weltDas Magazin der Deutschen Welle zeitAusgabe 3 | 2016

Die Mutigen stärken Freedom of Speech Award für Sedat Ergin Anzeige Germany’s Energiewende A great piece of work. Great for energy security. Great for secure jobs.

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Germany has already made a great deal of progress, and every day is generating even more affordable, clean energy, secure jobs, expert knowledge for the future, sustainable growth and a better quality of life for everyone. Our energy transition is tur ning Germany into one of the most energy-conscious and environmentally friendly countries in the world. Find out what we have already achieved and where we still need to go in the newsletter “Energiewende direkt”.

Subscribe now at www.bmwi-energiewende.de/EWD/subscribe Anzeige Germany’s Energiewende A great piece of work. Great for energy security. Great for secure jobs. Editorial DW/M. Müller © Subscribe to © our newsletter.

In vielen Ländern sind die Mei- Mit unserer neuen digitalen Strategie Deutschland und in Europa für schützens- nungsfreiheit und in zunehmendem Maße wollen wir Menschen weltweit eine stärkere wert halten und teilen möchten. Aber wir die Demokratie selbst in Gefahr. Die Medien Stimme verleihen. Die wird werden unseren eigenen Werten nicht im- müssen sich der Herausforderung stellen, so noch mehr Teilhabe am globalen Dialog mer gerecht. Das haben auch die vielen Dis- überall dann für die Rechte von Menschen auf der Basis von soliden Informationen kussionen und Gespräche auf dem Global einzustehen, wenn diese es selbst nicht ermöglichen. Dabei sind auch unsere mehr Media Forum in Bonn deutlich gemacht. mehr können. als 4.000 Partner weltweit ein wichtiges Teilnehmer aus vielen Ländern erör- Die Rolle der Medien, Meinungsfrei- Element. Wir schätzen die Expertise der terten in den Paneldiskussionen, dass die heit und Werte, die hochgehalten werden Partnermedien und ihre jeweils spezielle Medien an einem Wendepunkt angelangt müssen, waren das Leitmotiv der neunten Perspektive, die sie einbringen. sind. Die wachsende Bedeutung des di- Ausgabe des Global Media Forum der Deut- rekten Dialogs mit Menschen rund um schen Welle in Bonn. den Erdball über Soziale Medien eröffnet Bundespräsident Joachim Gauck hatte »Wir müssen neue Möglichkeiten für den Journalismus. gleich zu Beginn der Konferenz eine ein- Und fordert neues Denken und Handeln dringliche Botschaft für uns und erinnerte unseren Werten bei Journalisten und Medien. Diese Chance Journalisten, die aus aller Welt angereist müssen wir nutzen. waren, an ihre gemeinsame Verpflichtung: gerecht werden.« Die vorliegende Ausgabe der Weltzeit Dass die Medien, die zu Markenzeichen gibt Ihnen Einblick und Ausblick zur Dis- eines verlässlichen Journalismus geworden Um den weltweit wachsenden Einschrän- kussion auf dem Global Media Forum. sind, sich auch weiterhin dieses Vertrauen kungen der Meinungs- und Pressefreiheit Das Ende der Meinungsfreiheit ist der verdienen müssen. und der Desinformation und Manipulation Anfang vom Ende der Demokratie. Lassen Denn nur wenn Menschen in der Lage entgegenzuwirken, müssen wir aber auch Sie uns mit vereinten Kräften dafür sorgen, Germany has already made a great deal of progress, and every day is generating even more affordable, sind, frei zu kommunizieren, kann es Ver- überdenken, wie wir unsere eigenen Werte dass dieser Tag nie kommt. clean energy, secure jobs, expert knowledge for the future, sustainable growth and a better quality of änderungen geben. Wenn sie die Möglich- wahrnehmen, wie wir sie deutlich machen life for everyone. Our energy transition is tur ning Germany into one of the most energy-conscious and keit haben, Ideen und Werte mit anderen und verbreiten. Ihr Peter Limbourg, environmentally friendly countries in the world. Find out what we have already achieved and where we zu teilen und damit auch jene zu erreichen, Wenn wir mit anderen über unsere Intendant still need to go in the newsletter “Energiewende direkt”. die noch immer unter der Kontrolle diktato- Werte diskutieren, erhalten wir eine wich- rischer Regime leben. tige Spiegelung auf jene Werte, die wir in Subscribe now at www.bmwi-energiewende.de/EWD/subscribe

Deutsche Welle 3 menschen begegnen allet DW/O. S DW/O. © ©

Birgit Maaß berichtet seit 15 Jahren für die gemeinsam mit anderen die Social-Media-Kampagne DW aus . Der Brexit bedeutet auch für sie #HugABrit: Europäer umarmen Briten und stellen einen Einschnitt. „Das Erschreckende ist, dass so viele ihre Bilder ins Netz. Ziel der Aktion: die eher reservier- den falschen Behauptungen geglaubt haben. Einer ten Briten mit Emotionalität und Humor von einem Anti-EU-Propaganda, die den Menschen seit Jahren Verbleib in der EU zu überzeugen. Nun ist Birgit Maaß eingetrichtert wurde.“ Als „deutsche Europäerin“ hat beunruhigt, dass die Entscheidung der Briten einen sie einen anderen Blickwinkel. Bei aller berechtigten Zersetzungsprozess in der EU in Gang setzen könnte. Kritik an der EU sei es wichtig, die Vorzüge herauszu- Umso wichtiger sei es, dass es weiterhin Stimmen stellen, Zusammenhänge zu erklären. „Denn Europa gebe, die geschichtsbewusst bleiben und den Kern ist vor allem eines: ein Friedensprojekt.“ Man müsse der europäischen Idee nicht aus den Augen verlieren. den europäischen Kontext mitdenken, das sei ihre Aufgabe als Korrespondentin – und das Selbstver- ständnis der DW. In dieser Überzeugung startete sie

4 Weltzeit 3 | 2016 Inhalt menschen begegnen 21 Ammar Abo Bakr Fluchtgeschichten auf Leinwand 6 Ines Pohl Kunstprojekt zur DW-Medienkonferenz „Hohe Wertschätzung erarbeitet“ 22 Im Gespräch 6 Yosri Fouda mit Patrick Leusch und Guido Schmitz: Vorbild an Gradlinigkeit Medienkonferenz der DW wird „The place made for minds“ 7 Waslat Hasrat-Nazimi Moderatorin mit Emphatie PARTNERSCHAFT LEBEN

7 Alaa Al-Aswani 24 Multimedia Group, Ghana Kolumnist mit klarer Kante Helden im Konzert der Großen 10 8 Josephine Achiro Fortelo 25 Getwitter Heldin der Medienfreiheit PERSPEKTIVE WECHSELN 8 Christian F. Trippe Neue Mission in Kiew 26 Deutschlandbild Respekt vor dem offenen Diskurs AKTUELLES ERFAHREN Ewald Scharfenberg, Venezuela

9 DW-Claim ausgezeichnet Publikum einbeziehen „In jeder Hinsicht überzeugend“ 28 zu Gast 9 Neues in Kürze „Mein Präsident lügt doch nicht“ Ägyptischer Satiriker in Shababtalk TITELTHEMA POSITION BEZIEHEN 10 Global Media Forum 21 „Europa verliert moralische Autorität“ 29 Ute Schaeffer Freedom of Speech Award verliehen Kaukasus: Die Macht der Medien- kompetenz gegen Moskaus Infokrieg 14-17 Impressionen Global Media Forum in Bildern WELT ANSCHAUEN

18 DW Akademie 30 Täglich Lifestyle Gigante Dem Recht eine digitale Stimme geben Carlos McConnie, Entertainer, Puerto Rico 19 Thomas Silberhorn Nachhaltige Entwicklung braucht freie Medien

20 Kunst und Wandel Internationale Künstler fordern: Es darf keine mentalen Grenzen geben 30

Deutsche Welle 5 Menschen begegnen

Ines Pohl: „Hohe Wertschätzung erarbeitet“

Zum 1. März 2017 wird Ines Pohl (49) neue Chefredakteurin der DW DW

Deutschen Welle. Sie folgt auf Alexander Kudascheff (65), der dann © © in den Ruhestand gehen wird. Pohl, langjährige Chefredakteurin © © der Tageszeitung taz, war Ende 2015 zur DW gewechselt und be- richtet seither als Korrespondentin aus dem Studio Washington.

Ines Pohl sei eine „hervorragende Journalistin und erfah- rene Managerin“, sagte DW-Intendant Peter Limbourg zu ihrer Be- rufung. „Sie wird unsere vielsprachigen Angebote weiter profilieren, konsequent plattformübergreifend ausrichten und damit die Trans- formation der DW zum digitalen Medienhaus unterstützen.“ Ines Pohl habe sich innerhalb kurzer Zeit „hohe Wertschätzung in der DW erarbeitet“, so Limbourg, der zugleich den noch amtierenden Alexander Kudascheff würdigte als „einen Journalisten, der die DW über viele Jahrzehnte mitgeprägt hat“. Er sei „der beste Chefredak- teur, den die DW sich für die Zeit der internen Reformen und des Umbruchs wünschen konnte“. Kudascheff, der bei der DW volontierte, war zunächst in der Nah- ostredaktion des deutschen Auslandssenders tätig. Später wurde er Leiter der Innenpolitik, Chefreporter und schließlich Chefredakteur Soll DW-Angebote weiter Hat die DW mitgeprägt: des deutschen Hörfunkprogramms. Ab 1998 leitete er das DW-Stu- profilieren: Ines Pohl Alexander Kudascheff dio Brüssel, ab 2007 das Hauptstadtstudio in Berlin. 2014 wurde er zum Chefredakteur berufen. Ines Pohl fand über die freie Mitarbeit bei Radio ffn und Lokalzei- seit 2013 Mitglied im Kuratorium der International Journalists’ Pro- tungen zum Journalismus. Später leitete sie das politische Ressort grammes (IJP). Vor ihrem Wechsel zur DW war sie von 2009 bis 2015 der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen (HNA) und arbei- Chefredakteurin der Tageszeitung taz. tete als Korrespondentin für die Mediengruppe Ippen in Berlin. Seit @InesPohl 2010 ist Pohl Mitglied im Kuratorium von „Reporter ohne ­Grenzen“, @kudascheffa

Yosri Fouda: „Vorbild an Mut und Geradlinigkeit“

Er ist einer der renommiertesten Journalisten und Autoren der arabischen Welt: Zwei DW

© ­Jahre nach der unfreiwilligen Absetzung seiner Sendung im ägyptischen Fernsehen © ­startet Yosri Fouda mit einem neuen Format im arabischen TV-Programm der DW.

Das Konzept der wöchentlichen wenigen internationalen Medienhäuser, die Sendung „The Fifth Estate” ermöglicht Zu- in dieser Situation wertvolle Unterstützung schauern im arabischen Sendegebiet, ihre leisten könnten, so Fouda zu seinem Neu- persönlichen Ansichten und Erfahrungen start bei der DW. Naser Schruf, Leiter der mit einem breiten Publikum zu teilen. Mit Arabisch-Redaktion, bezeichnete Fouda als einer Mischung aus Nachrichtenanalysen, „einen Journalisten, dessen Mut und Gerad- investigativer Berichterstattung und Inter- linigkeit Vorbild sind“. views informiert Fouda sein Publikum, das Yosri Fouda begann seine journalistische über Social Media eingebunden wird, über Karriere 1994 als BBC-Reporter. Er berich- die aktuelle politische Situation. Fouda pu- tete aus Krisengebieten in Südosteuropa, bliziert darüber hinaus auf der arabisch- Afrika und Nahost. Als Londoner Bürochef sprachigen Webseite der DW Kommentare von Al-Jazeera brachte er den arabischen zur aktuellen Lage in arabischen Ländern. Zuschauern seiner Sendung „Top Secret“ „Die Medien in der arabischen Welt rin- investigative Berichterstattung näher. Als gen nach Luft“, sagte Fouda und beklagt „die Gastgeber der Sendung „Last Word“ beim extreme Polarisierung, das brutale Durch- ägyptischen Fernsehsender ONTV wurde er greifen gegen die professionelle Ausübung als die „Stimme der Revolution“ bekannt. des Journalistenberufs und die komplette „Stimme der Revolution“: Yosri Fouda Beschlagnahmung der öffentlichen Be- dw.com/arabic reiche“. Die Deutsche Welle sei eines der

6 Weltzeit 3 | 2016 Waslat Hasrat-Nazimi: PREMIEREforyou

war entspannt. Man hat sich gegenseitig Ratschläge gegeben und einander zuge- hört“, erzählt Hasrat-Nazimi. Die Moderatorin versteht es als ihre Auf- gabe, „mit klarer Haltung Brücken zu bau- en“. Sie kann sich noch gut an ihre eigene Flucht erinnern. „Durch meine Geschichte habe ich einen anderen Bezug zu den Flücht- lingen. Ich bin in Afghanistan geboren und in Deutschland sozialisiert worden. Daher kann ich mich in beide Gruppen hinein- versetzen – in die Deutschen, die vielleicht Angst haben vor dem Flüchtlingsstrom, und in die Flüchtlinge, die sich ein besse- res Leben wünschen“, erklärt die 28-jährige DW-Moderatorin. „Die Talkshowteilnehmer haben sehr unterschiedliche Erfahrungen Einander zuhören: DW-Moderatorin Waslat Hasrat-Nazimi gemacht in Deutschland, alle waren sich je-

DW/M. Müller DW/M. im Gespräch mit einem Flüchtling aus Afghanistan

© doch einig: Man braucht Geduld.“ © TALKforyou ist eine Innovation, die Mut braucht. Thema der zweiten Ausga- Wir sprechen viel über Flüchtlinge, Thema der ersten Sendung: Hat be: Helfer in Flüchtlingsheimen und ihre eine neue Koproduktion von DW und sich die gefährliche Flucht gelohnt? Vier Geschichten. Interessierte können die Sen- WDRforyou will vor allem mit Flücht- Geflüchtete aus Afghanistan und Iran spra- dung sowohl­ auf als auch auf lingen sprechen: Am 21. Juni startete chen in der 50-minütigen Talkshow über WDRforyou.de­ verfolgen. das Online-­Programm ­TALKforyou – als ihre persönlichen Erfahrungen in Deutsch- bilingualer Live-Stream auf Deutsch land. Zudem gab es eine Live-Schalte über dw.com/s-32762 und Dari. Die innovative Sendung wird Skype mit einem afghanischen Rückkehrer, wdrforyou.de moderiert von DW-Redakteurin Waslat der über seine Entscheidung, Deutschland Hasrat-Nazimi. zu verlassen, berichtete. „Die Atmosphäre

Alaa Al-Aswani: Der Reiz der Kolumne

Der ägyptische Schriftsteller und Demokratie-Aktivist Alaa DW Al-Aswani ist seit einigen Wochen DW-Kolumnist. Auf der © © arabischen Webseite bezieht er einmal die Woche Stellung zu politischen und gesellschaftlichen Reizthemen.

Der 1957 in Kairo geborene Autor war Mitbegründer der ägyptischen Oppositionsbewegung „Kifaya“ („Genug!“) und einer der prominentesten Teilnehmer der Proteste, die 2011 zum Sturz von Machthaber führten. Auch gegenüber den derzeitigen Machthabern wahrt der Schriftsteller Distanz und setzt sich für Demokratie, Meinungsfreiheit und eine starke Zivil- gesellschaft in Ägypten ein. Al-Aswani sei ein „international aner- kannter Advokat der universellen Werte“, so Naser Schruf, Leiter der Arabisch-Redaktion der DW. Der neue Kolumnist sagte, er schätze den deutschen Auslandssender und wolle mit dem Team Ideen aus- tauschen. Klare Haltung: Alaa Al-Aswani Als Schriftsteller wurde Al-Aswani weltweit durch sein 2002 er- schienenes Buch „Der Jakubijan-Bau“ bekannt. Literaturkritiker feierten das Werk als meisterhaftes Porträt der ägyptischen Gesell- chen übersetzt, unter anderem ins Deutsche. Sein jüngster Roman schaft. Der Autor thematisiert darin die Verhältnisse seines Landes, „Der Automobilclub von Kairo“ erschien 2013 und liegt ebenfalls in spricht ungewöhnlich offen über Tabus wie Korruption, häusliche deutscher Übersetzung vor. Gewalt und Homosexualität. Das Buch wurde in mehr als 30 Spra- dw.com/arabic

Deutsche Welle 7 Menschen begegnen

Heldin der Medienfreiheit: Josephine Achiro Fortelo

Josephine Achiro Fortelo: Eine neue Sprache für Südsudan

Sie kämpft für ausgewogene Berichterstattung im Südsudan, als Journalistin und Direktorin des kleinen Bürgerradios Bakhita FM. Keine ungefährliche Aufgabe in einem Land, das gerade wieder tief in den Bürgerkrieg versinkt.

Weil sie in einer Radiosendung beide Bürgerkriegsparteien rund zehn Millionen Einwohner im Land. Bakhita FM richtet sich zu Wort kommen ließ, wurde sie angefeindet und erhielt Dro- vor allem an religiöse und ethnische Minderheiten im Land. hungen. Keine Seltenheit: Waren die Hoffnungen bei der Staats- Mit der DW Akademie hatte Achiro Fortelo schon als sehr junge gründung Südsudans 2011 hinsichtlich einer freien Presse groß, Journalistin Kontakt; sie nahm an verschiedenen Trainings teil. In stellte sich schnell Ernüchterung ein – insbesondere nach einem diesem Jahr war sie Gast beim Global Media Forum in Bonn. „Ich erneuten Ausbruch der Konflikte zwischen Regierung und Rebellen habe viele Perspektiven aus unterschiedlichen Ländern kennen- 2013. Seitdem stehen Journalisten enorm unter Druck, werden be- gelernt. Weltweit verteidigen Menschen unerschrocken das Recht droht oder gar ermordet. Kritische Berichterstattung ist so kaum auf freie Meinungsäußerung. Das hat mir die Gewissheit gegeben, noch möglich. dass wir im Südsudan nicht allein sind.“ Achiro Fortelo lässt sich nicht einschüchtern. Sie und ihre Mit- Anlässlich des Tags der Pressefreiheit 2016 war Josephine Achiro arbeiterinnen und Mitarbeiter möchten Wege aus der Gewaltspi- Fortelo eine der „Heldinnen und Helden der Medienfreiheit“, vorge- rale aufzeigen. „Wir brauchen eine neue Sprache, die Frieden heißt.“ stellt in einer Sonderserie der DW Akademie. Lokale Radiosender bleiben wichtigste Informationsquelle für die dw.com/s-32742

Christian F. Trippe in Kiew Trippe war zuletzt als Sonderkorrespondent im Einsatz – sein Fokus: sicherheitspolitische Themen. Zuvor hatte er viele Jahre aus Moskau berichtet, anschließend das Hauptstadtstudio der DW Anfang Juli hat Christian in Berlin geleitet und dann die Büroleitung in Brüssel übernom- F. Trippe die Leitung im men. Trippe, Jahrgang 1961, ist seit 1993 bei der DW. DW-Studio Kiew übernom- Die Deutsche Welle hatte das Korrespondentenbüro in Kiew men. Er folgt auf Frank Anfang 2015 eröffnet – in Anwesenheit von Vitali Klitschko, Bürger- DW/M. Müller ©

© Hofmann, der den Korrespon- meister der ukrainischen Hauptstadt. Klitschko hatte seinerzeit die dentenplatz in der ukrai- „zusätzliche Brücke zwischen Deutschland und der Ukraine“ und nischen Hauptstadt aufgebaut die Aussicht auf objektive Berichterstattung direkt aus Kiew nach- hat. drücklich begrüßt. Der scheidende Korrespondent Frank Hofmann kehrt in die Redaktion in Berlin zurück und übernimmt neue Aufgaben.

8 Weltzeit 3 | 2016 aktuelles erfahren

in kürze

DW-Claim „in jeder Hinsicht TV Cultura in Brasilien überzeugend“ strahlt seit einigen Wochen zwei DW-Formate aus: das Wissen- schaftsmagazinFuturando und das Kulturmagazin Camarote.21. Das öffentlich-rechtliche TV Cultura zeigt vorwiegend Bildungs- Made for minds. Das ist seit einem Jahr der Claim der Deutschen und Kulturprogramme und erreicht nach eigenen Angaben rund Welle. „Ein Versprechen an die Zielgruppe“, wie nun auch die Jury 140 Millionen Zuschauer. Futurando wurde im vergangenen Jahr des „German Brand Award“ urteilte. Die Initiatoren des Preises, beim Filmfestival VerCiência in Rio de Janeiro mit dem „Special der Rat für Formgebung, vergoldete das Marken-Versprechen – Tribute Award“ ausgezeichnet. Das Magazin vermittle Wissen- was zugleich die weltweite Zielgruppe der DW auszeichnet. schaft und Technologie „effizient, klar und verständlich“, so das Urteil der Jury. dw.com/futurando

MHz 11 in Washington D.C. DW/M. Müller

Auf Arabisch serviert: die Lindenstraße auf DW © strahlt das englischsprachige TV-Programm der DW jetzt rund um© die Uhr aus. 400.000 Haushalte der US-Hauptstadt können das Programm über den Partner terrestrisch empfangen. Der US-Sen- der mit Sitz in Falls Church bei Washington hatte im Oktober 2015 die Programmübernahmen der DW auf seinem Kanal MHz World­view auf täglich drei Stunden ausgeweitet. USA-weit wird das DW-Programm via Satellit nun zudem in HD ausgestrahlt.

Der kenianische Sender KTN

ist der zweite afrikanische Partner der DW bei der Koproduktion des Umweltmagazins Eco@. Seit April ist der nigerianische Prägnant: Der Claim am Funkhaus Bonn Sender Channels TV am Projekt beteiligt. Alle drei Partner unter- zeichneten am Rande des Global Media Forum der DW in Bonn am 14. Juni eine entsprechende Vereinbarung. Das Magazin legt Bei der Preisverleihung am 16. Juni in Berlin erhielt der deut- den Fokus auf ökologische Innovationen und Best-Practice-Bei- sche Auslandssender nicht nur Gold für den neuen Claim „Made spiele aus Afrika und Europa sowie auf Klimaschutzideen aus aller for minds.“ Gewinner war die DW außerdem mit ihrer Kampagne Welt. Zuschauer können über Soziale Medien Beiträge hochladen „Local heroes need global insights“, die den Start des neuen eng- und eigene Ideen einbringen. Das private Kenya Television Net- lischen TV-Kanals begleitet hat. Das Programm ging im Juni 2015 work (KTN) ist in Kenias Fernsehmarkt die Nummer zwei und seit auf Sendung. 2012 Partner der DW. Channels TV ist der reichweitenstärkste pri- Für die Jury fasst der Claim „Made for minds.“ prägnant zusam- vate Nachrichtensender Nigerias und seit Mitte 2015 DW-Partner. men, was die DW für die Zielgruppe „relevant und attraktiv macht, dw.com/ecoafrica und liefert somit die Klammer, um selbstbewusst über ein neues dw.com/doingyourbit positives Deutschlandbild und seine Werte zu sprechen“. Diese Bot- schaft wirke „über alle Märkte, Sprachen und Angebote hinweg – modern, klar, reduziert und in jeder Hinsicht überzeugend“, so die Der griechische Partner ATC unabhängige Jury. Intendant Peter Limbourg unterstrich in Berlin, der Claim sei vor und die DW entwickeln gemeinsam die Plattform „Verify.Media“. allem „ein Kompliment an die weltweit Millionen von Nutzern des Das Projekt soll Journalisten dabei unterstützen, Inhalte aus deutschen Auslandssenders. Er ist auch eine starke Leitidee, die als Sozialen Medien auf ihre Echtheit zu überprüfen. Denn das Kompass in der täglichen journalistischen Arbeit dient.“ ­Soziale Netz wird auch bei Ereignissen mit hohem Nachrichten- Die Kampagne „Local heroes need global insights“ unterstützt wert schnell mit einer Vielzahl von Informationen „überflutet“. diese Leitidee. Sie identifiziert die Nutzerinnen und Nutzer als Oft sind es allerdings Fehlinformationen oder Spekulationen ­kritische und unabhängige Köpfe, die in Zielregionen der DW Ver- – nicht selten mit dem Ziel der Irreführung oder Manipula- änderung vorantreiben. tion. ­„Verify.Media“ soll dabei helfen, aus dieser Flut an User Der Rat für Formgebung wurde vom Deutschen Bundestag ins Generated Content (UGC) journalistisch verwertbare, verläss- Leben gerufen und vom Bundesverband der Deutschen Industrie liche Inhalte herauszufiltern. Gefördert wird das Projekt der gestiftet – mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unter- Partner Athens Technology Center (ATC) und Deutsche Welle aus nehmen zu stärken. dem Innovation Fund der Google Digital News Initiative.

dw.com/localheroes

Deutsche Welle 9 Titelthema DW/M. Müller © ©

„Damit die lauten Stimmen unserer mutigen Kollegen ­niemals verstummen“: Laudator Kai Diekmann (l.) mit Preisträger Sedat Ergin und Intendant Peter Limbourg

„­Europa verliert seine ­moralische Autorität“

„Medien, Freiheit, Werte“ – das waren die zentralen Begriffe des ­Global Media Forum vom 13. bis 15. Juni in Bonn. Die neunte Ausgabe der inter- nationalen Konferenz der Deutschen Welle stand im Zeichen weltweiter Krisen und Konflikte und eines wachsenden Drucks auf die Presse- und Meinungsfreiheit in vielen Ländern. Einer der Höhepunkte war die Ver- leihung des ­„Freedom of Speech Award“ an den türkischen Journalisten Sedat Ergin.

10 Weltzeit 3 | 2016 „Give Wings to Freedom of Speech“: Mit einer Frisbee-Aktion auf dem Platz der Vereinten Nationen vor dem WCCB setzen die Teil- DW/M. Müller © nehmer des Global Media Forum ihrerseits ein Zeichen der Freiheit. ©

»Meinungsfreiheit einzuschränken

richtet sich gegen unsere Würde.«„Der Druck auf die Freiheitsrechte hat etablierte Demokratien der westlichen Welt erreicht“: Sedat Ergin

inen Preis zu erhalten, der das richte sich „gegen die Ideale der Menschheit in der „Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz, Recht auf freie Meinungsäuße- und gegen unsere Würde“, sagte Ergin. Rassismus, Hassreden und Islamfeindlich- E rung stärken soll, bedeutet un- Bedauerlicherweise würden alle rele- keit, Autoritarismus, Polarisierung und der ausweichlich, dass es um diese Freiheit vanten Organisationen, die die Entwicklung populistische Diskurs an Boden gewinnen“. schlecht bestellt ist.“ Daher nehme er die der Menschenrechte beobachten, zu dem In dem Maß, in dem Europas Institutionen Auszeichnung mit gemischten Gefühlen Ergebnis kommen, dass die Freiheitsrechte ihre Werte aufgäben, „verlieren sie auch ihre entgegen, sagte Sedat Ergin, Chefredakteur weltweit seit Jahren kontinuierlich weiter ein- moralische Autorität“, so Ergin. der türkischen Tageszeitung „Hürriyet“. geschränkt würden. Und die „Akzeptanz der Es dürfe nicht Normalität sein, dass der DW-Intendant Peter Limbourg hatte ihm Demokratie als die weltweit dominierende Chefredakteur einer großen Zeitung in im World Conference Center Bonn (WCCB) Regierungsform“ sei aktuell „in einem Maße einem Land, das in die EU möchte, Perso- vor rund 2.000 Gästen aus 100 Ländern so- gefährdet wie in den vergangenen 25 Jahren nenschutz und ein gepanzertes Fahrzeug eben den Freedom of Speech Award 2016 nicht“, sagte Ergin. Besonders alarmierend benötigte. „Was vor zehn Jahren, als die Ver- überreicht – in Anerkennung seines muti- sei, dass der Druck auf die Freiheitsrechte handlungen um eine EU-Mitgliedschaft der gen Einsatzes für die Meinungsfreiheit in auch etablierte demokratische Staaten der Türkei begannen, unvorstellbar war, ist heu- der Türkei. westlichen Welt erreicht habe und „dass der te Realität.“ Die Anfeindungen, Verfolgungen Der Preis sei „eine Botschaft in Bezug europäische Kontinent nicht länger immun und Verurteilungen von Journalisten und auf den Zustand der Meinungsfreiheit in ist gegen autoritäre Tendenzen“. die Übergriffe in seinem Land hätten einen meinem Land“, so Ergin. Zahlreiche nam- „gruseligen Effekt auf das Recht auf freie hafte Journalisten und Autoren seien „Populistischer Diskurs Meinungsäußerung“. Mordanschlägen und Terror zum Opfer ­gewinnt an Boden“ „Der Freedom of Speech Award der Deut- gefallen. Angesichts dessen beschleiche schen Welle ist Ansporn für mich und meine ihn „ein Gefühl leichter Bitternis“, so der Das europäische Projekt, „die Werte der Kollegen, das Ziel eines unabhängigen Jour- Preisträger. Meinungsfreiheit zähle zu den Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit, of- nalismus, wie wir ihn verstehen, weiterzu- „fundamentalen Werten der Menschheit. fene Gesellschaften und Marktwirtschaft verfolgen“, sagte der Preisträger. Sie ist ein essenzieller Aspekt, ein Sine-qua- zu etablieren, stagniert“. Mit Blick auf den Bild-Herausgeber Kai Diekmann sagte in non unserer Existenz.“ Menschen das Recht Umgang mit der Flüchtlingskrise sagte seiner Laudatio, die Wahl der Deutschen Welle auf freie Meinungsäußerung zu entziehen der Preisträger, Europa erlebe eine Phase, hätte auf keinen würdigeren Preisträger­

Deutsche Welle 11 Titelthema DW/M. Müller © ©

Weltweit zu sehen auf DW: Aufzeichnung der Preisverleihung von „The Bobs – Best of Online Activism“ im WCCB

fallen können. Sedat Ergin sei „nicht nur ein der Lage, hier unter uns zu sein, denn er ist »Der europäische Mann von großem Charakter, nicht nur ein noch immer in Haft. Unsere Gedanken sind Kontinent ist nicht herausragender Journalist mit 40-jähriger heute auch bei ihm.“ Erfahrung“. Er sei vor allem „ein mutiger länger immun Mann“. Ergin drohe im Falle einer Verurtei- „Mutiger Kampf für lung eine Gefängnisstrafe – „vier Jahre für ­Menschenrechte“ gegen autoritäre einen Artikel“, so Diekmann. Nur drei Flugstunden von Berlin oder Die DW zeichnete auf dem Global Media Tendenzen.« Bonn entfernt, „riskieren Journalisten in Forum auch wieder die Preisträger ihres der Türkei jeden Tag alles – ihre Jobs, ihre Wettbewerbs „The Bobs – Best of Online körperliche Unversehrtheit, ihre Freiheit. Activism“ aus. International herausragende Sie riskieren ihr Leben. Kollegen wie Sedat Aktivisten und Projekte aus Bangladesch, Ergin.“ Das zeige überdeutlich, „welch wert- Iran, Deutschland und Indien wurden volles und nobles Gut die Pressefreiheit ist“, prämiert. Würdige Preisträger, die „einen so der Laudator. mutigen Kampf für Menschenrechte füh- Deutschland und die EU hätten die Ver- ren“, sagte Gerda Meuer, Programmdirekto- pflichtung, nicht nachzulassen in der Kritik rin der DW, vor rund 300 Gästen. Moderiert am Zustand der Presse- und Meinungsfrei- wurde die Veranstaltung, die im englischen heit in der Türkei. „Dies müssen wir auf un- TV-Programm der DW weltweit zu sehen missverständliche Weise tun“, sagte Diek- war, von DW-Journalist Jaafar Abdul Karim. mann, der mit dem Appell schloss: „Lasst Säkulare Aktivisten, Schriftsteller, Blog- uns alles dafür tun, dass die lauten Stim- ger, Lehrer und Angehörige von Minder- men unserer mutigen Kollegen niemals heiten – sie alle seien in seiner Heimat verstummen.“ ­„nirgendwo mehr sicher“, so ein Blogger aus Erinnert wurde auf dem Global Media Bangladesch, der namentlich nicht genannt Forum auch an den Preisträger 2015, den werden wollte. Die Lage für Netzaktivisten saudischen Blogger Raif Badawi. Michael habe sich „weiter dramatisch verschlech- Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt, tert“. Dies unterstreicht auch die Dokumen- sagte: „Raif Badawi ist noch immer nicht in tation „Razor's Edge“ des 35-jährigen Filme-

12 Weltzeit 3 | 2016 machers Nastiker Dharmakatha, der in der Kategorie „Citizen Journalism“ ausgezeich- net wurde.

Der ägyptische Polit-Satiriker Bassem DW/M. Müller ©

Youssef, der inzwischen im US-Exil lebt, © sprang den Aktivisten auf gewohnt bissige Weise bei: In seiner Heimat gebe es diesbe- züglich keine Probleme, sagte er und fügte an: „Das Recht auf freie Meinungsäußerung sollte abgeschafft werden, dann könnten die Despoten auch in Ruhe ihren Job ma- chen.“ Gemeinsam mit der kubanischen Menschenrechtsaktivistin und DW-Mode- ratorin Yoani Sánchez überreichte Youssef die Preise. In der Kategorie „Tech for Good“ wurde die App „Gershad“ aus Iran ausgezeichnet. Moderator Jaafar Abdul Karim mit Alok Sie verzeichnet aktuelle Aufenthaltsorte Dixit von der Kampagne „Stop Acid der iranischen Sittenpolizei – ein Frühwarn- ­Attacks“: für die Jury eine „Brücke system, um ihr aus dem Weg zu gehen. Die ­zwischen Gesellschaft und Opfern“ indische Kampagne „Stop Acid Attacks“ erhielt den Preis in der Kategorie „Social Change“. Die Aktion wendet sich gegen die in Indien verbreiteten Säureattacken gegen tionen der DW, etwa die Aufzeichnung von dung, die ihren Namen trägt, Zeitzeugen­ Frauen. Und die deutsche Initiative „Zen- Shababtalk mit Moderator Jaafar Abdul Ka- und eine Historikerin zum Thema Colonia trum für Politische Schönheit“ – Aktions- rim. Er diskutierte unter anderem mit dem Dignidad eingeladen. kunst, die „aufrütteln und zum Widerstand irakischen Satiriker Ahmed Al-Basheer über aufrufen“ will, gewann in der Kategorie Homosexualität in arabischen Gesellschaf- dw.com/gmf „Arts and Culture“. ten – im Lichte des Attentats von Orlando. dw.com/freedomofspeech Live verfolgen konnten Teilnehmer des Die kubanische Journalistin Yoani Sánchez thebobs.com Global Media Forum auch einige TV-Produk- hatte für die neue wöchentliche DW-Sen-

„Unbestechlich, tatsachenorientiert und seriös berichten“

zu Markenzeichen verlässlichen Journalismus geworden sind, auch weiterhin vertrauen kann. Und dass diese weiterhin un- bestechlich, tatsachenorientiert und seriös berichten“, mahnte der Bundespräsident. DW/M. Müller ©

© Der ehemalige Plenarsaal des Deutschen Bundestags als Schauplatz des Global Media Forum biete eine „Atmosphäre von Offenheit und Transparenz“. Gauck bestärkte die rund 2.000 ­Teilnehmer aus mehr als 100 Ländern darin, „sich eine eigene Meinung zu bilden und diese auch unerschrocken zu vertreten“.

„DW ein glaubwürdiges ­Medium“

Die Deutsche Welle sei „inmitten all der gegenwärtigen Krisen „Gerade in Zeiten beständig wachsender Informationsmengen und Konflikte ein glaubwürdiges Medium geblieben, das welt- im Netz brauchen wir im weltweiten Zusammenleben Debatten weit großes Vertrauen genießt“. Als internationales Medienhaus um Werte und Orientierung, die unser politisches Denken, Re- mit Menschen aus 60 Nationen und journalistischen Angeboten den und Handeln bestimmen.“ Das sagte Bundespräsident Joa- in 30 Sprachen stehe der deutsche Auslandssender zudem für chim Gauck in einer Video-Grußbotschaft an die Teilnehmer des eine „inspirierende Debattenkultur“, so der Bundespräsident. Global Media Forum in Bonn. Wenige Tage vor Beginn der Medienkonferenz war Joachim Gauck sagte: „Nie gab es so viele Möglichkeiten zur Informati- Gauck zu Gast im DW-Funkhaus Bonn. In einem Hintergrundge- on wie heute. Wir sehen aber auch, dass damit zugleich die Mög- spräch mit Intendant Peter Limbourg und leitenden Programm- lichkeiten zur Manipulation und zur Desinformation wachsen – mitarbeitern informierte sich das Staatsoberhaupt über die und diese von vielen auch skrupellos ausgenutzt werden.“ Umso jüngsten Entwicklungen bei der DW und über aktuelle Fragen mehr komme es darauf an, dass man „bewährten ­Medien, die des internationalen Rundfunks.

Deutsche Welle 13 Titelthema Fotos: © DW/K.Fotos: Danetzki und DW/M. Müller

»Journalisten sollten Haltung ­zeigen, statt in Zynismus zu ­verfallen.« Andrea Nahles, Bundesministerin für Arbeit und Soziales

14 Weltzeit 3 | 2016 »Wir sollten den Menschen eine Vielzahl an Meinungen bieten.« Frane Maroevic, OSZE

Deutsche Welle 15 Titelthema Fotos: © DW/K.Fotos: Danetzki und DW/M. Müller

»Stellen Sie sich nur einen Tag ohne ­Medien vor: Alles wäre lahmgelegt.« Baher Mohamed, Al-Jazeera

»Erderwärmung, Wüstenbildung, ­Ernährung, Flucht, Krieg – alles hängt zusammen. Stellen Sie die Verbindung her!« Christiana Figueres, ehemalige Generalsekretärin der UN-Klimarahmenkonvention

16 Weltzeit 3 | 2016 »Digitalisierung hat nicht das goldene Zeitalter des ­freien Zugangs­ zu Information gebracht.« Gerda Meuer, DW-Programmdirektorin

Deutsche Welle 17 Titelthema

Text Charlotte Hauswedell, DW Akademie

Dem Recht eine digitale Stimme geben

Illegale Gebühren in Krankenhäusern? ­Betroffene in Indien können ein ­interaktives Sprachnachrichtensystem auf dem Mobil­ telefon nutzen, um Fälle von Korruption zu melden. Ein Beispiel für Initiativen, die mit ­digitalen Anwendungen Teil­habe und freie Meinungsäußerung stärken.

Die Initiative „Mera Swasthya Meri Aawaz“ (MSMA, Unsere Gesundheit, unsere Stimme) macht illegale Abzocke im Gesund- heitssystem sichtbar. Managerin Yatirajula Kanaka Sandhya erklär- te auf dem Global Media Forum in Bonn, wie MSMA damit Rechen- schaft beim Staat einfordern möchte. „Die digitale Komponente ist das Mittel. Man darf nicht aufhören, auf allen Wegen Druck auf die Regierung auszuüben.“ Die nigerianische Initiative „Follow the Money“ ist ein weiteres Beispiel für digitale Innovation: Mithilfe von Datenjournalismus und Social Media werden hier die oft langen Wege staatlicher Hilfs- geldzahlungen öffentlich gemacht. Ein aufsehenerregendes Vorha- ben in einem Land, in dem staatliche Korruption weit verbreitet ist. „Wir nutzen die Technologien, die da sind, auf bestimmte Weise, in einem spezifischen Kontext. Wir versuchen, es einfach zu halten“, sagte Oludotun Babayemi, Mitgründer von Follow the Money. dynamische Entwicklung, auf die immer mehr Akteure und digitale Es sind Initiativen wie diese, die in Ländern, in denen es kaum Start-ups Einfluss nehmen. Das bedeutet auch neue Anknüpfungs- investigative Medien gibt, den Zugang zu Information fördern. punkte für Menschenrechtsorganisationen, speziell im Bereich der Weltweit ergänzen digitale Projekte klassische Medien, ersetzen sie Medienentwicklung, die digitale Teilhabe und den Zugang zu Infor- sogar zunehmend. In einem Workshop der DW Akademie diskutier- mationen für Menschen weltweit ermöglichen wollen. „Es sind viele ten Experten auch darüber, welche Konsequenzen sich daraus für neue Akteure hinzugekommen, von denen wir als Institution der Medienentwicklungsorganisationen und Sponsoren ergeben. Medienentwicklungszusammenarbeit lernen sollten, die wir in Be- Der digitale Raum spielt eine immer größere Rolle für die Umset- tracht ziehen müssen“, sagt Erik Albrecht, Mitautor der von der DW zung von Meinungsfreiheit und den Zugang zu Informationen – eine Akademie vorgelegten Studie „Advancing freedom of expression“.

Digital Power für Artikel 19

Die Studie der DW Akademie „Advancing Freedom of Expres- DW/K. Danetzki sion“ zeigt auf, wie digitale Projekte in Afrika, Asien und La- © © teinamerika freie Meinungsäußerung und den Zugang zu In- formation stärken. Analysiert werden 16 Projekte zu Themen, von Bürgerjournalismus bis zur Veröffentlichung von Regie- rungsdaten, in denen Crowdsourcing, Datenjournalismus und Social Media zum Einsatz kommen. Die Autoren – Erik Albrecht, Kate Hairsine und Steffen Leidel – identifizieren vier Funktionen für die Medienentwicklung, um Artikel 19 zu ver- „Digitale Start-ups können Mediensysteme ins Wanken wirklichen, und geben Empfehlungen. dw.com/p/1INjJ ­bringen“: Anya Schiffrin von der Colombia University

18 Weltzeit 3 | 2016 Nachhaltige Entwicklung braucht freie Medien

Ohne Meinungsvielfalt gehen wichtige Ideen und Perspekti- ven verloren, die für eine nachhaltige Entwicklung von gro- ßer Bedeutung sind. Thomas Silberhorn, Parlamentarischer picture alliance/Doreen Fiedler alliance/Doreen picture ©

© Staatssekretär im BMZ, sieht in Ländern ohne freie Medien „ein alarmierendes Hindernis für die globale Entwicklung“. DW/K. Danetzki © ©

Warten auf faire medizinische Hilfe: Start-ups wollen mit digitalen Mitteln erreichen, dass mehr Menschen mitreden können

Der Einfluss journalistischer Start-ups könnte in Einzelfällen Auf dem Global Media Forum verwies Silberhorn auf die Ziele enormes Gewicht haben, ja sogar Mediensysteme ins Wanken der Agenda 2030 zur Nachhaltigen Entwicklung. Erstmals hät- bringen. Davon zeigte sich Anya Schiffrin, Direktorin der School ten sich alle Staaten darauf verständigt, gemeinsam für einen of International and Public Affairs der Colombia University, über- angemessenen Lebensstandard aller Menschen und für eine zeugt. „Die Panama-Papiere haben gezeigt, dass Transparenz- Entwicklung zu sorgen, „die diesen Planeten nicht jenseits sei- Initiativen immer mehr Zuspruch und finanzielle Unterstützung ner Grenzen“ befördere. Die Rede- und Informationsfreiheit und erhalten.“ Der Einfluss traditioneller Medien in diesem Bereich wer- der freie Zugang zu Informationen gehörten zu Recht zu den Zie- de geringer. In dem Zusammenhang stellten sich neue Fragen: etwa len dieser Agenda, so Silberhorn, der in Bonn für eine stärkere nach der Finanzierung, der Verbreitung, auch nach der Sicherheit Einbindung der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft und der Medien von Start-ups, so Schiffrin. plädierte. „Regierungen allein können die Ziele nicht erreichen.“ Die indische Organisationen MSMA und die nigerianische Initi- Ein freier Ideen- und Informationsaustausch brauche Mög- ative Follow the Money sind Leuchtturmbeispiele. An beiden wird lichkeiten der Beteiligung für alle. Silberhorn verwies auf Pro- sichtbar, wie Menschen neue Formen der Interaktion nutzen, um jekte in rund 70 Ländern, darunter Uganda, Kenia und Indien, Missstände in ihrer Gesellschaft ans Licht der Öffentlichkeit zu ho- die sein Ministerium unterstütze. Die DW Akademie als führen- len. Mit digitalen Mitteln erreichen sie, dass Menschen, die zuvor de deutsche Organisation in der Medienentwicklungszusam- vom Informationsfluss ausgeschlossen waren, mitreden können. menarbeit sei „ein strategischer Partner, um Meinungs- und In- Beide Initiativen sind Teil der „Digital Innovation Library“ der formationsfreiheit weltweit zu fördern“, sagte der Staatssekretär. DW Akademie. Ziel dieser Bibliothek ist es, einen Referenzpool auf- An die vielen Medienvertreter bei der DW-Konferenz gerichtet, zubauen: Organisationen, Aktivisten und Journalisten sollen sich appellierte Silberhorn: „Erinnern Sie immer wieder an die Infor- vernetzen und voneinander lernen. Unterstützer und Sponsoren mations- und Medienfreiheit und nutzen Sie auch die Möglich- finden hier Anregungen und Ansprechpartner. keiten des investigativen Journalismus, um etwa auf Korruption aufmerksam zu machen.“ akademie.dw.com/innovationlibrary #dw_gmf10 | #mediadev

Deutsche Welle 19 Titelthema

Es darf keine mentalen Grenzen geben

Können Kunst und Kultur „Mein Ziel ist nicht die Revolution, son- faltung haben, selbst entscheiden können“, Dialog fördern und Politik dern das Lächeln der Kinder, Trost zu spen- so der Musiker. den inmitten blutiger Straßen“, so versteht Der Satiriker Ahmd Al-Basheer hat sich und Gesellschaft verändern? der Pianist Aeham Ahmad seine Mission als dem „Kampf gegen religiösen Extremis- Auf dem Global Media Forum Künstler. Für Abo Bakr geht es darum, Erfah- mus, gegen jede Form von Extremismus tauschte sich dazu eine wohl rung mit anderen zu teilen. „Ich suche den und Korruption“ verschrieben. Wenn man einmalige, international be- Dialog auf der Straße“, so der Ägypter. Dass jemanden kritisieren und treffen wolle, seine Kunst nachhaltig sein kann, zeigte er müsse man sich über ihn lustig machen. setzte Künstler-Runde aus. am Beispiel seiner Wandmalerei in Kairo Satire sei für ihn Berufung, „das würde ich auf – für ihn „das letzte visuelle Gedächtnis“ in jedem Land machen, in dem ich lebe“. der Revolution in seiner Heimat. Auch Samy Deluxe möchte trotz wach- ir brauchen Kunst und Hu- sender Intoleranz und eines grassierenden »Veränderungen an- mor und wir brauchen die Populismus in Europa den Dialog offen stoßen, indem wir W Medien für den Dialog“, so halten. „Meine erschreckendste Erfahrung der Musiker Fetsum Sebhat. „Musik ist eine hatte ich mit aufgeschlossenen Leuten, gute Ausdrucksform, um alle zu erreichen.“ deren größte Sorge ist, selbst als Rassist selbst etwas Neues Der in Ägypten geborene Fetsum, dessen bezeichnet zu werden“, sagte der Schöpfer Eltern aus Eritrea flohen, appellierte: „Die des Begriffs „Mimimi“ – für Mitbürger mit schaffen.« alten Konflikte dürfen nicht diejenigen der Migrationshintergrund. Der Rapper sieht Jugend sein. Das versuche ich, mit meiner sich in Deutschland „vergleichsweise in Die Menschen in Irak hätten zunächst nicht Musik rüberzubringen.“ einem Paradies, was die Freiheit von Kunst verstanden, dass er nicht die Bürger und das Mit Fetsum diskutierten der aus Syrien und Kultur betrifft“. Um als Künstler etwas Land, sondern die Politiker im Visier habe. nach Deutschland geflohene Pianist Aeham zu bewegen, reiche es aber nicht, berühmt Der Comedian zeigte sich aber überzeugt: Ahmad, der den Gästen der Medienkonfe- zu sein. „Das Gesicht einer Plakat-Kampa- „Das Publikum hat verstanden, dass es in renz zudem ein Intermezzo bot, und der gne gegen Aids zu sein ist noch kein zivil- unserer Show die Wahrheit erfährt.“ ägyptische Street-Art-Künstler Ammar Abo gesellschaftliches Engagement“, so der Rap- Der Pianist Ahmad erreicht sein Publi- Bakr, der in Bonn im Auftrag der DW ein per. Deshalb gehe er in Schulen und gebe kum mit einem eigenen Mix aus europä- Werk zum Thema Flüchtlinge schuf. Mit Rap-Workshops. ischer Klassik, arabischer Musik und wei- dabei auch der irakische Satiriker Ahmed Freiheit sei nicht nur für ihn als Künst- teren Elementen. „Die Menschen suchen Al-Basheer, dessen Show im arabischen ler von zentraler Bedeutung. Es dürfe „keine Neues“, so der Syrer in Bonn. „Vielleicht kön- TV-Programm der DW läuft, und der deut- mentalen Grenzen“ geben, sagte Fetsum. nen wir Veränderungen anstoßen, indem sche Rapper Samy Deluxe. „Jeder muss die Möglichkeit zur freien Ent- wir selbst etwas Neues schaffen.“ DW/K. Danetzki © ©

Die Künstler-Runde mit Moderatorin Kate Müser: (v. l. ) Ammar Abo Bakr, Ahmed Al-Basheer, Samy Deluxe, Fetsum Sebhat und Aeham Ahmad

20 Weltzeit 3 | 2016 DW/K. Danetzki © © Fluchtgeschichten auf Leinwand

Der ägyptische Künstler Ammar Abo Bakr hat auf Einladung der Deutschen Welle ein Werk zum Thema Flucht ge- schaffen – inspiriert von persönlichen Geschichten in Bonn lebender Flücht- linge. Die sechs Mal drei Meter große Leinwand ist auf dem Global Media Fo- rum entstanden – und derzeit im Funk- haus der DW in Bonn zu sehen.

Was er in Zusammenarbeit mit Flüchtlin- gen in einer Unterkunft im Bonner Nor- den begonnen hatte, vollendete er am World Conference Center. Flüchtlinge haben dem Künstler ihre Geschichten erzählt, Flüchtlingskinder aktiv an dem Kunstwerk mitgewirkt. Ei- nige Kinder hat der Künstler porträtiert und in das Werk integriert. Er habe nie ei- nen festen Plan, sagte der Künstler. „Ich mag es, andere zu beteiligen, mich Tag für Tag inspirieren zu lassen und Ideen und Eindrücke umzusetzen“, so Abo Bakr. Beim Thema Flüchtlinge mahnt er „mehr Rücksicht, mehr Ehrlichkeit und mehr Fürsorge“ an. „Wir reden hier über Menschenleben“, sagt er, „über Men- schen, die lieber in ihrer Heimat geblie- ben wären, wenn sie die Wahl hätten.“ Der 36-jährige Ammar Abo Bakr ar- beitet im öffentlichen Raum. Seine Col- „Wir reden über Menschen, die lieber in ihrer Heimat geblieben wären, wenn lagen verbinden Street Art und Folk Art, sie die Wahl hätten“: Ammar Abo Bakr Wandmalerei und Graffiti mit Sacred Art und Naiver Malerei. Seit Beginn der Ara- bellion in seiner Heimat vor fünf Jahren hat er wachsende Popularität erlangt, weit über Ägypten hinaus. Seine Werke DW ©

© zieren Mauern und Museen in Kairo, Luxor, Amsterdam und Helsinki, Rom, Paris, Köln, Berlin … Mit der Erfahrung DW/K. Danetzki

© als Dozent an der Faculty of Fine Arts © in Luxor (2003 bis 2011) verwandelt er heute immer wieder die Straße in eine Open-Air-Kunstschule. Sein Werk zum Thema Flüchtlinge soll auf Weltreise gehen – und zu einem späteren Zeitpunkt zugunsten eines Flüchtlingsprojekts versteigert werden.

Video-Porträt: dw.com/p/1J4w1 Viele Hände, viele Eindrücke: Fluchtszenen hinter Maschendraht

Deutsche Welle 21 Titelthema

Fragen von Christoph Jumpelt „The place made for minds“

Die Macher: Patrick Leusch und Guido Schmitz © DW © DW/K. Danetzki

Das Global Media Forum hat sich als internationale Medienkonferenz etabliert. Die neuen Geschäftsführer der DW Media Services über Highlights, Profil und Perspektiven der Konferenz.

Was waren für Sie herausragende As- der Unabhängigkeit – in einer Welt, die sich geben wollen in einer immer komplexer pekte der Konferenz in diesem Jahr? zunehmend polarisiert. Das betrifft nicht werdenden Welt. Dabei geht es immer auch Patrick Leusch: Zum einen, dass wir die Ver- nur die Politik, sondern auch die Medien. um die Zukunft der Medien und die Freiheit leihung des Freedom of Speech Award auf- Eine zweite Botschaft: Die Konferenz ist der Medien. Thematisch werden 2017 zwei gewertet und noch besser platziert haben; eine Plattform, auf der wir uns austauschen Begriffe zentral sein: Identität und Vielfalt. durch das Thema Türkei und Preisträger und streiten über die Fragen: Welche Wahr- Sedat Ergin hat der Award enorme Aufmerk- heiten, welche Sicht auf die Welt haben wir, Am Global Media Forum wirken zahl- samkeit erzielt. Desweiteren, dass die DW liegen wir damit richtig, welche Werte wol- reiche Partner mit. Wie wollen Sie externe markante TV-Sendungen im Rahmen der len wir vermitteln? Partner künftig einbinden? Konferenz produziert hat und dass wir deut- Guido Schmitz: Wir setzen weniger auf kurz- lich mehr Kulturprogramm geboten haben. 2017 steht die zehnte Ausgabe an. Wie fristiges, punktuelles Sponsoring, sondern Guido Schmitz: Der Kulturtalk mit Künst- wollen Sie die Konferenz weiter profilieren? auf längerfristig angelegte Partnerschaften. lern aus unterschiedlichen Kulturen war Patrick Leusch: Die zehnte Ausgabe – das ist Dafür bietet sich eine Reihe von global ope- auch für mich ein Highlight. Insbesonde- auch ein Indikator dafür, dass sich das Glo- rierenden Unternehmen und auch Verbän- re viele Gäste aus Deutschland waren tief bal Media Forum international etabliert hat. den an, die Nachhaltigkeitsziele verfolgen. beeindruckt, wie etwa der irakische Satiri- Auch im digitalen Zeitalter brauchen wir Mit Partnern gemeinsam etwas aufbauen ker Al-Basheer oder der ägyptische Stree- weiter eine solche Konferenz, denn die Ver- – und in Zukunft noch stärker Menschen zu- tart-Künstler Abo Bakr Zeichen setzen tiefung von Beziehungen erfolgt nicht im sammenbringen, die sich sonst nicht unbe- trotz Einschränkungen und persönlicher Internet, nicht über Social Media, sie erfolgt dingt über den Weg laufen. Wir nennen das Bedrohung. im persönlichen Vis-à-vis. Deshalb wird die „Create relations money can’t buy“. „Lagerfeuer“-Funktion bleiben. Wir werden Welche Botschaften vermittelt das die Konferenz profilieren als „The place dw.com/gmf Global Media Forum? made for minds“. Das ist Anspruch und Auf- Patrick Leusch: Eine wichtige Botschaft: Die trag zugleich. Als internationale Medien- Konferenz ist – wie die Deutschen Welle konferenz, auf der wir noch stärker Lö- insgesamt – Stimme der Freiheit, Stimme sungsansätze aufzeigen und Orientierung

22 Weltzeit 3 | 2016 dw-akademie.com

Souverän, authentisch und überzeugend Das Medientraining der DW Akademie – für Ihren Auftritt PARTNERSCHAFT LEBEN

Text Dominik Ahrens, Projektleiter Marketing

Helden im Konzert der Großen roup © Multimedia G

Mit dem Hero Mobile in Accra: eine gemeinsame Aktion der DW mit dem Partner in Ghana

Die Deutsche Welle setzt bei der Verbreitung der DW zeigt und auch an der Hero-Mobile-Aktion beteiligt ist. Joy ihrer Medienangebote nicht zuletzt auf ein News ist Teil der Multimedia Group, die mit dem frei empfangbaren Multi TV eine Plattform bietet, die im ganzen Land verfügbar ist. weltweites Netz an einflussreichen Partnern. So erhält die DW einen breiten Zugang zum ghanaischen Medien- Zum Beispiel die Multimedia Group in Ghana, markt. einem Land mit einer vielfältigen und leben- Die Multimedia Group ist eine der größten Mediengruppen in digen Medienlandschaft. Westafrika. Internationale Sender wie die DW gehören ganz selbst- verständlich zu ihrem Portfolio und werden von den Zuschaue- rinnen und Zuschauern in Ghana nachgefragt. Sieben Millionen Menschen nutzen nach Angaben des Konzerns das TV-Angebot, das Der Platz in Accra ist voll. Die Menschen drängen nach vorn, – anders als bei vielen afrikanischen Anbietern – ohne monatliche hin zur Bühne, um den besten Blick zu bekommen. Die Bühne, das Abo-Kosten empfangen werden kann. „Ghana hat eine vielfältige ist das „Hero Mobile“ – der Tourwagen, der im Rahmen der preis- und lebendige Medienlandschaft, umfassende Presse- und Mei- gekrönten DW-Werbekampagne „Local Heroes“ durch die größte nungsfreiheit und eine gesunde Konkurrenz zwischen zahlreichen Stadt Ghanas zieht und mit kostenlosen Konzerten die Menschen Medienhäusern. Die Multimedia Group ist ein ausgezeichneter begeistert. Partner, um die Menschen mit unseren Programmen zu erreichen“, Am Ende der Tour durch die Viertel der Hauptstadt steht eine so Ibrahim-Sauer. beachtliche Bilanz: Mehr als 10.000 Menschen haben die Veran- Die digitale Plattform Multi TV bringt das englische TV-Pro- staltungen besucht. „Mit der Local-Heroes-Kampagne haben wir gramm der DW in die Haushalte – per Satellit auch in die entle- das Selbstbewusstsein der Ghanaer sehr gut getroffen“, sagt Sevan gensten Gegenden und über die Landesgrenzen hinaus. Einzelne Ibrahim-Sauer vom DW-Vertrieb. „Die Local Heroes, das sind die Sender des Medienverbundes, etwa der Nachrichtenkanal Joy News, Macher, die ihre Gesellschaft weiterbringen und die dazu gut infor- übernehmen Teilprogramme und Magazine der DW. Auch der zu- miert sein müssen. Damit können sich viele in Ghana identifizie- gehörige Radiosender Joy FM – einer der bekanntesten des Landes ren, Ghana ist ein dynamisches Land im Aufbruch.“ – integriert DW-Beiträge und auf dem Portal myjoyonline.com fin- Dass die Menschen in Scharen auftauchen, wenn die DW in der den die Nutzer auch Nachrichten und Analysen aus dem Onlinean- Stadt ist, liegt aber nicht nur an der gelungenen Werbung. Es liegt gebot der Deutschen Welle. vor allem daran, dass der deutsche Auslandssender mit seinem Pro- Das breit gefächerte Angebot soll die Menschen dort bedienen, gramm bekannt ist. Dafür sorgen auch in Ghana die Partner. Hier wo sie Nachrichten nutzen. Wie in vielen afrikanischen Ländern in Accra ist es Joy News, ein junger Fernsehsender, der Sendungen ändert sich das derzeit. So ist das Radio dank günstiger Empfangs-

24 Weltzeit 3 | 2016 Getwitter

Auf Kosten der Jugend: Deutschland braucht jetzt roup einen digitalen Marshallplan, fordert Sascha Lobo auf @spon bit.ly/29m2VAP

Neue Funktion „Memories“: #Snapchat bekommt © Multimedia G ein Gedächtnis. Ein radikaler Strategiewechsel bit.ly/29yY9xt

Bei Polizeikontrolle erschossen: Freundin filmt per News auf Adom TV: ein Sender der Multimedia Group Smartphone mit – wohin führt #Facebook-Live- Streaming? bit.ly/29yYO1U

roup Weniger #Nachrichten, mehr Menschelndes: #Face- book ändert seinen #Newsfeed, Leidtragende dürf- ten Medienangebote sein bit.ly/29m3H0l

© Multimedia G #Whatsapp kopiert bei #Snapchat und führt öf- fentliche Gruppen und einen Foto-Editor ein via @konradweber bit.ly/29ttgfX

Hauptnachrichtensendung: Joy News übernimmt DW-Magazine Bisschen spät dran: Briten googeln erst nach Schlie- ßung der Wahllokale, was der #Brexit für sie bedeutet bit.ly/29mAX3q geräte und zahlreicher Sender zwar weiterhin das Medium Num- #Pageflow-Storytelling: Flüchtlingsrettung im mer eins, die Bedeutung des Fernsehens wächst jedoch stetig. #Mittelmeer. DW-Reporter an Bord der „Frankfurt Ebenfalls typisch: Bisher ist erst jeder zehnte Ghanaer täglich on- am Main“ bit.ly/29n8REG line, jeder fünfte mindestens einmal im Monat. Das ist jedoch kein Grund, das Onlineangebot zu vernachlässigen – im Gegenteil, be- tont Sevan Ibrahim-Sauer: „Das Internet verzeichnet prozentual Ahmed al-Basheer: Der Mann, der den IS auslacht. die größten Nutzungszuwächse. Wir erwarten, dass die Menschen Ein Porträt des irakischen DW-Satirikers auf @Zeit- besonders mit Smartphones online gehen, wie wir das schon in an- online @dw_arabic bit.ly/29n4bjl deren Märkten beobachten. Zahlreiche Länder scheinen die Phase der stationären Internetnutzung per Kabel zu überspringen. In den #Afrika: Allheilmittel Digitalisierung? Frauen Ländern Afrikas sind die Infrastrukturkosten dafür zu hoch, das bleiben oft außen vor. Junge Unternehmerinnen mobile Internet aber gut geeignet.“ ­wollen das ändern #dw_gmf dw.com/p/1J6c6 Seit ihrer Gründung 1995 ist die Multimedia Group auf stetigem Expansionskurs in West- und Zentralafrika. Unter der Leitung von Santokh Singh, einem Branchenveteran mit mehr als 20 Jahren Er- #dw_gmf Wie kann der Einzelne politischen Ein- fahrung im afrikanischen und asiatischen Markt, steigen Reichwei- fluss nehmen? Ein Film sucht Antworten und ten und Beliebtheit der Sender kontinuierlich. Seit 2009 ist die DW ­findet sie im Netz dw.com/p/1J5zi Teil dieser Erfolgsgeschichte – und die Zusammenarbeit soll nach Vorstellung beider Seiten ausgebaut werden. Nützlich könnte da ein #OpenSituationRoom: Studenten, Experten und besonders einflussreicher Freund der DW sein: Kwesi Twum, Besit- ­Diplomaten – Drei Stunden Zeit, ein Problem: Iran. zer der Multimedia Group, verkündete kürzlich, er habe früher mit DW-Reporter feilte mit dw.com/p/1J6wO Begeisterung die Bundesliga und „Der Alte“ im Fernsehen verfolgt – seinerzeit eine Sendung aus dem Portfolio der DW Transtel. Wer weiß – womöglich war unter den begeisterten Zuschauern Gezielte #Desinformation im Netz: Ingo @Mann- beim Hero Mobile in Accra ein Medientycoon von morgen. teufel und Naser Schruf decken auf @dw_russian @dw_arabic dw.com/p/1JLjN dw.com/localheroes multimediaghana.com

Deutsche Welle 25 Perspektive wechseln

deutschlandbild Text Ewald Scharfenberg, Journalist, Venezuela

Respekt vor dem offenen Diskurs

Er sagt von sich selbst, Venezolaner mit Leib und Seele zu sein, ja nahezu Anti-Germane. Ewald Scharfenberg blickt mit gesun- der, kritischer Distanz auf unser Land. Und ist doch beeindruckt vom Umgang der Deutschen mit Problemen. privat © ©

ls ich Deutschland zum ersten Humboldt im Vergleich zu Kolumbus als Mal besuchte, war ich bereits in „wissenschaftlichen Entdecker Amerikas“. A den Vierzigern. Deshalb hatte Diese Bezeichnung reichte aus, um in der ich nur eine grobe Vorstellung von Land kollektiven Wahrnehmung schon früh po- Ewald Scharfenberg und Leuten – voller Vorurteile, gespeist aus sitive Bilder vom Deutschen zu verankern. Erzählungen. Nicht einmal mein Vater, ge- Diese waren jedoch mit hohen Erwar- 1961 in Caracas, Venezuela, geboren, boren in Holstein und nach dem Krieg nach tungen verknüpft. Ich fühlte mich immer ist Journalist und Berater. Er ist derzeit Venezuela emigriert, machte für mich „das verpflichtet, die typischen Eigenschaften Korrespondent der spanischen Ta- Deutsche“ (be)greifbar. zu verkörpern, schon angesichts meines für geszeitung El País in seinem Heimat- Natürlich gab es in meinem Elternhaus spanische Muttersprachler unaussprech- land. Außerdem verantwortet er das Bratkartoffeln – meine einheimische Mut- lichen Namens. Besser gesagt: Zu meinem Online-Projekt armando.info, das in ter erlernte das Rezept. Und natürlich feu- Bedauern gab ich vor, das zu sein, was Lateinamerika die transnationale, in- erten wir bei Fußball-Weltmeisterschaften die anderen in mir zu sehen hofften – „zu vestigative Berichterstattung fördert. die deutsche Mannschaft an, dabei ist in meinem Bedauern“, weil mir bewusst war, Scharfenberg war für diverse Medien Venezuela Baseball der Nationalsport. Aber dass sie es nicht finden würden. in Venezuela tätig, von 1996 bis 2006 davon abgesehen, übernahm mein Vater im Ich bin Venezolaner – mit Leib und Seele, für „Reporter ohne Grenzen“. Im An- Laufe der drei Jahrzehnte, die er in Venezu- außen wie innen. Ich bin Latino, karibisch schluss daran war er bis 2012 Direk- ela verbrachte, vollständig die lateinameri- – also geradezu der Antipode eines Deut- tor des Instituto Prensa y Sociedad kanische Lebensweise. Er kehrte niemals in schen. Der spanische Autor Manuel Chaves (Institut für Presse und Gesellschaft) seine Heimat zurück und starb, als ich fünf- Nogales schrieb 1933 in Berlin über „diesen in Venezuela. Seit 2014 nimmt er als zehn war. grundlegenden Unterschied der Wahrneh- Jury-Mitglied am Latin American An- mung, den es fatalerweise zwischen einem nual Award for Investigative Repor- Kollektive Wahrnehmnung Latino und einem Germanen gibt“. ting teil. Derzeit arbeitet er an seinem ersten Sachbuch, einer Recherche über Seit Alexander von Humboldts Ankunft Vermeintliche Identität drei deutsche Wissenschaftler der SS, im Jahr 1799 hat sich bei Venezolanern im die sich nach dem Zweiten Weltkrieg Reigen der typisch deutschen Attribute – Es kam eine Zeit, in der ich ziemlich regelmä- in Venezuela wiedertrafen. Mitläufertum, Zuverlässigkeit, Fleiß – ein ßig nach Deutschland reiste. Anlässe waren weiterer Eindruck verfestigt: dass alle Deut- Veranstaltungen zu Journalismus-Themen armando.info schen gebildet seien. Unser Nationalheld und Pressefreiheit. Damals hatte ich mich Simón Bolívar, „der Befreier“, bezeichnete längst losgesagt von den Albernheiten, die

26 Weltzeit 3 | 2016 WDR © ©

„Eine ehrliche, lebhafte, offene und an Argumenten reiche Diskussion“: wie in Hart aber fair – via DW weltweit zu sehen

mir während meiner Kindheit und Jugend lingskrise. Das Echo der massiven Angriffe das Gefühl gegeben hatten, irgendwelchen, auf Frauen in der Kölner Silvesternacht war vermutlich nur eingebildeten Erwartungen noch nicht verhallt, und bei meinen Treffen ausgesetzt zu sein. Das war gut so, denn mit Menschenrechtsorganisationen wur- sonst hätte ich nicht die Aufnahmefähig- den die immer heftigeren Anschuldigungen arsten Rehder C arsten keit besessen, das vielfältige, multikuturelle der Rechtsextremen gegen die „Lügenpres- und überwiegend um ein gutes Miteinan- se“ voller Besorgnis diskutiert. der bemühte Deutschland, das ich persön- Es sind Keime des Misstrauens gegen die lich erlebt habe, wertzuschätzen. Diversität. Jedes einzelne Ereignis rechtsex-

tremer Tendenz ruft in den Deutschen Erin- alliance/ picture ©

nerungen an ihre Geschichte wach, an die © Missachtung demokratischer Strukturen »Polarisierung Mitte des vergangenen Jahrhunderts, die eine Tragödie mit globaler Tragweite aus- führt zu einem löste. Wettkampf des Organische Debatte

Murrens, des Meine überraschende Erkenntnis war, dass nichts von alledem die offene Debatte zu Unsinns, diesen Themen hemmte. Vielleicht führte „Keime des Misstrauens“ der Parolen.« man nicht unbedingt einen Dialog, aber man ließ nicht locker, alles dazu Gesagte aufzulisten, das Für und Wider, das mit zeugen und zu einer Abkehr von ihrer Sicht- Leidenschaft und Argumenten auf Pres- weise zu bewegen, zunichte. Sie entwickelt Zweifelsohne existiert in Deutschland sekonferenzen, in Talkshows, auf öffent- sich zu einem Wettkampf des Murrens, des weiterhin eine Aminosäurekette der Kul- lichen Plätzen Vorgetragene. Es erschien Unsinns, der Parolen. tur und des Zusammenlebens, die typisch mir nicht wie ein kalkulierter Vorgang, um In Deutschland habe ich, eine ehrliche, sind für das Land und verantwortlich da- die Medien zu füllen, vielmehr eine tiefge- lebhafte, offene und an Argumenten reiche für, dass das multikulturelle „Gebräu“ sich hende Berufung im Dienste der deutschen Diskussion zu den drängenden Problemen von dem Englands oder Kaliforniens oder Gesellschaft. Es schien mir eine organische und anstehenden Herausforderungen wahr- Frankreichs unterscheidet. Ich zähle die Un- Debatte zu sein, die bei den Menschen auf genommen. Ich fand, dass es keine Tabu- terschiede nicht auf, ich nehme sie kaum Interesse stieß. themen gab und dass – trotz der bekannten wahr. Ich bin kein Experte und laufe Gefahr, Als venezolanischer Journalist kenne ich deutschen Neigung zum Konsens – keine stereotypen Urteilen zu erliegen. die Polarisierung, die eine solche Debatte Einschränkungen zugunsten der politischen Auf meiner jüngsten Deutschland-Reise innerhalb der Gesellschaft auslöst. Die Ein- Korrektheit vorherrschten. All dies erschien besuchte ich diverse Medien – im Rahmen teilung in „Freund oder Feind“ macht sie mir gesund und beneidenswert. einer vom Auswärtigen Amt organisierten zunächst sinnfrei, anschließend macht sie Das ist das Bild von Deutschland, das ich Reihe. Es war auf dem Höhepunkt der Flücht- jegliche Möglichkeit, die anderen zu über- mir jetzt bewahren möchte.

Deutsche Welle 27 Publikum einbeziehen DW © ©

„Politische Satire ist verboten“: Bassem Youssef mit Moderator Jaafar Abdul Karim in Shababtalk – beim Fasten brechen

„Mein Präsident lügt doch nicht“

Ägypten hat mittlerweile sogar Angst vor auf die US-Präsidentschaft Donald Trump Text vera tellmann kleinen Kindern. Deshalb werden sie ver- nannte Youssef „niedlich“ im Vergleich zu Redakteurin haftet“, so Youssef. arabischen Diktatoren. Trump sollte den Eher als Aktivist denn als Satiriker be- Nahen Osten besuchen, um „von den Herr- antwortete der ausgebildete Arzt die Fra- schern dort zu lernen“. Der ägyptische Satiriker Bassem Youssef ge, welche Diagnose er für die arabischen Der Satiriker hielt auch Europa den Spie- nutzte seinen Besuch beim Global Media Länder stellen würde: „Der Patient lebt seit gel vor, kritisierte den Umgang mit autori- Forum in Bonn zu gewohnt bissigen Jahrzehnten mit diversen Krankheiten. Er tären Regimen: „Der Westen pocht auf die Spitzen an die Adresse der Machthaber in leidet unter Diktaturen, sozialem Druck Menschenrechte, unterstützt aber Regie- Kairo. Der im US-Exil lebende Youssef war und Konservatismus, die befreienden Ideen rungen, die die Menschenrechte verletzen. am Rande der Medienkonferenz zudem und Freigeistern im Wege stehen. Aber das Das ist Doppelmoral.“ Gast in der DW-Sendung Shababtalk. ist eine Phase, die wir überwinden wer- den.“ Davon zeigte sich Bassem Youssef im Neue Sendung in den USA „Das Recht auf Meinungsfreiheit Gespräch mit DW-Moderator Jaafar Abdul sollten wir abschaffen. Dann können Ty- Karim überzeugt. Vor zwei Jahren war Youssef noch aus sei- rannen wie Al-Sisi endlich in Ruhe ihren nem Heimatland Ägypten zum Global Job machen.“ Diese „Empfehlung“ gab der Europas Doppelmoral Media Forum angereist, dieses Mal kam er populäre TV-Satiriker den Teilnehmern des aus dem Exil. Nachdem seine Satireshow Global Media Forum. Bereits zum zweiten „Ich wünsche mir, dass mein Land ein „Al-Bernameg“ von einem ägyptischen Mal folgte der im US-Exil lebende Youssef Zivilstaat wird, der demokratische Wer- Sender Ende 2013 abgesetzt worden war, der Einladung der DW nach Bonn. Dort traf te und Menschenrechte respektiert“, so nahm die DW sie in ihr arabisches TV-Pro- er sich mit Journalisten und Menschen- der Exil-Satiriker. Sein größter Wunsch: gramm. Nach wenigen Monaten sah sich rechtsaktivisten. die Freilassung der vielen in Ägypten in- Youssef jedoch aus Sicherheitsgründen ge- Um die Pressefreiheit in seinem Land haftierten Jugendlichen. Youssef betonte, zwungen, die Produktion in Ägypten auf- sei es so gut bestellt wie nie zuvor, sagte er sei nur einer von vielen Künstlern und zugeben. 2015 zog er in die USA. Jetzt startet der 42-Jährige – und fügte an: „Das hat der kritischen TV-Stimmen, deren Formate er dort im Web-TV ein Comeback mit sei- ägyptische Präsident gesagt, es muss also in der arabischen Welt nicht mehr aus- ner neuen Polit-Sendung „The Democracy stimmen. Er lügt doch nicht, oder?“ Bei gestrahlt würden: „Politische Satire ist Handbook“. manchen Pointen blieb den Zuhörern das verboten. Die Qualität der Medien leidet Lachen im Halse stecken. „Das Regime in enorm.“ Den republikanischen Anwärter

28 Weltzeit 3 | 2016 position beziehen

Text Ute Schaeffer Leiterin Medienentwicklung, DW Akademie Die Macht der Kompetenz Impressum Die Informationskampagnen des Kreml zielen auch auf Deutschland als wichtige Öffentlichkeit in Europa. Wir kennen die ein- Deutsche Welle seitige Berichterstattung von Russia Today und wissen, dass hinter den Unternehmenskommunikation Nachrichten der Webagentur SPUTNIK die Propagandamaschine des 53110 Bonn Kreml steht. In Deutschland kommt in abgemilderter Form an, was der T 0228.429-2041 Kreml in den Nachbarländern Russlands mit vielen Millionen prakti- F 0228.429-2047 ziert: ein regelrechter Informationskrieg, in dem Medien und Journa- [email protected] listen instrumentalisiert werden – und (Des)Information zur Waffe dw.com/presse wird. Wenn die DW Akademie mit Journalisten, Medienunternehmen flickr.com/photos/deutschewelle oder Nutzern in diesen Ländern arbeitet, wird deutlich, welche Folgen issuu.com/deutsche-welle die massive Einflusspolitik des Kreml hat. Wie hier – in Georgien, Ar- facebook.com/dw.deutschewelle menien, Aserbaidschan, in der Ukraine oder der Republik Moldau – der .com/deutschewelle Informationskrieg wirkt. Es ist ein ungleicher Kampf: Finanzstarke Investoren aus Russland verantwortlich treffen auf wirtschaftlich und professionell schwache Medienmärkte Christoph Jumpelt und -produkte. In Georgien etwa konkurrieren rund 140 TV-Sender und 70 Radiosender, die meisten davon tragen sich wirtschaftlich nicht. In redaktion der Republik Moldau gibt es – für nur 3,5 Millionen Bewohner – 70 Fern- Berthold Stevens sehsender, 60 Radiostationen, 170 Zeitungen. GEstaltung »Im Krieg der Informationen Lisa Jansari, Alexandra Schottka klaren Kopf behalten.« Titelmotiv: © DW/M. Müller

Unabhängige Medien gibt es nicht, denn sie hängen von Oligarchen druck ab. Diese tragen ihre Machtkämpfe über die eigenen Medien aus. Das Köllen Druck, Bonn Vertrauen der Menschen in Politik und Medien ist auf einem Tiefstand. Moskauer Medien füllen das Vakuum mit prorussischen Informationen. Die Strategie zielt auf Destabilisierung: Die Glaubwürdigkeit staatlicher Institutionen und prowestlicher Politiker soll erschüttert, der Aufbau von Demokratien untergraben werden. Deshalb treibt Moskau Territori- alkonflikte an: in Südossetien, das sich von Georgien abgespalten hat, in Print kompensiert Id-Nr. 1657408 den abtrünnigen Donbass-Republiken, in der Ukraine oder in Transnis- www.bvdm-online.de trien. Mit demselben Ziel treibt Moskau (Des)informationskampagnen – mit kurzen Botschaften in moderner Verpackung. Das ist nicht schwie- rig, denn alle großen Minderheitengruppen in den Nachbarstaaten Anzeigen sprechen besser Russisch als die jeweiligen Amtssprachen. Sie alle nut- T 0228.429-2043 zen fast ausschließlich die frei empfangbaren russischen Programme. [email protected] Es ist ein nichtlinearer, hybrider Krieg zur Durchsetzung russischer Interessen – Medien spielen eine zentrale Rolle. Opfer in diesem Krieg Werbung im Programm sind Journalisten und unabhängige Medien. Und alle, die Medien nut- T 0228.429-2731 zen, die sich in diesem Dschungel der halben, parteiischen und unwah- [email protected] ren Botschaften zurechtfinden müssen. Hier setzt die DW Akademie an. Sie vermittelt Medienkompetenz. Wir bilden junge Menschen, zivilgesellschaftliche Organisationen, Leh- rer und Hochschulprofessoren weiter. „Media Literacy“ heißt, die rich- tigen Fragen zu stellen, mit Medien kritisch umzugehen: Wie kann man Meinung und Fakten trennen? Wie finde ich alternative Informationen? Das Menschenrecht auf Information zu stärken heißt für Osteuropa: Zi- vilgesellschaft, Mediennutzer und Medienprofis mit dem Rüstzeug aus- zustatten, um im Krieg der Informationen klaren Kopf zu behalten, das Wahre vom Unwahren zu unterscheiden, auf Recherche und Fakten zu setzen und diese richtig zu nutzen.

Deutsche Welle 29 welt anschauen DW/J. RöhlDW/J. © ©

„Ich mag es, Menschen mitzureißen“: Euromaxx-Moderator Carlos McConnie

30 Weltzeit 3 | 2016 Text Simone Heuer Täglich Lifestyle Gigante

Für zwei Wochen im Monat steht er jeden Tag vor der Kamera: Carlos McConnie mode- riert Euromaxx, das populäre Magazin der Deutschen Welle. Kultur- und Lifestyle aus Berlin. Auf Spanisch für Zuschauer in Lateinamerika, seiner Heimat. Und auf Englisch für ein weltweites Publikum.

otoshooting unter freiem Him- Entertainer zu mimen, immer gut gelaunt „Ich glaube, die DW ist mit ihren Pro- mel, im Hof der DW, in der Volta- – vor der Kamera? „Im Gegenteil: Es hat ei- grammen eine Bereicherung für den la- F straße in Berlin. Nach wenigen Mi- nen therapeutischen Effekt, Probleme auch teinamerikanischen Markt. Von der Auf- nuten gibt es zahlreiche gelungene Bilder. mal wegschieben zu müssen. Das gibt mir machung und auch von den Inhalten. Der Carlos McConnie steht oft vor der Kamera. ­Energie“, sagt McConnie. Medienmarkt in Lateinamerika ist immer In seiner Heimat Puerto Rico wie in ganz La- Die letzte große Show, die er als Ko- noch sehr geprägt von einer Kultur des ‚Ma- teinamerika ist er ein Star. Er moderierte die Moderator präsentierte: Sábado Gigante. chismo‘ – die gesellschaftliche Vielfalt wird größte Entertainmentshow im lateinameri- Die älteste und größte Unterhaltungsshow in den Medien häufig nicht abgebildet, La- kanischen Fernsehen, arbeitete als Model. Lateinamerikas. Der Name ist Programm. teinamerikaner mit dunklerer Hautfarbe Im Sozialen Netz hat er unzählige Fans. Da ist Europa sehr weit weg. sind in den Medien und Filmen unterreprä- Sucht man den DW-Moderator im Internet, „Der Fernsehmarkt in Lateinamerika sentiert und werden damit diskriminiert.“ springen einem viele Bilder entgegen: Mc- ist ein völlig anderer als der deutsche oder Außerdem gebe es wenig edukative Pro- Connie auf der Bühne, auf dem roten Teppich, europäische“, sagt McConnie. Es gehe viel gramme, Europa spiele kaum eine Rolle. Da- im Interview mit Shakira, mit Antonio Bande- mehr um Entertainment, um Boulevard, bei ist sich McConnie sicher: „Wenn wir den ras, immer umringt von schönen Frauen. um opulente Inszenierung. In Lateinameri- Menschen dort Europa nahebringen, dann Im Gespräch dann: ein ebenso herzlicher ka dominieren kommerzielle Medien. interessieren sie sich auch dafür.“ wie bodenständiger Mensch. Offen und läs- So war es schließlich auch bei ihm. Die sig, wie man sich jemanden vorstellt, der Vielfalt Europas, die Themen, die Euromaxx­ unter der karibischen Sonne aufgewachsen »Den Menschen ausmachen – Reisen, Kunst, Mode, Architek- ist. „Alles, was ich bin, was mich ausmacht, tur, Musik: jeden Tag aufs Neue spannend. habe ich in meiner Heimat Puerto Rico ge- Europa nahebringen, „Bisher war ich vor allem zum Arbeiten in lernt“, sagt er. Dort ist er aufgewachsen, hat dann interessieren sie Europa, aber ich freue mich darauf, endlich Business und Kommunikation studiert. mehr von Europa zu sehen.“ Oktoberfest in Moderator wurde er durch Zufall, weil er an- sich auch dafür.« München, Kölner Dom. Oder – ganz oben gesprochen wurde. auf seiner Liste: die griechischen Inseln. Da Das erste Casting war gleich ein Volltref- spricht wieder der Puerto Ricaner. fer. Aus einem Nebenjob bei MTV wurde Europa – was hat McConnie in Puerto Vielfalt, Weltoffenheit, Toleranz – diese bald ein Vollzeitjob. Mit Mitte zwanzig gab Rico davon mitbekommen? Wenig. Der Fo- Werte sind McConnie, der in Puerto Rico er seinen Beruf als Marketingmanager für kus von Lateinamerika liegt auf dem nord- streng katholisch erzogen wurde, wichtig. die Karriere als Moderator auf, tauschte Bu- amerikanischen Markt. Die USA zählen zu Werte, die auch Berlin lebt, die er an dieser siness-Outfit gegen bunte Sakkos. „Das kre- den wichtigsten externen Akteuren. Stadt so schätzt. Und Freiheit. In Kuba, Ve- ative Umfeld reizte mich weit mehr als der Zwei Mal war er in Europa, beim zweiten nezuela, Puerto Rico wird er auf der Straße graue Büroalltag als Sales Executive.“ Mitt- Mal hatte er sein Casting – bei der DW in Berlin. erkannt. „Hier habe ich meine Privatsphäre, lerweile ist er seit zehn Jahren im Showge- Carlos Delgado, Leiter der Spanisch-Redaktion, stehe nicht unter Beobachtung.“ Neulich schäft, hat große Shows und Realityformate hatte ihn eingeladen. Warum also Europa? wurde er aber doch zum ersten Mal in Berlin moderiert, in Puerto Rico und zuletzt auch Der Wechsel zur DW? „Ich hatte Lust auf etwas angesprochen – von einer Chilenin, die ihre in den USA. „Ich mag es, Menschen mitzu- Neues.“ Ein Jahr noch pendelte er alle zwei Wo- Tochter besuchte. „Sie kam in der U-Bahn reißen“, sagt der 34-Jährige. Und vor allem: chen zwischen seiner Show in Miami und Eu- auf mich zu und sagte, dass sie meine Shows „Ich kann authentisch, kann ich selbst sein.“ romaxx in Berlin. Vor sechs Monaten schließ- kennt.“ Gefreut hat er sich dann doch. Ist es nicht manchmal schwer, immer den lich zog er ganz nach Berlin. McConnie.com

Deutsche Welle 31 9.9. – 9.10.2016

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