturinstitut

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 27 Österreich, Europa und die Welt

stöger und und Rudolf Assmus, um nur eini- ge zu nennen. Die aus Italien stammende Gattin von Präsident Skrivanek, Maria Te- resa, beteiligte sich gerne an der Betreuung der italienischen Gäste. Am Nachmittag standen dann noch der eingehende Besuch des Stephansdomes und der Kaisergruft auf dem Programm. Ein „freies Manöver“ füllte dann die Zeit bis zum Abendessen im Restaurant „Beim Hofmei- ster“ in der Bräunerstraße, einem Alt-Wiener Restaurant. Der Samstag brachte nach einem Früh- stück im „Cafe Bräunerhof“ eine große Stadt- rundfahrt mit dem großen „RedBus“ bzw. für die Freunde aus Venedig-Mestre den Besuch einer Vorstellung der spanischen Hofreit- schule als angebotene Alternative. Inzwischen waren nun weitere ÖMV-Ka- ÖMV-Mitglied Oswin Hochstöger (2.v.r.) und drei der italienischen Gäste vor der Abfahrt mit dem »Redbus«, die zum Riesenrad im Prater führte (Mitte) meraden dazugestoßen: Michael Habsburg- Lothringen mit Frau Pia, Bgdr i.R. Edwin ganz unten: Ein Blick aus dem obersten Waggon des Riesenrads Wall mit Frau Amanda und Sabine Wegleit- ner mit ihrem quirligen zweijährigen Söhn- chen Samuel. „Redbus Citytours“ wurde 2000 gegrün- det und ist der erste Stadtrundfahrt-Betrieb in Wien mit einem Doppeldecker-Kabriolet- Bus, in dem mittels Audiosystem gut auf die Fahrtstrecke abgestimmte Erläuterungen mit musikalischer Untermalung geboten werden. Der Inhaber des Unternehmens, Gabriel Borochov, hatte – freudlicherweise ohne Aufpreis – einen eigenen Bus zur Verfügung gestellt. So hatte der ÖMV die Möglichkeit, die Sehenswürdigkeiten Wiens auf bequeme Art zu präsentieren und auch längere Auf- enthalte beim Riesenrad und dem Schloß

Schönbrunn zu gestatten. Foto: Karl Srkivanek / ÖMV Foto: Karl Srkivanek / ÖMV Foto: Michael Mössmer / http://www.oesterreichfotos.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 28 Österreich, Europa und die Welt

„Auf der Fahrt in den Prater konnte ich den Gästen auch vom 1895 entstandenen Wiener Themenpark ,Venedig in Wien‘ er- zählen“, so Oberst Skrivanek. „Damit fan- den die unvergeßlichen Tage unseres Aufent- haltes in Venedig im April 2014 quasi ihre Fortsetzung und ich konnte nun unsere Erleb- nisse in der Königin der Meere, der Sere- nissima, mit der Erinnerung an diesen Park ergänzen.“ Eine Fahrt mit dem Riesenrad wurde für alle Gäste zum Erlebnis. „Ich dachte mir im Stillen, daß Gäste aus dem Ausland kommen müssen, um den Wienern wieder einmal na- hezubringen, wie lebens- und liebenswert unsere Stadt doch ist“, so der ÖMV-Präsi- dent. „Eine Rundfahrt mit dem bekanntesten

Riesenrad der Welt, einer Meisterleistung Foto: Karl Srkivanek / ÖMV der Ingenieurskunst des 19. Jahrhunderts und Ein Blick auf die faszinierende Konstruktion des 1897 eröffneten Riesenrads der einzigartige Blick über Wien machen es seit mehr als 100 Jahren zu einem kulturel- len und architektonischen Höhepunkt für jeden Besuch in Wien. Und das fanden auch unsere Gäste, macht doch der Panorama- blick mit der Silhouette der Stadt im Hin- tergrund das ,Erlebnis Riesenrad‘ unvergeß- lich. Es ist seit der Eröffnung 1897 weithin sichtbares Wahrzeichen von Wien und Sym- bol des Wiener Praters. Der englische Inge- nieur Walter Basset hatte 1869 die Idee, im mittlerweile in der gesamten Monarchie be- kannten ,Venedig in Wien‘ ein Riesenrad zu errichten und nach nur achtmonatiger Bau- zeit wurde es nach erfolgreichen Probefahr- ten am 3. Juli 1897 der Öffentlichkeit über- geben. Die Wiener strömten in Scharen her- bei, um ihre Stadt aus luftiger Höhe zu be- staunen“, erzählte Oberst Skrivanek. „Es überstand, anders als in London, Blackpool, Präsident Karl Skrivanek zeigt, »wie lebens- und liebenswert unsere Stadt ist.« Paris und Chicago, Naturkatastrophen und kriegerische Auseinandersetzungen. Schon bald, nachdem die gesamte Technik und alle Waggons im Jahr 1945 durch Feuer und Bom- ben zerstört worden waren, begann sich das Riesenrad – als Symbol für den Wiederauf- bau der Stadt – wieder zu drehen. Und es erfreut sich ungebrochener Beliebtheit. Als Schauplatz zahlreicher Filme wie ,Der dritte Mann‘ oder dem James Bond Film ,The living daylights‘ wurde es als Wahrzeichen von Wien weltberühmt. Um es mit den Wor- ten eines Wienerliedes zu sagen: ,Du liebes Riesenrad, wirst alles übersteh’n und dich noch hundert Jahr als Glücksrad dreh’n‘.“ Das Innere von Schloß Schönbrunn war den Gästen aus Zeitgründen leider verwehrt, so mußte man sich mit einem Spaziergang durch den Schloßpark und zur Gloriette zu- Foto: Karl Srkivanek / ÖMV Foto: ÖMV frieden geben, erweckte allerdings bei den Sabine Wegleitner mit ihrem quirligen zweijährigen Söhnchen Samuel

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 29 Österreich, Europa und die Welt

Gästen den Wunsch, bald wieder nach Wien zu kommen. Über das Belvedere und den Schwarzen- bergplatz ging es wieder zurück zum Aberti- naplatz und dann zu Fuß zum Haarhof, wo im Veranstaltungssalon des Palais Esterhazy das Mittagessen vorbereitet worden war. Während die Gäste weitere Besichtigun- gen vornahmen, waren Landtagspräsident Clodovaldo Ruffato mit Gattin und Landes- rat Giorgio Valente vom Flughafen abgeholt worden. Einen richtigen „Wiener Abend“ ver- brachte man gemeinsam im „Augustinerkel- ler“, wo auch die neu eingetroffenen Gäste – darunter die Gruppe der Marineinfanterie VANGAaus Pula – begrüßt wurden. Sie hat- ten eine lange Autofahrt in Kauf genommen. Im »Augustinerkeller« genoß man einen gemütlichen »Wiener Abend«. Der Nationalfeiertag begann für die Gä- ste am Heldenplatz – nach dem Besuch der hl. Messe – mit einem „friedlichen Angriff“ auf das Pressezentrum des Militärkomman- dos Wien, um einen Becher Kaffee zu ergat- tern, der die Lebensgeister erwecken sollte. Der österreichische Nationalfeiertag be- gann dann traditionell mit den Kranznieder- legungen in der Krypta und im Weiheraum am Heldenplatz. Bundespräsident Heinz Fischer und die Bundesregierung, angeführt von Bundeskanzler Werner Faymann, ge- dachten der Angehörigen des Österreichi- schen Bundesheeres, die im Dienst und Ein- satz verunglückt, verstorben oder gefallen sind bzw. der Opfer im Kampf für Öster- reichs Freiheit. Danach konnten die Gäste hochrangige Bundesheer-Offiziere, Diplomaten und An- gehörige der in Wien akkreditierten Bot- v.r.: Bundespräsident Heinz Fischer, Bundeskanzler Werner Faymann, Verteidigungs- schaften – vornehmlich Verteidigungsatta- minister Gerald Klug und der Chef des Generalstabs, General Othmar Commenda chés – treffen. Bereits zum 19. Mal jährte sich heuer die traditionelle Informations- und Leistungs- schau des Bundesheeres zum Nationalfeier- tag am Wiener Heldenplatz. „Das Österrei- chische Bundesheer steht vor gravierenden Kürzungen, trotzdem soll der Bevölkerung die Leistungsfähigkeit der Soldatinnen und Soldaten demonstriert werden“, so Brigadier Kurt Wagner, Wiener Militärkommandant, bei der heutigen Pressekonferenz. Bei den Reden der Vertreter aus Politik und Bundes- heer klangen Besorgnis, aber auch Zuver- sicht heraus: „So kam Verteidigungsminister

Gerald Klug nicht umhin, das Thema Bundes- Foto: Hannes Hochmuth / ÖMV heer-Sparkurs anzuschneiden“, so Präsident v.l.: Oberst i.G. Marco Centritto (Beigeordneter Verteidigungsattaché Italien), Skrivanek. Das Heer könne seine Aufträge Prof. Dieter Winkler (ÖMV), Großoberst Bing Zhang (Verteidigungsattaché China), Oberst Juan Carlos Vargas Carvajal (Verteidigungsattaché Kolumbien), Oberst trotz der massiven Einsparungen weiterhin Horia-Emanuel Mocioc (Verteidigungsattaché Rumänien) und Julian Soare (Bei- erfüllen. Klug betonte im Zusammenhang geordneter Verteidigungsattaché Rumänien)

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mit den aktuellen „gewaltigen Herausforde- rungen“, daß sich die Österreicher „auch in Zukunft zu 100 Prozent auf ihr Bundesheer verlassen“ könnten. Das Bundesheer werde weiterhin seine Aufträge getreu dem Motto „Schutz und Hilfe“ zur Zufriedenheit unse- rer Bevölkerung erfüllen, sei es bei Katastro- phen, dem Schutz kritischer Infrastruktur oder bei der Luftraumsicherung. Das Bun- desheer erfülle mit 1055 SoldatInnen im Aus- landseinsatz auch einen wichtigen Beitrag für die Sicherheit Europas, so der Minister. Im Anschluß an die Teilnahme an den Feierlichkeiten fanden sich die Gäste zu einer ökumenischen Andacht in der Michae- lerkirche ein, wo am Marinedenkmal der verstorbenen, verunglückten oder gefallenen Kameraden gedacht wurde. „Kameraden vom ÖMV, den internatio- Foto: Hans Müller / ÖMV nalen Delegationen, vom Bundesheer und Bundespräsident Heinz Fischer mit Gästen von der kroatischen Delegation aus Pula vom Attachékorps waren gekommen, so sa- hen wir z.B. S.E. den Botschafter von Kroa- tien und die Militär/-Verteidigungsattachés von Deutschland, Italien, Japan und Rumä- nien. Vom Bundesheer gab uns u.a. der stv. Militärkommandant von Wien, Oberst Ger- hard Skalvy, die Ehre“, so Präsident Skriva- nek. Die Andacht wurde vom röm.kath. Mil Diakon, Geistlicher Rat Oberst Wilhelm Hold, vom Pfarrer der Michaelerkirche, Pater Peter Van Meijl SDS, vom evang. MilSenior Mi- chael Lattinger und Vater Alexander Lapin von der orthodoxen Kirche zelebriert. Der vielen schon von der Feier in der Kirche San Biaggio, Venedig, bekannte Countertenor Ivo Majer sang das „ Quae moerebat et dolebat“ aus Pergolesi’s „Stabat Mater“ und das „Ave Maria“ von Caccini und wurde von Orga- nistin Ruby begleitet. Den Zugang zur be- rühmten, 300 Jahre alten Sieber-Orgel hat- ten Manuel Schuen, der Regens Chori der Michaelerkirche, und Pater Peter für die aus China stammende Studentin von Prof. Vi- vian Weng-Skweres ermöglicht. Ein von der Marinemusik gespielter Cho- ral leitete dann zum eigentlichen Gedenken über und zu Ansprachen von Diakon Oberst Wilhelm Hold und seinen Conzelebranten über, die die Tragödien der Kriege besonders plastisch aufzeigten. Nachdem auch Oberst Skrivanek der ver- storbenen Kameraden gedachte, folgten besondere Worte des Gedenkens von S.E. Botschafter Gordan Bakota, Botschafter von Kroatien, in deutscher Sprache vortrug und gleich die „kroatische Übersetzung“ für die Kameraden von VANGA anbot.

Foto: Hannes Hochmuth / ÖMV Admiral Rudy Guastadisegno, der Direk- Kranzspenden am Marinedenkmal in der Michaelerkirche tor des Museo Storico Navale in Venedig,

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 31 Österreich, Europa und die Welt der Admiral Paolo Pagnottella, den Präsi- denten der A.N.M.I., vertrat, ging u.a. auf die „völkerverbindende“ Idee der internatio- nalen Partnerschaften ein, wie sie vorbild- lich vom ÖMV gepflegt würden. Seine ita- lienische Ansprache wurde simultan von Sandor Habsburg-Lothringen ins Deutsche übersetzt. Daraufhin folgte dann die Niederlegung der vier Kränze durch A.N.M.I. Gruppo P. Foscari, Venedig, der Marineinfanterie VANGA, Pula, der Bulgarian Naval Con- federation – BNC, Varna, und des ÖMV. Dazu erklangen „Ich hatt‘ einen Kamera- den“ und „Il Silenzio“, gespielt von der Ma- rinemusik unter Kplm. Reinhold Novotny. Damit endete die Gedenkandacht und man fuhr mit dem „Redbus“, den Firmenchef Gabriel Borochov für die Fahrten an diesem In der Michaelerkirche (in der Mitte v.r.) Pfarrer Pater Peter van Meijl, Kathol. besonderen Tag kostenlos zur Verfügung ge- Militärdiakon Geistlicher Rat Oberst Wilhelm Hold und Mil. Senior Michael Lattinger stellt hatte, zum Heeresgeschichtlichen Mu- seum (HGM), wo im Marinesaal die ÖMV- Ausstellung der k.u.k. Schiffsmodelle von Ernst Oppel besichtigt wurden, die das Mi- litärkommando Niederösterreich auf beson- dere Bitte aus St. Pölten zum HGM gebracht hatte – wofür Oberst Skrivanek Brigadier Rudolf Striedinger ausdrücklich dankte. Ne- ben den Modellen waren in der Ausstellung noch weitere maritime Leckerbissen zu se- hen, so hatte auch z.B. Christian Ysopp vom Adria-Yacht-Center, förderndes ÖMV-Mit- glied, einen Informationstand eingerichtet. „An dieser Stelle will ich nun nochmals den Kameraden danken, die in all den Tagen die Vorbereitung und Durchführung der Veran- staltung sichergestellt haben und ich bitte die Kameraden Herwig Brun, Gerfried Stefan- son, Hans Müller, Wolfgang Steinhardt, Ernst Beim Festakt im Heeresgeschichtlichen Museum Oppel, Erich Krenslehner, Kameradin Wal- traud Laschitz und Rudolf Assmus nochmals vor den Vorhang“, so Oberst Skrivanek. Im Marinesaal hatte inzwischen die Marine- musik Stellung auf der Empore bezogen und erfreute die Gäste mit einem flotten Konzert. Einen weiteren Höhepunkt stellte dann die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft „an unsere verdienten Freunde Sandor und Herta Margaret Habsburg-Lothringen mit Dekret“ dar, die ihnen vom ÖMV-Präsidium zuer- kannt wurde. Sie hätten sich auch bei dieser Veranstaltung wieder als zuverlässige Part- ner erwiesen“, so der ÖMV-Präsident. Der Präsident des venezianischen Part- nerverbandes, Cav. Raffaele Pinto, hatte auf Pergament gedruckte Urkunden vorbereitet, mit deren Unterzeichnung die „Gemellag- gio“ mit dem ÖMV besiegelt wurde. Fotos: Hannes Hochmuth / ÖMV Der ÖMV-Präsident hatte besondere Schil- Herta Margaret und Sandor Habsburg-Lothringen und Oberst Karl Skrivanek

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 32 Österreich, Europa und die Welt Foto: Hannes Hochmuth / ÖMV v.l. Ivo Majer, Gerfried Stefanson mit der ÖMV-Flagge, Nathalie v. Kostial mit kroatischen Kameraden, Michael Salvator Habs- burg-Lothringen, Kplm. Reinhold Novotny, Herta und Sandor Habsburg-Lothringen, Präsident Oberst dhmtD Karl Skrivanek und Ulrike Habsburg-Lothringen

der entworfen und bei einem spezialisierten Prof. Skrivanek, für den „Transport“ mit zwei Kaiservilla. Dem Wunsch nach einer Sacher- Maler herstellen lassen – diese wurden nun PKW sorgten. torte und italienischem Café konnte dann dem Präsidenten des Landtages des Veneto In Bad Ischl angekommen, wurde man leicht beim „Zauner“ in der Stadt nachge- übergeben, auch wurden weitere Gastge- von Ehg. Markus Salvator Habsburg-Loth- kommen werden. schenke ausgetauscht. Mit dem Marsch „Oh ringen und seiner Gattin Ehgin Hildegard Dann aber war endgültig die Stunde des Du mein Österreich“ wurde die Feier im Ma- empfangen und durch die Räume geführt, Abschieds gekommen, die Gäste kehrten rinesaal geschlossen, der Nationalfeiertag die einst von den Ur-Großeltern des Erzher- voll der Eindrücke und zufrieden nach Vene- fand seinen Ausklang bei einem gemeinsa- zogs (in diesem Rahmen sicher die einzig dig zurück – ein ereignisreicher, harmoni- men Abendessen in den „Arsenalstuben“. richtige Anrede) Kaiser Franz Josef I. und scher und partnerschaftlich geprägter Besuch Der Abend war aber nicht nur dem guten Kaiserin Elisabeth bewohnt wurden. war zu Ende gegangen. „ Essen gewidmet, sondern gab Gelegenheit, Da der Zeitplan sehr eng gesetzt war – http://www.marineverband.at die in den vergangenen Tagen entstandene die Gastgeber Markus und Hildegard Habs- http://www.bundesheer.at Freundschaft weiter zu vertiefen, Projekte burg-Lothringen mußten bereits um 12:30 h http://www.hgm.at für die Zukunft zu schmieden und Kame- zum Flughafen nach Salzburg aufbrechen – http://www.kaiservilla.at raden des ÖMV für ihren Einsatz zu danken. übernahm Ehg Sandor den Gang durch die Quelle: Österreichischer Marineverband So erhielt nun Ernst Oppel für die Präsenta- tion seiner einmaligen Modelle von Oberst Skrivanek ebenfalls das speziell für diese Veranstaltung hergestellte Partnerschafts- Schild. „Bei dieser Gelegenheit erzählte ich auch von der von Kamerad Oppel in Lavena am Lago Maggiore gezeigten Ausstellung seiner Schiffsmodelle und ich bot Admiral Guastadisegni eine Ausstellung im Museo Storico Navale in Venedig an. Er ist ja der Direktor des Museums und Redakteur der Zeitschrift ,Gentiluomini di Mare‘, die von den Soci del Circolo Ufficiali Marina Mili- tare di Venezia herausgegeben wird.“ Am Vormittag des 27. Oktober wurde dem Landtagspräsidenten noch ein besonde- rer Wunsch erfüllt: Begleitet von seiner Gat- tin und Landesrat Giorgio Valente fuhr man in die Kaiservilla nach Bad Ischl, wobei die Foto: Hans Müller / ÖMV neuen Ehrenmitlieder des ÖMV, Ehg Sandor In der Kaiservilla in Bad Ischl (v.l.): Landesrat Roberto Valente, Jörg und Herta Margaret Habsburg-Lothringen, Landtagspräsident Clodovaldo Ruffato, Präsident und Ehgin Herta Margaret Habsburg-Lothrin- Oberst dhmtD Karl Skrivanek, Markus Salvator Habsburg-Lothringen, Maria Pog- gen und ihr Sohn Jörg, begleitet von Präsident gese und Sandor Habsburg-Lothringen. Auf dem Bild: Kaiser Franz Josef I.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 33 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014« Gedenken an den Ersten Weltkrieg

jährt sich der Aus- bruch des Ersten Welt- 2014kriegs zum hundert- sten Mal – ein denkwürdiges Datum, das nicht nur Anlaß zum besonderen Gedenken an die Opfer des Krieges bietet, sondern auch ein Anstoß zur Reflexion über den langen Weg hin zu einem friedlichen Europa sein sollte: über die Fortschritte der letzten hun- dert Jahre und über die weiteren Schritte, die wir noch setzen müssen. Anläßlich des Gedenkjahres 2014 ist eine ganze Reihe von Veranstaltungen in Öster- reich und Europa geplant. Dabei ist es Öster- reich sehr wichtig, daß die Veranstaltungen eine vorwärts gerichtete pro-europäische Haltung wiedergeben und daß ein Bezug zur Gegenwart hergestellt wird. Man will über einen bloßen Akt der Erinnerung und Grä- ber- und Denkmalpflege hinausgehen und vielmehr einen Perspektivenwechsel anre- gen – hin zu einer Erweiterung nationaler Perzeptionen und zur Entwicklung eines ge- meinsamen europäischen Geschichtsver- ständnisses. Den Planungen für das Gedenkjahr liegt eine enge interministerielle Zusammenarbeit zugrunde: VertreterInnen des Bundeskanz- leramts, von Außen- (BMeia), Innen-, Ver- teidigungs-, Unterrichts und Wissenschafts- ministerium sind an den Vorbereitungen be- teiligt. Ein Kreis prominenter österreichi- scher HistorikerInnen hat im Auftrag dieser Ressorts ein Grundlagenpapier zum Ersten Weltkrieg erarbeitet. Dieses enthält Grund- züge einer österreichischen Betrachtungswei-

se auf Basis des aktuellsten Forschungsstan- Foto: http://anno.onb.ac.at/ des und stellt nicht zuletzt auch eine Infor- »Die Heerführer Österreich-Ungarns im Kriegsfalle« titelte 25. Juli 1914 das in mationsgrundlage für die österreichischen Wien erschienene »Interessante Blatt«. Im Bildtext sind deren Namen aufgelistet: Vertretungsbehörden im Ausland dar. »Der zur Disposition des Allerhöchsten Oberbefehls gestellte rangälteste Armee- Inspektor G.d.J. Erzherzog Friedrich« (Mitte, die anderen beginnen links oben im Das „Österreich Journal“ freut sich, daß Uhrzeigersinn) Armee-Inspektor FZW Oskar Potiorek, G.d.R. Rudolf Ritter von Dank der Initiative des BMeiA die Histori- Brudermann, der Chef des Generalstabs G.d.J. Conrad Freiherr von Hötzendorf, kerInnen zugestimmt haben, daß wir Ihnen, G.d.J. Liborius Ritter von Frank, Marinekommandant Admiral Anton Haus, G.d.J. sehr geehrte LeserInnen, diese Sammlung in Moritz Ritter von Auffenberg und Kriegsminister FZM Alexander v. Krobatin Form einer Serie das Jahr hindurch zur Lek- BMeiA im Rahmen des Gedenkjahres 2014 Das Gedenken an den Ausbruch des türe anbieten können. Wir werden sie durch ernannt. Durch Koordination und vor allem Ersten Weltkriegs wird einen Schwerpunkt Berichte über Ausstellungen und Veranstal- wechselseitige internationale und nationale der österreichischen Auslandskulturarbeit im tungen ergänzen. Information über geplante und laufende Pro- Jahr 2014 darstellen. Veranstaltungen mit ös- Im September 2012 wurde Botschafter jekte möchte das BMeiA eine Optimierung terreichischer Beteiligung werden u.a. in i.R. Christian Prosl, zuletzt österreichischer und inhaltliche Kohärenz der österreichi- Belgien, Bosnien und Herzegowina, Frank- Botschafter in Washington, DC, als Koordi- schen Veranstaltungen im Ausland sicher- reich, Großbritannien, Kroatien, Litauen, nator für die Betreuung der Projekte des stellen. Polen, Rußland, Schweden, der Schweiz,

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 34 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014«

Serbien, der Tschechischen Republik, der Türkei, Ungarn, der Ukraine und den Ver- einigten Staaten stattfinden. Dabei spannt sich der Bogen von Ausstellungen über Konferen- zen und wissenschaftliche Symposien bis zu Bildungsinitiativen und vielem mehr. Eine eigens entwickelte Wanderausstellung mit dem Titel „Das Jahr 1914 – Bewegte Ruhe vor dem Sturm“, die die Entwicklungen in Österreich unmittelbar vor Ausbruch des Er- sten Weltkriegs in Politik, Gesellschaft, Kunst und Kultur beleuchtet, wird in mehreren Or- ten im Ausland Station machen. Zu den geplanten österreichischen Ge- denkveranstaltungen im Ausland zählt ein Konzert der Wiener Philharmoniker in Sara- jewo am 27. Juni 2014, dem 100. Jahrestag des Attentats auf Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gemahlin Sophie. Das Konzert wird die erste öffentliche Veranstaltung in der neu wiedereröffneten Vijeænica sein (sie wurde 1892–1894 nach Plänen des österreichischen Architekten Alexander Wittek als Rathaus Sarajewos erbaut und beherbergte nach 1948 die National- und Universitätsbibliothek. Im Bosnienkrieg stark zerstört, wurde sie in den letzten Jahren – auch mit Unterstützung der Republik Österreich und der Stadt Wien – wiederaufgebaut und komplett neu reno- viert.) Die von der österreichischen Botschaft in Sarajewo mitveranstaltete internationale wissenschaftliche Tagung „The long shots of Sarajevo“ wird sich ebenfalls den folgen- schweren Ereignissen im Juni 2014 widmen. Nicht nur im Ausland, sondern selbstver- ständlich auch in Österreich ist eine Vielzahl von kulturellen und wissenschaftlichen Pro- Foto: http://anno.onb.ac.at/ grammpunkten geplant. So steht der Erste Im Bildtext zur Titelseite des »Wiener Salonblatts« hieß es: »Gen. d. Inf. Erzher- Weltkrieg beispielsweise im Mittelpunkt zog Friedrich, der am 4. Juni 1856 zu Groß-Seelowitz geborene Sohn weiland des Erzherzogs Karl Ferdinand und der Erzherzogin Elisabeth verwitw. gewes. Erzher- einer Ausstellung auf der Schallaburg unter zogin von Österreich-Este geb. Erzherzogin von Österreich wurde zur Disposition dem Titel „Jubel & Elend – Leben mit dem des Oberbefehles Sr. Majestät gestellt und gleichzeitig vom k k. Landwehr-Ober- Großen Krieg 1914-1918.“ Die Ausstel- kommando enthoben.« »Lieber Herr Vetter…«, schrieb Kaiser Franz Joseph, »In Ihrer Eigenschaft als rangältester Armeeinspektor stelle Ich Sie zur Disposition lungsräume im Heeresgeschichtliche Museum meines Oberbefehls…« Wien werden neu konzipiert, um mit geogra- fischen, zeitlichen und thematischen Schwer- und das Ende der Habsburgermonarchie Darüber hinaus werden sich im Gedenk- punkten ein umfassendes Bild der damaligen 1914-1918“ wurde bereits am 19. September jahr 2014 wissenschaftliche Konferenzen, Ereignisse zu zeigen. Auf Schloß Artstetten 2013 im RadioKulturhaus in Wien vorge- Symposien, Filmprojekte, Forschungspro- gibt es neben der dem Leben von Erzherzog stellt. Christa Hämmerle beleuchtet in ihrem gramme, Bildungsinitiativen… mit dem Franz Ferdinand gewidmeten Daueraustel- ebenfalls im Herbst des Jahres erschienenen Ersten Weltkrieg auseinandersetzen. lung „Für Herz & Krone“ die Sonderschau Buch „Heimat/Front“ Geschlechtergeschich- Die meisten der Projekte im In- und Aus- „Vom Machthunger zur Friedenskultur – te/n des Ersten Weltkrieges in Österreich- land sind in der Vorbereitungsphase und 100 Jahre nach dem Tod des Thronfolgers" Ungarn. Die Akademie der Wissenschaften werden in den kommenden Wochen und Mo- zu sehen, die die Geschichte aus der Sicht- schließlich wird mit der Publikation „Welt- naten konkrete Gestalt annehmen. Sie sind weise Franz Ferdinands beleuchtet. kriegsstatistik Österreich-Ungarn 1914-1918. daher eingeladen, in regelmäßigen Ab- Mehrere Publikationen werden verschie- Bevölkerungsbewegung, Humanverluste, ständen die Website des BMeiA zu besu- dene Themen rund um den Ersten Weltkrieg Kriegswirtschaft“ erstmalig und umfassend chen, um sich über den aktuellsten Stand der beleuchten. Um stellvertretend nur einige da- wesentliche Daten zu Österreich-Ungarn im Planungen zu informieren und alle Termine von zu nennen: Das neue Werk von Man- Ersten Weltkrieg gesammelt und strukturiert zu informieren: fried Rauchensteiner „Der Erste Weltkrieg zugänglich machen. http:// www.bmeia.gv.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 35 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014« Nachwirkungen der »Fronterfahrung« des Ersten Weltkriegs auf die Entwicklung Österreichs in der Zwischenkriegszeit Beitrag aus einem Grundlagenpapier, das auf Initiative des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres mit sechs anderen Ressorts bei namhaften österreichischen WissenschaftlerInnen in Auftrag gegeben wurde. Teil 11 der Serie: Von Verena Moritz*) © Österreichische Nationalbibliothek / »anno« Die Titelseite der Nachmittagsausgabe der »Neuen Freien Presse« vom 11. November 1918 verkündet den Rücktriltt Kaiser Karls von den Regierungsgeschäften. Dieser Verzicht ermöglichte die Gründung der »Republik Deutschösterreich«. Sie können die gesamte Zeitung hier lesen: http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=nfp&datum=19181111&ref=anno-search&query=&provider=P02

ach dem Zusammenbruch der Donau- Siegermächten vorgebrachten Friedensbe- nunmehrige Rückstufung zum unbedeuten- Nmonarchie schrumpfte Österreich zu dingungen, die unter anderem das Zusam- den „Zwergstaat“ zu suchen. Dieser Reflex einem Kleinstaat, der sich in Anbetracht sei- mengehen mit dem ehemaligen Bündnispart- vergiftete nicht nur das innenpolitische ner Herauslösung aus dem großen Wirt- ner untersagte, vornehmlich als Opfer. Hi- Klima, sondern prägte auch den Blick auf schaftsgefüge der ehemaligen Habsburger- storikerInnen sehen in Analogie zu den Ent- das „Ausland“: Die neu entstandenen Natio- monarchie für nicht lebensfähig hielt. Die Re- wicklungen nach dem Zweiten Weltkrieg nalstaaten, die aus dem ehemaligen Habs- publik Deutschösterreich, die ihre Zukunft eine „erste Opferthese“, die dazu beitrug, burgerreich hervorgegangen waren, wurden vom „Anschluß“ an Deutschland abhängig das Geschehene nur partiell als selbsttätig nicht selten als „Verräter“ empfunden, und machte, sah sich in Anbetracht der von den mitgestaltete Vergangenheit zu betrachten. die Siegermächte machte man nicht zuletzt Der vielfach traumatisch empfundene Ver- für die prekäre wirtschaftliche Lage verant- *) Mag. Dr. Verena Moritz ist – unter anderem – Lehrbeauftragte am Institut für Geschichte an der lust des „Großmachtstaates“ trug nicht un- wortlich. Österreich mutierte darüber hinaus Universität Wien wesentlich dazu bei, nach Schuldigen für die gewissermaßen zum „Labor“ eines Kampfes

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 36 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014« der Weltanschauungen. Der „Kalte Krieg“, ser Entwicklung. Doch ist die zu beobach- der nun geführt wurde, konzentrierte sich tende „Militarisierung“ eine unmittelbare freilich auf die „inneren Feinde“, jene, die – Folge des Ersten Weltkriegs? Und wie steht abhängig vom jeweiligen Standpunkt – die es um die oft ins Treffen geführte „Brutali- „Niederlage“ verschuldet hatten. Aber nicht sierung“ der Gesellschaft insgesamt und ge- nur die österreichische Variante der „Dolch- wisser Gruppen im Speziellen? Ist auch die- stoßlegende“ erhitzte die Gemüter. Bereits se Form der Radikalisierung als lineare Ent- bestehende politisch-ideologische Gegensät- wicklung seit dem Ersten Weltkrieg zu be- ze, die mit der Russischen Oktoberrevolu- greifen? Antworten auf diese Fragen fallen tion 1917 eine neue Dimension erhalten hat- im Lichte neuer Forschungen sehr viel diffe- ten, erfuhren nach 1918 eine permanente Ver- renzierter aus als früher und betonen bei- tiefung. Sie rekurrierten auch auf eine bereits spielsweise die Notwendigkeit, die unter- vor dem Zusammenbruch des Habsburger- schiedlichen sozialen Milieus der ehemali- reiches politisch motivierte „Kriegsmüdig- gen Kämpfer verstärkt im Auge zu behalten. keit“, die sich unter anderem mit den Frie- Daraus wiederum ergibt sich ein Befund, der densparolen der Bolschewiki verband. beispielsweise die längerfristigen Auswir- Die österreichische Geschichte der Zwi- kungen von Fronterfahrungen auf Soldaten, schenkriegszeit ist geprägt von der Unver- die aus dem ländlichen Raum stammen, eher söhnlichkeit der politischen Lager, die sich gering veranschlagt. In dieser Lesart ist das Foto: privat Verena Moritz zunehmend gewaltbereit zeigten. Die An- Kriegserlebnis keine einschneidende Zäsur fang der 1920er-Jahre entstandenen Wehr- der Frontgeneration. Ob sich diese Behaup- lesen läßt, die „Traditionspflege“ betrieben, verbände, die als „verlängerter Arm“ der po- tung tatsächlich am Ausmaß der Beteiligung ist allerdings fraglich. Nichtsdestoweniger litischen Kräfte agierten, sind Symptom die- von Soldaten an organisierten Verbänden ab- erscheint die unter diesen Vorzeichen zu be- obachtende „Erinnerungsverweigerung“ vie- Verena Moritz, Hannes Leidinger ler Soldaten bemerkenswert. Eine gewichti- Oberst Redl ge Bedeutung kommt in diesem Zusammen- hang außerdem den Erinnerungskulturen Der Spionagefall, der Skandal, die Fakten und ihren Konjunkturen zu: Die mitunter bis lfred Redl, Offizier des Generalstabs Selbstmord verhinderte die vollständige zum Pazifismus reichende Kriegsmüdigkeit Aund im Geheimdienst Seiner Majestät Aufklärung eines Skandals von europäi- und die Verurteilung des Krieges, welche die Franz Josephs I., verkaufte brisante militä- scher Tragweite – und lieferte Stoff für ersten Nachkriegsjahre kennzeichneten, wur- rische Geheimnisse des Habsburgerreiches Mythen und Legenden. den in Österreich von einer mit Beginn der an Rußland, Italien und Frankreich. Mit 100 Jahre danach begeben sich Verena 1920er Jahre einsetzenden „konservativen dem Lohn für den Verrat finanzierte er sein Moritz und Hannes Leidinger auf eine Wende“ abgelöst, die ehemaligen k. u. k. Of- Luxus- und Liebesleben. Doch Redls spannende Spurensuche: Welche Daten fizieren einen unverhältnismäßigen Stellen- wechselten den Besitzer? Stand Redl an wert in der Ausdeutung des Kriegserlebnis- der Spitze eines feindlichen Agentennet- ses zugestand. Diese blieben auf eine Sinn- zes? Was waren seine Motive? Welche gebung des verlorenen Krieges fixiert, die Auswirkungen hatte sein Verrat auf den sich zudem für politisch-weltanschaulich Verlauf des Ersten Weltkrieges? Die bei- aufgeladene Botschaften eignete. Die Kluft den Historiker bringen sensationelles Ar- zwischen Offizieren und Soldaten, die gleich chivmaterial zum Sprechen und lassen nach Kriegsende grell zutage trat, wurde nach eines der rätselhaftesten Kapitel der öster- und nach gewissermaßen abgeschwächt. Die reichischen Geschichte in neuem Licht er- schließlich auch seitens einfacher Soldaten scheinen. gezeigte Akzeptanz einer Überhöhung des Wissenschaftsbuch des Jahres, Katego- Krieges, einer „Lobpreisung“ der „patrioti- rie Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaften schen Gesinnung“ und einer Überbetonung der Kameradschaft, wie sie von den ehema- Verena Moritz ligen k. u. k. Offizieren propagiert wurde, be- Hannes Leidinger werten HistorikerInnen aber nicht unbedingt Oberst Redl als Ausdruck einer unumschränkten Zustim- Der Spionagefall, der Skandal, die Fakten mung, sondern als Bekenntnis zum Wunsch 320 Seiten, Abbildungen nach einer Form der Anerkennung der im Hardcover, 24,90 € Krieg erbrachten „Leistungen“ und „Opfer“. 2012, Residenz Verlag Aus den Wirkungen und Folgen der von im Niederösterreichischen Pressehaus den Soldaten ausgeübten und erlittenen Ge- ISBN: 3-7017-3169-1 walt seien, so einige ForscherInnen heute, keine einseitigen Kontinuitätslinien zu zie- Sie können das Buch hier online bestellen: http://www.residenzverlag.at/?m=30&o=2&id_title=1552 hen. Bei aller Differenzierung, die hier not-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 37 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014« wendig erscheint und unter anderem die je- nach 1919 infolge problematischer Grenz- Jahresübersicht der Beiträge weiligen Instrumentalisierungen des „Front- ziehungen unbefriedigt gebliebenen nationa- erlebnisses“ seitens politischer Kräfte mit- len Bedürfnisse, die ihrerseits militärische 1 Motivenbericht und Einleitung einbeziehen muß, sind Gewalterfahrungen Auseinandersetzungen heraufzubeschwören Ausgabe 127 / E: 03.02.2014 auch abseits kriegerischer Auseinanderset- drohten. In diesem Sinne muß auch für die 11. Österreich-Ungarn und der Erste zungen im Regelfall als lebensgeschichtliche Geschichte Österreichs nach 1918 der Erste Weltkrieg. Ein Überblick Zäsuren zu begreifen. Eine Verdichtung sol- Weltkrieg mitsamt seinen auf die Zeit da- Von Manfried Rauchensteiner cher Erfahrungen kann durchaus als Faktor nach verweisenden Konfliktpotentialen als Ausgabe 127 / E: 03.02.2014 wahrgenommen werden, der Gesellschaften wirkmächtiges Element erkannt werden, das 12. Über die Kriegsschuld beeinflußt und prägt – radikalisierende Ten- einer friedlichen Beilegung vorhandener Ge- Von Helmut Konrad denzen inbegriffen. Hinzu tritt das bereits gensätze allzu häufig entgegenwirkte. „ Ausgabe 128 / E: 27.02.2014 während des Krieges und als Folge der Um- 13. Demokratie, Krieg und Frieden. wälzungen in Rußland zu gewärtigende voll- Literaturhinweis: Anmerkungen zu den Rahmen- ständige Auseinanderbrechen in konservati- Oswald Überegger: Der Erste Weltkrieg bedingungen des Ersten Weltkriegs ve und revolutionäre Kräfte, das über den Österreich und die Tiroler Kriegserinnerung in Von Anton Pelinka „herkömmlichen“ Krieg einen viel weiter der Zwischenkriegszeit, reichenden Konflikt legte und solcherart der Ausgabe 129 / E: 27.03.2014 kartoniert, 1164 Seiten in zwei Bänden 14. „Das Befreiende der mutigen Tat“: Ausübung von Gewalt eine neue Form der ISBN: 978-3-7030-0416-2 Legitimation mitgab. Ähnliches gilt für die Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2007 Die „dunkle“ Seite der Wiener Moderne um 1914 Verena Moritz Von Oliver Rathkolb Ausgabe 130 / E: 30.04.2014 geboren 1969 in Eisenstadt, studierte Russi- Information für exemplarische 15. Soziale Militarisierung sche und Geschichte an der Universität Wien. Bildungsmedien für die „Öster- Von Christa Hämmerle Sie ist Leiterin mehrerer internationaler Wis- reich-Box 1896-1995“ des Ausgabe 131 / E: 30.05.2014 senschaftsprojekte, Ausstellungskuratorin, Filmarchivs Austria 16. Der Krieg und die Medien Mitglied der österreichisch-russischen Histo- 2013 Wissenschaftsbuch des Jahres für Von Wolfgang Maderthaner rikerkommission, Lehrbeauftragte an der die Publikation „Oberst Redl“ Ausgabe 132 / E: 30.06.2014 Universität Wien und Projektleiterin im Ös- terreichischen Staatsarchiv Aktuelle Veröffentlichungen 17. Fronterfahrung Von Helmut Konrad Verena Moritz/Julia Köstenberger/ Forschungsschwerpunkte Ausgabe 133 / E: 31.07.2014 Aleksandr Vatlin/Hannes Leidinger/Karin Geschichte Rußlands bzw. der Sowjetunion, 18. Kriegführung und humanitäre Spionage- und Militärgeschichte, Diploma- Moser: Folgen tiegeschichte bzw. Geschichte der internatio- Gegenwelten. Von Verena Moritz nalen Beziehungen, Erster Weltkrieg, Film- Aspekte der österreichisch-sowjetischen Ausgabe 134 / E: 28.08.2014 geschichte, Österreichische Geschichte im Beziehungen 1918-1938 19. Frauen- und Geschlechter- St. Pölten/Salzburg/Wien 2013 20. Jahrhundert, Geschichte der Habsburger- geschichte des Ersten Weltkriegs monarchie, Kriegsgefangenenforschung, An- Von Christa Hämmerle und Verena Moritz/Hannes Leidinger: tisemitismus Gabriella Hauch Flüchtlingslager in Osteuropa im Ersten Ausgabe 135 / E: 13.10.2014 Preise und Auszeichnungen Weltkrieg. Erschließung, Positionierung und Skizzierung einer halb erkundeten 10. Folgen des Ersten Weltkriegs 2004 Werner Hahlweg Förderpreis des Von Stefan Karner Bundesamtes für Wehrtechnik und Themenlandschaft, in: Christoph Jahr/Jens Ausgabe 136 / E: 06.11.2014 Beschaffung/Wehrwissenschaftliche Thiel (Hg.): Lager vor Auschwitz. Gewalt 11. Nachwirkungen der „Front- Abteilung der Deutschen Bundes und Integration im 20. Jahrhundert. Berlin erfahrung“ des Ersten Weltkriegs wehr (Koblenz/D) 2013, S. 177-196. 2004 Böhlau-Preis der Akademie der auf die Entwicklung Österreichs Wissenschaften für die Publikation Verena Moritz in der Zwischenkriegszeit „Gefangenschaft, Revolution, Kriegsgefangene in Wien im Ersten Von Verena Moritz Heimkehr“ Weltkrieg Ausgabe 137 / E: 01.12.2014 2006 Preisträgerin der Theodor Kery- in: Alfred Pfoser/Andreas Weigl (Hg.): 12. Der Erste Weltkrieg im Gedächt- Stiftung (Burgenland) für eine Im Epizentrum des Zusammenbruchs. nis Österreichs und (Zentral- Studie zur Geschichte des Kinos im Wien im Ersten Weltkrieg. Wien 2013, Europas – Gedächtnistraditionen Burgenland S. 104-113. in (transnationaler Perspektive 2006 Preisträgerin des Theodor Körner Von Heidemarie Uhl Fonds (Wien) für eine Studie zu Verena Moritz/Hannes Leidinger Ausgabe 138 / E: 23.12.2014 Feindbildern/Österreich-Rußland Oberst Redl. Anm.: Die Erscheinungstermine können um bis zu 2010 Comenius EduMedia Medaille der Der Spionagefall, der Skandal, die Fakten. drei Tage verschoben werden. Die Redaktion. Gesellschaft für Pädagogik und St. Pölten - Salzburg - Wien 2012

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Chronik des Ersten Weltkriegs mit besonderer Berücksichtigung Österreich-Ungarns

1914 12. August: 23. Januar: 28. Juni: Kriegserklärung Großbritanniens an Öster- Winterschlacht in den Karpaten (bis Ende Ermordung des österreichisch-ungarischen reich-Ungarn März). Schwere Verluste des österrei- Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand chisch-ungarischen Heeres und seiner Gemahlin Sophie in Sarajevo 23. August: Beginn der Schlacht von Krasnik (bis 25. 6. Februar: 23. Juli: August). Erster Erfolg von k. u. k. Truppen Rumänisch-italienisches Defensivbündnis Befristete Demarche Österreich-Ungarns an Serbien Kriegserklärung Japans an das Deutsche 22. März: Reich und Beginn der Belagerung von Kapitulation der österreichisch-ungari- 25. Juli: Tsingtau (Einnahme am 7. November 1914) schen Festung Przemysl Abbruch der diplomatischen Beziehungen Österreich-Ungarns zu Serbien. Beginn 26. August: 22. April: der Generalmobilmachung in Serbien Beginn der Schlacht bei Komarów (bis Erster Einsatz von Chlorgas durch deut- 1. September). Sieg der k. u. k. Truppen sche Truppen im Gebiet von Ypern 28. Juli: 25. April: Kriegserklärung Österreich-Ungarns an 27. August: Beginn der alliierten Landungen im Serbien Kriegserklärung Japans an Österreich- Ungarn Dardanellengebiet (Halbinsel Gallipoli) 29. Juli: 26. April: Teilmobilmachung in Rußland 2. September: Eroberung von Lemberg durch russische Londoner Vertrag zwischen Italien und der Entente 30. Juli: Truppen Beginn der Generalmobilmachung in 2. Mai: Rußland 8. September: Zweite Offensive österreichisch-ungari- Beginn der Durchbruchsschlacht von Tarnów-Gorlice 31. Juli: scher Verbände gegen Nordwest- und Westserbien Deutsches Ultimatum an Rußland 4. Mai: Aufkündigung des Dreibundvertrages 22. Oktober: 1. August: durch Italien Kriegseintritt des Osmanischen Reiches an Beginn der Mobilmachung in Frankreich der Seite der Mittelmächte und im Deutschen Reich. Deutsche 7. Mai: Kriegserklärung an Rußland Versenkung des britischen Passagier- 16. November: dampfers „Lusitania“ durch ein deutsches Beginn der dritten österreichisch-ungari- U-Boot 3. August: schen Offensive gegen Serbien Deutsche Kriegserklärung an Frankreich. 23. Mai: Neutralitätserklärungen Italiens und 1. Dezember: Rumäniens Kriegserklärung Italiens an Österreich- Schlacht bei Limanowa-Lapanów führt Ungarn zum Rückzug zweier russischer Armeen 4. August: (bis 15. Dezember) Deutscher Einmarsch in das neutrale 3. Juni: Przemysl von deutschen und österrei- Belgien. Kriegserklärung Großbritanniens 2. Dezember: chisch-ungarischen Truppen wieder- an das Deutsche Reich Einnahme Belgrads durch k. u. k. Truppen erobert

05. August: 3. Dezember: 22. Juni: Kriegserklärung Montenegros an Öster- Beginn der serbischen Gegenoffensive Lemberg von deutschen und österrei- reich-Ungarn chisch- ungarischen Truppen wieder 15. Dezember: befreit 06. August: Rückzug der letzten österreichisch-ungari- Kriegserklärung Serbiens an das Deutsche schen Truppen von serbischem Gebiet 23. Juni: Reich. Kriegserklärung Österreich- Beginn der ersten Isonzoschlacht Ungarns an Rußland 1915 (bis 7. Juli) 13. Januar: 11. August: Ablösung des Grafen Leopold Berchtold 17. Juli: Kriegserklärung Frankreichs an Öster- durch Stephan Graf Burián von Rajecz als Beginn der zweiten Isonzoschlacht reich-Ungarn k. u. k. Minister des Äußern (bis 10. August)

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26. August: 29. Februar: 22. September: Beginn der „schwarz-gelben“ Offensive Besetzung von Nordalbanien durch Ver- Beginn der Gegenoffensive deutscher und gegen Rußland bände des k. u. k. Heeres abgeschlossen österreichisch-ungarischer Truppen in Siebenbürgen 6. September: 11. März: Abschluß einer Militärkonvention zwi- Beginn der fünften Isonzoschlacht 9. Oktober: schen dem Deutschen Reich, Österreich- (bis 16. März) Beginn der achten Isonzoschlacht Ungarn und Bulgarien (bis 12. Oktober) 16. März: 6. Oktober: Schwere Kämpfe im Adamello-Gebiet, 21. Oktober: Offensive deutscher und österreichisch- Sprengung des Col di Lana Der k. u. k. Ministerpräsident Karl Graf ungarischer Verbände gegen Serbien. Stürgkh wird von Friedrich Adler erschos- Feststellung des gemeinsamen Ministerrats 15. Mai: sen. Nachfolger Stürgkhs wird Ernest von in Wien, wonach die nationale Struktur Beginn der österreichisch-ungarischen Koerber und der staatsrechtliche Aufbau Österreich- Südtiroloffensive („Strafexpedition“) Ungarns keine Gebietserweiterungen ver- 31. Oktober: tragen würden. 31. Mai: Beginn der neunten Isonzoschlacht (bis 4. Seeschlacht im Skagerrak November) 8. Oktober: Eroberung von Belgrad 4. Juni: 5. November: Beginn der russischen Sommeroffensive Proklamierung eines selbstständigen 14. Oktober: (Brusilov-Offensive). Bis 31. August Königreichs Polen durch das Deutsche Kriegserklärung Bulgariens an Serbien schwere Verluste des k. u. k. Heeres Reich und Österreich-Ungarn

18. Oktober: 6. bis 22. Juni: 21. November: Beginn der dritten Isonzoschlacht Blockade Griechenlands durch die Entente; Tod Kaiser Franz Josephs I. Sein (bis 5. November) am 21. Juni Demobilisierung der griechi- Nachfolger wird Kaiser Karl I schen Armee 10. November: 6. Dezember: Beginn der vierten Isonzoschlacht 16. Juni: Eroberung von Bukarest durch Truppen (bis 11. Dezember) Ende der Schlacht in Südtirol der Mittelmächte 25. November: 29. Juni: 12. Dezember: Niederlage des serbischen Heeres auf dem Erster Giftgaseinsatz österreichisch- Friedensangebot der Mittelmächte an die Amselfeld (Kosovo polje). Rückzug der ungarischer Truppen im Raum Görz Serben über Montenegro nach Albanien Alliierten (am 30. Dezember abgelehnt) (bis 26. Februar) 4. August: Beginn der sechsten Isonzoschlacht 18. Dezember: Dezember: (bis 17. August). Görz von italienischen Vergeblicher Friedensaufruf des amerika- Friedensinitiativen der sogenannten Meinl- Truppen erobert nischen Präsidenten Woodrow Wilson Gruppe 23. August: 20. Dezember: 1916 Kriegserklärung Italiens an das Deutsche Ottokar Graf Czernin neuer k. u. k.- 4. Januar: Reich Minister des Äußern Österreichisch-ungarische Offensive gegen Montenegro 27. August: 1917 Kriegserklärung Rumäniens an Österreich- Januar bis Mai: 8. Januar: Ungarn. Beginn einer rumänischen Vertrauliche Friedensangebote Kaiser Räumung der Halbinsel Gallipoli durch die Offensive gegen Siebenbürgen Karls an die Alliierten durch Prinz Sixtus Alliierten von Bourbon-Parma (vgl. 12. April 1918). 28. August: Italien lehnt Verhandlungen über einen 11. Januar: Kriegserklärung des Deutschen Reichs an Sonderfrieden ab Besetzung des Lovcen-Massivs (Monte- Rumänien negro) durch österreichisch-ungarische 12. Januar: Truppen September: Kronrat unter dem Vorsitz Kaiser Karls: Schwere Versorgungsprobleme in der Integrität der Monarchie, weitgehende 23. Januar: österreichischen Reichshälfte Existenzmöglichkeiten für Serbien, Bedingungslose Kapitulation Monte- 1. September: Annäherung an Rußland; Status quo in der negros. K. u. k. Truppen beginnen den Kriegserklärung Bulgariens an Rumänien polnischen Frage Einmarsch in Albanien 21. Februar: 14. September: 1. Februar: Beginn der Schlacht um die Festung Beginn der siebten Isonzoschlacht Beginn des uneingeschränkten U-Boot- Verdun in Nordfrankreich (bis 17. September) Kriegs

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 40 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014«

27. Februar: Einsatz einer tschechischen Brigade bei 1. Februar: General der Infanterie Arz von Straußen- Zborów im Rahmen der Kerenskij- Matrosenrevolte im k. u. k. Kriegshafen burg löst Generaloberst Conrad von Offensive von Cattaro. Nach der Niederschlagung Hötzendorf als Chef des Generalstabes ab vier Todesurteile vollstreckt 16. bis 18. Juli: Bildung eines gemeinsamen Ernährungs- Bolschewistischer Aufstand in St. Peters- 9. Februar: ausschusses für beide Reichshälften, der burg scheitert Friedensvertrag der Mittelmächte mit der dem Kaiser direkt unterstellt ist Ukrainischen Volksrepublik 20. Juli: 12. März: Vertrag von Korfu zwischen Serben und 28. Februar: Beginn der (bürgerlichen) Revolution in Kroaten über die Errichtung eines König- K. u. k. Truppen beteiligen sich am Rußland reiches der Serben, Kroaten und Slowenen Einmarsch in die Ukraine

15. März: 18. August: Ende Februar: Zar Nikolaj II. von Rußland dankt ab Kaiser Karl will die 14 Punkte Wilsons mit Beginn der elften Isonzoschlacht Einschränkungen anerkennen (bis 13. September) 6. April: Kriegserklärung der USA an das Deutsche 3. März: Reich 24. Oktober: Friedensvertrag von Brest-Litowsk zwi- Beginn der zwölften Isonzoschlacht. schen den Mittelmächten und Rußland 19. bis 21. April: Deutsche und österreichisch-ungarische Englisch-französisch-italienische Konfe- Truppen erzielen einen Durchbruch bei 14. März: renz in Saint-Jean-de-Maurienne. Ein Flitsch und Tolmein. In der Folge Vor- Besetzung Odessas durch Verbände der Sonderfrieden mit Österreich-Ungarn wird marsch bis an den Piave Mittelmächte abgelehnt 07. November: 21. März: 23. April: Beginn der bolschewistischen Revolution Deutsche Frühjahrsoffensive in Belgien Kriegszielbesprechung in Bad Kreuznach in Rußland und Frankreich (bis 17. Juli) zwischen dem Deutschen Reich und Öster- reich-Ungarn 20. bis 29. November: 1. April: Alliierter Großangriff bei Cambrai mit Der erste Luftpostverkehr der Welt wird 12. Mai: „Tanks“ auf der Strecke Wien – Olmütz – Krakau – Zehnte Isonzoschlacht (bis 5. Juni) Lemberg – Kiew aufgenommen 3. Dezember: 15. Mai: Beginn von Waffenstillstandsverhandlungen 8. April: Seegefecht in der Otrantostraße zwischen den Mittelmächten und Rußland Kongreß der unterdrückten Völker (Öster- (Waffenstillstand am 15. Dezember. reich-Ungarns) in Rom (bis 11. April) 30. Mai: Beginn von Friedensverhandlungen am Wiederzusammentritt des österreichischen 22. Dezember) 12. April: Reichsrats Der französische Ministerpräsident 7. Dezember: Clemenceau veröffentlicht den (ersten von 10. Juni: Kriegserklärung der USA an Österreich- zwei) „Sixtusbriefen“. Kaiser Karl leugnet Italienische Offensive im Gebiet der Ungarn ihn ab. Der Minister des Äußern, Czernin, Sieben Gemeinden (Ortigaraschlacht; bis tritt zurück 29. Juni) Waffenstillstand zwischen den 25. April: Mittelmächten und Rumänien in Focsani 15. Juni: Heimkehrermeutereien in Böhmen, Moritz Graf Esterházy Nachfolger Graf Mähren und Galizien (bis 5. Juli) Tiszas als ungarischer Ministerpräsident 1918 7. Mai: 3. bis 25. Januar: Abschluß des Friedensvertrages von 27. Juni: Streikbewegung in Österreich-Ungarn. Bukarest zwischen den Mittelmächten und Griechenland tritt der Entente bei Nach und nach sind über 700.000 Arbeiter Rumänien 29. Juni: im Ausstand Offensive des russischen Heeres in 12. Mai: Weißrußland (Kerenskij-Offensive) 6. Januar: Kaiser Karl in Spa: Vereinbarung über ein „Dreikönigsdeklaration“ der tschechischen enges politisches, militärisches und wirt- 02. Juli: Abgeordneten zum österreichischen schaftliches Bündnis mit dem Deutschen Kriegserklärung Griechenlands an das Reichsrat Reich Deutsche Reich, Österreich-Ungarn, Bulgarien und das Osmanische Reich. 8. Januar: Meutereien in Judenburg, Murau, Fünf- Kaiser Karl erläßt eine Amnestie für politi- Friedensbotschaft von US-Präsident kirchen, Rumburg und Radkersburg (bis sche Delikte Wilson („14 Punkte“) 24. Mai)

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 41 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014«

30. Mai: Friedensnote Österreich-Ungarns an Anschluß der polnischen Gebiete Öster- Vertrag von Pittsburgh (USA) zwischen US-Präsident Wilson reich-Ungarns an den polnischen Staat dem tschechischen Emigrantenführer T. G. Masaryk und amerikanischen 6. Oktober: Slowakenführern Konstituierung eines Nationalrats der 30. Oktober: Slowenen, Kroaten und Serben in Zagreb Einrichtung eines provisorischen Staatsrats 10. Juni: und einer deutschösterreichischen Versenkung des k. u. k. Großkampf- 14. Oktober: Regierung schiffes „Szent István“ vor der Insel Konstituierung einer tschechoslowaki- Premuda schen Regierung in Paris 31. Oktober: 15. Juni: 16. Oktober: Übergabe eines Großteils der k. u. k. Beginn der Piaveoffensive. Die letzte Völkermanifest Kaiser Karls Kriegsmarine an den südslawischen Staat Offensive des k. u. k. Heeres scheitert innerhalb von Tagen 18. Oktober: Wilson lehnt die österreichisch-ungarische Der ehemalige ungarische Ministerpräsi- dent István Graf Tisza wird ermordet 6. Juli: Friedensnote ab Beginn der alliierten Offensive in Albanien 21. Oktober: 01. November: Konstituierung einer provisorischen 17. Juli: Versenkung des (ehemaligen) k. u. k. Nationalversammlung Deutschösterreichs Zar Nikolaj II. wird mit seiner Familie Flaggenschiffes „Viribus Unitis“ durch ita- von Bolschewisten erschossen 23. bis 26. Oktober: lienische Haftminen Besuch des Kaiserpaars Karl und Zita in 8. August: Debrecen. Der ungarische Reichstag Bildung einer selbstständigen ungarischen Schlacht von Amiens (bis 11. August). beschließt die Bildung eines Nationalrats Beginn des Zusammenbruchs der deut- Regierung unter Graf Mihály Károlyi. schen Front in Frankreich 24. Oktober: Serben besetzen Belgrad Beginn der alliierten Offensive am Piave 9. August: Rücktritt Buriáns. Graf Gyulá Andrássy 2. November: Anerkennung der Tschechoslowakei als d. J. wird letzter k. u. k. Minister des Rücktritt des letzten österreichisch-ungari- kriegführende Nation durch Großbritannien Äußern schen Ministers des Äußern Graf 14. September: 27. Oktober: Andrássy. Friedensnote Kaiser Karls „An alle“ Bildung der letzten kaiserlich-österreichi- schen Regierung unter Heinrich 3. November: 15. September: Lammasch Abschluß des Waffenstillstands zwischen Alliierte Offensive an der Mazedonien- front (bis 29. Oktober) 28. Oktober: Österreich-Ungarn und den Alliierten in Proklamation eines selbstständigen tsche- der Villa Giusti (am 4. November in Kraft 18. September: choslowakischen Staates in Prag getreten) Beginn der alliierten Offensive in Palästina

26. September: Masaryk proklamiert in Paris einen selbst- ständigen tschechoslowakischen Staat 29. September: Waffenstillstand zwischen Bulgarien und den Alliierten

Generalfeldmarschall Hindenburg verlangt von der deutschen Reichsregierung Schritte zum Abschluß eines Waffenstillstands

1. Oktober: Beginn der Räumung Albaniens durch österreichisch-ungarische Truppen

3. Oktober: Beginn der Räumung Serbiens durch deutsche und österreichisch-ungarische Truppen Siehe: »Österreich Journal« pdf-Magazin, Ausgabe 128 vom 27. Feber 2014

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 42 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014« Wir spielen Krieg. Die Kindheit vor 100 Jahren Schloß Hof, das Sommerschloß Prinz Eugens, widmet sich in seiner Schau dem 1. Weltkrieg ausschließlich aus der Perspektive der Kinder.

ei strahlendem Sonnenschein und som- Bmerlichen Temperaturen lud Schloß Hof am 4. November zur Eröffnung der Winter- ausstellung „Wir spielen Krieg. Die Kindheit vor 100 Jahren“ im Bäckenhof, gleich neben der Kinder- und Familienwelt. Damit öffnet das Sommerschloß Prinz Eugens erstmals auch in der kalten Jahreszeit bis Ende März an den Wochenenden seine Tore. Eröffnet wurde die Schau, die sich als einzige in Österreich im Jubiläumsjahr mit dem Ersten Weltkrieg ausschließlich aus der Perspektive der Kinder beschäftigt, nach der Begrüßung durch Hausherrin Barbara Goess von Bundesminister a.D. Werner Fasslabend und Anita Hohenberg von Schloß Artstetten, die als Vertreterin der Leihgeber sprach. Ku- ratorin Alma Hannig erläuterte den histori- schen Kontext der Schau. Die festliche Mu- sik trug das Ensemble der Universität für Stellvertretend für die vielen Ausstellungsstücke (oben): das »Erzherzog Friedrich Musik und darstellende Kunst in Wien bei. Spiel« und (unten) »Der grosse Krieg. Ein deutsches Volks- und Kinderbuch« Barbara Goess, Geschäftsführerin der Marchfeldschlösser, betonte in ihrer Begrüs- sung die Bedeutung der erstmaligen Winter- öffnung von Schloß Hof, die eine wichtige Weiterentwicklung für das beliebte Aus- flugsziel im Marchfeld darstellt. Sie übergab das Wort an Bundesminister a. D. Werner Fasslabend, der wesentlichen Anteil daran hat, daß der Prachtbau heute zu den Top- Attraktionen Niederösterreichs zählt. Fasslabend brachte als ehemaliger Verteidigungsminister berufliche Affinität zum Thema gerade dieser Ausstellung zur Sprache. „Wir spielen Krieg. Die Kindheit vor 100 Jahren“ paßt besonders gut nach Schloß Hof, das immer einen starken militä- rischen Bezug hatte. Erbauer war ein Feld- herr, 1788 wurde auf dem Gelände eine Zuchtanstalt für Militärpferde eingerichtet, 1899 folgte ein „Militärreit- und Fahrlehrer- institut“, das auf das Training und den Ein- Fotos: Schloß Hof / Dieter Nagl satz von Pferden und Wagen im militäri- re Herausforderung darstellte. Am Ende sei- Anita Hohenberg, Hausherrin auf Schloß schen Manöver, insbesondere für die Artille- ner Rede verwies Werner Fasslabend noch- Artstetten und Buchautorin, sprach als Ver- rie, spezialisiert war und bis zum 1. Welt- mals darauf, daß im 1. Weltkrieg fast jede treterin der zahlreichen privaten Leihgeber krieg bestand. Zu den kuriosen Episoden Familie von der Katastrophe betroffen war. der Ausstellung. Als Urenkelin von Thron- gehört die Marineakademie, die bei Aus- Die Auswirkungen auf die Kinder, deren folger Franz Ferdinand erzählte sie sehr per- bruch des 1. Weltkrieges von Pula ins March- Väter nicht mehr nach Hause kamen oder sönliche Erinnerungen aus der Familienge- feld verlegt wurde, was für die Marine- deren Onkel verstümmelt den Krieg überleb- schichte. Sophie, Max und Ernst, die Kinder soldaten vor allem klimatisch eine besonde- ten, verdienen besondere Aufmerksamkeit. von Franz Ferdinand und Sophie, waren 13,

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 43 Österreich, Europa und die Welt – »1914 – 2014« © SKB Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft Kriegspropaganda: »Lieb Vaterland magst ruhig sein, sind wir auch noch ein bißchen klein So könen wir doch schon fleßig stricken und unsern Soldaten Strümpfe schicken

12 und 10 Jahre alt, als sie durch das Attentat Kinderspielzeug und Fotografien. Die Dar- März 2015 jeweils an Wochenenden und von Sarajewo zu Vollwaisen wurden. Damit stellung des Krieges steht dabei im Vorder- Feiertagen von 10 bis 16 Uhr geöffnet, für waren sie persönlich besonders von der grund, wobei – darauf verwies Alma Hannig Gruppen jederzeit gegen Voranmeldung. Weltgeschichte betroffen, wenn sie auch zur ausdrücklich – Kriegsspielzeug auch in Gratis Shuttle-Bus von/bis zum Bahnhof privilegierten Bevölkerungsschicht zählten. Friedenszeiten bis heute fixer Bestandteil in Marchegg. An den geöffneten Tagen finden Kuratorin Alma Hannig wies auf die Her- den Spielzeugkatalogen ist. Führungen, Workshops für Kinder sowie ausforderung hin, daß vor allem wertbestän- Die Ausstellung ist bis 16. November Ponyreiten bzw. Eselstriegeln statt. „ diges Spielzeug aus bürgerlichen und adeli- 2014 und dann wieder von 1. Jänner bis 15. http://www.schlosshof.at gen Familien erhalten ist. Die Spielsachen in Arbeiterkreisen waren oft improvisiert, aus den billigsten Materialien wie Papier oder alten Stoffen hergestellt und nur für den tem- porären Gebrauch gedacht. Daher hat sich kaum etwas davon erhalten. Die Ausstellung beginnt, so Alma Han- nig, mit einer Darstellung der Jugend um die Jahrhundertwende. Eigentlich hegte man große Hoffnungen für die Zukunft der jun- gen Menschen, das 20. Jahrhundert wurde zunächst aufgrund zahlreicher Reformen im Bildungswesen zum „Jahrhundert der Kind- heit“ erklärt. Die Schulausbildung wurde ge- nerell verbessert, pädagogische Reformbe- strebungen boomten. All dies fand mit Aus- bruch des Krieges ein radikales Ende. Die-

sen Wandel im Weltbild dokumentiert die Foto: Schloß Hof / Dieter Nagl Schau im Bäckenhof anhand zahlreicher de- v.l.: Ausstellungseröffnung mit GF Barbara Goess, Werner Fasslabend (Bundes- taillierter Exponate wie Postkarten, Bücher, minister a.D.), Anita Hohenberg (Schloß Artstetten) und Alma Hannig (Kuratorin)

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 44 Innenpolitik Würde am Ende des Lebens Noch große Lücken bei Hospiz- und Palliativversorgung – Enquete- Kommission berät Finanzierung eines ausreichenden Angebots und Grundfrage der Selbstbestimmung Foto: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Christian Hofer Bei der zweiten Enquete-Kommission: am Präsidium Nationalratsabgeordnete Gertrude Aubauer; Auf der Regierungsbank v.l.: Karl Bitschnau (Vizepräsident des Dachverbands Hospiz Österreich), Herbert Watzke (Leiter der Klinischen Abt. für Palliativ- medizin AKH Wien), Elisabeth Pittermann-Höcker (Fachärztin für Innere Medizin), Andreas Khol (Präsident Österreichischer Seniorenrat), Rudolf Edlinger (Vizepräsident Österreichischer Seniorenrat), Karlheinz Wiesinger (Ärztlicher Leiter CS Hospiz Rennweg), Peter Braun (Direktor St. Virgil Salzburg), Eringard Kaufmann (Generalsekretärin Österreichische Arbeitsgemein- schaft für Rehabilitation) und Markus Mattersberger (Präsident Bundesverband der Alten- und Pflegeheime Österreich)

n ihrer ersten öffentlichen Sitzung ging die nen befürwortet. Eingestimmt auf das The- IEnquete-Kommission zum Thema „Wür- ma wurden die Anwesenden durch einen Film de am Ende des Lebens“ am 7. November im mit berührenden Bildern aus dem Hospiz Parlament auf die komplexe inhaltliche Di- „Göttlicher Heiland“. mension der Fragestellung ein. Wie aktuell und brisant diese ist, zeigte sich nicht nur an Bures: Dieses letzte große Tabu den mehr als 600 im Vorfeld eingegangenen kann nur in gefestigter Demokratie Stellungnahmen und am voll besetzten Ple- diskutiert werden narsaal des Nationalrats, sondern auch an den Die Notwendigkeit, dieses sensible am Beginn stehenden Impulsreferaten. Sie Thema im Parlament breit und öffentlich zu bescheinigten der österreichischen Gesetz- diskutieren, unterstrichen eingangs die Vor- gebung, grundsätzlich für gute und klare Re- sitzende der Enquete-Kommission Gertrude gelungen gesorgt zu haben, bedauert wurde Aubauer (ÖVP) sowie Nationalratspräsiden- allerdings, daß Instrumente wie die Patien- tin Doris Bures, die die Anwesenden auch tenverfügung oder die Vorsorgevollmacht in persönlich begrüßte und damit die Bedeu- Gesundheitsangelegenheiten viel zu wenig ge- tung dieses Themas unterstrich. nützt werden. Der Tod gehöre zu den letzten großen Kritik gab es an der mangelnden Ver- Tabus in unserer Gesellschaft, sagte sie. Es sorgung mit Hospiz- und Palliativangeboten, stelle sich die Frage, wie wir sicherstellen, verbunden mit dem Appell, so rasch wie daß Menschen ihren individuellen Bedürf- möglich finanzielle und strukturelle Hürden nissen gemäß den Lebensabend in Würde

zu überwinden. Aktive Sterbehilfe, wie sie in Foto: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Jacqueline Godany verbringen können und ob sich Würde in anderen europäischen Ländern erlaubt ist, Nationalratspräsidentin Doris Bures diesem Zusammenhang allgemein verbind- wurde von keiner und keinem der ExpertIn- bei der ersten Enquete-Kommission lich definieren läßt, umriß Bures die The-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 45 Innenpolitik menpalette der Enquete-Kommission. Wei- mit 307 Betten fehlen 129 Betten. Bei den 44 ters sei zu klären, welchen Beitrag die Hos- mobilen Palliativteams gibt es einen zusätz- piz- und Palliativmedizin leisten kann, ob lichen Bedarf von 18 solcher Teams, außer- die Patientenverfügung bestmöglich geregelt dem leben diese in großer finanzieller Un- ist oder ob es einen Nachbesserungsbedarf sicherheit. Die 87 Hospizbetten decken laut gibt. Nicht zuletzt stelle sich auch die Frage, Bitschnau nur 1/3 des geschätzten Bedarfs ob es ein selbstbestimmtes Leben ohne ab. Zusätzlichen Bedarf gibt es zudem bei selbstbestimmtes Sterben geben kann, aber der Tageshospiz. Bitschnau machte auch ein- auch, wo das Recht auf Selbstbestimmung gehend darauf aufmerksam, daß man in der beginnt und wo es enden soll. Hospiz- und Palliativversorgung für Kinder Derartige Themen können und sollen nur und Jugendliche sowie für junge Erwach- in einer gefestigten Demokratie mit einer sene erst am Anfang stehe, auch hier fehle es ausgeprägten Rechtsstaatlichkeit wie in Ös- an der Finanzierung. Dem schlossen sich auch terreich diskutiert werden, stellte Bures fest. die Abgeordneten Gerald Loacker (Neos) Ihr sei es daher ein großes Anliegen, diesen und Katharina Kucharowits (SPÖ) an. Als politischen Diskussionsprozeß nicht hinter positive Entwicklung bewertete Bitschnau verschlossenen Türen zu führen, sondern in die Tatsache, daß Palliativ- und Hospiz-Care breiter Öffentlichkeit. Sie verband damit die in den regulären Pflegeeinrichtungen ange- Hoffnung, auch wieder mehr Menschen für kommen ist. Politik und demokratische Partizipation NR-Abgeordnete Gertrude Aubauer, Vorsitzende der Enquete-Kommission begeistern zu können. Forderung nach einem „Niemand soll alleingelassen werden“, konkreten Stufenplan bekräftigte die Vorsitzende der Enquete-Kom- Aufgrund dieser Situation forderte mission, Gertrude Aubauer. Es sei höchst an Bitschnau nachdrücklich die Ausarbeitung der Zeit, sich damit eingehend auseinander- eines Stufenplans bis zum Jahr 2015, um zusetzen, wie man mit Menschen in ihrer spätestens 2020 Palliativ- und Hospizange- letzten Lebensphase würdevoll umgeht. Die bote für alle Menschen, die dieses Angebot darauffolgende Diskussion hatte dann einen brauchen, erreichbar, leistbar und zugäng- breiten Konsens darüber ergeben, daß die lich zu machen. Dieser Plan sollte noch vor Hospiz- und Palliativversorgung für alle ver- dem Sommer des nächsten Jahres dem Par- fügbar sein muß. lament vorgelegt und die Umsetzung durch In der zweiten Enquete-Kommission ging jährliche Berichterstattung überprüft wer- es am 25. November dann darum, wie man den, so der Vorschlag des Experten. Das set- dieses Erfordernis umsetzen kann – weshalb ze auch eine rasche und verbindliche Klä- sie in 3 Themenblöcke aufgeteilt war, wobei rung der Finanzierung sowie der Frage vor- sich der erste dem Status quo der Hospiz- aus, welche Versorgung durch die Sozialver- und Palliativversorgung und einer Bedarfs- sicherung geleistet werden soll. analyse widmete. Des weiteren sollten die Erfordernisse in Ausbildung und Praxis kon- Palliativmedizinische Zusatzausbildung kretisiert werden. Schließlich wurde das Fotos: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Christian Hofer von Ärztinnen und Ärzten Thema „Begleitung zu Hause“ näher erör- Karl Bitschnau, Vizepräsident des Aus der Praxis sprach auch der Palliativ- Dachverbands Hospiz Österreich tert. mediziner vom AKH Wien, Herbert Watzke. Alle waren sich einig, daß es weder vom mission die zentrale Aufgabe, diese beiden Eine Studie habe eindeutig ergeben, daß pal- finanziellen Hintergrund noch vom Wohnort Punkte einer Klärung zuzuführen, so der all- liativmedizinische Betreuung die Lebens- abhängen darf, wie man das Ende seines gemeine Tenor. qualität der Betroffenen signifikant verbes- Lebens verbringt und versorgt wird. Die zen- sere, diese weniger depressiv seien und auch trale Frage liegt bei der Finanzierung, vor Hospiz- und Palliativversorgung wesentlich seltener auf Intensivstationen allem im Hinblick auf Budgetkonsolidierung finanziell schlecht abgesichert stürben. Watzke sprach sich daher für die und die Kompetenzlage sowohl zwischen In seiner Analyse über den Status quo der Schaffung einer speziellen palliativmedizini- Bund und Ländern als auch zwischen So- Hospiz- und Palliativversorgung ortete Karl schen Zusatzausbildung von Ärztinnen und zialministerium und Gesundheitsresort. Auch Bitschnau, Vizepräsident des Dachverbands Ärzten aus. herrschte völlige Übereinstimmung in der Hospiz Österreich, einen „ Fleckerlteppich“. Hinsichtlich der Verankerung der Pallia- prinzipiellen Frage, daß die Selbstbestim- Von sechs Bausteinen in diesem Bereich sei tivmedizin in den Lehrplänen für Studie- mung des Einzelnen unantastbar ist, auch am nur einer durch eine Regelfinanzierung ab- rende der Medizin sei man in Österreich gut Ende des Lebens. Wie weit diese Selbst- gesichert, schilderte Bitschnau die prekäre aufgestellt, hielt Watzke fest. Palliativme- bestimmung am Ende des Lebens aber gehen Situation. So werde der Finanzbedarf für die dizin werde als Querschnittsmaterie ver- kann, das bedarf noch eingehender Erörte- 156 ehrenamtlichen Teams zum großen Teil pflichtend gelehrt. Auch bei der in Reform rung, wie aus den Wortmeldungen deutlich durch Spenden abgedeckt, man brauche aber befindlichen ärztlichen Fachausbildung sei wurde. Jedenfalls habe die Enquete-Kom- mehr Mittel. Auf den 36 Palliativstationen die Palliativmedizin als verpflichtender Teil

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 46 Innenpolitik in vielen Fachbereichen verankert. Die Re- Finanzierung – eine zentrale Frage form beginne aber erst mit 2015, womit man Auch die Abgeordneten nahmen die Vor- bis 2021 warten müsse, bis die ersten Ärz- schläge von Bitschnau und Watzke positiv tinnen und Ärzte mit der neuen Grundlage auf. Man war sich einig, daß die Finanzie- ausgestattet sind. Das sei aber eine lange rung die zentrale Frage darstellt, um den Zeit, gab Watzke zu bedenken und unter- Bedarf an Palliativ- und Hospizangeboten strich mehrmals die Notwendigkeit einer sicherzustellen. Michaela Steinacker von der palliativmedizinischen Zusatzausbildung. ÖVP sprach in diesem Zusammenhang von bereichsübergreifenden Lösungen und der Die Gesellschaft muß Notwendigkeit, die vorhandenen Strukturen Rahmenbedingungen schaffen zu verbessern und effizient zu gestalten. Die Forderungen der beiden Experten Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) meinte, wurden vom ehemaligen Präsidenten des es sei zu überlegen, wo die Hospizbetreuung Nationalrats und nunmehrigen Präsidenten am besten angesiedelt werden soll. Jeden- des Österreichischen Seniorenrats, Andreas falls sei der Palliativgedanke durchgehend Khol, sowie vom ehemaligen Finanzminister zu verankern. und Vizepräsidenten des Österreichischen Seniorenrats, Rudolf Edlinger, und von der Selbstbestimmung bis Herbert Watzke ans Ende des Lebens ehemaligen Nationalratsabgeordneten und Palliativmediziner vom AKH Wien Fachärztin für innere Medizin, Elisabeth Pit- Sowohl Khol als auch Edlinger gingen in termann-Höcker voll inhaltlich unterstützt. ihren Wortmeldungen eingehend auf die Palliativmedizin sei das humanste, sagte Pit- Selbstbestimmung des Einzelnen ein, wobei termann, der Staat sei dafür verantwortlich, Khol davon ausging, daß auf keinen Fall im daß Menschen in jeder Hinsicht nach ihren letzten Lebensabschnitt auf Menschen Druck jeweiligen Bedürfnissen bestens betreut wer- ausgeübt werden darf – etwa von ErbInnen, den. Die Kosten dafür dürften nicht höher von ÄrztInnen oder Pflegepersonal. Die freie sein, als bei einer normalen Krankenbehand- Selbstbestimmung des Menschen müsse bis lung. Die Frage, wie jemand aus dem Leben zum Ende dauern, konstatierte er. Edlinger scheiden möchte, sei ein gesellschaftspoliti- räumte seinerseits ein, daß er keine Antwort sches und ethisches Problem, merkte Edlin- darauf wisse, wie weit selbstbestimmtes ger an, die Gesellschaft müsse jene Rahmen- Sterben gehen könne. Von einigen Experten bedingungen schaffen, die der Würde am wurde in diesem Zusammenhang auch dar- Ende des Lebens entsprechen. Das bedeute auf hingewiesen, daß Menschen oft die umfassende Verfügbarkeit und ein flächen- Sorge belastet, anderen am Ende des Lebens deckendes Netz. Der ehemalige Finanzmini- zur Last zu fallen. ster thematisierte in diesem Zusammenhang Ähnlich äußerte sich Abgeordnete Danie- auch die Budgetknappheit und meinte dazu: la Musiol von den Grünen. Bei diesen Fra- „Wir müssen wissen, was wir wollen.“ Andreas Khol, Präsident des gen gehe es um Wertehaltungen und indivi- Khol wiederum appellierte an die Kom- Österreichischen Seniorenrats duelle Erfahrungen, sagte sie. Das mache es missionsmitglieder, in der Sozialversiche- schwierig, einen Weg zu finden, der für alle rung einen Rechtsanspruch auf hospiz- und gelten soll. Für sie steht daher fest, daß Rah- palliativmedizinische Betreuung zu veran- menbedingungen und klare Kompetenzen zu kern. Khol setzte sich auch vehement für schaffen sind, damit alle ihren letzten Weg einen leichteren Zugang zur Vorsorgevoll- selbstbestimmend gehen können. Selbstbe- macht ein und verlangte, daß die Kosten für stimmung ist ein Grundwert für jeden Men- die Patientenverfügung von den Kranken- schen, betonte auch Ulrike Königsberger- kassen zu tragen sind. Erforderlich dabei ist Ludwig von der SPÖ. Das habe auch am seiner Ansicht nach auch eine ärztliche Be- Ende des Lebens zu gelten sowie für die ratung, ferner hält es Khol für sinnvoll, eine Frage, wie man aus dem Leben scheidet. vorhandene Patientenverfügung im Rahmen Die Frage der Selbstbestimmung in der elektronischen Gesundheitsakte auf der Bezug auf das Lebensende wurde auch von E-Card zu vermerken. Er war darin eines Marianne Karner, Generalsekretärin der Sinnes mit Rudolf Edlinger. Zudem machte Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Khol darauf aufmerksam, daß die Reform Rehabilitation BIZEPS, aufgeworfen. Kri- der Sachleistungen bei der Pflege überfällig tisch merkte sie an, daß gerade bei Menschen sei. Es sei auch genau zu überlegen, was in mit Behinderung eine Tendenz bestehe, das einer Patientenverfügung drinnen stehen Fotos: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Christian Hofer Sterben schneller „zuzulassen“, als bei Per- darf und soll, gab Patientenanwältin Sigrid Rudolf Edlinger, Vizepräsident des sonen, denen man einen höheren gesell- Pilz zu bedenken. Österreichischen Seniorenrats schaftlichen Wert zumesse. Aktive Sterbe-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 47 Innenpolitik hilfe und assistierte Selbstmord seien daher Nachschulungen zu schicken. Die Kosten grundsätzlich abzulehnen. Die Erfahrung der liegen für sie in der Höhe von 35.000 bis Niederlande zeige nämlich, daß meist nicht 70.000 €. die Betroffenen, sondern ÄrztInnen und An- Dieser Aussage stimmte der Präsident des gehörige darüber entscheiden. Pflegeheime Bundesverbandes der Alten- und Pflege- dürften jedoch keine „Sterbehäuser“ für Men- heime Österreichs, Markus Mattersberger, schen mit Behinderung werden. Die Aus- zu. Die Schulungen des Personals seien nicht bildung müsse daher die Perspektiven der nur Teil des Organisationsentwicklungspro- Behinderten einnehmen und Verständnis da- zesses, sondern auch wichtig für die Persön- für schaffen, daß Behinderung nicht automa- lichkeitsentwicklung des Personals, sagte er. tisch mit „Leiden“ gleichzusetzen ist. Das Nur fachliche und soziale Kompetenz der könne nicht theoretisch erfolgen, sondern Betreuenden könne die Qualität der Be- brauche den direkten Umgang und Aus- treuung sichern, die ein würdevolles und tausch mit Menschen mit Behinderung bzw. schmerzfreies Sterben ermöglichen. mit chronischen Erkrankungen. Eringard Kaufmann, Generalsekretärin der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft Ausbildung und Praxis der Palliative für Rehabilitation, wie auch Marianne Karner Care muß soziale Kompetenzen stärken vom Verein „BIZEPS – Zentrum für Selbst- Elisabeth Pittermann-Höcker, Dringender Finanzbedarf herrscht auch in Fachärztin für innere Medizin bestimmtes Leben“, gingen auf die Bedürf- Bezug auf die Aus- und Weiterbildung im nisse von Menschen mit Behinderung in der Bereich der Palliative Care. In den Wort- Pflege ein. Sie bezogen sich dabei auf ein meldungen wurde daher die Notwendigkeit Verständnis von Behinderung, das diese bekräftigt, die Finanzierung flächendeckend nicht als Mangel der betroffenen Person auf- sicherzustellen. Konsens bestand darin, daß faßt, sondern in erster Linie als Mangel an ein breiter interdisziplinärer Ansatz notwen- Teilnahmemöglichkeit durch Barrieren. Ihre dig ist, sowohl in der MedizinerInnen- als Forderungen gehen dahin, daß die Rechte auch in der Pflegeausbildung. Aus- und Wei- von Menschen mit Behinderung, wie sie in terbildung müssen die Stärkung der sozialen der UN-Konvention definiert wurden, auch Kompetenz von MedizinerInnen und Pfle- zum Leitbild in der Palliativpflege und Pal- genden im Umgang mit Menschen mit Be- liativmedizin werden und auch in der Aus- hinderung, mit chronisch Kranken und mit und Weiterbildung aufgenommen werden. Sterbenden im Auge haben. Kaufmann stellte fest, die Frage des wür- Die Fähigkeit und Bereitschaft von digen Lebens sei für Menschen mit Behin- ÄrztInnen, auch über Fragen des Lebens- derung und chronisch Kranke nicht zuletzt endes zu reden, setze hohe Kompetenz in eine finanzielle Frage. Was die Teilhabe am vielen Themen voraus, die kein Teil der nor- allgemeinen Leben betrifft, so müsse hier die malen medizinischen Ausbildung sind, sagte Kompetenz der Medizin- und Pflegeberufe Karlheinz Wiesinger. Der ärztliche Leiter des Karlheinz Wiesinger, ärztlicher erhöht werden und die Ausbildung auf eine Hospiz Rennweg ist der Ansicht, Palliative Leiter des Hospiz Rennweg Veränderung der Gesprächskultur im Um- Care müsse als multidisziplinärer Pflegean- gang mit Menschen mit Behinderung abzie- satz in allen Spitälern angeboten werden. Sein len. Dazu müsse die Ausbildung auch Einhei- Resümee war, daß gute Strukturen bereits ten umfassen, in denen Selbsterfahrung mög- vorhanden sind, das Angebot aber noch nicht lich ist, denn nur so könne soziale Kompe- flächendeckend ist und teilweise nur durch tenz nachhaltig erlernt werden, so Kaufmann. Spenden aufrechterhalten werden kann. Not- Die Aussagen über die Wichtigkeit der wendig sei ein Rechtsanspruch auf Leistun- Aus- und Weiterbildung im Bereich der gen der Palliativpflege aus der allgemeinen Palliativmedizin und -pflege und ihrer ent- Sozialversicherung, sagte Wiesinger. sprechenden finanziellen Ausstattung wurde Peter Braun, Direktor des Bildungszen- von den Abgeordneten Eva Mückstein (Grü- trums St. Virgil in Salzburg, sah eine beson- ne), Franz-Joseph Huainigg (ÖVP), Dagmar dere Notwendigkeit von Weiterbildungs- Belakowitsch-Jenewein (FPÖ), Gerald Loa- maßnahmen für die Begleitung von Sterben- cker (Neos) und Katharina Kucharowits den in den psychosozialen und spirituellen (Team Stronach) geteilt. Berufen. Die Fortbildung der vielen Freiwil- ligen im Bereich der Palliativpflege sowie Nicht nur PatientInnen, sondern auch des Personals in den Alten- und Pflegehei- Angehörige brauchen Unterstützung men müsse besser unterstützt werden, for- Fotos: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Christian Hofer Viele PatientInnen wollen ihre letzte Zeit derte er. Vor allem für Heime sollten Anreize Peter Braun, Direktor des zu Hause verbringen. Dazu bedarf es einer geschaffen werden, ihr Personal zu diesen Bildungszentrums St. Virgil professionellen Unterstützung nicht nur der

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 48 Innenpolitik

Karlheinz Wiesinger, ärztlicher Peter Braun, Direktor des Marianne Karner, BIZEPS-Zentrum Leiter des Hospiz Rennweg Bildungszentrums St. Virgil für Selbstbestimmtes Leben

Betroffenen, sondern auch der Angehörigen. sollte, wie Karlheinz Wiesinger vom Hospiz Am Ende der Sitzung lud Vorsitzende Ger- Diese Unterstützung ist nicht nur in medi- Rennweg betonte. trude Aubauer alle BürgerInnen ein, noch bis zinscher Form notwendig, sondern auch in ÖVP-Abgeordneter Erwin Rasinger, der zum 31. Jänner Anliegen und Stellungnah- pflegerischer, sozialrechtlicher und auch spi- selbst Arzt ist, machte auf den „Bewilli- men an die Enquete-Kommission ritueller Hinsicht. Hier klafft aber noch eine gungszirkus“ für Medikamente etc. auf- mailto:[email protected] große Lücke, wie aus den Schilderungen von merksam, der Angehörige bei der Betreuung zu senden. Inzwischen sind weit mehr als Alexandra Lueger vom Dachverband Hospiz zu Hause vielfach überfordert. Er schlug da- 600 schriftliche Stellungnahmen eingelangt, Österreich und Marianne Pichler, einer An- her vor, daß HausärztInnen gemeinsam mit die auf http://www.parlament.gv.at veröf- gehörigen, zu erfahren war. Vor allem fehlt ManagerInnen der Sozialversicherung bei fentlicht sind. es in den Spitälern an ausreichender Infor- den PatientInnen den Bedarf klären sollen, Die nächste Sitzung der Enquete-Kom- mation, welche Hilfsangebote, Angehörigen damit nicht ständig Bewilligungen eingeholt mission findet am 12. Dezember statt. The- zur Verfügung stehen, sodaß diese oft lange werden müssen. Es sei auch vielfach schwie- ma wird dann die Finanzierung, insbesonde- Zeit alleingelassen werden. In den professio- rig, Schmerzmittel zu verschreiben, so sein re die Möglichkeiten, das Angebot auszubau- nellen Stellen muß daher auf das Angebot – weiterer Vorwurf. Wenn Menschen im letz- en, und die Einbeziehung von Ländern und etwa auf Palliativteams – hingewiesen wer- ten Lebensabschnitt zu Hause bleiben wol- Körperschaften sein. „ den, lautet eine wesentliche Forderung in len, brauche man auch eine spezielle Betreu- Quelle: Parlamentskorrespondenz diesem Zusammenhang, auch deshalb, weil ung durch den Hausarzt bzw. die Hausärztin, Lesen Sie darüber in der Ausgabe 138 die Palliative Care schon bei Beginn der und das müßte von der Krankenkasse anders des „Österreich Journal“ pdf-Magazins, Therapie, also viel früher als jetzt, ansetzen bewertet werden, machte Rasinger geltend. verfügbar ab dem Abend des 23. Dezember. Fotos: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Christian Hofer Ein Blick auf die Zuhorer im Plenarsaal des Nationalrats während der zweiten Enquete-Kommission am 25. November 2014

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 49 »Burgenland Journal« Moderne Landesverfassung für das 21. Jahrhundert Einigkeit über größtes Demokratiepaket seit Jahrzehnten: Ende des Proporzes ab 2015, Stärkung der Minderheitenrechte, mehr Mitbestimmung für Bevölkerung Foto: Bgld. Landesmedienservice Einigkeit bei den Reformen: LH Niessl und LH-Stv. Franz Steindl mit den Klubobmännern Christian Illedits und Rudolf Strommer inigung in allen Punkten zwischen SPÖ he davon aus, daß es im Landtag auch ein- der Abgeordneten reicht für dessen Einset- Eund ÖVP bei der Reform der Landesver- stimmig beschlossen werden wird“. zung. Den Vorsitz soll ein unabhängiger Rich- fassung verkündeten nach den vorangegan- ter führen, „um eine entsprechende Verfah- genen Parteiengesprächen Landeshauptmann Persönlichkeitswahlrecht gestärkt rensführung und rechtsstaatliche Vorgangs- Hans Niessl, Landeshauptmannstellvertreter Die derzeitige Hürde von 15 Prozent der weise zu gewährleisten“, so Niessl. Im Ver- Franz Steindl und die Klubobmänner Chri- Parteistimmen für ein Vorzugsstimmenman- gleich der Verfassungen der Bundesländer stian Illedits und Rudolf Strommer bei einer dat wird abgeschafft, ein Abgeordneter pro zeige sich, daß es im Burgenland die größten gemeinsamen Pressekonferenz am 6. No- Bezirk kann mit Vorzugsstimmen direkt ge- Oppositionsrechte gebe. Beim Klubstatus vember in Eisenstadt. Die Kernpunkte um- wählt werden. Es wird künftig auch einen habe man sich auf drei Abgeordnete geei- fassen die Abschaffung des Proporzes, die zweiten Wahltag geben. „Das geheime, per- nigt, damit liege man im Bundesländerver- Einführung eines zweiten Wahltages, mehr sönliche Wahlrecht wird damit deutlich auf- gleich im Mittelfeld. Die Eintrittklausel in Kontrollrechte der Opposition und Einfüh- gewertet“, so Niessl. den Landtag sei bewußt niedrig bei vier Pro- rung eines direkten Vorzugsstimmenmanda- zent behalten worden, so Steindl. tes sowie die Ausdehnung der Prüfkompetenz Mehr Kompetenz für Rechnungshof des Landesrechnungshofes auf alle Gemein- Die Prüfkompetenz des Landesrech- Nur mehr fünf Regierungs- den und die Verkleinerung der Regierung auf nungshofes soll auf alle Gemeinden ausge- mitglieder ab 2020 fünf Mitglieder ab 2020. Die Reform soll dehnt werden. Gemeindebeteiligungen sol- Ab 2015 kann es – als Übergangsrege- noch heuer vom Landtag beschlossen wer- len erst ab einer 50-Prozent-Beteiligung kon- lung – optional fünf bis sieben Regierungs- den und 2015 in Kraft treten. trolliert werden können. Damit sei man einer mitglieder geben; ab 2020 wird deren Zahl Anregung des Verfassungsdienstes des Bun- endgültig auf fünf beschränkt. Die Regie- Abschaffung des Proporzes deskanzleramtes gefolgt. rungspartner sehen dies als einen weiteren und »ein Mehr an Demokratie« Schritt zur Einsparung. Den Klubstatus soll Die Reform bringe „ein Mehr an De- Karenzregelung für Abgeordnete es ab drei Abgeordneten geben. mokratie“, ist Niessl überzeugt. „Es ist eine Eine Karenz von Abgeordneten während Schließlich sollen künftig zehn Ge- moderne Verfassung für das 21. Jahrhundert, einer Periode soll es auf Antrag der Oppo- meinden bei gleichlautenden – bisher: bei die größte Demokratiereform seit 23 Jahren. sition künftig geben, auch hier habe es brei- einstimmigen – Gemeinderatsbeschlüssen Es ist ein guter Kompromiß, bei dem die ten Konsens in den Verhandlungen gegeben. ein Volksbegehren erzwingen können. Demokratie und die Burgenländerinnen und Illedits sieht darin „eine Möglichkeit, mehr Eine „richtungweisende Entscheidung, Burgenländer die Gewinner sind“. Zufrieden Frauen in den Landtag zu bekommen“. Auch eine Verfassung, die auch Stürmen standhal- mit dem Paket zeigt sich auch Steindl: „Es eine Karenz für Pflege solle möglich sein. ten kann“ sieht Strommer in dem „Werk“, war ein langer Prozeß. Das wesentliche Ziel, das nun auf den Weg gebracht worden sei. die Abschaffung des Proporzes, wurde er- Stärkung des Minderheitenrechtes Das Reformpaket soll noch im Dezember reicht. Das nun vorliegende Paket ist weit- Der Untersuchungsausschuß soll als Min- vom Landtag beschlossen werden und ab reichender, als wir es geplant haben. Ich ge- derheitenrecht verankert werden. Ein Viertel 2015 in Kraft treten. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 50 »Burgenland Journal« Burgenland rüstet bei der Sicherheit auf Mehr Investitionen in die Polizei – Land Burgenland und BM für Inneres unterzeichnen Sicherheitspakt – Landeshauptmann Hans Niessl: »Das Gefühl, sicher zu leben, ist ein Maßstab für die Lebensqualität.«

m Burgenland wird mehr in die Polizei Iund damit in die Sicherheit der Burgen- länderInnen investiert. Landeshauptmann Hans Niessl, Innenministerin Johanna Mikl- Leitner und Landeshauptmannstellvertreter Franz Steindl haben am 19. November einen entsprechenden Sicherheitspakt unterzeich- net. Eckpfeiler der „Sicherheitsvereinbarung Burgenland“ sind Maßnahmen zur effektive- ren Bekämpfung grenzüberschreitender Kri- minalität, der Ausbau der Infrastruktur – dar- unter ein österreichweit einheitlicher behör- denübergreifender Digitalfunk – sowie Maß- nahmen zur Aus- und Weiterbildung von Po- lizistInnen. Die Vereinbarung sieht unter an- derem vor, daß burgenländische PolizistIn- nen, die derzeit in anderen Bundesländern Dienst versehen, ins Burgenland zurückver- Foto: Bgld. Landesmedienservice Landeshauptmann Hans Niessl, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Landes- setzt werden – konkret jeweils 20 Beamte in hauptmannstellvertreter Franz Steindl bei der Unterzeichnung des Paktes den Jahren 2015 und 2016. Außerdem wird für die Jahre 2015 und 2016 jeweils ein ein Bündel von Maßnahmen, um das hohe werden hier ihren Dienst versehen“, stellt Grundausbildungslehrgang für Polizeischü- Sicherheitsniveau im Burgenland auch künf- Niessl klar. Positiver Nebeneffekt: Mit der lerInnen für den späteren Einsatz im Bur- tig sicherzustellen. Ausbildung im Land wird auch der Überal- genland eingerichtet. Darüber hinaus ist die terung der Exekutive im Burgenland ent- Einrichtung zweier Einsatztrainingszentren Polizei wird aufgestockt, Autobahn- gegengetreten. Geplant ist auch die Errich- geplant. Das Ziel der Vereinbarung sei klar, polizeiinspektion im Raum Rudersdorf tung von zwei Einsatztrainingszentren für Po- sagt Landeshauptmann Hans Niessl: „Das geplant lizistInnen. „Ausbildung und regelmäßiges Burgenland soll auch künftig eines der si- Da das Burgenland aufgrund seiner Training ist wichtig für die Polizistinnen und chersten Bundesländer in Österreich bleiben. Grenzlage bei der Bekämpfung grenzüber- Polizisten. Daher braucht es die Einrichtung Durch eine noch bessere Zusammenarbeit, schreitender Kriminalität besonders gefor- von Trainingszentren. Es gibt eine enge Ko- insbesondere im infrastrukturellen Bereich, dert ist, wurde vereinbart, 2015 und 2016 je- operation mit dem Burgenland, um dies um- wird die Sicherheit verbessert und wir geben weils 20 burgenländische PolizistInnen, die setzen zu können“, sagt die Innenministerin. unserer Polizei das Rüstzeug in die Hand, derzeit in anderen Bundesländern Dienst ver- ihre Ressourcen und Mittel noch effektiver sehen, ins Burgenland zurückzuversetzen. Österreichweit einheitlicher behörden- und effizienter einzusetzen. Das Gefühl, si- Im Raum Rudersdorf ist eine Autobahn- übergreifender Digitalfunk, integrierte cher zu leben, ist ein Maßstab für die Le- polizeiinspektion mit insgesamt 22 Planstel- Leitstelle im Burgenland bensqualität. Es ist wichtig, daß sich die Be- len vorgesehen. Die Polizeistation sei im Einig sind sich das Burgenland und das völkerung sicher fühlt.“ Zusammenhang mit der dort geplanten S7 zu Innenministerium, eine österreichweit ein- „Das Burgenland gehört zu den sicher- sehen, so Niessl. heitliche behördenübergreifende digitale sten Bundesländern. Wir sind hier sehr gut Funkversorgung für alle Blaulichtorganisa- unterwegs. Trotz neuer Deliktsformen wie Grundausbildungslehrgang für Polizei- tionen und mit Sicherheitsbelangen befaßten Cyberkriminalität ist die Kriminalitätsrate in schülerInnen, Einsatztrainingszentren Behörden einzurichten. „2015 werden die den letzten 10 Jahren um 15,69 Prozent geplant Basisstationen für Digitalfunk von derzeit 26 gesunken. Die Aufklärungsquote ist mit 52,9 Für die Jahre 2015 und 2016 wird jeweils auf 60 ausgebaut. Das ist wichtig, oft geht es Prozent die höchste nach Vorarlberg. Diesen ein Grundausbildungslehrgang für Polizei- bei Notfällen um Sekunden, um Men- guten Weg wollen wir fortsetzen. Dazu schülerInnen für den späteren Einsatz im schenleben zu retten“, gibt Steindl zu beden- braucht es eine gute Kooperation“, betont Burgenland eingerichtet. „Die dort ausgebil- ken. „Und dies soll in Zukunft auch länder- Mikl-Leitner. Der Sicherheitspakt umfasse deten Polizisten bleiben im Burgenland und übergreifend möglich sein.“

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 51 »Burgenland Journal«

Zusätzlich soll im Burgenland eine inte- im grenznahen Raum sind notwendig. Die der Polizei in den Gemeinden zu erhöhen ist grierte Leitstelle zur effizienten Einsatzfüh- Grenzkriminalität ist keine Erfindung, son- auch wichtig, um das Sicherheitsgefühl der rung aller Einsatzorganisationen umgesetzt dern Realität“, so Niessl. Die Arbeit der Bevölkerung zu steigern“, so der Landes- werden. Ob die Umsetzung letztendlich nur Steuerungsgruppe gegen das Schlepperun- hauptmann. auf technischer Basis oder auch räumlich wesen sei ein wichtiger und wesentlicher erfolgt, darüber werde noch verhandelt, so Sicherheitsaspekt. Gemeinsame Lösungen beim Asyl Mikl-Leitner. Bei der Unterbringung von Flüchtlingen Ausbau der Kriminalprävention bekennt sich das Burgenland dazu, die ver- Kampf gegen Das Bürgerbeteiligungsprojekt „Sicher einbarte Quote zu 100 Prozent zu erfüllen. internationale Kriminalität im Burgenland“ wird ausgebaut, mit dem Die Asylproblematik könne nur im Konsens Im Fokus bleibt der Kampf gegen die Ziel, die Kriminalprävention zu stärken. gelöst werden, betont Niessl. Hier sei Fair- internationale Kriminalität wie das Schlep- „Jeder einzelne kann einen Beitrag zur Er- ness und Solidarität aller Bundesländer ge- perunwesen. „Kontrollen an den Grenzen und höhung der Sicherheit leisten. Die Präsenz fordert. „ Grenzüberschreitende Trinkwasserversorgung Projekt »Aqua Burgenland Sopron« geht in die erste Bauphase. Die Transportleitung von Neudörfl bis Rohrbach soll 2017 fertiggestellt sein. Foto: Bgld. Landesmedienservice Spatenstich für die Wassertransportleitung von Neudörfl bis Rohrbach markiert Start zur Umsetzung des größten Absicherungs- projekts in der burgenländischen Wasserwirtschaft: LH Hans Niessl, LR Andreas Liegenfeld, Bgm. Gerhard Zapfl, Obmann WLV Nördliches Burgenland , Bgm. Friedrich Kreischitz, Obmann des WLV Mittleres Burgenland, sowie Tamas Fodor, Bürger- meister der Stadt Sopron, GD Laszlo Radonyi, Wasserwerk Sopron, mit weiteren Vertretern der beteiligten Projektpartner

ur gegenseitigen Absicherung der Was- Andreas Liegenfeld und Bgm. Gerhard bei Schattendorf, vorgesehen. Insgesamt 28 Zserversorgung haben der Wasserlei- Zapfl, Obmann des WLV Nördliches Bur- Kilometer ist die Versorgungsleitung lang. tungsverband Nördliches Burgenland, der genland und Bgm. Friedrich Kreischitz, Ob- Die Bauarbeiten für das 17 Mio. Euro teure Wasserverband Mittleres Burgenland und mann des WLV Mittleres Burgenland, sowie Projekt wurden europaweit ausgeschrieben, die Stadt Sopron mit dem Soproner Wasser- Tamas Fodor, Bürgermeister der Stadt So- beauftragt wurden schließlich die Bieterge- werk das grenzüberschreitende EU-Projekt pron, GD Laszlo Radonyi, Wasserwerk So- meinschaft Strabag – St. Martin und Teerag „Aqua Burgenland Sopron“ entwickelt. Der pron, mit weiteren Vertretern der beteiligten Asdag – Parndorf. Zusammenschluß stellt die Versorgung von Projektpartner vor. Die Finanzierung der Bautätigkeiten auf rund 300.000 Menschen in der Wachstums- österreichischer Seite erfolgt unter EU- region Wien, Györ, Bratislava, Sopron und 2017 erster Abschnitt fertig, Beteiligung über die Europäische Investi- Eisenstadt sicher. 2018 bis zur Staatsgrenze tionsbank (EIB). Die am 6. November erfolgte Grundstein- Der nun begonnene Bau der Wassertrans- Die Gesamtbaukosten für das transnatio- legung für die Errichtung der Transport- portleitung von Neudörfl bis Rohrbach stellt nale Projekt, das bis 2021 abgeschlossen leitung von Neudörfl nach Rohrbach markiert den ersten großen Projektabschnitt dar, Ende sein soll, belaufen sich auf 100 Mio. Euro; den Start für das Projekt. Den Spatenstich 2017 soll dieser fertiggestellt sein. Von 2017 die Umsetzung im Burgenland ist mit 33 Mio. für diesen ersten Projektabschnitt nahmen bis 2018 ist die Errichtung des letzten Ab- Euro, jene in Ungarn mit rund 67 Mio. Euro Landeshauptmann Hans Niessl, Landesrat schnittes von Rohrbach bis zur Staatsgrenze veranschlagt. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 52 »Burgenland Journal« EU-Projekt zur Hospizbetreuung Foto: Bgld. Landesmedienservice v.l: Prim. Herbert Tillhof (Vorsitzender Hospizbewegung Burgenland), Béla Zimborás (Komitat Zala), Zsuzsanna Kónya (Projekt- leiterin Ungarn), Sigrid Beyer (Projektleiterin Österreich), Leena Pelttari (GF Hospiz Österreich), Peter Rezar Sozial- und Gesundheitslandesrat), Waltraud Kocaget (GF Hospizbewegung Burgenland) und Jürgen Grandits, stv. GF BFI Burgenland arzisse“, ein im März 2013 gestartetes diesem mit Würde zu begegnen.“ Gefördert ermöglichen. „Hospiz und Palliative Care in Ngrenzübergreifendes EU-Projekt zur wird das Projekt zu 85 Prozent aus Mitteln Alten- und Pflegeheimen verbessert die Hospizbetreuung, hat die Integration von des EFRE (Europäischer Fonds für regiona- Kommunikation im Heimalltag, schafft Be- Hospizkultur und Palliativbetreuung in le Entwicklung) unter Kofinanzierung durch wußtsein, stärkt das Know-how, gibt Sicher- Alten- und Pflegeheimen in Ungarn und das Land Burgenland und der Regierung der heit, fördert die interdisziplinäre Zusammen- Österreich zum Ziel. Je drei Einrichtungen Republik Ungarn. Das Gesamtbudget be- arbeit und die Wertschätzung der Berufsgrup- im Burgenland und in Wien sowie zwei Hei- trägt 615.000 Euro. Das Projekt läuft bis pen untereinander“, so Pelttari. Interdiszipli- me in Ungarn beteiligen sich an dem Projekt. Dezember 2014. näre Fallbesprechungen nehmen zu, ethisch Im Burgenland sind dies das Haus Nikolaus „Altenwohn-und Pflegeheime sind oft schwierige Situationen werden bearbeitbar, der Caritas in Neusiedl, das Seniorenzen- das letzte Zuhause. Von der Integration von unnötige Krankenhausüberweisungen neh- trum Kittsee der Volkshilfe Burgenland und Hospizkultur und Palliativbetreuung in Alten- men ab. „Schmerz wird als ganzheitliches das Haus St. Vinzenz des Ordens der Barm- und Pflegeheimen profitieren aber nicht nur Geschehen betrachtet und die Schmerzbe- herzigen Schwesters in Pinkafeld. Im Rah- die alten Menschen, sondern auch deren obachtung und die Kommunikation im Team men des Projektes wurden Basisschulungen Angehörige, die Pfleger und alle anderen darüber erhält einen neuen wichtigen Stel- im Bereich palliativer Geriatrie angeboten, Mitarbeiter“, betont Prim. Herbert Tillhof, lenwert. Für die Betreuenden in den Alten- zusätzlich zu einem zweijährigen Prozeß zur Vorsitzender der Hospizbewegung Burgen- und Pflegeheimen verbessert sich die Ar- Organisationsentwicklung. In mehreren Stu- land. In mehreren Stufen wurden möglichst beitsqualität und es entsteht Entlastung. Die fen wurden möglichst viele Mitarbeiter – vom viele Mitarbeiter im Umgang mit Menschen An- und Zugehörigen werden auf Wunsch Heimleiter bis hin zum Koch – darin ausge- in ihrem letzten Lebensabschnitt ausgebil- vom ersten Tag an stärker einbezogen und bildet, wie am besten mit Menschen in ihrem det. Schwerpunkte der Fortbildung waren: intensiver begleitet, auch werden die The- letzten Lebensabschnitt umgegangen wird. Grundbegriffe der Palliativen Geriatrie, men Tod und Sterben früher angesprochen“, Im Burgenland wurden im Rahmen des mit Kommunikation, An- und Zugehörigenarbeit, sagt Pelttari. Das Vertrauen der An- und Jahresende auslaufenden Projektes 160 Per- Demenz und Validation, Umgang mit heraus- Zugehörigen in die und die Zufriedenheit sonen dahingehend professionell geschult, forderndem Verhalten, Schmerz, Symptom- mit der Betreuung verstärken sich. Für die zieht Sozial- und Gesundheitslandesrat Dr. kontrolle, Ernährung, Achtsamkeit in der Pfle- BewohnerInnen erhöht sich die Lebensquali- Peter Rezar gemeinsam Bilanz mit Vertre- ge, ethische Entscheidungen, letzte Lebens- tät durch verbesserte Schmerz- und Symp- tern der Projektpartner – BFI Burgenland, tage, Sterben – Tod und Trauer, Rituale, tomkontrolle, verstärktes Aufnehmen ihrer BFI Wien, Hospizbewegung Burgenland, Selbstreflexion, Selbstfürsorge. Dies spiegle Wünsche und Bedürfnisse und die Möglich- Dachverband Hospiz Österreich, Gemeinde- die hohe Komplexität und Vielschichtigkeit keit, auch über Abschied, Sterben und Tod verband von Zalaegerszeg und Umgebung der Pflege wieder, so Rezar: „Das ist eine sprechen zu können. (Komitat Zala, Ungarn) sowie die Gemein- große Herausforderung für die Mitarbeiter.“ „Es geht um ein Thema, das uns alle nützige Entwicklungs- und Beschäftigungs „Die Integration von Hospizkultur und betrifft – das Sterben. Neben den Schulun- GmbH der Kleinregion Zalaegerszeg. Palliative Care bewirkt eine maßgebliche gen und dem Prozeß zur Organisationsent- „Die demographische Entwicklung zeigt, Qualitätssteigerung“, so Leena Pelttari, Ge- wicklung waren Maßnahmen zur Sensibili- daß wir immer älter werden. Umso wichtiger schäftsführerin des Dachverbandes Hospiz sierung und Medienarbeit Schwerpunkte“, er- ist es, Wege zu finden, den letzten Lebens- Österreich. Die Organisationen verändern klärt Jürgen Grandits, stellvertretender Ge- abschnitt so angenehm wie möglich zu Abläufe und schaffen Strukturen, die den schäftsführer des BFI Burgenland. „ gestalten und die Möglichkeit zu schaffen, Betreuenden eine qualitätsvollere Betreuung Siehe auch den Beitrag auf der Seite 44.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 53 »Burgenland Journal« Lagunenstadt im Sinnestaumel Die Magie einer Ballnacht im Karneval, das Feuer der glutäugigen Herren und die fiebrige Leidenschaft der venezianischen Damenwelt kombiniert mit einigen Verwechslungen und diversen Karrierebestrebungen: Im Sommer 2015 zeigen die Seefestspiele Mörbisch mit »Eine Nacht in Venedig« Operette in märchenhafter Perfektion. Foto: Bgld. Landesmedienservice Kulturlandesrat Helmut Bieler, Landeshauptmann-Stv. Franz Steindl und Intendantin Kammersängerin Dagmar Schellen- berger präsentierten in der italienischen Botschaft in Wien mit »Eine Nacht in Venedig« die Highlights der Produktion 2015

uf den Musical-Hit „Anatevka“, der mit nicht in Wien stattfinden. Der Grund? Jo- bereits einen großen Erfolg feiern konnte, A127.000 BesucherInnen und einer Aus- hann Strauß’ Frau hatte eine Affäre mit dem will mit seiner „Nacht in Venedig“ das ge- lastung von 91 Prozent vor allem auch ein Direktor des Theaters an der Wien. Darauf- meinsame Abenteuer in den Vordergrund neues, junges Publikum begeisterte, folgt bei hin nahm der Gehörnte kurzerhand ein An- stellen: „Die Gäste sollen spüren, daß es hier den Seefestspielen Mörbisch von 9. Juli bis gebot für die Uraufführung in Berlin an. Gut für alle zusammen etwas Großartiges und 22. August 2015 mit „Eine Nacht in Vene- 130 Jahre später wird „Eine Nacht in Vene- Neues zu entdecken gibt. Das Stück steht für dig“ ein Highlight der klassischen Strauß- dig“ nun 2015 bei den Seefestspielen Mör- die pure Freude, das Eroberungsfieber, die Operette. Üppige Kostüme und ein detailrei- bisch zu sehen sein. Aufregung einer einzigen Nacht. Sobald die ches, magisches Bühnenbild bieten den per- „Nach dem Musical im vergangenen Menschen eine Maske aufsetzen, verlieren fekten Rahmen für die amourösen Irrungen Sommer widmen wir uns jetzt gleichsam sich ihre Sorgen und die Freiheit, so zu sein, und Wirrungen der Lagunenstadt im Karne- wieder der großen klassischen Operette,“ wie sie sein möchten, gewinnt. Und plötzlich val. Die nächstjährige Produktion, bei der kündigt Intendantin KS Dagmar Schellen- kann man alles das erleben, was man sich erstmalig auch eine Drehbühne zum Einsatz berger an, „Das Stück hat alles, was es wünscht. So ist das nicht nur im Karneval kommt, wurde am 25. November von Inten- braucht: Melodien, die jeder kennt, opulente oder auf der Bühne, sondern auch im echten dantin Kammersängerin Dagmar Schellen- Ballette, die auf unserer Bühne optimal zur Leben: die Maske als Spiegel unserer Sehn- berger, Burgenlands Kulturlandesrat Helmut Geltung kommen und eine mitreißende sucht – als Verwirklichung unserer Träume – Bieler und Landeshauptmann-Stellvertreter Geschichte. Komplettiert wird alles durch ein als kleiner Lichtblick in unserem grauen Franz Steindl in der italienischen Botschaft feudales Bühnenbild und traumhafte Ko- Alltag.“ in Wien der Öffentlichkeit vorgestellt. stüme.“ Den prunkvollen Rahmen für das entfes- Von der allerersten Stunde an spielten selte Treiben liefert auch 2015 wieder der Verführung und Inbrunst Schlüsselrollen in Zauber der Nacht ebenfalls „Anatevka“-erprobte Bühnenbild- der Geschichte von „Eine Nacht in Vene- Regisseur Karl Absenger, der im Sommer ner Walter Vogelweider. Er hat sich lange dig“. Die Uraufführung im Jahr 1883 konnte 2014 mit „Anatevka“ auf der Seebühne mit dem Dilemma der Lagunenstadt ausein-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 54 »Burgenland Journal« andergesetzt. „Mich beschäftigt der Prozeß von der Entstehung von etwas so Wahnsinni- gem wie Venedig bis zu dessen Wahrneh- mung und wie wir als Menschheit dann da- mit umgehen. Die Stadt wird durch uns zum Konsumgut degradiert, wir schippern in rie- sigen Stahlkolossen an etwas so Monumen- talem vorbei, als wäre es nichts weiter als ein Postkartenmotiv“, erklärt Vogelweider, „Aber natürlich kommt das Fantastische, das Märchenhafte nicht zu kurz. Dieses Bühnen- bild bietet Überraschungen am laufenden Band, ständig gibt es etwas Neues, etwas noch Spannenderes zu entdecken.“ Die Kostüme steuert Susanne Thomas- berger bei (Bettelstudent 2013), dirigieren wird Andreas Schüller, der bisher noch nicht bei den Seefestspielen tätig war und auch Choreograf Mirko Mahr feiert sein Mör- Intendantin Kammersängerin Dagmar Schellenberger begrüßt die BesucherInnen bisch-Debut. der Pressekonferenz in der italienischen Botschaft in Wien.

Stars, Jungtalente und Kabarett Hinsichtlich der Rollenbesetzungen greift Dagmar Schellenberger auf ihr bewährtes Konzept zurück, aufstrebende Talente arri- vierten Stars an die Seite zu stellen. So ge- ben Herbert Lippert und Michael Heim den glutäugigen Belami, vor dem alle veneziani- schen Frauen in Sicherheit gebracht werden sollen, während die hübsche Annina von Elena Puszta und Annika Gerhards verkör- pert wird. Den Caramello singt u.a. Mirko Roschkowski, der im Bettelstudent 2013 als Symon zu sehen war. Das Senatoren-Trio be- steht aus Heinz Zednik, Ernst-Dieter Sutt- heimer und Joesi Prokopetz, wobei letzterer federführend für die gewitzten Wortwechsel der drei verantwortlich ist. Mit Verena v.l.: Mirko Mahr (Choreografie), Dagmar Schellenberger, Karl Absenger (Regie), Scheitz (Agricola) und Otto Jaus (Enrico) Susanne Thomasberger (Kostüme), Andreas Schüller (musikal. Leitung) und Walter Vogelweider (Bühnenbild) konnten zwei weitere Aushängeschilder der österreichischen Kabarettszene gewonnen werden. Ein ganz besonderer Name auf der Be- setzungsliste ist jener der längstdienenden Mitarbeiterin der Seefestspiele Mörbisch überhaupt: Marina Alsen, Tochter deren Gründers, stand von Kindesbeinen an auf der Seebühne und gibt sich als Senatorengattin Constantia noch einmal die Ehre. Und noch eine Geschichte findet 2015 ihre Fortsetzung: Nach der gelungenen Gol- de in „Anatevka“ hatte Dagmar Schellenber- ger eigentlich eine Bühnenpause geplant. Diese Rechnung hat die Intendantin aller- dings ohne ihren Regisseur gemacht: Für Karl Absenger ist Dagmar Schellenberger näm- lich seine Wunschbesetzung für die Rolle der

Barbara Delacqua. „ Fotos: Seefestspiele Mörbisch / Jerzy Bin http://www.seefestspiele-moerbisch.at v.l: Barbara Pöltl, Annika Gerhards und Roman Martin gaben eine Hörprobe

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 55 »Burgenland Journal« Die Kriegergräber von Mattersburg und Sigleß er Friedhof von Mattersburg, der 2010 Dentdeckt wurde, wurde heuer erstmals in größerem Umfang archäologisch unter- sucht. „Auf engstem Raum (etwa 300 m²) konnten bislang 52 Gräber des ausgehenden 8. und beginnenden 9. Jahrhunderts n. Chr. d. h. aus der Zeit der Erstnennung von Mat- tersburg lokalisiert werden, darunter überra- schend viele Waffengräber“, erklärt Gra- bungsleiterin Dorothea Talaa. Bei den Grabinhabern handelt es sich um awarische Bogenschützen und Schwert- kämpfer und deren Familien, die mit ihren Waffen, Pfeilen unterschiedlicher Typen, Bogen, Kampfbeil Schwert, und im Falle der Frauen und Mädchen mit ihrem Schmuck, Perlenketten, Ohrgehängen, Fingerringen

aus Silber und Bronze begraben wurden. Foto: Stadt Mattersburg Bürgermeisterin Ingrid Salamon (r.) mit Grabungsleitering Dorothea Talaa Seltene Funde Von herausragender Bedeutung, weil Erwachsene und Kinder erhielten Gefäße gen großen Siedlung verschiedene Bevölke- äußerst selten, sind die aus Bein geschnitz- und Beigaben in Form von gekochten und rungsgruppen nebeneinander gelebt haben“, ten Endverstärkungen eines awarischen Re- gebratenen Fleischspeisen als Wegzehrung so Talaa. flexbogens und die bandförmige, ebenfalls für die Reise ins Jenseits, Eier als Symbol Damit vermitteln die Friedhöfe von Mat- aus hauchdünnem Bein geschnitzte, mit der Wiederauferstehung, sowie dem Toten- tersburg und Sigleß mit der dazugehörigen Darstellungen von Raubvögel und storchen- gott geopferte Hühner. Siedlung das Bild einer bis in die Bronze- artigen Vögel verzierte Verstärkung des da- „Aufgrund unterschiedlicher Bestattungs- und Steinzeit zurückreichenden Siedlungs- zugehörigen Köchers. riten und Grabtypen dürften in der zugehöri- tätigkeit im Schnittpunkt der Kulturen. „ »Mir geht es gut, was ich auch von euch hoffe…« m 23. November fand im Landesmu- Aseum Burgenland die Hörbuch-Präsen- tation „Mir geht es gut, was ich auch von euch hoffe… – Briefe aus untergehenden Welten“ statt, die zugleich den Schlußpunkt der Ausstellung „Land im Krieg“ im Lan- desmuseum darstellte. Herausgegeben wur- de die Hör-CD von den KuratorInnen der Ausstellung Pia Bayer und Dieter Szorger, erschienen ist das Hörbuch im burgenländi- schen Verlagshaus edition lex liszt 12. Zahl- reiche interesserte ZuhörerInnen lauschten den Lesenden Pia Bayer, Frank Hoffmann, Georg Kusztrich und Günter Welz, die Briefe, Feldpostkarten und Tagebucheintra- gungen aus der Zeit des Ersten Weltkrieges vortrugen. Foto: edition lex liszt 12 Was sind die letzten Gedanken, die einem v.l.: Sprecher Günter Welz, Georg Kusztrich, Frank Hoffmann, Sprecherin und tödlich Verwundeten durch den Kopf gehen? Herausgeberin Pia Bayer, Herausgeber Dieter Szorger, Verlagsmitarbeiterin der edition lex liszt 12 und Moderatorin Silke Rois und Verlagsleiter Horst Horvath Welche Worte wählt der Kompaniekomman- dant, wenn er eine Mutter vom Tod ihres Das Hörbuch beinhaltet Briefe, Feldpost- Dieter Szorger; SprecherInnen: Pia Bayer, geliebten Sohnes informiert? karten und Tagebucheintragungen der Jahre Frank Hoffmann, Georg Kusztrich und Wie beschreibt eine Frau die schreckliche 1914 bis 1920, die die Gedanken, Ängste, Günter Welz. Zum Bestellen klicken Sie auf Not und das allgegenwärtige Elend an der Sorgen und manchmal auch die geheimen den Link, er funktioniert, auch wenn er nicht Heimatfront? Und worüber wird so laut ge- Wünsche der Menschen aus dem späteren lesbar ist: schwiegen, daß man es hören kann? Burgenland wiedergeben. Zusammenstellung: http://www.lexliszt12.at/shop/index.php?page=shop.product_details&category_id=10&flypage=flypage.tpl&product_id=216&option=com_virtuemart&Itemid=59

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 56 »Burgenland Journal« Martinsfest in Eisenstadt Am 11. November feierte Bartholomaios I., Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel und Ehrenoberhaupt von 250 Millionen orthodoxen Christen, mit der Diözese Eisenstadt das traditionelle Martinsfest im Dom – Papst Franziskus: Danke für orthodoxes Kloster als Zeichen gelebter Ökumene

s war das erste Mal in der Geschichte Edes Burgenlandes und der Diözese Ei- senstadt, daß ein Ökumenischer Patriarch seinen Fuß auf pannonischen Boden setzte. Und es war der höchste Besuch eines kirchli- chen Würdenträgers seit dem Besuch von Papst Johannes Paul II. in Trausdorf vor einem Vierteljahrhundert. Es darf als Zeichen großer Wertschätzung gesehen werden, daß Bartholomaios I. die Diözese Eisenstadt besuchte. Nur wenige Ta- ge, Ende November, hat er in seinem Amts- sitz in Konstantinopel (Istanbul) Papst Fran- ziskus getroffen, mit dem er als Hauptan- sprechpartner für die Katholische Kirche in Fragen der Ökumene enge Kontakte pflegt. Zuvor jedoch hatte Bartholomaios I. ein in- tensives Arbeitstreffen mit Bischof Zsifko- vics absolviert: die Stärkung der Beziehun- gen der beiden christlichen Schwesterkir- chen in Österreich und im pannonischen Raum waren ebenso auf der Agenda gestan- den wie gemeinsame Anliegen an die Poli- tik. Vor allem die alarmierende Situation verfolgter Christen im Nahen Osten wurden thematisiert.

Bischof Zsifkovics: Es zählt nur eines: Es sind Christen wie wir! „Was kann es Schöneres geben, als ein Fest der Nächstenliebe und des Teilens mit dem Oberhirten von 250 Millionen orthodo- xen Christen zu feiern? Wo vor mehr als 50 Jahren noch eine klare Trennung zwischen un- seren beiden Kirchen war, ist heute Freund- schaft und Vertrauen. Unsere orthodoxen Geschwister sind Christen wie wir – der hei- lige Martin ist als Brückenbauer wohl der Foto: http://www.kathbild.at / Franz Josef Rupprecht beste Patron für diese ökumenische Be- Bischof Ägidius Zsifkovics und der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. gegnung!“ St. Andrä am Zicksee an die Metropolis von städter Bischof überzeugt. „Wo der Exper- Austria soll im Seewinkel die Gründung des tendialog der Worte an vorläufige Grenzen Diözese Eisenstadt ermöglicht Gründung ersten Orthodoxen Klosters in Österreich er- stößt, da müssen wir durch konkrete Taten des 1. Christlich-orthodoxen Klosters in möglicht werden. Das künftige Kloster soll der Menschlichkeit unsere Glaubensbrüder Österreich ein Ort des Gebetes und der Arbeit für christ- fest umarmen“, so Zsifkovics. Bischof Zsifkovics hat den Besuch von liche Mönche werden. Dabei wird die Be- Bartholomaios I. dazu genutzt, eine beson- gegnung mit den katholischen Gläubigen des »Wir freuen uns, wenn sie kommen!« dere Martins-Tat der Solidarität zu setzen, Ortes und der ganzen Region eine große Rol- Pfarrer und Pfarrgemeinderat der Pfarre die gleichzeitig eine kirchenpolitische Pio- le spielen. „Die Symbolkraft dieser Kloster- St. Andrä am Zickseee stehen als künftige niertat darstellt: Mit der Zurverfügung- stiftung wird Ausstrahlung weit über die Orts- Nachbarn und Anrainer – die Pfarre besitzt stellung eines kirchlichen Grundstücks in grenzen hinaus entfalten“, ist der Eisen- selbst ein eigenes Grundstück gleich neben

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 57 »Burgenland Journal« dem Klostergrund – begeistert hinter dieser Gründungsidee: „Ökumenischer Dialog Der Brief von Papst Franziskus braucht Gastfreundschaft – und das ist doch wohl eine burgenländische Tugend!“, meint Meinem verehrten Bruder Pfarrer Sebastian Augustinov, betont aber Bischof Ägidius Zsifkovics, besonders die spirituelle Bedeutung des Klo- sterprojekts. Bischof von Eisenstadt Die katholischen Christen der Pfarre St. Andrä am Zicksee werden aber weit Mit Freude habe ich erfahren, daß jene Brückenfunktion zu den Völkern Ost- mehr als bloße Nachbarn für ihre orthodo- heuer das Fest Eures Diözsanpatrons, des europas hin deutlich, die mein Vorgänger xen Mitchristen sein. Mit dem neuen Kloster heiligen Martin, in besonderer Weise eine im Petrusamt, der heilige Johannes Paul soll ein Raum lebendiger ökumenischer Feier von ökumenischer Brüderlichkeit ist. II., anlässlich seines Pastoralbesuchs am Begegnung geschaffen werden. „Wir freuen Aus diesem Anlass entbiete ich Dir und den 24. Juni 1988 der Diözese Eisenstadt ans uns schon, wenn sie zu uns kommen!“, Gläubigen der Diözese Eisenstadt sowie Herz gelegt hat, als er Euch einlud, mit den meint eine Pfarrgemeinderätin. Und ein dem griechisch-orthodoxen Metropoliten Völkern Osteuropas „Kontakte zu pflegen Mitglied der ganz jungen Generation im St. von Österreich und Exarchen von Ungarn und auch mit ihnen zu teilen, materiell Andräer Pfarrgemeinderat drückt es folgen- und Mitteleuropa, Seiner Eminenz Arsenios und geistig“. dermaßen aus: „Ich finde es cool, wenn die Kardamakis, und allen griechisch-ortho- Das zugesicherte Grundstück für das orthodoxen Mönche auch mal mit uns in doxen Brüdern und Schwestern in Öster- Kloster befindet sich auf dem Boden der unserer Kirche beten werden!“ reich herzliche Grüße und Segenwünsche, Pfarre St. Andrä, der unser aller Dank „Ich freue mich auf die Begegnung mit die Euch der Präsident des Päpstlichen Ra- gilt, daß sie dieses ökumenische Vorhaben meinen katholischen Brüdern und Schwe- tes zur Förderung der Einheit der Christen wohlwollend und großherzig unterstützt. stern in der Diözese Eisenstadt und der Pfar- Kardinal Kurt Koch persönlich überbringt. Der Patron dieser Pfarre verbindet sie mit re St. Andrä", so Bartholomaios I. in einer Mit besonderer brüderlicher Zuneigung der altehrwürdigen Kirche von Konstanti- Grußbotschaft an die Mitglieder der Pfarre grüße ich den Ökumenischen Patriarchen nopel, die den heiligen Andreas als Proto- St. Andrä im Vorfeld des St. Martinsfestes. von Konstantinopel, Seine Allheiligkeit klitos verehrt. Ein orthodoxes Kloster auf Bartholomaios I., der eigens nach Eisen- burgenländischem Boden gemeinsam zu Orthodoxe Christen auch im stadt gekommen ist, um den verheißungs- verwirklichen ist ein vielversprechendes Burgenland beheimatet vollen Beginn des ersten orthodoxen Klo- Zeichen der ökumenischen Verantwor- In Begleitung des Ökumenischen Patriar- sters in Österreich zu feiern, und beim tung. Ein Kloster als Ort des Gebetes ruft chen befand sich der Metropolit von Austria, Gottesdienst im ehrwürdigen Martinsdom uns vor allem in Erinnerung, daß das Ge- Erzbischof Arsenios Kardamakis. Der grie- anwesend ist. Ich danke ihm ganz herzlich bet für die Einheit die grundlegende öku- chisch-orthodoxe Metropolit und Vorsit- für dieses liebenswürdige Zeichen ökume- menische Tat ist. Denn die Einheit wird zende der Orthodoxen Bischofskonferenz in nischer Verbundenheit, und freue mich uns nur geschenkt, wenn wir für den Hei- Österreich vertritt mehr als eine halbe Mil- schon heute, ihm am Fest des heiligen ligen Geist, die Quelle aller Einheit, emp- lion orthodoxer Christen in Österreich. Aus- Andreas im Phanar in Konstantinopel er- fänglich sind. Das Zweite Vatikanische serdem hat er als Exarch des Ökumenischen neut begegnen zu dürfen. Konzil hat deshalb die spirituelle Ökume- Patriarchates für Ungarn und Mitteleuropa Der heilige Martin, der Patron Eurer ne als „Herz der Ökumenischen Bewe- auch geistliche Verantwortung für die im Diözese, hat das Herz der Menschen mit gung“ bezeichnet (Unitatis redintegratio, pannonischen Raum lebenden orthodoxen dem Teilen seines Mantels zugunsten eines 8). Sie ist als Gebetsbewegung entstanden Christen. Allein im Burgenland sind es ge- Armen berührt. In seinem Geist und des- und ist im Grunde, wie der große Förderer schätzte mehrere hundert. Metropolit Arse- halb mit großem Wohlwollen hast Du, lie- der spirituellen Ökumene, Abbé Paul nios: „Ich danke Bischof Ägidius und unse- ber Mitbruder im Bischofsamt, den Wunsch Couturier, sehr schön gesagt hat, ein ren Brüdern und Schwestern in St. Andrä für des griechisch-orthodoxen Metropoliten unsichtbar in der Welt verbreitetes dieses große Martins-Zeichen der Liebe und von Österreich Arsenios Kardamakis auf- Kloster. der Freundschaft. Das neue Kloster soll ein genommen, ein Kloster zu gründen, das Mit der Gründung eines orthodoxen Ort des Gebetes sein, ein geistliches Aus- den orthodoxen Christen im Burgenland Klosters wird diese spirituelle Ökumene strahlungszentrum für alle orthodoxen Chri- und in den angrenzenden Regionen als ein sichtbar und konkret. In Dankbarkeit für sten im pannonischen Raum und ein Haus spirituelles Zentrum dienen soll. Um die- dieses Zeichen gelebter Ökumene erteile gelebter Ökumene zwischen den Gläubigen ses wichtige Projekt verwirklichen zu hel- ich allen im Eisenstädter Martinsdom zur unserer beiden Kirchen.“ Die Klosterstiftung fen, hast Du der griechisch-orthodoxen Feier der heiligen Eucharistie Versammel- geht auf eine Bitte des Metropoliten im Früh- Kirche ein Stück Land aus kirchlichem Be- ten, den Gläubigen der Pfarre St. Andrä sommer dieses Jahres zurück. sitz zur Verfügung gestellt und überreichst und der Diözese Eisenstadt sowie den or- am Festtag des heiligen Martin im Dom thodoxen Brüdern und Schwestern im Festgottesdienst im zu Eisenstadt Metropolit Arsenios die Stif- Burgenland und in ganz Österreich von Zeichen der Einheit tungsurkunde. Es ist dies ein wunderbarer Herzen meinen Apostolischen Segen. Das diesjährige Martinsfest in der Diöze- Ausdruck Eurer ökumenischen Zusammen- Aus dem Vatikan, am 1. November se Eisenstadt stand ganz im Zeichen der Ein- arbeit. Mit diesem Akt wird einmal mehr 2014, dem Hochfest Allerheiligen. heit der Kirchen, zu dessen Festgottesdienst

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 58 »Burgenland Journal«

am Vormittag des 11. November Bischof Zsif- kovics neben den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. auch Metropolit Arsenios (Kardamakis) und weitere Metropoliten des Ökumenischen Patriarchats von Konstanti- nopel begrüßen. Superintendent Manfred Koch vertrat die Evangelische Kirche. Im Rahmen des Gottesdienstes wurde die Stiftungsurkunde für das neue Kloster in deutscher und griechischer Sprache verle- sen. Mit dem Kloster soll den orthodoxen Christen Pannoniens eine spiritueller Ort geschenkt werden, heißt es in der Urkunde. Das neue Kloster solle „einen Raum geleb- ter, von Nächstenliebe und Respekt getrage- ner Ökumene zwischen orthodoxen und ka- tholischen Christen“ ermöglichen. Ein Exem- plar der Urkunde überreichte Bischof Zsif- Einzug des Patriarchen und der Bischöfe in den Martinsdom zu Eisenstadt kovics an Patriarch Bartholomaios, das zwei- te Exemplar an Metropolit Arsenios. Die Christen müßten gemeinsam den Herausforderungen der Gegenwart begeg- nen, zeigte sich Bartholomaios I. überzeugt. „Trotz der scheinbaren Freiheit, der Entfal- tung der Würde der sogenannten Menschen- rechte, der Religionsfreiheit und der Iden- tität des Menschen kommt es in den letzten Jahre zum irrationalen Aufkommen des reli- giösen Fanatismus, zu Intoleranz, zu Leiden auf Grund mangelnder Bruderliebe und zu Rachegelüsten.“ Diesen Problemen entge- genzutreten sei Aufgabe aller Christen. Ein- dringlich rief der Patriarch zu einem „guten Klima der Versöhnung und der Zusammen- arbeit zwischen den Kirchen“ auf.

Nie dagewesenes Aufgebot an katholi- schen und orthodoxen Würdenträgern Bischof Zsifkovics und Patriarch Bartholomaios I. mit der Stiftungsurkunde für das Nach einem würdigen Empfang durch neue Kloster in St. Andrä am Zicksee die Militärmusik Burgenland zog die ortho- doxe Delegation bestehend aus Patriarch, zwei Metropoliten, einem Bischof, einem Erzpriester und zwei Diakonen in den Eisenstädter Dom ein, wo Bischof Zsifko- vics Bartholomaios I. in griechischer Spra- che herzlich begrüßte. Auf Seite der katholi- schen Kirche standen Kurienkardinal Kurt Koch, der Apostolische Nuntius in Öster- reich Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen und der Bischof von Bozen-Brixen, Ivo Muser, den zahlreich erschienenen katholi- schen Priestern vor.

Brüderlicher Dank des Patriarchen an Eisenstädter Bischof In seinem geistlichen Wort an die Gläu- bigen der Diözese ging Bartholomaios I. auf

Foto: http://www.kathbild.at / Franz Josef Rupprecht die Bedeutung des heiligen Martin für die Feierlicher Festgottesdienst im Martinsdom zu Eisenstadt christliche Welt und insbesondere für die

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 59 »Burgenland Journal«

v.l.: Burgenlands Landtagspräsident Gerhard Steier, Landesrätin Michaela Resetar, Landeshauptmann-Stellvertreter Franz Steindl, Landeshauptmann Hans Niessl, der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I., Landesrat Andreas Liegenfeld, Eisen- stadts Bischof Ägidius Zsifkovics und Eisenstadts Bürgermeister Thomas Steiner

Ökumene ein. „Wir schulden Eurer Exzel- menischen Patriarchen von Konstantinopel ter der Moderation des Bischöflichen Sekre- lenz, dem geliebten Bischof von Eisenstadt nach altem Brauch ein Martinskipferl – ein tärs und Pressesprechers der Diözese, Do- Ägidius, tiefsten Dank, da Sie die Wichtig- von MitarbeiterInnen der Katholischen Ak- minik Orieschnig, sprach Bartholomaios I. keit der Gründung und Existenz eines ortho- tion vorbereitetes starkes Symbol für die in freier Rede über seine Arbeit als Ehren- doxen Klosters zur Fortführung jenes vom Ökumene und ein süßer Vorgeschmack auf oberhaupt von 250 Millionen Christen. Er Gebet getragenen Lebens des heiligen Mar- die kommende Einheit und Altargemeinschaft sprach dabei u. a. die Situation verfolgter tin verstehen“, so der Patriarch zur Stiftung der Christen. orthodoxer Christen in Nahost sowie andere des 1. Orthodoxen Klosters Österreichs auf weltumspannende Religionsthemen an, kam burgenländischem Boden. Launiges Treffen mit aber auch auf das geplante 1. Orthodoxe Medienleuten im Bischofshof Kloster im Burgenland zu sprechen: „Wir Bischof Zsifkovics: Orthodoxes Kloster Was aufgrund des strengen Protokolls als sind nicht gekommen, um Euch zu beset- als »Vorgeschmack der kommenden kurze Begegnung mit handverlesenen Me- zen!“, sagte der Patriarch mit einem char- Einheit der Christen« dienvertretern gedacht war, entwickelte sich manten Lächeln zur Erheiterung der An- Anlässlich der Übergabe der Stiftungsur- durch die herzliche Spontaneität und den Hu- wesenden. „ kunde an den Patriarchen und an Metropolit mor des Patriarchen zu einem längeren Bei- http://www.martinus.at Arsenios nahm der Bischof den Begriff der sammensein in entspannter Atmosphäre. Un- Quelle: Diözese Eisenstadt „Ökumene“ als „bewohnter Erde“ auf, um seinem Wunsch Ausdruck zu verleihen, „daß das gestiftete Stück Erde in St. Andrä dem ganzen Erdkreis Beispiel und Vorgeschmack der kommenden christlichen Einheit sein möge“.

Geteiltes Martinskipferl als starkes Symbol Nach dem knapp zweistündigen Gottes- dienst, der von der Dommusik St. Martin un- ter der Leitung von Diözesanmusikdirektor Thomas Dolezal auf höchstem kirchenmusi- kalischen Niveau gestaltet wurde, zogen Bischof Zsifkovics und Bartholomaios I. aus dem Martinsdom aus. Am Vorplatz, wo sie bereits der versammelte Klerus mit den hohen kirchlichen Würdenträgern erwartete, Foto: http://www.kathbild.at / Franz Josef Rupprecht teilte der Eisenstädter Bischof mit dem Öku- Bischof Zsifkovics und Patriarch Bartholomaios I. mit geteiltem Martinskipferl

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 60 Aus Südtirol Absicherung der Finanzregelung Mit den Staatsoberhäuptern Italiens und Österreichs ist LH Arno Kompatscher in Rom zusammengekommen. it den Staatsoberhäuptern Italiens und MÖsterreichs, Giorgio Napolitano und Heinz Fischer, ist Landeshauptmann Arno Kompatscher am 11. und 12. November in Rom zusammengekommen. Dabei wurde noch einmal die völkerrechtliche Absiche- rung der neuen Finanzregelung hervorgeho- ben, und zwar nicht nur von Kompatscher, sondern vor allem von Seiten der Präsiden- ten und Regierungschef Matteo Renzi. „Daß Südtirol in den Unterredungen zwi- schen den beiden Präsidenten dermaßen brei- ten Raum eingenommen hat, empfinden wir als Zeichen der Wertschätzung und dafür, wie ernst das Thema der Finanzierung der Autonomie von beiden Staaten genommen wird“, so der Landeshauptmann, der zu dem aus Anlaß des Besuchs von Bundespräsident Foto: Quirinal/di Gennaro Fischer organisierten Empfang Napolitanos LH Kompatscher (r.) mit Bundespräsident Fischer beim Empfang im Quirinal in den Quirinal-Palast geladen war. und unmissverständlich die Schutzfunktion um Fischer auf den neuesten Stand in Sa- Mit Genugtuung aufgenommen hat Kom- Österreichs in Bezug auf die Finanzregelung chen Sicherungspakt zu bringen. Der Lan- patscher zudem die ebenfalls gegenüber dem unterstrichen worden“, so Kompatscher. deshauptmann betonte dabei, daß die Inhalte Bundespräsidenten gemachte Ankündigung Kompatscher ist dann am Vormittag des des Pakts nun in das Stabilitätsgesetz des von Premier Renzi, Österreich den Siche- 12. November erneut mit Bundespräsident Staates einfließen würden. „Sobald der Text rungspakt in einer Verbalnote übermitteln zu Fischer zusammengekommen und hat die steht, werden der Pakt formell unterzeichnet wollen. „Von beiden Seiten ist damit bei den Gelegenheit des Zusammentreffens in der und die Verbalnote an Wien übermittelt“, so gestrigen Gesprächen noch einmal ganz klar österreichischen Botschaft in Rom genutzt, Kompatscher. „ Positive Bilanz zu EU-Programm 64 der geförderten 113 Projekte sind schon abgeschlossen

Millionen Euro umfaßt das EU-Pro- vember mit dem Begleitausschuß Bilanz Programms „Investitionen in Wachstum und 74gramm zur Stärkung der regionalen über den Umsetzungsstand des Programms Beschäftigung“ (EFRE 2014-2020) gutge- Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung in gezogen hat. Diese Bilanz des aus Vertretern heißen, der Finanzplan für die Jahre bis 2020 Südtirol, etwas mehr als ein Drittel davon der beteiligten Landesabteilungen, des umfaßt rund 136 Millionen Euro. Über den stammt aus dem Europäischen Fonds zur För- Wirtschaftsministeriums, der europäischen Entwurf hat die Landesabteilung Europa da- derung der Regionalen Entwicklung (EFRE) Kommission sowie der Sozialpartner beste- nach mit Brüssel verhandelt und auch das und die Säulen, auf denen das Programm henden Ausschusses ist durchwegs positiv notwendige Partnerschaftsabkommen zwi- ruht, sind drei. So werden Projekte zur För- ausgefallen. Die rund 74 Millionen Euro des schen Italien und der EU-Kommission ist derung der Wettbewerbsfähigkeit gefördert, Südtiroler EFRE-Programms seien bereits mittlerweile unterzeichnet. dazu solche, die eine nachhaltige wirtschaft- zur Gänze zweckgebunden, heißt es aus dem Derzeit steht die Landesabteilung Europa liche Entwicklung sichern, und schließlich Ausschuß. Bei den fünf Ausschreibungen in Verhandlungen mit Brüssel, und zwar über Projekte, die der Vorbeugung naturbedingter seien insgesamt 198 Projekte eingereicht die dort gewünschten Änderungen und Risiken dienen. worden, zur Förderung zugelassen wurden Anpassungen. Sobald die Verhandlungen die- „Es geht um die Stärkung der Entwick- 113, davon sind 64 bereits abgeschlossen. ser Tage abgeschlossen werden, kann der lung Südtirols, die auf dem Zusammen- Neben dem Blick nach hinten gab es auch erste Aufruf zur Einreichung von Projektvor- wirken der verschiedenen Sektoren, auf der einen nach vorn, und zwar auf den neuen schlägen auf den Weg gebracht werden. Dies Innovationsfähigkeit und der Priorität von EU-Planungszeitraum 2014 bis 2020. Die sollte, davon geht man in der zuständigen Umweltbelangen gegenüber rein wirtschaft- Weichen dafür wurden in den letzten Mona- Landesabteilung aus, frühestens im ersten lichen Interessen gründet“, so Landeshaupt- ten gestellt: So hat die Landesregierung An- Halbjahr 2015 der Fall sein. „ mann Arno Kompatscher, der am 19. No- fang Juli den Entwurf des operationellen http://www.provinz.bz.it/europa/

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 61 Europa EU startet 315 Mrd. Investitionsoffensive Die Europäische Kommission hat am 26. November einen Investitionsplan mit einem Volumen von mindestens 315 Mrd. EUR angekündigt, um das Wachstum in Europa wieder anzukurbeln und mehr Arbeitsplätze zu schaffen. ie Europäische Kommission hat am 26. DNovember einen Investitionsplan mit einem Volumen von mindestens 315 Mrd. Euro angekündigt, um das Wachstum in Euro- pa wieder anzukurbeln und mehr Arbeits- plätze zu schaffen. Der Investitionsplan be- ruht auf drei Komponenten:  Einrichtung eines mit öffentlichen Mitteln garantierten neuen Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI), um in den kommenden drei Jahren (2015- 2017) zusätzliche Investitionen in Höhe von mindestens 315 Mrd. Euro zu mobi- lisieren,  Schaffung einer glaubwürdigen Projekt- Pipeline in Verbindung mit technischer Hilfe, damit die Investitionen dorthin Foto: European Union, 2014 fließen, wo sie am dringendsten benötigt Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker präsentiert Investitionsoffensive; rechts im Bild: Werner Hoyer, Präsident der Europäischen Investitionsbank EIB werden und  Aufstellung eines ehrgeizigen Zeitplans, möglich einsatzbereit ist. Europas Wirtschaft eine Vertrauenskrise. Deshalb besteht die um Europa für Investitionen attraktiver muß neu durchstarten – und wir schaffen Herausforderung darin, private Investitionen zu machen und regulatorische Engpässe heute die Voraussetzungen dafür.“ und attraktive Projekte wieder zusammenzu- zu beseitigen. Hierzu sagte der Vizepräsident der Euro- bringen. Wenn wir das erreichen wollen, müs- päischen Kommission, Jyrki Katainen, zu- sen wir mehr Risiko eingehen, um Projekt- Nach Schätzungen der Europäischen ständig für Arbeitsplätze, Wachstum, Inve- träger zu ermutigen, ihre Investitionsvorha- Kommission könnten das BIP der EU durch stitionen und Wettbewerbsfähigkeit: „Wir ben in die Tat umzusetzen. Der neue Euro- das vorgeschlagene Maßnahmenpaket in den brauchen neue Investitionen in Europa, und päische Fonds für strategische Investitionen nächsten drei Jahren um 330 bis 410 Mrd. hierzu müssen zusätzliche private Mittel mo- wird eine gezielte, risikoabdeckende An- Euro gesteigert und bis zu 1,3 Millionen neue bilisiert werden. Der neue Europäische Fonds schubfinanzierung für wirtschaftlich tragfä- Arbeitsplätze geschaffen werden. für strategische Investitionen wird dabei als hige Investitionen bereitstellen und dabei auf Der Präsident der Europäischen Kommis- Multiplikator dienen. Jeder im Rahmen des den Kenntnissen und Erfahrungen der Bank sion, Jean-Claude Juncker, erklärte dazu: Fonds aus öffentlichen Mitteln mobilisierte bei Projektauswahl und -management auf- „Wenn Europa mehr investiert, wird Europa Euro wird Investitionen von etwa 15 Euro bauen. Hinzu kommen weitere Initiativen mehr Wohlstand und mehr Arbeitsplätze generieren, die andernfalls nicht getätigt wür- wie der Abbau von Verwaltungslasten und der schaffen – so einfach ist das. Der Investi- den. Der Fonds verfügt somit von Anfang an Aufbau einer Investitionsberatung, um die tionsplan, den wir heute in enger Zusam- über eine beträchtliche Schlagkraft, und sein Vorbereitung und Entwicklung von Projek- menarbeit mit der Europäischen Investitions- Tätigkeitsfeld kann in dem Maße, in dem ten in ganz Europa anzukurbeln.“ bank vorlegen, ist ein ehrgeiziger und neuer weitere Akteure hinzukommen, erweitert wer- Der neue Investitionsplan wird auf drei Ansatz, Investitionen anzukurbeln ohne neue den. Die Kommission ruft die Mitglieds- Komponenten beruhen: Schulden zu machen. Jetzt ist der Moment, staaten und die nationalen Förderbanken zur um in unsere Zukunft zu investieren – und Beteiligung auf, um die Wirkung des Fonds 1. Mobilisierung zusätzlicher zwar in Bereichen, die für Europa von be- zu vervielfachen und weitere positive Aus- Finanzmittel für Investitionen sonderer strategischer Bedeutung sind, wie strahlungseffekte für die europäische Wirt- Mit dem Investitionsplan werden in den Energie, Verkehr, Breitbandanbindung, Bil- schaft zu erzielen.“ kommenden drei Jahren (2015-2017) öffent- dung, Forschung und Innovation. Ich zähle Der Präsident der Europäischen Investi- liche und private Investitionen in die Real- darauf, daß das Europäische Parlament und tionsbank, Werner Hoyer, erklärte dazu: „In wirtschaft im Umfang von mindestens 315 die Mitgliedsstaaten nun ihren Anteil dazu Europa ist ausreichend Liquidität vorhan- Mrd. Euro mobilisiert. In einer Zeit, in der beitragen, damit der neue Europäische Fonds den, aber es mangelt an Investitionen. Wir öffentliche Mittel knapp sind, während in für strategische Investitionen so bald wie erleben derzeit im Bereich der Investitionen Finanzinstituten sowie auf Firmen- und Pri-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 62 Europa vatkonten schnell verfügbares Geld vorhan- Finanzmittel dank der Einrichtung einer wird sich der Plan auf Maßnahmen im Fi- den ist, besteht die Herausforderung darin, transparenten Projekt-Pipeline zur Ermitt- nanzsektor konzentrieren, z. B. auf die Schaf- den Teufelskreis von fehlendem Vertrauen lung tragfähiger Projekten auf EU-Ebene und fung einer Kapitalmarktunion, um KMU und zu geringen Investitionen zu durchbre- der Bereitstellung der erforderlichen techni- besser mit Kapital zu versorgen, sowie auf chen. Der Investitionsplan beinhaltet eine in- schen Hilfe zur Unterstützung der Projekt- langfristige Projekte. telligente Mobilisierung öffentlicher und pri- auswahl und -gestaltung wie auch durch den Im Vordergrund steht der Abbau der er- vater Finanzierungsquellen, bei der jeder Einsatz innovativerer Finanzinstrumente in heblichen rechtlichen und sonstigen Hinder- Euro an öffentlichen Geldern dazu genutzt die Realwirtschaft geleitet. nisse, die nach wie vor in allen wichtigen wird, zusätzliche private Investitionen zu er- Der neue Fonds wird Unterstützung für Infrastruktursektoren – wie Energie, Telekom- zielen, ohne dabei neue Schulden zu ma- strategische Infrastrukturinvestitionen bie- munikation, digitale Netze und Verkehr – chen. ten, insbesondere in den Bereichen Breit- bestehen, sowie der Abbau von Hindernissen Ein neuer Europäischer Fonds für strate- band- und Energienetze, Verkehr in Indu- auf den Dienstleistungs- und Produktmärk- gische Investitionen (EFSI) wird in Partner- striezentren, ferner Bildung, Forschung und ten. Die Kommission wird im Dezember in schaft mit der Europäischen Investitions- Entwicklung, erneuerbare Energien und ihrem Arbeitsprogramm für 2015 eine Liste bank (EIB) eingerichtet. Grundlage bilden Energieeffizienz. vorrangiger Maßnahmen vorschlagen, die eine Garantie in Höhe von 16 Mrd. Euro aus Er wird auch die Ausstattung von KMU sich direkt auf den Investitionsplan bezie- dem EU-Haushalt und weitere 5 Mrd. Euro, und Mid-Cap-Unternehmen in ganz Europa hen. die von der EIB bereitgestellt werden. Nach mit Risikokapital fördern. Durch die Bereit- vorsichtigen Schätzungen auf der Grundlage stellung höherer direkter Kapitalbeteiligun- Nächste Schritte – kurzfristig früherer Erfahrungen wird der Multiplikator- gen und zusätzlicher Garantien für KMU- (Dezember 2014/Januar 2015) effekt des Fonds bei 1:15 liegen. Mit ande- Darlehen wird dies den Unternehmen helfen, Das Europäische Parlament und der Euro- ren Worten: Durch jeden Euro aus öffent- Kapitalmangel zu überwinden. päische Rat – auf seiner Tagung im Dezem- lichen Mitteln, der über den Fonds bereitge- Die Mitgliedsstaaten legen der im Sep- ber – werden aufgefordert, den Investitions- stellt wird, werden Investitionen von insge- tember 2014 eingerichteten gemeinsamen plan für Europa zu begrüßen, der auch eine samt 15 Euro generiert, die andernfalls nicht Task Force von Kommission und EIB bereits Verpflichtung zur raschen Annahme ein- getätigt würden. Listen von Projekten vor, die nach den fol- schlägiger Rechtsvorschriften beinhaltet. Der Schwerpunkt des Fonds sollte auf genden drei Schlüsselkriterien ausgewählt Die Mitgliedsstaaten werden in Kürze die Investitionen in die Infrastruktur liegen, ins- werden: Programmplanung der europäischen Struk- besondere in den Bereichen Breitband- und  Projekte mit europäischem Mehrwert zur tur- und Investitionsfonds abschließen, um Energienetze sowie Verkehrsinfrastruktur in Unterstützung der Ziele der EU Wirtschaft- deren Hebelwirkung zu optimieren, während Industriezentren, Ausbildung, Forschung lichkeit und ökonomischer Wert – Vor- der Europäische Investitionsfonds dank und Innovation, erneuerbare Energien und rang genießen Projekte mit hoher sozioö- eines ersten zusätzlichen Beitrags der EIB Investitionen in KMU und Unternehmen mit konomischer Rendite. aufgestockt wird. Parallel dazu werden die mittlerer Kapitalausstattung (Mid-Cap-  Möglichkeit des Projektstarts innerhalb Kommission und die EIB die formalen Ver- Unternehmen). der nächsten drei Jahre, d. h. realistische einbarungen für den neuen Europäischen Durch die Schaffung des Fonds im Erwartungen hinsichtlich der Investi- Fonds für strategische Investitionen in die Rahmen der bestehenden Struktur der EIB- tionsaufwendungen im Zeitraum 2015- Wege leiten. Gruppe kann dieser im Frühjahr 2015 zügig 2017. Die gemeinsame Task Force der Kom- eingerichtet werden. Der Fonds hat das  Außerdem sollten die ausgewählten Pro- mission und der EIB soll im Dezember eine Potenzial, im Zeitraum 2015-2017 zusätzli- jekte das Potential zur Mobilisierung wei- erste Aufstellung möglicher Investitionspro- che Finanzmittel in Höhe von mehr als 315 terer Finanzierungsquellen und eine an- jekte vorlegen, um mit dem Aufbau einer Mrd. Euro zu mobilisieren. Der Fonds soll gemessene Größe und Skalierbarkeit (dif- transparenten europäischen Projekt-Pipeline ab Mitte 2015 einsatzbereit sein. ferenziert nach Sektoren/Teilsektoren) zu beginnen. Die technische Hilfe wird zu- Ergänzt wird dies durch die Maximierung aufweisen. sammen mit der EIB und den wichtigsten der Hebelwirkung der Europäischen Struk- nationalen und regionalen Akteuren ausge- tur- und Investitionsfonds für den Zeitraum Die Kommission und die EIB werden baut, um eine „Plattform“ für Investitionsbe- 2014-2020, indem vermehrt Darlehen, Be- zudem ein umfassendes Programm zur tech- ratung aufzubauen, die One-Stop-Shop- teiligungskapital und Garantien anstelle her- nischen Hilfe bei der Ermittlung von Pro- Dienste für Projektträger, Investoren und die kömmlicher Zuschüsse eingesetzt werden. jekten und zur Steigerung ihrer Attraktivität Verwaltungsbehörden bietet. Dadurch wird die Hebelwirkung auf 1:3 bis für private Investoren starten. Alle entsprechenden Maßnahmen sollten 1:4 gesteigert. Durch eine Verdoppelung in- rechtzeitig angenommen werden, sodaß der novativer Finanzinstrumente und die Nut- 3. Fahrplan zur Beseitigung neue Europäische Fonds für strategische In- zung der daraus resultierenden Hebelwirkung der Investitionshindernisse vestitionen bis Mitte 2015 eingerichtet wer- könnten von 2015 bis 2017 zwischen 20 und Die Investitionsoffensive wird einen den kann. Bis Mitte 2016 werden die Euro- 35 Mrd. Euro an zusätzlichen Investitionen Fahrplan zur Beseitigung der sektorspezifi- päische Kommission und die Staats- und in die Realwirtschaft mobilisiert werden. schen Rechtsvorschriften beinhalten, die Regierungschefs eine Bilanz der Fortschritte Investitionen behindern. und, falls erforderlich, weitere Optionen in 2. Eine glaubwürdige Projekt-Pipeline Zur Verbesserung des Unternehmensum- Erwägung ziehen. „ Durch den Investitionsplan werden die felds und der Finanzierungsbedingungen http://ec.europa.eu

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 63 Wirtschaft Flaute der österreichischen Industrie hält an …jedoch kein weiterer Einbruch, wie der Bank Austria EinkaufsManagerIndex zeigt

rstmals seit einem halben Jahr hat sich saisonbereinigt unbereinigt Eder Abwärtstrend in der heimischen In- dustrie nicht mehr beschleunigt. „Im No- vember ist der Bank Austria EinkaufsMana- gerIndex um 0,5 auf 47,4 Punkte gestiegen. Mit einem Wert unter der 50er-Grenze zeigt der Indikator jedoch weitere Einbußen der österreichischen Industriebetriebe gegenüber dem Vormonat an, aber das Tempo hat sich im November etwas verringert“, analysiert Bank Austria Chefvolkswirt Stefan Bruck- bauer. Das schwache Nachfrageumfeld bela- stet die heimische Industrie und bestimmt wesentlich die betrieblichen Entscheidun- gen. „Im November ist die Produktionslei- stung der Industrie in Österreich etwas lang- Quelle: MarkitEconomics, BankAustriaEconomics&MarketAnalysis Austria samer gesunken als im Vormonat, zumal Angesichts der anhaltenden Nachfrage- November dagegen weitgehend unverändert. auch die Neuaufträge etwas weniger zurück- flaute haben die heimischen Industriebe- Es wird sich erst in den kommenden Mona- gegangen sind. Allerdings nehmen die Auf- triebe ihre Personalkapazitäten an die gerin- ten zeigen, ob dies ausschließlich der schwa- tragspolster weiter rasant ab, die Einkaufs- geren Produktionserfordernisse angepaßt. chen Nachfrage geschuldet ist, oder ob die menge wird reduziert, die Einkaufspreise Im November verringerte sich die Beschäf- Industriebetriebe in Erwartung einer bevor- sinken stark und auch die Personalkapazitä- tigung gegenüber dem Vormonat sogar in stehenden Nachfragebelebung bereits eine ten werden unvermindert rasch an die gerin- unvermindert hohem Tempo. „Mit durch- Anpassung der Verkaufslager vornehmen. ge Nachfrage angepaßt“, faßt Bruckbauer schnittlich 583.000 Arbeitskräften sind in Jedoch sprechen knapp vor Ende des Jahres einige Details der monatlichen Umfrage un- der Industrie im bisherigen Jahresverlauf ge- 2014 einige Detailergebnisse der monatli- ter Österreichs Einkaufsmanagern zusammen. ringfügig weniger Menschen beschäftigt als chen Umfrage unter Österreichs Einkaufs- Die Produktionsleistung der heimischen im Vorjahr. Nach vier Jahren in Folge mit managern dafür, daß die heimische Industrie Industrie sank im November nicht mehr so einem Beschäftigungszuwachs und einem die Konjunkturdelle weitgehend durchschrit- stark wie im Vormonat. Jedoch erreicht der Plus von insgesamt 20.000 Jobs seit 2010 ten hat und bald wieder Aufwind spüren Produktionsindex mit genau 48 Punkten nur wird 2014 die Industrie erstmals wieder wird. Alle Komponenten zeigen eine Ver- den zweitniedrigsten Wert seit rund zwei einen Rückgang verzeichnen, während in langsamung des Abwärtstrends und der Bank Jahren und zeigt mittlerweile den dritten der Gesamtwirtschaft die Zahl der Jobs um Austria EinkaufsManagerIndex übersteigt Monat in Folge einen Rückgang an. „Ge- 0,6 Prozent im Vergleichszeitraum angestie- insgesamt den Jahrestiefstwert des Vormo- bremst wurde der Abwärtstrend in der Pro- gen ist“, analysiert Pudschedl. nats. Ein positives Signal für die heimische duktion durch eine Verlangsamung der Ein- Fehlende positive Konjunkturimpulse Industrie ist der aktuelle Anstieg des deut- bußen im Neugeschäft. Während sich die veranlaßten die österreichischen Industrie- schen IFO-Geschäftsklimaindex. Die Unter- Aufträge aus dem Inland im November auf betriebe zu noch mehr Zurückhaltung im nehmen scheinen die Belastungen der Ruß- niedrigem Niveau konsolidierten, sind die Einkauf. „Die Verbilligung von Rohöl und land/Ukraine-Krise verdaut zu haben, gleich- Auftragseingänge aus dem Ausland stark ein- anderen Vormaterialien am Weltmarkt wurde zeitig verbessern sich die Vorzeichen für das gebrochen“, so Bank Austria Ökonom Wal- von den österreichischen Betrieben im beste- exportorientierte Geschäft. „Der schwächere ter Pudschedl. Die schwächelnde Konjunk- henden Nachfrageumfeld überwiegend nicht Euro, der deutlich niedrigere Ölpreis und die tur in wichtigen Exportmärkten und der zu- genutzt. Trotz sinkender Einkaufspreise robuste US-Wirtschaft sind drei starke Ar- nehmend aggressive Wettbewerb sorgten für wurde die Einkaufsmenge im November so gumente für eine Belebung der österreichi- das stärkste Auftragsminus aus dem Ausland stark verringert, wie zuletzt vor mehr als schen Industriekonjunktur ab dem ersten seit mehr als eineinhalb Jahren. Offenbar zwei Jahren, zumal aus Kostengründen auch Quartal 2015. Wir sind optimistisch, daß die- wurden die österreichischen Betriebe vom Lagerabbauprogramme verstärkt umgesetzt se Impulse den überzogenen Pessimismus Ausmaß des Auftragsrückgangs überrascht, wurden“, meint Pudschedl. Die Lagerbestän- der vergangenen Wochen vertreiben und die da sie Produktion an die niedrigere Nach- de an Vormaterialien nahmen deutlich ab, heimische Industrie nach dem schwachen frage nicht stark genug angepaßt haben, um wenn auch nicht mehr ganz so stark wie im zweiten Halbjahr 2014 wieder auf einen eine weitere deutliche Abnahme der Auf- Vormonat. Wachstumskurs zurückkehren kann“, erwar- tragspolster zu verhindern. Die Fertigwarenlagerbestände blieben im tet Bruckbauer abschließend. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 64 Wirtschaft Konjunktur in träger Abschwächungsphase rste Schätzungen zum Bruttoinlands- gemäß einer ersten Schätzung im Oktober 2,4 %. Im Vorjahresvergleich betrug der Eprodukt (BIP) weisen auf eine Stagna- ein Wert von 0,4 % erwartet. Zudem scheint Rückgang im August 2,3 %. Der WIFO- tion der österreichischen Wirtschaft im III. die Finanzmarktkrise noch nicht ganz über- Frühindikator wies auch im September und Quartal 2014 hin, wie das Österreichische wunden: Beim jüngsten Streßtest der EZB Oktober auf eine anhaltend abwärtsgerichtet Institut für Wirtschaftsforschung WIFO entsprachen 25 der 130 geprüften systemre- Entwicklung hin, welche zumindest bis bekanntgab. Die der Wirtschaftsentwicklung levanten Banken im Euro-Raum nicht, und Ende 2014 andauern wird. vorlaufenden Indikatoren zeigen für die 13 davon konnten das fehlende Eigenkapital Die heimischen Banken bestanden den kommenden Monate eine weitere leichte Ver- bislang noch nicht aufbringen. Die Unsi- Stresstest der EZB; nur ein Institut muß mit schlechterung der Lage an. Noch liegen kei- cherheiten zeigen sich auch auf den Finanz- zusätzlichem Eigenkapital versorgt werden. nerlei Anzeichen für eine anschließende Be- märkten, im Oktober etwa schnellten die Dem europäischen Trend folgend ver- lebung der Dynamik vor, jedoch scheint Renditen griechischer Staatsanleihen inner- langsamte sich die Inflation auch in Öster- auch kein stärkerer Einbruch bevorzustehen. halb weniger Tage von 6,7 % auf über 9 % reich (September 1,6 %, August 1,7 %). Die heimische Konjunktur befindet sich in hinauf. Preiserhöhend wirkten abermals die Mieten einer trägen Abschwächungsphase. Der Mangel an Auslandsnachfrage be- und einige Nahrungsmittelpreise. Der österreichischen Wirtschaft fehlen wirkte gemeinsam mit schleppendem Wachs- Trotz der geringen Konjunkturdynamik zur Zeit die Wachstumsimpulse sowohl aus tum des Konsums und dem Rückgang der wurde die Beschäftigung auch im Oktober dem Inland als auch aus dem Ausland. Die Investitionen im III. Quartal eine Stagnation etwas ausgeweitet, jedoch stieg zugleich die Konsumnachfrage leidet unter der ungünsti- der österreichischen Wirtschaft. Bereits in Arbeitslosigkeit neuerlich. Im Oktober regi- gen Einkommenssituation der privaten den zwei Quartalen zuvor war eine schritt- strierte das AMS 310.300 Arbeitslose. Die Haushalte, und die Unternehmen zögern In- weise Abnahme der wirtschaftlichen Dyna- saisonbereinigte Arbeitslosenquote verharrte vestitionsentscheidungen aufgrund der mik festzustellen gewesen. Der Industrie- damit auf 8,6 %. „ schlechten Wirtschaftsaussichten hinaus. produktionsindex sank im Juli gegenüber http://www.wifo.ac.at Das größte Problem ist aber die Schwä- dem Vormonat um 0,7 % und im August um http://www.konjunkturtest.at che der Warenexporte sowohl in die Länder des Euro-Raumes als auch die Schwellen- länder, welche der Weltwirtschaft in den ver- gangenen Jahren wichtige Impulse verliehen Statistik Austria präsentiert hatten. Nur in den USA wächst die Wirtschafts- persönlichen Inflationsrechner leistung derzeit kräftig. Auf einen Anstieg des BIP im II. Quartal um real 1,1 % gegen- tatistik Austria stellt auf ihrer Webseite nen Gewichtungsschema aus, das alle im über der Vorperiode folgte im III. Quartal Seinen „persönlichen Inflationsrechner“ Inland getätigten Konsumausgaben berück- abermals eine kräftige Erhöhung um 0,9 %. bereit, mit dem alle Interessierten die Teue- sichtigt. Was damit objektiv gemessen wird, Während die Notenbank der USA wegen der rung für ihren persönlichen Haushalt mit der bildet aber nicht ab, was subjektiv von Kon- voranschreitenden Erholung auf dem Ar- offiziellen Inflationsrate vergleichen kön- sumentInnen empfunden wird. Mit dem beitsmarkt ihr Wertpapierankaufsprogramm nen. Trägt man die eigenen Ausgaben in den neuen Tool kann nun eine persönliche Infla- zur Ausweitung der Geldmenge eingestellt „persönlichen Inflationsrechner“ ein, steht tionsrate ermittelt werden. Diese wird durch hat, schwenkt die Fiskalpolitik noch nicht auf einen Blick die Information zur Verfü- Eintragen der eigenen Ausgabenwerte für bis auf einen restriktiveren Kurs ein. Die Neu- gung, ob der eigene Haushalt stärker oder zu 41 Ausgabengruppen, z. B. Nahrungs- verschuldung des Gesamtstaates erreicht schwächer von der Inflation betroffen ist als mittel und Miete, berechnet. Die Teilindizes 2014 voraussichtlich rund 6 % des BIP; die der gesamtösterreichische Durchschnitt. des Verbraucherpreisindex werden dadurch Staatsschuld wächst damit anhaltend (2013: „Aktuelle preisstatistische Daten können mit neu gewichtet und ergeben im Resultat eine 105 % des BIP). dem persönlichen Inflationsrechner auf ein- individuelle, persönliche Inflationsrate. Im Euro-Raum verringerte sich die Kon- fache Art und Weise für individuelle Ana- Der persönliche Inflationsrechner dient junkturdynamik hingegen wieder. Betroffen lysen genutzt werden“, faßt Konrad Pesen- rein informativen Zwecken. Die mit ihm be- ist hier vor allem die Industrie – der dorfer, fachstatistischer Generaldirektor von rechnete persönliche Inflationsrate ist kein Produktionsindex sank im August gegenüber Statistik Austria, zusammen. von Statistik Austria verlautbarter Indikator Juli um 1,8 %; der Anstieg im Juli um 0,9 % Der Verbraucherpreisindex als Inflations- für jegliche vertragliche Wertsicherung hatte den Rückgang in den zwei Monaten maßstab kann und soll nicht das Gewich- (siehe Wertsicherungsrechner). zuvor nicht ausgeglichen. Die Schwäche der tungsschema einzelner Haushalte abbilden. Der Link zum persönlichen Inflations- Konsumnachfrage dämpft weiterhin den Die aus ihm ermittelte Inflationsrate gilt als rechner: Verbraucherpreisauftrieb. Nach einer Infla- Maßstab der allgemeinen Teuerung in Öster- http://www.statistik.at/persoenlicher_inflationsrechner tionsrate von 0,3 % im September wird reich und geht von einem einzigen allgemei- http://www.statistik.at/Indexrechner/

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 65 Wirtschaft Prognostizierte Wirtschaftsflaute aktiv bekämpfen WKÖ-Präsident Christoph Leitl nennt beim Wirtschaftsparlament der Wirtschaftskammer Österreich fünf Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur – so wie SPD-Chef Sigmar Gabriel – klares Bekenntnis gegen Vermögenssteuern

n seinem „Bericht zur Lage der Österrei- triebsvermögen würde ich auf keinen Fall Ichischen Wirtschaft“ konstatierte WKÖ- mitmachen.“ Leitl will diese Einsicht des Präsident Christoph Leitl am 27. November deutschen Vizekanzlers dem SPÖ-Parteitag vor dem Wirtschaftsparlament der Wirt- „ins Stammbuch schreiben“. Auch er trete schaftskammer Österreich (WKÖ) ein für Verteilungsgerechtigkeit ein. Aber auch „Wechselbad der Gefühle“ für die heimische für eine solche zwischen Staat und dem Bür- Wirtschaft. Auf der einen Seite stünden ger. Wenn von einer Lohnerhöhung zwei großartige Unternehmen, die trotz allgemei- Drittel der Staat kassiere und nur ein Drittel ner Wachstumsschwäche nach wie vor welt- der Arbeitnehmer erhalte, dann gehe das auf weit tolle Erfolge erzielen. Und EU-Kom- Dauer nicht an. Der WKÖ-Präsident „unter- missionspräsident Juncker habe mit seinen stützt alle Bestrebungen gegen Steuerflucht Investitionsplänen neue Perspektiven für den und Steuerbetrug – daher stehe ich auch zur unternehmerischen Mittelstand eröffnet. Ei- entsprechenden europäischen Initiative von

ne „kalte Dusche“ biete dagegen das aktuelle Foto: Wirtschaftskammer Österreich Finanzminister Schelling“„ Wirtschaftsbarometer der WKÖ. Diese groß- Und der WKÖ-Chef wehrt sich auch WKÖ-Präsident Christoph Leitl angelegte Befragung der österreichischen Be- gegen den Vorwurf, daß Arbeit krank mache triebe zeige, daß die Wirtschaft aktuell und WKÖ-Präsident auf das neue Gesetz gegen und die Arbeitgeber für die Krankheiten ihrer im kommenden Jahr mit der schwierigsten Lohn- und Sozialdumping, wo es zwar Ver- Mitarbeiter verantwortlichen seien. Dabei Situation seit dem Ausbruch der Finanzkrise schärfungen für „schwarze Schafe“ gibt, aber verwies er auf eine Studie, wonach die Ar- 2008/2009 konfrontiert ist. wo bei leichten Verfehlungen oder Irrtümern beitsplatzzufriedenheit der österreichischen Leitl: ´“Heuer wird es statt der prognosti- das Prinzip „Beraten statt Strafen“ gilt: „Al- Arbeitnehmer an zweiter Stelle in Europa zierten 1,7 Prozent Wachstum bestenfalls 0,7 lein das Arbeitnehmerschutzgesetz hat 1209 liege. Dafür gehöre den Betrieben großer Prozent geben. Das bedeutet 25.000 Arbeits- Bestimmungen. Die kann kein Unternehmer Dank. plätze weniger und 1,5 Milliarden Minder- alle kennen. Wir werden daher der Frage Was anstehende Maßnahmen betrifft, einnahmen für die öffentliche Hand. Und das nachgehen, wie das mit Strafen ist, wenn ein nannte Leitl den Handwerkerbonus, hier wer- für 2015 prognostizierte Wachstum von 1,2 Betroffener gar nicht mehr die Kenntnis über de eine „Brücke zwischen 2014 und 2015 Prozent ist – offen gesagt – auch nicht in die ganze Gesetzeslage haben kann. Es gibt trotz mittlerweile ausgeschöpfter Mittel Sicht. Wir werden im kommenden Jahr zwar auch in vielen Fällen viel zu hohe, völlig un- kommen“. Positiv seien auch die mit 1. Jän- nicht abstürzen, aber auch nicht hinaufkom- verständliche Strafen – und ich verlange auch, ner 2015 erreichten 200 Millionen Euro an men.“ daß Kontrollen und Prüfungen in einer wür- Entlastungen bei den Lohnnebenkosten. Die- Dieser Entwicklung gegensteuern will digen Form ablaufen müssen.“ ser Weg müsse fortgesetzt werden. Und es die Wirtschaftskammer mit fünf Maßnah- Der WKÖ-Präsident sprach sich zum sei auch zu begrüßen, daß Kleinanlagen künf- men: wiederholten Mal gegen ein Bonus-/Malus- tig genehmigungsfrei sind. 1) zusätzliche Investitionsanreize (etwa eine System bei der Beschäftigung älterer Arbeit- Nicht zuletzt dankte der WKÖ-Chef den degressive Abschreibung); nehmer aus: „Ich bin für Anreize. So könnte Delegierten anläßlich der letzten Sitzung des 2) Forcierung der thermischen Sanierung ein älterer Arbeitnehmer 3000 Euro Prämie Wirtschaftsparlaments vor der WK-Wahl im und einer Wohnbauoffensive; von seinem fiktiven Pensionsanspruch erhal- Februar 2015 für ihre Mitwirkung und Ar- 3) Infrastrukturprojekte, die schon lange ten, der Arbeitgeber-Betrieb ebenfalls 3000 beit im Interesse der Betriebe. Er gehe davon Jahre in Genehmigungsverfahren verhar- Euro. 6000 Euro könnten im Pensionssystem aus, daß der Wahlkampf ein positiver Wett- ren, müssen endlich angegangen werden; verbleiben. Ich bin gegen Strafen, aber für bewerb der Ideen sein werde. Denn in den 4) zusätzliche alternative Finanzierungsfor- Anreize und freie Entscheidungen.“ kommenden Jahren gebe es ungeachtet aller men für Betriebe wie etwa Crowd fun- Was die aktuelle Steuerreform-Diskus- Fraktionsgrenzen ein gemeinsames Ziel: ding und Mittelstandsfinanzierungsge- sion betrifft, verwies Leitl auf den deutschen „Wir müssen Österreich in der wirtschaft- sellschaften und SPD-Chef Sigmar Gabriel. Dieser spricht lichen Entwicklung wieder zurück an die 5) Bekämpfung des „Bürokratiemonsters“. sich gegen eine Vermögenssteuer aus, weil Spitze bringen und für die Betriebe Rahmen- sie das Eigenkapital der Betriebe reduziere bedingungen schaffen, die ihnen die Kraft Was den notwendigen Abbau von büro- und damit Arbeitsplätze gefährde. Gabriel geben, ihre hochgesteckten Ziele zu errei- kratischen Hemmnissen betrifft, verwies der im O-Ton: „Eine Vermögenssteuer auf Be- chen.“ „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 66 Wirtschaft Erstmals über 20 Millionen Gäste Die Sommersaison 2014 bringt bestes Nächtigungsergebnis seit 20 Jahren – Nächtigungen trotz schwieriger Rahmenbedingungen weiter gestiegen – Optimistischer Ausblick auf Wintersaison

ür die touristische Sommersaison 2014 gleichsweise niedrigen Nächtigungsniveau F(Mai bis Oktober) wurden nach vorläufi- lagen, zeigen diese starken Zuwachsraten die gen Ergebnissen von Statistik Austria 67,16 zunehmende Internationalisierung des öster- Mio. Nächtigungen gemeldet. Das entspricht reichischen Tourismus. einer Zunahme von 1,0 % gegenüber der Som- Nach Unterkunftsarten betrachtet blieb mersaison des Vorjahres. Gleichzeitig wurde die Übernachtungszahl in Privatquartieren mit 20,55 Mio. Ankünften (+3,0 %) erstmals weitgehend stabil (1994: 9,67 Mio.; 2014: die 20-Millionen Marke bei der Gästezahl 9,38 Mio.). Die Zahl der Übernachtungen in übertroffen. Sowohl inländische (+2,4 %) Hotels der 1- bis 5-Stern-Kategorien konnte und ausländische Ankünfte (+3,3 %) als auch im Vergleich zu 1994 um 5,5 % auf 43,74 inländische (+0,4 %) und ausländische Über- Mio. gesteigert werden. Auffälliger sind nachtungen (+1,3 %) trugen zu diesem ins- jedoch die Verschiebungen innerhalb der Un- gesamt positiven Sommerergebnis bei. terkunftskategorien: Lag der Anteil der Mit 25,02 Mio. (+0,5 %) entfielen in der Übernachtungen in 2/1-Stern Betrieben 1994 Sommersaison rund 37 % aller Nächtigun- noch bei 17,1 % und der Anteil der 5/4-Stern gen in entgeltlichen Unterkunftsarten auf Übernachtungen bei 20,1 %, hat sich diese Gäste aus Deutschland. Der zweitwichtigste Verteilung zugunsten der höherwertigen Ka- ausländische Herkunftsmarkt – die Nieder- tegorien verschoben (Anteil 2014: 7,6 % in lande – war hingegen mit -0,5 % (3,57 Mio. 2/1-Stern Betrieben und 36,2 % in 5/4-Stern Übernachtungen) leicht rückläufig. Auch die Betrieben). übrigen Herkunftsländer entwickelten sich Betrachtet man die Nächtigungsvertei- unterschiedlich. So stiegen die Übernach- lung nach Sommermonaten, dann weist tungszahlen von Gästen aus der Schweiz 2014 im Vergleich zu 1994 eine stärkere (+1,6 %), dem Vereinigten Königreich Nachfrage der Nebensaisonen auf. So lagen (+3,0 %), Belgien (+2,3 %), der Tsche- die Nächtigungen 2014 sowohl im Zeitraum chischen Republik (+5,1 %), Ungarn Mai bis Juni als auch im Zeitraum Septem- (+7,3 %) oder Polen (+8,7 %). Rückläufig ber bis Oktober über dem Niveau von 1994, entwickelten sich die Übernachtungszahlen und während 2014 rund 50 % aller Sommer- von italienischen (-3,5 %), französischen nächtigungen in den Monaten Juli und Foto: http://www.bilderbox.com (-1,1 %) oder russischen Gästen (-11,3 %). August stattfanden, betrug 1994 der Anteil 36,2 % der Gäste übernachteten Der Oktober 2014 trug mit 7,03 Mio. im Sommer in 5/4-Stern Betrieben der beiden Monate 55 %. Übernachtungen und einem Plus von 3,6 % zu diesem Rekord-Sommerergebnis bei. Ins- saisonen der beginnenden 1990er-Jahre ver- Bisheriges Kalenderjahr 2014: Leichter gesamt ist der Anstieg gegenüber der Vorjah- gleichbar (die stärkste Sommersaison war Rückgang der Übernachtungszahlen ressaison den Anstiegen in der Sommer- 1991 mit 78,12 Mio. Übernachtungen). Al- Für das bisherige Kalenderjahr 2014 vorsaison (Übernachtungen Mai und Juni lerdings hat sich die Zusammensetzung der (Jänner bis Oktober 2014) lagen rund 116,69 2014: +5,0 %) sowie der Sommernachsaison Nächtigungen in den letzten 20 Jahren be- Mio. Übernachtungen vor, um 0,8 % weni- (Übernachtungen September und Oktober deutend geändert. Übernachtungen von deut- ger als im selben Vorjahreszeitraum. Trotz 2014: +1,5 %) zuzuschreiben, während die schen und österreichischen Gästen hielten positiver Entwicklung der Sommersaison Sommerhauptsaison (Juli und August 2014) 1994 noch einen Anteil von 76,4 %, davon 2014 ist dieser Gesamtrückgang der bisheri- mit -1,0 % leicht rückläufig war. allein Deutschland 50,2 %. In der abgelaufe- gen Jahresnächtigungen der negativen Näch- nen Sommersaison wurden 65,4 % der Über- tigungsentwicklung (-3,3 %) der letzten vier Vergleichbar starke Sommer- nachtungen aus diesen beiden Märkten gene- Wintermonate (Jänner bis April 2014) ge- saisonen 1994 und 2014 riert. Der Rückgang deutscher Nächtigungen schuldet. Die aktuell 67,16 Mio. Übernachtungen um fast 30 % wurde vor allem durch andere Bei den Ankünften hingegen konnte mit wurden zuletzt in der Sommersaison 1994 ausländische Herkunftsmärkte kompensiert. einer Zunahme von 1,8 % auf 32,66 Mio. ein mit 69,60 Mio. übertroffen. Auch wenn die Besonders deutlich sind die Veränderungsra- neuer Höchstwert erreicht werden. Zunah- diesjährige Sommersaison damit um 2,8 % ten von osteuropäischen Ländern wie Tsche- men bei den Ankünften wurden sowohl von weniger Übernachtungen als 1994 zählt, ist chien (+365 %), Polen (+230 %), Ungarn ausländischen (+1,8 % auf 22,05 Mio.) als sie dennoch hinsichtlich Zahl der Nächtigun- (+120 %) oder Rumänien (+570 %). Auch auch von inländischen Gästen (+1,8 % auf gen mit dieser letzten der starken Sommer- wenn diese Länder 1994 noch auf einem ver- 10,61 Mio.) erzielt. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 67 Wirtschaft Vermögensbildung der Haushalte Sofort verfügbare Finanzierungsinstrumente dominieren weiterhin

ngesichts geringer Einkommenszuwäch- halte Online-Produkte sowie Produkte von Ase sowie des niedrigen Zinsniveaus Direktbanken. Auf diese Veranlagungsfor- wurde zwischen Juli 2013 und Juni 2014 je- men entfielen in den letzten zwölf Monaten der vierzehnte Euro (7,4 %) des nominell 17 % der gesamten Geldvermögensbildung. verfügbaren Einkommens gespart. Ein Jahr Während Anleihen von inländischen Ban- davor waren es nur 6,1 %. Vor dem Hinter- ken und Unternehmen – nicht zuletzt wegen grund dieser (im historischen Vergleich) ge- des geringen Angebots – kein Interesse bei ringen Sparquote war die Möglichkeit bzw. privaten Haushalten hervorriefen, rückten Bereitschaft finanzielle Veranlagungen vor- Investmentzertifikate wieder zunehmend in zunehmen eingeschränkt: Im aktuellen Be- den Anlagefokus. In den letzten zwölf Mo- obachtungszeitraum der letzten zwölf Mona- naten wurden diese im Umfang von 2,3 Mrd. te machten die Nettoneuinvestitionen in Fi- Euro gekauft, womit eine Trendwende ein- nanztitel 9,3 Mrd Euro aus. Haushalte ent- geleitet wurde. Im Jahr 2011 sowie im ersten schieden sich überwiegend für sofort verfüg- Quartal 2012 waren diese per saldo noch bare Veranlagungen wie Bargeld oder täg- abgestoßen worden. Auf der „Einkaufsliste“ lich fällige Einlagen bei Banken und schich- der Haushalte standen vor allem Anteile von teten ihr Vermögen zulasten gebundener Ein- Rentenfonds, aber auch gemischte Fonds lagen um. Gleichzeitig rückten Investment- und Immobilienfonds waren gefragt. Der Be- zertifikate wieder verstärkt in den Anlage- stand an Investment-zertifikaten machte mit fokus der Haushalte. Auch Vorsorgeprodukte einem aktuellen Marktwert von 45 Mrd. spielen weiterhin eine wichtige Rolle für den Euro rund 8 % des gesamten Geldvermögens Aufbau des Geldvermögens, das in den letz- aller Haushalte aus. ten zwölf Monaten um 3,4 % auf 566 Mrd Turner berichtete auch von Neuerungen Euro stieg. im Zuge der Umstellung auf das Europäi- Vize-Gouverneur Andreas Ittner sowie sche System Volkswirtschaftlicher Gesamt- Johannes Turner, Direktor der Hauptabtei- rechnungen 2010 (ESVG 2010), die – neben lung Statistik, erläuterten im Rahmen einer der Erhöhung des Bruttoinlandsprodukts, Pressekonferenz der Oesterreichischen Na- der Neuordnung in der Klassifikation von Un- tionalbank (OeNB) das aktuelle Finanzver- Foto: http://www.bilderbox.com ternehmen als Staatseinheiten, der Verschie- halten der privaten Haushalte. Gemäß ak- Finanzveranlagungen (9,3 Mrd Euro) und bung von Holdings aus dem nicht-finanziel- tuellsten Daten der Gesamtwirtschaftlichen der verbleibende Anteil für realwirtschaftli- len in den finanziellen Sektor sowie der Be- Finanzierungsrechnung (GFR) stieg das che Anlageinvestitionen, Immobilien und handlung von Forschung und Entwicklung Geldvermögen in den letzten zwölf Monaten Wertsachen verwendet. als Investition – auch Änderungen für den um 3,4 % bzw. 18 Mrd Euro. Knapp mehr Der größte Teil der finanziellen Netto- Haushaltssektor brachten. In diesem Zusam- als die Hälfte (9,3 Mrd Euro) dieses Anstiegs neuveranlagungen floß in die Aufstockung menhang stellte er ein Forschungsprojekt kam aus den Nettoneuveranlagungen, wäh- der täglich fälligen Einlagenkonten (8,6 Mrd zwischen Statistik Austria und der OeNB rend die buchmäßigen Wertsteigerungen der Euro), weitere 1,2 Mrd Euro in den Bar- vor, das umfassende Daten der betrieblichen Wertpapierdepots sowie der Ansprüche geldbestand. Angesichts des historisch nie- Säule der Altersvorsorge verfügbar macht gegenüber Versicherungen und Pensions- drigen Zinsniveaus in allen Einlagenkate- und erstmals Eingang in die vorliegenden kassen ebenfalls für einen Anstieg des gorien dürften Haushalte Umschichtungen Ergebnisse fand. Demnach bestanden Ende Geldvermögens sorgten. von gebundenen zu täglich fälligen Einlagen Juni 2014 für Haushalte in Form der zweiten Hintergrund dieser geringen Geldver- vorgenommen haben. Per saldo gingen die Säule der Altersvorsorge (bestehend aus mögensbildung ist vor allem das moderate Einlagenbestände gebundener Gelder in den Pensionskassen, betrieblichen Kollektivver- Wachstum des nominell verfügbaren Ein- letzten zwölf Monaten um 5 Mrd. Euro zu- sicherungen und der betrieblichen Alters- kommens. Laut Statistik Austria lag die rück. Dieser Umschichtungseffekt ist seit vorsorge) Rückstellungen in Höhe von 36 Sparquote in den letzten zwölf Monaten bei rund zweieinhalb Jahren zu beobachten. Mrd. Euro. Dies entspricht der Hälfte der 7,4 % des verfügbaren Einkommens. Von „Rasche Verfügbarkeit hat für Sparer derzeit Ansprüche aus Lebensversicherungen. Rund den durch Sparen, Kapitaltransfers und Kre- Vorrang vor Ertragszielen, die mittels der ge- ein Fünftel der Finanzveranlagungen in den ditaufnahmen verfügbaren Mitteln in Höhe ringen Verzinsung von gebundenen Einlagen letzten zwanzig Jahren floß in die Erhöhung von insgesamt 8,7 % des verfügbaren Ein- ohnehin kaum erreicht werden können“, der Ansprüche aus Pensionsrückstellungen kommens wurden rund 5 Prozentpunkte für erläuterte Ittner. Gleichzeitig nützten Haus- und aus Lebensversicherungen. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 68 Chronik Österreichs Bevölkerungszahl wächst stärker als erwartet Foto: http://www.bilderbox.com

ach den Ergebnissen der aktuellen Jahre alt sein werden als derzeit. Der Anteil der Bevölkerung 65 Jahre und älter. Im Jahr NPrognose von Statistik Austria wird die der unter 20jährigen an der Gesamtbevöl- 2020 wird die Population der über 65jähri- Bevölkerung Österreichs in Zukunft etwas kerung sinkt allerdings langfristig, und zwar gen mit 1,72 Mio. um 12 % größer sein als stärker wachsen als zuletzt vorausgeschätzt. auf 19 % ab dem Jahr 2020. 2013. Bis 2030 steigt ihre Zahl auf 2,17 Mio. Dies ist eine Folge der großen Attraktivität 5,24 Mio. Personen standen im Jahr 2013 (+41 %), bis 2060 schließlich auf 2,78 Mio. Österreichs als Zielland für Zuwanderung, im erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 65 (+79 %). Das ist ein langfristiger Zuwachs die auch in Zukunft anhalten dürfte. So ist Jahren. Bis zum Jahr 2020 wird sich das Er- um nahezu vier Fünftel des derzeitigen Aus- die Bevölkerungszahl Österreichs im Laufe werbspotential noch leicht auf 5,31 Mio. gangsbestandes. Standen 2013 noch 18 % der des Jahres 2013 durch Wanderungsgewinne Personen (+3 %) erhöhen. Danach werden Bevölkerung im Pensionsalter von 65 und um 56.000 gestiegen, und zwar von 8,452 jedoch deutlich mehr Menschen ins Pen- mehr Jahren, so werden es infolge der aufge- Mio. zum 1.1.2013 auf 8,508 Mio. zum sionsalter übertreten, als Jugendliche aus der zeigten Veränderungen in 10 Jahren bereits 1.1.2014. Im Jahresdurchschnitt 2025 dürfte Ausbildung bzw. Zugewanderte hinzukom- mehr als 20 % der Gesamtbevölkerung sein Österreich bei anhaltender Entwicklung erst- men. Dementsprechend wird die Zahl der und nach 2035 mehr als 25 %. Bis zum Jahr mals mehr als 9 Mio. Einwohner zählen. Das potenziellen Erwerbspersonen bis 2030 wie- 2060 steigt der Anteil der über 65jährigen ist gegenüber 2013 ein Plus von 6,5 %. Bis derum auf das derzeitige Niveau sinken und Bevölkerung auf 29 % an. 2040 steigt die Einwohnerzahl auf 9,41 Mio. danach nur knapp über 5 Mio. liegen. Somit (+11,0 %), bis 2060 schließlich auf 9,62 Mio. verringert sich auch der Anteil der 20- bis Ohne Zuwanderung würde die (+13,4 %; jeweils bezogen auf den Jahres- 64jährigen an der Gesamtbevölkerung: Bis Bevölkerungszahl künftig schrumpfen durchschnitt 2013 mit einer Bevölkerungs- zum Jahr 2030 geht er von 62 % (2013) auf Österreich Bevölkerung wächst aus- zahl von 8,48 Mio.). Der zuletzt prognosti- 57 % zurück, 2060 wird er nur mehr 53 % schließlich durch Zuwanderung. Die Bilanz zierte Bevölkerungsanstieg bis 2060 auf betragen. aus Geburten und Sterbefällen ist derzeit 9,37 Mio. war noch um rund 250.000 Perso- Kräftige Zuwächse sind hingegen ab noch ausgeglichen. Wenn die starken Baby- nen schwächer. sofort bei der über 65-jährigen Bevölkerung Boom-Jahrgänge in höhere Alter kommen, zu erwarten. Seit der Jahrhundertwende tre- wird jedoch die Zahl der jährlichen Ster- Die Bevölkerung im Erwerbsalter ten immer stärker besetzte Generationen ins befälle deutlich jene der Geburten überwie- schrumpft leicht, jene im Pensionsalter Pensionsalter über. In der jüngeren Vergan- gen. Ohne Zuwanderung würde daher die wächst stark an genheit waren dies die Geburtsjahrgänge um Einwohnerzahl vorerst stagnieren und da- Im Jahr 2013 lebten in Österreich 1,69 1940, nach dem Jahr 2020 werden es die nach schrumpfen, und zwar auf 8,12 Mio. Mio. Kinder und Jugendliche unter 20 Jah- Baby-Boom-Jahrgänge der späten 1950er- (2040; -4 %) bzw. 7,17 Mio. (2060; -15 %). ren (20 % der Gesamtbevölkerung). Künftig und der 1960er-Jahre sein. Auch werden Der Alterungsprozeß wäre demnach deutlich wird ihre Zahl vorerst noch zurückgehen und durch die Zugewinne bei der Lebenserwar- stärker als in der Hauptvariante, der Anteil zwar auf 1,68 Mio. (2015). Danach wird sie tung mehr Menschen als früher ein höheres der über 65jährigen würde hier bis 2060 auf zuwanderungsbedingt wieder leicht steigen, Alter erreichen. 37 % steigen. „ sodaß künftig etwas mehr Personen unter 20 Im Jahr 2013 waren 1,54 Mio. bzw. 18 % http://www.statistik.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 69 Chronik So tickt Österreichs Jugend DocLX Holding und Marketagent.com stellen bereits zum vierten Mal größte Jugendstudie Österreichs vor. Im Fokus der aktuellen Untersuchung stehen Körperkult, Sex und Drogenkonsum.

s wächst eine wertkonservative Gene- Eration mit hohem Bewußtsein heran, die sich an den Wertekonstrukten ihrer Eltern orientiert. Drogenkonsum ist kein Thema und mit Sexualität geht die Jugend von heute offen, aber bewußt um“, faßt DocLX Hol- ding-Eigentümer Alexander Knechtsberger den vorliegenden Jugend Trend Monitor zu- sammen. Dieser wurde gemeinsam mit Mar- ketagent.com erhoben und befragte von Juli bis September 2014 3073 Jugendliche im Al- ter zwischen 14 und 29 Jahren. Bereits zum vierten Mal wird die Studie durchgeführt, mit der aktuelle Trends und Entwicklungen der Jugendkultur erhoben werden. Die Stu- die ist eine relevante Basis für Entscheidun- gen im Jugendmarketing. „Die Ergebnisse der Studie deckt sich mit den Erfahrungen, die wir jährlich mit über 300.000 jugend- lichen Gästen auf Events und Maturareisen sammeln“, so Knechtsberger. „Die Ergebnisse des aktuellen Jugend Trend Monitors spiegeln die Meinungen einer Generation wider, die zwischen Internet- Boom, Wirtschaftskrise, Globalisierung und Medialisierung aufwächst. Wir haben es mit Menschen zu tun, die sehr bewußt mit sich selbst und ihrer Umwelt umgehen“, kom- mentiert Marketagent.com-Gründer Thomas Schwabl.

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm Einen wesentlichen Einfluß auf die Ent- wicklung der Erwachsenen von morgen hat die Elterngeneration: Knapp 54 % der Be- fragten sehen ihre Eltern als Vorbilder. „Die- ses Ergebnis erkennen wir in zahlreichen Studien: Bei den Jugendlichen von heute handelt es sich um eine sehr familienorien- tierte Generation“, bestätigt Schwabl. Ein Umstand, der kürzlich auch in einem von der Wochenzeitung „Die Zeit“ veröffentlichten Artikel unterstrichen wurde: Solider familiä- Grafik: DocLX & Marketagent.com rer Background und stabile persönliche Noch 42 % sehen Überschneidungen bei Le- anderen Anforderungen zukommt, die die Bindungen werden als Erfolgsfaktor für das benszielen und -führung. Arbeitswelt vor neue Herausforderungen berufliche Weiterkommen angesehen. Trotzdem möchten über 77 % der Ju- stellen wird. „Nach Workaholics kommt nun 63 % der Respondenten erkennen an sich gendlichen nicht so wie ihre Eltern werden. eine gut ausgebildete Generation mit hohem starke Ähnlichkeiten in Charakter und Per- Besonders hoch ist diese Einstellung hin- Bewußtsein für Work-Life-Balance auf den sönlichkeit mit ihren Eltern. Über 60 % sind sichtlich Familie und Beruf sowie Verhal- Arbeitsmarkt zu. Neben Anerkennung, Geld der Überzeugung, daß sie ähnliche Werte, tensweisen. Dieser Wert unterstreicht, daß und Karriere gewinnt vor allem die Ausge- Meinungen und Einstellungen vertreten. auf Arbeitgeber eine neue Generation mit wogenheit mit Freizeit und Familie oder

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 70 Chronik

Freunden an Bedeutung“, weiß Knechts- berger aus der Praxis zu berichten, der selbst rund 30 Mitarbeiter führt.

Zwischen Körperkult und Erfolg durch Aussehen Die Jugend von heute ist mehrheitlich da- von überzeugt, daß gutes Aussehen wichtig für den Erfolg ist. Knapp 90 % der Befragten schätzen gutes Aussehen sowohl für das gesellschaftliche Weiterkommen als auch für das persönliche Selbstbewußtsein als sehr wichtig oder wichtig ein. Die gute Nachricht an dieser Einschätzung: 76 % der Befragten sind mit ihrem Aussehen mehrheitlich zu- frieden. Sehr real ist auch die Einschätzung des in den Medien vermittelten Schönheits- ideals: Über 45 % geben an, daß die Medien ein falsches Schönheitsideal vermitteln. Um selbst gut auszusehen, setzen fast drei Viertel der Befragten auf Sport. Kosmetika stehen insbesondere bei Frauen (87,4 %) hoch im Kurs, während diesen bei Männern natur- gemäß etwas weniger Bedeutung zukommt (24,2 %): Mit einem Mittel von 55,3 % sind sie jedoch der zweitwichtigste Faktor für gutes Aussehen. Ein Drittel der Responden- ten setzt auf das Fitnesscenter, um sich in Form zu halten. Einen regelmäßigen Besuch im Solarium geben nur elf % der Befragten an. Schönheitsoperationen werden überhaupt nur von 1,1 % genannt. „Der Beauty-Boom älterer Jahrgänge hat sich in ein sehr sport- und gesundheitsbewußtes Selbstverständnis gewandelt. Das Bewußtsein für gutes Aus- sehen als zusätzlicher Anreiz für Sport ist eine durchwegs positive Entwicklung“, faßt Schwabl zusammen.

Peckerl und Flinserl beliebt, weißte Zähne sehr sexy und Vollbart ist out Als sehr attraktiv werden weiße Zähne von über 50 % der Respondenten gewertet. Ebenfalls hoch im Kurs stehen ein durchtrai- nierter Körper (29,7 %) und gebräunte Haut (18,5 %). Knapp ein Viertel der Befragten gibt an, zumindest ein Piercing oder Tattoo am Körper zu tragen. Jedoch nur 16,8 % fin- den Tattoos auch attraktiv. Der in den Me- dien oft gelobte Vollbart wird nur von 7,4 % der Befragten als sehr attraktiv eingeschätzt.

Zurückhaltung bei Schönheitsoperationen Eine Schönheitsoperation als Mittel, um dem eigenen Aussehen auf die Sprünge zu helfen, können sich nur drei von zehn Be- fragten vorstellen. Am ehesten wäre ein kos- metischer Eingriff noch bei den Zähnen vor-

stellbar (50,4 %). Sanfte Eingriffe wie Grafik: DocLX & Marketagent.com

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 71 Chronik

Haarentfernung oder Laser-Behandlungen sich Geborgenheit in einer Beziehung. Se- „Wenig überraschend. In der Medienwelt sind für 34,7 % der Jugendlichen denkbar xualität hat für 37 % einen hohen Stellenw- waren pornografische Darstellungen seit der und auch 32,3 % könnten sich noch die Ver- ert, während knapp 28 Zärtlichkeit für wich- Antike für Männer ausgerichtet. Bahnbre- ödung von Besenreißern oder die Entfernung tiger als Sex halten. chende Medien für die mediale Pornodar- von Krampfadern vorstellen. Größere chir- stellung wie der Playboy waren auch schon urgische Eingriffe wie etwa eine Fettabsau- Über Sex wird offen gesprochen ein Produkt von Männern für Männer“, gung, Nasenkorrekturen, Brustvergrößerun- Über das Thema Sex wird heute offen ge- erklärt Knechtsberger aus der Medienpraxis. gen oder Facelift sind nur für die Minderheit sprochen: Zwei Drittel geben an, eher offen Nachdem die Österreichische Web Ana- der Befragten vorstellbar. oder sehr offen über Sexualität zu sprechen. lyse (ÖWA) kürzlich eine überwiegende Zumindest eine Diät hat jedoch fast jeder Wichtigste Informationsquelle in Sachen Sex Internetnutzung von mobilen Devices belegt Zweite schon hinter sich. „Wie aktuelle ist mit 62 % das Internet, dicht gefolgt von hat, zeigt der Pornokonsum ein anderes Bild: Trends an den Finanzmärkten auch aufzei- Freunden (56,8 %) und Partner (37,4 %). Zwei Drittel nutzen PC und Notebook für gen, steigt das Bewußtsein für gesunde Er- Fernsehen, Magazine oder der Schulunter- erotischen Content und nur 28,8 % bevorzu- nährung“, erklärt Schwabl. richt sind mit je rund 20 % der Nennungen gen die Darstellung auf dem Smartphone. noch relevante Informationsquellen zum Mit 16,4 % verliert der klassische Fernseher Geringes Interesse an Drogen Thema. Ein Viertel der Männer nutzt auch bei der jungen Onliner-Generation auch an Nur vier von zehn Befragten haben schon Pornofilme als Informationsquelle, während Bedeutung. Das Tablet ist jedoch mit 9,6 % einmal in ihrem Leben Marihuana konsu- diese nur für 7,6 % der Frauen infrage kom- deutlich abgeschlagen. Mit einer Nutzung miert. Für 14 % bleibt es bei der einmaligen men. Eltern, Familie und Borschüren werden von 0,4 % ist das Zeitalter der Sexkinos auf Erfahrung, wohingegen 25 % angeben, schon kaum für Informationen rund um die jeden Fall endgültig vorbei. öfter Marihuana geraucht zu haben. Gespal- Sexualität genutzt. Jeder fünfte Befragte besucht zumindest ten zeigt sich die Jugend bei der Frage nach Ein Drittel der Befragten hatte in seinem einmal wöchentlich eine Pornoseite im In- der Legalisierung von weichen Drogen. Leben bisher zwischen zwei und fünf Se- ternet. Hier ist der Unterschied zwischen Män- Knapp 50 % lehnen diese ab, während sich xualpartner. „Im Anbetracht der Altersspan- nern und Frauen signifikant: 38,7 % der nur rund ein Drittel explizit dafür ausspricht. ne deutet dies auf ein vergleichsweise kon- männlichen Befragten klicken wöchentlich Etwas höher ist die Anzahl der Befürworter servatives Sexualverhalten hin“, führt Porno-Content an und nur 3,5 % der weib- für die Legalisierung im urbanen Raum, wäh- Schwabl aus. Sexuell scheint die Jugend lichen Befragten. 30 % geben jedoch an, gar rend die Ablehnung in ländlichen Gebieten dennoch zufrieden zu sein: 41 % haben zu- keine Pornoseiten zu besuchen. Zumindest überwiegt. Eine Erfahrung, die Knechtsber- mindest einmal pro Woche Sex. Ein bißchen 60 % der Befragten sind sich darüber be- ger auch von seiner Maturareise X-Jam be- mehr dürfte es aber gerne sein: 57 % geben wußt, daß der Konsum von Pornos sie nicht stätigen kann: „Drogen sind so gut wie kein an, daß sie gerne öfter Sex hätten. Nur 1 % besser im Bett macht. Knappe 40 % glauben Thema bei den 18jährigen. Auch im Umgang hätte gerne weniger Sex. 42 % sind mit der dennoch an eine Steigerung ihrer Sexual- mit Alkohol zeigt sich die heutige Maturan- aktuellen Sexualhäufigkeit zufrieden. Performance durch die Inspiration aus Por- tengeneration wesentlich bewußter als ältere Verhütung ist ein wesentliches Thema: nos. Jahrgänge. ‚Komasaufen’ ist eher ein Me- 78 % der Jugendlichen verhüten immer beim dienphänomen als Alltagsrealität.“ Sex. Nur 3 % schützen sich gar nicht vor Über DocLX Holding Zum Cannabis-Verbot meinen knapp Schwangerschaft und Sexualkrankheiten. Bereits 1999 legte Alexander Knechts- 37 %, daß es wenig bringe, da die Droge Ihr erstes Mal haben die jungen Österrei- berger den Grundstein für Event-Reisen und trotzdem konsumiert würde. 29 % glauben, cher durchschnittlich mit 16 Jahren. Nur öffnete den Markt in Österreich mit der daß eine Legalisierung dem Staat zusätzliche 17 % haben es vor dem oder im 14. Lebens- ersten Maturareise nach Griechenland. Bei Einnahmen bringen würde. Genau so viele jahr. Rund 15 % erst im 18. Lebensjahr oder der Maturareise „X-Jam“ konnten in den letz- sind aber auch davon überzeugt, daß der später. 71 % hatten ihr erstes Mal mit einer ten 15 Jahren knapp 500.000 Nächtigungen Staat aus der Verantwortung für seine Bürger Person, in die sie verliebt waren. Aus der Pra- verzeichnet werden. Mit einem Jahresum- heraus schädliche Drogen verbieten muß. xis weiß Jugendmarketing-Experte Knechts- satz von über 19 Millionen Euro (2012/13) 24 % befürchten, daß die Legalisierung wei- berger: „Der Umgang mit dem Thema Se- und knapp 310.000 betreuten Gästen an 285 cher Drogen zu einem Boom führen könnte, xualität ist heute vollkommen unverkrampft. Eventtagen ist die DocLX Holding die klare der die Hemmschwelle zum Konsum härte- Der Umgang mit der eigenen Sexualität er- Nummer 1 unter Österreichs Jugend- und rer Drogen senken würde. Nur 9 % würden folgt jedoch sehr bewußt.“ Eventmarketing-Agenturen. weiche Drogen konsumieren, wenn sie Rund 80 % aller Jugendlichen haben http://www.doclx-holding.com erlaubt wären. Für 21 % wäre es zumindest schon zumindest einmal einen Porno gese- eine Überlegung; 70 % würden auch bei hen. Nur 12,4 % geben an, noch nie einen Marketagent.com staatlicher Erlaubnis keine Drogen konsu- Porno gesehen zu haben. zählt zu den führenden Full-Service Online mieren. Unterschiedlich sind die Gründe für den Markt- und Meinungsforschungsinstituten Pornokonsum: Ein knappes Drittel holt sich im deutschsprachigen Raum. Mit Niederlas- Generation mit Familiensinn Anregungen aus Pornos und 26 % sehen sie, sungen in Baden bei Wien, München, Zürich 80 % der Befragten legen sehr viel Wert um sich die Langeweile zu vertreiben. Im- und Maribor werden jährlich mehr als auf Treue. 73 % lassen Gesprächen und Dis- merhin noch 20 % wollen mit Pornos ihre 800.000 Web-Interviews durchgeführt und kussionen einen hohen Stellenwert in der Lust erhöhen. Der Pornokonsum ist jedoch rund 700 Online Research Projekte realisiert. Beziehung zukommen und 68 % wünschen ein überwiegend männliches Phänomen. http://www.marketagent.com

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 72 Chronik Eine Legende wird 50 Das InterContinental Wien feierte sein 50jähriges Jubiläum und lud zu einer Party im Stil der 60er-Jahre.

ls erstes Hotel einer internationalen AKette setzte das InterContinental bei seiner Eröffnung 1964 neue Maßstäbe und brachte internationales Flair nach Wien. So zählten Größen aus Film, Musik und Mode von Beginn an zu den Gästen. Auch am 19. November waren zahlreiche VertreterIn- nen aus Politik, Kultur, Architektur, Wirt- schaft und Medien unter den Gratulanten. Justizminister Wolfgang Brandstetter, Burgtheater-Chefin Karin Bergmann und Ex-Topmodel Cordula Reyer erwiesen dem symbolträchtigen Haus ebenso ihre Ehre wie die Eiskunstlaufgrößen Trixi Schuba und Claudia Kristofics-Binder. In der ehemals ersten „American Bar“ Wiens feierten mit Christoph Thun-Hohenstein (MAK), Lilli Hollein (Vienna Design Week) und Künst- lerin Eva Schlegel auch Christiane Wenk- heim und Sigi Menz (Ottakringer), Vös- lauer-Chef Alfred Hudler sowie Peter Kru- der (DJ & Produzent), TU-Dekan Rudi Scheuvens, Architekt Jakob Dunkl und die „Nachbarn“ von Wiener Eislaufverein, Kon- zerthaus und akademischem Gymnasium. Vizebürgermeisterin und Stadträtin Re- nate Brauner unterstrich die Bedeutung des Hotels für Wien als Tourismus- und Kon- greßstadt. „Das InterContinental stand von Beginn an für Internationalität und Moderni- © Lucca Chmel / Bildarchiv der o?sterreichischen Nationalbibliothek tät. Ich freue mich, diese Tradition fortzu-

Außenansicht des InterContinental Vienna nach der Eröffnung 1964

führen und mit hochqualitativer Architektur innovative Impulse für einen neuen Wiener Hotspot geben zu dürfen“, sagte Michael Tojner, Eigentümer des Hotels. Erich Hohenberger, Bezirksvorsteher des dritten Bezirks, versprach, „alles zu unter- nehmen, damit mit der Revitalisierung des Areals 2017 begonnen werden könne“. Durch den Abend, der ganz im Stil der 60er-Jahre stand, führte Ingrid Wendl, die als einstiger Star des angrenzenden Eislaufver- eins mit persönlichen Anekdoten unterhielt. Sie übermittelte auch die Grußworte von Bür- germeister Michael Häupl, der die besten

© Archiv InterContinental Wien Wünschen für die Zukunft des schon zur Wie- Lilli Palmer und Curd Jürgens als Gäste des InterContinental Vienna ner Tradition gewordenen Hauses sandte.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 73 Chronik

Burgschauspielerin Maria Happel las aus dem Buch „Seit 1964 Tor zur Welt – Inter Continental Wien“, das nach einer Idee von Erich Bernard und Jan Tabor im Amalthea Signum Verlag erschienen ist. Darin werfen acht Autoren ihren Blick auf die vielschich- tigen Aspekte und die langjährige Geschich- te des Hotels. Im Anschluß wurde in der legendären Bar des Hotels zu den Klängen der italienischen Band „Montefiori Cocktail“ gefeiert. Brigitte Trattner, General Managerin des InterContinental Wien, ist stolz: „Lassen Sie sich vom 50-Jahr-Jubiläum nicht täuschen, der Spirit des Hauses ist nach wie vor dyna- misch.“ Dies stellte die Küchencrew mit einer opulenten Speisenfolge ganz im Stil v.l.: Daniela Enzi (Geschäftsführerin WertInvest), Erich Hohenberger (Bezirksvor- der 60er-Jahre und dem Nachbau des Hotels steher für den 3. Bezirk), Vizebürgermeisterin Renate Brauner, InterContinental aus Zuckerwürfeln unter Beweis. Managerin Brigitte Trattner, Eigentümer Michael Tojner, Moderatorin Ingrid Wendl Das Buch „Seit 1964 Tor zur Welt – und Buchautor Erich Bernard InterContinental Wien“ ist bereits im Handel erhältlich und gibt einen Eindruck von der politischen Aufbruchsstimmung der 1950er- und 1960er-Jahre. Die acht facettenreichen Beiträge spannen den Bogen zwischen der Ar- chitektur, dem städteplanerischen und politi- schen Kontext sowie der Kulinarik, den gla- mourösen Gästen und dem Lifestyle im Zeit- alter des Düsenjets. Die jeweiligen Perspek- tiven stammen aus der Feder von Erich Ber- nard, Severin Corti, Michael Fleischhacker, Lilli Licka, Iris Meder, Georg Rigele, Georg Schmid und Jan Tabor. Neben der Lektüre bieten sich ein Einblick in das Fotoarchiv des Hotels und zahlreiche historische Auf- nahmen sowie Darstellungen Wiens.

Über das InterContinental Wien: Das InterContinental Wien wurde 1964 Die Intermezzo Bar: Das Bild oben zeigt, wie sie einmal ausgesehen hat … als erstes internationales Hotel in Wien er- öffnet. Mit ursprünglich über 500 Zimmern war das InterContinental Wien nicht nur eines der ersten InterContinental Hotels in Europa sondern auch das größte und modern- stes Hotel der österreichischen Hauptstadt. Das InterContinental Wien verfügt heute über 459 Zimmer und Suiten, davon 49 Sui- ten, 91 Club Zimmer und die Präsidenten Suite (140 m²). Mit einem 1200 m² großen Konferenzzentrum mit natürlichem Tages- licht ist es für Einzelveranstaltungen mit bis zu 800 Personen geeignet. Die insgesamt 16 Veranstaltungsräume in Erdgeschoß und Mezzanin (Gesamtfläche 1775 m²) können entweder separat verwendet miteinander kom- biniert werden. Neben dem Restaurant Medi- terraneo laden das Café Vienna und die Inter- mezzo Bar zu einem Aufenthalt ein. „ Foto: WertInvest Foto: Archiv InterContinental Wien Foto: Hammerschmid/WertInvest http://www.vienna.intercontinental.com … und heute. Mehr als 150 unterschiedliche Whiskies werden dort angeboten.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 74 Chronik Grünberg-Seilbahn: LH Pühringer gratuliert 100.000. Besucherin m 14. Juni 2014 ging die neue Grün- Aberg-Seilbahn nach mehr als drei Jahren Stillstand und einem Jahr Bauzeit in Betrieb. Mit der derzeit modernsten Seilbahn der Welt wurden für die erste Sommersaison von den beiden Geschäftsführern der OÖ Seilbahn- holding Dietmar Tröbinger und Alfred Bruckschlögl 50.000 Sommergäste progno- stiziert. Diese Gästezahl wurde nun vier Ta- ge vor Sommerbetriebsschluß am 13. No- vember auf 100.000 Gäste verdoppelt. Landeshauptmann Josef Pühringer über- raschte gemeinsam mit „Gondelpatin“ Mar- tina Pühringer, Abgeordnete zum OÖ Land- tag sowie mit den beiden Geschäftsführern

den 100.000sten Gast: Bettina Aumayr aus Foto: OÖ Seilbahnholding / Hörmandinger Ohlsdorf war mit ihrer 4-Gipfelticket-Saison- v.l.: Betriebsrat Alexander Haubenhofer, Standortleiter Hermann Nussbaumer, karte bereits mehrmals heuer am Dachstein GF Dietmar Tröbinger, Barbara Trawöger, LAbg. Martina Pühringer, LH Josef Krippenstein, Zwieselalm in Gosau und am Pühringer, 100.000ster Gast Bettina Aumayr und GF Alfred Bruckschlögl Feuerkogel in Ebensee. Nun fuhr sie mit ihrer schon jetzt eine Erfolgsgeschichte: „Unsere Das Berg-See-Erlebnisticket, ein Kom- Freundin Barbara Trawöger aus Pinsdorf erst- Erwartungen wurden mehr als übertroffen. biticket mit der Traunseeschifffahrt, habe be- mals mit der neuen Grünbergseilbahn und 100.000 Gäste in nur fünf Monaten zeigen, sonderen Anklang bei den Gästen gefunden, freute sich besonders über diese Überra- wie wichtig diese Investition für den Grün- so die Geschäftsführer Tröbinger und Bruck- schung. Beschenkt wurde Bettina Aumayr berg, Gmunden und die gesamte Region war. schlögl: Die beiden neuen Kabinen fassen mit einem 4-Gipfel-Ticket für zwei Personen Der Grünberg ist ein Ausflugsberg über die bis zu 60 Personen, sind mit Lüftung und 4 für die nächste Sommersaison und einem Grenzen des Bezirkes und des Landes hin- Flatscreens ausgestattet. Strom dafür kommt großen Strauß Blumen. Für den Landes- aus. Es ist damit ein großer touristischer von einer Solaranlage am Dach der Gondel. „ hauptmann ist die neue Grünberg-Seilbahn Impuls gelungen“, betont Pühringer. http://www.gruenberg.info Mariahilfer Straße Neu: Erster Abschnitt feierlich eröffnet m 19. Mai 2014 erfolgte der Startschuß Afür die Neugestaltung der Mariahilfer Straße im 6. und 7. Bezirk. Rund sechs Mo- nate später wurde die neugestaltete Maria- hilfer Straße zwischen Kaiserstraße und Kir- chengasse feierlich eröffnet. Der erste Ab- schnitt umfaßt die Bereiche der Begegnungs- zone und der FußgängerInnenzone (Andreas- gasse bis Kirchengasse). Nächstes Jahr wird bis Juli der verbliebene Abschnitt neugestal- tet und als Begegnungszone ausgebildet. 2014 wurden insgesamt 432 Meter Fuß- gängerInnenzone errichtet, 459 Meter Be- gegnungszone umgestaltet, 2 Wassertische, 5 Lounges, 15 Baumgärten und 45 unter- schiedliche Sitzgelegenheiten realisiert so- wie insgesamt 116 Leuchtmasten moderni- Foto: Christian Fürthner/MA 28) siert und unzählige Radabstellanlagen er- Der erste Teil der neugestalteten Mariahilferstraße wurde bereits eröffnet. richtet. Weiters wurde wien.at Public WLAN Freiraum für alle Wienerinnen und Wiener folg darf aber nicht stehenbleiben, sondern (zwischen Getreidemarkt und Gürtel) einge- und schon jetzt ein neues Wahrzeichen unse- muß in den Sechsten strahlen.“ richtet, das kostenlos zur Verfügung steht. rer Stadt“, zeigte sich Vizebürgermeisterin „Die neue Mariahilfer Straße zeigt, was „Die Mariahilfer Straße ist die längste und Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou er- moderne Stadtgestaltung bewirkt: Weniger und schönste Flaniermeile Wiens geworden. freut. Markus Rumelhart, Bezirksvorsteher Lärm und mehr Platz für die Menschen“, Ein Platz zum Spazieren, zum Plaudern, zum Mariahilf, ergänzte: „Die Mariahilfer Straße freut sich Thomas Blimlinger, Bezirksvor- Freunde treffen und natürlich zum Einkau- hat sich von einer guten zu einer hervorra- steher Neubau, über die Neugestaltung. „ fen. Sie ist mehr als nur eine Straße. Sie ist genden Einkaufsstraße verwandelt. Unser Er- http://www.dialog-mariahilferstrasse.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 75 Gastronomie & Kulinarisches Kärnten macht »Lust auf Fisch« Jahresthema 2015 basiert auf einer Kooperation von starken Partnern Foto: Kärnten Werbung / Steinthaler Gaumenfreude trifft schöne Umgebung inmitten der Kärntner Berg-Seenlandschaften: Fischessen am Faaker See.

eder Österreicher verzehrt 7,2 Kilogramm Adria-Küche hat der Fisch lange Tradition. rück. Lange Zeit in Vergessenheit geraten, JFisch pro Jahr. Damit liegt Österreich an Mit seinen engagierten Züchtern kann Kärn- feiert er ein sehr erfolgreiches Comeback. vorletzter Stelle in Europa. Das könnte sich ten mittlerweile sogar mit der höchsten Ei- Mittlerweile gibt es rund 120 Winzer – unter demnächst ändern: Das Urlaubsland Kärn- genproduktion von Süßwasserfischen in Ös- ihnen Herbert Gartner, Helga und Reinhold ten, mit der höchsten Eigenproduktion von terreich aufwarten. „Kulinarische Themen Janko und Vinum Virunum mit überregiona- Süßwasserfischen in Österreich, widmet sich werden immer mehr zu Reiseanlässen. In den len Auszeichnungen. 2015 dem Thema „Lust auf Fisch“. Basis Schultersaisonen setzen wir im kommenden Genußwirte und Fischköche tragen das dafür ist ein Schulterschluß der Kärnten Wer- Jahr verstärkt auf Kulinarik mit dem Schwer- ganze Jahr über dazu bei, daß Fisch in Kärn- bung mit engagierten ProduzentInnen und punkt Fisch und bieten damit einen neuen ten für Einheimische wie Gäste zu einem GastronomInnen, der Initiativen Wirthaus- kulinarischen Erlebnisraum“, so Christian besonderen Erlebnis wird. Am besten lernt kultur, Spargelwirte und Genußland Kärnten Kresse, Geschäftsführer Kärnten Werbung. man die Spezialitäten der Kärntner Alpe- sowie der Landwirtschaftskammer und der Er hat starke Partner aus ganz Kärnten mit Adria-Küche beispielsweise auf einer See- Wirtschaftskammer Kärnten. Auch die auf- im Boot und möchte weitere motivieren, mit- terrasse am Millstätter See oder am Wörther- strebenden Kärntner Winzer wurden mit ins zumachen. Dem Zeitgeist entsprechend er- see kennen, auf einem Genußfloß am Weis- Boot geholt, um den neuen kulinarischen folgt auch eine Vernetzung mit dem Alpen- sensee oder bei einem romantischen Dinner Erlebnisraum zu bereichern. Adria-Raum und eine Kooperation mit Adria direkt am Bootssteg. So kommt zur Gaumen- Egal ob Kärntna Laxn, eine Seeforelle, Fisch. freude die schöne Umgebung inmitten der die bereits im 14. Jahrhundert in Kärnten Doch es geht nicht nur um den Fisch Kärntner Berg-Seenlandschaften hinzu. „ heimisch war und seit einigen Jahren wieder allein. Kombiniert wird der fangfrische Fisch http://www.kaernten.at in Kärnten gezüchtet wird, oder der bekann- aus Kärnten mit hochwertigen Produkten aus http://www.fischfest.at te Kärntner Saiblingskaviar, der mittels eines der regionalen Landwirtschaft (Kräuter, Öle, http://www.kuechenkult.at von Familie Sicher in Tainach entwickelten Gemüse) und mit Kärntner Weinen. Was nur http://www.gailtaler-mundart.at Verfahrens besonders schonend gewonnen wenige wissen: Der Weinbau in Kärnten blickt http://www.millstaettersee.com wird – in Kärnten und in der Kärntner Alpen- auf eine mehr als 1000jährige Tradition zu- http://www.alpe-adria-trail.com

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 76 Personalia Martin Haselböck feierte seinen 60. Geburtstag Der international anerkannte und gefragte Dirigent gastierte jüngst mit einer illustren Sängerbesetzung und seinem amerikanischen Barockorchester Musica Angelica mit drei Aufführungen im Palacio de Bellas Artes von Mexico City. Foto: Meinrad Hofer Martin Haselböck

er österreichische Dirigent Martin Hasel- und dem Ungarischen Liszt-Preis gewürdigt in residence“ in Konzertsälen und Opernpro- Dböck stammt aus einer bekannten Mu- und beinhaltet u.a. die vielbeachtete jüngste duktionen auf der ganzen Welt. Über 60 Auf- sikerfamilie. Nach Studien in Wien und Paris Aufnahme des Gesamtwerkes für Orgel von nahmen mit Musik von Bach bis hin zu Kom- und mit internationalen Wettbewerbspreisen Franz Liszt. Martin Haselböck ist Juror der positionen des beginnenden 20. Jahrhunderts ausgezeichnet, erwarb er sich früh große Re- großen internationalen Orgelwettbewerbe und (so das auf Texte von Friederike Mayröcker putation als Organist und arbeitete mit Diri- hat beratend am Bau zahlreicher Konzert- von ihm komponierte „Jandl-Requiem“) wur- genten wie Claudio Abbado, Lorin Maazel, instrumente, so der im März 2011 eröffneten den vom Orchester Wiener Akademie unter Wolfgang Sawallisch, Riccardo Muti und neuen Orgel im Goldenen Saal des Wiener seiner Leitung veröffentlicht. Zu den Preisen vielen anderen. Musikvereins mitgewirkt. die das Orchester für seine Aufnahmen er- Mehrere bedeutende zeitgenössische Kom- Martin Haselböcks intensive Beschäfti- hielt, zählen der Deutsche Schallplattenpreis ponisten wie Ernst Krenek, Alfred Schnittke, gung mit dem Repertoire der klassischen und der Diapason d'Or. Cristobal Halffter oder Gilbert Amy haben Kirchenmusik im Rahmen seiner Tätigkeit Beim Lisztfestival Raiding setzt Martin für Martin Haselböck Kompositionen ge- als Hoforganist veranlaßte ihn 1985 zur Grün- Haselböck derzeit die erstmalige Gesamtauf- schrieben und ihm diese gewidmet. Seine dung des Orchesters Wiener Akademie. Ne- führung und -einspielung aller Orchester- aus über 50 Aufnahmen bestehende Disko- ben einem jährlichen Konzertzyklus in Wie- werke von Franz Liszt im Originalklang um. graphie als Organist wurde mit dem Deut- ner Musikverein sind er und sein Original- Die ersten sechs CDs dieser „The Sound of schen Schallplattenpreis, dem Diapason d’Or klangorchester regelmäßig Gast und „artists Weimar“ genannten Serie mit allen Sympho-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 77 Personalia

Festivals in Salzburg, Schwetzingen oder Wien und an den Opernhäusern von Ham- burg, Hannover, Köln und Halle als Dirigent geleitet. Als künstlerischer Leiter des Festi- vals Reinsberg leitete er gefeierte Produk- tion von „Der Freischütz“, „Fidelio“, „Hän- sel und Gretel“ sowie „Acis und Galatea“. Mit dem amerikanischen Schauspieler John Malkovich und dem österreichischem Regisseur Michael Sturminger entwickelte Martin Haselböck die Musikdramen „The Infernal Comedy“ und „The Giacomo Varia- tions“. Bis Herbst 2013 waren die Produk- tionen unter der musikalischen Leitung Ha- selböcks zusammen in knapp 150 Vorstel- lungen an 72 Spielorten, darunter Hamburg, Budapest London, Paris, Prag, Warschau, Moskau, Istanbul, Tel Aviv, Buenos Aires, Toronto, Chicago, New York und Rio de Janeiro zu sehen . 2013 wurde „The Infernal Comedy“ in der deutschen Fassung mit Burg- schauspieler Michael Maertens uraufgeführt, die Produktion „The Giacomo Variations“ mit John Malkovich wurde unter Mitwir- kung von Martin Haselböck und dem Orche- ster Wiener Akademie verfilmt. Das jüngste Werk im Bereich Neues Mu- siktheater trägt den Titel „Black Cat“ und ist das Ergebnis der ersten Zusammenarbeit von Martin Haselböck mit dem deutschen Regis- seur Frank Hoffmann und dem Oscar-Nomi- nierten österreichischen Film- & Multime- diakünstler Virgil Widrich. Das Stück für Tenor, zwei Tänzer und Barockensemble nach der Novelle „The Black Cat“ von Edgar Allan Poe mit Musik von Johann Sebastian Bach Foto: Meinrad Hofer Martin Haselböck an der Rieger-Orgel im Anton-Heiller-Saal im Wiener Musikverein und David Sylvain feierte am 19. November 2012 unter dem Titel „New Angels“ in nischen Dichtungen wurden von der interna- monic, das Philadelphia Orchestra, die Sym- Luxemburg seine Uraufführung. tionalen Fachpresse hochgelobt und erhiel- phonieorchester von Pittsburgh, Washing- Zuletzt gastierte Martin Haselböck mit ten neben dem Jun-Tokusen-Award bereits ton, San Francisco, Detroit, Toronto und Van- einer illustren Sängerbesetzung und seinem den zweiten Liszt Ferenc International Grand couver, das Los Angeles und das Saint Paul amerikanischen Barockorchester Musica Prix du Disque in Folge (2011 und 2012). Chamber Orchestra sowie das Malaysian Angelica mit drei Aufführungen der Händel Martin Haselböck ist gefragter Gastdiri- Philharmonic Orchestra und das Sydney Oper „Radamisto“ in der Salzburger Produk- gent weltweit führender Orchester und leite- Symphony Orchestra dirigierte. tion von Hans Gratzer im Palacio de Bellas te in dieser Funktion bisher die Wiener Sym- Seit 2004 ist Martin Haselböck zudem Artes von Mexico City. Die von Publikum phoniker, das Gewandhausorchester Leip- Chefdirigent des Musica Angelica Baroque und Presse begeistert aufgenommenen Auf- zig, das Deutsche Symphonie-Orchester und Orchestra Los Angeles. Mit diesem Ensemb- führungen fanden im Rahmen eines promi- Konzerthausorchester Berlin, Staatskapelle le tritt er regelmäßig in Kalifornien und im nent besetzten Festivals aus Anlaß des 80. Er- Weimar, die Dresdner Philharmonie, das Or- Ausland auf. öffnungstages des Opernhauses von Mexiko chestra Giuseppe Verdi Milano, die Natio- Auch als Operndirigent blickt Martin Ha- Stadt im Jahre 1934 statt. nalphilharmonien Spaniens, Ungarns, Tsche- selböck seit seinem Debüt bei den Händel- Martin Haselböck erhielt für seine Arbeit chiens, Estlands, der Slowakei und Slove- Festspielen Göttingen auf eine angesehene mehrere Preise und Auszeichnungen, darun- niens, das Orchestre National de Lyon, das Karriere zurück. Als erster Dirigent erarbei- ter das Österreichische Ehrenkreuz für Wis- Royal Philharmonic Orchestra Flandern, das tete er deutschsprachige Neuproduktionen senschaft und Kunst, den Prager Mozart- Marinksy Orchester und viele andere. von Mozart-Opern auf Originalinstrumenta- Preis, den Ungarischen Liszt-Preis und zu- Weitere Engagements führten Martin Ha- rium und erhielt für seine Produktion des letzt das Große Ehrenzeichen für Verdienste selböck nach Nordamerika, Asien und Austra- Don Giovanni den Mozart-Preis der Stadt um die Republik Österreich. „ lien, wo er u.a. die Los Angeles Philhar- Prag. Haselböck hat Neuproduktionen bei den http://www.haselboeck.org

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 78 Personalia Ostermayer ehrt Schriftsteller Peter Henisch ie Republik Österreich dankt und ehrt Dheute mit diesem Ehrenzeichen Peter Henisch, einen außergewöhnlichen Autor, der schon ein beachtliches Werk geschaffen hat und von dem wir uns wünschen, daß er es noch lange fortsetzen wird“, sagte Kulturmi- nister Josef Ostermayer am 27. November an- läßlich der Verleihung des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse. Peter Henisch, Jahrgang 1943, begann schon in jungen Jahren Lyrik und Kurzge- schichten zu schreiben. Mit dem Roman „Die kleine Figur meines Vaters“ stieß er die sogenannte Vaterbuchwelle an: Eine Reihe von Romanen, die sich mit dem Konflikt zwi- schen den durch 1945 getrennten Generatio- Foto: BKA / Hans Hofer Kunst- und Kulturminister Josef Ostermayer (l.) und der Schriftsteller Peter Henisch nen befassen. Gemeinsam mit Helmut Zen- ker gründete er 1969 die Autorengruppe Wes- „Wiener Fleisch & Blut“ gründete. Ab den schien „Mortimer und Miss Molly“. Henisch pennest, ab 1972 entdeckte Henisch als Lite- 1990er Jahren suchte er das literarisch-musi- arbeitet derzeit an dem Großprojekt „Jahr- raturredakteur der Zeitschrift „Neue Wege“ kalische Teamwork mit den Jazzern Woody hundertroman“, in dem die alltäglichen Sor- damals noch unbekannte Autoren wie Robert Schabata und Hans Zinkl. Henisch blieb gen eines in Österreich gelandeten Flücht- Menasse oder Brigitte Schwaiger. Immer wie- aber auch dem Schreiben von Romanen treu, lingskindes reflektiert werden. der suchte er auch die Zusammenarbeit mit es folgten Bücher wie „Schwarzer Peter“, Die Laudatio hielt Literaturkritiker Anton Musikern, in den 70er-Jahren etwa mit Tho- „Großes Finale für Novak“ oder „Eine sehr Thuswaldner, der die Kontinuität und Rei- mas Declaude, mit dem er die Musikgruppe kleine Frau“. Zu seinem 70. Geburtstag er- fung des Werks von Henisch hervorhob. „ Pröll: Peter Turrini steht »für Offenheit, gegen Einengung« u hast dich dem Beschreiben verschrie- Dben und bist einer, der nicht nur berich- tet und erzählt, sondern gleichzeitig auch aufzeigt und aufrüttelt“, sagte Niederöster- reichs Landeshauptmann Erwin Pröll am 6. November im Zuge des „Abends für Peter Turrini“, der aus Anlaß des 70. Geburtstags des Autors in Krems veranstaltet wurde. Turrini sei „ein kritischer Geist und ein geistiger Kritiker“, in dessen Arbeit „sehr viel Gefühl und Emotion“ steckten, betonte der Landeshauptmann in seiner Laudatio: „Du stehst für Offenheit gegen Einengung und für Pluralität gegen Vereinheitlichung. Und du stehst für künstlerische Freiheit gegen

Verfolgung.“ Foto: NÖ Landespressedienst / Reinberger Turrini habe in Niederösterreich einige v.l.: Landeshauptmann Erwin Pröll, Donau-Uni-Vizerektorin Viktoria Weber, Bun- „äußerliche Anker gefunden“, meinte Pröll destheater-Holding Geschäftsführer Günter Rhomberg, Christine Grond, Peter Turrini und Friedrich Cerha beim »Abend für Peter Turrini« weiters: „Du hast deine Wirkstätte in Retz und eine Werkstätte hier im Archiv der Zeit- Nähe zum „Archiv der Zeitgenossen“ – wur- nossen“ zur Verfügung gestellt. Das Libretto genossen. Jede Begegnung mit dir vertieft de an die an der Donau-Universität Krems stammt von Peter Turrini, die Musik schuf den Eindruck, du bist gerne hier bei uns, du angesiedelte Sammlungsstätte auch ein be- Friedrich Cerha, dem im „Archiv der Zeit- fühlst dich hier wohl und du genießt die sonderes Geburtstagsgeschenk übergeben. genossen“ ebenso wie Turrini ein Raum ge- Lebenskultur und das Kulturleben hier bei Der Geschäftsführer der Bundestheater Hol- widmet ist und der am gestrigen Abend auch uns.“ Er wünsche ihm, „daß dieses Gefühl ding, Günter Rhomberg hatte zum Festakt anwesend war. „Theatergeschichte bleibt nur Tag für Tag weiter wächst“, so Pröll. ein Originalmanuskript des „Riesen vom lebendig, wenn sie zugänglich gemacht Im Zuge der Veranstaltung im „Kino im Steinfeld“ mitgebracht. Dieses wird künftig wird“, so Rhomberg. „ Kesselhaus“ – und damit in unmittelbarer als Dauerleihgabe dem „Archiv der Zeitge- http://www.turrini.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 79 Wissenschaft & Technik Planeten rotieren rückläufig Die gängige Planeten-Entstehungstheorie wird um ein Kapitel reicher.

terne entstehen aus sich drehenden Gas- Smassen. Auch in unserem Sonnensystem verhält es sich so, daß die Planeten ihren Stern, also die Sonne, in einer gemeinsamen Ebene im gleichen Sinn umlaufen, und daß der Stern sich selbst auch im gleichen Sinn um seine Achse dreht. Astrophysiker der Universität Wien haben nun Berechnungen über kollabierende Gaswolken angestellt und herausgefunden, daß einige Planeten ihren Stern „falsch herum“ umlaufen, also rück- läufig sind. Damit wird die gängige Plane- ten-Entstehungstheorie um ein Kapitel rei- cher. AstronomInnen entdeckten bislang über 1800 extrasolare Planeten. Nach gängiger Theorie entstehen die Planeten innerhalb einer riesigen Gas- und Staubscheibe, die einen jungen, nur Millionen Jahre alten Stern umkreisen. Die gewaltigen Scheiben von der Größe eines ganzen Planetensystems entste- hen durch die Drehbewegung der ursprüng- lichen Gaswolke, die sich zusammenzieht und dabei – einer Eiskunstlauf-Pirouette

gleich – sich immer schneller zu drehen be- Foto: Institut für Astrophysik Universität Wien ginnt. Auch der Stern selber bildet sich aus Das Bild zeigt Resultate einer hydrodynamischen Simulation: Die kleine Scheibe diesen rotierenden Gasmassen. im Inneren rotiert um den Stern im Zentrum. Die äußere, spiralförmig verzerrte Scheibe wurde von äußeren Gasströmen auf einen rückläufigen Umlauf gezwun- Beobachtungen von Exoplaneten haben gen. Zwischen den beiden Teilen bildet sich eine markante Lücke. jedoch überraschend gezeigt, daß einige Pla- neten ihren Stern „falsch herum“ umlaufen, laren Raum nicht isoliert zusammenziehen, die in der Gegenrichtung rotierte und damit also rückläufig sind. Bisherige Erklärungs- sondern in einem chaotischen Gasmedium Kräfte auf die Scheibe übertrug. versuche für die rückläufigen Planeten nah- eingebettet sind, das Wirbel in verschiedene In der Folge bildete sich in den äußeren men an, daß sich mehrere Planeten in einem Richtungen aufweist. Regionen eine verkehrt herum rotierende Sonnensystem mittels ihrer Schwerkraft Wenn eine Gaswolke sich zunächst in Scheibe, und an der Übergangsstelle, wo sich einem Tauziehen aussetzen, infolge dessen eine gewisse, wenn auch zufällige Richtung die Kräfte noch die Waage hielten, öffnete sich ihre Bahnen in die Länge ziehen und zu drehen beginnt, so kann sie in ihrer Wan- sich eine Lücke zwischen den beiden Schei- gegenseitig geneigt werden. Dieser Prozeß derung durch den interstellaren Raum schon ben. Die innere, rechtläufige Scheibe fiel würde möglicherweise mehrere hundert Mil- in Kürze in ein Gebiet gelangen, in dem nun weiter zum Stern und ließ diesen an- lionen Jahre andauern, bis sich Planeten außen herum ähnliche Gasansammlungen in wachsen, während die äußere Scheibe da- auch in rückläufigen Bahnen finden. die entgegengesetzte Richtung strömen. nach in Stücke zerfiel, in denen sich später „Solche einzelnen Wolken fliegen durch ein Planeten bilden können. Diese würden dann Neues Erklärungsmodell turbulentes interstellares Medium gleich zwangslos in die „verkehrte“ Richtung um „Wir haben mit neuen, aufwändigen Mo- einer Biene in einem Bienenstock“, erklärt den Stern laufen. dellrechnungen ein anderes Erklärungsmo- Eduard Vorobyov. „Die weitere Umgebung der Stern- und dell für diese rückläufigen Planeten gefun- Dieser Ansatz bildete den Ausgangspunkt Planetenentstehung ist also von größter Wich- den und bringen damit die Planeten-Entste- für die hydrodynamischen Simulationsrech- tigkeit für den Aufbau eines Planetensy- hungstheorie auf völlig neue Wege“, so nungen des Teams, zu dem auch Manuel Gü- stems; die Art, wie eine Gaswolke von außen Eduard Vorobyov vom Institut für Astro- del von der Universität Wien und Douglas behandelt wird, kann den Charakter eines physik der Universität Wien. Lin von der University of California in Santa ganzen Planetensystems bestimmen“, resü- Mit ihren Modellberechnungen, die auch Cruz gehören. Die Forscher unterwarfen miert Vorobyov. Die neue Theorie für rück- in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift eine sich zusammenziehende Gaswolke, die läufige Planeten steht damit aber erst am An- „Astronomy and Astrophysics“ veröffent- durch ihre Drehbewegung bereits eine riesi- fang. Neu geplante Modellrechnungen sollen licht wurden, zeigen die Forscher, daß sich ge Gasscheibe um den sich aufbauenden Stern nun Aufschluß über eine ganze Palette von sternproduzierende Gaswolken im interstel- gebildet hatte, einer äußeren Gasströmung, möglichen Planetenanordnungen geben. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 80 Wissenschaft & Technik Wie man einem Plastikfilm das Sehen lehrt Den weltweit ersten biegbaren und transparenten Bildsensor hat das Institut für Computergrafik der JKU Linz bereits 2013 vorgestellt. Nun hat das Team um Institutsvorstand Prof. Oliver Bimber den nächsten Durchbruch geschafft: Ein neuartiges Machine-Learning-Verfahren ermöglicht die Rekonstruktion von fast gestochen scharfen Bildern.

er Bildsensor besteht aus einem dünnen Dund transparenten Polycarbonat-Film, der mit fluoreszierenden Partikeln angerei- chert ist. Licht, das den Film durchdringt, wird teilweise im Inneren absorbiert, in einer anderen Wellenlänge emittiert und zum Filmrand transportiert. Dort wird mit einer ausgeklügelten Technik ein zweidimensio- nales Lichtfeld vermessen (d.h. der Anteil des transportierten Lichtes, der an jeder Stelle den Rand in alle Richtungen verläßt). Aus diesem Lichtfeld läßt sich genau das Bild errechnen, das auf der Filmoberfläche optisch abgebildet wird.

Sensor lernt Rekonstruktion Die bisherigen Bildrekonstruktionsansät- ze verfolgten dabei ähnliche mathematische Ansätze, wie man sie auch in der Computer- tomografie nutzt. Die Bildauflösung ist bei solch einem rein rechnerischen Ansatz aller- dings stark beeinträchtigt. Das neue Verfah- ren errechnet die Bilder nicht länger einfach aus den gemessenen Lichtsignalen. Viel- mehr wird der Sensor einmalig mit vielen tausenden von Zufallsbildern trainiert, um eine deutlich bessere Bildrekonstruktion zu erlernen. Diese Bilder stammen aus öffent- lichen Online-Bilddatenbanken, wie z.B. Flickr oder Picasa. Nach ausgiebigem Trai- Foto: JKU ning ist der Sensor dann in der Lage, mit Transparenter und biegbarere Bildsensor und Rekonstruktionsergebnis eines Bildes dem angeeigneten Wissen über den Zu- sammenhang von Bild- und Lichtsignalen licht. Neben der initialen Präsentation des Kooperation mit Microsoft beliebig neue Bilder zu rekonstruieren – auch Sensors im Jahr 2013, wurde dort bereits An- Das von Microsoft finanzierte, interdiszi- solche, die nicht trainiert wurden. Da sich fang 2014 die Möglichkeit zur Tiefenre- plinäre Grundlagenforschungsprojekt zielt aus dem Training Informationen ableiten las- konstruktion mit Hilfe des Sensors publi- auf die Entwicklung einer neuen Technolo- sen, die so komplex sind, daß sie sich rein ziert. gie ab, die die Möglichkeiten herkömmli- mathematisch nicht (oder nur sehr schwer) „Wir leisten hier zwar in erster Linie cher Touchsensoren, die heute in vielen Ge- beschreiben lassen, wird die Bildqualität mit Grundlagenforschung, stehen aber an der räten zu finden sind, enorm erweitert. Der dem Lernansatz deutlich verbessert. Schwelle zu weitreichenden Anwendungen“, nächste Schritt in der Entwicklung soll eben- so Prof. Oliver Bimber. Künftig könnte die falls bahnbrechend werden: Das Projektteam Zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten neue Technologie z.B. dafür sorgen, daß um Prof. Bimber arbeitet bereits an einem Die neuen Ergebnisse werden nun in Autowindschutzscheiben während der Fahrt weiteren Verfahren, das den Sensor nicht nur einem dritten Artikel zu diesem Projekt im den Zustand des Fahrers und der Passagiere lehrt Bilder zu sehen, sondern sie auch zu renommierten Journal der Optical Society of überwachen oder Geschäftsauslagen die verstehen. „ America (OSA), Optics Express, veröffent- Blicke der Kunden auswerten. Video: http://youtu.be/oVlPSjiEMww

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 81 Wissenschaft & Technik Funksystem kann RFID- Etiketten aufspüren Drahtlos erfaßbare RFID-Tags werden bei Mautsystemen oder in Fertigungsstraßen eingesetzt. Eine Erfindung der TU Wien ermöglicht nun, ihre Position genau zu bestimmen. ie sind klein, brauchen keine Batterie Sund werden heute milliardenfach einge- setzt. RFID-Tags können zum Erkennen von Autos bei der Mautstelle dienen, zur Über- wachung von Industrieprodukten in der Fab- rik oder zum Inventarisieren von Waren. Auch um authentische Luxuswaren von billigen Fälschungen unterscheiden zu können, setzt man heute RFID-Tags ein. An der TU Wien wurde nun eine Methode entwickelt, die RFID-Tags nicht nur zu erkennen sondern auch zu lokalisieren. Die Erfindung wurde patentiert und nun vom österreichischen Pa- tentamt als eine der zehn besten Erfindungen des Jahres ausgezeichnet.

Das Lesegerät fragt, der RFID-Tag antwortet „RFID“ steht für „Radio Frequency identification“. Die Tags empfangen von einem Lesegerät ein hochfrequentes elektro- magnetisches Signal, das bestimmte Befehle enthält. Dieses Signal wird vom RFID-Tag in veränderter Form reflektiert, dadurch wird Foto: TU WIen Das Sendegerät stellt Fragen, der RFID-Tag – klein aber vielseitig, antwortet die passende Antwort ans Lesegerät zurück- geschickt. Die nötige Energie dafür wird so ungenau“, sagt Holger Arthaber. Er hatte Rauschen zuverlässig unterschieden werden. direkt aus dem elektromagnetischen Signal die Idee für eine Funktechnologie, die eine „Das Lokalisierungssignal hat eine viel des Lesegerätes geholt, eine eigene Batterie Ortsmessung der Tags mit einer Genauigkeit größere Frequenz-Bandbreite als das ge- braucht ein RFID-Tag nicht. Anders als beim IM Zentimeterbereich möglich macht. wöhnliche RFID-Signal. Erst dadurch kann Barcode-Scannen ist auch nicht unbedingt Thomas Faseth probierte die bereits paten- man Signale mit sehr scharfen Flanken er- ein direkter Sichtkontakt zwischen Lesegerät tierte Technologie dann im Rahmen seiner zeugen, die sich gut als Taktgeber zur Zeit- und RFID-Tag nötig. Dissertation in der Praxis aus und konnte sie messung eignen“, erklärt Holger Arthaber. „Diese Tags sind extrem praktisch. Sie erfolgreich verifizieren. „Wenn wir in der Antwort des RFID-Tags das können so klein wie ein Reiskorn sein oder Muster des Lokalisierungssignals herausle- einfach in ein Klebeetikett integriert werden, Zusätzliches Lokalisierungssignal sen können, dann lässt sich die Laufzeit des sie kosten weniger als zehn Cent pro Stück, Dem gewöhnlichen Funksignal des Lese- Signals und damit auch der Abstand berech- können bedenkenlos weggeworfen werden gerätes wird zusätzlich ein Lokalisierungs- nen.“ und halten praktisch ewig“, erklärt Holger signal überlagert, das sich periodisch wie- Holger Arthaber arbeitet bereits mit Arthaber von der TU Wien (Institute of Elec- derholt. Jedem einzelnen Bit des eigentli- RFID-Tag-Herstellern zusammen, die sich trodynamics, Microwave and Circuit En- chen Funksignals wird ein längeres Bit- für die TU-Erfindung interessieren. Die Lo- gineering). muster des Lokalisierungssignals beigefügt. kalisierungs-Technologie wurde patentiert, Bisher war es allerdings kaum möglich, Dieses ist so schwach, daß es vom RFID-Tag vom österreichischen Patentamt wurde sie die genaue Position eines RFID-Tags zu unerkannt bleibt und seine Antwort auf das nun als eine der besten Erfindungen des Jah- bestimmen. „Man kann die Zeit zwischen eigentliche Funksignal nicht beeinflußt. res ausgezeichnet. „Das ist für uns ein sehr Aussenden des Signals und Ankunft des Allerdings werden Teile des Lokalisierungs- schöner Erfolg“, sagt Arthaber. „Es zeigt, zurückgeschickten Signals messen – doch signals trotzdem vom RFID-Tag reflektiert. was es bringen kann, wenn akademische weder das Signal noch die RFID-Tags sind Durch ein kluges Aufaddieren der zeitlich Forschung und industrienahe, anwendungs- auf eine solche Messung ausgelegt, daher wiederkehrenden Signale kann diese schwa- orientierte Forschung ineinandergreifen.“ „ war die Genauigkeit dieser Methode bisher che Antwort im Lesegerät von zufälligem Youtube-Video: http://youtu.be/1FbEkc-Yj84

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 82 Wissenschaft & Technik Marktreif: Optisches Mikrofon von Spin-off der TU Wien Unempfindlich gegenüber Wind und Vibrationen, hochpräzise in einem extrem weiten Frequenzbereich: Das Lasermikrofon von Xarion vereint viele Vorteile. Foto: xarion Balthasar Fischer mit seinem optischen Mikrofon bei Tests im schalltoten Raum it Licht Schallwellen messen – das nimale Wellenlängenänderungen präzise findlichkeit, und ab einer gewissen Tonhöhe Mklingt vielleicht auf den ersten Blick messen“, erklärt Balthasar Fischer. nimmt man gar nichts mehr wahr. Das Laser- merkwürdig, könnte die akustische Meß- Mikrofon kann dieses Problem beheben. Es und Aufnahmetechnik aber in vielen Berei- Vom Elektrotechnik-Forschungs- zeigt eine gleichbleibend lineare Empfind- chen verändern. An der TU Wien erfand Bal- labor zur eigenen Firma lichkeit bis in den Ultraschallbereich. „Das thasar Fischer im Rahmen seiner Disserta- Am Institut für Photonik an der Fakultät ist in der akustischen Messtechnik ganz un- tion am Institut für Photonik (Fakultät für für Elektrotechnik und Informationstechnik erläßlich, zum Beispiel bei der Messung von Elektrotechnik und Informationstechnik) ein der TU Wien entwickelte Fischer seinen Lärmimmissionen, aber auch in Bereichen Lasermikrofon, mittlerweile entwickelt er ersten Mikrofon-Prototypen. Unterstützt von wie der zerstörungsfreien Materialprüfung seine patentierte Erfindung in der Startup- der österreichischen Forschungsförderungs- oder in der Medizintechnik“, sagt Balthasar Firma Xarion weiter. Daß sich mittlerweile gesellschaft (FFG) gründete er 2012 gemein- Fischer. sowohl internationale Großkonzerne als sam mit seinem Kollegen Leonhardt Bauer Das Mikrofon ist mechanisch sehr stabil, auch Nobelpreisträger für die Erfindung in- die Firma Xarion, um seine Idee weiterzu- es ist unempfindlich gegenüber Wind und teressieren, ist kein Wunder. Die Schallmes- entwickeln und zu vermarkten. Inzwischen Vibrationen, es funktioniert sogar in Flüssig- sung mit Laserlicht hat viele entscheidende arbeiten zehn Leute bei dem jungen Startup- keiten und es kann seine Signale optisch über Vorteile. Unternehmen und das erste Produkt ist ein Glasfaserkabel weitergeben. „Gerade die bereits marktreif. elektrischen Kabelstrecken, die man sonst in Lichtwellen statt Membran Im September 2014 hat sich Hans-Peter der akustischen Meßtechnik benötigt, sind In herkömmlichen Mikrofonen wird eine Porsche finanziell am Unternehmen betei- oft ein Problem“, sagt Fischer. Dort können Membran vom Schall in Schwingung ver- ligt, als Vorsitzenden des Scientific Advisory durch elektromagnetische Strahlung von setzt, und diese Schwingung wird dann auf- Board konnte Xarion den deutschen Nobel- außen Störungen entstehen. Bei einer opti- gezeichnet. Dadurch ist das Mikrofon aber preisträger und Laser-Spezialisten Prof. Theo- schen Datenübertragung ist das kein Pro- auch anfällig für äußere Vibrationen oder dor Hänsch gewinnen. „Die Beteiligung von blem, da kann man bedenkenlos auch lange Wind und kann akustische Signale manch- Porsche war für uns sehr wichtig, um Pla- Kabelstrecken verwenden. mal verzerren. Das Mikrofon von Balthasar nungssicherheit zu haben. Hänsch als Bera- Eine erste Version des optischen Mi- Fischer kommt ganz ohne Membran aus. ter bringt uns fachlich natürlich immer wie- krofons gibt es bei Xarion nun bereits zu Schallwellen sind nichts anderes als klei- der unglaubliche Vorteile“, sagt Balthasar kaufen, an weiteren Modellen wird laufend ne Luftdruckschwankungen. Ändert sich der Fischer. gearbeitet. „Es ging gut voran in diesen zwei Luftdruck im Mikrofon, dann ändert sich dort Jahren. Es ist aufregend mitzuerleben, wie auch die Wellenlänge des Lichts ein kleines Leistungsstark bis zum rasant sich so eine technische Idee entwik- bißchen. „Wir verwenden ein ausgeklügeltes Ultraschall-Bereich keln kann“, sagt Balthasar Fischer. „An neuen Spiegelsystem, das die Lichtwellen eines La- Gewöhnlichen Mikrofonen geht es mit Ideen und möglichen Marktnischen mangelt serstrahls nur in einem sehr engen Wellen- hohen Tönen so ähnlich wie uns Menschen: es uns jedenfalls nicht.“ „ längen-Bereich durchläßt. So kann man mi- Mit steigender Frequenz sinkt die Emp- http://xarion.com

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 83 Wissenschaft & Technik Ein Digitales Planetarium zum 125. Geburtstag Eröffnet im Jahr 1889, ist das Naturhistorische Museum Wien mit etwa 30 Millionen Sammlungsobjekten und mehr als 750.000 Besucherinnen und Besuchern im Jahr 2013 eines der bedeutendsten naturwissenschaftlichen Museen der Welt.

Die neueste Fulldome-Technik des Digitalen Planetariums ist die logische Erweiterung und Ergänzung des Museums. bwohl das Gebäude erst 1889 eröffnet Meteoritenschausammlung mit dem jüngsten sche Dauerausstellung zur Entstehung und Owurde, geht die Begründung der Samm- spektakulären Neuzuwachs, dem Marsme- Entwicklung des Menschen zu den Höhepunk- lungen auf das Jahr 1750 zurück, als Kaiser teoriten „Tissint“, und die neue anthropologi- ten eines Rundganges durch 39 Schausäle. Franz Stephan I. von Lothringen die damals größte und berühmteste Naturaliensamm- lung der Welt von dem Florentiner Gelehrten Johann Ritter von Baillou kaufte und damit den Grundstock für das k.k. Hofnaturalien- kabinett legte. Nach dem frühen Tod Franz Stephans übergab Maria Theresia die natur- wissenschaftliche Sammlung im Jahr 1766 ins Eigentum des Staates und machte sie öf- fentlich zugänglich – es entstand das erste Museum im Sinne der Aufklärung. Waren es im 19. Jahrhundert vor allem die großen Forschungsexpeditionen des österrei- chischen Kaiserhauses, die tief in fremde Erd- teile vordrangen, so sind es heute die moder- nen Methoden der DNA-Analyse oder die Meteoritenforschung, die in unbekannte Wel- ten und an die Grenzen unseres Kosmos ge- langen. Das Museum beherbergt weltberühm- te und einzigartige Exponate, etwa die 25.000 Jahre alte Venus von Willendorf, die

vor über 200 Jahren ausgestorbene Steller- Fotos: NHM Wien / Kurt Kracher sche Seekuh oder riesige Saurierskelette. Wei- Vizedirektor Herbert Kritscher (l.) und Generaldirektor Christian Köberl mit dem ters zählen die weltweit größte und älteste Hinweis auf das sehenswerte neue Digitale Planetarium im Saal 16

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 84 Wissenschaft & Technik

Außenkuppel, es sind 60 Sitzplätze vorhan- den. Die Projektion erfolgt mit zwei hoch- auflösenden Video-Projektoren von den Rändern der Kuppel; die Steuerung erfolgt von einem Schaltpult mit interaktiven Syste- men bzw. von einem Tablet. Die digitale Planetariums-Software hat alle bekannten astronomischen Objekte (inklusive der Planeten und der Erde in hochauflösenden Darstellungen) in den internen Datenbanken und erlaubt eine deut- lich vielseitigere Darstellung als bei einem klassischen optomechanischen Projektor. So ist es zum Beispiel möglich, zum Mond zu fliegen, durch die Saturnringe, zu entfernten Nebeln, Exoplaneten oder sogar an den Rand des Milchstraßensystems – und das alles wissenschaftlich exakt. Im neuen Digitalen Planetarium kann eine Vielzahl an Programmen angeboten wer- den – sowohl Live-Vorführungen wie auch Fulldome-Filme zu den verschiedensten The- men z.B. der Astronomie, der Biologie, der Prähistorie, der Paläontologie, der Tiefsee usw. Die vielseitigen Vorstellungen finden mehrmals pro Tag statt. Foto: NHM Wien / Kurt Kracher Innenansicht des Digitalen Planetariums „Das Digitale Planetarium ist eine ideale Ergänzung für die Darstellung der Themen, Schon vor 125 Jahren lautete die kaiserli- Grundinhalte des Museums zu Themen der die in der klassischen Museumsausstellung che Widmung „Dem Reiche der Natur und Naturwissenschaften zu vermitteln und kata- gezeigt werden – neue, interaktive Vorstel- seiner Erforschung“, über dem Eingangsbe- pultiert so das historische Haus aus dem 19. lungen bringen das Museum in das 21. Jahr- reich des Hauses. Ein Credo, das seit ebenso in das 21. Jahrhundert. hundert und sprechen, in Zeiten, in denen vielen Jahren das Tun im und um das Mu- Wissensvermittlung schnell und spannend seum beherrscht. Weil aber auch in einem Das Digitale Planetarium sein muß, neue und vor allem junge Besu- Palast der Wissenschaften die Zeit nicht ste- Das Digitale Planetarium im NHM Wien chergenerationen an“, so NHM-Generaldi- hen bleibt, wurde zum Jubiläum das neue besteht aus einer ca. 8,5 Meter durchmessen- rektor Christian Köberl. „ Digitale Planetarium präsentiert, das mit Full- den Innenkuppel mit einer schallisolierten http://www.nhm-wien.ac.at dome-Projektionstechnik neue BesucherIn- nen virtuell, aber wissenschaftlich exakt, zum Beispiel an den Rand der Milchstras- sengalaxie oder zu den Saturnringen bringt. Nach den neu gestalteten Meteoriten- und Anthropologie-Sälen ist dies ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Modernisie- rung des Museums. Das NHM Wien als das Kompetenzzen- trum für Erd-, Bio und Humanwissenschaf- ten muß im modernen Medienzeitalter Wis- sen attraktiv vermitteln. Gleichzeitig gilt es aber auch, das einzigartige Ambiente des hi- storischen Gebäudes als Gesamtkunstwerk zu erhalten. Ergänzende Medien und „hands on“-Stationen werden daher in der Schau- sammlung nur in begrenztem Umfang einge- setzt. Die neueste Fulldome-Technik des Digi- talen Planetariums ist die logische Erwei-

terung und Ergänzung des Museums und Foto: NASA erlaubt es, mit modernster Technologie die Simulation der »Rosetta«-Mission im neuen Planetarium

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 85 Wissenschaft & Technik Neues Analyseverfahren könnte Brustkrebstherapie revolutionieren Erfolgreiche Zusammenarbeit von Chemie, Medizin und Pharmakologie

indegewebszellen – sogenannte Stroma- Bzellen – können das Tumorwachstum entscheidend beeinflussen. Dies ist seit Län- gerem bekannt. Neu ist ein Auswerteverfah- ren, das der Bioanalytiker Christopher Ger- ner und ein interdisziplinäres Team von der Universität Wien und der Medizinischen Uni- versität Wien entwickelt haben. Mit Hilfe der modernen Massenspektrometer der Univer- sität Wien gelang es erstmals, in mensch- lichen Brustkrebs-Gewebsproben tumorför- dernde Zellaktivitäten analytisch nachzuwei- sen. Dazu ist eine Publikation im renom- mierten Fachmagazin „Journal of Proteome Research“ erschienen. Bekannt ist, daß Bindegewebe oder auch Stroma zu Entstehung und Wachstum von

Tumoren beitragen kann. Ungeklärt ist je- Foto: niversität Wien doch, ob krankhafte Veränderungen des Bioanalytiker Christopher Gerner mit seinem Team (v.l.: Andrea Bileck, Astrid „Stromas“ die Bildung von Tumoren begün- Slany, Dominique Kreutz) im Labor des Instituts für Analytische Chemie stigen oder ob erst vorhandene Tumorzellen der Wundheilung, sondern werden eben im sicht von Bedeutung. Aufgrund einer Nadel- das Stroma zu ihrem Überlebensvorteil Falle von Krebs für unerwünschtes Krebs- biopsie kann nun der Status quo der entnom- funktionell verändern. „Uns gelang es erst- wachstum mißbraucht. Die Bedeutung die- menen Zellen erhoben werden. „Es kann mals, für diesen Prozeß entscheidende Mo- ses Prozesses ist erst seit wenigen Jahren damit prinzipiell bei jeder einzelnen Patien- leküle als solche zu erkennen und aus klini- voll akzeptiert, jetzt konnte in dieser Studie tin festgestellt werden, wie stark bei ihr die schen Proben direkt nachzuweisen“, sagt auch erstmals ein relevantes In vitro Mo- Wundheilungsaktivität ausgeprägt ist. Das ist Christopher Gerner, Vorstand des Instituts dellsystem vorgestellt werden. eine entscheidende Voraussetzung, um eine für Analytische Chemie der Universität gezielte Einflußnahme planen zu können. Wien, der zusammen mit Georg Pfeiler von Innovatives Auswerteverfahren Für die klinische Routine ist das aber noch der Universitätsklinik für Frauenheilkunde Die analytische Herausforderung war Zukunftsmusik“, so Georg Pfeiler von der der Medizinischen Universität Wien und nun, aus Nadelbiopsien und den daraus ge- Medizinischen Universität Wien. „Wir arbei- einem interdisziplinären Team erfolgreich wonnenen Gewebshomogenaten, also einem ten bereits daran, einen derartigen Status ein neues Analyseverfahren entwickelt hat. Gemisch verschiedenster Zelltypen und auch aus Serumproben erheben zu können“, unzähliger Blutbestandteile, möglichst viele ergänzt Christopher Gerner vom Institut für Unerwünschte Promotion nachgewiesen krankheitsbeeinflussende Proteine zu identi- Analytische Chemie der Universität Wien. Gewebe sind aus unterschiedlichen Zell- fizieren. Mittels moderner massenspektro- Darüber hinaus kann nun das etablierte typen aufgebaut, welche jeweils spezifische metrischer Analysen konnten zunächst in Zellmodell für Krebs-assoziierte Fibrobla- Aufgaben erfüllen. Brustgewebe ist im We- den Gewebsproben von Brustkrebspatien- sten dazu verwendet werden, Medikamente sentlichen aus Epithelzellen und Fibrobla- tinnen viele tausend Proteine erfolgreich er- zu testen, die diese unerwünschten Zell-Ak- sten aufgebaut. Im Falle von Brustkrebs kannt werden. In der Folge gelang es erstmals, tivitäten gezielt hemmen sollen. Eine derar- können Epithelzellen zu Krebszellen entarte- die Aktivitäten der Fibroblasten direkt nach- tige (Zusatz-)Therapie könnte eine unschätz- ten, und Fibroblasten (Bindegewebszellen) zuweisen – mit dem Ergebnis, daß wie im In- bare Verbesserung der bisher eingesetzten können – wie oben angesprochen – in kriti- vitro-Modell auch die menschlichen Zellen klinischen Standard-Therapien darstellen. scher Weise funktionell verändert sein. Eine im Gewebe eine deutliche Wundheilungs-Si- Derzeit arbeiten mehrere DoktorandIn- typische Aktivität von krebsassoziierten gnatur und somit krebsfördernde Aktivitäten nen an der Universität Wien und der Me- Fibroblasten (cancer-associated fibroblasts, aufzeigen. „Möglich wurden diese Experimen- dizinischen Universität Wien an der Um- CAFs) gleicht dem Bemühen dieser Zellen, te durch die Ausstattung meiner neuen Pro- setzung dieses Forschungsvorhabens. Es eine Wunde heilen zu wollen. Die dabei ab- fessur für Bioanalytik“, so Christopher Gerner handelt sich dabei um ein typisches Cross- gesonderten Wachstums- und Überlebens- über die Topgeräte des Massenspektrome- Over-Projekt, an dem chemische Analyti- faktoren sind bereits in geringsten Kon- triezentrums der Universität Wien. kerInnen, MedizinerInnen und Pharmako- zentrationen hochaktiv und helfen nicht nur Diese Erkenntnis ist in mehrfacher Hin- logInnen mitarbeiten. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 86 Wissenschaft & Technik Resveratrol aus Rotwein wirkt entzündungshemmend Der Naturstoff Resveratrol hemmt die Bildung von Entzündungsfaktoren, die Herz-Kreislauf-Erkrankungen auslösen, und hat damit therapeutisches Potential.

in Glaserl in Ehren kann niemand ver- Ewehren!“ Wie das in Rotwein enthaltene Resveratrol tatsächlich wirkt, das haben nun WissenschaftlerInnen der Universität Wien, der Universitätsmedizin Mainz und der Uni- versität Jena gemeinsam herausgefunden. Der Naturstoff hemmt die Bildung von Ent- zündungsfaktoren, die Herz-Kreislauf-Er- krankungen auslösen, und hat damit thera- peutisches Potential. Die Forschungsergeb- nisse sind im Wissenschaftsmagazin „Nu- cleic Acids Research“ erschienen. Trotz fettreichem Essen ist die Herzer- krankungsrate in Frankreich geringer als in Deutschland. Dieses sogenannte „French paradox“ wird vermehrtem Rotweingenuß zugeschrieben und gab schon mehrfach An- laß zu verschiedenen Studien. „In einigen Forschungsprojekten konnte nachgewiesen werden, daß der in Rotwein enthaltene Na- turstoff Resveratrol eine schützende Wirkung gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat. Doch bis jetzt war nicht klar, wie genau die Grafik: Andrea Szabo / Thomas Erker, Universität Wien Struktur von Resveratrol mit »Angelschnur« Wirkzusammenhänge sind“, erklärt Verena Dirsch, Pharmazeutin an der Universität befestigen. Damit haben dann die Kollegen Wien. aus Jena das Protein KSRP aus einem zellu- Ein Teil der schützenden Wirkung ent- lären Proteingemisch ,gefischt“‘, sagt steht, indem die Bildung von Entzündungs- Pharmazeutin Verena Dirsch, die zusammen faktoren durch Resveratrol unterdrückt wird. mit ihrem Kollegen Thomas Erker von der Das fanden PharmakologInnen Andrea Pautz Fakultät für Lebenswissenschaften der Uni- und Hartmut Kleinert von der Universitäts- versität Wien so die Initialzündung zu die- medizin Mainz in einer gemeinsamen For- sem Projekt geliefert hat. schungsarbeit mit den PharmazeutInnen Entzündungsfaktoren, wie sie von Resve- Verena Dirsch, Wien, und Oliver Werz von ratrol über die Bindung an KSRP gehemmt der Universität Jena heraus. Konkret konn- werden, können auch Herz-Kreislauf-Er- ten sie nachweisen, daß der Naturstoff krankungen auslösen. Herz-Kreislauf-Erkran- Resveratrol an ein bestimmtes Protein – kurz kungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall KSRP genannt – bindet und dieses dabei treten gehäuft bei chronisch entzündlichen aktiviert. KSRP verringert wiederum die Erkrankungen – wie Rheuma – auf. Der Na- Stabilität von Molekülen, die für die Bildung turstoff Resveratrol hat also insbesondere von entzündlichen Mediatoren gebraucht bei entzündlichen Erkrankungen, die mit werden und hemmt so deren Entstehung. einer starken Schädigung des Herz-Kreis- „Der interessante Ansatz an dieser Arbeit lauf-Systems einhergehen, ein großes thera- war, daß wir mit dem Naturstoff Resveratrol peutisches Potential. „ nach der unbekannten Zielstruktur gesucht Publikation in Nucleic Acids Research: Resve- haben. Wir wußten aus vorangegangenen For- ratrol post-transcriptionally regulates pro-inflam- schungsergebnissen, daß eine funktionelle Foto: Peter Pulkowski matory gene expression via regulation of KSRP Gruppe an dem Molekül für eine bestimmte Der Naturstoff hemmt die Bildung von RNA binding activity: Andrea Pautz, Hartmut Wirkung entbehrlich war. Das haben wir uns Entzündungsfaktoren, die Herz- Kleinert, Oliver Werz, Verena Dirsch, et al. Nucleic zunutze gemacht, um dort eine ,Angel‘ zu Kreislauf-Erkrankungen auslösen. Acids Research, 2014. DOI: 10.1093/nar/gku1033

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 87 Wissenschaft & Technik Fette Lichtausbeute im Gebäude der Zukunft ED-Beleuchtungen gelten als Lichtquelle Lder Zukunft. Dank einer neuen Kunststoff- Folie kann das LED-Licht nun noch effizien- ter genutzt werden. LED Booster heißt die innovative Technologie, die beim 8. Clean- tech Innovators Club der Eco World Styria am 28. Oktober seine Weltpremiere feierte. Im Forschungs- und Entwicklungsprojekt mit den Kunststoffprofis der Montanuniversität Leoben und den Optikspezialisten von Joan- neum Research Materials entstand dieses in- novative Produkt. „Wir verwenden optische Folien aus hochtransparentem Kunststoff mit einer äußerst präzisen Struktur auf der einen und einer glatt reflektierenden Oberfläche auf der anderen Seite. Dazu haben wir spezielle Foto: Eco World Styria Hochleistungsreflektoren aus Aluminium Bernhard Puttinger (Eco World Styria), Werner Färber (EcoCan) und Paul Hart- entwickelt. Diese Zutaten ermöglichen uns mann (Joanneum Research) mit der innovativen LED-Lichtlenkungsfolie eine perfekte Lichtausbeute und Lichtlen- stoffröhren gespart werden. Die Zukunft der Maßnahmen, in der Beleuchtungstechnik gibt kung nun auch für LED-Beleuchtungen“, Beleuchtung geht jedoch ganz klar in es noch großes Potential für Energieeffizienz. erklärt Werner Färber, Geschäftsführer von Richtung LED. „Die Nachfrage nach solchen Produkten EcoCan bei der Produktveröffentlichung. Mit Sensoren wird die Lichtqualität an wird in den nächsten Jahren weiter steigen“, In Fabrikshallen und Büros konnte mit- den Bedarf automatisch angepaßt, am ge- prognostiziert Paul Hartmann, Leiter des In- hilfe der Lichtlenkungsfolie bereits bis zu wünschten Ort gezielt verteilt und zeitlich stituts „Materials“ bei Joanneum Research. „ 70 Prozent des Energieaufwands von Leucht- gesteuert. Ob nun mit High- oder Low-Tech- http://www.eco.at Neue Generation lösemittel- und kobaltfreier Lasuren amit Holz am und im Haus langfristig Dschön und intakt bleibt, bedarf es der richtigen Pflege. Künstliche Lacke allerdings nehmen dem Holz seine Natürlichkeit, zu- dem dünsten viele noch geraume Zeit Löse- mitteldämpfe aus. Eine gute Alternative sind naturbelassene Produkte, die komplett auf gesundheitlich bedenkliche Inhaltsstoffe verzichten. „Unsere neue Natural H2Lasur ist der Beweis, daß hochwirksame Holzbehandlung ohne Schadstoffe und ohne Chemikalien auf Erdölbasis möglich ist“, so Naturfarbenpio- nier Oskar Scherzenlehner von Natural nicht ohne Stolz. Seit vielen Jahren hat er sich mit seinem Familienunternehmen der Entwick-

lung naturverträglicher Holzpflegemittel ver- Foto: natural.at schrieben, die problemlos in den Naturkreis- Ist eine Fläche im Außenbereich besonders stark verwittert oder starker Sonnen- lauf zurückgegeben werden können. Das Na- einstrahlung ausgesetzt, mindert ein ergänzender, natürlicher Wetterschutz das turprodukt Holz durch Chemieprodukte zu Nachdunklen heller Farbtöne und verhindert auch das Verstopfen der Holzporen. Sondermüll zu degradieren, „sei ohnehin ein Holzes zu „atmen“. Und die, bei Bedarf festigen es, ohne zu verkleben. Das Holz Unding“. Nun präsentiert er erstmals natürli- Luftfeuchtigkeit aufzunehmen und bei zu wird strapazierfähiger, die diffusionsoffene, che, wasserbasierte Holzlasuren, die frei von trockener Luft wieder abzugeben. „Ein bis- atmungsaktive Struktur bleibt erhalten. Da- Kobalt und flüchtigen organischen Verbin- schen wie eine natürliche Klimaanlage“, mit die Holzflächen und Möbel drinnen wie dungen (VOC) sind – also lösemittelfrei. Im schwärmt Scherzenlehner. Eigenschaften, draußen lange Freude bereiten, stehen für die Gegensatz zu mit Kunstlacken versiegelten die es unbedingt zu erhalten gilt. Der Kniff: unterschiedlichen Anforderungen spezielle Oberflächen, deren Poren verschlossen sind, Naturöle mit hohem Festkörperanteil drin- Produkte des oö. Unternehmens bereit. „ bewahrt seine Lasur die Fähigkeit des gen tief in die Poren des Holzes ein und ver- http://www.natural.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 88 Kultur Arik Brauer Gesamt.Kunst.Werk Von 14. November 2014 bis 16. Februar 2015 im Leopold Museum, MuseumsQuartier Wien

Die Ausstellung gliedert sich in mehrere Themen: Neben einem retrospektiven Teil zum frühen Schaffen zwischen 1945 und 1970 liegt der Fokus auf den Themen Krieg und Unterdrückung, Umwelt, Judentum und Mythologie. Auch neuere und neueste Arbeiten Brauers sind zu sehen, u. a. das eigens für diese Ausstellung geschaffene Selbstbildnis: „Arik Brauer im Herbst“ (2014), das auch als Katalogcover und Plakatmotiv ausge- wählt wurde.

Themen der Ausstellung Werke 1945-1970 Frühe Porträts, etwa die Porträts der El- tern (1950) oder das in Paris entstandene Selbstbildnis von 1963, zeigen klare Bezüge zur italienischen Kunst des Trecento und der Renaissance, die Landschaften zu den Ge- mälden der altniederländischen Malerei oder jenen von Albrecht Altdorfer. Nach dem Krieg beschäftigte sich Brauer mit den Gräueln und Schrecken des Krieges. Die zwischen 1946 und 1959 entstandenen Gemälde „Mann im Gas“, die „Gegeißelte“ oder das „Mädchen im Bombentrichter“ er- zählen behutsam und eindringlich von den unbeschreiblichen Schrecken der eben erst überstandenen Jahre des Naziterrors. Viele Arbeiten Brauers sind von erzählerischem Charakter, voller Figuren, die sich regelrecht in den weitläufigen Landschaften verlieren, skurrile Fabelwesen in der Tradition des Hieronymus Bosch, menschliche Körper, die wie die Figuren in den Werken der mittelal-

© Im Besitz des Künstlers terlichen Buchmalerei über die Leinwände »Arik Brauer im Herbst«, Wien April–Juni 2014, Öl auf Hartfaserplatte, des Künstlers klettern. 130 × 100 cm. Im Besitz des Künstlers. Der Nomade: Reisen nach Algerien und Israel rauer im Herbst ist der Titel des eigens In Israel entdeckte er die Schönheit der Seine Reise nach Algerien und die Faszi- Bfür die Ausstellung gemalten Selbstbild- Wüste und entwickelte aus dem Farbenspiel nation für das Land Israel inspirierte Brauer nisses. Dem Maler, Autor und Liedermacher, nächtlicher Meeresstimmungen seinen phan- zu fantasievollen Bildern. Fluß, Meer und Bühnenbildner und Haus-Gestalter, vor allem tastischen Realismus in Paris. Als Umwelt- Sumpflandschaften, Wüsten und Felsgebirge aber Gesellschaftskritiker und Umweltschüt- schützer der ersten Stunde sang, malte und bilden die Kulisse für biblische Szenen, Dar- zer, widmet das Leopold Museum eine retro- schrieb er gegen die Zerstörung der Hain- stellungen von Bettlern, Fischern oder Die- spektiv angelegte Ausstellung. Wenn Brauer burger Au. Bis heute sind Menschen und ben. Themen der Zeit werden in Fantasieland- auch als Sänger berühmt geworden ist, so Natur wichtige Themen seiner Bilder. Der schaften verpackt, so etwa die Mondlandung stellte er stets die Malerei in den Mittelpunkt Bogen der ausgestellten Werke spannt sich („Zurück vom Mond“, 1968) oder zuneh- seines Schaffens. von 1945 bis heute. mende Straßenverkehr („Autounfall“, 1961).

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 89 Kultur Foto: Privatbesitz »Der Regenmacher von Karmel« (1964), ein Hauptwerk Brauers, das nach seinem frühen Ankauf durch einen privaten Sammler in dieser Ausstellung erstmals wieder öffentlich zu sehen ist. Öl auf Hartfaserplatte mit Acrylgrund, 123 × 149 cm Herausragend sind das in Paris entstandene heißgeliebten Vaters. Weiters „Bat-Sheba am Wie ein roter Faden ziehen sich die The- „Tag- und Nacht triptychon“ (1961-1962) Dach“ (1996), der Zug der Klezmer-Musi- men „Krieg und Unterdrückung“ durch das und „Der Regenmacher von Karmel“ (1964), kanten („Die Klezmerim unterwegs“, 2003), Werk des Künstlers. Ein Jahreszeitenzyklus ein Hauptwerk Brauers, das nach seinem „Das Hohelied Salomons“ (2008) und nicht des Krieges (1987), die „Hakenkreuzigung“ frühen Ankauf durch einen privaten Samm- zuletzt der im Laufe der Ausstellung entste- (2004) oder die „Steinigung“ (2014) sind be- ler in dieser Ausstellung erstmals wieder öf- hende Zyklus der „Sechs Schöpfungstage“ redte Zeichen gegen Borniertheit, Haß und fentlich zu sehen ist. Die Zerstörungskraft (2014/15). Chauvinismus. „Die Glocke der Freiheit“ und Gefahr der Atomkraft thematisiert Brauer (2014) ist der Aufruf zum Kampf der Frauen wiederholt, so etwa im „Tschernobyl-Trip- Umwelt für ihre endgültige Befreiung vom Joch der tychon“ (1996/97). Die Umwelt ist ein zentrales Thema Männer, das in Afrika und Asien – und nicht Brauers und eine Säule der Ausstellung. Dar- nur dort – oft noch schwer auf den Schultern Judentum Die jüdische Herkunft Brauers stellungen wie die apokalyptische, mit un- des weiblichen Geschlechtes lastet. Arik spiegelt sich auch in zahlreichen Werken zähligen Elementen wie Buchstaben, Figu- Brauer: „Die unterdrückten Frauen der drit- zum Thema „Judentum“ wider, einem The- ren und unterschiedlichsten Gegenständen ten Welt haben begonnen, die Glocke der menkreis, der in der Ausstellung besondere versehene Szenerie einer biblisch-babyloni- Freiheit zu läuten. Es wird die größte Revo- Berücksichtigung findet. Hervorzuheben sind schen Festung im „Letzten Hahnenschrei“ lution aller Zeiten.“ Hier ist auch das hier besonders der Zyklus „Verfolgung des (1976), die zerstörerische Kraft eines Tsu- Temperabild „Shahid"“ (2005-2010) zu nen- jüdischen Volkes“ (1974/75), entstanden un- nami in „Die große Welle“ (2005) bis hin zum nen, das in unglaublicher kompositorischer ter dem Eindruck des Jom-Kippur-Krieges, Zyklus der „Vier Elemente“ (2006/2014) Verve und erschreckender Drastik ein Selbst- und das Schlüsselwerk „Mein Vater im zeugen von der Bedeutung des Kampfes um mordattentat versinnbildlicht, das das Schick- Winter“ (1983/84), eine tieftraurige und wun- Erhaltung und Schutz unserer Natur im sal des Attentäters ebenso besiegelt wie jenes derbar sanfte Hommage an das Schicksal des Denken Brauers. der unschuldigen Opfer.

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einem Erwachsenen-Zeichenkurs im Volks- heim . Bei einem Urania-Kurs bil- dete er sich im Modellieren mit Ton weiter. Einige Jugendzeichnungen aus diesen Jah- ren, u. a. Tierdarstellungen, sind in der Aus- stellung zu sehen.

Akademiejahre, Wiener Schule des Phantastischen Realismus Nach dem Krieg studierte Brauer an der Akademie der bildenden Künste bei Robin Christian Andersen, Albert Paris Gütersloh und Josef Dobrowsky, besuchte bei Herbert Boeckl den Abendakt. Er lernte Ernst Fuchs kennen, , Kurt Absolon und Wolfgang Hollegha. Im Foyer des Wiener Konzerthauses zeigten Brauer und seine Freunde 1947 eine erste Gruppenausstellung. Diese Gruppe bildete die Basis der „Wiener Schule des Phantastischen Realismus“. Der Name der von Albert Paris Gütersloh inspi- rierten Gruppe wurde jedoch erst in den 50er- Jahren vom Kunstkritiker Hans Muschik ge- prägt.

Sänger und politisch denkender Mensch Brauer absolvierte neben dem Kunststu- dium auch eine Ausbildung zum Sänger und engagierte sich politisch. Den Spuren seines Vaters folgend, der überzeugter Marxist war, betätigte er sich in der kommunistischen Ju- gend und reiste in den Jahre 1947-1949 zu den Weltjugendtagen nach Prag, Budapest und Berlin. Mit dem „Art Club“ nahm Brauer 1949 an Ausstellungen in Turin (Palazzo Cari- gnano) und Rom (Galleria Nazionale d'Arte) teil. Im Sommer desselben Jahres fuhr er mit dem Fahrrad nach Paris, um seinen Freund Ernst Fuchs zu besuchen. Er bot Karl Flin- ker, seinem späteren Galeristen, in einem Café ein Bild zum Kauf an. Dieser lehnte ab und so verkaufte er das Gemälde an einen Clochard für ein wenig Geld und ein Stück Camembert. Das machte Flinker neugierig und er kaufte dem Obdachlosen das Bild ab. © Im Besitz des Künstlers Flinker organisierte später in den 60er- »Selbstbildnis«, Paris 1963, Öl auf Hartfaserplatte mit Acrylgrund, 65 × 80 cm Jahren in Paris eine höchst erfolgreiche Aus- Arik Brauer In der NS-Zeit wurde die Familie ver- stellung, die Brauer zum Durchbruch ver- Arik (eigentlich Erich) Brauer wurde am folgt. Während Erich mit seiner Mutter in half. Bei einem neuerlichen Parisaufenthalt 4. Jänner 1929 in Wien geboren. Ariks Vater, Wien blieb, floh der Vater nach Riga. 1944 1950 verdiente er als Sänger von russischen Simon Brauer (1883-1944), ein orthopädi- wurde er jedoch in der von Nazitruppen be- Volkslieder genug Geld um damit nach scher Schuhmachermeister, stammte aus setzten lettischen Stadt Riga Opfer des Algerien zu reisen. Die Kultur der Nomaden Vilna (heutiges Vilnius). 1907 kam er nach Holocaust. Erich, seine Mutter und seine und die arabische Gastfreundschaft waren Wien. Hier lernte er in einem Kurs für deut- Schwester Lena überlebten den Krieg in prägende Eindrücke. sche Literatur seine spätere Frau Hermine Wien. Bis 1942 besuchte Erich jüdische Schu- 1951 nahm Brauer in Wien an der legen- Sekirnjak (1898-1987) kennen, die er 1924 len, später leistete er Zwangsarbeit als Tisch- dären Ausstellung der „Hundsgruppe“ teil, heiratete. Die Brauers lebten in Ottakring, hier lergeselle. Gegen Kriegsende tauchte er un- die von Arnulf Rainer, Ernst Fuchs, Maria wuchsen Erich und seine ältere Schwester ter. Erste künstlerische Erfahrungen sam- Lassnig und anderen als Gegenbewegung Lena auf. melte Erich Brauer während des Krieges bei zum „Art Club“ gegründet worden war.

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1954 zog Brauer mit seiner Schwester Lena nach Israel. Die beiden traten als Sän- ger und Tänzer auf, u. a. in Tel Aviv und in Haifa, wo er seine künftige Frau Naomi Daha- bani (*1932) kennen lernte, die ihm auch die hebräische Sprache beibrachte. Ihre Eltern stammten ursprünglich aus dem Jemen. Zurück in Wien arbeitete Brauer 1956 am Raimundtheater als Balletttänzer und schloss sein Kunststudium ab. Seine erste Einzelaus- stellung fand in diesem Jahr in der „Neuen Galerie“ statt. 1957 heirateten er und Naomi in Tel Aviv, Ernst Fuchs war einer der Trauzeugen. Ab diesem Zeitpunkt nannte er sich Arik. Auch in Tel Aviv fand eine Einzelausstellung statt, organisiert von Naomi. 1958 zogen sie nach Paris und traten dort als „Noemi et Arik Bar- Or“ (dt. „Stamm des Lichts“) auf. Die Brau- ers lebten von 1958 bis 1964 in Paris. Zwi- schenzeitlich wurden die beiden sogar zu Leinwandstars: In Jacques Duponts Spiel- film „Les Distractions“, der 1960 in die Kinos kam, traten sie an der Seite von Jean-Paul Belmondo als Sängerpaar auf. Im steirischen Seckau besuchte Arik © Im Besitz des Künstlers Brauer im Sommer des Jahres 1958 das von Bild oben: »Dornbuschmessias«, Paris 1959, Öl auf Hartfaserplatte mit Otto Mauer organisierte Kunstgespräch „Si- Kaseingrund, 27 × 30 cm tuation – Konfrontation“. Hier protestierte er Bild unten: »Alles was Flügel hat fliegt«, Wien 1973, Tempera auf acrylgrundier- gegen den „Glauben an das Winkelmaß“. ter Holzfaserplatte, 100 × 100 cm Die Veranstaltung war ein einzigartiges Tref- fen von Künstlern wie Ernst Fuchs, Friedens- reich Hundertwasser, Arnulf Rainer, , Markus Prachensky, aber auch der französische Kunstkritiker Pierre Restany oder der ebenfalls aus Frankreich stammen- de Kritiker und Sammler Michel Tapié. 1959 folgte die erste Einzelausstellung Brauers in Paris.

Timna, Talja – Stedelijk Museum Amsterdam und Wiener Künstlerhaus 1961 kam Arik und Naomis erste Tochter Timna zur Welt, im darauffolgenden Jahr Talja. Brauer stellte im Salon de Mai im Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris aus und im Stedelijk Museum in Amsterdam, mit Picasso und Bacon. 1962 wurde er Künstlerhausmitglied, beteiligte sich an der Gruppenausstellung „Surrealismus. Phantas- tische Malerei der Gegenwart“. 1963 kauften sich Arik und Naomi Brauer ein Haus im israelischen Künstler- dorf Ein-Hod und gestalteten es nach ihren Vorstellungen um, wobei sie rechte Winkel vermieden. Bis heute verbringen sie dort die Sommermonate. Den Durchbruch in Paris brachte die Ausstellung in der Galerie Flin-

ker 1964. Im selben Jahr übersiedelte die © Essl Museum Klosterneuburg/Wien

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Familie Brauer wieder nach Wien. Es be- gann die Zusammenarbeit mit der Galerie Peithner-Lichtenfels. Ab 1965 veröffentlich- te Brauer auch Schallplatten mit Liedern im Wiener Dialekt („Sein Köpferl im Sand“, „Sie hab’n a Haus baut“ (1971), inspiriert von H. C. Artmann). 1971 folgte eine Einzelausstellung im Museum des 20. Jahrhunderts. Brauer ent- warf Bühnenbilder und Kostüme für Opern in Zürich, Wien und Paris. Für die Staatsoper schuf er auch einen Gobelin. 1973 wurde Brauers dritte Tochter Ruth geboren. Die Brauers erwarben eine Villa im 18. Wiener Gemeindebezirk, die sie auch heute noch bewohnen. Einzigartige Multimediawerke schuf Brauer mit „Alles was Flügel hat fliegt“ (1973) – zu diesem Fernsehspiel veröffent- lichte er eine LP und einen einstündigen Film, war Hauptdarsteller und Ausstatter – und mit dem für die Wiener Festwochen produzier- ten Singspiel „7 auf einen Streich“ (1978). Das „Jewish Museum“ in New York wid- mete Brauer 1979 eine erste Retrospektive mit mehreren Stationen in den USA und Eu- ropa. In diesem Jahr illustrierte er auch eine Sonderausgabe von Isaac B. Singers Roman „Feinde, die Geschichte einer Liebe“. Wieland Schmied, der in den 60er- und 70er-Jahren wiederholt zu Brauer publizier- te, holte den Künstler 1982/83 als Gastpro- fessor an die Sommerakademie in Salzburg. 1984 diskutierten Hrdlicka, Fuchs, © Im Besitz des Künstlers Brauer und Hundertwasser im Bayerischen »Die Luft aus dem Zyklus: Die vier Elemente«,Wien 2006/2014 Öl auf Hartfaserplatte, 175 × 147 cm Rundfunk über den „Fall der Avantgarde“. Brauer unterstrich einmal mehr die Be- deutung der figurativen Malerei, hielt ein Plädoyer auf die „Schönheit der Natur“ und bezog Position gegen die Erweiterung des Kunstbegriffes. Sein altmeisterlicher Malstil und seine bizarrfantastischen Formschöp- fungen standen im Gegensatz zum Main- stream der strengdogmatischen Kunstrich- tungen der Nachkriegsmoderne, die ganz im Zeichen der Abstraktion standen. Zwischen 1986 und 1997 unterrichtete Arik Brauer an der Akademie der bildenden Künste in Wien und leitete die Meisterklasse für Malerei.

Der Umweltschützer 1985 erhielt Brauer für seinen Einsatz rund um die Rettung der Hainburger Au, die durch einen Donau-Kraftwerksbau zerstört werden sollte, den Konrad-Lorenz-Staatspreis. Das von ihm gestaltete Kinderbuch „Die

Ritter von der Reutenstopf“ (1988) stellt Foto: Im Besitz des Künstlers eine Aufarbeitung dieser Erlebnisse dar. Arik Brauer in seinem unterirdischen Museum | Wien 2010/11

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Brauer kultivierte eine Kunst, die der fechter des Gesamtkunstwerkes, das alle Be- und Inspirationsquelle wurde, dem Agno- Fantasie, der Erzählkunst und der Freude am reiche des Lebens umfaßt, mit der Besonder- stiker, dem Schauspieler, (Protest-)Sänger, Erfinden wieder zu ihrem Recht verhelfen heit, daß er selbst Teil dieses „Gesamt.Kunst. Journalisten und Erzähler begegnet man in sollte. Seit jeher genoß Arik Brauers Kunst Werk(es)“ ist. der Schau und im umfassenden Katalog zur große Beliebtheit, wozu bis zum heutigen Ausstellung. Die großen Leistungen Brauers Tag auch Brauers Multitalent als Sänger, Universalkünstler und Multitalent als Bühnenbildner werden ebenso themati- Liedermacher, Dichter und Tänzer einen we- Auch dem Familienmenschen Brauer, dem siert: Seine Bühnenbilder und Kostüment- sentlichen Beitrag leistet. Brauer steht auf stets politisch denkenden Menschen und Ver- würfe, etwa 1970 für das Opernhaus Zürich, seine Weise ganz in der Tradition der Ver- teidiger Israels, das zu seiner zweiten Heimat 1972 für die Wiener Staatsoper und 1977 für Mozarts „Zauberflöte“ in der Opéra National de Paris wurden zur Zeit ihrer Entstehung begeistert aufgenommen.

Architektur: Fassadengestaltungen in Österreich und Israel Auch bedeutende architektonische Ak- zente hat Brauer gesetzt, als Gestalter von Bauwerken in Österreich, wie dem „Brauer Haus“ in der Wiener Gumpendorfer Straße (1991-1994), der von Brauer gestalteten Kir- chenfassade der Pfarre „Am Tabor“ im 2. Wiener Gemeindebezirk, der Autobahnrast- stätte Lindach in Oberösterreich sowie in Israel in seinem Künstlerhaus im Künstler- dorf Ein-Hod und in Form der riesigen, von ihm gestalteten Fassade der Shopping Mall „Castra Center“ in Haifa (1994-2000). Zu Beginn des 21. Jahrhunderts gestaltete Brauer die Rathausfassade im steirischen Voitsberg (2000- 2003). 2012 schuf er einen Brunnen im Hof der Bierbrauerei im oberösterreichi- schen Freistadt.

Wichtige Ausstellungen der jüngeren Vergangenheit Die letzte große Retrospektive Brauers richtete das Wien Museum 1998/99 zum 70. Geburtstag des Künstlers aus. Das Kunsthaus Wien veranstaltete 2003 die Ausstellung „Schieß nicht auf die Blaue Blume ...!“. Das Wiener Dommuseum zeigte 2009 Brauers Werke zum Alten Testament. Am Beginn des heurigen Jahres präsentierte das Jüdische Museum Wien die Arbeiten des Künstlers zu einer neuen Version der Haggada.

Ehrungen 2002 wurde Prof. Arik Brauer das Öster- reichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse verliehen, 2011 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien.

Die Farben meines Lebens Brauers Autobiografie „Die Farben mei- nes Lebens“ wurde im Amalthea Verlag an- läßlich des 85. Geburtstages neu aufgelegt. Sie ist im Shop des Leopold Museum. „

© Nussbaumer / Das Portrait, Studio für Photographie http://www.leopoldmuseum.org

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 94 Kultur Tanz der Hände Tilly Losch und Hedy Pfundmayr in Fotografien 1920-1935 Bis 15. Februar 2015 im Rupertinum Salzburg Foto: Photoinstitut Bonartes as Museum der Moderne Salzburg Bild oben: Rudolf Koppitz, Handstudie organisiert eine Ausstellung über die Hedy Pfundmayr, um 1929; Ausschnitt, D nach dem Negativ Ergebnisse einer interdisziplinären Spuren- Bild links: Rudolf Koppitz, Werbesujet suche des Photoinstitut Bonartes zum Thema für das Schmerzmittel Togal (mit den Fotografie und Hände. Händen seiner Frau Anna und Tochter Lisl), um 1930; Silbergelatineabzug „Diese Ausstellung unterstreicht ein wei- teres Mal die Internationalität des Museums- zeit. „Die Fotografie war und ist ein Schwer- standortes Salzburg“, so Kulturreferent Lan- punkt im Museum der Moderne“, so Schell- desrat Heinrich Schellhorn am 13. Novem- horn. ber bei der Ausstellungseröffnung im Ruper- Ausgangspunkt ist ein Tanzabend im tinum. Schellhorn bedankte sich bei der Di- Rahmen der Salzburger Festspiele im Jahr rektorin des Museums, Sabine Breitwieser, 1927. Zwei Solotänzerinnen der Wiener für das Zustandekommen der Ausstellung Staatsoper, Tilly Losch (1903-1975) und Hedy und der Leiterin des Photoinstituts Bonartes, Pfundmayr (1899-1965), zeigten in Salzburg Monika Faber, für die wissenschaftliche Auf- ungewöhnliche Choreografien, bei denen sie arbeitung und kuratorische Betreuung dieser nur die Hände bewegten. „Die Ausstellung ersten Präsentation eines ungewöhnlichen eröffnet einen Blick auf in eine Vergessen-

Aspekts in der Kunst der Zwischenkriegs- Foto: Photoinstitut Bonartes heit geratene Facette der Zwischenkriegs-

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siv auf Hände konzentrierten, wird unter suchungen der Hand sollten unter anderem anderem anhand der fotografischen Nachläs- Rückschlüsse auf den Charakter zulassen. se der beiden analysiert. Einerseits unterstri- Nicht zuletzt spiegelt sich all das in der chen sie damit ihre Nähe zum Ausdrucks- Studiofotografie der Zeit wider, in der die tanz. Schlanke Frauenhände waren anderer- Gestik die Mimik ergänzte. Der Fotograf Ru- seits ein erotisches Symbol, das sich gut für dolf Koppitz, mit dem Hedy Pfundmayr eng Werbesujets eignete und in der damaligen zusammenarbeitete, sah in Handstudien eine Lesbenszene regen Anklang fand. Ein weite- unerlässliche Vorübung seiner SchülerInnen rer Aspekt, der untersucht wurde, ist die für das Porträtfach – eine Auffassung, die schier überbordende Vielfalt an Büchern, offensichtlich auch seine KollegInnen wie Zeitungen und Magazinen, die sich dem Trude Fleischmann, Madame d’Ora, Anton Kult, aber auch der Analyse von Händen Josef Trcka oder Franz Xaver Setzer teilten. widmeten und reich mit Fotografien illu- Eine Ausstellung des Photoinstituts Bon- striert waren. artes, erweitert in Zusammenarbeit mit dem Handlesen hatte zur damaligen Zeit Museum der Moderne Salzburg. „ Hochkonjunktur und morphologische Unter- http://www.museumdermoderne.at Foto: Photoinstitut Bonartes

Rudolf Koppitz, Hedy Pfundmayr mit Elektra-Maske von Richard Teschner, um 1930, Silbergelatineabzug

zeit, nämlich auf das damalige Faible für Hände und Posen in Fotografie und Tanz der 1920er-Jahre, und das alles in Verbindung mit einer – möglicherweise – auch für heuti- ge Begriffe ungewöhnlichen Aufführung“, begründet Sabine Breitwieser, Direktorin, warum sie die Ausstellung in erweiterter Form am Museum der Moderne Salzburg zeigt. „Für Tilly Losch und Hedy Pfundmayr sollten jene Tänze zum Markenzeichen wer- den, ihr Auftreten in Fotografie und Film inspirieren und damit die Wahrnehmung in einer breiten Öffentlichkeit prägen“, erklärt Monika Faber, Leiterin des Photoinstituts Bonartes und Co-Kuratorin der Ausstellung. Rund 140 Werke, darunter zum Großteil Fotografien, aber auch Filme, Glasdiaposi- tive und Handmoulagen aus diversen Samm- lungen – unter anderem auch aus der des Museum der Moderne Salzburg – werden gezeigt. Der Händekult der 1920er-Jahre wird in der Ausstellung aus mehreren Perspektiven

beleuchtet. Warum Tilly Losch und Hedy Foto: IMAGNO/Photoarchiv Setzer-Tschiedel Pfundmayr als Ballettänzerinnen die Bein- Franz Xaver Setzer, Tilly Losch in Straußwalzer in einem Kleid der Wiener Werk- arbeit zurücknahmen und sich derart exklu- stätte, um 1928; Silbergelatineabzug

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 96 Kultur Kunstgenuss Essen Von der Linzer Torte bis zur Bosna – von 14. November 2014 bis 22. März 2015 im Nordico Stadtmuseum Linz ® Lentos Kunstmuseum Linz

iesen-Erdäpfel als Skulptur, Käse und war seit dem 16. Jahrhundert dem Stillleben lichkeit und Tod. Die diesem Verfall inne- RSchokolade an die Wand gehängt, eine vorbehalten. wohnende Schönheit verdeutlichen die Fo- Küche aus Draht als plastische Zeichnung, Saftige Früchte, pralles Gemüse und tografien toter Schweine von Madame d’Ora saftige Früchte, üppige Speisereste, tanzende üppige zum Verzehr angerichtete Speisen ebenso wie die Abfallbilder von Frenzi Würste, Rezepte zum Kunstwerk erhoben dienen aber nicht nur dem Augenschmaus, Rigling oder die düster atmosphärischen und gemeinsames Essen und Kochen als neue sondern symbolisieren im metaphorischen Früchte- und Gemüsepolaroids von Sabine Kunstform – Essen aus einem neuen Blick- Sinn Körperlichkeit und Leben, Vergäng- Jelinek winkel betrachtet. Essen ist Lebensnotwendigkeit, es ver- bindet den Menschen auf elementarste Weise mit der Welt, es vergegenwärtigt den ewigen Zyklus von Leben und Tod. Essen ist aber auch als sozial normierte und kulturell ge- prägte Handlung fundamentaler Bestandteil gesellschaftspolitischer Prozesse wie religi- öser Riten. Als Teil unserer kulturellen Iden- tität ist Essen daher seit jeher eine Inspira- tionsquelle für kreatives Schaffen. Die virtu- ose malerische Wiedergabe von Eßbarem

Bild oben: Albin Egger-Lienz, »Das Mittagessen«, um 1923 Bild rechts: Unbekannter Künstler, »Küchenstück mit Linzer Torte«,

1650–1750 © Privatbesitz Alain Kunz, Basel. Foto: Reinhard Haider

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Seit den 1960er-Jahren ist Essen nicht mehr nur Darstellungsgegenstand, sondern wird zum Kunstmittel, seine Verarbeitung und Bearbeitung zum künstlerischen Prozess und seine Zubereitung zur Kunstaktion. Auf die Symbolkraft von Essen in der christli- chen Tradition verweisen die Tierschlachtun- gen des Orgien-Mysterien-Theaters von Her- mann Nitsch, und mit dem Teilen eines Brotlaibs unmittelbar auf ihrem Bauch rückt Valie Export in ihrer Kunstperformance „Homo Meter II Fragen nach Fruchtbarkeit“ Geburt und Vergänglichkeit in den Mittel- punkt. Als eigene Kunstrichtung postuliert die Eat Art die „Einheit von Kunst und Leben“. Daniel Spoerris Fallenbilder – abgegessene Tische als Tafelbild an die Wand gehängt – visualisieren diesen Schnittpunkt zwischen Natur und Kultur. Als stumme Zeugen eines ewigen Kreislaufs zeigen sie eine Moment- © Maria Lassnig Foundation Maria Lassnig, »Stillleben mit Selbstportrait als Glaskugel«, 1971 aufnahme aus dem Zyklus des Lebens. Die- ter Roth verdeutlicht das Prozeßhafte allen Von 1900 bis heute zeigt die Ausstellung Rudolf Schwarzkogler, Dieter Roth, Daniel Seins über die Verwesung und Zersetzung mit rund 100 Werken aus den Beständen des Spoerri, Alois Mosbacher, Heinz Cibulka, von Eßbarem. Lentos Kunstmuseums, des Nordico Stadt- Paul Renner, Lisl Ponger, Prinzgau/podgor- Für Peter Kubelka ist „das Kochen nicht museums, aus zahlreichen Galerien und Pri- schek, Frenzi Rigling und Ursula Hübner, nur ein bildender Prozeß wie andere Künste, vatsammlungen mit Werken von Albin Egger- um nur einige zu nennen, eine Bandbreite sondern beides: Unmittelbares Eingreifen in Lienz, Rosa Scherer, Albert Paris Gütersloh, künstlerischen Schaffens, die die Relevanz die Natur und künstlerisch bildender Pro- Alfred Wickenburg, Marie-Louise von Mo- der Grundsubstanz Nahrung als Verbindungs- zeß“. Weiterführend verknüpft Paul Renner tesiczky, Edward Weston, Madame d’Ora, glied von Kunst und Leben verdeutlicht. „ Kochen und Kunst zu einer Performance Art Valie Export, Hermann Nitsch, Otto Muehl, http://www.nordico.at im Rahmen gemeinsamer Koch- und Eß- erlebnisse. Essen ist seit jeher Manifestation kultu- reller Zugehörigkeit, die ihren Ausdruck in bestimmten, für eine Region typischen Spei- sen findet. Heinz Cibulka zeigt in diesem Sinne Essen eingebettet in religiöse Rituale, Feierlichkeiten und den alltäglichen Kreis- lauf menschlicher Existenz. Essen vermag aber auch im Gegenzug als Katalysator für die Integration fremder kultureller Einflüsse dienen, wie die Geschichte der Bosna und die Videoporträts von Linzer Märkten an- schaulich illustrieren. Das Eßverhalten der Gegenwart wird von zunehmender Genußfeindlichkeit und der Entfremdung des Menschen vom Ursprung seiner Nahrungsressourcen bestimmt. Robert F. Hammerstiel entlarvt in seinen Plastikstill- leben Ersatzwelten und Wunschprojektionen der Werbung, die die Suche der Menschen nach einer heilen Welt bedienen. Genma- nipuliertes Saatgut ist Thema der Arbeit von Lisl Ponger, und den Wandel von Essen als elementarem Grundbedürfnis zum Spaßfak- tor einer Freizeitkultur verdeutlicht uns gi- gantisch vergrößertes Popcorn von Maria © Courtesy Künstlerin, Bildrecht, Wien 2014 Bichler und Angelika Windegger. Sabine Jelinek, W 21, 2010, Polaroid ArTisticZ-Fotografie

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 98 Kultur 39. Innsbrucker Festwochen Alessandro De Marchi stellte in Innsbruck das Programm der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik 2015 vor. Foto: Innsbrucker Festwochen der Alten Musik GmbH / Sandra Hastenteufel Der Künstlerische Leiter der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik dirigiert 2015 Nicola Porporas Oper Il Germanico im Tiroler Landestheater sowie die Halbszenische Aufführung Don Trastullo in Schloß Ambras

er Künstlerische Leiter der Innsbrucker Geistlicher Auftakt der Festwochen 2015 renden Barockopernsänger und Spezialisten DFestwochen der Alten Musik, Ales- ist ein Konzert mit dem Arnold Schoenberg für das Repertoire von Händel und seinen sandro De Marchi, stellte gemeinsam mit Chor, in Stift Stams. Hier wird auch Musik Zeitgenossen in Hauptpartien zu erleben sein. Geschäftsführer Markus Korselt im Rahmen aus dem Stamser Musikarchiv erklingen. Ti- Inszenieren wird der deutsche Regisseur einer Pressekonferenz am 28. November das roler Musikgeschichte ist bei den Festwo- Alexander Schulin, der 2010 bereits in der Programm der Innsbrucker Festwochen 2015 chen 2015 des weiteren in einer „Gala für modellhaften Festwochenproduktion von vor. Sie stehen unter dem Motto „Stylus Maria Theresia“ mit Ausschnitten aus der Pergolesis „L’Olimpiade“ Regie geführt hat. Phantasticus“ – ein Begriff des 17. Jahr- 1765 in Innsbruck uraufgeführten Oper Als BAROCKOPER:JUNG wird im hunderts und in der Fachwelt ein Synonym „Romolo ed Ersilia“ sowie mit dem Trom- Rahmen der Innsbrucker Festwochen erst- für die Kunst der Improvisation, der in der peten-Consort Innsbruck präsent, das zum mals große französische Oper zu erleben Musik des Barock ein hoher Stellenwert zu- 25. Bestandsjubiläum Aufzugsmusiken aus sein: „Armide“, ein Meisterwerk Jean-Bap- gemessen wurde. Der deutsche Barockkom- der Zeit des historischen Innsbrucker Trom- tiste Lullys, des Hofkomponisten des Son- ponist und Musikgelehrte Johann Mattheson peten-Consorts aufführt. nenkönigs Louis XIV. Die Festwochen ar- definiert den „Stylus Phantasticus“ als „die Im Mittelpunkt der Festwochen steht tra- beiten mit allerersten Spezialisten für fran- allerfreieste und ungebundenste“ Art des ditionsgemäß die Oper der Barockzeit. Zwei zösische Barockoper zusammen, dem Centre Musizierens, Singens und Komponierens. szenische Opernproduktionen, eine halbsze- de musique baroque de Versailles. Als Sän- Den Prolog der Innsbrucker Festwochen nische Oper sowie zwei Opernkonzerte bie- gerInnen können auch 2015 herausragende der Alten Musik 2015 bilden traditionell vier ten auch 2015 einen umfassenden Blick auf Teilnehmer des vorjährigen Cesti-Wettbe- Ambraser Schloßkonzerte, in denen 2015 die Vielfalt des Musikdramas der Epoche. werbs brillieren. Die Inszenierung im In- Werke des 16. bis frühen 18. Jahrhunderts er- Alessandro De Marchi hat „Il Germa- nenhof der Theologischen Fakultät wurde klingen werden: Mit dem Geiger Giuliano nico“ von Händels größtem Rivalen Nicola der italienischen Regisseurin und Choreo- Carmignola, den Sopranistinnen Roberta In- Porpora ausgesucht. Eine kostbare Wieder- graphin Deda Cristina Colonna anvertraut, vernizzi und Anna Prohaska, der Tiroler entdeckung für die Welt der Alten Musik: die bei den Festwochen 2010 mit ihrer Harfenistin Margret Köll, der Flötistin Die grandiose Opera seria über ein Feld- Inszenierung von Vivaldis „Ottone in villa“ Dorothee Oberlinger und dem Cembalisten herrendrama nach Tacitus‘ „Germania“ wird erfolgreich war. Florian Birsak werden international führen- erstmals seit ihrer Uraufführung 1732 in Rom Im Spanischen Saal von Schloss Ambras de Persönlichkeiten der Alten Musik zu erle- wieder komplett in einer szenischen Auf- wird das Erfolgsformat eines komischen ben sein. Werke von Pandolfi Mealli und Vi- führung auf die Bühne kommen. Mit der Intermezzos in halbszenischer Aufführung viani lassen Innsbrucker Hofmusikgeschich- Altistin Sonia Prina und dem Countertenor mit Jommellis „Don Trastullo“ fortgesetzt. te lebendig werden. David Hansen werden zwei der weltweit füh- Auch in den beiden Opernkonzerten im Rie-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 99 Kultur sensaal der Hofburg, „Gala für Maria The- resia“ und „Les Surprises de l’Amour“ (Ausschnitte aus Opern von Rameau), kom- men Gesangsstars zu Gehör: die von Pro- duktionen mit René Jacobs in Innsbruck noch bestens bekannte Sopranistin Sunhae Im, der heute weltweit gefeierte Counterte- nor Valer Sabadus, der aus dem Innsbrucker Cesti-Wettbewerb 2010 hervorgegangen ist, und eine der bedeutendsten Gesangskünst- lerinnen unserer Zeit, die französische So- pranistin Sandrine Piau. Neben den beiden Opernkonzerten finden bei den Festwochen 2015 neun weitere Kon- zerte mit herausragenden Interpreten statt. Der spanische Stardirigent Pablo Heras-Ca- sado zeigt seine besondere Liebe für die Alte

Musik in einem Konzert mit einem der be- Foto: Innsbrucker Festwochen der Alten Musik GmbH / Elia Ferandino sten Originalklangensembles der Welt, dem Maddalena Del Gobbo Balthasar Neumann Ensemble und Chor, und mit einem Praetorius-Programm. Das welt- weit einzigartige Trompeten-Consort Inns- bruck spielt mit 24 Naturtrompetern im ba- rocken Rahmen der Jesuitenkirche Aufzugs- musiken von europäischen Höfen. Einzigar- tig in Innsbruck auch die historische Holz- pfeifenorgel (organo di legno) in der Silber- nen Kapelle, die von einem Spezialisten für das Spiel auf historischen Tasteninstrumen- ten, dem Tiroler Musiker Peter Waldner mit einem Programm im „Stylus Phantasticus“ be- spielt wird. In der Nikolauskapelle von Schloß Ambras werden die Gambistin Maddalena Del Gobbo und der Tenor Sven Schwannberger, der sich selbst auf der Laute begleitet, ba- rocke Kunstwerke zwischen Komposition und Improvisation zu Gehör bringen. Im „Open mind“-Konzert wird einer der berühmtesten Jazzpianisten, der Italiener Stefano Bollani, David Hansen gemeinsam mit der vielseitigen österreichi- schen Sopranistin Nina Bernsteiner Purcells „Dido and Aeneas“ zwischen Barock und Jazz nachspüren. Mit dem Festwochenor- chester Academia Montis Regalis, der Hofkapelle München und Les Paladins aus Frankreich sind einige der führenden Ori- ginalklangkörper in Innsbruck zu hören. Frei zugänglich sind drei Lunchkonzerte im historischen Ambiente des Hofgartens sowie jeweils die „Musik im Gottesdienst“ in Stift Stams, der Jesuitenkirche und der Stiftskirche in Wilten sein. Auf verschiedenen Plätzen der Stadt Innsbruck wird bei freiem Eintritt an mit den besten spanischen Barock- gitarristen, angeführt von Xavier Diaz-La- torre, sowie mit Tänzerinnen und Sängern, die auf einem historischen Wagen unterwegs sind, eine „Fiesta española“ gefeiert. „ Foto: Innsbrucker Festwochen der Alten Musik GmbH / Arne Schultz Foto: Innsbrucker Festwochen der Alten Musik GmbH / Tonje Thilsen http://www.altemusik.at Rüdiger Lotter

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 100 Buch E.T.A. Hoffmann – Georg Trakl – Anton P. Tschechow Der bekannte Arzt, Autor und Medizinhistoriker Anton Neumayr unterzieht die Biographien dreier berühmter Dichter der Weltliteratur einer kritischen Analyse auch im Spiegel der Medizin.

och immer schenkt man dem Einfluß Nvon Krankheit und Leiden, den Auswir- kungen von psychischen und somatischen Verletzungen auf das Werk großer Autoren zu wenig Beachtung. Abseits von jedem ober- flächlichen Geniekult stellt Anton Neumayr, international als Medizinhistoriker bekannt, in den sorgfältig recherchierten Pathographien von E.T.A. Hoffmann, Georg Trakl, und An- ton Tschechow drei Klassiker der Weltlitera- tur vor. Ohne Scheu vor Tabus oder unbequemen Fakten entwirft er ein einfühlsames Porträt der drei Persönlichkeiten mit all ihren Stär- ken und Schwächen und erschließt den Le- serInnen einen neuen, unkonventionellen Zu- gang zu ihren Werken. In berührender Weise schildert er, wie diese drei sprachgewaltigen Dichter in ihrem schweren Kampf gegen Nach der Buchpräsentation in den »Sträußelsälen« (v.l.) Prof. Heinz Nußbaumer, Prof. Anton Neumayr mit Gattin und Kammerschauspieler Helmuth Lohner Krankheit und Schicksalsschläge, gegen Ver- zweiflung und Schmerz menschliche und u.a. nach Sachalin, die ihm angesichts seiner naue biographische Anamnese unter Mitein- künstlerische Größe erlangten. Krankheit übermenschliche Kräfte abver- beziehung moderner Forschungsergebnisse Die unmittelbare Gegenüberstellung der langten. Für einen Blick in sein wahres In- mehr Licht in das bis heute noch nicht ge- drei Dichterfürsten ermöglicht durch den Ver- neres und auch für Mitteilungen über seinen klärte Phänomen, nämlich die erschütternde gleich ihrer so unterschiedlichen Psychogram- Gesundheitszustand sind wir nur auf seine Art seiner Todeskrankheit, einbringen zu me, den wahren Menschen, der in diesen persönliche Korrespondenz angewiesen, die können. Geistesheroen wohnte, besser zu erfassen. glücklicherweise mehrere tausend Briefe Ein Buch, das den Leser dazu anregen Anton Neumayr unterzieht die Biogra- umfaßt. soll, sich mit diesen drei Dichtern auseinan- phien einer kritischen Analyse auch im Spie- derzusetzen und von so manchem Klischee gel der Medizin, denn durch die Herausar- E.T.A. Hoffmann Abstand zu nehmen. beitung einer glaubhaft gesicherten Dia- E.T.A. Hoffmanns künstlerische Bedeutung gnose können manche aufhellende Schlag- ist unumstritten. Im vorliegenden Buch wird Univ.-Prof. Anton Neumayr lichter auf das dichterische Schaffen der drei der Versuch unternommen, durch eine ge- geboren 1920 in Hallein, genießt weltweiten Persönlichkeiten geworfen werden. Ruhm als Internist und ist darüber hinaus anerkannter Pianist. Und er ist ein überzeu- Georg Trakl gender Vortragender – sowohl bei seinen In- entzieht sich bis heute einer eindeutigen terpretationen zur Krankengeschichte bedeu- Interpretation. Seine Themen sind die dun- tender Menschen als auch bei zahlreichen klen Seiten des Lebens – Leid und Schmerz, medizinwissenschaftlichen Tagungen. „ Vergänglichkeit, Verwesung, Untergang und Tod. Neumayrs Herausarbeitung der psycho- Anton Neumayr pathologischen Eigenheiten des Dichters E.T.A. Hoffmann – Georg Trakl – wirft so manches Licht auf dessen rätselhaf- Anton P. Tschechow tes dichterisches Schaffen. im Spiegel der Medizin 272 Seiten, € 20,- Anton Tschechow, Ibera / European University Press / Wien der hauptsächlich als Arzt tätig war, unter- ISBN 978-3-85052-337-0 nahm trotz seiner Krankheit weite Reisen, Fotos: IBERA Verlag http://www.ibera.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 101 Film Viennale 2014 Das vom 23. Oktober bis 6. November dauerne 52. Internationale Filmfestival konnte im Vergleich zum Vorjahr wieder einmal einen leichten Zuwachs verzeichnen, nicht nur in Bezug auf die Besucherzahlen.

Von Margarethe Glac. Foto: Viennale / Robert Newald Die Eröffnung der Viennale’14 im Wiener Gartenbaukino erlebte auch in diesem Jahr großen Publikumsandrang. um ersten Mal dauerte die Viennale 15 portugiesische Filmemacher Manoel de Oli- sel ankündigenden Wolkenmassen ziehen, ZTage. Es wurden 98.200 Karten verkauft veira, der heuer seinen 105. Geburtstag feiert. einer Schlange ähnlich, durch das Tal und und die Gesamtauslastung stieg auf 81,7 Pro- Zusammenfassen könnte man seine neueste bilden so die Maloja Schlange. Das gleich- zent. Leider stand das Stadtkino am Schwar- Arbeit nur so: Everything flows. namige Theaterstück des Regisseurs Wil- zenbergplatz dieses Jahr nicht zur Verfü- helm Melchior verhalf Maria Enders vor 20 gung, dafür aber der gerade eben renovierte Spielfilme Jahren zu ihrem Durchbruch. Nun soll sie je- Eric-Pleskow-Saal im Metro Kino. Pascale Ferran stellt in „Bird People“ (F doch die Rolle der Helena übernehmen, die Insgesamt waren 131 Vorstellungen aus- 2014) jenen Zustand dar, in dem man sich sie als 19jährige in der Rolle der Sigrid ver- verkauft. befindet, wenn man nicht fort und gleichzei- führte. Das Problem liegt jedoch darin, daß tig nicht ganz angekommen ist. Für dieses sich Maria immer noch als Sigrid fühlt. Den- Eröffnungsfilm Projekt hat die Regisseurin sich das Hotel noch entschließt sie sich dazu, die Heraus- Eröffnet wurde das Festival mit „Amour Hilton am Pariser Flughafen ausgesucht. So- forderung anzunehmen und übt die Rolle in fou“ (A/LUX/D 2014) von Jessica Hausner. wohl die Gäste als auch das Personal befin- dem verlassenen Haus des kurz vor ihrer An- Die Filmemacherin ließ sich von dem Frei- den sich in einem seltsamen Zwischensta- kunft verstorbenen Regisseurs mit Unterstüt- tod des Dichters Heinrich von Kleist zu einem dium und so können wir die Welt aus der Per- zung der jungen Assistentin Val ein. Welten Werk inspirieren, in dem der junge Dichter spektive eines in einen Spatz verwandelten und Zeiten überlappen sich und die Lösung Heinrich der Ehefrau eines Bekannten, Hen- Zimmermädchens erleben. Daß diese für kommt am Ende von einer völlig unerwarte- riette, einen „Selbstmordantrag“ macht. einen so kleinen Vogel nicht immer ganz ten Seite. sicher ist, versteht sich von selbst. Jean-Pierre und Luc Dardenne lassen in Trailer „Clouds of Sils Maria“ (F 2014) ist das „Deux jours, une nuit“ (B/F/I 2014) Marion Autor des diesjährigen Viennale-Trailers jüngste Filmwerk von Olivier Assayas. Sils Cotillard als Sandra ihre Mitarbeiter davon „Chafariz das Virtudes“ (P/A 2014) ist der Maria ist ein Kurort in den Schweizer Alpen überzeugen, bei einer Abstimmung gegen eine und Bühne eines außergewöhnlichen Natur- Prämie und für ihre Arbeitsstelle, die droht, *) Mag. Dr. Margarethe Glac berichtet seit Jahren von schauspiels – die sich auf der italienischen eingespart zu werden. Dabei ist Sandra gera- der Viennale für das „Österreich Journal“. Seite ansammelnden und einen Wetterwech- de eben von einem längeren Krankenstand

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 102 Film zurückgekommen und möchte ihre ganze Energie in die Arbeit investieren. Jeden ein- zelnen Mitarbeiter möchte sie nun im Laufe des Wochenendes aufsuchen und ihn unter vier Augen überzeugen, denn sie braucht eine klare Mehrheit, um in der Firma bleiben zu können. Dabei erfährt sie, daß der Vorarbei- ter bereits Intrigen geschürt hat. Das Fliegen ist der Traum vieler Men- schen. Alejandro González Iñárritu erzählt in „Birdman (or The Virtue of Ignorance)“ (USA 2014) von einem Schauspieler, der nicht nur davon träumt, ganz oben zu sein, sondern mit Birdman als seinem Alter Ego regelmäßige Zwiegespräche führt. Nun ris- kiert er als Broadway-Regisseur mit einem überholten Stück einfach alles, um sich einen Jugendtraum zu erfüllen. Ramasan wohnt mit seiner Mutter und »Amour fou« (A/LUX/D 2014) den zwei jüngeren Schwestern in einer Wie- ner Flüchtlingssiedlung und erfüllt die Rolle des Mannes im Haus. Daß er selbst erst elf, also noch ein Kind ist, scheinen seien tschet- schenischen Mitbürger zu vergessen. „Ma- condo“ (A 2014) von Sudabeh Mortezai möchte niemanden an den Pranger stellen, dennoch zeigt er die zahlreichen durch Kul- turunterschiede, Ausgrenzung und Einsam- keit verursachten Konflikte auf. „Sorg og glæde“ (DK 2013) ist, wie Regisseur Nils Malmros vor der Vorstellung beteuerte, kein „Feel-Good-Film“. Er geht unter die Haut. Der Filmemacher Johannes erfährt, als er eines Winterabends nach Hau- se kommt, daß seine Ehefrau Signe die ge- meinsame Tochter Maria getötet hat. Durch ein stundenlanges Gespräch mit einem Psy- chiater erfahren wir die Umstände, die zu dieser Tragödie führten und wie die einzel- »Bird People« (F 2014) nen Mitglieder der kleinen dänischen Ge- meinde auf eine solche Tat reagieren. Jean-Luc Godard drehte „Adieu au lan- gage“ (F 2014) in 3D. Aber das ist nicht ganz richtig. Laut Kameramann Fabrice Aragno erlernte Godard die 3D-Technik, um ihre Regeln brechen zu können und über ihre Grenzen hinausgehen zu können. Das Ergeb- nis dieses Experiments ist dieser poetische Film, bei dessen Probevorführung die Tech- niker des Gartenbaukinos nachfragen muß- ten, ob das alles denn auch bestimmt so funk- tioniere, wie geplant. Dominik Graf gelang es mit „Die gelieb- ten Schwestern“ (D/A 2014) einen „Film über Worte“ zu machen. Im Mittelpunkt steht der Briefwechsel zwischen Charlotte von Lengefeld, Caroline von Beulwitz und Fried- rich Schiller, aus dem der Filmemacher ein Fotos: Viennale facettenreiches Beziehungsnetz herausliest. »Clouds of Sils Maria« (F 2014)

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 103 Film

In „Phoenix“ (D 2014) zeigt Christian Petzold, wie ist, sein eigenes Double spielen zu müssen und welche Folgen damit verbun- den sind, von dem geliebten Menschen nicht wiedererkannt zu werden. Denn genau damit sieht sich die aus Auschwitz zurückgekehrte Nelly konfrontiert, die sich aufgrund massi- ver Gesichtsverletzungen einer plastischen Operation unterziehen mußte. Als sie nun ihrem Ehemann Johnny begegnet, wird sie gebeten, sich als seine tot geglaubte Frau aus- zugeben, um das Erbe ihrer Familie anzutre- ten. Diese Lage ermöglicht es ihr jedoch, die Umstände ihrer Verhaftung zu rekonstruie- ren, sodaß sie ihren Mann plötzlich in einem neuen Licht sieht. Abel Ferrara kam nach Wien, um seinen neuesten Film „Pasolini“ (F/B/I 2014) vor- zustellen, dessen Österreichpremiere mit »Deux jours, une nuit« (B/F/I 2014) einer Galavorstellung der Viennale gefeiert wurde. Im Mittelpunkt dieses Werkes steht die Beziehung zwischen Künstler und sei- nem Werk, zwischen der Realität und der „Realität im Kopf“ des Filmemachers. Woody Allens jüngster Film trägt den Titel „Magic in the Moonlight“ (USA 2014) und spielt im sonnigen und magischen Süd- frankreich der 1920er-Jahre. Offensichtlich ist es einer jungen Amerikanerin gelungen, die dortigen reichen Witwen davon zu über- zeugen, sie sei eine wahre Hellseherin und diese auch gleich um einen Teil ihres Ver- mögens zu erleichtern. Alle scheinen darauf hereingefallen zu sein. Nur nicht der große Magier Wei Ling Soo, also der von Colin Firth verkörperte Engländer Stanley. Er möchte der hübschen Schwindlerin (Emma Stone als Sophie) auf die Schliche kommen. Bis es eines Besseren belehrt wird. »Birdman (or The Virtue of Ignorance)« (USA 2014)

Dokumentarfilme „We Come as Friends“ (A 2014) ist der jüngste Dokumentarfilm von Hubert Sauper. Um diesen zu drehen, reist der Filmemacher in einer „fliegenden Blechdose“ in den Sudan, der kurz vor dem Referendum zur Abspal- tung steht. Er zeigt die unterschiedlichen Pro- blemkonstellationen auf, die in Verbindung zur Anwesenheit von Fremden in Afrika steht, seien es die zur Scharia aufrufenden Islami- sten, die Friedensmission der Vereinten Natio- nen, die nach Erdöl suchenden Chinesen oder die Cowboyhüte verschenkenden Ameri- kaner, alle sind sie fremd auf diesem Boden und meinen gleichzeitig, es unter dem Motto „Entwicklung“ besser zu wissen. Wenn der Umweltschutz dennoch „in der Verantwor- tung der Einheimischen“ steht, sollte diese Fotos: Viennale Annahme vielleicht revidiert werden. »Macondo« (A 2014)

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Sergei Loznitsa dokumentierte mit „Mai- dan“ (NL/Ukraine 2014) den Aufstand der ukrainischen Bevölkerung gegen Präsident Janukovitsch. Der Zuschauer wird zum dis- tanzierten Beobachter, der wie ein Fremder auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew steht, bewegungslos und mitgenommen, ein stummer Zeuge. Nur einmal gerät die Kame- ra in Bewegung – als der Kameramann sich selbst in Sicherheit begeben muß. Elwira Niewiera und Piotr Rosolowski wollten mit „Domino Effekt“ (PL/D 2014) eine Dokumentation über die in Abchasien ausgetragene Domino-Weltmeisterschaft dre- hen. Als sie Rafael, den Sportminister des südkaukasischen Kleinstaates, und dessen Ehefrau Natascha, eine ehemalige Opern- sängerin aus Rußland, kennenlernten, wurde sehr bald klar, daß der Film über diese bei- »Sorg og glæde« (DK 2013) den und sehr persönlich werden sollte. Im Mittelpunkt steht also eine Beziehung, die daran zu zerbrechen droht, daß die Partner nicht dieselben Lebenserfahrungen teilen. Scheinbar nichts Außergewöhnliches, doch ist es hier die Erfahrung des Krieges, die zwi- schen ihnen steht.

Kurzfilme „O arquipélago“ (Brasilien/Chile 2014) ist ein Kurzfilm von Gustavo Beck. Darin dokumentiert der brasilianische Regisseur eine dreijährige Ehekrise eines guten Freundes, Álvaro, der aus Chile nach São Paulo gekom- men ist, um ein neues Leben anzufangen. Er wohnt in einer Wohngemeinschaft, in einem winzigen Zimmer, nein, eigentlich schläft er nur darin, wie er selbst sagt. Ein Lied des Don Quijote an seine Dulcinea begleitet den lan- gen Monolog. Dann lernen wir noch seine »Adieu au langage« (F 2014 Ex-Frau und seinen kleinen Sohn kennen, den Álvaro nicht einmal zu Hause besuchen darf – deshalb treffen sich die beiden auf der Straße und verbringen dort Zeit miteinander.

Tribute to Viggo Mortensen Der argentinische Filmemacher Lisandro Alonso begibt sich mit „Jauja“ (Argentinien /USA/NL/F/Mexiko/D/DK 2014), ins Deut- sche übersetzt „Schlaraffenland“, auf eine Reise ins 19. Jahrhundert. Die Armee hat die Aufgabe, die indigenen Stämme Patagoniens aus ihren Gebieten zu verdrängen und so weit wie möglich ins Binnenland vorzudrin- gen. Währenddessen möchte Gunnar Dine- sen (Viggo Mortensen) seine 15jährige Toch- ter Ingeborg wiederfinden, die vor der väter- lichen Obhut mit ihrem Geliebten geflohen ist. Es ist eine geheimnisvolle Reise durch Fotos: Viennale Raum und Zeit. »Die geliebten Schwestern« (D/A 2014)

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Tribute to Harun Farocki „Farocki“ (USA 2014) ist einer von 31 verschiedenen Filmen, die als Geschenke für James Bennings Freunde entstanden und dem dieses Jahr verstorbenen Regisseur Harun Fa- rocki gewidmet. Während 77 Minuten wird eine Wolke kontempliert, mit Standkamera, ohne Ton. Am selben Tag erreicht den Filme- macher die Nachricht von Farockis Tod. Ein schöner Tribut.

In focus Dieses Sonderprogramm wurde heuer dem algerischen Regisseur Tariq Teguia ge- widmet.

Retrospektive Das in Kooperation mit dem Film- museum vorbereitete Programm zum Œuvre »Phoenix« (D 2014) von John Ford war vom 16. Oktober bis ein- schließlich dem 30. November zu sehen.

Überraschungsfilm Wie jeden zweiten Festivalsonntag zeigte die Viennale auch dieses Jahr ihren Überra- schungsfilm. „Foxcatcher“ (USA 2014) von Bennett Miller steht für die einflußreiche und millionenschwere Familie du Pont. Der Olympiasieger in Wrestling von 1984, Mark Schultz, wird von John du Pont eingeladen, gegen ein fixes Jahresgehalt in dem noblen Anwesen zu wohnen und zu trainieren. Zwi- schen den beiden entwickelt sich eine fol- genschwere Beziehung.

Preisträger Der Wiener Filmpreis wurde dieses Jahr zum sechsten Mal gesondert in der Katego- rie „Spielfilm“ und „Dokumentarfilm“ ver- »Pasolini« (F/B/I 2014) liehen. „Macondo“ (A 2014) von Sudabeh Mor- tezai wurde als bester Spielfilm ausgezeich- net. Auszug aus der Jury-Begründung: „Der durchschlagende Überraschungserfolg der Viennale – ein Film bei dem sich die ganze Jury einig war, daß es sich um ein Meister- werk handelt: der kindliche Hauptdarsteller führt das Publikum wie der Counterpart eines Peter Pan, der unbedingt erwachsen sein will in den Außenbezirksneubautenwelten durch den Dschungel, den die Wölfe in sei- nen Erinnerungen an den Krieg in seinem Gehirn hinterlassen haben. Immer im Visier: seine Mutter, ein Fels in der Brandung der präpubertären Gefühlsaufwallungen, aber nichtsdestoweniger im Fokus: der Ersatz- vater, an dem sich das jugendliche Ego reibt und aufbäumt. Eine Gegenwartskleinfamilie Fotos: Viennale im alleinerziehenden MigrantInnentum, die »Magic in the Moonlight« (USA 2014)

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 106 Film uns umso heiler erscheint, als uns die Mutter trotz dreier alleinerzogener und einander nichterziehender Kinder und Vollzeittätigkeit jederzeit ein aufgeräumtes Wohnzimmer zu präsentieren bereit ist. Wir wünschen uns und der Regisseurin noch mehr von diesen Wag- nissen in so fremden und doch so nahen Universen.“ In der Kategorie „Dokumentarfilm“ wurde „We come as friends“ (F/A 2013) von Hu- bert Sauper gekürt. Auszug aus der Jury- Begründung: „In einer ungewöhnlichen nar- rativen Struktur zeigt ,We come as friends‘ Eindrücke und Tatsachen um die Staatsgrün- dung des Süd-Sudans. Höchst subjektiv, fast außerirdisch erscheinen mitunter Kontakt- nahme und Berichterstattung. Diese anarchi- stisch anmutende Herangehensweise und die einem beunruhigenden Rhythmus folgenden »We Come as Friends« (A 2014) Bilder tragen eine ebenso vielschichtige wie erschütternde Dokumentation.“ Der „Standard-Viennale-Publikumspreis“ ging an „Bird People“ (F 2014) von Pascale Ferran. Auszug aus der Jury-Begründung: „Der Film unserer Wahl handelt von den Per- spektivenwechseln im Leben zweier Men- schen, deren ganz unterschiedliche Wege sich in einem Pariser Flughafenhotel kreu- zen. Da ist zuerst ein amerikanischer Ge- schäftsmann, dem während einer schlaflosen Nacht plötzlich aufgeht, daß er mit allem brechen muß: daß er Job, Ehe, Kind zurück- lassen muß, nur um wieder atmen, die Welt wieder wahrnehmen zu können. Und da ist zum anderen ein Zimmermädchen, das wäh- rend eines Stromausfalls auf die Dachteraße des Hotels stolpert und eine fantastische Wandlung erlebt. – Die Weise, in der die französische Filmemacherin diese beiden »Maidan« (NL/Ukraine 2014) Schicksale miteinander verbindet, eröffnet ein fabelhaftes und einzigartiges Kinoerleb- nis.“ Mit dem Fipresci Preis (Preis der interna- tionalen Filmkritik) wurde „Court“ (Indien 2014) von Chaitanya Tamhane ausgezeich- net. Auszug aus der Jury-Begründung: „This film is a quietly sophisticated, emotionally restrained yet hugely affecting account of the politics, incompetence and casual cor- ruption of the Indian justice system, which has a universal resonance. While focused on legal procedure, glimpses into the everyday lives of the protagonists add depth and sur- prising humour to the iniquities within the court.“ Den zum vierten Mal vergebenen Mehr Wert-Filmpreis der Erste Bank erhielten

„Macondo“ (A 2014) von Sudabeh Mortezai Fotos: Viennale und „Eden’s Edge (Three Shorts on the »Domino Effekt« (PL/D 2014)

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Californian Desert)“ (A/USA 2014) von Gerhard Treml und Leo Calice. Auszug aus der Jury-Bregründung: „Geschichten erzäh- len, das verbindet beide Produktionen, und doch könnten sie unterschiedlicher nicht sein. Ein Spielfilm mit einer fast dokumentarisch erzählten Geschichte, angesiedelt im Umfeld einer Flüchtlingssiedlung in deren Mittel- punkt das Erwachsenwerden eines 11jährigen Jungen steht. Der Film beeindruckt durch ge- naue Beobachtung, durch respektvollen und behutsamen Umgang mit fremden Kulturen und zeigt uns: Macondo ist überall.“ Der erste Teil des MehrWERT-Filmpreises ging an Sudabeh Mortezai für Macondo. Die zweite Produktion, die von der Jury prämiert wurde, ist eine mehrteilige Kurzfilmserie. Diese verführt bei der Erzählung verschiede- ner Lebensgeschichten mit ihrer ungewöhn- »O arquipélago« (Brasilien/Chile 2014) lichen visuellen Auflösung. Aus der Vogel- perspektive, in einer einzigen Einstellung be- obachten wir die Erzähler bei minimalistisch ausgeführten Tätigkeiten. Angesiedelt am Rande der kalifornischen Wüste werden Rückzugsräume beschrieben und konfron- tieren uns mit Lebenswelten am Rande der Gesellschaft und zeigen dabei ein viel- schichtiges Portrait der Gegend. Der zweite Teil des MehrWERT Filmpreises ging an Gerhard Treml und Leo Calice für das Kurzfilmprojekt „Eden’s Edge“.

Abschlußgala Mit der Galavorstellung von „Turist“ (S/ DK/F/NO 2014) wurde am 6. November das 52. Vienna International Film Festival been- det. Während eines Skiurlaubs gerät das Le- »Jauja« (Argentinien /USA/NL/F/Mexiko/D/DK 2014); im Bild unten: mit »Turist« ben einer vierköpfigen Familie plötzlich aus (S/DK/F/NO 2014) wurde am das 52. Vienna International Film Festival beendet. den Fugen, als auf die kleine Skihütte eine Lawine zurollt. Ruben Östlund geht in dieser welche Konsequenzen sie ziehen müssen, Die Viennale’15 wird voraussichtlich Geschichte der Frage nach, wie sich Men- wenn sich herausstellt, daß sie ihrem Partner vom 22. Oktober bis 5. November 2015 statt- schen in Ausnahmesituationen verhalten und nicht grenzenlos vertrauen können. finden. http://www.viennale.at Fotos: Viennale

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 108 Serie »Österreicher in Hollywood«

Der Wiener Autor Rudolf Ulrich dokumentiert in seinem Buch »Österreicher in Hollywood« 400 Einzel- biografien mit beigeschlossenen Filmografien und über 12.000 Film- und Fernsehproduktionen aus Hollywood mit österreichischer Beteiligung. In der 83. Folge portraitiert er Ernst (Ernest) Toch Komponist

rnst Toch, als Sohn einer aus dem mährischen Nikolsburg stam- Emenden amusischen jüdischen Familie am 7. Dezember 1887 in Wien geboren, eignete sich, früh fasziniert von Musikklängen, selb- ständig die Erstellung musikalischer Notationen an und begann in Anlehnung an Werke Mozarts mit eigenen Kompositionsversuchen. Wiens berühmtester Kompositionslehrer Robert Fuchs akzeptierte ihn 1902 als Schüler, 1905 schloß er die Studien ab. 1907 übernahm das Wiener Rosé Quartett ein als op. 12 notiertes Streichquartett zur ersten öffentlichen Vorführung. Der Gewinn des Mozart-Preises der Stadt Frankfurt am Main 1909 für eine Kammersymphonie und ein Stipendium veranlaßten ihn zum Abbruch des in Wien begonnenen Medizinstudiums und zum Übertritt an das Frankfurter Dr. Hoch Conservatorium, an dem bis 1912 Willy Rehberg in Klavier und Iwan Knorr in Theorie und Komposition seine hochrangigen Lehrer waren. Ab 1913 unterrichtete er selbst in diesen Fächern an der Musikhoch- schule Mannheim. Nach dem Kriegsdienst 1914(15?)-1918 in der k.u.k. Armee setzte er seine Lehrtätigkeit privat fort, ab 1919 kom- plettierte er seine Dissertation, 1921 promovierte er in Heidelberg im Fach Musikwissenschaft. Toch machte sich in den 20er-Jahren als antiromantischer Komponist mit einer klaren, hart geschnittenen Mu- sik voll kühner Harmonik und unverwechselbarer Tonsprache einen Namen, der in einem Atemzug mit Paul Hindemith oder Ernst Krenek genannt wurde. 1932 folgte ein erster USA-Aufenthalt. Das Werk des seit 1929 in Berlin wirkenden Künstlers galt den National- sozialisten als „entartet“, nach der Teilnahme an einem musikwis- senschaftlichen Kongress in Florenz im April 1933 kehrte er nicht Foto: Archiv Rudolf Ulrich mehr nach Hitlerdeutschland zurück. Ernst (Ernest) Toch Bemühungen während eines kurzen Aufenthaltes in Paris im Film- geschäft unterzukommen blieben erfolglos, Toch fand anschließend zu sein. Nach zermürbenden Erfahrungen bemühte er sich auch um in London neue Arbeitsmöglichkeiten. Er schrieb 1933/34 die Musik die Ausführung von Orchestrierungen bzw. Instrumentierung der Mu- zu drei Spielfilmen, die Alexander-Korda-Produktionen „Catherine sik anderer Komponisten, um das Überleben zu sichern. Nach der Mit- the Great“ (Regie: Paul Czinner) und „The Private Life of Don Juan“, arbeit an Lewis Milestones China-Abenteuer „The General Died at beide Male ohne „credit“ im Vorspann, sowie mit erstmaliger Na- Dawn“ (1936) sowie den eigenen Scores für die B-Pictures „Outcast“ mensnennung „Little Friend“, den Berthold Viertel nach dem Roman und „On Such a Night“ (beide 1937) noch bei Paramount, die seinem „Kleine Freundin“ von Ernst Lothar für Gaumont British inszenierte. Ruf kaum förderlich waren, lieferte Toch für Centfox anonym Cues Toch folgte anschließend einer Berufung an die New School of So- zum Shirley Temple-Streifen „Heidi“ (1937), dazu ebenfalls inkogni- cial Research in New York, sein eigentliches Ziel war aber aus wirt- to die Titelmusiken zu John Fords „Four Men and a Prayer“ (1938) schaftlichen Gründen die Filmindustrie in Kalifornien. und Irving Cummings’ „The Story of Alexander Graham Bell“ (1939). Noch an der Ostküste verschaffte ihm George Gershwin einen Beide Ouvertüren kamen gleichzeitig in anderen Filmen, wie „Suez“, Auftrag bei Warner Brothers, als sich das Projekt zerschlug, akzep- „Everything Happens at Night“ und „The Three Musketeers“ zum Ein- tierte Toch 1935 ein Angebot der Paramount. Für seine geglückte, satz. Auf Bitten Alfred Newmans arrangierte Toch dessen „Halle- eigenwillig polyphone und inspirierende Vertonung der Verfilmung des lujah“-Thema für Chor und Orchester im Finale des historischen RKO- berühmten Romans und Bühnenstücks „Peter Ibbetson“ von George Dramas „The Hunchback of Notre Dame“ (1939), das in der gleichen du Maurier konnte er die erste Oscar-Nominierung verbuchen, die Fassung auch in den späteren Arbeiten Newmans bei Fox, der Wer- Auszeichnung ging allerdings, den damaligen Usancen entsprechend, fel-Verfilmung „The Song of Bernadette“ (1943) und im biblischen an den Leiter des Music Departments des Studios, Irvin Talbot, der Kolossalgemälde „The Robe“ (1953) Verwendung fand. Erneut bei nur die Musikeinspielung dirigiert hatte. Paramount festigte die stimmungsverstärkende Untermalung der Daß Toch (in den USA Ernest) keinen festen Vertrag mit einem mysteriösen Schauergeschichte „The Cat and the Canary“ (1939), mit bestimmten Studio hatte und nur für einzelne Filmprojekte Anstel- den Stars Bob Hope und Paulette Goddard, Tochs Status in der Bran- lungen erhielt, bedeutete für ihn, beträchtlichen Zwängen ausgesetzt che als Spezialist für die musikalische Interpretation des Grotesken

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 109 Serie »Österreicher in Hollywood«

sener Wein, 75 Gäste, darunter Frederick Steinway, Prinz Hubertus von Loewenstein, Lotte Lenya, Jack Mills mit Gattin (von Mills Music, Tochs Vertragspartner seit 1953), ne- ben Repräsentanten von ASCAP, RCA und den United Nations, dazu 75 Minuten Toch- Musik, Ausschnitte aus seinem Werk, inter- pretiert vom Pianisten Daniel Pillack und dem renommierten Eisenberg Quartet. Der aus der Gruppe erstrangiger Film- komponisten heute vielleicht am wenigsten bekannte, nach eigenen Worten überhaupt „vergessenste Komponist des 20. Jahrhun- derts“, seit 1916 mit der Bankierstochter Alice „Lilly“ Zwack verheiratet (1892-1972), seit 1940 US-Bürger, starb am 1. Oktober 1964 in seinem Wohnort Santa Monica. Die Be-

Foto: Archiv Rudolf Ulrich stattung erfolgte im Westwood Memorial Im Kreis erlauchter Musiker-Kollegen (v.l.): Charles W. Cadman, Mario Castel- Park im Westwood Distrikt von Los Angeles. nuovo-Tedesco, Henry Temianka, Ernst Toch und Hollywood-Komponist Miklos 1966 gründete die University of California Rozsa. (UCLA) ein Ernest Toch-Archiv als Aufbe- und Unheimlichen. Nach der typenähnlichen wandten in Europa helfen zu können, verleg- wahrungsort seines in allen Sparten angesie- Arbeit 1940 als Hauptkomponist des Fantasy te er sich im Rahmen eines zweiten Stand- delten publizierten und unpublizierten Le- Streifens „Dr. Cyclops“, ein kleines Meister- beins auf Dozenturen, bis 1949 an der Uni- benswerkes. „ werk des Science Fiction-Genres, schrieb er versity of South California (USC) in Los An- Hier können Sie Werke Tochs hören: die erste surrealistische Filmmusik für die geles, später als „Guest Lecturer“ in Har- https://www.youtube.com/results?search_query=Ernst+Toch Horrorkomödie „The Ghost Breaker“, Para- vard und an anderen Universitäten. Aus sei- mounts Fortsetzung von „The Cat and the nem Schülerkreis ragen die renommierten it dem Buch „Österreicher in Holly- Canary“. Bei Columbia brachte ihm die phan- Filmkomponisten Alex North, Hugo Fried- Mwood“ legte der Zeithistoriker Rudolf tasievolle Musik zu Charles Vidors Schocker hofer und André Previn hervor. Ulrich die lang erwartete Neufassung seines „Ladies in Retirement“ 1942 zusammen mit In den Jahren 1949-1952 lebte Toch zeit- 1993 erstmals veröffentlichten Standardwer- Musical Director Morris W. Stoloff die zwei- weilig wieder in Europa, ohne den Be- kes vor. Nach über zwölfjährigen Recherchen te Oscar-Nominierung ein, die düster-drama- kanntheitsgrad aus der vornazistischen Zeit konnten 2004 die Ergebnisse in Form einer tische Partitur zum Kriegsepos „Address zu erreichen. Sein vielseitiges klassisches revidierten, wesentlich erweiterten Buchaus- Unknown“ fanden die Juroren der Academy Œuvre, teils im spätromantischen Altersstil gabe vorgelegt werden. „Diese Hommage ist 1945 (erneut „in sharing“ mit Stoloff) einer im Exil, umfaßt u. a. 14 Streichquartette, vier nicht nur ein Tribut an die Stars, sondern weiteren Nominierung wert. Opern, sieben Symphonien, Klavieretüden, auch an die in der Heimat vielfach Unbe- Tochs zehnjährige Filmarbeit endete weit- Liederzyklen, Orchesterwerke sowie Hör- kannten oder Vergessenen und den darüber- gehend im selben Jahr bei Paramount, das im spiel- und Bühnenmusik. Opus 75, die Sym- hinaus immensen Kulturleistungen österrei- Vor- oder Abspann ihrer Filme seinen Na- phonie Nr. 3, wurde 1956 mit dem prestige- chischer Filmkünstler men stets mit Doktortitel nannte. Der letzte, trächtigen Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Toch im Zentrum der Welt- von ihm musikalisch allein ausgestattete war daneben Verfasser zahlreicher Musik- kinematographie ge- phantastisch-übersinnliche Thriller des Pro- aufsätze in Deutsch und Englisch sowie widmet: „Alles, was duzenten John Houseman, „The Unseen“, zweier Bücher, dem Standardwerk „Die an etwas erinnert, ist geriet dem Studio trotz Tochs exquisiter Mu- Melodielehre“ (Berlin 1923, seine Disserta- Denkmal“, schließt sikaufbereitung zum Kassenflop. Der Kom- tion) und „The Shaping Forces of Music“ der Autor. ponist, der zwischen 1935 und 1945 wichti- (New York, 1948). Rudolf Ulrich und ge und eigenständige Beiträge zum Kunst- Die Bundesrepublik Deutschland verlieh der Verlag Filmar- medium Film schuf, befand sich danach im ihm 1958 das Große Bundesverdienstkreuz, chiv Austria bieten Ihnen, sehr geehrte Dilemma, kaum mehr Vertonungsaufträge zu Österreich erst 1963 das Ehrenkreuz für Wis- Leserinnen und Leser, die Möglichkeit, im bekommen, womit seine anfängliche Holly- senschaft und Kunst. 1960 erhielt er in den „Österreich Journal“ einige Persönlichkei- wood-Euphorie versiegte. Die Anpassung an USA einen Grammy Award, 1964 ein Ehren- ten aus dem Buch „Österreicher in Hol- die Welt des Scheins hatte ihm Mühe ge- doktorat des Hebrew College in Cincinnati, lywood“ kennenzulernen. macht, letztlich verachtete er die Filmindu- Ohio. strie und betrachtete das ausschließliche Anläßlich Tochs 75. Geburtstags lud Wil- Rudolf Ulrich Komponieren für das Kino in der aufge- helm Schlag, Direktor des Austrian Culture „Österreicher in Hollywood“; 622 Seiten, zwungenen Form als profanierende Tätigkeit Institute, im Dezember 1962 nach New zahlreiche Abb., 2. überarbeitete und erwei- und Talentvergeudung. Um den Lebensun- York. Die Besonderheit der Feierlichkeit und terte Auflage, 2004; ISBN 3-901932-29-1; terhalt zu bestreiten und bedrängten Ver- Ehrung für den Jubilar: 75 Jahre alter, erle- http://www.filmarchiv.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 137 / 01. 12. 2014 110 ÖJ-Reisetip Wo Kinder den Winter lieben lernen Ein Winterurlaub mit Kindern in Tirol – das ist Pistenspaß, Rodeln, Eislaufen, Schneewandern oder einfach nur der erste selbst gebaute Schneemann.

ür Eltern sind beim Familienurlaub drei FDinge wichtig: Die Sicherheit ihrer Kin- der, das gemeinsame Erleben einer schönen Zeit und die Möglichkeit, sich mal vom All- tag zu erholen. Unter diesen Prämissen arbeiten Tirols Wintersportregionen daran, einen tollen Fa- milienurlaub im Schnee anzubieten. Die Grundvoraussetzungen dafür sind sehr gut: Mehr als 300 Skischulen zeigen in Tirol jähr- lich rund 700.000 Skifahrern und Snow- boardern den richtigen Schwung. Die Aus- bildung der Skilehrer gehört hier zu den Be- sten und ist weltweit anerkannt. Tirols Ski- gebiete rangieren im internationalen Spitzen- feld – sie verfügen über moderne Bergbah- nen und Skipisten für alle Ansprüche. Das Wichtigste aber ist, daß die Tiroler selbst eine große Leidenschaft mit dem Winter- sport verbindet. Diese Freude an der Bewe- gung im Schnee geben sie besonders gerne an Kinder weiter. Foto: Bergbahn Scheffau Die Kosten im Blick Kinderskikurs in der Skiwelt Wilder Kaiser – Brixental Der Kostenfaktor ist für Familien bei der Urlaubsplanung eines der zentralen Themen. Skischulen Tirols schon ab dem Alter von die ihnen einfache Freestyle-Tricks beibrin- Viele Skigebiete in Tirol stellen kostengün- zwei oder drei Jahren. Deshalb gibt es für gen. stige Angebote für Familien zusammen. In Familien mit nicht schulpflichtigen Kindern der SkiWelt Wilder Kaiser – Brixental sind im Herz der Alpen besondere Angebote ab- Perfekte Infrastruktur beispielsweise Kinder bis 15 Jahren auf den seits der Hauptferienzeiten. Die kleinsten Pi- Das Urlaubsangebot für Familien wird in Skipisten gratis unterwegs. Die Silberregion stenflöhe werden dabei besonders umsorgt. Tirol vor allem aber durch ein umfassendes Karwendel bietet seit Jahren kostenlose Kin- Im Tannheimertal gibt es für die Ski- Service-Angebot abgerundet. Ski-Ausrü- derskikurse an. Familienfreundlich erweisen zwerge gleich sechs „Kinderländer“, in de- stung für Kinder kaufen Eltern schon lange sich die Orte Sillian und Außervillgraten in nen Skifahren spielerisch erlernt wird. Be- nicht mehr. Skiverleih-Stellen bieten für Kin- Osttirol: Jugendliche bis 18 Jahren fahren eindruckend ist auch der 7000 Quadratmeter der jeden Alters günstige Pakete an – perfekt zum Kinderpreis, für Kleine (bis sechs große Erlebnispark der Skischule Scheffau. gewartet und auf dem neuesten Stand der Jahre) ist der Liftpaß gratis. Auch im Stubai- Hier lernen Kinder schon ab dem zarten Technik. Die vielen Familienhotels in Tirol tal hat man sich bei der Preisgestaltung eini- Alter von zwei Jahren Skifahren – und zwar tragen dazu bei, den Skiurlaub zum Genuß ges einfallen lassen: Kinder unter 10 Jahre mit speziell ausgebildeten Skilehrern. zu machen. Die Liftanlagen in Tirol sind auf fahren im Stubaital in Begleitung eines zah- dem neuesten Stand der Technik, sehr oft mit lenden Elternteils gratis. Kurse für junge Freeskier speziellen Einstiegshilfen für Kinder und und Snowboarder eigener Kindersicherung. Ein gutes Beispiel Abseits der Hauptferienzeiten buchen Richtig cool finden Tirol aber nicht nur dafür ist das Familienparadies Serfaus-Fiss- Der Hintergrund all dieser Initiativen ist, die Pistenzwerge, sondern auch Teenies, die Ladis, mit der seit vielen Jahren beliebten daß Skigebiete in Tirol möglichst vielen gerne einmal etwas anderes erleben wollen Kinderschneealm. Hier hat man wirklich an Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit als die Skipiste. Jedes Skigebiet in Tirol hat alles gedacht. Zum Mittagessen schweben die bieten möchten, die Faszination des Skifah- für Jugendliche tolle Angebote, Skisport Kinder sogar per „Zauberteppich“ (ähnlich rens zu erleben. Das soll nicht am Urlaubs- wirklich cool zu erleben. Sie düsen über einer Rolltreppe) ins Kinderrestaurant ober- budget der Familien scheitern. Und Ski- Boadercross-Strecken, erobern Snowparks halb der Kinderschneealm. „ fahren lernen Kinder in den professionellen und unternehmen Ausflüge mit Skilehrern, http://www.tirol.at/familie

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