TRANS[form]DANUBIEN Eine urbane Metamorphologie der Wiener Stadtplanung anhand der Entwicklungsdynamik Wiens links der Donau

TRANS[form]DANUBIEN Eine urbane Metamorphologie der Wiener Stadtplanung anhand der Entwicklungsdynamik Wiens links der Donau Abschlussbericht zum Forschungsprojekt

Verfasser*innen Johannes Suitner Astrid Krisch Florian Pühringer Department für Raumplanung © 2018

Eine Wissenschaftskooperation mit der MA 18 – Stadtentwicklung und Stadtplanung der Stadt

Dieses Forschungsprojekt wird durch eine Förderung der MA 7 – Kulturab- teilung der Stadt Wien ermöglicht.

Unser Dank gilt dem Projektbeirat von TRANS[form]DANUBIEN, bestehend aus Erich Raith, Werner Michael Schwarz, An- dreas Trisko und Andreas Weigl für die konstruktive inhaltliche Beratung, Rudolf Giffinger für die Unter- stützung bei Konzeption und Durchführung der Forschungsarbeit, den Mitarbeiter*innen der MA 21 für die unbürokratische Führung durch den Archivdschungel, sowie Peter Eigner, Mathis Falter, Johannes Gielge, Hubert Lehner, Walter Matznetter und Armin Oblin für den inspirierenden und kritischen Aus- tausch zum Thema. Ihr Bemühen hat wesentlich zum Gelingen dieses Projekts beigetragen.

INHALTSVERZEICHNIS

TRANS[form]DANUBIEN: Das Projekt ...... 1

Das Forschungskonzept ...... 5

Der Wiener Entwicklungspfad ...... 13

Wien. Eine Stadtplanungsgeschichte ...... 23

Stadtentwicklung & Stadtplanung links der Donau ...... 41

Urbane Metamorphologien links der Donau ...... 57

Wissensproduktion & Wissensvermittlung ...... 73

Schluss ...... 81

Literatur ...... 87

Abbildungsverzeichnis ...... 93

Verzeichnis der Fachgespräche ...... 95

Das Projekt

DAS FORSCHUNGSPROJEKT

≡ PROJEKTRAHMEN TRANS[form]DANUBIEN ist ein Forschungsprojekt des Depart- über eine digitale Ausstellung – die Projektwebsite lidovienna.at – bauliche Veränderung zwischen Krieg, Aufschwung, Krise und Re- ments für Raumplanung der TU Wien, das sich von August 2016 realisiert. Der vorliegende Bericht dokumentiert die Forschungser- Urbanisierung besonders eindrucksvoll. Auch die wechselnden bis Februar 2018 dem baulichen Wandel Transdanubiens, also gebnisse und den Prozess der digitalen Wissensvermittlung via Planungsideale der jüngeren Stadtgeschichte werden kaum Wien links der Donau, gewidmet hat. Das Projekt entsprang einer Website. woanders in der Stadt so gut sichtbar wie hier. Es ist zudem ein Wissenschaftskooperation zwischen dem Fachbereich Stadt- und Anliegen des Projekts, eines der bislang wenig beforschten Gebie- Regionalforschung der TU Wien (SRF) und der Stadtentwicklungs- te der Stadt genauer unter die Lupe zu nehmen, um der Bedeu- abteilung der Stadt Wien (MA18). Das Ansinnen der MA18, Ortho- ≡ URBANE METAMORPHOLOGIEN tung des Stadtteils Genüge zu tun. fotos zur digitalen Veranschaulichung und interaktiven Vermitt- Den Veränderungsprozess der Stadt als Teil eines gesellschaftspoli- lung von Stadtentwicklungsprozessen zu nutzen, wurde mit dem tischen, ökonomischen, technologischen und insbesondere eines wissenschaftlichen Anspruch des SRF, diesen Wandel in einen planerischen Wandels zu verstehen ist ein Ziel des Projekts und ≡ WARUM NICHT „TRANSDANUBIEN“? stadtentwicklungspolitischen und planungshistorischen Kontext zu findet Ausdruck im Untertitel. „Metamorphologie“ ist ein aus ande- Gelernte Wiener*innen erkennen in der Donau eine innere setzen, kombiniert. Die Förderung durch die Kulturabteilung der ren Disziplinen entlehnter Begriff, der einerseits in der Biologie die Grenze, die die Stadt in ein Cisdanubien (die „Altstadt“ am rechten Stadt Wien (MA7) hat schließlich eine Umsetzung im Rahmen entwicklungsgeschichtliche Veränderung eines lebendigen Orga- Donauufer) und ein Transdanubien (die Bezirke Floridsdorf und eines Forschungsprojekts an der TU Wien ermöglicht. nismus (hier: Stadt) nachzeichnet und andererseits in der Kunst- am linken Flussufer) teilt. Der Begriff Transdanubien theorie die temporale Veränderung bestimmter Muster (hier: die suggeriert aber, dass das „echte“ Wien am rechten Donauufer gebaute Stadt als Ausdruck bestimmter stadtplanerischer Idealvor- liegt und die auf der anderen Flussseite liegenden Bezirke gar ≡ PROJEKTZIELE stellungen) beschreibt (vgl. Goppold 1999). Im vorliegenden Fall nicht zur Stadt gehören. Das Projekt spricht deshalb gezielt von Das Projekt verfolgt zwei Ziele: Grundlagenforschung zu den Zu- beschreibt urbane Metamorphologie also den Anspruch den Wien links der Donau, weil es die Bedeutung des Stroms als histo- sammenhängen zwischen Stadtentwicklungspfad, Stadtplanung Transformationsprozess der Stadt Wien anhand der materialisier- rische Trennlinie in der Wiener Stadtentwicklungsgeschichte zwar und lokaler Transformation, sowie die interaktive Wissensvermitt- ten Strukturen und Artefakte, sprich der am Luftbild sichtbaren anerkennt, aber explizit darauf verweisen will, dass das „Othering“, lung urbaner Transformationsprozesse mithilfe digitaler Orthofo- Veränderung, zu lesen und zu explorieren. die Unterscheidung zwischen „Hier“ und „Dort“, nicht mehr adä- tos. Ersteres wird mittels theoriegeleitetem Forschungsansatz quat ist. Deshalb wird der Begriff Transdanubien höchstens aus erreicht, in dessen Zentrum die systematische Aufarbeitung der stilistischen Gründen – zur Vermeidung von Wortwiederholungen Wiener Stadtentwicklungs- und Stadtplanungsgeschichte und drei ≡ DEN WIENER NORDOSTEN IM BLICK – synonym für Nordosten der Stadt, Floridsdorf und Donaustadt, exemplarische Analysen lokaler Transformationsprozesse des Die Bezirke Floridsdorf und Donaustadt bilden gemeinsam eines oder Wien links der Donau verwendet. Wiener Nordostens stehen. Letzteres wird im Rahmen des Projekts der dynamischsten Gebiete Wiens. Links der Donau zeigt sich die

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Das Forschungskonzept

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„ Eine intensivere Auseinandersetzung […] müsste die – sich teilweise kontinuierlich, teilweise in Brüchen vollziehenden – Veränderungen im urbanen und räumlichen Wertsystem analysieren. Dies würde nicht nur zu einer wissen- schaftlich fundierteren Geschichte der Planung und ihrer langfris- tig wirksamen Ergebnisse beitragen, sondern auch eine bessere Abschätzung ihrer Weiterentwicklung ermöglichen.“

Gottfried Pirhofer & Kurt Stimmer (2007): „Pläne für Wien“, S.180

INFÜHRUNG ICH DEM BAULICHEN Noch nicht aufgelöst wird dabei der Unterschied zwischen Struk- gleich eine sehr wichtige.“ (Stadt Wien 2015) Als entsprechend E : S tur und Entwicklung als Untersuchungsdimension. Lange Zeit bedeutsam erweisen sich daher die anderen rahmenbildenden WANDEL DER STADT NÄHERN haben wissenschaftliche Erkenntnisse und Planungsentscheidun- Faktoren, die dazu führen, dass sich der Stadtraum um uns herum gen über den Raum auf eindimensionalen Bewertungen der verändert – in seiner Wahrnehmung, seiner Nutzung und, für TRANS[form]DANUBIEN versteht Stadtentwicklung sowohl als von räumlichen Struktur, quasi Analysen des Status Quo, beruht. Die dieses Projekt im Besonderen, seiner sichtbaren baulichen Gestalt. gewissen Vorbedingungen abhängige Veränderung der gebau- historische Bedingtheit dieses „Stands der Dinge“ wurde dabei Als wichtige derartige Faktoren werden folgende drei Dimensio- ten Umwelt, als auch als geistige Konstruktionsleistung auf gesell- weitgehend ignoriert. Folglich waren derartige Konzepte selten nen hervorgehoben (vgl. Abb. 1): von Erfolg gekrönt, sondern mussten sich im Gegenteil eingeste- schaftlicher und politischer Ebene, die diese bauliche Das herrschende politisch-ökonomische Regime mit seinen im hen, dass geschichts- und kontextblinde Planung stets weniger Veränderung mit Sinn erfüllt und den Wandel der Stadt damit jeweiligen territorialen und historischen Kontext spezifisch ausge- wirkmächtig sein würde als lokale Entwicklungspfade (vgl. Soren- beeinflusst. Im Sinn eines entwicklungstheoretisch fundierten prägten Marktmechanismen und Steuerungsansätzen, den cha- Raum- und Planungsverständnisses, das sich als kontextgebunden sen 2015). Entsprechend hat sich in Theorie und Praxis mittlerweile rakteristischen Regulations- und Akkumulationsweisen, sieht, bedarf es jedoch einer Einbettung des Prozesses baulicher die Auseinandersetzung sowohl mit Struktur, als auch mit Entwick- strukturellen territorialen Gegebenheiten und maßstabsübergrei- lung, mit Gestalt und Wandel, Raum und Zeit als ebenbürtige Veränderungen Wiens in den historischen Kontext der jeweiligen fenden Verflechtungen, sowie dessen Transformation (vgl. Jessop Dimensionen der Analyse und Entwicklung von Raum etabliert – Rahmenbedingungen – wirtschaftlich, gesellschaftlich, technolo- 1993 bzw. Novy 2011 mit explizitem Fokus auf Wien). gisch und planungspolitisch. Das erscheint für die Frage wichtig, sei es der Wandel städtischer Strukturen, die Veränderung von welche äußeren Einflüsse entscheidend für die Materialisierung Nutzungen und Nutzbarkeiten des Raums, die Reorganisation Die Sozioökonomie, d.h. die Gesellschaftsordnung und die spezifi- sichtbarer Stadttransformation sind und eine Rolle für die unter- funktionaler Beziehungen zwischen einzelnen Orten, oder auch schen soziokulturellen Veränderungen einer lokalen urbanen schiedliche Dynamik in der Umsetzung von Planungsvorhaben die stete Neuinterpretation immaterieller Bedeutungszuweisun- Gesellschaft über die Zeit – angefangen bei Bevölkerungsentwick- spielen. Dabei können sowohl Fragen der technischen Umsetz- gen. Sie alle müssen als Prozesse betrachtet werden, die sowohl lung und Migrationstendenzen, über Wohlstand und Haushalts- barkeit und der sozialen und ökonomischen Verträglichkeit in den auf der Besonderheit lokaler räumlich-struktureller, politisch- struktur, bis hin zu Lebensstilen und Bildungsstand, sowie deren Vordergrund treten, wie auch planungs- und gesellschaftspoliti- ökonomischer und gesellschaftlicher Bedingungen aufbauen, als räumlich unterschiedliche Ausprägung und Veränderung (vgl. u.a. sche Traditionen und Erwartungshaltungen, die prägend für den auch in Fortführung einer historischen Entwicklungslinie stehen. Albrechts & Mandelbaum 2005). entsprechenden Wiener Geschichtsabschnitt sind. Es sollen daher Zugleich spannend ist dabei, wann und wie Prozesse entstehen, Sozialer und technologischer Wandel im urbanen Umfeld, also auch weiterführende Einflussgrößen auf die Wiener Stadtentwick- denen es gelingt, mit diesen Struktur- und Entwicklungsbedin- Innovation im weitesten Sinn, sprich, die Entstehung und Etablie- lung und relevante Zusammenhänge zwischen Kontext und gungen zu brechen (vgl. Moulaert et al. 2016). rung neuer gesellschaftlicher Handlungs- und Verhaltensweisen und gesellschaftlicher Organisation, sowie die Einführung und Projekt verdeutlicht werden, die die Wichtigkeit von Stadtplanung TRANS[form]DANUBIEN greift diese Aspekte bei der Beschreibung Durchsetzung bestimmter Technologien im urbanen Alltag, wobei und die Wirkmächtigkeit dieser Faktoren kommunizieren. Das und Analyse des baulichen Wandels auf. Räumliche Gegebenhei- besonderes Augenmerk auf die Kombination technischer und zugrunde gelegte theoretische Konzept für diesen Zugang wird ten, bedingende Kontexte und lokale Entwicklungspfade werden sozialer Innovation zu legen ist (vgl. Fischer & Fröhlich 2001; im Folgenden genauer eingeführt. als Rahmen einer Auseinandersetzung mit dem Urbanisierungs- Zentrum für Soziale Innovation 2011). In der Tradition der Raumplanung ist die Kenntnis räumlicher prozess Wiens betrachtet und bilden die Grundlage der Untersu- Gegebenheiten und bedingender Entwicklungskontexte Grund- chung. Das Projekt verfolgt einen explorativen Ansatz, thematisiert lage fundierter Planungsentscheidungen. Ungeachtet divergie- also das Wechselspiel zwischen eindeutig sichtbaren urbanen render wissenschaftstheoretischer Positionen herrscht Einigkeit Phänomenen (hier: die bauliche Veränderung ausgewählter darüber, dass die Umsetzung raumrelevanter Entwicklungsziele transdanubischer Stadtgebiete) und den verborgenen Einflussfak- nur auf Basis raumsensibler Analysen erfolgen kann (vgl. etwa toren auf diese bauliche Veränderung. Die Stadtplanung und ihre Lendi 1988). Entsprechend zentral ist das Wissen um die Beschaf- normativen Entwicklungsvorstellungen sind darin von essentieller fenheit des Raums auch heute noch in problemzentrierten For- Bedeutung. TRANS[form]DANUBIEN interpretiert Planung daher schungs- und planungspraktischen Ansätzen. So wird versucht auch als Politikbereich, der aufgrund seines Instrumentariums, urbane Räume einerseits in ihrer Charakteristik und Wandlung zu seiner institutionellen Einbettung und Deutungshoheit über beschreiben (deskriptiv), andererseits auch die weniger offensicht- urbane Zukünfte als besonders wirkmächtig in Bezug auf den lichen Einflussgrößen „dahinter“ zu erkennen, um Erklärungsan- baulichen Wandel der Stadt einzustufen ist – insbesondere im sätze für diese Merkmale und ihre Veränderung abzuleiten Wiener Kontext (vgl. Csendes & Opll 2006; Pirhofer & Stimmer (explanativ). Beratende Forschung und Planungspraxis setzen 2007). Folglich ist „die Planung“ als Analysekategorie auch genau- darauf einen zusätzlichen Stein, indem sie – vordergründig wert- er unter die Lupe zu nehmen. Wie jedoch auch die Stadtplanung frei oder auch explizit politisch – erkannte Umstände den eigens selbst in ihrem Webauftritt deutlich macht, ist Planung eine wichti- formulierten Entwicklungszielen gegenüberstellen und daraus ge, aber sicherlich nicht die einzige Einflussgröße auf eine sich Konzepte für eine gezielte Veränderung räumlicher Strukturen verändernde Stadt: „In der öffentlichen Meinung und Wahrneh- oder räumlichen Handelns entwickeln (normativ). (vgl. Suitner & mung liegt häufig ein Kurzschluss zwischen Planung und realer Stadtentwicklung vor. Stadtentwicklung resultiert in Wirklichkeit Plank 2016) Abb. 1: Vereinfachtes Analysekonzept in TRANS[form]DANUBIEN aus verschiedenen Kräften. Planung ist nur eine von ihnen, wenn-

7 | Diese ersten Ausführungen münden in einem simplen 3-Ebenen- große Vielfalt und gleichzeitige Unüberblickbarkeit an Theorien. barer Aspekte wie Größe des Raums oder Anzahl von Objekten Modell: Die Basis bildet der zuvor erwähnte Entwicklungskontext, Breckner (2014) etwa fasst die vier in den deutschsprachigen „im Raum“ konzentrierte Sichtweise hat nicht nur zur Zeit ihrer der den Rahmen für jegliche Veränderung des Städtischen setzt. Planungswissenschaften aktuell vorherrschenden Auseinanderset- Entstehung großen Wert für die herrschende Klasse, um Kenntnis Darin entfaltet sich eine lokal spezifische Stadtplanung, die sich mit zungen mit Raum grob als materielle, soziale, symbolische und über die Verfasstheit ihrer Territorien zu erlangen. Auch heute Fortlauf der Entwicklung auch selbst einem Wandel unterzieht, regulative Dimension zusammen. Wie sie jedoch sogleich anführt, noch bauen räumliche Statistik (etwa zur Bevölkerungszählung was Ausdruck in einer distinktiven Planungsgeschichte findet. Erst ist eine derartige Zuspitzung immer auch eine Frage der planeri- nach Verwaltungsgebieten) und wesentliche Kenngrößen städti- dann folgt auf der dritten Ebene die bauliche Form – die Stadtge- schen Schule und disziplinären Herkunft der Raumwissenschaft- schen Raums (z.B. bauliche Dichte und GFZ) auf dem stalt – und ihre Veränderung über die Zeit. ler*innen selbst. Entsprechend versucht sich auch das theoretische Newton‘schen und Kant‘schen Konzept absoluten Raums auf. Die Verständnis dieses Projekts zwischen systematisch aufgearbeiteter Physis des Stadtraums im Sinne seiner faktischen baulichen Gestalt Natürlich bedarf dieses erste Modell einer deutlichen Ausdifferen- Raumtheorie, „Wiener Schule“ der Planung und spezifischen (z.B. der Straßenquerschnitt oder das Gebäude-Ensemble) wird zierung. So würde mit der momentanen Darstellung signalisiert, Anforderungen bezüglich des Forschungsobjekts einzuordnen. somit zur ersten und vordergründig wichtigsten Betrachtungs- dass jeglicher urbane Wandel durch eine lokale Planung zumin- Wenngleich TRANS[form]DANUBIEN mit Blick auf den baulichen ebene. Über die Zeit lässt sich in ihr der bauliche Wandel ablesen dest „vermittelt“, wenn nicht sogar explizit initiiert wird. Dies misst Wandel der Stadt die physisch-materielle Dimension in den Vor- und hinsichtlich visueller Merkmale wie Anzahl und Größe, An- jedoch, wie zuvor angedeutet, der Planung eine sicherlich zu dergrund rückt, dürfen eine Reihe anderer Aspekte hinsichtlich ordnung und Typologie beschreiben. einflussreiche Position in den komplexen und vielschichtigen ihres Einflusses auf Veränderungen der gebauten Umwelt nicht Entscheidungsprozessen städtischer Gesellschaften bei und igno- Das immaterielle funktionale Beziehungsgeflecht zwischen Orten ignoriert werden. Daher werden in Folge die vier raumtheoreti- riert gleichzeitig die direkte Einflussnahme anderer Politikbereiche und Objekten, das sich an Leibniz‘ relationalem Raumverständnis schen Betrachtungsebenen kurz eingeführt, die im Projekt als und Entwicklungskontexte. Ebenso bliebe in einer derartigen orientiert, stellt eine ebenso zu berücksichtigende Kategorie des Perspektiven auf den baulichen Wandel der Stadt herangezogen Konzeption jeglicher politische, wirtschaftliche und gesellschaftli- Raums dar. Relationen sind insofern besonders bedeutend, als sie werden müssen (vgl. Abb. 2). che Kontext eine abstrakte, unbeeinflussbare Größe. Daraus wür- sich etwa in technischen und Verkehrsinfrastrukturen auch bau- de folgen, dass sich Städte und ihre planungspolitischen lich manifestieren. So ist z.B. das Netzwerk an Schieneninfrastruktur Akteur*innen in all ihren Entwicklungsbestrebungen dem von baulich manifester Ausdruck von Beziehungen zwischen verschie- außen determinierten Rahmen nur unterordnen könnten. Endo- denen Orten und Knotenpunkten. Gleichzeitig umfasst diese gene Entwicklung, Krisenbewältigung oder Modelle alternativer Betrachtungsebene auch eine Reihe nicht-physischer Relationen Politik wären somit unmögliche Szenarien. wie etwa Pendlerbeziehungen und den Austausch von Gütern (vgl. Graham & Healey 1999). Ihr Einfluss auf den baulichen Wan- In diesem Sinn widmen sich die folgenden Ausführungen ausge- del bleibt jedoch uneingeschränkt relevant für die Analyse physi- wählten raum- und planungstheoretischen Überlegungen, an- scher Stadttransformation. Somit können stadtplanerisch zentrale hand derer eine differenziertere Betrachtung der Variablen Fragen bezüglich Distanz und Erreichbarkeit in einer eigenen „urbaner Wandel“ und „Stadtplanung“, sowie ihrer Interaktionen Dimension thematisiert werden, wenn es etwa darum geht, die möglich wird. Den Schluss bildet entsprechend eine komplexere Bedeutung von Beziehungen und Nicht-Beziehungen zwischen Darstellung des theoretischen Modells, das der Forschungsarbeit Orten der Stadt für planerische Entscheidungen nachzuvollziehen. zugrunde gelegt wird. Darüber hinaus erscheint auch die ebenso materielle Dimension sozialen Raums wichtig. Sie mag zwar von weniger offensichtlicher Relevanz für die Veränderung des physischen Stadtraums sein, RAUMTHEORIE: DIE UNTERSCHIEDLICHEN bildet jedoch seit den 1960ern in Planungswissenschaft und - praxis eine wertvolle Kategorie. Zum einen wird die seit mehr als DIMENSIONEN DES RAUMS ALS BASIS drei Jahrhunderten unangefochtene Denkweise eines „a priori“ gegebenen Raums zugunsten einer Vorstellung von Raum als Wenn von baulichem Wandel die Rede ist, wird Raum zur wesent- gesellschaftliches Produkt weitgehend aufgegeben. So setzt sich lichen Kategorie wissenschaftlicher Auseinandersetzung, der einer vermehrt die Vorstellung durch, dass erst das menschliche Tun ebenso differenzierten Betrachtung bedarf wie das weite Feld der Abb. 2: Raumtheoretisch abgeleitete Dimensionen städtischen Wandels Raum als in bestimmter Weise nutzbar festlegt und ihn zum mit Planung. Es ist also naheliegend, an dieser Stelle kurz auf die mit Sinn behafteten Ort macht. Damit in Verbindung wird zum ande- Ihren Ursprung nimmt die raumtheoretische Debatte mit der der Beschreibung und Theoretisierung von Raum in seinen unter- ren deutlich, dass soziale Bezugs- und Handlungsräume ebenso anbrechenden Moderne bei Newton, Kant und Leibniz. Raum schiedlichen Dimensionen besonders befasste Raumtheorie zu wie die Raumwahrnehmung individuell unterschiedlich, lebensstil- wird zum Objekt naturwissenschaftlicher Auseinandersetzung und verweisen. Eine Vielzahl an Urbanist*innen, Planungstheoreti- und identitätsabhängig sind. (vgl. Schmid 2008; Dangschat 2014) im mathematischen Sinn als dreidimensionaler „Container“ hin- ker*innen und anderen Sozial- und Geisteswissenschaftler*innen So kann ein- und derselbe öffentliche Platz in den Mental Maps der sichtlich der ihm eingeschriebenen Dinge untersucht. (vgl. Regen- befasst sich seit Langem intensiv mit dem Raum als wissenschafts- Bürger*innen ganz unterschiedlich assoziiert sein. Bestimmte bogen & Meyer 2013; Davoudi & Strange 2009) Diese, rein auf die und erkenntnistheoretische Kategorie (vgl. Günzel & Dünne Nutzungsmuster oder auch die Nicht-Nutzung von Raum kann physische Dimension sichtbarer und naturwissenschaftlich mess- 2013). Für die Planungswissenschaften ergibt sich daraus eine dabei mittel- bis langfristig eine (planungspolitisch induzierte)

| 8 bauliche Veränderung bewirken und somit auf den physischen den. Diese „Raum-Zeit“ erlaubt mehrere Dinge. Erstens wird es chen Dynamiken ermöglichen – eingebettet in ein differenziertes Stadtraum wirken. Räumliches Handeln, die Organisation von damit überhaupt erst möglich, Raum empirisch als einen Prozess raum- und planungstheoretisches Forschungskonzept – die Erklä- Gesellschaft unter speziellen räumlichen Bedingungen und zu beleuchten. Zweitens wird damit der zuvor angesprochenen rung des baulichen Wandels zu bestimmten Zeiten an bestimm- Raumwahrnehmung werden somit zu wichtigen Faktoren städti- historischen Bedingtheit heutiger Strukturen Rechnung getragen ten Orten der Stadt. Sie in Beziehung zu setzen mit einem schen Wandels (vgl. Schmid 2008; Kipfer 2008). Der soziale Raum und auf die Bedeutung der Vergangenheit für gegenwärtige mehrdimensionalen Modell von Planung ist der letzte Schritt in der bildet deshalb die dritte Ebene eines differenzierten Raumver- Zustände und potentielle künftige Entwicklungen hingewiesen. Vervollständigung der Gleichung, die das Theoriekonzept zu ständnisses in TRANS[form]DANUBIEN. Wenngleich sich diese Und drittens kann der Faktor Zeit als Erklärungsgrundlage für die TRANS[form]DANUBIEN bildet. Kategorie in Orthofotos nicht direkt widerspiegeln mag, so ist sie unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeiten von Stadt und im Hintergrund eine wesentliche Größe zur Vervollständigung des Raum dienen. Narrativs historischer Urbanisierungs- und Transformationsprozes- Crang (2008) spricht in diesem Zusammenhang etwa von Times- se und ein möglicher Erklärungsansatz für persistente und tran- capes, die aus Zeit, Raum und Materie bestehen und damit sowohl PLANUNGSTHEORIE: EINE DIFFERENZIERTE siente bauliche Strukturen der Stadt. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im gleichen Augenblick BETRACHTUNG RÄUMLICHER PLANUNG Schließlich muss die politische Dimension des Raums eingeführt und anhand des gleichen Raumausschnitts oder Artefakts abbil- werden. In ihr vereint sich nicht nur die Summe an Ge- und Ver- den (vgl. Abb. 3). Damit wird noch mehr als zuvor das prozesshaf- Erste gedankliche Assoziationen zu räumlicher Planung mögen boten der Raumnutzung, die innerhalb wie auch außerhalb der te Verständnis von Raum als Ausdruck unterschiedlicher abstrakter oder sehr konkreter Natur sein. Die Einen haben Defini- Planung liegen können (etwa Eigentums- und Verwertungsrechte Entwicklungsdynamiken in unseren Städten verdeutlicht. tionen im Sinn, etwa dass Planung ein Politikbereich ist, dessen an Grund und Boden, Hoheitsgebiete und Grenzziehungen), Ansinnen in der räumlichen Ordnung gesellschaftlicher Entwick- sondern auch der (öffentliche) Diskurs um den Raum, die darin lung unter Einhaltung gesetzlicher und demokratischer Grundre- erzeugten „Raumbilder“, also Symboliken und Images, und die geln liegt. Die Anderen denken womöglich an einen realen diversen Bedeutungszuweisungen (vgl. Suitner 2015a, 2017). Sie Planungsprozess, etwa die Masterplanung zur Seestadt Aspern, alle sind insofern wirkmächtig, als sie auf die soziale Dimension den Beteiligungsprozess zum Entwicklungsgebiet Donaufeld, oder sehr direkt wirken können (etwa durch die stetige Erzählung von den Diskussionsprozess in Vorbereitung des STEP 2025. Diese „guten“ und „schlechten“ Stadtvierteln und die dadurch hervorge- Gedanken sind Ausschnitt einer sehr vielfältigen und nicht endgül- rufene Stigmatisierung von Bewohner*innen) und auf lange Sicht tig festzulegenden Definition von Planung. Gründe dafür liegen Einfluss auf die bauliche Dimension der Stadt haben können einerseits in der Menge an wissenschaftstheoretisch und ideolo- (ebd.). Die politische Dimension des Raums ist auch jene, die in der gisch unterschiedlich fundierten Haltungen bezüglich Aufgabe unmittelbarsten Beziehung zur Planung steht – an der sich Raum- und Ziel räumlicher Planung (vgl. Suitner & Plank 2016), im lokal entwicklung und Stadtplanung überschneiden – zumal Letztere ja spezifischen Kontext distinktiver Planungskulturen (vgl. Othengra- selbst durch Nutzungskonzepte, räumliche Leitbilder, Zukunftsvisi- fen 2012), sowie der Tatsache, dass sich Planung mit den gesell- onen und Strategien Bedeutungszuweisungen vornimmt (vgl. schaftlichen Herausforderungen verändert (vgl. Schneider 1997). Helbrecht 1993; Schneider 1997). Der Anspruch der Planung, Trotzdem ist eine fixierte Arbeitsdefinition für die Analyse von damit einem öffentlichen Interesse Ausdruck zu verleihen und Teil Planung im Kontext der Wiener Stadtentwicklung nötig. Wenden eines demokratisch legitimierten Steuerungsprozesses zu sein, gilt wir uns den Planungstheoretiker*innen zu, die sich mit dem jedoch für die machtdurchzogene und interessensgeleitete Di- Wesen der Disziplin in Theorie und Praxis auseinandersetzen, mension politischen Raums nicht zwingend (vgl. Glasze & Wull- lassen sich zentrale Aspekte für eine Beschreibung und Analyse weber 2014). Als Kategorie zur Beschreibung stadträumlicher der Stadtplanung herausdestillieren. Veränderung ist sie jedenfalls unumgänglich. Nach Lendi (1988) ist Raumplanung eine öffentliche, an gesetzli- Damit sind die vier Dimensionen städtischen Wandels – physisch, che Rahmenbedingungen gebundene Aufgabe, die mittels (teils funktional, sozial, politisch – komplettiert. Wie eingangs erläutert, ist rechtlich) festgelegter Instrumente politische Entscheidungen darin die Dualität von Struktur und Entwicklung jedoch noch nicht vorbereitet. Sie tut dies auf Basis konkreter räumlicher Problembe- explizit unterschieden. Die vier Betrachtungsebenen des Raums, so Abb. 3: Relationaler Raum nach Harvey (1990), Crang (2008) funde, die – fachspezifisch oder an der Schnittstelle verschiedener ist es schon angeklungen, sind als gesellschaftlicher Prozess zu Dieses sogenannte „relationale“ Verständnis von Raum erlaubt es Fachmaterien – von Planungsexpert*innen erkannt, beschrieben, verstehen. Räume sind nicht mehr statische Container, sondern mit uns, ein- und dieselbe Stadt als eine Summe von sich überlagern- analysiert und bewertet werden. Auf dieser Basis entstehen Bedeutung erfüllte, historisch, kulturell und politisch aufgeladene den Teilsystemen zu verstehen, die sich unter jeweils unterschiedli- schließlich planerische Aussagen. Damit ist Planung sowohl wis- Orte, deren Konstitution, Wahrnehmung und Veränderung erst senschaftlich fundierte Tätigkeit, Teil des politischen Prozesses, als durch soziales Handeln und Interagieren entsteht (vgl. Soja 2008; chen raumzeitlichen Bedingungen entwickeln. Manche sind verstetigt, andere agil oder flüchtig. So lassen sich im urbanen auch institutionalisiertes gesellschaftliches Anliegen. Cresswell 2004). Entsprechend muss einer Aufarbeitung des Raum träge von dynamischen Wandlungsprozessen unterschei- stadtplanerischen Einflusses auf die bauliche Veränderung der Aus einer anderen Perspektive beleuchtet Yiftachel (1989) das den, persistente von transienten Strukturen. Diese unterschiedli- Stadt die zeitliche Dimension als Komponente hinzugefügt wer- Thema, wenn er historisch unterschiedliche Typologien von Stadt-

9 | planung untersucht. So gibt es seiner Auffassung nach drei zentra- wissenschaftlichen Methoden der Wissensproduktion gearbeitet Planung aufgrund politischer, gesellschaftlicher, ökonomischer, le Debatten in der Planungstheorie, anhand derer sich Planungs- wird. Denn eine rechtsverbindliche Änderung des Flächenwid- etc. Bedingungen, oder aber ihre Beständigkeit gegenüber eben- verständnisse unterscheiden lassen: Erstens: Was ist Planung und mungsplans einer Industriebrache in Bauland - Wohngebiet hat diesen Bedingungen zu erklären (vgl. Sorensen 2015). welche Rolle sollte sie in der Gesellschaft einnehmen? Er nennt verständlicherweise andere Implikationen als eine offene Diskussi- diese die analytische Debatte, nach der sich Planungsphilosophien onsveranstaltung zur Umnutzung ebendieser Fläche. Damit in u.a. in marxistische und pluralistische Sichtweisen teilen. Zweitens: enger Verbindung steht die Frage nach den handelnden Ak- Was ist ein guter Plan? Was sollten vorrangige Planungsziele sein teur*innen („Wer?“). Dabei werden Fragen der Inklusion und und welche Stadtmodelle werden infolgedessen favorisiert? Diese Exklusion bestimmter Individuen und sozialer Gruppen in den Debatte, die stadtgestalterische, umfasst das Gegensatzpaar Stadt- Prozess und die Machtungleichgewichte zwischen Akteur*innen erweiterung und Stadterneuerung ebenso wie das per se nicht- zum Fokus der Betrachtung. Darüber wird auch verdeutlicht, räumliche Nachhaltigkeitsziel. Und drittens: Wie sollte ein idealer inwieweit Planung dem Ideal eines demokratischen, gleichberech- Planungsprozess aussehen und welcher Ansatz erlaubt dessen tigten Prozesses und der Verpflichtung gegenüber einem öffentli- Implementierung am ehesten? Die damit implizierte prozessuale chen Interesse gleichkommt. Zuletzt ist die bereits im Rahmen der Debatte unterscheidet entsprechend zwischen systemischen oder Raumtheorie angeklungene Frage nach der zeitlichen Komponen- inkrementellen, kommunikativen oder pragmatischen Planungsan- te von Interesse („Wann?“), wobei hier insbesondere nach Dauer sätzen und komplettiert die typologische Unterscheidung. und Dynamik, Wiederholungen und Brüchen im Prozess gesucht wird. Diese erlauben ein umfassendes Verständnis einflussreicher In jüngeren Jahren wird – auch zwecks leichterer Vermittelbarkeit Faktoren auf den planerischen Prozess bzw. die Veränderung der der Materie – vermehrt der Versuch unternommen Planung Planung als solche. anhand der allseits bekannten 5-W-Fragen theoretisch zu zerle- gen: Was, Wie, Warum, Wer und Wann sind die Fragestellungen, In letzter Zeit erfahren vor allem institutionalistische Ansätze in der die bereits zur exakten Beschreibung planerischer Projekte und Planungstheorie einen Aufschwung – nicht zuletzt, da die Ge- Maßnahmen sowie der Entscheidungsprozesse auf dem Weg schichte der Planung an sich gerne als eine Geschichte der Institu- dorthin genügen (vgl. Dobrucka 2016; Weber & Crane 2012). Bei tionenbildung, der Verfestigung von Organisationsformen, Weber & Crane (2012) etwa bildet sich diese Differenzierung im Entscheidungsmechanismen und Spielregeln der Raumentwick- Aufbau ihres Lehrbuchs zur Stadtplanung ab. So muss für die lung gesehen wird (vgl. Sorensen 2015). Derartige Ansätze gehen beiden am Beginn die Frage nach dem Sinn und Zweck von davon aus, dass die Konstitution eines lokalen Planungssystems – Abb. 4: Planungstheoretisch abgeleitete Dimensionen lokaler Planung Planung und ihrer gesellschaftlichen Einbettung oder Institutionali- seine Einbettung in das politische System, seine innere Struktur, die sierung stehen („Warum?“). Darüber erschließt sich nicht nur, wie Instrumente und Abläufe – Ausdruck der Wert- und Zielvorstel- Dieser Vielfalt an Perspektiven auf Planung trägt im Besonderen Planung organisiert ist, sondern auch was de facto im rechtsstaat- lungen einer Gesellschaft in Bezug auf räumliche Ordnung und die von Moulaert et al. (2016) eingeführte ASID-Methodologie lichen Rahmen planbar ist und welche Zielsetzungen aus Sicht Entwicklung sind. Servillo & van den Broeck (2012) zum Beispiel Rechnung. Mit der Frage, welche Faktoren Einfluss auf Stadt- und von Politik und Gesellschaft offenkundig von hoher Bedeutung entwickeln aus dieser Perspektive einen Ansatz, mit dem sich Regionalentwicklung nehmen, entwickeln sie einen vierdimensio- sind. Dahinter steht ein Wertegerüst, das oft nur implizit lesbar, für Veränderungen im Planungssystem aus dem Handeln lokaler nalen Erklärungsansatz: Agency, Structure, Institutions, Discourse die lokale Ausformung von Planung jedoch prägend ist. Nachhal- Akteur*innen, dem öffentlichen, planungspolitischen Diskurs, oder (ASID). Die Autoren liefern damit ebenfalls einen Ansatz zur Analy- tigkeit, Gerechtigkeit, Resilienz, Vielfalt, oder Effizienz sind nur dem strukturellen Machtgefüge einer Gesellschaft erklären lassen. se raumzeitlicher Dynamiken, erweitern die üblicherweise in einige der vielen allgemeinen Planungsziele und Werthaltungen, Entsprechend wäre beispielsweise die Neugründung einer Ver- diesem Zusammenhang zur Anwendung gebrachte Struktur- die dabei von Bedeutung sein können. Bereits danach ist das waltungseinheit zur Umsetzung einer Smart City Strategie kein Handlung-Dualität jedoch um historisch informierte Institutionali- Objekt der Planung von Interesse („Was?“). Geht es um ein auf zufälliges Ereignis, sondern eine Institutionalisierung gesellschaftli- sierungen und die daraus resultierenden Pfadabhängigkeiten der eine Bauparzelle begrenztes Wohnbauprojekt oder einen Master- cher Werte und Ziele und somit ein Indiz für eine Veränderung Entwicklung, sowie die Diskursebene der Bedeutungskonstruktion plan zur Quartiersentwicklung? Beschränkt sich die Planung auf dieser Wert- und Zielvorstellungen, die es zu untersuchen gälte. und daraus entstehende hegemoniale Narrative, Imaginierungen einen Politikbereich – etwa Verkehrsinfrastruktur – oder steht sie Die Autoren erklären außerdem, dass lokale Planungssysteme und Wissensordnungen (ebd.). Umgelegt auf eine Analyse lokaler an der Schnittstelle zwischen beispielsweise Gesundheitspolitik immer Teil einer komplexen sozio-politischen Umwelt sind. Diese Planung gelingt es damit sowohl im Sinne einer kritisch- und Altersvorsorge, Sozialinfrastrukturentwicklung und Standort- Aussage stützt nicht nur die grundlegende Vorstellung innerhalb realistischen Ontologie faktische Strukturmerkmale räumlicher planung? Lange Zeit wurde in enger Verbindung damit die Frage dieses Forschungsprojekts, sondern hebt hervor, dass Planungssys- Entwicklung, als auch handlungstheoretisch fundierte Prozesse nach dem Prozess, dem Ablauf dieser Planung, betrachtet. teme, also die institutionelle Ordnung von Planung, eine eigene individuellen und kollektiven raum-politischen Agierens, die institu- Dobrucka (2016) hingegen vertritt sehr überzeugend den Stand- Untersuchungskategorie darstellen sollten (ebd.). Besonders tionalistische Perspektive der organisationellen Verfestigung oder punkt, dass diese getrennt zu behandeln sind. Damit wird der relevant erscheint der historisch-institutionalistische Ansatz. Im Neuordnung auf Basis von Wert- und Zielvorstellungen, sowie Ablauf des Planungsprozesses – der Weg zum Ziel – zur eigenen Zentrum dieser Spielart steht die Frage nach Kontinuitäten und den raumpolitischen Diskurs als Regulations- und Akkumulations- Betrachtungsebene („Wie?“). Die grundlegende Frage in diesem Brüchen in der institutionellen Ordnung. Historisch eingeschlage- instrument in den Blick zu nehmen. Die vier Dimensionen sind in Zusammenhang ist, ob es sich um formalisierte oder informelle ne Pfade und kritische Punkte der Entwicklung stellen hierfür Abb. 4 dargestellt und wie folgt zu verstehen: Entscheidungsprozesse handelt und mit welchen planerisch- wichtige Analysebausteine dar. Ziel ist es, die Veränderung der

| 10 Strukturebene: Umfasst die Rahmenbedingungen der Raument- Imaginierungen von Urbanität und Stadtzukunft. Gleichzeitig sind Institutionen- und Diskursebene analysiert werden, (3) zwischen wicklung, d.h. im Kontext der Planung: Räumliche Gegebenheiten davon oft unabhängige fortlaufende Diskurse, beispielsweise in kontextuellen Entwicklungsfaktoren (Makro) und lokalen Trans- und räumlicher Wandel, die Ausprägung des Urbanisierungspro- Fachzeitschriften oder wegweisenden Leitlinien, punktuell mitein- formationsprozessen (Mikro) unterschieden werden, und (4) der zesses, das vorherrschende politökonomische Regime mit seinen zubeziehen. wechselseitige Einfluss ebendieser Aspekte aufeinander in den Akkumulations- und Regulationsmechanismen, in dem Planung Blick genommen werden. agiert, die gesellschaftliche Ordnung des „zu beplanenden“ Terri- Gerade Letzteres erscheint wichtig, um einer lokalen Planung als toriums und den Einfluss des sozio-technischen Wandels auf „intermediäre Akteurin“ zwischen Gesellschaftswandel und stadt- Planungsobjekte und die Planung selbst. Aspekte wie die geopoli- URBANE METAMORPHOLOGIE: ZWISCHEN räumlicher Entwicklung keine zu hohe Bedeutung beizumessen. tische Lage, Phänomene wie Entgrenzung, Internationalisierung Entscheidend ist, dass baulich-räumliche Veränderungen nämlich und Globalisierung, die Bevölkerungs- und Siedlungsentwicklung, STADTPLANUNG UND STADTENTWICKLUNG nicht zwingend über eine lokale Planung verhandelt werden sowie politisches System, Wohlstandsniveau und -entwicklung, müssen, sondern jedenfalls auch abseits dieser durch planungsex- gesellschaftliche Vielfalt und Ungleichheit sind nur einige der auf In Anlehnung an das einführende Zitat und die Tatsache, dass die terne Faktoren bedingt sein können. Diese im konkreten Fall dieser Ebene potentiell relevanten Faktoren. Wirkweise und Wirksamkeit von Planung eine zeitlose planungs- zumindest andeutungsweise zu erkennen, ist eine der Zielsetzun- wissenschaftliche Fragestellung ist, versucht das Forschungsprojekt Institutionenebene: Beschreibt verfestigte planungspolitische Wert- gen des Projekts. So zeigt Abb. 5, dass im theoretischen Modell TRANS[form]DANUBIEN das Wechselspiel zwischen Stadtplanung und Zielvorstellungen, die sich in der Einbettung der Planung jede Kombination an Wechselwirkungen zwischen Stadtentwick- und Stadtentwicklung in den Blick zu nehmen. Eine theoretisch zwischen Staat, Markt und Zivilgesellschaft, den formellen und lungspfad, Stadtplanung und städtischem Wandel möglich sein fundierte Differenzierung der dafür zentralen Konzepte „städti- informellen Regeln des Planens, sowie den harten und weichen kann. De facto ist aber davon auszugehen, dass die intermediäre scher Wandel“ und „räumliche Planung“ wurde unternommen Instrumenten, die der Planung in ihrem Wirkungsbereich oblie- Ebene der lokalen Aushandlung im planungspolitischen Prozess und kann als Basis der empirischen Analyse herangezogen wer- gen, widerspiegeln. Darunter ist neben dem Instrumentarium der manches Mal „übersprungen“ wird und kontextuelle Veränderun- den. Erst die Erweiterung um die Dimension der Zeit als Faktor der Bodenordnung und Entwicklungsplanung, den vielfältigen Plä- gen und Rahmensetzungen direkt auf den stadträumlichen Ent- Veränderung und die Differenzierung der Analysedimensionen in nen, Leitbildern und Strategien, auch die der Planung zugeteilte wicklungsprozess wirken, ohne dass eine formale Planung darauf einem Mehr-Ebenen-Konzept zeichnen aber ein vollständiges Kompetenz, ihre Einbettung in lokale Verwaltungsstrukturen, Einfluss haben könnte. Ebenso scheint das Eindringen rahmenge- theoretisches Modell, wie es dem Forschungskonzept in diesem deren innere Logik und die vielfältigen, wenngleich wenig explizi- bender Einflussfaktoren bspw. auf die diskursive Ebene der Pla- Projekt zugrunde gelegt wird. ten „rules of the game“ innerhalb des Planungssystems zu sub- nung möglich, ohne dass diese Planungsdiskurse letztlich summieren. So kann (1) die Persistenz/Transienz stadträumlicher Strukturen aus stadträumlich wirksam werden. Welcher Weg hierbei beschritten Handlungsebene: Umfasst individuelle und/oder kollektive Ak- der Betrachtung der vier Raumdimensionen (Physischer Raum, wird, ist eine wesentliche und sehr grundsätzliche Frage der teur*innen des Planungsprozesses, zentrale (meist politische) Funktionaler Raum, Sozialer Raum, Politischer Raum) und ihrer Planungswissenschaften, der versucht wird in diesem Projekt Leitfiguren, die den planungspolitischen Prozess beeinflussen, die Veränderung beschrieben werden, (2) das Feld räumlicher Pla- explorativ und exemplarisch nachzugehen. Konstitution des Planungsprozesses (formalisiert vs. informell) und nung hinsichtlich Kontinuitäten/Übergängen/Brüchen in Akteurs-, sein tatsächlicher Ablauf, spezifische Prozeduren und Praktiken innerhalb dieses Prozesses, sowie explizite Entscheidungen, die nicht im institutionalisierten Planungssystem zu verorten sind. Die breite Teilhabe des Akteur*innenspektrums, der Einfluss etwa von zivilgesellschaftlichen Gruppen und NGOs auf Planungsprozesse, die Rolle von mit besonderer Entscheidungsmacht ausgestatteten Personen in Leitungsfunktionen und die Bildung bestimmter Koalitionen fallen dieser Analyseebene zu. Diskursebene: Beinhaltet sowohl den planungspolitischen Diskurs, der räumliche Bedeutungszuweisungen tätigt und in Leitbildern und Plänen, Strategien und Utopien Vorstellungen von Stadt, Raum und gesellschaftlicher Entwicklung formuliert, als auch die hegemonialen Planning Imaginaries, die für das dominante Pla- nungsverständnis hinsichtlich Planbarkeit, Verantwortlichkeit, Regulation, Akkumulation und unhinterfragter Planungsziele stehen. Somit sind insbesondere die konzertierten Stadtentwick- lungsstrategien in den Fokus zu rücken, da in ihnen derartige Bedeutungskonstruktionen und Planning Imaginaries in besonde- rer Weise münden: legitimierende Argumente für/gegen Planung, Raumbilder und Hierarchisierungen von Raum und Gesellschaft, Abb. 5: Theoriebasiertes Mehr-Ebenen-Modell urbaner Metamorphologien in TRANS[form]DANUBIEN

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Der Wiener Entwicklungspfad

13 | TADTENTWICKLUNGSGESCHICHTE detailreiche Studie von Bobek & Lichtenberger (1978) zur Stadt- der ersten Wiener Bauordnung auch der Anbeginn der institutio- S : baugeschichte Wiens seit dem 19. Jahrhundert, die in ihrer Erstfas- nalisierten Stadtplanung in Wien im Sinne der Bodenordnung EIN WEITES LAND sung 1966 eine neue Dimension stadtplanerischer und anzusetzen. Beide Stränge sind in dieser weit zurückreichenden städtebaulicher Analyse eröffnet. Und Fassmann et al. (2009) Historie jedoch nur Basis für die detaillierte Auseinandersetzung Wien erweist sich bereits bei einer nur oberflächlichen Recherche widmen sich dem Wechselspiel von Stadtstruktur und Stadtgesell- mit dem baulichen Wandel der Stadt ab 1938, wie er durch die als eine historisch gut aufgearbeitete Stadt. Die unzähligen Studien schaft und schaffen aus dem historischen Pfad eine vielgestaltige erste flächendeckende Senkrechtluftaufnahme des Wiener Stadt- zur Bedeutung und Entwicklung Wiens als mittelalterliche und Erzählung zum Status Quo der Wiener Stadtentwicklung am gebiets und die vielen periodisch folgenden Luftbildaufnahmen industrielle Stadt, als Zentrum der Habsburgischen Monarchie, Anfang des 21. Jahrhunderts. dokumentiert ist. Diese Orthofotos erlauben eine Beschreibung des baulichen Wandels der letzten 80 Jahre und seine Analyse im seine Stellung, Degradierung und teilweise Zerstörung im Natio- Die Erzählung über die historische Wiener Stadtentwicklung kann Dialog mit der lokalen Planung (vgl. Abb. 6). nalsozialismus oder seine mehrdimensionale Transformation in in Abhängigkeit vom gewählten Fokus von unterschiedlichen den 1960er- und 70er-Jahren ergeben das Bild eines schier un- Seiten begonnen werden. In jedem Fall erscheint der politische überblickbaren Diskurses zum Entwicklungspfad der Bundes- Rahmen von Staat und Herrschaft, also das die Ordnung von hauptstadt. Sehr schnell lassen sich nicht nur themen-, epochen- Wirtschaft und Gesellschaft bestimmende Regime als übergeord- oder personenspezifische Abhandlungen, sondern auch eine neter Kontext der Stadtentwicklung maßgeblich, weshalb mit Reihe umfassender Standard- und Nachschlagewerke zur Stadtge- einem Blick auf Wien als politökonomische Kategorie begonnen schichte finden. Während jedoch die politische Historie, die Wirt- wird. Infolgedessen werden demografische und gesellschaftliche schafts-, Sozial- und Kulturgeschichte Wiens sehr umfassend Entwicklungen und Ereignisse beschrieben, die für die Konstitution dokumentiert sind, beschränkt sich das Oeuvre explizit der Urbani- der Stadtgesellschaft und Wien als sozioökonomische Kategorie sierung, Stadtbaugeschichte und Stadtplanung zugewandten prägend waren. Auf dieser Basis wird schließlich der physische Studien auf eine vergleichsweise überschaubare Zahl. Diese Wer- und funktionale Wandel der Stadt beschrieben, womit den Aspek- ke sind zu zentralen Quellen der sekundärliteraturbasierten Aufar- ten bauliche Umwelt, Nutzung und Vernetzung, also der Stadt als beitung der Stadtentwicklungsgeschichte im Projekt geworden. morphologische Kategorie, Rechnung getragen wird. Diese Rah- Sie bilden daher auch die Basis des folgenden Texts und sollen an mung darf keinesfalls als vollständige geschichtliche Aufarbeitung dieser Stelle kurz gesondert Erwähnung finden. Abb. 6: Zeitlicher Analysefokus je Beobachtungsebene verstanden werden, sondern dient vielmehr einer Kontextualisie- Allen voran sei hier auf den dritten Band der von Csendes & Opll rung der Historie von Planung und Urbanisierung in Wien, sodass (2006) herausgegebenen Wien-Reihe verwiesen, die sehr detail- sich schließlich Kontinuitäten und Brüche, Phasen der Stabilität liert die historische Stadtentwicklung ab 1790 darlegt. Wenngleich und besonderer Dynamik besser erkennen und verstehen lassen. WIEN ALS POLITÖKONOMISCHE die Planung darin nur eine untergeordnete Rolle spielt, wird der Auch die Frage nach dem Anfang der Erzählung will überlegt KATEGORIE: VOLKSWIRTSCHAFT, stadthistorische Entwicklungspfad in unvergleichlicher Weise sein. Der zu Projektbeginn pragmatisch gewählte Startpunkt im nachgezeichnet. Band 1 der Wiener Umweltstudien mit dem Titel Jahr 1938 ist der Datierung des ersten verfügbaren Orthofotos STADTPOLITIK, REGIMETRANSFORMATION „Umwelt Stadt“ (vgl. Brunner & Schneider 2005) fasst in einer von Wien geschuldet und bietet sich insofern besonders an, als Vielzahl an Kurzbeiträgen – zumeist gespeist aus aktuellen wissen- die für Wien wesentliche Zäsur des Zweiten Weltkriegs somit Teil Politisch ist Wiens Stadtentwicklung im 19. Jahrhundert durch die schaftlichen Studien – die historische Veränderung des Stadtraums der Geschichte sein kann. In der Analyse der Wiener Stadtpla- besondere Stellung als Hauptstadt der Monarchie geprägt. So folgt zusammen und bietet damit auch eine Überschau der Wissen- nungsgeschichte zeigt sich jedoch schnell, dass die Eingriffe ab die Stadt weitgehend der staatlichen Agenda der Habsburgischen schaftslandschaft im Bereich Stadtgeschichte zum Zeitpunkt des Mitte des 19. Jahrhunderts und die diversen stadtpolitischen Führung. Bürgermeister und Magistrat sind „in den zentralen Erscheinens. Den Wiener Urbanisierungsprozess ab den 1950er- Entscheidungen der Zwischenkriegszeit Weichenstellungen mit Behördenapparat des absolutistischen Staates“ (Buchmann 2006: Jahren thematisieren Eigner & Resch (2001) in ihrer wirtschafts- Wirkung auch lange nach 1945 sind. Beim Blick auf den stadthis- 89) eingegliedert. Erst mit der bürgerlichen Revolution entwickeln und sozialhistorischen Studie und verweisen dabei in wesentlichen torischen Entwicklungspfad Wiens muss sogar noch weiter zu- sich ab 1848 schrittweise demokratischere Strukturen – etwa ein Punkten auf das Wechselspiel von Stadtentwicklung und Stadtpoli- rückgegangen werden, um die beginnende Industrialisierung ab Kurienwahlrecht – wodurch der Stadt vermehrt die Legitimation tik bzw. Planung. Als vermutlich umfassendstes Nachschlagewerk dem frühen 19. Jahrhundert in das Erklärungsmodell zur urbanen zum eigenständigen Handeln erwächst (vgl. Demokratiezentrum darf Czeikes sechsbändiges „Historisches Lexikon Wien“ bezeichnet Transformation aufnehmen zu können. Und um die Lage der Wien 2015). Die politische Führung obliegt daher nur sehr be- werden, das Auskunft über in der Stadthistorie verankerte Orte, Wiener Altstadt am rechten Donauufer ebenfalls nicht zur Zufällig- dingt der Stadtregierung, zumal die Lenkung der Geschicke Wiens Personen und Ereignisse gibt (vgl. Czeike 1992-2004). Seit 2014 keit verkommen zu lassen, muss sogar ein kurzer Verweis auf die aufgrund seiner Rolle als Haupt- und Residenzstadt stets von sind die darin enthaltenen Informationen auch über das Web im römische Besiedlung vor 2.000 Jahren erlaubt sein, sodass die besonderem Interesse für den Kaiser selbst ist (vgl. Buchmann Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien zu finden (vgl. Stadt Wien Auseinandersetzung mit der heutigen Stadtentwicklung Trans- 2006; Becker & Novy 1999). Während die „Verwaltung des All- 2017a). Einen lesenswerten kulturhistorischen Einblick in „die Seele danubiens in den geeigneten historischen Kontext gesetzt ist. tags“ und die kommunale Finanzgebarung also schon früh Ge- Wiens“ vermittelt Mattl (2000), der die politischen und gesellschaft- Entsprechend beginnt die für TRANS[form]DANUBIEN besonders genstand lokaler Entscheidungen sind, ist es die selbstbestimmte lichen Ereignisse, die Kultur und den Kontext des 20. Jahrhunderts relevante Erzählung zum Wiener Entwicklungspfad mit der frühen Stadtpolitik erst ungefähr ab 1880 und in verstärktem Ausmaß zu einer dichten Erzählung verbindet. Noch weiter zurück geht die Industrialisierung der 1820er-Jahre. Zu dieser Zeit ist mit dem Erlass überhaupt erst ab der Jahrhundertwende. Becker & Novy (1999)

15 | bezeichnen diese Phase daher auch als aktive Kommunalpolitik im War die Stadt nun über Jahrzehnte zum metropolitanen Epizent- Bürgerkrieg schließlich Kanzler Dollfuß den Ständestaat ausruft Habsburgischen Wien. rum eines 52-Millionen-Vielvölkerstaats angewachsen, macht der (vgl. Maderthaner 2006). In den darauffolgenden Jahren des Vertrag von Saint Germain sie 1919 zur Hauptstadt des neu ge- Austrofaschismus nimmt Wien eine untergeordnete Position ein. Neben der besonderen Stellung Wiens im politischen Herrschafts- gründeten Österreich mit nur sechs Mio. Einwohnern (vgl. Giffin- Diese wird mit dem Anschluss Österreichs an Hitlerdeutschland system und die dadurch bedingte Zweigleisigkeit von Unterord- ger & Wimmer 2005). Doch kommunalpolitisch kann diese Zäsur 1938 weiter geschmälert (vgl. Becker & Novy 1999). So wird die nung versus Eigenständigkeit ist auch das politisch getragene durchaus optimistisch ausgelegt werden. So erlaubt der Wegfall Stadt am 15.10.1938 zwar mit sofortiger Wirkung um 97 niederös- Wirtschaftssystem eine Determinante der Stadtentwicklung im 19. des kaiserlichen Einflusses auf die Geschicke der Stadt eine weit- terreichische Ortsgemeinden auf „Groß-Wien“ erweitert, in ihrer Jahrhundert. Eigner & Resch (2003) etwa sprechen in diesem gehend unbeeinflusste politische Agenda. Dies wird unterstützt Position gegenüber Berlin, Hamburg oder München auf Hitlers Zusammenhang von einer bis 1918/19 andauernden Regulati- durch eine Reihe weiterer Faktoren, die schließlich dazu beitragen, Anweisung hin jedoch deutlich degradiert (vgl. Historisches Mu- onsphase der Konkurrenzwirtschaft. Sie ist von einem durchwegs dass Wien in den 1920ern eine neue stadtpolitische Ära betritt. seum der Stadt Wien 1999). Entsprechend wenig Gehalt hat das kapitalistischen Prinzip geprägt, das sich beispielsweise in einem Den Stein des Anstoßes liefern die ersten freien Gemeinderatswah- stadtpolitische Oeuvre der Nazizeit rückblickend, finden doch auch Laissez-faire staatlicher Eingriffe in den Markt und der ausschließ- len 1919, bei denen die Sozialdemokraten die absolute Mandats- kaum welche der erdachten Projekte ihre Realisierung (vgl. ebd.). lich privatwirtschaftlich organisierten Bereitstellung städtischer mehrheit erringen (vgl. Pirhofer & Stimmer 2007). Mit dem am Infrastruktur verdeutlicht (vgl. Becker & Novy 1999). Eingriffe in die Dass der Nationalsozialismus in Wien ein schweres Erbe hinterlas- 01.01.1922 in Kraft tretenden Trennungsgesetz erhält Wien Gesellschaftsstruktur – etwa durch kommunale Sozialpolitik – sind sen hat, zeigen die Nachkriegsjahre: Zerstörung, Armut und schließlich auch den Status als Bundesland, wodurch sich neue daher ebenso verpönt wie utopisch in einem bürokratischen Ungewissheit über die Zukunft der Stadt sind bestimmend für die politische Spielräume ergeben, die der Stadt die Steuerhoheit und lokalen Staat, der sich über Jahrzehnte der Wahrung elitärer, Dekade ab`45. Das von den alliierten Mächten besetzte Wien somit etwa die Finanzierung einer Wohnbauoffensive im eigenen kapitalistischer Interessen verschrieben hat (vgl. Maderthaner & beschließt zwar bereits 1946 ein Gebietsänderungsgesetz, das die Wirkungsbereich ermöglichen (vgl. Becker & Novy 1999; Kadi & Musner 2003). alten Stadtgrenzen von vor 1938 weitgehend wiederherstellen Suitner 2018). sollte. Aufgrund des lange anhaltenden sowjetischen Vetos kann Einen Umbruch vom liberal-kapitalistischen zum kommunal- Das zur Jahrhundertwende in Wien erstmals erprobte Modell dieses jedoch erst 1954 umgesetzt werden, wodurch Wien seine populistischen stadtpolitischen Regime erlebt Wien an der Jahr- eines kommunalen Sozialismus greift auch die SPÖ auf, führt es heutige Form erst spät erhält (vgl. Bihl et al. 2006; Pirhofer & Stim- hundertwende. Die Gemeinderatswahlen von 1897 verschaffen jedoch in viel umfassenderer Weise fort und etabliert damit ein mer 2007). Diese Phase der Ungewissheit ist untrennbar mit dem erstmals der christlich-sozialen Partei die Mehrheit (vgl. Wien Regime „offensiver Abweichung“ (vgl. Becker & Novy 1999) von Wiederaufbau verbunden, der für Stadtentwicklung und Stadtpla- Geschichte Wiki 2017a). Karl Lueger wird damit zum Bürgermeis- der nationalstaatlichen Politik Österreichs: das Rote Wien. Diese nung nicht nur in den ersten zehn Nachkriegsjahren bestimmend ter von Wien und bleibt dies bis 1910. Lueger bricht mit der libera- symbolträchtige, von 1919-1934 anzusetzende Phase fußt auf der sein sollte. Ideologisch fühlt sich die regierende Sozialdemokratie len, dem absolutistischen Staat untergeordneten Politik seiner austromarxistischen politischen Ideologie und dem von Gleichheit, dem westlichen Modell deutlich näher als dem sowjetischen, was Vorgänger. So beginnt 1898 die Phase des kommunalen Sozialis- Gerechtigkeit und Zugang zu öffentlichen Leistungen getragenen sich auch in der Gestaltung gemeinsamer kultureller Aktivitäten, mus, die sich durch die Kommunalisierung bis dahin privatwirt- Ideal einer horizontalen Gesellschaft (vgl. Suitner 2015b). Sie ist engen Kontakten mit britischen und amerikanischen politischen schaftlich organisierter städtischer Dienstleistungen auszeichnet – getragen von weitreichenden gesundheits-, sozial- und bildungs- Kräften, sowie Anleihen bei deren stadtpolitischen Leitbildern allen voran die Gas- und Wasserversorgung, sowie das Straßen- politischen Maßnahmen, wie der Einführung von Geburtshilfe ausdrückt (vgl. Platzer 2018). bahnnetz. (vgl. Becker & Novy 1999; Maderthaner 2006) und Altenpflege, oder der Errichtung städtischer (Frei)Bäder und Die 1950er und -60er sind schließlich getragen von einer Politik Eine Politik derartiger Prägung, die die Grundversorgung der Bibliotheken (vgl. Mattl 2000) und gilt damit als Geburt wohlfahrts- „fordistischer Synchronität“ (vgl. Becker & Novy 1999). Nach dem urbanen Bevölkerung als Aufgabe der öffentlichen Hand versteht, staatlicher Politik in Wien (vgl. Matznetter 2005). Im Besonderen ist Ende der Stabilisierungskrise 1953/54 beflügeln die Jahre des ist zum damaligen Zeitpunkt nicht nur Ausdruck einer mehrheits- jedoch der Bau von rund 34.000 Gemeindewohnungen in den Aufschwungs eine aktive Politik, in der die soziale Marktwirtschaft fähigen Geisteshaltung, die sich aus dem unübersehbaren Elend Jahren 1923-1934 hervorzuheben, die noch heute eine baulich zu voller Blüte reift (vgl. Eder 2003). Begünstigt wird das Ausmaß weiter Bevölkerungsteile der Industriestädte speist. Sie verschafft manifeste historische Referenz auf diese stadtpolitische Phase des Wohlstandszuwachses durch Produktivitätssteigerungen bei der Stadt durch die Einhebung von Steuern für diese Aufgaben- darstellen (vgl. Becker & Novy 1999; Mattl 2000). gleichzeitig stagnierender Bevölkerung. Die Phase kontinuierlichen bereitstellung auch finanziellen und damit politischen Handlungs- 1934 nimmt jedoch auch dieses erfolgreiche Kapitel ein jähes Wachstums endet jedoch Mitte der 1970er-Jahre mit zwei exter- spielraum gegenüber einem mächtigen Staat. Sie ist also Ende, als nach den Februarkämpfen und dem resultierenden nen Schocks in Form der Ölkrisen und einem nicht mehr wegzu- ideologische Haltung und politisches Kalkül zugleich. So ermög- licht erst diese Politik in ihrer Wiener Ausprägung die Modernisie- rung der städtischen Infrastruktur, die zur Zeit einer enorm gewachsenen Stadt auch dringend nötig geworden ist, im Staat jedoch keinen Finanzier findet (vgl. Becker & Novy 1999). Dass Lueger sich diesen Umbruch durch einen leider ebenfalls mehr- heitsfähigen Antisemitismus erkauft, soll dabei nicht unerwähnt bleiben (vgl. Maderthaner & Musner 2003).

Der Erste Weltkrieg stellt schließlich eine historische Zäsur dar, die auch nach einer Neudefinition der Rolle Wiens verlangen sollte. Abb. 7: Zeitleiste politökonomischer Phasen und Transformationen Wiens

| 16 weisenden Wirtschaftsstrukturwandel. Die folgenden Jahre gelten Postfordismus (vgl. Harvey 1990) räumlich zu fixieren – in diesem interpretiert werden konnte, muss im Lichte jüngerer Entwicklun- in Wien und Österreich als bestimmt vom Austrokeynesianismus – Fall also, Investitionskapital durch Angebote an Baubranche und gen als zunehmende Abkehr davon verstanden werden. So einer Fortführung der etablierten keynesianischen Wirtschaftspoli- transnationale Dienstleistungsbetriebe anzulocken. In Folge zeichnet sich das veränderte Governance-Regime der 2000er- tik in den Jahren ökonomischer Transformation ab `75. „Deficit kommt es allerdings zur bekannten Über- und Leerstandsproduk- Jahre bereits durch eine zunehmende Auslagerung von Institutio- spending“, etwa staatliche Investitionen in den öffentlichen Sektor tion bei Büroflächen (vgl. Hatz & Weinhold 2009), die sich in nen der öffentlichen Aufgabenerfüllung in den halböffentlichen zur Aufrechterhaltung der Beschäftigungsquote, ist die herausra- Summe auch als wenig wirksam bezüglich eines lokalen Arbeits- oder privatwirtschaftlichen Bereich aus (vgl. Weber 2006). Und in gende Maßnahme einer österreichischen Politik der 80er, als das markts erweist. Der aus heutiger Perspektive relevanter erschei- Wohnungs- und Kulturpolitik – zwei Kernbereichen sozialdemo- Pendel anderswo in Westeuropa bereits stark in Richtung ange- nende Wettbewerb um Headquarters und produktive kratischer Stadtpolitik des 20. Jahrhunderts – gibt es in den letzten botsorientierter Politiken ausschlägt (vgl. Eder 2003; Meißl 2006). Unternehmen (etwa im Bereich Forschung und Entwicklung) Jahren deutliche Anzeichen einer Neoliberalisierung und Überge- bleibt hingegen in den stadtentwicklungspolitischen Maßnahmen hung der lang gehegten Grundsätze von Gleichheit und Zugang Auch in Wien mehren sich die Stimmen für eine wirtschaftliche der Zeit deutlich unterrepräsentiert (vgl. Fachgespräch anonym zugunsten wettbewerbs- und effizienzorientierter Zielsetzungen Außenorientierung als Antwort auf diesen Wandel (vgl. Meißl 2017). An der Wende zum 21. Jahrhundert sind daher primär (vgl. Kadi 2015; Suitner 2015a). Wie sich noch im Planungskontext 2006) Stadtpolitisch werden etwa Kultur und Tourismus zu inter- Hochhausarchitektur, Stadtmarketing und Festivalisierung Aus- deutlicher zeigen wird, ist das Jahr 2000 in diesem Zusammen- national wirksamen Standortfaktoren ausgebaut (vgl. Hatz 2009; druck der Orientierung an einer globalisierten Ökonomie, in der hang von symbolischer Bedeutung für die lokale politische Öko- Suitner 2015a). Und so erfolgt mit dem Ende des Austrokeynesia- sich Wien in seiner Einzigartigkeit zu positionieren versucht. (vgl. nomie, als sich in ihm der Übergang zu einer Phase eindeutig nismus Mitte der 1980er eine konsequente Liberalisierung und Giffinger & Wimmer 2005; Suitner 2015a) Der Begriff der Metro- strategischer Angebotspolitik manifestiert (vgl. Abb. 7). Internationalisierung der Wirtschaftsstrategie – speziell auch in polisierung steht ab den 2000er-Jahren stellvertretend für diese Wien (vgl. Becker & Novy 1999). Bestimmende Faktoren für diesen neuen Entwicklungen und die stadtpolitische Antwort darauf, die Umbruch liegen einerseits in der radikal veränderten Wirtschafts- sich in kooperativen grenzüberschreitenden Initiativen wie struktur der Stadt, die nun eindeutig dienstleistungsbasiert ist, Centrope einerseits (vgl. Giffinger & Hamedinger 2009) und in andererseits wirken der Fall des Eisernen Vorhangs 1989, sowie WIEN ALS SOZIOÖKONOMISCHE KATEGORIE: kompetitiven Standortentwicklungsstrategien à la Strategieplan ein potentieller Beitritt Österreichs zur Europäischen Union noch andererseits niederschlägt (vgl. Magistrat der Stadt Wien 2001a, URBANE GESELLSCHAFT UND STADTKULTUR verstärkend auf die Verfestigung dieses neu eingeschlagenen 2004; Fachgespräch R.Giffinger 2017). Pfads (vgl. Eigner & Resch 2003). Erzählungen über Wiens Entwicklungspfad folgen gern dem Mit den EU-Osterweiterungen 2004, 2007 und 2013 wird die In den 1990ern schließt die Ostregion den Strukturwandel weit- Narrativ der kaiserlichen Residenzstadt und europäischen Metro- Stadt ein weiteres Mal in einen neuen geopolitischen und wirt- gehend ab. Die Angleichung an ein wettbewerbsorientiertes pole. Dabei wird gerade in jüngeren Jahren, da der Stadt ein schaftlichen Kontext gesetzt. Gerade die Nähe zu , Sop- europäisches Modell schlägt sich ab dann auch in einer proaktiven Wachstum auf über zwei Mio. Einwohner*innen prophezeit wird, ron, Brno und Györ ist dabei von großer Bedeutung für die kommunalen Standortpolitik nieder. Die geopolitischen Verschie- oft darauf verwiesen, dass Wien bereits einmal so groß gewesen Entwicklung des Agglomerationsraums Wien. Die faktische, aber bungen, die „Renaissance der Städte“ (vgl. Evans 2003) und ihre sei. Und tatsächlich lag die Bevölkerungszahl nach heutigem durch den Eisernen Vorhang lange Zeit ausgeblendete Nähe zu erhöhte Eigenständigkeit, sowie die intensivierte Globalisierung Gebietsstand schon 1910 bei knapp 2,1 Mio. Einwohner*innen Budapest und Praha versetzt die Bundeshauptstadt in die Position lassen die europäischen Zentren stärker zusammenrücken und (vgl. Weigl 2000). Dass die Umstände dieser Entwicklungen nur einer zentraleuropäischen Drehscheibe zwischen West und Ost – zugleich in einen neuen Wettbewerb um mobile Kapitalressour- schwerlich mit den heutigen zu vergleich sind, muss nicht er- eine Rolle, die sie bereits aus früheren Jahren kennt, als sie Zent- cen treten. Entsprechend sieht sich Wien im Selbstbild zu diesem wähnt werden. In groben Zügen sollen demografische Entwick- rum diplomatischer Aushandlungen zwischen den Machtblöcken Zeitpunkt in Konkurrenz mit München, Mailand, Zürich und Frank- lung, Gesellschaftsstruktur und sozioökonomische wie war (vgl. Mattl 2000; Giffinger & Hamedinger 2009). furt, Budapest, Prag und Berlin (vgl. Swoboda 1990). Eine Konse- soziokulturelle Brüche im Folgenden kurz nachgezeichnet wer- quenz ist die (äußerst willkürliche) ausgiebige Widmung von Was aufgrund der Beibehaltung wohlfahrtsstaatlicher und nach- den, um Wiens Stadtentwicklungspfad aus einer weiteren Perspek- Flächen für Bürohochhausbauten, die vom damaligen Planungs- frageorientierter kommunalpolitischer Mechanismen auch zur tive zu beleuchten. stadtrat Swoboda angeschoben wird. Sie ist Instrument einer Jahrtausendwende zuerst nur als „Defensive Abweichung“ (vgl. Die demografische Entwicklung der Stadt lässt sich grob in fünf Standortpolitik, die versucht den flexiblen Akkumulationsprozess im Becker & Novy 1999) vom tradierten Wiener Entwicklungspfad Phasen untergliedern (vgl. Abb. 8): Erstens, das vormoderne Bevölkerungswachstum (bis ca. 1848), das die Ära langsamer, aber konstant fortschreitender Urbanisierung ab dem (Spät)Mittel- alter beschreibt und bis zum Beginn des dann explosionsartigen Wachstums der Industrialisierungsphase reicht. Hat Wien (gemes- sen am heutigen administrativen Stadtgebiet) im Jahr 1700 noch etwa 120.000 Einwohner*innen, ist es um 1850 bereits über eine halbe Million (ebd.). Zweitens, die industrielle Urbanisierung (1848- 1910) – jene Phase, die durch den veränderten rechtlichen Status Wiens ab 1848, die darauffolgenden Stadterweiterungen und das immense Wachstum der Stadtbevölkerung durch Eingemeindung Abb. 8: Zeitleiste demografischen und stadtgesellschaftlichen Wandels Wiens und Zuzug gekennzeichnet ist. (ebd.) Der Urbanisierungsprozess

17 | ist durch die rapide Industrialisierung Wiens induziert und wird sierten Vororte sind nicht nur manifester Ausdruck der Industriali- 1955 und 1968 (vgl. ebd.). Das „Konsumwunder“ wird zur land- vornehmlich durch Zuzug aus den Ländern der Monarchie ge- sierung Wiens ab 1820 (vgl. Weigl 2000; Matznetter 2005), son- läufigen Bezeichnung eines erfolgreichen, massenkonsumbasier- speist (vgl. Schweitzer 1970). Das Bevölkerungswachstum be- dern auch das soziale und kulturelle Gegenstück zur prunkvollen ten, Wohlstand generierenden Wirtschaftsmodells. Während – schränkt sich jedoch weitgehend auf die (bald eingemeindeten) und repräsentativen Kaiserstadt im Zentrum. Es sind dies die mul- wenig überraschend – die Diversität im Wiener Gewerbe in den Vororte, die in dieser Phase baulich, wirtschaftlich und gesellschaft- tiethnischen Arbeiterbezirke vor allem des Nordwestens und Folgejahren aufgrund technischen Wandels und Größenvorteilen lich nahezu gänzlich überformt werden (vgl. Klusacek et al. 2008). Südens der Stadt, die ab dem frühen 20. Jahrhundert auch zum in der Industrieproduktion deutlich zurückgeht (vgl. Meißl 2006), Diese ersten beiden Phasen werden, dem Modell des demografi- politisch umkämpften Ort werden und das Bild einer polarisierten verschiebt sich die Branchenstruktur in den 30 Jahren zwischen schen Übergangs folgend, auch häufig zu einer Phase zusam- urbanen Klassengesellschaft vervollständigen (vgl. Maderthaner & `52 und `82 zugleich auch zugunsten des Dienstleistungssektors mengefasst (vgl. u.a. Weigl 2000). Drittens, eine Schrumpfungs- Musner 2003). (vgl. Eder 2003). Die einstmaligen großen Industriegebiete am phase (1910-1951), die durch die politischen und wirtschaftlichen Stadtrand – Favoriten, und Liesing, Floridsdorf und Die sozialen Problemlagen sind in Wien nie mehr so enorm wie zu Leiden der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bedingt wird. Vor Donaustadt – verlieren zunehmend ihren Charakter als Produkti- Anfang des 20. Jahrhunderts. Es herrscht akute Wohnungsnot, dem Ersten Weltkrieg hat Wien ca. 2,1 Mio. Einwohner*innen, vor onsstandort zugunsten von Wohnnutzung und Tertiärisierung der die Arbeiterbezirke sind von Armut und hygienischen Mängeln dem Zweiten Weltkrieg sind es bereits gut 200.000 bzw. 300.000 lokalen Branchenstruktur (vgl. Eigner & Resch 2001). Die offen- gezeichnet. Zudem scheint die massenhafte Arbeitsmigration nicht weniger (vgl. ebd.). Anfang der 1950er-Jahre zählt Wien gar nur kundige De-Industrialisierung Wiens besiegelt schließlich Anfang zu enden und befeuert die offenkundigen politischen Turbulenzen mehr 1,6 bzw. 1,7 Mio. Einwohner*innen (vgl. Wien Geschichte der 1980er-Jahre auch das Ende der fordistischen Ära. der Zeit zusätzlich (vgl. ebd.). Wien ist Zentrum eines diversen Wiki 2017b).1 Wenngleich der Wiener Bevölkerungstiefststand Vielvölkerstaats geworden, dessen Einwohnerzahl sich im Lauf des Das vornehmlich auf die Bedienung einer nationalen Ökonomie durch konstante Sub- und zunehmende Desurbanisierung gar erst letzten Jahrhunderts versiebenfacht hat. Zugleich sind zwei Drittel ausgelegte Modell spiegelt sich auch lange Zeit in einer weitge- 1988 mit dann 1,484 Mio. Einwohner*innen erreicht ist (vgl. der Stadtbewohner*innen Zugezogene (vgl. Maderthaner 2006). hend homogenen Gesellschaft wider (vgl. Novy 2011). Große Statistik 2017a), lässt sich im historischen Vergleich trotz- Mit dem politischen Wechsel der Jahrhundertwende, der Begrün- Bevölkerungsbewegungen sind ebenso wenig auszumachen, wie dem bereits ab den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts eine deutli- dung wohlfahrtsstaatlicher Politik in den 1920ern und den massi- eine besondere kulturelle Vielfalt in der Stadtgesellschaft. Meißl che Beruhigung der Bevölkerungsdynamik erkennen. So kann, ven darin betriebenen Aufwänden zur Schaffung adäquater (2006) beschreibt es so, dass es im Fordismus der 60er-Jahre eine viertens, eine Phase der Konsolidierung der Stadtgröße (1951- städtischer Wohn-, Verkehrs- und Versorgungsinfrastrukturen Kombination aus gesteigertem Wohlstand, Technikglaube und 2001) angesetzt werden, als sich Wien innerlich transformiert, die beginnt sich diese starke Schichtung auch nur langsam aufzulö- „Modernismus-Wahn“ gewesen sein muss, die die Stadt ästhetisch Bevölkerungszahl jedoch nur noch um etwa 1,6 Mio. pendelt und sen. Denn die ökonomische Krise der Zwischenkriegszeit trifft Wien und kulturell als besonders einheitlich und daher entsprechend über mehr als vier Dekaden weitgehend stagniert. Und fünftens, besonders hart und schafft neue innere Disparitäten (vgl. Becker & „fad“ erscheinen lassen musste. Änderungen erfährt diese Einfalt die Re-Urbanisierungsphase (ab 2001), die bis heute anhält. Das Novy 1999). Entsprechend werden die Dekaden zwischen 1918 im Sog der 68er-Bewegung in Wien durch die langsame Etablie- erneute Steigen der Bevölkerungszahl nimmt seinen Anfang zwar und `38 auch oft als Phase drückender Armut in einer zu groß rung einer nischenkulturellen Szene, die sich in bürgerlichem schon Ende der 80er-Jahre, ist zu dieser Zeit aber rein migrations- gewordenen Metropole beschrieben (vgl. Maderthaner 2006). Protest gegenüber stadtpolitischen Entscheidungen organisiert bedingt (vgl. Kohlbacher & Reeger 2002, 2011). Signifikant stei- Versuche die einzementierte Klassengesellschaft aufzubrechen und der Stadtkultur neues Leben einhaucht (vgl. Eigner & Resch gende Bevölkerungszahlen sind ab 2001 zu verzeichnen und werden auch konterkariert, als sich die Bürger*innenschaft in den 2001; Pirhofer & Stimmer 2007). Deutlich bunter wird Wien in lassen Wien bis 2016 bereits wieder auf 1,84 Mio. Einwoh- Zwischenkriegsjahren gemäß ideologischer Extreme erneut in Teilen auch mit den Anwerbeabkommen der Bundeswirtschafts- ner*innen anwachsen (vgl. Stadt Wien 2017b). Aktuelle Progno- mehrere Lager spaltet (vgl. Maderthaner 2006; Mattl 2000). Dass kammer mit der Türkei (1964) und Jugoslawien (1966) zur Bede- sen sehen sogar ein erneutes Überschreiten der Zwei-Millionen- Wiens Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg deutlich ge- ckung des Arbeitskräftemangels im Baugewerbe durch Marke für das Jahr 2025 (vgl. Statistik Austria 2017b). schrumpft und in seiner kulturellen Vielfalt schmerzlich beschnitten „Gastarbeiter“. Ihren Höhepunkt erreicht die dadurch hervorgeru- Die stadtgesellschaftliche Struktur Wiens zeichnet sich ab der ist, ist Ausdruck der im Nationalsozialismus geschaffenen Leiden. fene Arbeitsmigration 1973 (vgl. Kohlbacher & Reeger 2011). zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch eine unvergleichliche, Die Machtübernahme der Nazis und die darauffolgende Vertrei- Was diese neu gewonnene Vielfalt jedoch mit sich bringt, ist auch von den Folgen der Industrialisierung und der staatlichen Politik bung und Ermordung von 200.000 Wiener*innen in nur weni- eine neue Form gesellschaftlicher Ungleichheit, die sich rund um hervorgerufene Polarisierung aus. Während die bürgerlichen gen Jahren markiert den Tiefpunkt einer bis dahin schon den wirtschaftlichen Transformationsprozess der 1980er-Jahre Eliten in der kaiserlichen Residenzstadt innerhalb des Glacis von ereignisreichen Sozialgeschichte Wiens (vgl. Becker & Novy 1999). verstetigt (vgl. Novy 2011). Eder (2003) erklärt diesen Zusammen- den Effekten der Industrialisierung und den Vorzügen des liberal- Auch die Nachkriegsjahre sind in Wien noch von besonderer hang sehr einleuchtend: Die Jahre 1980-84 läuten das Ende des kapitalistischen Regimes profitieren, leben Heerscharen an Arbei- Armut bestimmt. So sind unzählige private Haushalte noch bis Nachkriegswirtschaftswunders ein, als es erstmals zu realen Lohn- terfamilien unter elenden Bedingungen in den Vororten außer- 1952/53 von Lebensmittellieferungen durch die alliierten Mächte einbußen kommt. Bereits ein Jahr zuvor steigt die Arbeitslosigkeit halb der Ringstraße, in unmittelbarer Nähe der dort errichteten abhängig, weil sie zum Teil mangels Beschäftigung über kein über das erklärte Vollbeschäftigungsziel von 3%, wovon Langzeit- Fabriken (vgl. Maderthaner & Musner 2003). Die in den Jahren eigenes Haushaltseinkommen zur Grundversorgung verfügen arbeitslose besonders betroffen sind. Zugleich steigen die Haus- der Gründerzeit verstädterten, also infrastrukturell aufgeschlosse- (vgl. Eder 2003). Dementgegen nimmt schließlich die Hochblüte haltseinkommen im Durchschnitt aber weiter. Die Konsequenz ist nen, assanierten, dicht bebauten und schließlich durchindustriali- gesellschaftsliberaler, wohlfahrtsstaatlicher Entwicklung ihren Lauf, der Beginn einer Phase des Konsumismus und zugleich einer als der Aufschwung Mitte der 50er-Jahre zu einer alle Schichten neuen Armut in der Stadt. Trotzdem markieren die frühen 1980er 1 Der jeweils niedrigere der beiden Werte bezieht sich auf das ungefähre umfassenden Wohlstandssteigerung führt. Das durchschnittliche die Trendwende im Urbanisierungsprozess. Waren die 60er- und heutige Stadtgebiet, der jeweils höhere auf das Stadtgebiet, wie es zwischen 1938 und 1954 festgelegt ist. Haushaltseinkommen in Österreich verdoppelt sich allein zwischen 70er-Jahre in Wien noch durch einen Bevölkerungsrückgang

| 18 aufgrund der Stagnation bei Geburten und wohlstandsinduzierter Stadt (vgl. MA 17 2017), sowie eine weiter voranschreitende hend ein, noch unterstützt vom Nationalpark Donauauen im Suburbanisierung geprägt (vgl. Klusacek et al. 2008), endet die ökonomische Polarisierung der urbanen Gesellschaft (vgl. Stadt- Südosten (vgl. Pirhofer & Stimmer 2007). Desurbanisierungsphase aufgrund starker Zuwanderung – zwi- entwicklung Wien 2015). Wenngleich mittlerweile vielfach überformt, lassen sich die Epo- schen 1987 und 1993 etwa aufgrund der Ostöffnung und Jugo- chen der Wiener Stadtentwicklung auch an der baulichen Gestalt slawienkrise (vgl. Kohlbacher & Reeger 2002), ab Ende der 1990er gut ablesen. Bobek & Lichtenberger (1966) nennen sechs Baupe- insbesondere durch Migration aus anderen EU-Staaten. Auch das rioden: Alter Baubestand (-1840), Frühgründerzeit (1840-1870), trägt zur wieder erhöhten Vielfalt der Stadtgesellschaft bei, was WIEN ALS MORPHOLOGISCHE KATEGORIE: Hochgründerzeit (1870-1890), Spätgründerzeit (1890-1918), sich in einer Diversifizierung der Lebensstile ebenso ausdrückt wie Zwischenkriegszeit (1918-1938) und Nachkriegszeit (ab 1945). im zuvor zitierten urbanen Milieu. PHYSISCHER UND FUNKTIONALER STADT- Verwinkelte Straßenzüge, kleinteilige und wenig geordnete Be- Die tiefgreifenden Veränderungen in der Wohnungspolitik spielen RÄUMLICHER WANDEL bauung sind kennzeichnende Merkmale für die , in diesem Zusammenhang ebenfalls eine nicht zu unterschätzen- deren mittelalterliche Prägung trotz mehrfacher Transformation im de Rolle. So ist ein wichtiger Grund für die lange Zeit ausgegliche- Wien wird heute vielfach als typisches Beispiel der europäischen 19. und 20. Jahrhundert noch erkennbar ist. Die umliegenden ne sozialräumliche Struktur Wiens in der Tatsache begründet, dass Stadt diskutiert. Aus einer antiken Siedlung erwächst eine kompak- Gebiete der Bezirke 2-9 sind bereits weitgehend von gründerzeitli- die öffentliche Hand spätestens seit der Zwischenkriegszeit als te, mittelalterliche Stadt, die sich mit der Industrialisierung flächen- cher Blockrandbebauung des 19. Jahrhunderts bestimmt, wobei entscheidender Akteur im Wohnbau und der Bodenpolitik auftritt. mäßig auszubreiten beginnt und an Bevölkerung zunimmt. Das großflächige militärische, verkehrliche, gewerbliche oder industriel- Anders ausgedrückt: Die massive Bautätigkeit der Stadt bei gleich- Stadtwachstum verläuft weitgehend gleichmäßig in alle Richtun- le Anlagen derselben Zeit dieses Bild zum Teil durchbrechen. Die zeitiger Einführung einer Wohnbausteuer und die Einhebung gen, wobei Dichte und Nutzungsmischung vom Zentrum her westlichen Außenbezirke gehen von einer ähnlichen hoch- und niedriger Mieten macht den Wohnbausektor für private Anbieter abnehmen. Die einstige Stadtmauer um die mittelalterliche Sied- spätgründerzeitlichen Bebauung in Gürtelnähe in lockere Stadt- zu einem wenig reizvollen Feld für Investitionen (vgl. Jäger 2006). lung bildet heute den inneren Ring, die Ringstraße. Der Linienwall, randsiedlungen über, während die südlichen und nördlichen Geringe Gemeindebaumieten und die zugleich sehr disperse Verteidigungslinie und Steuergrenze des 18. und 19. Jahrhun- Randbezirke aufgrund ihrer späteren Eingemeindung, ihrer lan- Verteilung kommunaler Wohnbauten über das Stadtgebiet be- derts, den äußeren Ring, den Gürtel. Trotz jüngerer Entwicklungen gen agrarischen und dann industriellen Prägung und der zuvor dingen somit lange Zeit eine gewisse Durchmischung. In der Tat – Autoorientierung, postfordistische urbane Ökonomie, soziale geschilderten stagnierenden Bevölkerungsentwicklung ab 1945 berichtet aber schon Giffinger (1998) in seiner wohnungspoliti- Diversifizierung – die dieses Muster aufbrechen, besteht kein keine derart einheitliche städtebauliche Struktur erkennen lassen. schen Studie zu Wien von Mitte der 1980er deutlich veränderten Zweifel an der faktischen Monozentralität der Stadt, die sich u.a. in Funktionaler Städtebau, polyzentrische Strukturen, an Verkehrs- Segregationsmustern in der Stadt, die in einer merklich veränder- Verkehrsnetz, Bodenpreisen, Stadtmarketing, oder auch der Lage achsen orientierte Entwicklung und punktuelle Standortentwick- ten Zusammensetzung der Zuwandernden einerseits und einer hochrangiger städtischer Funktionen widerspiegelt (vgl. Eigner & lung gehen fließend ineinander über. (vgl. Bobek & Lichtenberger wohnungspolitisch und soziokulturell induzierten ethnischen Schneider 2005; Fassmann & Hatz 2009; Posova & Sykora 2011). 1966) Bestimmendes städtebauliches Merkmal sind daher die Segregation der Migrant*innen begründet liegen. Der zur selben kleinteiligen alten Ortskerne und Verkehrsbänder der hochrangi- Die Stadtstruktur wird neben dem bestimmenden Zentrum auch Zeit langsam erfolgende Rückzug der Stadt Wien als Bauträgerin gen Erschließung, also das Netz der Angerdörfer, die südlichen von den topografischen und naturräumlichen Bedingungen aus dem kommunalen Wohnungsbau und die Einführung soge- und nordöstlichen Ausfallstraßen, die Eisenbahnlinien und Auto- charakterisiert, allen voran der Donau, die tangential zum Stadt- nannter Lagezuschläge im Mietrechtsgesetz 1994 verstärken das bahnen. zentrum von Nordwest nach Südost verläuft und sich im Stadtge- zunehmende Ungleichgewicht in dieser Struktur (vgl. Fachge- biet in vier Arme – Donaustrom, Neue Donau, Alte Donau, spräch R.Giffinger 2017). Donaukanal – teilt. Der cisdanubische Teil Wiens am rechten Wirtschaftsstrukturell ist die Phase des Postfordismus von der „New Donauufer ist von den Ausläufern des Wienerwalds und den Urban Economy“ geprägt. Der tertiäre Sektor ist die bestimmende heute nicht mehr sichtbaren, weil unterirdisch kanalisierten Wien- Größe, Informations- und Kommunikationstechnologie und wis- flusszubringern geprägt. Letztere verleihen gerade den westlichen sensintensive Dienstleistungen prägen die Branchenstruktur ab Bezirken auch ihren hügeligen Charakter – die alten Flusstäler sind den späten 1980ern und bringen seitdem auch konstant die neue in der Topografie wie in den Straßennamen teils noch zu erahnen. urbane Elite hervor (vgl. Hatz & Weinhold 2009). Der neue Kon- Der transdanubische Teil hingegen lässt seine Nähe zum niederös- sumismus ist eine weitere Stütze der urbanen Ökonomie – so terreichischen Marchfeld erkennen. Das „flache Land“ weist klima- auch der Kongress- und Freizeittourismus, der ab Mitte der 1990er tisch – geringere Niederschlagsmengen, höhere Windstärken – -Jahre zur Wachstumsbranche wird (vgl. Suitner 2015a). Die aus feine Unterschiede zum rechten Donauufer auf, weshalb es histo- dem neu geschaffenen Umfeld strategischer Angebotspolitik risch auch stärker vom Ackerbau geprägt ist als die Weinbauvoror- resultierenden gesellschaftlichen Herausforderungen sind im noch te im hügeligen Nordwesten. Ihre Entstehung ist – anders als jene jungen Jahrtausend mannigfach: eine erneute ökonomische der cisdanubischen Vororte – auch auf einen späteren histori- Transformation, die auf Basis von Digitalisierung und Automatisie- schen Zeitraum, nämlich die Phase zwischen 9. und 13. Jahrhun- rung die urbane Arbeitswelt bereits zu verändern beginnt (vgl. IHS dert, zu datieren (vgl. Opll 1981; Raith 1998). Der Wald- und

2017), anhaltende Migration und ein damit einhergehendes Wiesengürtel (später: Grüngürtel) rahmt die Urbanisierung Wiens wachsendes Spektrum an Bedürfnissen und Ansprüchen an die entlang der Stadtgrenze vorerst im Westen, später fast durchge- Abb. 9: Wiener Bahnanlagen um 1910

19 | städtisch gelegenen Bahnhöfe mittlerweile neuen Nutzungen zugeführt und das Eisenbahnnetz der Stadt an veränderte Bedin- gungen angepasst worden ist, so sind die ab den 1830ern errich- teten Bahnstrecken ebenso manifeste Relikte der Industrialisierung, wie auch bestimmende Größen der Stadtstruktur und funktionalen Verflechtungen innerhalb und über die Stadtgrenzen hinaus (vgl. Abb. 9).

Den Anfang hierzu macht die Eröffnung der Kaiser-Ferdinands- Nordbahn (KFNB) nach Deutsch-Wagram 1837.2 Dadurch wer- den der großmaßstäbliche Personen- und vor allem Güterverkehr ermöglicht und der mächtigen Wiener Industrieproduktion die Basis gelegt. 1841 folgen die Südbahn bis Gloggnitz3 und die Nordwestbahn von Floridsdorf nach Stockerau, die Ostbahn nach Bruck/Leitha (1846), die Westbahn nach Linz und Salzburg (1858/60), die Franz-Josefs-Bahn nach Plzen (1870), sowie der nördliche Ast der Ostbahn (über Stadlau nach Laa/Thaya) und der nordöstliche Ast der Ostbahn (Richtung Marchegg) im selben Jahr (vgl. Schefold 1986; Kaiser 2008).

Parallel dazu entwickelt sich ab 1860 ein dichtes innerstädtisches Straßenbahnnetz in Wien (vgl. Capuzzo 1998). Die Beschienung wichtiger Verkehrsachsen und die Einrichtung von Pferdetram- waywägen verändert damit die funktionale Struktur der Stadt (vgl. Maderthaner 2006). So ist Wien an der Wende zum 20. Jahrhun- dert – anders als andere europäische Metropolen dieser Zeit – eine vergleichsweise stark vom Straßenbahnverkehr abhängige Stadt. Nicht zuletzt dadurch erklärt sich einmal mehr die hohe Dichte in Zentrumsnähe und monozentrische Struktur Wiens, die zu dieser Zeit als städtebauliches Ideal bereits überholt ist (vgl. Capuzzo 1998 bzw. Abb. 10). Abb. 10: Das dichte Wiener Straßenbahnnetz im Jahr 1902 Infolge der so gearteten verkehrlichen Erschließung der Stadt kommt es insbesondere im Nahebereich der Donau und der neu Wie beschrieben nimmt die Geschichte der Urbanisierung Wiens stellten „Kronländer“ nimmt der Urbanisierungsprozess Wiens geschaffenen Bahnlinien zu einer massiven Bevölkerungszunahme ihren historischen Ursprung in der Begründung der antiken römi- langsam wieder Fahrt auf. Wien konsolidiert sich als Herrschaftssitz und einem rapiden Zuwachs an industriellen Produktionsstätten schen Siedlung Vindobona vor ziemlich exakt 2.000 Jahren. Das und wird zum Zentrum wirtschaftlicher Beziehungen, was sich (vgl. Maderthaner 2006). Die 2. Stadterweiterung von 1892, mit Legionslager reicht dabei in Teilen über die heutige Innere Stadt etwa am Bau der Poststraßen – allen voran Brünner Straße, Prager der die Vororte, also weite Teile der heutigen Außenbezirke ein- hinaus bis in den 3. Bezirk, wo die vindobonensische Zivilstadt Straße und Triester Straße – zur gleichen Zeit deutlich macht (vgl. gemeindet werden, verleiht dem industriellen Urbanisierungspro- gelegen sein soll. Einen Handelsplatz und militärischen Stützpunkt Czeike 1992). Um 1820 zählt die Kernstadt allerdings immer noch zess des 19. Jahrhunderts schließlich auch im administrativen Sinn soll es zudem sogar jenseits der Donau im Bereich Leopoldau nur 50.000 Einwohner*innen (vgl. Wien Geschichte Wiki 2017b). Ausdruck (vgl. Klusacek et al. 1892; Pirhofer & Stimmer 2007). gegeben haben (vgl. Wien Geschichte Wiki 2017c). Wesentlich ist Denn es sind die agrarisch geprägten Vororte, die an Größe Ungeachtet dessen bleibt die Dichte innerhalb des Linienwalls diese Tatsache hinsichtlich der lange Zeit real wie auch im Geiste gewinnen und Wien zur über die Grenzen gewachsenen Agglo- auch Anfang des 20. Jahrhunderts wegen genannter Gründe der schwer zu überbrückenden Donau. Sie stellt für das römische meration werden lassen (vgl. Klusacek et al. 2008). Die erste Stadt- verkehrlichen Ausstattung unverändert hoch. Reich die Grenze und Verteidigungslinie zum „Barbarenland“ (vgl. erweiterung von 1850, durch die die Vorstädte bis zum Linienwall ebd.) dar und beschränkt damit über Jahrhunderte die intensive – also in etwa das Gebiet der heutigen Bezirke 2 bis 9 – einge- Urbanisierung Transdanubiens von Wien aus. meindet werden, ist die logische Folge einer wachstumshungri- gen, sich industrialisierenden Hauptstadt (vgl. Matznetter 2005). Die mittelalterliche Stadt ist deutlich kompakter und durch die 2 1839 erfolgt die Weiterführung nach Brno, 1841 nach Olomouc und Stadtmauer auf den heutigen 1. Bezirk beschränkt. Erst mit der Dieser Kurs beschleunigt sich in der Gründerzeit. Der Eisenbahn- 1856 nach Krakow. Durch Anschluss an die Nördliche Staatsbahn (StEG) besteht bereits 1845 eine Verbindung nach Praha. (vgl. Kaiser 2008) Gründung von Habsburg-Lothringen 1736, der Machtübernahme bau ist deutlicher Ausdruck dieses Wachstums, das Wiens Mor- 3 durch Maria-Theresia und die dem neuen Herrscherhaus unter- phologie noch heute prägt. Wenngleich die meisten inner- Ab 1854 mit durchgängiger Verbindung über den Semmering und Graz bis Ljubljana, 1857 bis Triest (vgl. Schefold 1986)

| 20 Baulich erfährt die Stadt ab Mitte des 19. Jahrhunderts einen umfassenden Wandel, der das Bild von Wien langfristig bestim- men sollte. Doch nicht nur die Industrialisierung zeichnet dafür verantwortlich. Die Pläne des Kaisers für seine Residenzstadt Wien sind dabei eine besonders einflussreiche Größe (vgl. Maderthaner 2006). So veranlasst Franz Josef I. 1857 den Abriss der bis dahin noch existenten Stadtmauer, den Ringstraßenbau und die Regulie- rung der Donau. Letztere wird 1870-75 umgesetzt und ist von da an zugleich Chance und Hindernis einer engeren Verbindung von Cis- und Transdanubien. Denn während die Flussregulierung die beiden Teile Wiens städtebaulich weiter voneinander trennt, erleichtert sie den Brückenbau und damit eine faktisch intensivere funktionale Verflechtung der beiden Donauseiten (vgl. Michelmayr 2005; Pirhofer & Stimmer 2007). Der Brückenbau ist für den schie- nengebundenen Verkehr entscheidend zur einfacheren Über- windung der Donau. So siedeln sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts vielfach Industriebetriebe auch in der Nähe trans- danubischer Vororte und entlang der nach Norden und Nordos- ten verlaufenden Bahnlinien an und machen somit insbesondere Floridsdorf und Stadlau zu wesentlichen Industriestandorten und Wachstumszonen der Stadt (vgl. Eigner & Schneider 2005; Ma- derthaner 2006). Die erneute Erweiterung des Stadtgebiets, zuerst 1904/05 um Floridsdorf, 1910 dann auch um Strebersdorf, ist die logische Folge dieser Entwicklung.

Gerade die Urbanisierung der transdanubischen Vororte nimmt auch Anfang des 20. Jahrhunderts kein Ende. Doch nicht nur der allgemeine Bevölkerungszuwachs zeichnet dafür verantwortlich. Abb. 11: Schematische Darstellung der historischen Stadterweiterungen Wiens seit 1850 Der Ausbruch des 1. Weltkriegs und die virulente Krise der Grund- versorgung der Stadtbevölkerung initiieren eine massive Suburba- sieben Jahren nach Kriegsbeginn 1914 von 500 auf 30.000 stei- erweitert das Stadtgebiet massiv, schafft faktisch in den Jahren nisierungswelle. So steigen etwa die Wohnungspreise zwischen gen lässt. In den 1920er-Jahren erfolgt langsam die Legalisierung ihres Bestehens jedoch keine gravierenden Veränderungen im 1908 und 1913 derart, dass vielen Arbeiterfamilien keine Wahl und Institutionalisierung der Siedlerbewegung (vgl. Maderthaner baulich-physischen oder funktionalen Stadtgefüge. Das Ausmaß bleibt, als durch Besitznahme von Land am Stadtrand Subsistenz- 2006). Damit erhalten die Stadtrandgebiete, allen voran der Nord- der vom Krieg hervorgerufenen Zerstörung ist 1945 dagegen wirtschaft in wilden Siedlungen zu betreiben (vgl. Capuzzo 1998; osten Wiens, eine dominante Struktur, die die bauliche Entwick- enorm: 41% des Wiener Häuserbestands haben Kriegsschäden Maderthaner 2006). 1918/19 sind es bereits 6,5km² Fläche, speziell lung des 20. Jahrhunderts maßgeblich prägen sollte. (vgl. Bihl et al. 2006). Ein Fünftel, also etwa 21.000 Häuser, ist im Grüngürtel im transdanubischen Teil Wiens, die von 100.000 schwer beschädigt (vgl. Mattl 2000). 80.000 Wohnungen sind Die Jahre des Roten Wiens konterkarieren die zuvor „von unten“ Menschen „wild“ besiedelt worden sind (vgl. Maderthaner 2006). zerstört (vgl. Czeike 2004). Die Notsituation bedingt jedoch trotz entstandene Siedlerbewegung durch ein paternalistisches Modell, Steinspornhaufen und der große und kleine Biberhaufenweg sind der Verwüstung eine schnelle Abkehr von Überlegungen über das auch städtebaulich die Lösung wohnungspolitischer Fragen in etwa die Gegenden, an denen Siedler Auwald roden, um sich eine städtebauliche Neuordnung Wiens und eröffnet damit die einer anderen Typologie sucht (vgl. Becker & Novy 1999; Novy notdürftig eine Bleibe zu schaffen (vgl. Eder & Eichert 2005). So Phase des Wiederaufbaus (vgl. Pirhofer & Stimmer 2007). Ebenso 2011). Kommunale Geschoßwohnungsbauten, Verkehrsnetz und sind die Stadtrandgebiete der Zwischenkriegszeit von der neuen verantwortlich dafür zeichnet die Ungewissheit über die künftigen Sozialinfrastruktur – im Sinne gleichberechtigten Zugangs und Siedlerbewegung bestimmt und von drei Typologien besonders Verwaltungsgrenzen. In den ersten neun Jahren nach dem Krieg umfassender Versorgung gleichmäßig über das Stadtgebiet ver- gekennzeichnet (vgl. Bobek & Lichtenberger 1966): (1) Ackersied- operiert die Stadt immer noch im von den Nazis festgelegten teilt – prägen daher die bauliche Entwicklung bis zum Ständestaat. lungen, die aus der Aufsiedlung ehemaliger agrarisch genutzter „Groß-Wien“ und unter Besatzung der alliierten Mächte – ein Ab 1934 sind es jedoch nur noch Infrastrukturprojekte wie die Flächen entstehen und sich auch in den Grundrissen teilweise zusätzlicher Grund gegen Stadtrandentwicklung und ausgedehn- Höhenstraße, die das Stadtbild merklich verändern. Auch im noch an den alten, langgezogenen Flurformen orientieren (z.B. tes Flächenwachstum (vgl. Abb. 11). Schafflerhofsiedlung in Eßling), (2) die eben genannten illegalen Nationalsozialismus entstehen – allen megalomanen Plänen zum Kolonisten- und Rodungssiedlungen im Auwaldbereich der Do- Trotz – letztlich nur jene dem Kriegsgeschehen dienlichen Projekte: Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts folgt in Wien eindrucksvoll nau, (3) die ersten Kleingartensiedlungen, allen voran jene im Ölhafen Lobau, mehrere Kasernen und die Flaktürme (vgl. Pirhofer den aus der Stadtgeografie bekannten Phasen der Urbanisierung Osten des Gänsehäufels, die 1910 die erste ihrer Art in Wien ist & Stimmer 2007). Jedoch verschieben sich die Stadtgrenzen (vgl. Eigner & Resch 2001): Urbanisierung in den 50ern, Suburba- und eine Entwicklung initiiert, die die Zahl der Kleingärten in den aufgrund des Anschlusses. Die Ausrufung von „Groß-Wien“ 1938 nisierung ab den 60ern, Desurbanisierungstendenzen in den

21 | 70ern und Re-Urbanisierung ab den 80ern. Differenzierter be- was zu sinkenden Energiekosten für die privaten Haushalte, einer Stimmer 2007). Die Wiener U-Bahn ist damit seit ihrem Bestehen schreiben es Klusacek et al. (2008): Die 1950er-Jahre sind dem- umfassenden Versorgung der Stadtbevölkerung und einer Verein- untrennbar mit der baulichen Entwicklung der Stadt verbunden. nach von einem schwachen Urbanisierungsprozess geprägt, die fachung der Versorgungs-, Netz- und Ausbauplanung durch die Sie hat sich sogar zu einem der wesentlichen Katalysatoren der 60er von innerer Stadterweiterung und leichter Suburbanisierung. Stadt selbst bedeutet (vgl. Meißl 2006). Ebenfalls Anfang der 70er- Urbanisierung Wiens entwickelt: „Die wesentlichen Impulsgeber In den 70ern setzt sich die Stadterweiterung leicht fort, während Jahre fällt die Entscheidung zur 2. Donauregulierung – genau ein bzw. Entwicklungsträger sind Verlängerungen von U-Bahnlinien die inneren Bezirke desurbanisiert werden. In den 80ern hingegen Jahrhundert nach der vom Kaiser angeordneten ersten Flussregu- bzw. Aufwertung einer alten Stadtbahnlinie in eine U-Bahn und sind starke Suburbanisierungstendenzen auszumachen, wobei lierung. So wird in den 15 Jahren bis 1987 auf der Fläche des bis deren Verlängerung (U6).“ (Pirhofer & Stimmer 2007: 96) gleichzeitig und fortgesetzt in den 90ern der ehemalige Stadtrand dahin am linken Donauufer freigehaltenen Inundationsgebiets mit Zugleich bedingt eine veränderte urbane Ökonomie ab den eine intensive Urbanisierung erfährt. Gerade ab 2000 kommt es dem Entlastungsgerinne ein durchgehender Hochwasserschutz 1980ern funktionale Verschiebungen im Siedlungsgefüge. Der auf Basis intensivierter Migration in der gesamten Stadtregion zu für die Stadt geschaffen (vgl. ebd.). Das Ergebnis – die Neue ohnehin bereits geschrumpfte Produktionssektor verlagert sich einer starken Urbanisierung. Donau und die – sind dabei auch Ausdruck einer sich noch weiter in die Außenbezirke oder sogar in das Wiener Um- verändernden politischen Kultur und Planungsphilosophie der Die Ausbreitung der Siedlungsfläche innerhalb der administrativen land. Stattdessen kommt es zu einem kontinuierlichen Büroflä- 1970er, wie in Folge noch zu diskutieren sein wird. Grenzen Wiens ist bezeichnend für die 1960er. Über 100.000 chenwachstum auf Basis der veränderten geopolitischen Lage Wohnungen entstehen zwischen `61 und `71. Mehr als die In Summe bewirken die diversen technischen, verkehrlichen und und Wiens Rolle als Gateway im Ost-West-Städtenetzwerk. Die Hälfte unter dem Titel der Stadterweiterung in den Bezirken 10, 21, auch sozialinfrastrukturellen Maßnahmen eine Auflockerung des Logik der Standortsuche international agierender Dienstleister ist 22 und 23 (vgl. Bihl et al. 2006). Entsprechend beginnen sich auch seit dem Mittelalter extrem dicht besiedelten Stadtzentrums bei jedoch eine andere als in den verdrängten Branchen. Nun sind Arbeitsstätten und Beschäftigte disperser über das Stadtgebiet zu gleichzeitiger Verdichtung der Außenbezirke und Aufschließung Konnektivität, Repräsentativität und die Verfügbarkeit von Human- verteilen und damit die extreme Zentrum-Peripherie-Trennung der ehemaligen Randbereiche. Der zur selben Zeit steigende kapital die vorrangigen Standortfaktoren, woraus sich eine weit aufzuweichen. Sozialinfrastruktur und Verwaltung schaffen diese Motorisierungsgrad der urbanen Bevölkerung lässt die Bewe- fragmentiertere, zugleich aber stärker polyzentrische Stadtstruktur Dezentralisierung jedoch lange nicht in gleichem Ausmaß wie die gungsradien enorm ansteigen, wodurch das Flächenwachstum ergibt (vgl. Hatz & Weinhold 2009). Dass die umfassende Etablie- Wohninfrastruktur, woraus für das funktionale Geflecht der Stadt nicht nur als wenig problematisch empfunden, sondern auch rung einer polyzentrischen Stadtstruktur bislang trotzdem weitge- vielfach noch heute Probleme resultieren (vgl. Becker & Novy dezidiert für dessen Umsetzung argumentiert wird. Die Studie von hend misslingt, ist dabei unter anderem auf den intensivierten Bau 1999). Trotzdem nimmt auch die infrastrukturelle Erschließung Müller (2007) zeigt die durch die Infrastrukturentwicklung hervor- regionaler Einkaufszentren in Stadtrandlage ab den 1980ern Wiens in den 60er- und 70er-Jahren Fahrt auf. 1962 wird die erste gerufene Veränderung der Bevölkerungsdichten in den Wiener zurückzuführen (vgl. Pirhofer & Stimmer 2007). Viel eher zeichnet Schnellbahn zwischen Meidling und Floridsdorf eröffnet (vgl. Stadtteilen seit 1888 eindrucksvoll (vgl. Abb. 12). sich dagegen in den frühen Jahren des 21. Jahrhunderts eine Bekesi 2005), um dem verstärkten Nord-Süd-Pendelverkehr – neue sozialräumliche Polarisierung ab, von der Migrant*innen und Der Effekt all dieser und weiterer Großprojekte ist eine relative hervorgerufen durch transdanubischen Bevölkerungszuwachs bildungsferne Schichten in besonderem Ausmaß betroffen sind. Dezentralisierung Wiens in den letzten zwei Jahrzehnten des 20. und cisdanubischen Arbeitsplatzzuwachs – Rechnung zu tragen. Auffällige Bruchlinien dieser neuen stadträumlichen Segregation Jahrhunderts (vgl. Posova & Sykora 2011). So zeigt sich, dass der 1969 beginnt der lang diskutierte Bau der Wiener U-Bahn. Die sind interessanterweise weiterhin die alten administrativen und U-Bahnbau zum einen zwar nachweislich die ohnehin stark aus- Inbetriebnahme der U1 zwischen Karlsplatz und Reumannplatz sozialräumlichen Grenzziehungen der Stadt: Ringstraße, Gürtel geprägte Monozentralität der Stadt gestärkt, zugleich aber zur erfolgt schließlich 1978 (vgl. Weber 2006). 1970 beginnt auch die und Donau (vgl. Stadtentwicklung Wien 2015). Etablierung und Entwicklung von Sub- und Bezirkszentren – Umstellung der Gasversorgung aller Wiener Haushalte auf Erdgas, Favoriten, Floridsdorf, Kagran – beigetragen hat (vgl. Pirhofer &

Abb. 12: Veränderung der Bevölkerungsdichten in Wien seit 1888

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Wien. Eine Stadtplanungsgeschichte

23 |

„ Planung ist per se zukunftsorientiert, ihr Gegenstand ist je- doch über weite Strecken die (historisch tradier- te) Stadt. Dies gilt im Prinzip für jede Stadt, aber zu besonders hohen Anteilen für Wien.“

Gottfried Pirhofer & Kurt Stimmer (2007): „Pläne für Wien“, S.184

IE IENER LANUNGSGESCHICHTE den Diskurs und die Pfade der Planung wesentlich beeinflusst sind sie pfadbestimmende Ankerpunkte eines stadtentwicklungs- D W P : haben. Dies mündet in der Beschreibung der institutionellen politischen Diskurses. Denn die Konzepte und Strategien erzeugen UNBEKANNTES TERRAIN? Ordnung der Wiener Planung, also den verfestigten planungspoli- mittels Zielsetzungen, Leitbildern und Karten ein Framing, das eine tischen Wert- und Zielsetzungen. Schließlich werden diese Dimen- nur schwer wegzuweisende Planungsrealität schafft. Inwieweit die Mit der Wiener Stadtplanungsgeschichte als eigenständigem sionen um die Betrachtung des planungspolitischen Diskurses großen Pläne – insbesondere ihr Inhalt – also Produkt der herr- Politikbereich, den darin handelnden Personen, geführten Diskur- erweitert. Dazu zählen insbesondere debattenbeeinflussende schenden Fachvorstellung von räumlicher Ordnung und urbaner sen und gefällten Entscheidungen, befassen sich bisweilen nur Narrative um den Wiener Entwicklungspfad, jene eine bestimmte Entwicklung, oder politisches Instrument ist, bleibt bei ihrer inhaltli- wenige Autor*innen umfassend. Entweder ist in derartigen Wer- stadtentwicklungspolitische Ideologie legitimierenden Argumente, chen Betrachtung vorerst verborgen. Trotzdem sind sie Zeitdoku- ken der thematische Fokus eng gefasst, oder sie behandeln nur sowie dominante Imaginierungen „guter Urbanität“. Die Struktur- mente, die Einiges über das jeweilige Planungsverständnis – einen eingeschränkten historischen Ausschnitt – zumeist begin- ebene wird nicht explizit behandelt, da sie sich entsprechend der zwischen Expertise und Transparenz, kommunikativer Aushand- nend mit 1989. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang entwickelten Methodologie aus dem Stadtentwicklungspfad, also lung und politischem Willen – verraten. Ein erster Überblick über zwei Arbeiten, die Pionierleistungen in der systematischen Erfas- dem politischen Regime und den darin enthaltenen Möglichkeiten die Wiener Planungsgeschichte lässt sich also sehr gut an den sie sung der Wiener Planungsgeschichte vollbracht haben. Zuerst ist für eine selbstbestimmte Stadtplanung, dem wirtschaftlichen und strukturierenden „großen Plänen“ ablesen. gesellschaftlichen Kontext und den baulich-physischen wie funkti- dies die umfassende, im Umfeld des STEP 2005 herausgegebene Dabei lassen sich grundsätzlich Bodenordnungs- und Stadtent- onalen Bedingungen und Veränderungen außerhalb der Pla- Arbeit „Pläne für Wien“ von Pirhofer & Stimmer (2007), in der die wicklungsinstrumente unterscheiden. Erstere sind rechtsverbindli- nung, speist. Dessen ungeachtet spielen sie natürlich eine großen Pläne und Leitbilder, Strategien und Projekte der Wiener che Festlegungen zur Regelung der Flächennutzung: Bau- Planung seit 1945 detailliert aufgearbeitet und in den jeweiligen wesentliche Rolle für die planungshistorischen Entwicklungen, ordnungen, Flächenwidmungs- und Bebauungspläne. Letztere städtischen Entwicklungskontext gesetzt sind. Zum anderen liefert weshalb fallweise auf sie verwiesen wird. formulieren Zielvorstellungen zur urbanen Zukunft auf Basis von Matznetter (2005) in Anlehnung an Albers ein 4-Phasen-Modell In Summe lässt sich daraus eine systematisierte Wiener Stadtpla- Empfehlungen und umfassen alle Arten urbaner Leitbilder, städte- der Wiener Planung – Gefahrenabwehr, Auffangplanung, Stadt- nungsgeschichte entwickeln, die zwei Jahrhunderte an Versu- baulicher Visionen und planerischer Strategien, die im Rahmen entwicklungsplanung, Stadtmanagement – das die teils paradig- chen von Ordnung und Entwicklung der Stadt gemäß hoheitlicher Steuerung der Stadtentwicklung entstehen. Auf Basis matischen Unterschiede im Verständnis von Ordnung und beschriebener Dimensionen in eine Geschichte der Kontinuitäten einer ersten oberflächlichen Betrachtung der Chronologie dieser Entwicklung der Stadt skizziert. Darüber hinaus fehlt jedoch eine und Brüche übersetzt und damit ein überschaubares Bild zeichnet. Strategien und ihrer Charakteristik lässt sich schnell eine grobe differenzierte Auseinandersetzung mit der Evolution der Wiener Gliederung der Planungsgeschichte vollziehen (vgl. Abb. 13): Planung als institutionalisierter politischer Prozess, öffentlicher Diskurs und stadtverändernde Größe.  19.Jhdt.: Ausschließlich Bodenordnung, keine vorausschau- ende Ordnungs- oder Entwicklungsplanung Entsprechend liegt es im Interesse von TRANS[form]DANUBIEN EINE CHRONOLOGIE DER GROßEN  Bis zum I. WK: Eine dem künstlerischen Städtebau verpflichtete die Aufarbeitung und Systematisierung der Wiener Planungsge- Ordnungsplanung schichte weiterzutreiben. Die vier eingangs vorgestellten Analyse- PLÄNE: WIENS PLANUNG IM ÜBERBLICK  Zwischenkriegszeit: Kein konzertiertes räumliches Leitbild, da- ebenen – Struktur, Handlung, Institutionen, Diskurs – bilden die für mehrfache Adaption der Bodenordnungsinstrumente empirische Grundlage zur Herausarbeitung spezifischer Verände- Räumliche Pläne sind ein wesentlicher Part der institutionalisierten rungen in der jeweiligen Dimension. In der Zusammenschau Planung. Sie sind eines der zentralen Produkte des politischen  Nachkriegszeit: Expertengeleitete Stadtplanung in wirtschaftli- lassen sich daraus stabile und dynamische Phasen, sowie Über- Prozesses Stadtplanung und repräsentieren die Überzeugung, cher Aufschwungsphase der „technischen Moderne“ gänge und Brüche zwischen historisch dominanten Perioden der dass Stadtentwicklung einer fundierten Kenntnis über externe  Ab etwa 1980: Hohe Dichte an periodisch wiederkehrenden Planung ablesen. Vereinzelt können daraus auch treibende Kräfte Einflüsse und zu erwartende Veränderungen bedarf. Zugleich und zunehmend strategischen Leitbildern einer Veränderung des Planungssystems eruiert werden. Auf dieser Basis lassen sich schließlich die Stadtentwicklungs- und Stadtplanungsgeschichte Transdanubiens sinnvoll einbetten und wesentliche endogene und externe Faktoren lokaler urbaner Transformation links der Donau zu einem stimmigen Gesamtbild zusammensetzen.

Den Anfang machen die „großen Pläne“. Sie sind in Art und Ausprägung an sich zwar Ausdruck institutionalisierter Planung, zugleich aber strukturierende Elemente einer langen Stadtpla- nungsgeschichte (vgl. Fachgespräch W.Matznetter 2017). Damit in enger Verbindung steht die Sammlung an hervorhebenswerten individuellen wie kollektiven Akteur*innen – von den herausra- genden politischen Figuren über die großen Vordenker*innen der Planung bis hin zu einflussreichen Verwaltungsbeamt*innen – die Abb. 13: Chronologische Übersicht der "großen Pläne" zur Wiener Bodenordnung und Stadtentwicklung

25 | Der Beginn der Planung in Wien kann mit dem Erlass der ersten Pirhofer & Stimmer 2007). Otto Wagners radikaler Entwurf einer cher Satelliten – sogenannter Trabantenstädte – wie sie etwa auch Wiener Bauordnung von 1829 angesetzt werden. Schon zuvor unendlichen Großstadt, die bis weit über die Donau und die im Greater London Plan vorgesehen sind (vgl. Platzer 2018). bildet das Verhältnis zwischen Grundherrschaften und Bauherren Grenzen der Stadt hinauswachsen sollte, erreicht den ersten Platz, Politisch ist ein derart utopisches Leitbild allerdings nicht opportun, zwar die rechtliche Basis jedes Bauvorhabens. Die Institutionalisie- findet jedoch aufgrund des Kriegsausbruchs keine umfassende da die Hauptaufgabe von Planung vielmehr in der Ordnung des rung allgemeiner Regeln zur Bodenordnung stellt jedoch einen Realisierung mehr. Trotzdem wird der fortschreitenden Stadtent- Raums und der Schaffung der Grundlagen zum „Aufräumen der Wandel gegenüber der vorangegangenen Epoche dar. Ein wicklung in erneuerten Plänen weiter Rechnung getragen – so Stadt“ gesehen wird. Im Zentrum des Plans steht folglich der paradigmatischer Bruch erfolgt hingegen 20 Jahre später: „Mit der auch 1908 im neuen Bauzonenplan, der eine klare Höhenstaffe- soziale Städtebau als Mittel des Wiederaufbaus und der Stadter- Verwaltungsreform 1849/50 treten die Gemeinden an die Stelle lung der Gebäude – vom Zentrum weg abfallend – festlegt (vgl. weiterung. (vgl. Brunner 1952) Rainers „Planungskonzept Wien“ der Grundherrschaften […].“ (Matznetter 2005: 62) Somit wird die Matznetter 2005). Mit diesen ersten Leitbildern für Wien werden (vgl. Rainer 1961) wagt sich knapp zehn Jahre später noch weiter bauliche Entwicklung der Stadt zur hoheitlichen Aufgabe. Auf gleichzeitig zwei Zielvorstellungen etabliert, die die Wiener Stadt- vor und entwickelt auf Basis fachlicher Analyse und vermeintlich Basis der zur selben Zeit neu entwickelten Bauordnung entsteht entwicklung noch ein Jahrhundert später beschäftigen sollten: die ideologiefreier Expertise ein städtebauliches Grundkonzept und 1866 der Generalbaulinienplan, dessen Anspruch die Anpassung monozentrische Struktur in Form der Dichte- und Höhenfestle- einen Generalverkehrsplan mit verstärktem Fokus auf die künftige der baulichen Struktur der Stadt an die Bedürfnisse der Industriali- gungen – die intensivste Ausnutzung im Stadtzentrum – und das Entwicklung der Stadt. Liefert Brunner über weite Strecken eine sierung ist (vgl. Czeike 2004). Diesen Zielen – breitere und weniger Wachstum der Stadt über die Donau. Überschau laufender Stadtentwicklungsprojekte mit Fokus auf gekrümmte Straßen, rasterförmig und damit effizient aufzuschlie- Verkehrs- und technische Infrastrukturbauvorhaben, der der neue Nach dem Krieg erweist sich der Wagner‘sche Regulierungsplan ßende Vororte – sollen auch die vielen Regulierungspläne Rech- Flächenwidmungsplan als Bekenntnis zur aktuellen Stadtentwick- angesichts des gestockten Bevölkerungswachstums und der über nung tragen, die ab 1860 intensiv entwickelt werden (vgl. lung nachsteht, ist Rainers Konzept ein auf umfassender Grundla- die Kriegsjahre entstandenen „wilden“ Stadtrandsiedlungen als Matznetter 2005; Maderthaner 2006). Das Flächenwachstum der genforschung fußendes Zukunftsleitbild. Beide verschreiben sich nicht mehr realisierbar (vgl. Schweitzer 1970). 1929 erfolgt daher Stadt und seiner Industrie wird also antizipiert und derart vorberei- jedoch dem funktionalen Städtebau, wie er zu jener Zeit Konjunk- die Weichenstellung zur modernen Stadtplanung, indem der tet, dass von Wien aus die noch nicht eingemeindeten Vororte tur hat – Rainer schließlich mit einer Autoaffinität, wie sie der lange gültige Generalregulierungs- und Bauzonenplan durch eine bereits mit einem Regulativ zur baulichen Entwicklung belegt technischen Moderne der 60er entspricht. So ist die Errichtung neue Bauordnung mit Flächenwidmungsplan und Bebauungs- werden, sodass die Verschiebung der administrativen Grenze neuer hochrangiger (Auto)Verkehrsachsen eine entscheidende plan ersetzt werden (vgl. Czeike 2004). Die 30er- und 40er-Jahre nach außen schließlich nur noch Formsache ist. Viel entscheiden- Prämisse für die Umsetzbarkeit seines polyzentrischen Stadtmodells bringen schließlich keine räumlichen Pläne von Relevanz, die nicht der ist jedoch der Grundstein, den die erste Bauordnung vor einer gegliederten und aufgelockerten Stadt. Letztlich scheitert das aus einer rein propagandistischen oder militärstrategischen Inten- knapp 200 Jahren für die spätere Stadtplanung legt. Sie ist das Experiment des Generalstadtplaners jedoch, als sich die Stadtpolitik tion heraus geboren werden. Die künftige räumliche Struktur erste hoheitliche Instrument, das den Aushandlungsprozess zwi- nicht mit dem Ergebnis anfreunden kann und nur Auszüge aus Wiens und die Rolle der Stadt im Deutschen Reich werden einzig schen Gemeinde und Bauherren bezüglich baulicher Transforma- den Konzepten beschlossen werden (vgl. Czeike 2004). Trotzdem auf Basis ideologischer oder kriegsstrategischer Überlegungen tion der Stadt definiert und zudem der Willkür der wird erkenntlich, dass Planung bereits als sehr umfassende Aufga- und weitgehend nur von Hitler determiniert. Die Aufgabe von Grundeigentümer*innen in der Verwirklichung ihrer Partikularin- be zwischen technischer Infrastrukturerrichtung, Wohnen, Ver- Stadtplanung und Städtebau reduziert sich entsprechend auf die teressen gewisse Grenzen im Sinne eines übergeordneten Ord- kehr, Arbeiten und Versorgung betrachtet wird. Die faktische Sicherstellung von Überwachung, Versorgung, militärischer Pro- nungsanspruchs setzt. Noch heute ist die Wiener Bauordnung – Regionalisierung der Stadt – insbesondere durch die Massenau- duktion und Absicherung gegenüber feindlichen Angriffen, sowie wenngleich mit unverkennbar anderem Inhalt – zentrales Rechts- tomobilisierung – wird ebenso Thema wie die rasante technische die Repräsentation nationalsozialistischer Ideologie in monumenta- instrument zur Regelung der städtischen Bodenordnung und Innovation der Zeit. len Bauwerken (vgl. Historisches Museum Wien 1999). Deutlich Entwicklungsplanung der Stadt und verdeutlicht, dass räumliche wird darin stets jene Dualität, die sich in der Planung Wiens schon In Folge wird auf große räumliche Leitbilder verzichtet. In den Ordnungs- und Entwicklungsansprüche der öffentlichen Hand vor und auch noch nach dem Nationalsozialismus zeigt: Erhalt der 60er- und 70er-Jahren entsteht stattdessen eine Vielzahl techni- zuallererst auf einem politisch-juristischen Grundgerüst fußen (vgl. historischen Strukturen und Ensembles im Zentrum gegenüber scher Infrastrukturgroßprojekte als Zeichen des Primats der Ingeni- Bauordnung für Wien). moderner Stadtentwicklung durch Stadterweiterung in den Rand- eurwissenschaften in der Planung jener Zeit. Das wird möglich, als 1893, nach der 2. Stadterweiterung, entsteht mit dem Bauzonen- bereichen. sich hierin politische Wohlfahrtsziele der Sozialdemokratie mit plan erstmals ein Plandokument, das das Stadtgebiet hinsichtlich modernistisch-technokratischen Zielvorstellungen treffen: Zugang In den Nachkriegsjahren wird – den Herausforderungen der Nutzung und baulicher Dichte in vier Bereiche differenziert. „Der und Versorgung, Innovation und Fortschritt. Zugleich erreichen Kriegsfolgen zum Trotz – schon sehr früh an der Wiederetablie- Bauzonenplan 1893 stellt die erste durch Gemeinderatsbeschluss die gesellschaftlichen Umbrüche der 1970er auch den planeri- rung der Stadtplanung gearbeitet. Aus diesem Anspruch erwach- bestätigte Zielvorstellung für die räumliche Entwicklung des ge- schen Diskurs, womit Bürger*inneninformation, Demokratisierung sen 1952 mit Karl Brunners „Stadtplanung für Wien“ ein neuer samten Stadtgebiets dar.“ (Schweitzer 1970: 24) Im selben Jahr und Interessensvielfalt zu Planungsthemen werden. Flächenwidmungsplan und ein erstes umfassendes Sammelwerk wird mit der Ausschreibung des Wettbewerbs zu einem General- zum Stand der Stadtplanung der Nachkriegszeit (vgl. Brunner Wenngleich die Wiener Stadtplanung in Folge dieses Umbruchs regulierungsplan auch das deutliche Interesse der kommunalen 1952). Planungsgrundlage ist bis dahin der schon 40 Jahre gültige natürlich nicht stillsteht, dauert es trotzdem fast zwei Jahrzehnte, Politik an einer umfassenden städtebaulichen Vision für die künfti- Generalstadtplan bzw. die Bauordnung von 1929 (vgl. Czeike bis mit der Erarbeitung eines neuen umfassenden Entwicklungs- ge Entwicklung der Stadt geäußert. Das Ziel ist neben der Etablie- 2004). Dem Zeitgeist folgend plädiert Brunner für eine weitge- konzepts begonnen wird: dem Stadtentwicklungsplan 1984. rung einer eigenständigen räumlichen Politik gegenüber dem hende Trennung städtischer Funktionen, die Auflockerung dichter Dieser ist Ausdruck eines neuen Verwaltungsdenkens, das Pla- kaiserlichen Einfluss (vgl. Czeike 2004) schlicht die Anpassung der innerstädtischer Bereiche und die Neugründung gartenstadtähnli- nung als integrierte Materie unterschiedlicher Disziplinen, als baulichen Struktur an die zur Metropole gewachsene Stadt (vgl.

| 26 mehrere Politikbereiche umfassende und demokratisch legitimierte (vgl. ebd.). Dieser radikale Bruch – Ort ersetzt Raum, Entwicklung mäßige Botschaft der Planungsverwaltung „nach außen“ geschul- Aufgabe versteht (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1985). Jedoch: Die ersetzt Ordnung – ist Ergebnis einer neuen Managementorientie- det. Entsprechend stellt sich zunehmend die Frage nach der Planung bleibt streng in den lokalen Verwaltungsapparat einge- rung in Teilen der Wiener Planung, die wiederum auf die Ver- Sinnhaftigkeit des Instruments zur Unterstützung raumpolitischer gliedert. So werden räumliche Fragen letztlich auf die Bezirke schiebung von Government- zu Governance-Mechanismen und wohlfahrtsstaatlicher Zielsetzungen. In einer Planungsphase, runtergebrochen und folgen damit einer politisch-administrativen zurückzuführen ist. Dem allgemeinen Planungsverständnis der Zeit die weniger vom visionären „Plan-Machen“ als von Komplexitäts- und keiner raumevidenzbasierten Logik. Trotzdem etablieren sich folgend, steht die Prozessorientierung im Mittelpunkt. Nicht nur, management und flexibler Kommunikation geprägt ist, erfüllt der der wirtschaftliche Wandel, Ökologie und ein „qualitatives Wachs- dass etwa die Entstehung der folgenden Stadtentwicklungsstrate- STEP also mittlerweile die Rolle eines Werbeinstruments, das ver- tum“ als neue Planungsthemen. Das propagierte Achsen-Zentren- gien ausführlich dokumentiert wird, sind eine (schwierig umzuset- sucht, stadtpolitische Ziele und die laufende Verwaltungsarbeit auf Modell präsentiert sich als Mischform eines technokratischen zende) partizipative Konzeptentwicklung, die laufende den unterschiedlichen fachthematischen und teilräumlichen Planungsverständnisses, das in erster Linie an Infrastrukturkosten Fortführung der Strategiediskussion, sowie die Evaluierung von Ebenen zu einer konsolidierten Botschaft zu synthetisieren. Ent- interessiert ist und daher die Urbanisierung entlang gut aufge- Konzepten zentrale Anliegen einer auf Qualitätssicherung und sprechend schwieriger wird es aus Sicht einer kritischen For- schlossener Achsen fordert, sowie des funktionalen Modells poly- Transparenz bedachten Verwaltung (vgl. u.a. MA 18 2005). Diese schung anhand der Aussagen und Zukunftsbilder allein der zentrischer Stadtentwicklung, das der Überlastung des Zentrums Haltung determiniert den Prozess aller bis dato folgenden großen Stadtentwicklungspläne Aussagen über die räumliche Politik der Abhilfe schaffen soll (vgl. ebd.). Der STEP 84 eröffnet eine Phase Pläne der Stadtentwicklung. Zukunft zu treffen. der Regelmäßigkeit in der Neukonzeption der Wiener Zukunft. Alle Dieser Logik kann sich auch der nachfolgende Stadtentwicklungs- zehn Jahre stellt ein neuer STEP zugleich die Zäsur einer Pla- plan von 2005 nicht verschließen. Mit der Festlegung von Zielge- nungsperiode und die Fortführung des kommunikativen, integra- bieten der Stadtentwicklung erfolgt auch hier die Hinwendung tiven und konsensualen Planungsselbstverständnisses dar. zur proaktiven Standortproduktion. Das angestrebte Stadtmodell WER MACHT DIE PLANUNG? LEITFIGUREN 1994 erfährt das räumliche Leitbild kaum Änderung. Es kommt pendelt weiter zwischen faktischer Monozentralität und planeri- DER WIENER STADTENTWICKLUNG aber zu einer deutlichen räumlichen Ausdifferenzierung durch die schen Bestrebungen zur Dezentralisierung, wobei das Mehr- Hervorhebung besonders „wertvoller“ Projekte der Stadtentwick- Zentren-Modell weit weniger radikal ausfällt als Rainers Siedlungs- Die Wiener Stadtplanungsgeschichte ist, das lassen diese ersten lung, die die Linie der künftigen Urbanisierung vorgeben sollen. In leitbild der 60er (vgl. ebd.). Insgesamt rückt das etablierte räumli- Ausführungen bereits anklingen, eng mit dem Wirken einzelner diesen spiegelt sich der soziale und ökonomische Transformati- che Leitbild damit aber in den Hintergrund und wird durch eine Handelnder verbunden. Deshalb und in Anlehnung an das ASID- onsprozess der Zeit wider. Es geht vorwiegend um Konsumismus, betonte Multiskalarität aufgeweicht. Auch die Aufgabe der Pla- Modell, das die Handlungsebene als eine wichtige Komponente Dienstleistungsorientierung, Siedlungswachstum und Standort- nung selbst wird sehr viel weiter definiert, wodurch streng räumli- der Stadtentwicklung versteht, soll an dieser Stelle der Frage nach- produktion. Planung ist in Anbetracht der EXPO-Absage deutlich che und per se nicht-räumliche Fragen zum Thema der gegangen werden, wer in der Historie der Wiener Planung ent- devoter, was sich auch in der Leitfigur der „aktiven Anpassung“ an Auseinandersetzung werden. Die Smart City Rahmenstrategie von scheidenden Einfluss auf den politischen Prozess der Globalisierung und Europäisierung ausdrückt. Thematisch rücken 2014 ist aktuellster und deutlichster Ausdruck dieser Veränderung, Stadtentwicklung ausgeübt hat. Diese Darstellung reduziert sich allen voran die Re-Urbanisierung und die Chance der Europäisie- die statt einer räumlichen eine thematische Zuspitzung versucht jedoch nicht auf jene, die von Rechts wegen planerische Verord- rung in den Vordergrund (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1994). und damit ein lokales Narrativ bzw. ein inhaltliches Framing für die nungen oder Ziele formulieren, also das politisch-administrative künftige Stadtentwicklung entwirft (vgl. Magistrat der Stadt Wien Noch mehr Nachdruck wird der wachsenden Bedeutung des System. Vielmehr soll ein Überblick zum Wandel des gesellschaftli- 2014). Aus einer Außensicht verschwimmen damit aber zuse- Blicks nach außen ab 2000 durch die Strategiepläne 2000 und chen Spektrums, das die Stadtplanung rückblickend maßgeblich hends die Grenzen zwischen fachlich angeleiteter Stadtentwick- 2004 verliehen, die ab dann auch den räumlichen Fokus ver- geprägt hat, vermittelt werden. Dabei spielen individuelle Ak- lungsplanung und politisch induzierter Strategieplanung. schieben. Nicht mehr die Ordnung des Raums unter zu erwarten- teur*innen, also Einzelpersonen, ebenso eine Rolle wie kollektive den Bedingungen, sondern die proaktive Transformation Der mittlerweile vierte Stadtentwicklungsplan, der STEP 2025, ist als Akteur*innen, etwa Organisationseinheiten der Verwaltung, ausgewählter Orte wird als adäquate Replik auf die diversen Weiterführung dieser Form der Stadtentwicklungspolitik zu verste- politische Parteien, Vereine oder organisiert agierende soziale Entwicklungsherausforderungen erachtet. Die Strategiepläne hen. Es kommt ein weiteres Mal zur Reduktion des Leitbilds auf Gruppen. verzichten daher auch auf ein stadtübergreifendes räumliches schematische Vorstellungen „guter Urbanität“, weil innerhalb der Stadtplanung ist, das belegen Lehrbücher, Praxiserfahrung, media- Leitbild und konzentrieren sich stattdessen auf strategische Projek- Wiener Planungslandschaft vielfach vor den Folgen eindeutiger le Berichterstattung und Judikatur, zumeist mit einem Eingriff in te (vgl. Magistrat der Stadt Wien 2001a, 2004). Die Strategie be- räumlicher Festlegungen gewarnt wird (vgl. Fachgespräch ano- Eigentumsrechte verbunden. Nicht zufällig ist daher auch in Wien steht in der Profilierung der Qualitäten Wiens und der nym 2017). Thematisch wird das Feld noch einmal erweitert um die Bodenordnung die erste Form eines modernen planerischen Positionierung der Stadt im internationalen Kontext. In diesem Sinn aktuelle Problemlagen: Ungleichheit & Krise, Klima & Energie, Ordnungsversuchs. Gerade die lange Tradition des liberalen sind die Strategiepläne Planungsgrundlage und Vermarktungsstra- Digitalisierung & Wissen (vgl. MA 18 2014a). Vielfach bleibt die Laissez-faire der Planung des 19. Jahrhunderts macht daher die tegie zugleich. Das verdeutlicht sich auch in der Flexibilität, was die letztgültige Strategie zur Lenkung des Wiener Entwicklungspfads Grundeigentümer*innen und Akteur*innen des Immobilienmarkts Struktur vorgestellter Projekte und Prozesse anbelangt. Ak- jedoch Antworten im Sinne einer offensiven räumlichen Politik zu einer nicht wegzudenkenden Größe der Stadtentwicklung – teur*innen, Abläufe und Ziele sind ebenso problem- und ziel- schuldig. Das ist in Teilen sicherlich den neuen politökonomischen auch heute noch. Wie zuvor beschrieben, besteht hoheitliche gruppenorientiert, wie sie beliebig sind. Globalisierung und Rahmenbedingungen und der damit verbundenen Zukunftsunsi- Stadtplanung ab 1850 weitgehend im reaktiven Anpassen der Standortwettbewerb sind Determinanten der strategischen Pla- cherheit und einem veränderten Planungsverständnis, womöglich stätischen Ordnung an das freie Spiel der Marktkräfte. In der Phase nung, Kultur und öffentlicher Raum herausragende neue Themen aber auch der Institutionalisierung des STEP als erwartete regel- gründerzeitlichen Stadtwachstums ab 1860 werden auch die

27 | Baubehörden zum wichtigen Proponenten dieser Ordnung. Sie sowie zur lebensweltlichen und kulturellen „Hebung“ der proleta- Erhaltung der „musealen Kulturstadt Wien“ ist, und der Riege an forcieren die Umsetzung der Regulierungspläne für die Aufschlie- rischen Masse finden Eingang in die wohlfahrtsstaatliche Politik regimetreuen Fachleuten, die Neubauten im modernistischen Stil ßung der Wiener Vororte. Denn nur die darin vorgesehene Ras- des Roten Wiens (vgl. Maderthaner & Musner 2003). erdenken (vgl. Historisches Museum Wien 1999). Der heranrol- terbebauung mit möglichst geraden Straßen und gleichförmigen lende Krieg erklärt diese Debatte jedoch letztlich für obsolet. Nach dem Ersten Weltkrieg beginnt eine nur vom Ständestaat Baublocks kann die Gleichberechtigung der Grundeigentümer und Nationalsozialismus unterbrochene Periode sozialdemokrati- Eine umfassende räumliche Strategie sollte es erst wieder Jahre und Bauherren am Markt sicherstellen und die erhofft hohen schen Einflusses auf die Wiener Stadtentwicklung. Tatsächlich ist nach Kriegsende geben. Dafür verantwortlich zeichnet u.a. die Renditen bringen (vgl. Pirhofer & Stimmer 2007). Die positiven keine andere europäische Hauptstadt derart lange von einer Besatzung Wiens durch die alliierten Mächte (vgl. Mattl 2000). Effekte für diese Gruppen durch die umfassenden Stadterweite- politischen Partei geprägt, was sich in der Ausrichtung diverser Neben Armut und Zerstörung erschwert auch die Ungewissheit rungen von 1892 bzw. 1904/05 werden also durch die kommu- stadtpolitischer Agenden auszeichnet (vgl. Suitner 2015a). Aber über den Verbleib Österreichs, die politische Eigenständigkeit nale Verwaltung sorgsam vorbereitet. Die kaiserliche Initiative zum nicht nur die Wiener Stadtpolitik an sich erhält zu dieser Zeit ihre Wiens und die künftigen Stadtgrenzen die Erarbeitung einer Stadtumbau ab 1857 tut ihr Übriges, um diese Ordnung zu stüt- wohlfahrtsstaatliche Prägung. Auch Ausrichtung und Organisati- standfesten Entwicklungsvision. Dem zum Trotz eröffnet Bürger- zen: Aufrechterhaltung der sozialen Segregation durch Freihal- on der Stadtplanung werden maßgeblich vom sozialdemokrati- meister Theodor Körner am 09. Juli 1945, nur wenige Wochen tung der Altstadt von gründerzeitlicher Bebauung für schen Zugang beeinflusst. Schon vor 1914, noch als oppositionelle nach Kriegsende, die Enquete über den Wiederaufbau der Stadt Arbeiterfamilien, symbolischer Urbanismus für die herrschende Kraft, spricht sich die SPÖ in Anbetracht der preissteigerungsindu- Wien – ein Fachsymposium, aus dem schließlich ein umfassendes Klasse entlang des Ringstraßenboulevards, Infrastrukturausbau für zierten Suburbanisierung der Arbeiterschaft deutlich für leistungs- Arbeitspapier für Instandsetzung und Weiterentwicklung der Stadt das industrielle Wachstum (vgl. Maderthaner 2006). fähige Verkehrsprojekte aus, die die Beförderung der Arbeiter resultiert (vgl. Pirhofer & Stimmer 2007). Damit wird nicht nur das Zum Ende des Jahrhunderts, als sich eine eigenständigere Stadt- zwischen Wohn- und Arbeitsort sicherstellen (vgl. Capuzzo 1998). offenkundige Aufbruchsgefühl der unmittelbaren Nachkriegsjahre politik zu etablieren beginnt, wird auch der künstlerische Städte- Als die Sozialdemokratie 1919 mit absoluter Mehrheit ihre Regie- deutlich. Es zeigt sich auch, wie jene nicht ideologisch vom NS- bau und mit ihm Camillo Sitte und Otto Wagner relevant. Trotz rungsarbeit antritt, beginnt nicht nur die Phase des Roten Wiens Regime belasteten Akteur*innen, die ab `45 zur Verwaltung der aller inhaltlichen Unterschiede bildet ihr Oeuvre einen wichtigen mit dem bekannten, von der Wohnbausteuer getragenen kom- Agenden Wiens bestellt werden, eine Fortführung der Planungs- Teil der Städtebaugeschichte. Es ist aber besonders Otto Wagner, munalen Wohnbauprogramm und der Errichtung von Sozial-, politik von vor 1934 erreichen wollen. Eine städtebauliche Neu- der das Wiener Stadtbild und die Imaginierung vom Wien der Bildungs-, Kultur- und Gesundheitsinfrastruktur. Die soziale Grund- ordnung Wiens ist also auch auf der Handlungsebene kein Zukunft prägt. Sein Entwurf zum Generalregulierungsplan wartet versorgung wird zum vorrangigen stadtentwicklungspolitischen erfolgsträchtiges Modell. mit einer radikalen Wachstumsvision auf, die den Donaustrom in Ziel (vgl. Weber 2006; Kadi & Suitner 2018). Und so stellt sich eine Wie engagiert die Stadtverwaltung in den 1950er- und 60er- sich aufnimmt und das Marchfeld urbanisiert. Die von ihm entwor- Neuordnung innerhalb stadtentwicklungsrelevanter Bereiche ein: Jahren Planung betreibt, lässt sich unter anderem an der aktiven fene Wiener Stadtbahn und die Vorortelinie sind Manifest seines Wohnbau und Verkehr werden zu ganz zentralen Belangen in Ankaufspolitik von Grundstücken zu Zwecken der Stadterweite- Glaubens an die Ideale der technischen Moderne und seine der Umsetzung der sozialistischen Politik, während Planung im rung ablesen. Die Gemeinde kauft Flächen – vorwiegend im Auffassung von Stadtbaukunst. Und auf Basis seiner Großstadtvisi- Sinne räumlicher Strategiebildung oder städtischer Leitbilder zur Süden und Nordosten der Stadt – und erlaubt auf dieser Basis eine on werden bis Kriegsbeginn Konzepte entwickelt, die zwar erst gleichen Zeit an Bedeutung verliert (vgl. Fachgespräch weitgehend reibungsfreie Umsetzung planerischer Zielsetzungen weit später, aber dafür bestärkt durch das lange Schwelen der W.Matznetter 2017). Diese Trennung der Politikbereiche Stadtpla- (vgl. Bihl et al. 2006). Es ist dies also insofern eine herausragende Idee, ihre Umsetzung finden: das U-Bahn-Netz, die Höhenstraße, nung & Verkehr auf der einen, Wohnbau auf der anderen Seite ist Zeit, als die Stadt erstmals und auch im Vergleich zur aktuellen oder ein Hochwasserschutz für die Donau (vgl. Paula 2005). bis heute manifester Bestandteil der Wiener Planungspolitik und Situation weiterhin einmalig eine überaus starke Position als Eigen- erklärt auch, warum die Agenden sich nicht immer synchron Auch politisch bedeutsame Figuren für die Planung Wiens hat die tümerin, Verwalterin und Verwerterin von Grundeigentum ein- verhalten. Wende zum 20. Jahrhundert vorzuweisen, allen voran die Galli- nimmt. Die Kraft und Durchsetzungsfähigkeit eines derart starken onsfigur des munizipalen Populismus, Bürgermeister Karl Lueger. Noch stärker auf technische Bauprojekte zieht sich die Stadtpla- lokalen Staats ist einer unangefochtenen Dreiheit bei den politi- Kraft seines Amts setzt der Christdemokrat Politiken um, die in nung ab 1934 zurück. Projekte wie die Reichsbrücke und die schen und Verwaltungsakteur*innen jener Zeit geschuldet: ers- Summe den Umbruch vom liberalen zum christlich-sozialen Re- Höhenstraße sind hier nennenswert und verweisen auf die im tens, eine allen gemeinsame sozialdemokratische Ideologie, gime markieren. In den Jahren 1897-1910 trägt er für Maßnah- Ständestaat besonders ausgeprägte Orientierung der Stadtpla- zweitens, die Selbstverständlichkeit der Übersetzung dieser Hal- men zur Kommunalisierung wesentlicher Teile der städtischen nung am Konzept der autogerechten Stadt (vgl. Czeike 2004). Im tung in eine wohlfahrtsstaatliche Stadtpolitik nach den Grundsät- Infrastruktur Rechnung, was nicht nur der Ideologie eines starken Nationalsozialismus obliegt die Entscheidung über Rolle und zen Gleichheit und Zugang, Wohlstand und Gerechtigkeit, und Staats entspricht, sondern auch als strategische Maßnahme zu Entwicklung Wiens allein Adolf Hitler bzw. dessen Berliner drittens, die Umsetzung des vorherrschenden Leitbilds für das verstehen ist, schafft der eigenständige Betrieb dieser Infrastruktu- Reichsarchitekten Albert Speer. Die neu bestellten Wiener Gaulei- Wien der Zukunft – Erhalt des historischen Zentrums, Modernisie- ren doch Steuereinnahmen, die der Gemeinde neuen Handlungs- ter haben entsprechend wenig Entscheidungsmacht und werden rung durch Stadterweiterung. Diese Haltung prägt die Wiener spielraum eröffnen (vgl. Maderthaner 2006). Als ähnlich auch mehrfach ausgewechselt – wie auch die Marschroute zur Stadtplanung in den ersten Dekaden der Zweiten Republik (und bedeutsame politische Kraft – wenngleich nicht mit so großer Transformation der Stadt. Wenngleich der Anschluss nämlich bei zum Teil noch weit darüber hinaus) maßgeblich und macht den Entscheidungsmacht ausgestattet wie Lueger – muss Victor Adler vielen Architekten, Städtebauern und Planern Euphorie erzeugt, lokalen Staat in der Phase zwischen 1919 und 1934, bzw. 1945 bis genannt werden. Adler gilt als zentrale Figur der frühen Wiener werden die unzähligen daraus resultierenden, oft in vorauseilen- in die 70er-Jahre zum unbestritten wichtigsten Akteur in der

Sozialdemokratie und wesentlicher Sozialreformer. Viele der vom dem Gehorsam produzierten Entwürfe nie realisiert. Denn es gibt Stadtentwicklungspolitik Wiens. ausgebildeten Arzt propagierten Maßnahmen zur Hygienisierung, einen schwelenden Disput zwischen Hitler, der letztlich für die

| 28 Zwei herausragende Figuren der Nachkriegszeit sind die nachei- dungsträger*innen einen bislang nicht gekannten Konterpart Kotyza als zentrale Figur für die letztliche Realisierung der Idee zur nander zum Leiter der Wiener Stadtplanung ernannten Karl Brun- gegenüberstellt: die eigenen Bürger*innen (vgl. Eigner & Resch Schaffung umfassender, periodisch wiederkehrender Stadtentwick- ner (1948-51) und Roland Rainer (1958-63). In der damaligen 2001). In einer Reihe an stadtentwicklungspolitischen Konflikten lungspläne für Wien. Die Konsequenz ist also eine immense Auf- Vorstellung guter Planung werden die erfahrenen Experten zum werden Printmedien zum Sprachrohr von Bürger*inneninteressen weitung des Spektrums der Wiener Stadtplanung bereits an der Kopf eines Vorhabens erklärt, an dessen Ende ein akkordierter und und stützen – erstmalig seit der Siedlerbewegung – Bottom-Up- Wende zu den 1970ern – nicht nur, weil planerische Grundlagen, vorausschauender Plan für die Wiener Stadtentwicklung stehen Initiativen der Stadtentwicklung (vgl. Mattl 2000). Einmal mehr Konzepte und Zielvorstellungen nicht mehr allein aus dem engen soll (vgl. Weber 2006). Beide machen in der Vorbereitung und erweitert sich damit das Akteursspektrum um einen planungspoli- Kreis des politisch-administrativen Systems stammen, sondern weil Ausarbeitung der Strategie kein Hehl daraus, dass sie Verfechter tisch einflussreichen Player. damit eine Vielfalt an Perspektiven und Werthaltungen in die eines funktionalen städtebaulichen Ideals sind – aufgelockerte Stadtentwicklungspolitik Wiens Einzug hält, die bereits erahnen Zugleich wird am Übergang zwischen der Rainerschen Techno- Strukturen, Trennung urbaner Grundfunktionen, hochrangige lässt, welch radikaler Wandel der Planungsphilosophie für die kratie und dem Wiener Modell der 70er deutlich, dass selbst eine Verkehrsbänder zur Erschließung. Auch treten beide in ihren folgenden Jahre bevorsteht. fachlich fundierte und gut ausgestattete Planungsverwaltung die Konzepten für eine umfassende Stadterweiterung ein (vgl. Brun- komplexer werdenden Aufgaben moderner Stadtplanung nicht Eine in diesem Umfeld entscheidende Personalie bedingt 1976 der ner 1952; Rainer 1961). Bezeichnend ist jedoch, dass beide Kon- zur Gänze im Alleingang lösen kann. So beeinflussen im Rückblick Reichsbrückeneinsturz. Er ist nicht nur ein Puzzlestein in der zu- zepte am Gemeinderat scheitern. So bleiben aus zwei Jahrzehnten eine Reihe an fachlich der Stadtplanung zuzurechnenden Auf- nehmenden Skepsis gegenüber der technischen Moderne, son- Planungspolitik nur eine neue Flächenwidmung und ein 8-Punkte- tragnehmer*innen der Stadt mit ihren inhaltlichen Konzepten, dern zwingt Planungsstadtrat Fritz Hofmann zum Rücktritt. An Programm des sozialen Städtebaus (1951), 11 Grundsätze für die formalen und wissenschaftlichen Ansprüchen an den Planungs- seine Stelle tritt Rudolf Wurzer (vgl. Pirhofer & Stimmer 2007), der künftige städtebauliche Entwicklung Wiens und der Generalver- prozess die Geschicke der Stadtentwicklungspolitik der 60er bis rückblickend für einen ontologischen Sprung in der Wiener Stadt- kehrsplan (1961) (vgl. Czeike 2004). Obwohl also explizit berufen, 90er (vgl. Fachgespräch J.Gielge 2017). Im Besonderen sind hier planungsgeschichte steht. So zeichnen sich die 1980er durch eine entledigt sich die Politik der von den Experten erdachten Leitbilder, hervorzuheben: Die TU-Professoren Dorfwirth und Engel, deren neue Wissenschaftlichkeit in der Wiener Planung aus. Der Diskurs, um sich in ihrem Handeln nicht gegenüber der kundgemachten Verkehrsmodelle wesentliche (wenngleich mittlerweile scharf zu die Vernetzung und der Austausch zwischen politischen und Fachmeinung erklären zu müssen. Dabei scheitern die Konzepte kritisierende) Planungsgrundlagen darstellen (vgl. Rosinak & Part- akademischen Planungsakteur*innen werden intensiviert.4 Kom- nicht in erster Linie wegen des zugrunde gelegten funktionalisti- ner ZT GmbH o.J.), das Ingenieurbüro Schickl, das die U-Bahn- munikative Ansätze und regionale Kooperation werden dadurch schen Stadtmodells, sondern primär an der vorgeschlagenen Netzplanung in Wien durch Aufträge der Stadt wesentlich vorbe- erst zu relevanten Größen in der Kommunalplanung, Umwelt und Wohnbautypologie und dem damit implizierten Lebensstilmuster, reitet (vgl. ISP Ziviltechniker GmbH. o.J.), das von der Stadt Wien Standortentwicklung zu zentralen Themen. Wirtschaftswandel, das nicht mit dem tradierten sozialdemokratischen Ideal vereinbar 1969 beschlossene und schließlich 1970 gegründete Institut für neuer Wohnbau und das langsame Erahnen der Re- scheint (ebd.). Eines wird daraus aber deutlich: Die Vormachtstel- Stadtforschung, welches vor allem durch die Herren Georg Con- Urbanisierung begraben die „funktionalistische Doktrin“ (Pirhofer & lung des Gemeinderats als Planungsakteur und letzte Instanz der ditt, Albert Kaufmann und Helmut Korzendörfer wesentliche Stimmer 2007: 73) schließlich endgültig. Wurzer ist es auch, der im Entscheidung über den Wiener Stadtentwicklungspfad. stadtsoziologische Grundlagen für die Planung erarbeitet (vgl. Auftrag von Bürgermeister Leopold Gratz 1976 die Arbeit an Diese Bedeutung prolongiert sich auch nach dem „Experiment Wien Geschichte Wiki 2018a), sowie das Österreichische Institut einem umfassenden Stadtentwicklungsplan aufnimmt (vgl. Pirhof- Rainer“ in einer wiederum an den traditionellen Verwaltungsstruk- für Raumplanung (ÖIR) und hier insbesondere die Herren Fried- er & Stimmer 2007; Wien Geschichte Wiki 2017d). turen orientierten Stadtplanung. Dass dabei aber weiterhin rich Schindegger und Peter Schneidewind, deren Ausarbeitungen Dass die Wiener Planungsgeschichte eine Erzählung über politi- Wohnbau und Verkehr an erster Stelle stehen, zeigt sich deutlich. und spätere Beiträge zum Diskurs um die europäische Positionie- sche Entscheidungsträger*innen, vorrangig Bürgermeister und Die Gemeinde bleibt größte Bauträgerin (vgl. Bihl et al. 2006). rung Wiens im neuen Europa für diverse Stadtentwicklungskon- ihre Stadträte, ist, erscheint im Wiener Kontext – starker Staat, Gleichzeitig ist kaum eine Planung ohne das Primat der (motori- zepte prägend sind (vgl. u.a. Schindegger & Schneidewind 1997). sozialdemokratische Tradition, paternalistische Politik (vgl. Becker & sierten) Verkehrserschließung denk- oder diskutierbar (vgl. Pirhofer Aber auch innerhalb der Verwaltung drängen sich mit etwas Novy 1999) – nicht weiter verwunderlich. Trotz der eben genann- & Stimmer 2007). Vorerst nur leichte Veränderung erfährt diese Abstand betrachtet einige Persönlichkeiten als einflussreich für die ten Hinwendung zu verstärkt kommunikativen Ansätzen und dem Haltung 1966 mit der Entscheidung pro U-Bahnbau. Sie ist an- prägenden Stadtplanungsprojekte der Zeit auf, die noch dazu wirksamen, wenn auch beschwerlichen Lernprozess einer Integra- fangs auch weniger verkehrspolitische Maßnahme als Symbol der nicht in erster Linie die hierarchisch höhergestellten und damit tion von Bürger*inneninteressen. bleibt sie aber auch zum Ende Modernisierung und erstes Indiz eines politisch angeschobenen politiknahen Posten besetzen (vgl. Fachgespräch J.Gielge 2017). des 20. Jahrhunderts eine Geschichte politischer Leitfiguren. So ist wirtschaftlichen und technologischen Aufholprozesses der Stadt, Unter ihnen sind etwa Gerhard Gilnreiner und, ihm folgend, Peter es unter anderem Planungsstadtrat Hannes Swoboda, der, unter- der sich in diversen technischen Großprojekten widerspiegelt. Im Wünschmann als Leiter des Ingenieur*innenteams zur generellen stützt von Bürgermeister Helmut Zilk, am Beginn der 1990er beschleunigten Wandel Wiens entstehen jedoch auch mehrfach U-Bahnplanung innerhalb der MA18 zu nennen (vgl. Arch+Ing verstärkt um die Profilierung Wiens im internationalen Kontext Probleme: Bauskandale und Korruption sind der offenkundigste, 2010). Wilhelm Kainrath und August Fröhlich gelten hingegen als bemüht ist. Swoboda sympathisiert mit den kulturpolitischen Eliten, der unsensible Umgang mit baulichem Bestand und kulturellem zwei entscheidende Treiber der Stadterneuerung. Insbesondere Städtebauern und Planern und wird mit ihnen zu einem der Erbe bei der Modernisierung der Stadt der schmerzlichste Aus- Kainraths Name ist untrennbar mit dem Begriff des Wiener Mo- Verfechter einer Weltausstellung in Wien und Budapest 1995 (vgl. druck einer nicht mehr adäquaten Stadtplanungsphilosophie. dells verbunden (vgl. u.a. Androsch 2008). Darüber hinaus müs- Swoboda 1990). Dass die EXPO schließlich nicht stattfindet, ist – Entsprechend beginnt sich im Wien der 70er-Jahre zunehmend sen Bruno Domany und Karl Glotter als Pioniere einer bis dahin ziviler Protest zu formieren, der das Recht auf Mitbestimmung in 4 eher stiefmütterlich behandelten Grünraumplanung innerhalb der Vgl. u.a. die Publikationsreihe „Beiträge zur Stadtforschung, Stadtentwick- Stadtentwicklungsbelangen und den Erhalt wertvoller Gebäude, lung und Stadtgestaltung“ der Geschäftsgruppe Stadtplanung des Magist- Stadtplanung genannt werden, sowie im Besonderen Georg Grünflächen und Kulturräume einfordert und damit den Entschei- rats der Stadt Wien ab 1977

29 | paradoxerweise – Ausdruck derselben Politik, die sich eine Demo- Orten zum Thema hat (vgl. MA 18 2005). zumal sich der städtische Wandel in den Jahren zwischen `89 bis kratisierung von Planung auf die Fahnen heftet und beim Volks- `08 stetig zu intensivieren scheint. Und drittens gewinnen die Das zeichnet auch die neuen Planungsvorhaben aus, die ab Mitte entscheid eine Abfuhr erteilt bekommt. Auch hier wird die medial fragmentierten Eigentumsverhältnisse in den nunmehr viel früher der 1990er-Jahre vermehrt in enger Zusammenarbeit mit privat- geschürte Skepsis letztlich zum wesentlichen Faktor des Scheiterns als erwartet relevant gewordenen Hoffnungsgebieten der Stadt- wirtschaftlichen Akteuren ihre Umsetzung finden. Hervorzuheben einer Top-Down-Politik (vgl. Pirhofer & Stimmer 2007). entwicklung an Einfluss auf den Planungsprozess. ist dabei etwa die Übertragung der Agenden der Stadtentwick- Auch zum Beginn des neuen Jahrtausends verhält es sich mit der lung im Bereich Donau City an die WED, einen privatwirtschaftlich Im Rückblick wird also deutlich, dass individuelle politische und Einflussnahme auf die Agenden der Stadtplanung kaum anders. agierenden Immobilienentwickler (vgl. Seiß 2007). Charakteristisch Verwaltungsakteur*innen spätestens ab den 1990er-Jahren ihre Auf Geheiß von ÖVP-Planungsstadtrat Bernhard Görg wird 1997 für diese neue Phase der Wiener Planung ist auch, dass vermehrt weitreichenden Steuerungskompetenzen gegenüber neuartigen die Arbeit am späteren „Strategieplan 2000“ aufgenommen. Die kommunale Betriebe, insbesondere im Bereich Infrastruktur und Planungsprozessen mit Interessenskonflikten und ständig wech- darin propagierte managementorientierte Planungsphilosophie kommunale Dienstleistung, in einen schwer abzugrenzenden, selnden Rahmenbedingungen einbüßen. Das liegt nicht nur an spiegelt dabei nicht unbedingt die Haltung von Akteur*innen der halböffentlichen Bereich wandern, in welchem sie zumeist nach einer bislang einzigartigen Akteursvielfalt, die sich auf eine neue Planungsabteilung, sondern vielmehr jene der politischen Leitfigu- privatwirtschaftlichen Zielsetzungen agieren und nur noch zum Breite an räumlichen Herausforderungen und eine damit einher- ren und hohen Beamt*innen des Magistrats wider. So werden u.a. Teil planungspolitischen Zielsetzungen unterstehen (vgl. Stadt- gehende hohe Planungskomplexität gründet, sondern ebenso an eine eigene Infrastrukturkommission und eine Fachkommission rechnungshof Wien 2014). Während diese Veränderungen aber der Planungsphilosophie, die – anders als zuvor – sehr viel kon- Verkehr, jeweils unter Leitung des Stadtbaudirektors, eingerichtet, vornehmlich auf die zumindest partielle Durchsetzung eines textspezifischer und problemorientierter an die Sache herangeht die stadtentwicklungspolitisch wegweisende Fragen zum hoch- unternehmerischen Politikverständnisses in Wien zurückzuführen und deshalb jeweils spezifische Steuerungs- und Planungsprozesse rangigen Verkehrsnetz und weiteren Materien diskutieren (vgl. sind, liegt die Begründung für eine zunehmend kleinräumig entwirft. Schon in den 1970ern wird eine Aufweitung des Akteurs- Weber 2006). Mit dem Strategieplan 2004 findet das Modell dann orientierte und (im gesamtstädtischen Maßstab betrachtet) zu- spektrums erkennbar, die sich mittlerweile in einem alle Gesell- seine einmalige Fortsetzung (vgl. Magistrat der Stadt Wien 2004). nehmend fragmentierte Stadtentwicklungsplanung in anderen schaftsbereiche umfassenden, flüchtigen lokalen Governance- Planungsstadtrat Rudolf Schicker hingegen beauftragt 2002 den Umständen begründet. Erstens verleitet das neue zielgruppen- regime niederschlägt. Die daraus erwachsenden Ambivalenzen im engeren Aufgabengebiet der Stadtentwicklungsabteilung und kontextsensible, partizipative Planungsverständnis zu Recht zu zwischen Demokratisierung und Komplexität, Teilhabe und Klien- liegenden Masterplan Verkehr 03 und den STEP 05. Trotzdem ist einer „Politik der kleinen Schritte“, die im kleinen Maßstab eher zu telpolitik sind offenkundige Herausforderungen des aktuellen der Einfluss eines neuen Planungsverständnisses unverkennbar, realisieren ist. Zweitens überrollen die räumlichen Effekte von stadtplanerischen Handelns und Zeichen einer seit der Jahrtau- insbesondere im Fokus des Leitbilds, das statt vorausschauender Tertiärisierung, Entgrenzung und Bevölkerungswachstum eine sendwende erneut transformierten lokalen Planung (vgl. Abb. 14). räumlicher Entwicklung nun die strategische Konstruktion von vom Effizienzziel beschnittene städtische Verwaltung zusehends,

Abb. 14: Einflussreiche Akteur*innen der Wiener Planungsgeschichte im gesellschaftlichen Spektrum

| 30 ERFESTIGTE IELE NSTITUTIONALISIERUN- Versorgung der verarmten Stadtbevölkerung hingegen schon. Mit wirtschaftlichem und geopolitischem Wandel beginnt sich V Z : I Das schlägt sich entsprechend deutlich in den stadtplanerischen Ende des 20. Jahrhunderts eine Phase des urbanen Managements GEN DOMINANTER PLANUNGSIDEALE Projekten des Roten Wiens nieder. Die Phase offen ideologisch zu entwickeln, in der die Experten-orientierte Top-Down-Planung informierter (Infrastruktur)Bauprojekte setzt sich auch in den 30er- einer flexiblen, kontextabhängigen und zunehmend strategischen und 40er-Jahren fort, wenngleich die Vorzeichen bekanntlich Ausrichtung weicht (vgl. Becker & Novy 1999). Die „umfassende ≡ INSTITUTIONALISIERTE STADTENTWICKLUNGSPOLITIK: diametral unterschiedlich sind. Die komplette Neuordnung der Aufgabe Planung“ führt nicht mehr zwingend zu überbordender ORDNUNG, BAUKUNST, PLANUNG, STEUERUNG Verwaltung zur gleichen Zeit ist hierfür ein deutlicher Indikator, Grundlagenarbeit und politischem Gießkannenprinzip im Sinne Wenngleich mit Erlass der ersten Wiener Bauordnung von 1829 der noch ausführlicher zu diskutieren sein wird. des egalitären Wohlfahrtsstaats. Stattdessen werden Profilierung noch nicht von Planung im heutigen Sinn gesprochen werden und Zielgruppenorientierung, Kommunikation und Vermarktung, Die Folge des Weltkriegs ist der Versuch einer deutlichen Abgren- kann, ist damit zumindest ein erstes rechtsverbindliches Instrument Effizienz und Wettbewerb zu bestimmenden Größen. Stadtpla- zung des politisch-administrativen Systems vom NS-Regime, die geschaffen, das die Bodenordnung der Stadt institutionalisiert (vgl. nung wird damit von der streng raumwissenschaftlichen Disziplin sich in einer (zumindest oberflächlichen) Entpolitisierung der Czeike 2004). Es ist dies der Ausdruck eines gesteigerten Bedarfs zur weiter gefassten Steuerungsaufgabe. Standortpolitik löst den Nachkriegsstadtplanung manifestiert. Es ist dies – in Wien wie an Ordnung in einer sich ansonsten chaotisch urbanisierenden sozialen Städtebau weitgehend ab – auch im Wohnbau, wo etwa anderswo – die Blütephase einer Experten-geleiteten, positivisti- Industriemetropole. Zugleich verdeutlicht die Bauordnung mit Themenbauten eine neue Dimension eröffnen (vgl. Matznetter & schen Stadtplanung, die im Lichte von Aufschwung, Innovation ihren technischen Vorgaben, dass Stadt und ihre bauliche Ent- Vorauer-Mischer 2009). Dieser Wandel schlägt sich ab den 80ern und Wohlstand kontextfreie Stadtsysteme entwirft, die in moder- wicklung als zutiefst technische, also ingenieurwissenschaftliche unter anderem auch in neu gegründeten (halb)öffentlichen nistischen, funktionalistischen und teils autogerechten Leitbildern Aufgabe verstanden werden (vgl. Matznetter 2005). Eine auf der Verwaltungseinheiten nieder, die spezifischen Aufgaben der urbaner Entwicklung münden (vgl. Weber 2006; Matznetter & nächsthöheren Maßstabsebene angesiedelte vorausschauende Standortproduktion und -vermarktung, sowie zielgruppenorientier- Vorauer-Mischer 2009). Wien verleiht dem technokratischen Ordnungsplanung nimmt ihre Anfänge erst mit den Regulie- ter Planung nachgehen (siehe unten). Eine weitere Fundierung Zeitgeist – der Fachmann als Politikersatz – besonderen Ausdruck rungsplänen der 1860er und dem Baulinienplan von 1866 (vgl. erfährt dieses Steuerungsmodell in den letzten 15-20 Jahren durch durch Bestellung von Brunner zum Leiter der Wiener Planungsab- Czeike 2004). Doch auch diesem Ansatz fehlt es an einer perspek- eine explizit am Ansatz strategischer Planung orientierte Politik, in teilung und später Rainer zum besonders befugten „Stadtplaner tivischen oder gar prognostischen Zukunftsdimension. Im damali- der sich Themen und Herausforderungen, Akteur*innen und von Wien“ (vgl. Czeike 2004). Wenngleich keines der beiden gen liberalen stadtpolitischen Regime ist an eine solche Zielgruppen, wie auch die Orte der Planung anlassbezogen daraus entstandenen Konzepte je seine vollständige Umsetzung Vorwegnahme potentieller Entwicklungsperspektiven durch den verändern. lokalen Staat auch gar nicht zu denken. Die Folge ist, dass auf erfährt, wandelt sich damit doch das lange gültige Dogma sozial- dieser Basis der massiven industriellen Urbanisierung nicht ausrei- demokratischer Stadtentwicklungspolitik. Aus dem Ziel der umfas- chend Rechnung getragen werden kann, wie auch Schweitzer senden Grundversorgung mittels Wohnbau und ≡ POLITISCHE RATIONALITÄT: DER VERWALTUNGSAPPARAT (1970: 24) feststellt: „Wien verfügte in der Periode seiner umfang- Verkehrsplanung wird in den 50er- und 70-Jahren langsam aber ALS INSTITUTIONELLES GERÜST VON PLANUNG reichsten baulichen Erweiterung und Erneuerung über ein unzu- stetig Stadtplanung als umfassende Aufgabe. Die daraus resultie- Dass die politische Steuerung des Urbanisierungsprozesses bau- reichendes Planungsinstrumentarium, das nur aus dem rende „Wiener Mischung“ wohlfahrtsstaatlicher Planungspolitik ist technische und ingenieurwissenschaftliche Aufgaben impliziert, erwähnten Baulinienplan bestand.“ der sogenannte soziale Städtebau, der sich in den diversen Leitli- schlägt sich bereits 1835 in der Gründung des Wiener Stadtbau- nien und x-Punkte-Programmen der Zeit manifestiert (vgl. Eigner & amts nieder (vgl. Pirhofer & Stimmer 2007). Es ist dies lange Zeit die Ein wirklich visionäres Leitbild tritt erst 30 Jahre später im künstleri- Resch 2001). Die „technische Moderne“ (Weber 2006: 15) dauert entscheidende Verwaltungsinstanz, wenn es um die bauliche schen Städtebau und zwar in Form des Generalregulierungsplans in Wien bis in die frühen 1980er-Jahre an und zeichnet sich durch Veränderung Wiens geht. Dessen ungeachtet liegt die wesentli- nach Otto Wagner (1893) zutage. Die darin zur Anwendung hierarchische, teils mechanistische Abläufe, einen wenig sensiblen che Entscheidungskompetenz über Großprojekte und jene die gebrachte Stadtbaukunst steht an der Schnittstelle von Kunst und Umgang mit dem Bestand, zugleich jedoch durch einen unge- Stadtstruktur fundamental verändernden Eingriffe bei Bürgermeis- Ingenieurwissenschaft, Städtebau und Architektur, sowie Politik meinen Entwicklungsschub im Bereich der technischen Infrastruk- ter und Gemeinderat bzw. dem kaiserlichen Regenten, wie sich in und Planung und erlaubt es sich aus dieser Position sowohl ord- tur der Stadt aus. In Teilen erfährt dieses institutionell gut etablierte des Kaisers Stadtumbauplänen und den städtischen Regulierungs- nungs-, als auch entwicklungsplanerische Leitlinien aufzustellen Wertegerüst der Wiener Planung aber schon mit Anfang der 70er plänen für die Vororte zeigt. Trotzdem erhält das Stadtbauamt eine und künstlerische Entwürfe wie auch stadtpolitische Appelle zu einen Umbruch, als nämlich die Stadterneuerung zum Leitbegriff besondere Aufgabe, als dort 1894 ein Regulierungsbüro einge- formulieren (vgl. Wagner 1911). Nicht künstlerischer Genius, und obersten Entwicklungsziel avanciert (vgl. Pirhofer & Stimmer richtet wird, das sich mit Detailierung und Umsetzung des Gene- sondern sozialistische Ideologie prägt anschließend die Stadtpla- 2007). Zwar laufen die Entwicklung infrastruktureller Großprojekte ralregulierungsplans befassen soll (vgl. Czeike 2004). Vier Jahre nung vom frühen 20. Jahrhundert bis in die 1930er. Die auf die und die innere Stadterweiterung im Wohnbau noch lange Zeit später erfährt mit der Fachabteilung XIII im Stadtbauamt schließlich Bedürfnisse und Interessen der städtischen Arbeiterklasse ausge- parallel weiter, liegen sie doch im ureigenen Interesse der Bau- der Vorläufer der heutigen Stadtplanungsabteilung seine Grün- richtete Stadtentwicklungspolitik stützt sich auf die Grundversor- techniker und Ingenieure bzw. der politischen Entscheidungsträ- dung (vgl. Wien Geschichte Wiki 2018b). gung – vorwiegend in den Bereichen Wohnen und Verkehr – ger*innen. Die Neuausrichtung einer weitgehend gescheiterten und kehrt damit der Stadtbaukunst den Rücken. Fragen von Raum Planungsphilosophie ist jedoch nicht zu leugnen. Das allein führt Die Wachstumseuphorie und daraus resultierende Großstadtvision und Planung treten ebenso in den Hintergrund. Für rahmenge- auf institutioneller Ebene jedoch noch keinen paradigmatischen werden jedoch bald von der Realität einer verarmten, unterver- bende räumliche Leitbilder wie jenes von Wagner besteht in Wandel des Planungsregimes herbei. Das bewerkstelligt erst die sorgten Stadt eingeholt. Die Fachabteilung allein ist mit den Her- einem paternalistischen System, in dem die sozialistische Idee Summe an Veränderungen, die sich mit den 1970er-Jahren ein- ausforderungen der Urbanisierung Wiens überfordert (vgl. nahezu hegemonial ist, auch kein Bedarf – nach Maßnahmen zur stellt. Pirhofer & Stimmer 2007), zumal sie auf bautechnische und städ-

31 | tebauliche Aufgaben, nicht jedoch umfassende sozial- und infra- Leben gerufen wird (vgl. Wien Geschichte Wiki 2018b). Entschei- Stadtentwicklungsprojekten der Zeit. Sie sind Manifest der damali- strukturpolitische Projekte ausgerichtet ist (vgl. Wien Geschichte dender ist jedoch der damit verbundene unsanfte Austausch vieler gen politischen Rationalität und eines noch immer an der techni- Wiki 2018b). Das ist das Ergebnis einer nicht ausreichend an den Fachkräfte, Beamter und Experten der Wiener Planung durch schen Moderne festhaltenden Planungsverständnisses. sozialen Bedingungen jener Zeit orientierten Stadtpolitik. Eine Regimetreue. Während von den nationalsozialistischen Umstruktu- Großwohnbauprojekte wie die Per-Albin-Hansson-Siedlung oder Veränderung erfährt diese fehlende Institutionalisierung erst im rierungen nicht viel bleibt – bereits 1946 wird die Struktur der die Großfeldsiedlung, technische Infrastrukturprojekte wie das Roten Wien und auch da nur auf Basis besonderen Drucks „von Planungsverwaltung von `34 wiederhergestellt – ist viel perso- Entlastungsgerinne zur Donau, verkehrliche Maßnahmen wie unten“. Die krasse Wohnungsnot veranlasst Kaiser Karl noch nengebundenes Wissen und Expertise der Vorkriegsjahre verloren Südosttangente und U-Bahnbau und symbolträchtige Projekte wie während des Kriegs 1917 zu einer Notverordnung zum Schutz der (vgl. Weber 2006; Wien Geschichte Wiki 2018b). WIG 64 und UNO-City – sie alle sind Ergebnis einer Politik der Mieter*innen. Nicht nur, dass die Sozialdemokratie dieses Gesetz Planung, die von mehreren Faktoren beeinflusst ist. Erstens, dem Der feste Glaube an technische Moderne und Expertenwissen 1919 aufnimmt und damit die Basis für das heutige Mie- sozialdemokratischen Wertekanon eines fürsorglichen Staats, der zeichnet sich in der Wiener Stadtentwicklungspolitik der Nach- ter*innenschutzgesetz legt. Das Ausmaß chaotischer Suburbani- nach den Prinzipien Wohlstand, Zugang und Gleichheit handelt kriegszeit durch den Typus des „Stadtplaners“ aus. Zuerst wird sierung und die Entstehung wilder Siedlungen am Stadtrand und entsprechend für Grundversorgung und Infrastrukturentwick- Brunner 1948 zum Leiter der Wiener Stadtplanung berufen, erzwingen auch die Gründung eines Siedlungsamts, das die lung Sorge trägt. Zweitens, dem fordistischen und von rapider wobei hierunter eher die Wiederherstellung der früheren Verwal- Siedlerbewegung institutionalisiert, sie in Genossenschaften orga- technischer Innovation getragenen Fortschrittsgedanken, der die tungsordnung verstanden werden kann. Zwar soll sein Flächen- nisiert und langfristig legalisiert. Der Institutionalisierung folgt Möglichkeiten der Planung immens erweitert. Und drittens, dem widmungsplan die veraltete Planungsgrundlage ersetzen und die schließlich die kommunale Aneignung der Siedleridee durch die zunehmenden Blick nach außen, der einen Aufholbedarf in punc- Basis zur Realisierung eines modernen Städtebaus schaffen (vgl. Wiener Sozialdemokratie. Mit Erreichen des Bundeslandstatus und to Stadtentwicklung und Profilierung suggeriert. Die Montagebau Czeike 2004; Pirhofer & Stimmer 2007). Kompetenzen und Verwal- der damit verbundenen Finanzhoheit kann daher die aufkeimen- Wien GmbH bietet das beste Beispiel hierfür: „Ein zur Hälfte im tungsordnung werden hierfür jedoch keiner Veränderung unter- de Gartenstadtbewegung recht schnell ad acta gelegt und das öffentlichen Eigentum stehendes Fertigteil-Werk ermöglichte die zogen. Auch der Name der Magistratsabteilung – „Stadtregulie- groß angelegte kommunale Wohnbauprogramm in die Tat um- Produktion von durchschnittlich 12.000 neuen Wohnungen im rung“ – lässt erahnen, dass Brunners Aufgabe nur in der Ordnung gesetzt werden (vgl. Novy 1981; Maderthaner 2006; Giesecke & Jahr, davon 5.000 Gemeindewohnungen.“ (Mattl 2000: 147) der Dinge, der Anfertigung eines kohärenten Bildes der aktuellen Haindlmaier 2017). Auch der U-Bahnbau wird zur selben Zeit zur kommunalen Auf- Wiener Stadtentwicklung, liegen kann (vgl. Wien Geschichte Wiki gabe. So wird 1969 mit dem Beginn der Bauarbeiten die MA 38 In den Jahren 1920/21 wird das sozialdemokratisch informierte 2018b). Anders verhält es sich mit Rainer, der zum Stadtplaner für eingerichtet – eine eigene Dienststelle, die für die Durchführung Planungsverständnis umfassender Grundversorgung auch in der Wien ernannt und mit umfassenden diesbezüglichen Kompeten- der U-Bahn-Errichtung durch die öffentliche Hand Rechnung trägt Geschäftsordnung des Wiener Magistrats erkennbar. In der neuen zen ausgestattet wird. Rainers Büro übernimmt für fünf Jahre (vgl. Weber 2006). Geschäftsgruppe 5 für den bautechnischen Bereich werden sämtliche perspektivischen Stadtplanungsagenden (vgl. ebd.). Die insgesamt 16 Abteilungen gruppiert, darunter neben Grundange- Planung der urbanen Zukunft ist damit quasi aus der öffentlichen Eine weitere Anpassung an ein sich zunehmend veränderndes legenheiten (MA19), Verkehr (MA20), Architektur (MA22) und Verwaltung ausgelagert in ein Expertenteam – näher an der Planungs- und Politikverständnis erfährt die Organisation der Hochbau (MA23) im Besonderen die Stadtbauamtsdirektion und Technokratie ist die Wiener Planung nie gewesen. Doch das kommunalen Planung ebenfalls 1969 mit der Gründung einer Magistratsabteilung 18 für Stadtregulierung, Vermessungs- und Experiment scheitert am politischen Willen des Gemeinderats das Geschäftsgruppe Planung, der nunmehr mit Fritz Hofmann ein Siedlungswesen (vgl. Weber 2006). Das Gros gewagte Rainer’sche Konzept anzunehmen. So werden die eigener Stadtrat vorsteht (vgl. Pirhofer & Stimmer 2007). Damit (bau)projektspezifischer Anliegen ist damit in diesen klar abge- Agenden der Stadtplanung 1963 schließlich nach einer nur kur- werden die Planungsagenden der Stadt aus der Baudirektion grenzten Bereich des Verwaltungsapparats integriert, nicht jedoch zen Unterbrechung wieder in die MA 18 zurückgeführt (vgl. ebd.). herausgelöst und direkt der Magistratsdirektion – dem höchsten die Stadtentwicklungspolitik. Eine vorausschauende Stadtplanung Verwaltungsorgan der Stadt – unterstellt, was auf ihre zuneh- Eine Institutionalisierung anderer Art erfährt das Planungsver- auf Verwaltungsebene ist zu jener Zeit nahezu irrelevant. Wie mend politisch-strategische Bedeutung hinweist. Auch werden ständnis der 60er und 70er in den unzähligen großmaßstäblichen Mattl zudem feststellt, gerät in jenen Jahren neben dem Wohnbau der neuen Geschäftsgruppe Planung nicht-technische Dienststel- insbesondere die Verkehrsplanung zur zentralen Stellschraube: „Kommunalpolitik wird zur Organisation und Reglementierung von Verkehrsflüssen.“ (Mattl 2000: 77) In der Tat ist nicht zu leug- nen, dass das damals herbeigeführte Primat projektorientierter Wohnbau- und Verkehrspolitik gegenüber der abstrakten, strate- gischen Planung noch von langem Einfluss auf Organisation, Steuerung und Entwicklung der Stadt sein sollte.

Die politischen Einschnitte von Ständestaat und NS-Regime spie- geln sich auch in der politischen Rationalität wider. Wesentliche Änderungen erfährt die Verwaltungsstruktur der Stadtplanung vor allem 1939 und `41, als zuerst die Aufgabenbereiche zwischen den Abteilungen verschoben, schließlich die Verwaltungsstruktur weitgehend umgeworfen und ein umfassendes Planungsamt ins Abb. 15: Die Institutionalisierung dominanter Planungsideale

| 32 len zugeordnet, insbesondere die wirtschaftliche Planung (MA22) gebiet, beraubt hätte (vgl. Fachgespräche P.Eigner 2017). Doch aus, repräsentiert den Zeitgeist und damit ein kommunikatives, und die amtliche Statistik (MA66) (vgl. Fachgespräch J.Gielge anstatt das Bauvorhaben zur reinen Ingenieursaufgabe zu erklä- kooperatives und – ganz wichtig für Wien – ein konsensuales 2017). Die Aufgabe der Planung wird also nicht mehr ausschließ- ren, wird 1972 der Wettbewerb zum Donauraum ausgeschrie- Planungs- und Politikverständnis. So wird `85 zum Beispiel die lich in der Organisation des „Stadt-Bauens“ gesehen. Es beginnt ben, dem eine hochrangig besetzte Jury beiwohnt. Es folgt eine Stadtentwicklungskommission gegründet, in der sämtliche Ressorts damit die institutionelle Verwirklichung einer im Feld bereits viel- Phase der umfassenden Projektorganisation und die Einrichtung und politischen Parteien vertreten sind, um über stadtentwick- fach eingeforderten Aufweitung und Verwissenschaftlichung der eines Donaubeirats, der für die Sicherstellung der Umsetzung lungspolitische Fragen zu beraten (vgl. ebd.). hoheitlichen Stadtplanungspraxis. Zugleich rückt die Planung ausgesprochener Empfehlungen Sorge trägt (vgl. Pirhofer & Planung erfährt damit Ende des 20. Jahrhunderts eine grundle- aufgrund der inhaltlichen Verbreiterung und organisatorischen Stimmer 2007). Die umfassende Bürger*inneninformation im gend neue Zielrichtung – vom Erdenken des Endzustands zum Neuordnung ein Stück weiter in Richtung des Zentrums stadtpoli- Rahmen des Projekts ist nicht nur Ergebnis einer vorsichtiger konstanten politischen Prozess. Der Beirat für die Stadtentwick- tischer Auseinandersetzungen – mit allen positiven wie negativen gewordenen Stadtpolitik, die zivilen Protest nun ernst nimmt, lungsbereiche (1991) etwa soll konkrete Leitbilder ausarbeiten und Konsequenzen des fachlichen Einflusses auf politische Entschei- sondern auch ein weiteres Zeichen für das Aufkeimen des kom- qualitätssichernd wirken – parallel zu den ohnehin laufenden dungen auf der einen und der Beeinflussung eigener Agenden munikativen Paradigmas in der Wiener Planung. Dass eine neue Projekten und Entwicklungen. Auch thematisch ist die Multidimen- durch die Politik auf der anderen Seite. Wissenschaftlichkeit Ende der 1970er ebenso Einzug hält, lässt sich sionalität und Gleichzeitigkeit unverkennbar: Umwelt, Lebensquali- u.a. an der 1979 gegründeten Unterabteilung Stadtforschung Nicht zufällig ergibt sich daher in den Folgejahren eine Reihe an tät und Nachhaltigkeit werden zu Leitthemen der Stadtentwick- ablesen (vgl. Wien Geschichte Wiki 2018b). stadtplanerisch wichtigen Veränderungen. So erfolgen 1972 der lung, die den stark physisch-räumlichen Fachdiskurs der vergange- Erlass eines Altstadtsanierungsgesetzes und die Einrichtung eines Dass mit dem Umbruch vom fordistischen zum postfordistischen nen Jahrzehnte um stadtpolitisch relevante, aber nicht in erster Altstadterhaltungsfonds. Schutz und Pflege historischer Strukturen Wirtschaftsregime die Komplexität der Steuerung urbaner Entwick- Linie raumplanerische Dimensionen erweitern (vgl. ebd.). In der und baulicher Ensembles erfahren zu jener Zeit grundsätzlich lung zunimmt, muss auch Wien zur Kenntnis nehmen. Bereits Folge kommt es Ende der 1990er-Jahre zu zwei wesentlichen Auftrieb, als ihr ökonomischer und kultureller Wert zunehmend 1974 wird mit der Gründung der Wien Holding der Grundstein Unvereinbarkeiten. Erstens, General- und Projektplanung scheinen erkannt werden (vgl. Bihl et al. 2006).5 Das drückt sich auch in den zur später intensivierten Verschneidung von Staat und Markt in die lange selbstverständliche Verbindung zueinander mehr und 1972 in die Wiener Bauordnung aufgenommenen Schutzzonen der Steuerung kommunaler Entwicklung gelegt. Die lange Zeit mehr zu verlieren. Die Entwicklung fachlich fundierter Leitbilder aus, die die Festlegung schützenswerter Objekte und Ensembles vernachlässigte, real aber schon existente funktionale Verflechtung über eine mögliche urbane Zukunft folgt offenbar einer anderen ermöglicht (vgl. Stadt Wien 2018a; Bauordnung für Wien §7). All mit dem Stadtumland ist ein weiteres Beispiel für die komplexe Logik als die reale Stadtentwicklung, die sich fortlaufend in Einzel- das macht deutlich, dass die langen Jahre der implizit dualen politische Rationalität. Ihr wird 1978 mit der Gründung der Pla- projekten manifestiert (vgl. Czeike 2004). Und zweitens, die in die Stadtentwicklungspolitik – Wiederaufbau und Erhalt des histori- nungsgemeinschaft Ost (kurz: PGO) eine planungspolitische Basis politische Rationalität der Stadt übersetzte und dort verfestigte schen Zentrums vs. moderne Stadterweiterung – ihre Wirkung geschaffen. Auf die sich in der neuen urbanen Ökonomie der planungspolitische Philosophie ist trotz aller Veränderung schein- nicht verfehlt haben. Die Einrichtung von Gebietsbetreuungen 80er verändernden Standortanforderungen der Betriebe reagiert bar nicht ausreichend gerüstet, um den politischen Ansprüchen 1974 legt schließlich den institutionellen Grundstein für die Hin- die Stadt 1981 mit der Gründung des WWFF, des Wiener Wirt- an zeitgemäße Stadtentwicklungsprojekte gerecht zu werden. Die wendung zur Stadterneuerung und das heute vielzitierte Wiener schaftsförderungsfonds, der sich der Grundstücksbeschaffung zum Folge sind sich außerhalb der institutionalisierten Planung etablie- Modell der Planung (vgl. Androsch 2008). Dieser Schritt kann als Zwecke einer aktiven Betriebsansiedlungspolitik widmet (vgl. Meißl rende „Sonderprojekte“, die in Abhängigkeit vom politischen Ziel Weiterführung des sozialdemokratischen Modells ebenso betrach- 2006). Dahinter verbirgt sich auch die austrokeynesianische Stadt- konstruiert werden. Die EXPO-Vorbereitung ist dafür wohl das tet werden, wie als Reaktion auf die steigende Unzufriedenheit der politik: Arbeitsplatzschaffung durch Betriebsansiedlung (vgl. Czeike bekannteste Beispiel, die in Wettbewerbe ausgelagerten Master- Wiener*innen im Umgang der Planung mit baulichem Bestand 2004). Gleichzeitig kann man darin bereits die Vorzeichen einer planungen für Vorzeigeprojekte der Stadtentwicklungspolitik illus- und kulturellem Erbe ihrer Stadt und dem Unverständnis techno- insgesamt stärker an wirtschaftlicher Profilierung interessierten trieren dies für jüngere Jahre (vgl. Abb. 15). kratischer Experten gegenüber sich verändernden Lebensrealitä- Stadtentwicklungspolitik erkennen, die sich auch ihrer ökonomi- Das geschickte Spiel mit der politischen Rationalität ist somit auch ten, Nutzungsgewohnheiten und -bedürfnissen (vgl. Eigner & schen Grenzen im neuen Wirtschaftsregime bewusst ist. So sind in der Wiener Stadtentwicklungspolitik am Anfang des 21. Jahr- Resch 2001). Noch deutlicher drückt sich das veränderte Pla- neben der Gemeinde und der Wiener Wirtschaftskammer auch hunderts essentieller Bestandteil der Stadtentwicklungspolitik. Dass nungsverständnis nur im Projekt zum Bau eines Hochwasserschut- mehrere Banken an der Gründung des Fonds beteiligt. Dass Planung heute multiskalar ist, zeigt sich am Spektrum der Instituti- zes für die Donau aus. Die zweite große Donauregulierung sollte Standortfragen in einer – so die damalige Haltung – weitgehend onalisierungen: GBs, Stadtteilmanagements und LA21-Initiativen, das Stadtgebiet endgültig vor Überschwemmung schützen und zu Ende gebauten Stadt, die sich hauptsächlich innerlich restruktu- Masterpläne und Zielgebiete, STEPs und regionale Leitbilder, zugleich das Heranwachsen der Bebauung an den Fluss ermögli- rieren muss, zentrale Bedeutung erlangen, drückt sich einmal Städtenetzwerke und globale Profilierungsstrategien à la Smart chen. Die Befürchtung vieler Kritiker*innen des Vorhabens war mehr in der Einrichtung des Bodenbereitstellungs- und Stadter- City. Die Vielfalt an Themen, Akteur*innen und Zielgruppen der aus den unzähligen technischen Großprojekten der jüngeren neuerungsfonds 1985, sowie dem neuen Wohnhaussanierungs- Planung ist in all dem größer und variabler, entsprechend ange- Vergangenheit gespeist. Man sah einen überdimensionalen gesetz 1984 zur Beschleunigung der Stadterneuerung aus (vgl. passter an reale Problembefunde vor Ort, aber auch ideologisch Betonkanal kommen, der die Wiener*innen des Inundationsge- Pirhofer & Stimmer 2007). beliebiger geworden. So ist nicht gesichert, dass Institutionalisie- biets, einer typischen Wiener „Gstätt’n“ und endlosem Erholungs- Die Stadtplanung erschafft damit in den 1980er-Jahren in Reaktion rungen, die noch vor wenigen Jahrzehnten im Sinne des wohl- auf die vielschichtigen Veränderungsprozesse ein zunehmend fahrtsstaatlichen Paradigmas getätigt worden sind, heute nicht 5 Das europäische Denkmalschutzjahr von 1975 etwa ist nur ein weiteres komplexes Steuerungssystem. Dieses zeichnet sich durch eine dem gegenteiligen Zweck einer wettbewerbsorientierten Stadtpo- Beispiel eines international zunehmend an Relevanz gewinnenden stadtpoli- tischen Themas. neue Dualität von Planung als soziale und ökonomische Aufgabe litik dienen (müssen). Dass derartige Eingriffe in die institutionelle

33 | Ordnung aber nicht nur auf einen veränderten Wertekanon der Anders gesagt: Die besondere Konstellation des Politikbereichs N UKUNFT IEN AHRE ISKURS UM Entscheidungsträger*innen zurückzuführen sind, sondern durch Stadtentwicklung in Wien macht eine politische Einflussnahme auf I Z W : 200 J D einen radikal neuen Entwicklungskontext auch durchaus fachlich den an sich fachlich begründeten und rechtlich determinierten DIE KÜNFTIGE ENTWICKLUNG DER STADT begründbar sein können, erleichtert die kritische Einordnung Verwaltungsprozess zum zuweilen attraktiven Instrument der derartiger Veränderungen des Institutionengefüges nicht unbe- Durchsetzung partikularer Interessen. Das wird insofern verstärkt, „Planung besteht zu einem Großteil aus und beginnt beinahe dingt und würde daher auch eines eigenständigen Forschungs- als sich fallweise beobachten lässt, dass sich Belange der Flächen- immer mit einem Diskurs.“ (Pirhofer & Stimmer 2007: 111) Gerade ansatzes bedürfen. widmung an vielen Argumentationslinien orientieren, nicht jedoch mit Bezug auf Wien, wo – das hat sich bereits gezeigt – Planung an jenen der Generalplanung. So erklärt sich mitunter, warum Explizite Erwähnung muss im Kontext der heutigen institutionellen fast ausnahmslos als Aufgabe des lokalen Staats verstanden, ent- Einzelprojekte trotz mangelnder fachlicher Grundlage oder Einbet- Ordnung der Wiener Stadtplanung aber noch die Sonderstellung sprechend nur von politischen und Verwaltungsakteur*innen tung in die übergeordneten stadtplanerischen Zielsetzungen ihre Wiens im Sinne der österreichischen Raumordnung finden. Die ausgeführt und in der 200-jährigen Geschichte von einer ver- Realisierung erfahren können – weil sie womöglich politisch gleichsweise geringen Zahl großer Strategien diskursiv geprägt Doppelrolle als Bundesland und Gemeinde ist determinierend für opportun sind und dabei „nur“ die unverbindliche fachliche Leit- wird, erlangen diese wenigen Strategien und Leitbilder besondere eine in dieser Form einzigartige Selbstbestimmung der kommuna- planung übergehen müssen, während die rechtsverbindliche len Entwicklung. So liegen die rechtsverbindlichen Instrumente der Bedeutung als diskursbestimmende und den Stadtentwicklungs- Bodenordnung davon nahezu abgekoppelt passiert. Letztlich Bodenordnung – Flächenwidmungs- & Bebauungsplan – ebenso pfad beeinflussende Größen. So ziehen sich durch die Wiener geschieht hier mit Blick auf die institutionelle Ordnung der Wiener in der Hand von Magistrat bzw. Gemeinderat, wie die überörtli- Planungsgeschichte einige Imaginierungen von Stadt und Urbani- Raumplanung sogar eine Umkehr der Logik der österreichischen chen Bestimmungen des Landes zur Raumordnung (vgl. Bauord- tät, die sich teilweise in nie gänzlich aufgelösten oder synthetisier- Raumordnung, als die örtliche Ebene damit in manchen Fällen zur ten Debatten um gegensätzliche Haltungen und Zielvorstellungen nung für Wien, §1-3). In den übrigen acht Bundesländern Kontrollinstanz der überörtlichen Ebene wird – ein Faktum, das über die Zukunft der Stadt darstellen. Diesen soll im abschließen- manifestieren sich Letztere institutionell in der Kontrollfunktion des sich u.a. auch institutionell in der sich seit 1997 wiederholenden Landes und den Leitplanungen einer übergeordneten Landes- den Part der Wiener Planungsgeschichte Raum gegeben werden, Bestellung von Beamt*innen der Flächenwidmung zu Lei- raumordnungsabteilung – anders in Wien, wo diese Agenden um die Erzählung zur Planungsgeschichte zu komplettieren. ter*innen der Stadtentwicklung ausdrückt (vgl. Fachgespräch ebenfalls Teil der Stadtverwaltung sind (vgl. ebd.). Sie teilen sich anonym 2017). traditionell auf die Magistratsabteilungen 18 und 21 auf, wobei ≡ STADTENTWICKLUNG ZWISCHEN ALT & NEU gemäß Geschäftseinteilung des Magistrats der Abteilung Stadt- In letzter Konsequenz muss der kritische Befund daher lauten, dass Die Stadtplanungsgeschichte Wiens ist über lange Zeit, so auch entwicklung (MA18) insbesondere die Aufgabe der General- und sich in der historischen Rückschau zwar die großen ideen- und heute noch, in besonderer Weise von zwei divergierenden Stadt- Leitplanung im Sinne einer vorausschauenden Entwicklungspla- zeitgeschichtlichen Umbrüche, die ideologischen Verschiebungen entwicklungszielen geprägt: Erhaltung & Modernisierung. Die nung zukommt, der Abteilung Stadtteilplanung und Flächennut- und strukturellen Veränderungen von Stadt und Gesellschaft an Phase bis zum Ersten Weltkrieg ist ganz klar vom industriell- zung (MA21) insbesondere die Ausführung der Raumordnung der politischen Rationalität und institutionellen Ordnung der kapitalistischen und modernistisch-städtebaulichen Desinteresse auf Basis dieser übergeordneten Leitlinien und Entwicklungsan- Planung ablesen lassen, die Stadtentwicklungspolitik „im Kleinen“ am baulichen Bestand getragen, das um jeden Preis die Anpas- forderungen (vgl. Geschäftseinteilung für den Magistrat der Stadt aber anders agiert. Anstatt – wie vielfach vermutet – hier die sung der physischen Stadtgestalt an die Anforderungen des Wien 2017). fachliche Ebene einer institutionalisierten Stadtplanung zur Durch- ökonomischen Prozesses fordert (vgl. Maderthaner 2006). Einen setzung partikularer Stadtentwicklungsinteressen zu instrumentali- sozusagen erzwungenen Bruch mit dieser Haltung stellt die Dass dies in der Umsetzungspraxis problematisch ist, erklärt sich sieren, wird diese in der alltäglichen stadtentwicklungspolitischen schrittweise Legalisierung und Institutionalisierung der wilden aber nicht in erster Linie durch die administrative Trennung inhalt- Praxis vielmehr umgangen, da sie nicht nur keine Verbindlichkeit Siedlungen des frühen 20. Jahrhunderts dar. Erstmals muss stadt- lich zusammenhängender Aufgaben oder womöglich ein poten- hat, sondern die für die Umsetzung projektspezifischer und indivi- politisch dem eigenmächtigen (wenn auch aus der Not erfolgten) tielles Profilierungsinteresse der Abteilungen. Vielmehr muss hier dueller Interessen entscheidende politisch-juristische Instanz ge- Handeln einer „kritischen Masse“ nachgegeben und somit auch auf die politische Ebene verwiesen werden, die die kompetenz- mäß der Verwaltungsordnung andernorts eingebettet ist. die Generalplanungen für Wien verworfen werden (vgl. Giesecke rechtliche Sonderstellung Wiens zugunsten einer flexiblen, auf & Haindlmaier 2017). Selbstbindung verzichtenden Stadtentwicklungspolitik nutzt. Dem Erhalt des baulichen Bestands der Innenstadt verleiht ausge- rechnet Hitler, der Wien an sich als „Judenstadt“ verschmäht, expliziten Nachdruck. Nachdem er jedoch die vielfach überenga- gierten Planungen für Wien aus persönlichen, ökonomischen, oder kriegsstrategischen Gründen wegwischt, erfolgt der Schwenk zum „Erhalt der musealen Kulturstadt Wien“ (vgl. Histori- sches Museum der Stadt Wien 1999). Aus anderer Motivation, jedoch mit dem gleichen Ausgang, formiert sich auch ab `45 ein Selbstverständnis vom Schutz des baulichen Bestands. Dieses muss jedoch korrekt kontextualisiert werden. Zwar ist die Dominanz eines funktionalen Stadtideals in den Reihen der städtebaulichen Abb. 16: Die räumlichen Leitbilder der Stadtentwicklungspläne für 1984, 1994, 2005 und 2014 und planerischen Eliten offensichtlich, die Armut und ökonomisch

| 34 unzureichende Handlungsfähigkeit des lokalen Staats, sowie die der Absicherung des Bekannten. Die Abkehr von radikalen räumli- Zu allererst ist sowohl in Studien im Nahbereich der Stadtplanung, auf die einfachste und schnellste Lösung drängende Notsituation chen Leitbildern ist jedoch kein Ausdruck mangelnder Kreativität, als auch in wissenschaftlichen Beiträgen zur Wiener Stadtge- der Bevölkerung erzwingen jedoch eine rasche Abkehr von etwa- sondern vielmehr einer veränderten Planungskultur, die sich mit schichte häufig eine explizite Referenz auf das Modell der europäi- igen Neuplanungen der urbanen Struktur Wiens (vgl. Pirhofer & den 1970er-Jahren ihrer demokratischen Verantwortung bewusst schen Stadt zu finden, wenn es um die Struktur und Gestalt Wiens Stimmer 2007). Die Besatzung der dafür besonders in Frage zu werden beginnt und expertengetriebene Stadtplanung „von geht. Diesbezüglich deutlichstes Merkmal ist die monozentrische kommenden Gebiete jenseits der Donau durch sowjetische Alliier- oben herab“ ad acta legt (vgl. Albers & Wekel 2008). Während Struktur einer langsam gewachsenen Agglomeration, deren te ist zudem Unsicherheitsfaktor für eine städtebauliche Neuord- also Wagners Plan von 1893 bzw. 1911 noch relativ unbeein- historischer Kern im geografischen, wie im planungspolitischen nung Wiens. Ein Ausrufezeichen wird dieser Haltung daher schon druckt von bestehenden Strukturen eine neue Metropole kreiert, Mittelpunkt der Debatte steht (vgl. u.a. Magistrat der Stadt Wien sehr früh mit der Enquete zum Wiederaufbau 1945 gesetzt (vgl. wollen sich die STEPs der letzten Jahrzehnte vermehrt als Produkt 2001a, 2004). Die künftige bauliche Entwicklung soll in Anleh- ebd.). Dem zum Trotz etabliert sich in der technischen Moderne und Rahmen kommunikativer Aushandlung verstanden wissen, nung an das Ringmodell konzentrisch angeordneter Kreise mög- der 50er- bis 70er-Jahre eine auf durch technische Neuerungen die in konsensualer Form zur räumlichen Strategie finden. Eine lichst einheitlich von innen nach außen passieren, wie dies auch möglich gewordene und Qualitätsgewinne (im Wohnbau) fokus- wesentliche Konsequenz dieser Politik der Planung ist die zuneh- bislang in der Historie Wiens weitgehend der Fall war. Diesem sierte Erweiterung des Siedlungsgebiets. Wien ist in einer Moderni- mende Konsolidierung eines ganz bestimmten Bildes der Stadt- Modell laufen jedoch rasant gewachsene Mobilitätsradien und sierungsphase angekommen. Die in den Folgejahren einsetzende struktur seit den 1980ern. Die zum Verwechseln ähnlichen (über)regionale Verflechtungen seit mindestens der 2. Hälfte des Verschiebung des Fokus auf verstärkte Innenorientierung ist aber räumlichen Leitbilder in den Stadtentwicklungsplänen von 1984 20. Jahrhunderts ebenso zuwider, wie im speziellen Fall von Wien nicht in erster Linie auf einen planungspolitischen Kurswechsel und 1994 sind das deutlichste Zeichen für die Festigung einer die Donau als zentrumsnahe Barriere. zurückzuführen, der von bürgerlicher Kritik und Planungsmisser- unumstößlichen Vision für die Struktur von Wien, die Anfang der Ein in diesem Zusammenhang relevanter Aspekt ist das Konzept folgen herrührt. Sie ist auch Ausdruck einer stagnierenden Bevöl- 80er-Jahre, damals noch weitgehend getrieben vom Geist des „Neuer Urbanität“. Es handelt sich dabei um einen Begriff, der kerung und eines ökonomischen Transformationsprozesses, die Expertentums, entwickelt wird. 2005 wird trotz anhaltenden dem wissenschaftlichen Diskurs der 1990er-Jahre entspringt und zusammen an den etablierten Modellen und Axiomen der Pla- Wachstums, veränderter Rahmenbedingungen der Planung und entsprechend auch in Studien und Texten zur Wiener Stadtpla- nungstheorie rütteln. Trotzdem kommt das Siedlungswachstum eines neuen Ansatzes der Stadtentwicklung mittels Zielgebieten an nung dieser Zeit gern verwendet wird. Der Begriff findet sowohl in auch in der „Phase der Stadterneuerung“ nicht gänzlich zum nahezu demselben Leitbild festgehalten (vgl. MA 18 2005). Selbst negativ konnotierter Weise Anwendung, wenn von einer frag- Erliegen. Zur fundiert diskutierbaren Option wird die Stadterweite- der aktuellste Stadtentwicklungsplan, der sich kaum zu räumlich mentierten, durch privates Kapital getriebenen Entwicklung die rung trotzdem erst wieder mit dem deutlichen Bevölkerungs- konkreten Aussagen hinreißen lässt, vermittelt drei Jahrzehnte Rede ist,8 als auch in positiver Form, wenn damit wiederentdeckte wachstum ab den späten 90er-Jahren und dem Globalisierungs- später unter radikal anderen Entwicklungsvoraussetzungen immer Charakteristika des Urbanen wie Vielfalt, Weltoffenheit und ästheti- und Europäisierungsprozess Wiens, womit sie auch faktisch wie- noch ein Leitbild, das sich an die ursprünglichste räumliche Ziel- sche Qualität gemeint sind. Im Kontext von Wien kommt es zu der deutlich verstärkt in den Süden und Nordosten der Stadt vorstellung der Stadtentwicklungspläne anlehnt (vgl. Abb. 16). einer interessanten Verbindung zwischen dem Ideal der europäi- zurückkehrt (vgl. MA 18 2005). Folglich ist es also kaum verwunderlich, dass nicht nur aus Sicht schen Stadt und der neuen Urbanität, indem in planerischen Entscheidend für den Diskurs um Erhalt und Modernisierung ist einer sich langsam verändernden Stadtstruktur Projektideen der Konzepten (etwa den Diskursen zur Seestadt Aspern) die positiven also ein heute mehr denn je relevant gewordener Dualismus 80er- und 90er-Jahre bis heute halten und ihre praktisch unverän- Assoziationen zum New-Urbanism-Begriff mit den positiven Asso- zwischen verstetigtem Schutzcharakter des innerstädtischen Be- derte Umsetzung erfahren können. Auch die Stadtplanung hat ziationen zu Wiens baulicher Struktur, wie etwa den Gründerzeit- stands6 und den Außen-, Rand- oder Flächenbezirken als Spielwie- mittels ihrer „großen Pläne“ und der Kraft der Wiederholung zur bauten, zu einem neuartigen Wiener Modell des Städtebaus se planungspolitisch konzertierter oder auch partikularer Verfestigung bestehender Strukturen in der Wiener Stadtentwick- kombiniert werden (vgl. Suitner 2015a). Antworten auf den Stadtwachstums- und Transformationsprozess. lung der jüngeren Zeit beigetragen. In letzter Konsequenz ist Ein weiteres Modell ist jenes der polyzentrischen Stadt. Hierbei Dass der Ursprung für diese räumliche Trennung schon im kaiser- dieser Umstand ein Indiz für die (allen Wachstumsprognosen zum handelt es sich um ein Mehr-Kern-Modell, also einen Gegenent- lichen Stadtumbau Mitte des 19. Jahrhunderts zu verorten ist, in Trotz) schwierige Diskussion um aktuelle Stadtentwicklungs- und wurf zur monozentrisch geprägten europäischen Stadt. Das der Wiener Planungshistorie aber trotz unterschiedlicher Kontexte Stadterweiterungsprojekte. Weil neue Ideen um das Bauen von Modell polyzentrischer Stadtentwicklung gilt in Wien als normati- mehrfach erneuert wird, ist eine Besonderheit des Diskurses um Wien nicht in das weithin etablierte Bild der konsolidierten Stadt ver Anspruch zur Dezentralisierung und Entlastung der „City“ (i.e. die Zukunft von Wien und beeinflusst damit auch die ernsthaft passen wollen. Innere Stadt). Ursprünglich schon in Rainers „Planungskonzept denk- und diskutierbaren räumlichen Leitbilder für Wien massiv. Wien“ von 1962 als Ausdruck der funktionsgetrennten Stadt ≡ DAS IDEAL DER STADT ≡ DIE KRAFT DER WIEDERHOLUNG erstmals intensiv erdacht (vgl. Rainer 1961), wird es mit den Aller Konsolidierung des Bilds der räumlichen Struktur zum Trotz Blickt man mit etwas Distanz auf die Chronologie der großen 1970/80er-Jahren als ungeeignet erachtet und weitgehend existieren in den Visionen für Wien nebeneinander drei unter- Pläne und Entwicklungsstudien für Wien seit 1980, birgt diese schiedliche Idealvorstellungen von Stadt, die spätestens bei Vor- keine radikal-utopischen Visionen, sondern versucht sich mehr in DE) und thematischen Kontexten (z.B. Grad der Nutzungsmischung oder schlägen zu ihrer weiteren Entwicklung miteinander Segregation) theoretisiert und zu Stadtmodellen erklärt worden, die sich in 7 konkurrieren. mehr oder weniger ausgeprägter Form auch Anfang des 21. Jahrhunderts 6 Als Beispiel seien hier nur die regelmäßig wiederkehrende Debatte um das in der Struktur vieler Städte wiederfinden lassen. 8 Weltkulturerbe und die Repräsentationsfunktion des „kaiserlichen Wiens“ in Als Beispiel sei hier die kritisch beäugte Entwicklung entlang der Wagra- der Vermarktung Wiens als Büro-, Kultur- und Tourismusstandort genannt 7 Derlei Ideale sind ab Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Aufkommen der mer Straße in Band 39 der Beiträge zur Stadtforschung genannt (vgl. (vgl. Suitner 2015a). Stadtplanungsdisziplin in unterschiedlichen geografischen (insb. USA und Steinbach 1992).

35 | verworfen. In den 1990ern taucht es in adaptierter Form jedoch Ausdruck direkter Einflussnahme von Wirtschaft und Politik auf die Abschließend sollen die wesentlichsten dieser wiederkehrenden wieder häufiger als Antwort auf eine postfordistische Wirtschafts- Stadtentwicklungsplanung unter Umgehung der an sich vorgese- Argumente kurz angeführt werden: ordnung, eine merkliche Re-Urbanisierungstendenz und einen henen planerischen Instanzen betrachtet werden muss. (vgl.

zunehmenden Entwicklungsdruck innerhalb des Gürtels auf – nun Fachgespräch anonym 2017) ≡ REFERENZEN AUF DIE ENTWICKLUNGSGESCHICHTE jedoch auf mehreren Maßstabsebenen (vom Stadtteilzentrum bis Immer wieder finden sich in planerischen Strategien, verwandten zum globalen Hub) (vgl. MA 18 2005). ≡ DAS ZENTRUM IM KOPF Publikationen zur Stadtentwicklung und politischen Statements im Die formulierten Zentrumsdefinitionen wirken in der Rückschau Sämtliche Texte mit stadtplanerischem Bezug – egal wie aktuell – öffentlichen Diskurs Verweise auf die Stadtentwicklungsgeschich- jedoch meist recht beliebig. Gerade der jüngere Diskurs ist auch belegen eindeutig, dass die monozentrische Struktur Wiens einen te. Das ist noch nicht weiter verwunderlich, sind es doch meist kaum mehr zeitgemäß, orientiert er sich doch nahezu ausschließ- nicht zu überwindenden Faktor in der Vorstellung der Stadtent- relevante Erläuterungen zum bisherigen Entwicklungspfad der wicklung darstellt. In der regionalen Verkehrsplanung dienen lich an materiellen Kriterien des Stadtraums (z.B. Bebauungsdich- Stadt und daraus erwachsenden Planungsherausforderungen. ten, Bruttogeschoßflächen- und Nutzer*innenzahlen, o.Ä.) und Reisezeiten in die Wiener Innenstadt als Legitimation von Infra- Fragwürdig werden derartige Referenzen jedoch, wenn sie weit in nicht etwa an der ebenso wesentlichen Wahrnehmungs- und strukturmaßnahmen (vgl. MA 18 1994). Und in der Standortbe- die Historie zurückreichen, um die Grundlage für dann als selbst- Bedeutungsebene (die bei der Repräsentation und Exklusion wertung potentieller Stadtwachstumsgebiete wird die räumliche wesentliche Kriterien wären). Ungeachtet dessen ist die Mehr- Nähe zum bestehenden Kern zum Evaluierungskriterium (vgl. verständlich dargestellte Planungsentscheidungen im Jetzt zu Zentren-Entwicklung innerhalb Wiens gerade ab der Jahrtau- Steinbach 1992). Nun mögen diese Überlegungen vor dem bilden. Insbesondere sind dies Verweise auf die bewegte Ge- sendwende ein wesentlicher Planungsansatz. Das zeigt nicht nur Hintergrund des vorherrschenden Planungsverständnisses durch- schichte Wiens an der Wende zum 20. Jahrhundert, als die Stadt der Ruf nach einer EXPO Ende der 1980er (vgl. Swoboda 1990) aus rational vertretbar sein. Die Folge einer konsequenten Beto- eine europäische Metropole von über zwei Millionen war. Gerade und das in Folge ihres Scheiterns ausgerufene „2. Herz von Wien“, nung des „alten“ Zentrums als einzigem Bezugspunkt der Planung mit dem Einsetzen der Re-Urbanisierungsphase der späten 1980er die DonauCity, sondern auch die Strategiepläne von 2000 und bei gleichzeitigem Bedeutungsgewinn von Stadtregion und häufen sich Zitate auf die frühere Stadtgröße, um einen direkten 2004, welche gezielte Projektentwicklungen an bestimmten Orten transnationalen Netzwerken muss allerdings letztlich die Vernach- Zusammenhang zwischen Einwohnerzahl und internationaler der Stadt zum Fokus der Stadtentwicklungsplanung erklären (vgl. lässigung der Stadtrandgebiete wie Transdanubien sein. Darüber Bedeutung zu konstruieren, der eine aktive kommunalpolitische erklärt sich auch die wenig euphorische Haltung bei Standortent- Magistrat der Stadt Wien 2001a, 2004). Die 2005 eingeführten Urbanisierungsstrategie rechtfertigt (vgl. Swoboda 1990). Zielgebiete der Stadtentwicklung und ihre forcierte Umsetzung wicklungs-, Verkehrs- und Siedlungsraumstudien. Zwar wird der etwa in Form der Seestadt Aspern als eigenständiges Subzentrum Raum links der Donau öfters als potentiell zu erschließendes Ge- Gerne wird im Kontext von Globalisierung und Standortentwick- innerhalb der Stadt sind ein weiteres deutliches Zeichen eines biet bei einer möglichen Stadterweiterung angeführt. Die Argu- lung auch die damalige zentraleuropäische Bedeutung Wiens auf intendierten Umdenkens in Richtung einer Planung für ein ver- mente sind aber ebenso trocken wie ungenügend aus Sicht einer die heute mögliche Brückenfunktion zwischen West und Ost stärkt polyzentrisches Stadtmodell (vgl. MA 18 2005). um Akzeptanz ringenden, motivierenden Planung: Baulandver- umgelegt, oder in Anbetracht wachsender soziokultureller Vielfalt fügbarkeit und geringe Erschließungskosten. Keine Rede ist in auf die schon vor einem Jahrhundert einmal dagewesene Konsti- Schließlich gibt es jedoch noch ein drittes Modell der Stadtentwick- diesem Zusammenhang etwa von landschaftlicher Qualität durch tution der Stadt als kultureller Schmelztiegel hingewiesen (vgl. MA lung: die Planung auf Basis festgelegter Achsen und Zentren, die die Nähe zur Donau oder der Besonderheit der kleinteiligen 18 2005). Und tatsächlich sind das korrekte historische Bezüge, die eine Stadtentwicklung in explizit ausgewiesenen Teilbereichen Strukturen der alten Ortskerne, ebenso wenig der Ausblick auf die präferiert, die sich sowohl punktuell konzentrieren, als auch linear, Chance zur Schaffung leistbaren Wohnraums in ausreichender vermitteln sollen, dass derartige Herausforderungen für Wien nicht entlang von Verkehrsachsen, bilden können. Erste Ansätze dazu Quantität. Es wirkt gerade so, als gäbe es bei vielen Planer*innen neu sind. Gleichwohl lassen sie dabei den ebenso bestimmenden finden sich bereits in Wagners Generalregulierungsplan von 1893 grundlegende Ressentiments gegen eine Stadtentwicklung links Kontext des politischen Herrschaftssystems, des wirtschaftlichen in Form von Radial- und Ringlinien. Die besondere Bedeutung von der Donau und als würde man Wien dort nur nötigenfalls weiter- Wandels und der ungemein verarmten, segregierten und unglei- Hauptverkehrsachsen als strukturbestimmenden Merkmalen entwickeln wollen. chen Stadtgesellschaft von damals außen vor (vgl. Becker & Novy kommt dabei nicht von ungefähr. So haben viele dieser Linien – 1999; Maderthaner & Musner 2003). gerade die Wiener Ausfallsstraßen – ihren Ursprung als antike Reiserouten oder (vor)industrielle Postwege bzw. Eisenbahnlinien Auch Bezüge auf die noch weiter zurückliegende Gründerzeit der Industrialisierungsphase genommen (vgl. Czeike 2004). Die FÜR/GEGEN URBANITÄT: ZUR werden seit den 1990ern gerne als semantische Figuren zur Planung hatte sich nur schon damals stark an diesen orientiert. Vermittlung einer neuen Aufbruchsstimmung in der Planungspoli- Das Comeback erlebt dieses Stadtmodell aber erst in den STEPs ab LEGITIMATION VON PLANUNG IN DER tik einer wachsenden Stadt benutzt (vgl. Stadt Wien 2013). Be- 1984 in Form eines expliziten räumlichen Leitbilds, das sich, wie WIENER STADTENTWICKLUNGSPOLITIK deutsam sind derartige historische Referenzen nicht nur insofern, oben diskutiert, über mehr als 30 Jahre praktisch kaum verändert. als sie verknappte, einseitige und damit unrichtige geschichtliche Dass es jedoch nicht die vorgesehene Umsetzung erfährt, ist in Der Diskurs um die Planung Wiens lässt nicht nur die vorherr- Erzählungen zur Wiener Stadtentwicklung konstruieren, die die Entwicklungen begründet, die im krassen Widerspruch zu jenen schenden Idealvorstellungen von Stadt und Urbanität oder das negativen Effekte urbaner Transformation ausklammern. Der im Leitbild vorgesehen Nutzungen stehen (bspw. die Flächen- dominante Planungsselbstverständnis erkennen. Bei genauerer Verweis auf die Wiederholung als vornehmlich positiv dargestellter widmung für MIV-orientierte periphere Einkaufs- und Fachmarkt- Betrachtung gibt er auch mehrere Narrative frei, die als Legitimati- geschichtlicher Phasen der Stadtentwicklung dient vielmehr noch zentren anstatt Industrie- und Gewerbeansiedlungen), die als onen für oder gegen eine bestimmte Form der Planung operieren. als Instrument zur Durchsetzung aktueller Projekte. Positive Konno-

| 36 tation und die Sicherheit, dass es sich nicht um die erstmalige die multiplen Krisen als Einflussgrößen der Stadtentwicklung an, Die bisherigen Ausführungen haben mehrfach verdeutlicht, dass Konfrontation mit einer Entwicklungsherausforderung handelt, woraus eine ambivalente Position zwischen Aufrechterhaltung insbesondere in den Anfangsjahren dieser Erzählung noch nicht hilft Maßnahmen zu legitimieren, die sich ansonsten einer weitaus traditioneller wohlfahrtsstaatlicher Planung in Form einer Rückkehr von Planung im eigentlichen Sinn die Rede sein kann. Viel eher strengeren Prüfung zu unterziehen hätten. zur Anpassungsplanung und Weiterführung angebotsorientierter muss die 1829 beginnende Bodenordnung als Vorgeschichte Standortpolitik in Form strategischer Projekte resultiert (vgl. MA 18 einer sich eigentlich erst etablierenden Ordnungs- und Entwick- lungsplanung verstanden werden. Auf Basis der Bauzonenfestle- 2014a). ≡ MODERNISIERUNGSDRUCK & STÄDTEWETTBEWERB gung und des Generalregulierungsplans kann der Beginn der Eine häufig zitierte diskursive Figur, die der lokalen Planungspolitik Wiener Stadtplanung daher erst mit 1893 datiert werden. Mit dem große Macht einräumt, ist der in der Stadtentwicklungshistorie ≡ BEVÖLKERUNGSWACHSTUM Ersten Weltkrieg verändert sich auch die Stadtplanung. Ab 1919 ist Wiens regelmäßig wiederkehrende Ruf nach qualitativer Anpas- Es gibt in Wien wohl kaum eine mächtigere Legitimation für eine sie erstmals explizites Instrument zur Übersetzung politischer sung der urbanen Ausstattung an internationale Standards. Der starke Stadtplanung als das Wachstum der Bevölkerung. Immer, Zielsetzungen in räumliche Strukturen und nicht nur wissenschaft- Blick auf Infrastrukturversorgung und Produktivität, Vielfaltdichte wenn es in der 150-jährigen Planungsgeschichte zu merklichen lich-künstlerische Expertenaufgabe. Wenngleich sich gerade in und Lebensqualität der Nachbarn bzw. Konkurrenten erzeugt Urbanisierungsschüben durch eine Zunahme der lokalen Bevölke- Wien und Österreich im Zeitraum bis 1945 die diesbezüglichen mehrfach in der Geschichte derartigen politischen Druck, dass der rung kommt, führt dies zu Rufen nach einer ordnenden und ideologischen und fachlichen Positionen massiv unterscheiden, ist Städtebau und Stadtplanung doch gemein, dass sie besonderen Stadtplanung als umsetzendem Organ lokaler räumlicher Politik entwicklungsvorbereitenden Planung – selbst in der Laissez-faire- Einfluss als Teil kommunaler Politik erlangen und somit zu einer die Rolle der aktiven Gestalterin urbaner Transformation zuteilwird. Phase kommunaler Politik des späten 19. Jahrhunderts (vgl. nicht mehr wegzudenkenden Größe der Stadtpolitik werden – bei Tatsächlich gibt es einen unverkennbaren Zusammenhang zwi- Schweitzer 1970). Zur am Ende des 20. Jahrhunderts einsetzen- aller Unterschiedlichkeit der Handelnden, der gesellschaftspoliti- schen der Ausrichtung der Planung und dem gefühlten Aufhol- den Re-Urbanisierungsphase Wiens ist der Zusammenhang zwi- schen Zielsetzungen und der Institutionalisierung und Ausfor- bedarf der Stadt. Je eher der Ruf nach Anpassung und Fortschritt schen Einwohnerzuwachs und Entwicklungsplanung schon mung der Planung selbst. laut wird, desto mehr Freiräume erhält die Stadtplanung und derart unhinterfragt, dass planungspolitische Akteur*innen bereits Die zeitgeschichtlich unbestrittene Zäsur des Jahres 1945 darf desto eher erlaubt sie sich auch von ihrer Ordnungsfunktion im prognostizierten Wachstum der Zukunft die Aufforderung zur planungstheoretisch jedoch nicht überbewertet werden. Die abzurücken und sich der (durchaus gewünscht utopischen) Entwicklung neuer städtebaulicher Visionen für Wien verstehen. Planungsideale der 50er und 60er verstehen sich in Opposition Entwicklungsplanung zu widmen. Die schlechten Zustände der „Wien wächst wieder!“ wird zum geflügelten Wort, das jede zum NS-Regime zwar als ideologiefrei, sind aber nur vordergrün- Stadt an der Wende zum 20. Jahrhundert rufen die Visionen von Strategie, jedes Leitbild, jedes Projekt per se legitimiert. Angesichts dig Ergebnis „objektiver Wissenschaft“ [sic!]. Planung bleibt auch in Stadtbaukünstlern wie Wagner auf den Plan (vgl. Schweitzer 1970; dieses Zusammenhangs ist es umso verwunderlicher, dass sich die Wien eine technische Materie mit hierarchischen Strukturen, die Wagner 1911). Die technische Moderne, gepaart mit dem noch heutige Stadtentwicklungspolitik mit Blick auf das aktuelle und der politische und der Verwaltungsapparat bedingen. Lediglich nicht abgeschlossenen Wiederaufbau der Nachkriegsjahre, fordert vorhergesagte Wachstum schwer tut radikalere Leitbilder einer der (gescheiterte) Versuch einer institutionellen Abkopplung der eine technokratische Planung ein, die in Rainers gewagtem starken räumlichen Politik zu formulieren. Das deutet aber auch Planung vom politisch-administrativen System suggeriert einen Grundkonzept mündet (vgl. Rainer 1961). Und der Blick auf den darauf hin, dass – ungeachtet des faktischen Nutzens fachlich gewissen Trennungsanspruch zwischen Fachmeinung und politi- Entwicklungsvorsprung manch europäischer Hauptstadt am fundierter, vorausschauender Planung – diese zunehmend als schem Prozess. Der Bruch beginnt entsprechend erst mit den Übergang zum Postfordismus erzwingt ab Ende der 1980er einen hinderlich für eine flexible stadtpolitische Steuerung erachtet und offenkundigen und vielschichtigen Planungskrisen der 1970er, als langsamen, dafür umso radikaleren Wandel zu einer strategischen daher in ihrem Einfluss eingeschränkt wird. sich sowohl das gesellschaftliche Kräfteverhältnis, als auch die dominanten Werthaltungen und damit schließlich die planeri- projekt-, problem- und zielgruppenspezifischen Entwicklungspla- schen Zielsetzungen und Ansätze anpassen müssen. Viele der nung. Zu ebenjener Zeit weicht der Modernisierungsanspruch damaligen Veränderungen sind noch für die heutige Gestalt der auch dem Argument des Städtewettbewerbs, also der Forderung Planung zentral und deuten auf einen fast paradigmatischen nach einer angebotsorientierten Kommunalpolitik zur Anziehung PHASEN DER WIENER STADTPLANUNG: Wandel in den Charakteristika des Planungsselbstverständnisses knapp gewordener Entwicklungsressourcen von außen (vgl. EINE HISTORISCHE SYSTEMATISIERUNG hin. Swoboda 1990; Magistrat der Stadt Wien 2001a, 2004). Die zunehmende Geschwindigkeit des kontextuellen und städti- Die Stadtplanung als vorausschauende Instanz lokaler Politik ist Die umfassende Überschau der Wiener Stadtplanungsgeschichte schen Wandels und ein weiterhin in Entwicklung befindlicher damit im wahrsten Sinn ein Projekt der Moderne, als „starke Pla- deutet bereits auf gewisse in sich kohärente Phasen und Über- disziplinärer Anspruch an das Planungsideal manifestieren sich in nung“ und „Fortschritt“ in Wien Hand in Hand gehen. In den gänge hin, die für den Wiener Stadtentwicklungspfad und die einem weiteren Wandel, der sich in zwei Stufen vollzieht und eine Akkumulationsphasen, etwa der Industrialisierung des 19. Jahr- Manifestation einzelner Projekte in Folge entscheidend sein kön- Planung hervorbringt, wie wir sie heute kennen. Der geopolitische hunderts oder der Hochblüte des Fordismus in den späten nen. Mit einem planungstheoretischen Blick drängen sich insbe- Umbruch von 1989 und die personellen und damit verbundenen sondere die dominanten Selbstverständnisse und ideologischen Veränderungen im PAS zwischen 1994 und 2000 1960ern, reduziert sich die Rolle der Planung hingegen weitge- Idealvorstellungen von Planung, sowie die jeweils unterschiedliche stehen in diesem Kontext für die Etablierung jener strategischen hend auf die Sicherstellung der Ordnung dieses Wachstums. Rolle der Stadtplanung innerhalb des gesellschaftlichen und Governance von Stadt, Raum und Gesellschaft, die zwischen Heute erkennt der Diskurs um die Wiener Planung zunehmend politischen Spektrums als Differenzierungsmerkmale auf.

37 | politischer Standortimaginierung und fachlich informierter Ent- ≡ MODERNISTISCHE EXPERTENPLANUNG (1945-CA.1970) ≡ INTEGRAL-KOMMUNIKATIVE PLANUNG (CA.1970-89) wicklungsvorbereitung oszilliert. Etwas anders gestaltet es sich mit jener Form der Planung, die sich Das Abebben modernistisch-technokratischer Stadtplanung mar- Die differenzierte Betrachtung der Wiener Stadtplanungsgeschich- in einer eigenständigen Phase in Wien ab 1945 zu etablieren kiert zugleich den Beginn einer neuen Phase. Im Kontext von te erlaubt eine Systematisierung dominanter Phasen, die die Histo- beginnt – einer vom Modernismus getragenen, Experten- Austrokeynesianismus und einer nunmehr schrumpfenden Stadt, rie der hoheitlichen Planung an zentralen kontextuellen, geleiteten Form der Stadtplanung. Insbesondere die funktionalisti- aber angetrieben vom Geist eines neuen wissenschafts- und stadträumlichen und dem Planungssystem immanenten Verände- sche Leitidee des Städtebaus und eine Schwerpunktsetzung im praxisorientierten Planungsverständnisses, etabliert sich ab etwa rungen festmacht. Die folgenden sechs historischen Planungspha- Bereich technischer (Groß)Projekte sind charakteristisch für diesen 1972 eine andere Form der Planung, die sich zunehmend als sen lassen sich dabei unterscheiden (vgl. auch Abb. 17): historischen Abschnitt. Erstmals offenbart sich dieses Leitbild schon politischer Aushandlungsprozess auf Basis wissenschaftlicher 1893 in Wagners Generalregulierungsplan. Die Kriegswehen und Expertise versteht. Der kommunikative und konsensorientierte ≡ KAPITALISTISCHE BODENORDNUNG (1829-1914) die zwischenzeitliche Dominanz einer durchideologisierten Politik Ansatz schlägt sich institutionell in neuen Kooperativen (etwa der Nimmt ihren Ursprung mit Erlass der 1. Wiener Bauordnung 1829 der Planung bedingen jedoch eine Durchsetzung erst ab 1945. Im PGO zur Abstimmung der Planung zwischen Stadt und Umland), und endet mit Ausbruch des 1. Weltkriegs 1914. Die kapitalistische Kontext fordistischen Wachstums und getragen vom modernisti- neuen Ansätzen (etwa der Arbeit der Gebietsbetreuungen an der Bodenordnung beschränkt sich vorerst auf Gefahrenabwehr und schen Fortschrittsgedanken erlebt die von Experten angeleitete Schnittstelle zwischen Politik, Planung und Bürger*innen) und Auffangplanung auf Basis bautechnischer und ingenieurwissen- Stadtplanung ab dann ihren Höhepunkt. Planung wird als umfas- einer adaptierten standortpolitischen Strategie (etwa mit der schaftlicher Regulierung des kapitalistischen Urbanisierungsprozes- sende Aufgabe im Sinne des modernen Städtebaus verstanden Gründung des WWFF und WBSF) nieder. Eine vorsorgeorientierte ses in Folge der Industrialisierung und des starken und folgt entsprechend dem funktionalistischen Prinzip. Dieses Bodenpolitik gepaart mit einer zunehmend angebotsorientierten Stadtwachstums. Die daraus hervorgehenden, zum Teil noch schlägt sich räumlich in innerer Stadterweiterung durch Wohnbau Standortentwicklung kann als Anerkennung des bereits manifes- heute gültigen Rechtsinstrumente der Bodenordnung sind Relikte und einem rasanten technischen Infrastrukturausbau nieder, ten postfordistischen Wirtschaftsregimes betrachtet werden. dieses Planungsregimes, wenngleich sie in ihrer Perspektive und zeichnet sich institutionell aber vor allem durch die Hierarchisie- Das Ende hierzu markiert die Ostöffnung 1989 mit ihren umfas- Wirkungsweise mittlerweile um demokratische und wohlfahrts- rung, Bürokratisierung und kurzzeitige Ausgliederung der Pla- senden geo- und wirtschaftspolitischen Folgen für Wien, Öster- staatliche Ziele, denen sich eine „Planung als öffentliche Aufgabe“ nungsagenden in Roland Rainers Büro aus. Die modernistische reich und ganz Europa. Rückblickend ist diese Phase bedingt verschreibt, erweitert worden sind. Expertenplanung stellt damit sowohl eine Rückkehr zum Ver- durch den Wirtschaftswandel zwar von einer Mängelverwaltung ständnis von Planung als technischer Aufgabe dar, als auch das im ökonomischen Sinn geprägt, stellt aber eine umfassend andere Experiment eines modernistischen Gegenmodells zum politisch ≡ IDEOLOGISIERTE STADTENTWICKLUNGSPOLITIK (1919-45) Denkweise der Planung dar und verweist auch auf ein radikal indoktrinierten Instrument. Letzteres gelingt im paternalistischen Die Anfänge liegen 1898 im munizipalen Populismus der christ- anderes Selbstverständnis hinsichtlich der politischen und gesell- sozialdemokratischen Regime der Wiener Stadtpolitik nur bedingt, lich-sozialen Partei bzw. wenige Jahre davor in den von einer schaftlichen Rolle der Stadtplanung. Das verdeutlichen die vielfa- zumal die multiplen Planungskrisen der 1970er den Ansatz für entstehenden Städtebaudisziplin fachlich argumentierten gesell- chen institutionellen Veränderungen und die neue thematische überholt erklären. Entsprechend muss der Anfang vom Ende schaftspolitischen Zielen. Ihre Hochblüte erlebt das Planungsre- Breite ebenso, wie der kommunikative Anspruch innerhalb einer technokratischer Expertenplanung an der Wende der 60er- zu gime ab 1919 im Roten Wien in Form eines austromarxistischen immer komplexer erscheinenden Akteurslandschaft. Kommunalen Sozialismus, sowie in Folge im austrofaschistischen den 70er-Jahren angesetzt werden. Ständestaat und im Nationalsozialismus bis 1945. Die öffentliche Hier scheiden sich aufgrund der Vielzahl relevanter Ereignisse die KTIVE NGEBOTSPLANUNG CA Hand, insbesondere aber die politischen Entscheidungsträ- ≡ A A (1989- .1994) Geister über das Jahr des Umbruchs. Pirhofer & Stimmer (2007) Ohne Frage ist das Jahr 1989 nicht nur eine zeitgeschichtliche, ger*innen, werden zur zentralen Instanz hinsichtlich Ordnung etwa betonen die Bedeutung des Jahres 1976. Unbestritten sondern auch eine planungshistorische Zäsur für Wien. In Stadtpo- und Entwicklung von Struktur und Funktion des urbanen Gefü- bedeutsam sind hingegen auch die Einrichtung des Aufbaustudi- litik und Planung herrscht eine neue Aufbruchsstimmung, die aus ges. Diskurs, Selbstverständnis und stadtentwicklungspolitisches ums Raumplanung an der TU Wien (1970), das Bekenntnis zur dem nun zu erwartenden Ende der erzwungenen Innenorientie- Handeln sind gekennzeichnet vom Aufkommen wohlfahrtsstaatli- Altstadterhaltung und Altstadtsanierung (1972) und die Einrich- rung resultiert. Kaum ein anderes Projekt macht diesen Umstand cher Prinzipien und sozialpolitischer Maßnahmen mit dem Ziel der tung der ersten Gebietsbetreuung (1974). De facto lässt die Reali- deutlicher als die Vorbereitungen zur EXPO 95. Ihre Absage ist Daseinsvorsorge und Modernisierung. Planung ist jedoch vorwie- sierung weiterer technischer Großprojekte diese lang andauernde auch nur ein kurzfristiger Dämpfer. Fortschreitende Entgrenzung gend stadtpolitisches Instrument zur Sicherstellung der räumlichen Planungsphase aber nur langsam ausklingen. So finden sich auch (insbesondere durch den EU-Beitritt Österreichs), die prolongierte Manifestation gesellschaftspolitischer Zielsetzungen, was sich noch im Prozess, den Planungen und den Entwürfen zur EXPO Tertiärisierung, die Beschwörung interkommunaler Konkurrenz mehrfach in institutionellen Umbauten des Verwaltungsapparats aus 1989 noch Reminiszenzen auf dieses Planungsselbstverständ- und der zur selben Zeit eingeschlagene Wachstumspfad einer sich und einer unübersehbaren Vormachtstellung des politischen nis. Da es sich um einen rückblickend sehr umfassenden Wandel re-urbanisierenden Großstadt befördern bald eine optimistische gegenüber dem fachplanerischen Diskurs ausdrückt. Die Verwal- handelt, muss entsprechend von einem Übergangszeitraum Standortpolitik, wie sie Wien das letzte Mal im Kaiserreich gesehen tung ist also nicht politikberatende oder gar politikvorbereitende gesprochen werden, der sich also ungefähr von 1970 bis 1976 hat. In Folge wird das Spektrum der Planung einmal mehr um Instanz, sondern jene Akteurin, die mit der reibungslosen Imple- erstreckt. neue maßstäbliche (z.B. Europäische Städtenetzwerke), inhaltliche mentierung politischer Zielsetzungen betraut ist.

| 38 (z.B. Kunst und Kultur) und prozessuale (z.B. Masterplanung und Gleichheit nun vom alternativen Ziel sozialer Vielfalt zumindest Partizipation) Dimensionen erweitert. ergänzt, wenn nicht in Teilen sogar abgelöst.

Diese Phase folgt insofern der Logik des Pfads integral- Das macht sich stadtentwicklungspolitisch auch in einem komple- kommunikativer Planung, als im Schlagwort „Aktiver Anpassung“ xen lokalen Governanceregime bemerkbar, in dem die vormals zwei an sich gegenläufige Politiken geschickt vereint werden: klare Zuständigkeit der politischen Entscheidung nun in einen Unterordnung gegenüber einem zunehmend wettbewerbsorien- flexiblen, manches Mal schwer durchschaubaren Steuerungspro- tierten Paradigma durch eine liberalere Standortpolitik bei gleich- zess verlagert wird, der manche Entscheidung und so manches zeitig aktiver Fortführung des erfolgreichen Pfads, i.e. des Projekt gegenüber dem demokratischen Prinzip und einem öffent- nachfrageorientierten, wohlfahrtsstaatlichen und kommunikativen lichen Interesse in Erklärungsnot geraten lässt. Gleichzeitig macht Wiener Modells. die Planung damit aber einen weiteren wichtigen Schritt weg von der hierarchischen, bürokratischen Expertenplanung modernisti- Diese kurze Planungsphase endet nicht abrupt, sondern geht in scher Prägung hin zu einem kommunikativen und in Teilen parti- den Jahren 1994-2000 in die nächste über. Maßgeblich dafür zipativen Ansatz (wobei sich Letzterer der Kritik stellen muss verantwortlich sind die sich weiterhin verändernden kontextuellen manches Mal eher einer politischen denn einer Zweckrationalität Rahmenbedingungen, allen voran der EU-Beitritt Österreichs und zu folgen). ein zunehmendes Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum. Zudem kommt es im PAS zu tiefgreifenden personellen Verände- Der eindrucksvollste Bruch mit dem bisherigen Verständnis bezieht rungen. Mit Bürgermeister Häupl (ab 1994), Magistratsdirektor sich aber auf den Raum. Die vorwiegend strategische Wiener Theimer (ab 1995), Planungsstadtrat Görg (ab 1996) und MA18- Planung des 21. Jahrhunderts ist nicht nur durch einen kontext-, Abteilungsleiterin Jilka (ab 1997) findet ein vollständiger Wechsel problem- und zielgruppenorientierten Ansatz gekennzeichnet, innerhalb der höchsten politischen Ämter und Verwaltungsposten sondern vor allem durch einen „Turn“ von Raum zu Ort. Im Fokus mit stadtplanerischer Entscheidungsfunktion in nur wenigen stehen damit nicht mehr allein physische, also im naturwissen- Jahren statt. Die Publikation des Strategieplans 2000 schließt schaftlichen Sinn mathematisch-statistisch messbare Phänomene diesen Übergang auch symbolisch ab und eröffnet damit die wie Distanz und Dichte, Vielfalt und Versorgung, sondern viel- aktuelle Planungsphase. mehr immaterielle Bedeutungszuweisungen, Herausforderungen und Entwicklungspotentiale, die einen Ausschnitt der Stadt als ≡ STRATEGISCHES PACE-MAKING (AB CA.1994) räumliche Einheit erscheinen lassen. Es ist dies zugleich eine Ab- Vor dem Hintergrund von Interessensvielfalt, multiplen gesell- kehr vom historisch etablierten Gleichschritt zwischen Verwal- schaftlichen Krisen (wie sie spätestens seit der Finanzkrise 2008 tungshierarchie und räumlichem Maßstab. Statt „Stadt – auch im Wiener Kontext ausführlich diskutiert werden) und engen Bezirksgruppe – Bezirk“ gibt es nun glokale Kontexte und Heraus- Handlungsspielräumen ist besonders ab 2000 eine deutliche forderungen, die in unscharf abgegrenzten Zielgebieten mit Verschiebung des stadtplanerischen Fokus erkennbar, der sich im jeweils spezifischem Profil münden. öffentlichen stadtentwicklungspolitischen Diskurs, im planerischen Dass darin eine neue Flexibilität und Qualität der Problematisie- Zugang und in der räumlichen und inhaltlichen Schwerpunktset- rung liegt, zugleich aber eine gewisse Beliebigkeit und Undurch- zung niederschlägt. Die Publikation des von Stadtrat Görg und sichtigkeit in der Neuordnung des Stadtgefüges entsteht, ist die Magistratsdirektor Theimer angeschobenen Strategieplans 2000 ist neue Ambivalenz, die das strategische Place-Making auszeichnet. zentralster Ausdruck dieser erneuten Transformation der Wiener Die Strategiepläne der 2000er-Jahre und alle ihnen folgenden Stadtplanung. Erstmals wird Stadtentwicklung explizit als Steue- großen Pläne der Wiener Stadtentwicklung bis heute illustrieren rungsaufgabe streng räumlicher ebenso wie per se nicht- dies eindrucksvoll. räumlicher Entwicklungen verstanden. Governance, Wettbewerb und Diversität sind nur einige der Schlagworte, die in diesem Zusammenhang fallen und damit mehr denn je Kongruenzen der Wiener Stadtentwicklungspolitik zum international reüssierenden Neoliberalismus erkennen lassen. Ebenso wird das über fast 100 Jahre unantastbare wohlfahrtsstaatliche Planungsziel sozialer

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Abb. 17: Dominante Phasen der Wiener Stadtplanungsgeschichte (1829 - heute)

Stadtentwicklung & Stadtplanung links der Donau

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„ Noch immer ist das Vorstellungsbild von Wien asymmetrisch – nicht bloß in dem Sinn, daß die historische Stadt und damit der weit- aus größere Bevölkerungsteil ‚diesseits‘ liegt […], sondern auch in dem Sinn, daß die Entwicklungsmöglichkeiten un- gleich bewertet werden.“ Hermann Czech (1990): „Elemente der Stadtvorstellung“, S.216

IE GROßE RANSFORMATION ER TADT- den Bischof) zurückgehen (vgl. Wien Geschichte Wiki 2017e). nordwestlichen Wienerwaldausläufer, die weit weniger flächenin- D T : D S Ähnliches gilt auch für die Wiener Nachbargemeinden Manns- tensiv und damit in einem engmaschigeren Netz angeordnet sind ENTWICKLUNGSPFAD LINKS DER DONAU wörth, Schwechat und Klosterneuburg. (vgl. Fachgespräch A.Trisko 2017). Interessant ist zudem die Sied- lungsform und geographische Ausrichtung vor allem der mittelal- Im 12. Jahrhundert kommt es zu einer Welle an Siedlungsneu- Aufbauend auf der umfassenden Rückschau auf die Wiener terlichen Dörfer. Bei all jenen, deren Gründung bis vor das 19. gründungen – vor allem drüber der Donau. Zu nennen sind hier Jahrhundert und damit die Phase der industriellen Urbanisierung Stadtentwicklungs- und Stadtplanungsgeschichte soll im Sinne des Großjedlersdorf, Stammersdorf und Leopoldau, sowie Kagran, Transdanubiens zurückreicht, handelt es sich um Platz- oder An- Projekts nun eine geraffte Überschau zur Stadtentwicklungs- und Stadlau, Breitenlee und Süßenbrunn, die die agrarische Landnut- gerdörfer. Naheliegend ist auch, dass sich deren auffallend ähnli- Stadtplanungsgeschichte des Wiener Nordostens vermittelt wer- zung Richtung Marchfeld auszudehnen beginnen (vgl. Opll 1981). che West-Ost-Ausrichtung dabei an den kleinklimatischen den. Damit werden einerseits die Besonderheiten des lokalen Am Beispiel der Leopoldau lässt sich aber festmachen, dass es sich Bedingungen und hier vorwiegend der Hauptwindrichtung Entwicklungspfads links der Donau gesondert hervorgehoben dabei um äußerst fragile, sprich verletzliche agrarische Kleinstdörfer und andererseits eine weitere Ebene der Kontextualisierung und orientiert hat (vgl. Raith 1998). handeln musste. So sind mehrfache Überschwemmungen, die Erklärung zur Transformation ausgewählter Orte gebildet. Die Pest, die Türkenbelagerungen und Großbrände ausreichend folgenden Seiten beginnen daher mit einem knappen Überblick Gründe für eine stagnierende Entwicklung bis zur Mitte des 19. ≡ HISTORISCHE INFRASTRUKTURENTWICKLUNG ALS zur Morphogenese Wiens links der Donau, also der Entstehungs- Jahrhunderts (vgl. Wien Geschichte Wiki 2017f). Davor tauchen KATALYSATOR TRANSDANUBISCHER URBANISIERUNG geschichte des physischen und funktionalen Stadtbilds, wie es sich im 13. Jahrhundert erstmals Strebersdorf, Hirschstetten, Aspern Die historische Siedlungsgenese mag für die aktuelle Bevölke- uns heute präsentiert. Dabei rücken jene historischen Aspekte in und Essling auf und verdeutlichen durch ihre im gleichen Abstand rungsverteilung im Nordosten Wiens nicht mehr entscheidend den Vordergrund, die siedlungsstrukturell prägend waren bzw. zur Donau verlaufende Anordnung den enormen Respekt vor sein (vgl. Abb. 18). Das Wegenetz zwischen den Siedlungen lässt auch heute noch die Stadtstruktur und -entwicklung links der dem ungebändigten Fluss und zugleich die Ausweitung eines sich hingegen noch heute an den Straßennamen der teils schnur- Donau beeinflussen. Im Anschluss wird unter dem analogen Titel nun schon umfangreichen Netzes an mittelalterlichen Dörfern vor gerade und weitgehend tangential zum Stadtzentrum verlaufen- „Die große Transplantation“ der Blick auf stadtplanerische Strate- den Toren Wiens (vgl. Opll 1981). den Querverbindungen ablesen: Breitenleer, Asperner, oder gien, Leitbilder und Projekte für den nordöstlichen Teil der Stadt Donaufelder Straße sind nur ein paar Beispiele dafür, wie die gerichtet. Darin bildet sich die veränderliche Bedeutung Trans- Während im 16. und 17. Jahrhundert am rechten Donauufer eine historische Straßeninfrastruktur die heutige transdanubische danubiens für Wien ebenso ab, wie der Wandel der planerischen Vielzahl an Vorstädten und Vororten zur Wiener Altstadt gegrün- Stadtmorphologie prägt. Dass es sich bei diesen vorwiegend um Perspektiven auf den Nordosten der Stadt und die daraus resultie- det werden, entsteht links der Donau in dieser Phase lediglich Querverbindungen innerhalb des drüber der Donau liegenden rende Entwicklungslogik, wie sie sich heute darstellt. Kaisermühlen (1674) (vgl. Wien Geschichte Wiki 2017g). Darin Teils von Wien handelt, hat mehrere Gründe. Zum einen stellt der wird auch die nur langsam abnehmende Bedeutung der Donau Ausbau der Poststraßen Brünner und Prager Straße 1736 die als topographisches Entwicklungshindernis erkennbar. So gibt es ≡ SIEDLUNGSENTWICKLUNG BIS INS 19. JAHRHUNDERT radiale Verbindung von Wien nach Norden und Nordosten in erst 1439 mit der Wolfsbrücke erstmals eine befestigte Flussque- Ein Merkmal der Stadtentwicklung Wiens links der Donau ist die bestmöglicher Weise sicher (vgl. Czeike 2004). Zum anderen ist rung auf Höhe der heutigen Floridsdorfer Brücke (vgl. Wien trotz aller Dynamik im heutigen Urbanisierungsprozess noch nach Süden hin die Donau noch immer eine kaum überwindbare Geschichte Wiki 2017h). Noch klarer wird die zunehmende immer ablesbare historisch gewachsene Siedlungsstruktur. Den Grenze. Zudem genügen für den spärlichen Waren- und Perso- Überwindbarkeit der Donau durch die drei später erfolgenden Anfang muss hierbei die römische Besiedlung vor gut 2.000 nenverkehr über den Fluss auch lange Zeit die wenigen Brücken. Siedlungsneugründungen von Floridsdorf, Donaufeld und Mühl- Jahren machen, die den Grundstein für die Entwicklung Wiens (vgl. Michlmayr 2005; Maderthaner 2006) schüttel im 19. Jahrhundert. Nachdem Floridus Leeb, Propst des legt. Vindobona befindet sich aber am rechten Donauufer. Einzig Stifts Klosterneuburg, das vom Stift verwaltete Land Ende des 18. im Bereich der heutigen Leopoldau soll sich ein vindobonensi- Erst im Zuge der Industrialisierung, der Stadtumbaupläne des Jahrhunderts an 26 Siedlerfamilien übergeben haben soll, werden sches Siedlungssprengsel links der Donau befunden haben. Der Kaisers und, damit verbunden, der Donauregulierung werden mit im Bereich um den Floridsdorfer Spitz bzw. entlang des damals Grund: Die Donau selbst bildet den Limes nach Nordosten ge- Floridsdorfer und Reichsbrücke zwei für den Wagen- und Fuß- noch nicht regulierten Donauhauptarms genannte Orte gegrün- genüber feindlichem Gebiet (vgl. Czeike 2004; Fachgespräch gängerverkehr passierbare Brücken neuen Zuschnitts errichtet, die det und komplettieren das historische Siedlungsgefüge links der E.Raith 2017). Daraus erklärt sich auch, dass es bis ins Hochmittelal- für Wien die Phase der donauübergreifenden Urbanisierung und Donau (vgl. Czeike 2004; Opll 1981). ter dauert, ehe die Stadtentwicklung links der Donau einsetzt. Integration der zwei Stadtteile einläuten (vgl. Wien Geschichte Wiki 2017h). Rückblickend offenbart sich darin auch die Logik in Es ist also wichtig festzuhalten, dass das Siedlungsgefüge der alten Nicht immer lässt sich Genaues zum Entstehungszeitpunkt der der Entwicklungsdynamik einzelner Vororte. So sind es besonders Dörfer links der Donau, wie sie im Mittelalter und bis in die indust- ersten Dörfer sagen. Ihre Erstnennung in historischen Aufzeich- ab Mitte des 19. Jahrhunderts Floridsdorf und Stadlau, die sich – rielle Phase des 19. Jahrhunderts entstanden sind, nicht aus einer nungen erlaubt jedoch Rückschlüsse auf den Zeitraum der Grün- auf Basis ihrer guten verkehrlichen Anbindung über die Donau Zufälligkeit, sondern aus einer angeordneten und in Summe dung jener Orte, die noch heute die Bezirksteile des Wiener und an die Altstadt – zu Industriezentren des kaiserlichen Wiens durchaus überlegten Verortung neu zu gründender Siedlungen Nordostens kennzeichnen (vgl. Opll 1981). Gesichert ist etwa, dass entwickeln (vgl. Maderthaner 2006). Einen ebenso wesentlichen resultiert. So liegen die ähnlichen Abstände zwischen den Voror- Jedlesee eine der ältesten Siedlungen des Wiener Raums und Beitrag dazu leistet der bereits vor der Donauregulierung begin- ten in den Grundstücksverhältnissen und der notwendigen Di- damit auch links der Donau ist. Schon 1014 soll der Ort gegründet nende Eisenbahnbau. mension der umliegenden Flur zur Landbewirtschaftung worden sein und, so wie die meisten Siedlungsneugründungen begründet. Das unterscheidet die transdanubischen Angerdörfer im Wiener Raum zu jener Zeit, auf eine kaiserliche oder kirchliche beispielsweise auch wesentlich von den Weinbauvororten der Gründungsinitiative (in diesem Fall eine Schenkung des Kaisers an

43 | Abb. 18: Einflussgrößen der historischen Morphogenese Wiens links der Donau

| 44 Wie bereits beschrieben, ist die Kaiser-Ferdinand-Nordbahn zwi- ohnehin zum funktionalen Geflecht der Wiener Industriestadt durchaus bewusst ist und damit die Umsetzung planerischer schen Floridsdorf und Deutsch-Wagram 1837 die erste Eisenbahn gehörenden Vororte links der Donau auch administrativ Wien Zielsetzungen u.U. besonders erschwert. Wiens. Ihr folgen (mit einem Streckenverlauf links der Donau) bald zuzuordnen, was 1904/05 schließlich gelingt (vgl. Mattl 2000; Da der Nordosten der Stadt seit jeher als potentielles Wachstums- Ost- und Nordwestbahn nach. Während die Bahnlinien aus Maderthaner 2006). und Erweiterungsgebiet gehandelt wird, ist es nicht verwunder- Wiener Sicht vorerst nur das transdanubische Hinterland in Rich- Eine weitere Verschiebung erfährt das Gemeindegebiet in der lich, dass ökonomischer Wandel und Bevölkerungsentwicklung als tung der Kronländer überbrücken sollen, um eine möglichst Folge durch die Ausrufung von Groß-Wien 1938, mit der sich die zwei der wesentlichen Einflussgrößen auf die Entwicklungsdyna- effiziente Rohstoffanlieferung für die lokale Industrieproduktion zu Stadt noch einmal dramatisch vergrößert – allein links der Donau mik Transdanubiens wirken. Das verdeutlichen nicht nur der gewährleisten, siedeln sich rund um die Bahnhöfe Floridsdorf und um 25 niederösterreichische Gemeinden (vgl. Stadt Wien 2018b). Industrialisierungsprozess und die in Folge intensive Urbanisierung Stadlau, sowie entlang der Eisenbahntrassen bald Industrieagglo- Das bereits 1946 erlassene und 1954 in Kraft tretende Gebietsän- des linken Donauufers, sondern auch die in Abhängigkeit von merationen und mit ihnen die Arbeitsbevölkerung an. Dass die derungsgesetz lässt diese Phase aber als historisch kurzes Inter- Wachstums-, Schrumpfungs- und Übergangsphasen unterschied- Bahnlinien für die Stadtentwicklung und die räumliche Bevölke- mezzo erscheinen. Trotzdem verändert sich das administrative lich verlaufende transdanubische Stadtentwicklung des letzten rungsverteilung im Besonderen eine wichtige Einflussgröße dar- Gebiet damit: Der bislang einzige transdanubische Bezirk Florids- Jahrhunderts. So schreitet die Siedlungsentwicklung durch den stellen, verdeutlicht Abb. 18. Gerade die Eisenbahnkorridore der dorf wird in die zwei Bezirke Floridsdorf und Donaustadt unterteilt, Wohnbau schon Anfang des 20. Jahrhunderts als Konsequenz Nordbahn und Laaer Ostbahn vermitteln, auf welche Gebiete sich die Gemeinden Stammersdorf (21.Bezirk), sowie Süßenbrunn, des industriellen Wachstums und der folglichen Wohnungsnot auch die heutigen Wohnnutzungen beschränken (müssen). So Breitenlee und Eßling (jeweils 22.Bezirk) verbleiben bei Wien (vgl. weiter voran. Nach dem Ersten Weltkrieg intensiviert sich diese stellt etwa die Laaer Ostbahn (und mit ihr später die Südosttan- ebd.). Die Nachkriegsjahre sind dann insofern bedeutsam, als die Phase mit dem Wohnbauprogramm des Roten Wiens (vgl. Ma- gente A23 bzw. die Nordrand Schnellstraße S2) eine Barriere der Ungewissheit über den Verbleib des nach dem Krieg sowjetisch derthaner 2006). Bevölkerungsstagnation, Wirtschaftskrise, politi- Siedlungsentwicklung und Stadterweiterung dar, wie die deutlich besetzten Nordostens auch die Stadtentwicklung und die planeri- scher Umbruch und schließlich der Zweite Weltkrieg gebieten den unterschiedlichen Stadtstrukturen westlich und östlich des Ver- schen Ansinnen für diesen Teil Wiens unsicher erscheinen lässt. Es Entwicklungen jedoch bald Einhalt. kehrsbands erahnen lassen. ist daher wenig verwunderlich, dass im Kontext stagnierender Die Nachkriegsjahre sind – bedingt durch Mittelknappheit und ein Bevölkerung und politischer Ungewissheit der Wiederaufbau der Bekenntnis zum Wiederaufbau – weitgehend fokussiert auf die ≡ DER LOKALE ENTWICKLUNGSPFAD IM 20. JAHRHUNDERT 40er- und 50er-Jahre zuerst auf die etablierten und „dem Westen“ Wiener Altstadt und ihre umliegenden Gebiete. Der Nordosten Mit der Flussentwicklung, also der mehrfachen topographischen zugeordneten Stadtgebiete beschränkt bleibt (vgl. Fachgespräch spielt eine untergeordnete Rolle. Mit wachsendem Wohlstand ab Transformation des Donaulaufs, der Siedlungsgenese und der W.Matznetter 2017). Diesen Umstand lösen erst die Aufbruchsjah- den 50er-Jahren steigt jedoch auch der Anspruch an die städti- damit verbundenen charakteristischen landwirtschaftlichen Parzel- re der technischen Moderne ab, wie in Folge noch zu erwähnen sche Infrastruktur. Gepaart mit der Automobilisierung der Masse lenstruktur, sowie dem einer europäischen Industriemetropole sein wird. Ausdruck verleihenden hochrangigen Verkehrsnetz sind drei der und dem Anspruch der Auflockerung des Stadtkerns erfolgt daher frühesten und gravierendsten Determinanten der transdanubi- Ein anderer Faktor beeinflusst die transdanubische Stadtentwick- in den 1950er- und -60er-Jahren eine intensive Stadterweiterung, schen Stadtentwicklung genannt, die noch heute wirken. In der lung des 20. Jahrhunderts ebenso maßgeblich wie die territoriale insbesondere im Wohnbau (vgl. Eigner & Resch 2001). Diese wird jüngeren Stadtgeschichte gibt es aber ebenso einschneidende Abgrenzung: die Grundstücksverhältnisse. Anders als in vielen allerdings zugleich zum Entwicklungsproblem, hinkt ihr doch die Ereignisse, welche nicht nur im physischen Stadtraum festzuma- cisdanubischen Gebieten ist die historische Stadtentwicklung darin Sozial- und Verkehrsinfrastrukturentwicklung in der Folge über chen sind, aber dennoch als wichtige Weichenstellungen der in besonderer Weise abgebildet. So ist die Kirche, genauer gesagt Jahre hinterher (vgl. Eigner & Resch 2001; Klusacek et al. 2008). Urbanisierung Wiens links der Donau erachtet werden müssen. das Stift Klosterneuburg, einer der großen Grundstücksbesitzer – Diese Phase ist zudem prägend für die transdanubische Stadtent- Diesen soll daher noch gesondert Platz geboten werden. gerade im Bereich jener nah am linken Donauufer liegenden wicklung, als zeitgleich die De-Industrialisierung einsetzt, die die Areale. In Anbetracht der bewegten Eisenbahnerrichtungsge- ohnehin vom Krieg besonders betroffenen Nebenzentren Florids- Allen voran sind hier die sich verändernden Grenzziehungen des schichte im Wiener Nordosten erscheint es wenig überraschend, dorf und Stadlau einmal mehr ihrer ökonomischen Grundlage Wiener Gemeindegebiets zu nennen, die in Folge auch die poten- dass auch die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) zu den beraubt (vgl. Eigner & Resch 2001). Entsprechend muss ab den tielle Steuerbarkeit des Urbanisierungsprozesses durch lokale Politik wichtigen Eigentümer*innen zählen. Spätestens mit Beginn der 1960ern die verkehrliche Integration des linken und rechten und Planung mitbestimmen. Entscheidend für den lokalen Ent- aktiven Ankaufspolitik der Stadt Wien in den 1980ern wird auch Donauufers in den Fokus rücken, als zwar der Wohnbau merklich wicklungspfad links der Donau ist sicherlich die Eingemeindung die Gemeinde selbst zur wichtigen Grundeigentümerin. Hinzu über die Donau wächst, aber zugleich das Ungleichgewicht in der weiter Teile des heutigen transdanubischen Stadtgebiets von kommen sehr vereinzelte Privateigentümer*innen, die etwa im Arbeitsstättenentwicklung und der sozialen Infrastrukturausstat- 1904/05. Diese weitet nicht nur das Wiener Stadtgebiet insgesamt Besitz von Kleingartenparzellen, ehemaligen Industriebrachen tung links und rechts der Donau zunimmt (vgl. ebd.). enorm aus und trägt damit dem Wachstumshunger einer indust- oder ursprünglich landwirtschaftlich genutzten Flächen sind – so Das Ende des Wirtschaftswunders und die weiterhin stagnieren- riellen Großstadt Rechnung. Pikant ist die nur 12 Jahre nach der etwa in Aspern und Eßling, im Bereich zwischen Marchfeldkanal den Bevölkerungszahlen lassen dem Nordosten der Stadt in den letzten Erweiterung stattfindende Grenzverschiebung vor allem und nördlicher Salomongasse oder am Stadtrand zwischen der 70er- und 80er-Jahren schließlich keine prioritäre Rolle mehr deshalb, weil sie auch politisch motiviert ist. So soll das sozialdemo- ehemaligen Brachmühle und Citygate (vgl. Magistrat der Stadt zukommen. Die Abkehr der Planung vom Konzept der Stadterwei- kratisch regierte Floridsdorf Anfang des 20. Jahrhunderts niederös- Wien 1999a, 2005, 2012). Lokale Politik und Planung stehen hier terung trägt ihr Übriges dazu bei (vgl. Pirhofer & Stimmer 2007). terreichische Landeshauptstadt werden – ein Gedanke, der den also einem besonderen Akteursspektrum gegenüber, das sich Die Stadtwachstumstendenzen, die in Wien insbesondere ab Mitte christlich-sozialen Wiener Bürgermeister Lueger nicht begeistert. seiner strategischen Rolle im Stadtentwicklungsprozess auch Entsprechend engagiert ist das konservative Lager die mittlerweile der 90er im Zusammenspiel mit europäischer Integration und

45 | Globalisierung spürbar werden, bedeuten hingegen eine neue ist sie als reine U-Bahnbrücke neben Nordbahnbrücke, U6-Brücke zur Spielwiese utopischer Stadtvisionen wird, ist eine der Beson- Dynamik in der Urbanisierung des Wiener Nordostens, die nun und Stadlauer Ostbahnbrücke aber eine von vier für den ÖV derheiten dieses Teils von Wien – und letztlich auch einer der schon ein Vierteljahrhundert anhält und sich in einem bislang bestimmten Donaubrücken, weshalb aktuell im Kontext des für Gründe für die auffällig andersartige Stadtstruktur gegenüber dem ungekannten Ausmaß links der Donau – von Leopoldau bis den Autoverkehr bestimmten Lobautunnels auch von der sechs- historisch gewachsenen Kern. Der Grund ist jedoch nicht in den Donaufeld, von Brünner Straße bis Aspern – baulich manifestiert. ten und nicht der bereits siebten oder – richtiger noch – zehnten erdachten Stadtvisionen der Planer*innen zu suchen, sondern Donauquerung die Rede ist. Viel weniger offensichtlich, aber paradoxerweise in deren weitgehender Ablehnung und – infolge Dass derartigen Entwicklungsschüben durch die technische und ebenso wesentlich: Der Ausbau des Kanalnetzes, der insbesondere der Ermangelung einer konzertierten räumlichen Strategie – der soziale Infrastrukturausstattung gewisse Grenzen gesetzt sind, ist die jüngere Stadtentwicklung in der Donaustadt befördert. So wird Ausgestaltung eines teils sehr eigenwilligen Entwicklungspfads des selbstverständlich und wurde im Kontext der Wiener Stadtentwick- 2009-2013 das Kanalnetz des 22.Bezirks ausgebaut, wodurch eine städtischen Wandels. lungsgeschichte auch schon mehrfach thematisiert (vgl. u.a. intensive Besiedlung auch des „flachen Lands“ möglich wird. Eine Eigner & Resch 2001 oder Müller 2008). Im Kontext des trans- wesentliche Voraussetzung für das Wachstum der Seestadt As- danubischen Urbanisierungsprozesses lässt sich das ebenfalls ≡ „WIEN AN DIE DONAU“: TRANSDANUBISCHE pern ist etwa die Errichtung des Asperner Sammelkanals mit historisch nachverfolgen. So besteht – wie beschrieben – kein Pumpwerk im Jahr 2013 (vgl. Stadt Wien 2018c). STADTPLANUNG VOR 1945 Zweifel daran, dass Eisenbahn- und Straßenbahnbau, Donauregu- Dendie Anfangausgiebige zur PlanungsgeschichteEinbeziehung des linkenlinks der Stromufers Donau macht in das Otto zu lierung und schließlich die Kommunalisierung weiter Teile der Es zeigt sich also, dass für die Stadtentwicklung links der Donau Wagners Wettbewerbsprojekt für einen Generalregulierungsplan regulierende Gebiet endlich die gebührende Bedeutung als städtischen Infrastruktur Voraussetzungen der industriellen Urba- insbesondere wirtschaftlicher und geopolitischer Kontext, sowie von 1893, in dem er eine umfassende Stadtplanung für Wien Welthandelsstadt erreichen wird“ nisierung Transdanubiens im 19. und frühen 20. Jahrhundert sind. die Bevölkerungsentwicklung entscheidende Größen sind. Techni- unter Einbeziehung der nordöstlich des alten Zentrums liegenden In der Zwischenkriegszeit kommt es hingegen zu einem Aufholp- sche und soziale Infrastrukturentwicklung stellen wesentliche Gebiete entwirft. So ist Wagner überzeugt, „daß Wien nur durch rozess hinsichtlich der Sozialinfrastruktur, der ein Weiterwachsen Bedingungen für die Dynamik bzw. Fortdauer intensiver Urbani- des damaligen 21. Bezirks erlaubt. Beginnend mit dem Wieder- sierungsphasen dar. So lässt sich darüber streiten, inwiefern der aufbau und bis zum Ende der 60er-Jahre sind es hingegen Ausbau des hochrangigen Straßennetzes und die arbiträre Ansied- (Historisches Museum der Stadt Wohnbau- und Verkehrsentwicklung, die das Wachstum links der lung von Einkaufszentren in Transdanubien gerade ab den Wien 1999: 340). Er geht sogar so weit, einen damals noch nicht Donau befördern (vgl. Eigner & Resch 2001; Pirhofer & Stimmer 1990ern einer wünschenswerten Raumordnung entsprechen. Sie existierenden 22. Bezirk zu entwerfen (vgl. Abb. 19). 2007). Und was mit der Errichtung von Einkaufszentren links der sind heute jedenfalls wichtige infrastrukturelle Voraussetzungen Donau in den 70ern als Strategie zur Steigerung der lokalen des Wachstums des Wiener Nordostens. Versorgungsqualität beginnt, wird bald zur generellen Haltung einer konsumorientierten Ökonomie und zum anhaltenden trans- danubischen Planungsproblem.

Die 1970er führen aber auch das allgemeine Modernisierungsbe- DIE GROßE TRANSPLANTATION: PLANERI- streben weiter und stehen links der Donau entsprechend für eine SCHE IDEENGESCHICHTE LINKS DER DONAU Phase des technischen Infrastrukturausbaus, der noch für das heutige Siedlungswachstum wichtig ist. So kommt es ab 1970 Der folgende Abschnitt erzählt die für den links der Donau liegen- Wien-weit zur Umstellung auf Erdgas, wodurch die preisgünstige den Teil Wiens relevante Stadtplanungsgeschichte mit besonde- Versorgung auch in einem weitläufigen Netz möglich wird (vgl. rem Verweis auf die Strategien, Konzepte, Leitbilder und Pläne und Wien Geschichte Wiki 2017i). Zeitgleich beginnt der Bau des stellt damit das Bindeglied zwischen den einführenden Kapiteln zu Wiener U-Bahnnetzes, das in den 80ern den ersten Schritt über Stadtentwicklungs- und Stadtplanungsgeschichte für Wien und die Donau macht (vgl. Weber 2006). Der Bau der A22 und die der Auseinandersetzung mit ausgewählten Beispielen lokaler Eröffnung des transdanubischen Teilstücks der A23 zeugen von Transformation im folgenden Abschnitt dar. Entsprechend be- der Zunahme donauquerenden Verkehrs und erweitern das schränken sich untenstehende Ausführungen auf jene für Trans- hochrangige Straßennetz Ende der 1980er bzw. Anfang der danubien besonders relevanten planerischen Zielsetzungen, 1990er schließlich auch im motorisierten Individualverkehr. In Abb. 19: Otto Wagners Großstadtstudie Leitbilder und Projektideen, die in Summe das Bild einer mehr als diesem Zusammenhang sind auch die Donaubrücken als Symbole einhundertjährigen Planungsgeschichte zeichnen und neben des infrastrukturellen Ausbaus zu nennen – nicht nur, weil sie stets Eine Achse soll dabei das alte Wiener Zentrum mit den neuen einem Überblick über zentrale Ideen und Visionen vor allem als technische Meisterwerke rezipiert werden, sondern weil sie für transdanubischen Bezirken verbinden. In der Studie drückt sich der Anhaltspunkte für die folgende Fallstudienanalyse bieten sollen. das besondere Bemühen der Stadt zur Stärkung der donauüber- damalige stadtplanerische Zeitgeist und der darin gehegte euro- greifenden Integration Wiens stehen. Auf die Nordbrücke (1964), Aus planungshistorischer Perspektive erzählt der Nordosten Wiens päische Traum „von einer amerikanischen Großstadt mit größt- die Praterbrücke (1970), die Floridsdorfer Brücke (1978), die Brigit- zwei Geschichten: Jene der dynamischen baulichen Veränderung möglicher Typisierung und Standardisierung der Wohnhäuser bei tenauer Brücke (1982) und die neue Reichsbrücke (1980) folgt nach 1945 und jene der Persistenz der gewachsenen Strukturen Beibehaltung einer europäischen Struktur im jeweils dominanten 1997 die Donaustadtbrücke als sechste Donauquerung für den gegenüber utopischen Plänen, die (mit Ausnahmen) mehrheitlich Zentrum“ (Historisches Museum der Stadt Wien 1999: 12) aus, der Individualverkehr (vgl. Wien Geschichte Wiki 2017h). Mittlerweile davor stattfindet. Dass gerade Wien links der Donau immer wieder

| 46 vor allem im Nordosten Wiens die notwendigen Flächen für seine ≡ NACH 1945: WIEDERAUFBAU ODER NEUKONZEPTION? über den Wiederaufbau“ sehr rasch zu Werke geht, gibt es noch potentielle Verwirklichung findet. In der Wiener Nachkriegsplanung stehen einander zwei diametra- keine konkreten planerischen Vorstellungen für die Entwicklung der Gebiete links der Donau (vgl. ebd.). Im Fokus steht klarerweise Was den Anfängen dieser Stadtplanung jedoch zum Verhängnis le Ziele gegenüber. Einerseits ist durch die Kriegsschäden der die rasche Wiederherstellung einer funktionierenden Stadtstruktur. wird, ist die in Folge der großen Armut schon Ende des 19. Jahr- Wiederaufbau insbesondere im Wohnbau und bei der techni- Dazu zählt auch die Instandsetzung der im Krieg ausnahmslos hunderts einsetzende wilde Besiedlung der donaunahen Gebiete schen Infrastruktur zentrales Anliegen, andererseits wird die Zer- zerstörten Donaubrücken, die Floridsdorf völlig abgeschnitten vom (vgl. Maderthaner 2006). Ebenso beginnt sich das Bevölkerungs- störung durch den Krieg als Chance für einen in Expertenkreisen Rest der Stadt zurücklassen. Insgesamt rücken die Straßeninfra- wachstum deutlich abzuschwächen. Diese Umstände verhindern etablierten funktionalistischen Städtebau gesehen, der das Stadtge- struktur und Industrie in den Vordergrund des planerischen Inte- somit die Umsetzung der Wagner‘schen Pläne für eine modernisti- füge nach funktionalen Aspekten neu zu organisieren sucht (vgl. resses. Die Enquete stellt vor allem Überlegungen zur Stellung sche Stadterweiterung, da sich das wachstumsorientierte Tabula Magistrat der Stadt Wien 1945). Dieser Gegensatz sollte auch die Wiens in einem internationalen Verkehrsnetz an. Transdanubien Rasa Prinzip seines Plans als unvereinbar mit den neuen faktischen Wiener Planung noch über Jahre, teils sogar Jahrzehnte beschäf- wird zum möglichen Ausgangspunkt der verkehrlichen Erschlie- Bedingungen eines in Teilen bereits (anders als gewünscht) urba- tigen und sich gerade links der Donau merklich im baulichen ßung von Gebieten nordöstlich von Wien (vgl. ebd.). Auch erste nisierten Transdanubiens erweist (vgl. Schweitzer 1970). Relevanz Gefüge manifestieren. Überlegungen zur Donauinsel werden bereits in der Enquete erlangt in den 1920ern damit auch links der Donau eine an ähnli- In den ersten Jahren nach `45 prägt jedoch die Ungewissheit angestellt (vgl. ebd.). Einige Vorstellungen der 1930er und 1940er, chen Zielen orientierte, wenngleich nicht derart in der Stadtbau- über die Zukunft Wiens die Stadtplanung. Obwohl die „Enquete wie das Groß-Flugfeld in Deutsch-Wagram, sind auch in den kunst verhaftete Politik austromarxistischer Prägung: Das Rote Wien. Nach Jahrzehnten einer fast ausschließlich an der techni- schen Ausstattung der Industriestadt Wien orientierten Bodenord- nung erfolgt damit eine Wende ins glatte Gegenteil. Das technische Rückgrat der Stadt genügt einer stagnierenden Bevöl- kerung. Es erfolgt ein massiver Ausbau der Sozialinfrastruktur in bislang ungekanntem Ausmaß, der sich allen voran im sozialen Wohnbau, ebenso aber in Schul- und Kinderbetreuungseinrich- tungen, Gesundheits-, Bildungs-, Kultur-, Freizeit- und Volks- sporteinrichtungen ausdrückt – auch und gerade links der Donau (vgl. Kadi & Suitner 2018). So entstehen im gesamten Gebiet des damaligen 21. Bezirks verstreut Gemeindebauten – vorwiegend im Bereich der bereits gut erschlossenen Siedlungskerne Florids- dorf, Kaisermühlen und Stadlau, aber ebenso im Nahbereich der Fabriken entlang der Brünner Straße, im Donaufeld und entlang der Laaer Ostbahn (vgl. Wiener Wohnen 2018).

Von einer ganz anderen Symbolik sind schließlich die Planungen für Transdanubien im Nationalsozialismus geprägt. Wenngleich nur wenige der Ideen ihre Umsetzung finden, ist der Wunsch „Wien an die Donau“ zu bringen omnipräsent (vgl. Historisches Museum der Stadt Wien 1999: 340). Der Nordosten der Stadt erfährt entsprechende Aufmerksamkeit als Objekt repräsentativer Architektur- und Städtebauentwürfe. Am bekanntesten ist wohl die Idee einer Aufmarschachse von der nach Kaiser- mühlen zum damaligen Zannet Haufen (vgl. Abb. 20, links), die sich auf besonders zynische Weise mit der Verdrängung, Enteig- nung und Deportation der vorwiegend jüdischen Bevölkerung aus dem 2. Wiener Gemeindebezirk „verträgt“. Sie wird aufgrund des einsetzenden Kriegsgeschehens aber ebenso wenig Realität wie die Entwürfe für die „Nordstadt“, eine riesige Wohnstadt im Norden Groß-Wiens (vgl. Abb. 20, rechts). Was das nationalsozia- listische Regime 1945 hinterlässt, ist eine vom Krieg zerstörte Stadt, wovon in Transdanubien insbesondere die Industriezentren Flo- ridsdorf und Stadlau zeugen (vgl. Wiener Stadtbauamt 1946). Abb. 20: Entwurf Aufmarschachse 1938 (links) und Entwurf Nordstadt Kagran 1941 (rechts)

47 | Dokumenten zur Enquete noch wiederzufinden und beeinflussen aufschließung und deuten daher schon auf die künftigen Entwick- hält. Entsprechend rückt der Nordosten Wiens als Hoffnungsge- die Überlegungen zum Ausbau der Ausfallstraßen im Nordosten lungen im Nordosten Wiens hin, für die die Erschließungskosten biet zunehmend in den Blick der Planer. Das historisch bedingte Wiens, insbesondere der Brünner, Prager und Wagramer Straße und Baulandverfügbarkeit zu Planungs- und Umsetzungsprämis- Nebeneinander von Industrie, kommunalem Wohnbau und (vgl. ebd.). Der Ausbau der Wagramer Straße und der Flugfeld- sen werden. Keine Aussagen macht die Enquete hingegen zum Selbstversorgersiedlungen soll durch eine funktionale Konzeption Stichstraße als Autobahn sollen das erste Großvorhaben des Ausbau der sozialen Infrastruktur – ein Faktum, das die Stadtvisio- neu geordnet werden. Brunner entwirft dafür den ersten Flä- geplanten Verkehrsnetzes sein (vgl. ebd.). nen für den Wiener Nordosten noch lange Zeit prägen sollte. Die chenwidmungsplan seit 30 Jahren und schafft die Grundlage für konkreten verkehrstechnischen Planungen finden allerdings eine geordnete Stadtentwicklung, die sich allein planlich durch Bezeichnend ist hingegen das implizierte Vertrauen in die Selbst- aufgrund des unzureichenden Bedarfs ihrer Errichtung in einer eine Diskrepanz zwischen cisdanubischer Altstadterhaltung und regulierung der Stadterweiterung im Wohnbau. Diese werde sich, stagnierenden Stadt und aufgrund der Betonung der Entwicklung transdanubischer Neuordnung auszeichnet (vgl. Abb. 21). so die Enquete, „naturgemäß“ im Süden und Westen der Stadt des Wiener Südens keine Realisierung. etablieren, wiewohl aufgrund niedriger Grundstücks- und Er- In diesem Sinne propagiert Brunner in seiner „Stadtplanung Wien“ schließungskosten auch der Norden und Osten nicht gänzlich Mit Karl Brunner und Roland Rainer bleibt der Dualismus von auch die Idee von Trabantenstädten, wie sie als Vorbild im Greater ausgeschlossen werden. Allerdings werden letztere Gebiete Erhaltung und Neubau in den 50ern und 60ern bestehen. Die London Plan vorgesehen sind (vgl. Platzer 2018). In Wien sollen räumlich nicht weiter spezifiziert. Sie liefern aber dennoch Indizien Planungsexperten streben eine funktional entmischte Stadt an, derartige Satellitenstädte links der Donau im Bereich Leo- über die inhärente Planungslogik der kostengünstigsten Bauland- während die Gemeindepolitik an der Bestandsentwicklung fest- poldau/Stammersdorf und Aspern/Eßling entstehen. Die Traban- tenstädte sind für Brunner Instrumente, um die gewünschte Entmischung der unterschiedlichen Stadtfunktionen zu erreichen. Sie finden allerdings aufgrund der hohen Infrastrukturkosten keine Umsetzung. Stattdessen entsteht eine Vielzahl an Wohnbauprojek- ten, die sich aber nicht an Brunners Ideal, sondern der pragmati- schen Logik einer sozialen Stadtpolitik orientieren, die bereits im Roten Wien gegolten hatte: günstigen und qualitativ hochwerti- gen Wohnraum zu schaffen, wo immer es die Rahmenbedingun- gen (also Bodenverfügbarkeit, Infrastrukturerschließung, Errich- tungskosten) zulassen. Nennenswerte Bauten entstehen u.a. 1947-49 im Bereich Jedlesee, Donaufeld und zwischen Kagran und Stadlau, 1950 in den Gebieten Jedlesee, Brünner Stra- ße/Stammersdorf, Kagran, Hirschstetten und Stadlau und 1951 in Jedlesee, Donaufeld, Kagran und Stadlau (vgl. Brunner 1952).

Das funktionalistische Ideal der 50er-Jahre wird auch durch den Widerstand des Grundeigentums abgeschwächt. So sind es die aus der agrarischen Historie der Wiener Vororte erhalten geblie- benen kleinteiligen Parzellierungen landwirtschaftlicher Flächen in Privateigentum, die eine großmaßstäbliche Stadterweiterung in Form der erdachten Trabantenstädte unmöglich macht. Zugleich sträubt sich eine am Ende des Wiederaufbaus auf sparsamen Mitteleinsatz bedachte Stadtpolitik gegen die kostenintensive Erschließung derartiger fernab des Zentrums gelegener und in sich weitläufiger Siedlungen (vgl. Fachgespräch A.Weigl 2018).

Doch auch zehn Jahre später sind Modernismus und Funktiona- lismus noch die Maxime der Stadtplanung. Das schlägt sich in Roland Rainers Entwürfen zum „Planungskonzept für Wien“ nie- der. Wie Brunner plädiert auch er für Entmischung, eine Auflocke- rung des alten Zentrums und eine Verdichtung der Randbereiche. Entsprechend zentral ist der Nordosten der Stadt auch in seinen Planungsüberlegungen. So schlägt Rainer in seinem polyzentri- schen Leitbild sechs Hauptzentren in der Stadt vor, von denen gleich drei links der Donau liegen sollen (vgl. Rainer 1961). Damit Abb. 21: Flächenwidmung nach Karl Brunner wird deutlich, welche Rolle dem nördlich gelegenen, noch weit-

| 48 gehend indeterminierten Stadtteil zukommen soll. An diesem entscheidende Figur, bricht er doch in diesem Zusammenhang aus der im Zuge der Erarbeitung des Zentrenkonzepts entstande- Punkt passiert auch eine wichtige Weichenstellung für die Stadt- erstmals mit den Bemühungen der Stadt um einen ausgegliche- nen Studie „Wien polyzentral“ hervorgeht (vgl. MA 18 2016). Auch entwicklung links der Donau. Rainers städtebauliches Konzept nen Haushalt, um in Folge Wirtschaftsbetrieben günstigen, von auf die Planung der Verkehrsinfrastruktur wird ein starker Fokus wird – abgesehen von einem abstrakten Mehr-Punkte-Programm der Stadt bereitgestellten Baugrund anbieten zu können (vgl. gelegt, was sich ebenso im ersten Verkehrskonzept Wiens 1970 – vom Gemeinderat abgelehnt, während das dazugehörige Fachgespräch A.Weigl 2017; Wien Geschichte Wiki 2018c). Die manifestiert. Wien soll zu einem „wichtigen westeuropäischen Verkehrskonzept zur autogerechten Erschließung der weitläufigen Konsequenz ist eine intensive Ausweitung von Betriebsgebieten – Autobahnknoten“ (MA 18 1970: 47) ausgebaut werden, wobei „gegliederten und aufgelockerten Stadt“ angenommen wird. links der Donau vor allem im Raum Floridsdorf, entlang der der Nordosten Wiens durch die Nordautobahn und die Do- Anfang der 1960er liegen somit Brunners Flächenwidmung und Scheydgasse und Brünner Straße, der Wagramer Straße, sowie in nauuferautobahn einzubinden ist. Die Vorstellung Wien an die Rainers Verkehrskonzept als einzige Grundlagen einer geordneten Stadlau. Diese Betriebsgebiete sind heute im Stadtraum in dieser Donau zu bringen soll also durch einen forcierten Infrastruktur- transdanubischen Stadtentwicklung auf dem Tisch, ehe der erste Form großteils wiederzufinden, sind also mittlerweile umgesetzte ausbau mit dem Zweck der Verbindung beider Donauseiten Stadtentwicklungsplan von 1984 dem mehr als zwei Jahrzehnte Planungsrealität. Einzig die Betriebsflächenentwicklung im Bereich Rechnung getragen werden. Ein zweites Zentrum Wiens soll in später ein neues räumliches Leitbild entgegensetzt. Erzherzog-Karl-Straße ist in den planerischen Überlegungen der Transdanubien entstehen und damit dem Nordosten verstärkte 70er-Jahre noch nicht im heutigen Ausmaß zu erkennen. Bedeutung zukommen lassen. Im Fokus der Planung stehen die Entwicklungsachsen Brünner und Prager Straße sowie Wagramer ≡ DIE TECHNISCHE MODERNE, EIN AUFHOLPROZESS: Ein weiterer Entwicklungsschwerpunkt ist der Ausbau der Sozia- Straße und die U-Bahn als wesentliches Schnellverkehrsmittel zur linfrastruktur, insbesondere der Sportstätten und Kindertageshei- INFRASTRUKTUR ALS ENTWICKLUNGSTREIBER donauübergreifenden Integration. Die technische Moderne der 60er und 70er ist eine entscheidende me. Diese Vorstellungen wurden ebenso großteils umgesetzt, wie Phase für die weitere Entwicklung des Wiener Nordostens. Mit Rainers Verkehrskonzept ist eine Grundlage bereits geschaffen, die dem links der Donau liegenden Stadtteil große Bedeutung bei- misst und entsprechend seine funktionale Integration mit dem alten Stadtkern fordert. Als wichtige Verbindung der nördlichen mit den südlichen Teilen Wiens wird daher 1962 die S-Bahn- Stammstrecke zwischen Meidling und Floridsdorf eröffnet. Damit wird der Bedeutung des „Brückenkopfs“ nun auch mit einem öffentlichen Schienenschnellverkehrsmittel Rechnung getragen. Schon kurz darauf, im Jahr 1966, fällt schließlich auch die Ent- scheidung für den Bau eines U-Bahnnetzes für Wien, das bis nach Kagran reichen soll. Bis zur Fertigstellung sollten jedoch noch 15 Jahre vergehen.

Ein weiteres Wesensmerkmal des transdanubischen Aufholprozes- ses jener Zeit liegt in den Leitlinien für die Stadtentwicklung von 1972 verborgen: Der neue Umgang mit Wirtschaftsakteur*innen in der Stadtentwicklung. Versteht sich die Stadtentwicklungspolitik bis in die 1960er noch weitgehend als Advokat der Wohnbevölke- rung und entsprechend des Wohnbaus (was sich in der vorrangig an Wohnbau- und Verkehrsfragen orientierten Diskussion um Stadtentwicklungs- und Stadterweiterungsgebiete niederschlägt), sind die späten 60er- und frühen 70er-Jahre schon von einer neuen Vielfalt im Diskurs geprägt, zu der auch die Debatte um mögliche Wirtschaftsförderungen und eine aktive Betriebsansied- lungspolitik gehören. Der Grund ist mehr als einleuchtend: Hohe Bodenpreise und mangelnde Anreize führen zu einer Abwande- rung vieler Betriebe ins Stadtumland – gerade aus dem traditionell von Industrie und Gewerbe geprägten Transdanubien. Die einset- zende De-Industrialisierung tut ihr Übriges zum Rückgang der Arbeitsstätten und verschlimmert somit das ohnehin virulente Missverhältnis zwischen wachsender Bewohner*innenschaft und geringem Arbeitsplatzangebot im Wiener Nordosten. Der damali- ge Finanzstadtrat Felix Slavik ist in diesem Zusammenhang eine Abb. 22: Trassenvarianten für das Wiener U-Bahn-Netz aus dem Jahr 1970

49 | So schlägt etwa der erste kleinräumige Entwicklungsplan für den den vielfältigen Ansprüchen der Bewohner*innen an die anderen Zielrichtung ist gegenüber vorangegangenen Jahren verschoben: 22. Bezirk von 1972 eine Verbindung mittels leistungsfähigem städtischen Grundfunktionen – Versorgung, Freizeit, Arbeit – nicht Internationalisierung, Modernisierung und der ungebrochene öffentlichen Verkehrsmittel auf der Strecke Kagran – Groß- die gleiche Aufmerksamkeit zuteilwird. Zunehmend wird daher die Anspruch die Stadt an die Donau zu bringen. Enzersdorf vor. Eine U-Bahnlinie U7 soll die Strecke bedienen, um Wichtigkeit eines Zentrums links der Donau erkannt, das vor allem die schlechte Versorgung mit sozialer Infrastruktur und zentralen alsund „Antwort dennoch auf sehr die Eintönigkeitwichtiges Gebiet“ und Sterilität der Fertigteilsiedlun- ≡ MAßSTABSWECHSEL: BEZIRKSPLANUNG Einrichtungen im östlichen Teil der Donaustadt auszugleichen (vgl. gen […] auf den Kagraner ‚grünen Wiesen‘“ (Historisches Museum Magistrat der Stadt Wien 1993). Dies ist Ausdruck des zunehmen- der Stadt Wien 1999: 458) gesehen wird. Kagran liegt im Fokus all UND WETTBEWERB AB 1972 den transdanubischen Bewusstseins der Abhängigkeit von den dieser Überlegungen, wird es doch als „städtebaulich verfahrenes Anfang der 70er-Jahre entwickeln sich erste Ideen, die Bezirks- Donauquerungen und des daraus folgenden Strebens nach (ebd. 1999: 458) betrachtet. struktur der Gebiete links der Donau von innen zu planen als wie funktioneller Selbstständigkeit durch die Verbindung der Zentren So entstehen zu dieser Zeit einige Konzepte zur Umgestaltung des bisher üblich von zentraler Stelle zu determinieren. So schlägt der links der Donau untereinander. Die damalige U-Bahn-Euphorie mit Zentrumsbereichs Kagran, wie etwa im Entwurf von Ernst Hiesma- Donaustädter Bezirksplan 1972 die Etablierung weiterer Zentren Planungen mehrerer U-Bahnlinien im Nordosten Wiens (vgl. Abb. yr zur Überbauung des Lettenhaufens (vgl. Abb. 23). von jeweils einzigartiger Charakteristik vor (vgl. Abb. 24). Aber 22) wird aber durch eine vorerst noch zu geringe Bevölkerungs- nicht Topographie, Donaubrücken und ursprüngliche Siedlungs- entwicklung und zu hohe Errichtungskosten abgeschwächt. Die struktur sollen die Lage der Zentren bestimmen, sondern Einwoh- Realisierung von Nordautobahn und Donauuferautobahn ist ner*innenverteilung und die Lage der Wohnbauten, um die schließlich die noch weniger wünschenswerte Antwort auf das Integration sozialer Funktionen zu gewährleisten. Zudem sollen Bestreben nach Integration und Modernisierung, zeigt aber zwei die Zentren an das übergeordnete Verkehrsnetz angebunden sein Dinge. Erstens, dass das auf den MIV ausgerichtete Verkehrskon- – an die radialen Straßen hin zum Stadtzentrum und den öffentli- zept Rainers, gepaart mit dem fortschrittsgläubigen Zeitgeist, seine chen Verkehr (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1993). Dementspre- Wirkung in der Entwicklung links der Donau nicht verfehlt hat. chend sind nicht die alten Ortskerne für die Lage der Zentren Und zweitens, dass gerade die Steuerung des durch Infrastruk- relevant, sondern die jüngere Stadtentwicklung. Statt Leopoldau, turerrichtung determinierten transdanubischen Entwicklungspfads Kagraner Platz oder Hirschstetten werden die Räume rund um die mittlerweile von einer besonderen Kompetenzvielfalt – Autobahn- Großfeldsiedlung oder Quadenstraße abseits der ursprünglichen und Eisenbahnerrichtung sind schließlich Bundesmaterie – ge- Zentrenstruktur in den Mittelpunkt der Bezirksplanung gerückt. prägt ist, die eine konzertierte Planung erschwert. Paradoxerweise erfolgt dies nicht aus dem Bestreben die Ortsker- Abb. 23: Hiesmayrs Entwurf für den Kagraner Lettenhaufen ne in ihrer baulichen Gestalt zu schützen – die Festlegung der Parallel zur Verkehrsinfrastruktur wird ab Mitte der 1960er auch hierfür nötigen Schutzzonen erfolgt erst 2017. Folglich sind die der Imagewandel einzelner Stadtteile und die Aufwertung dersel- Wie viele Konzepte der 1950er bis -80er steht auch dieses für den Kerngebiete der alten transdanubischen Dörfer heute großteils ben durch einen modernistischen Städtebau zum Planungsziel. So Wunsch und Willen der Planer*innen und Städtebauer*innen baulich überformt. Jedoch nicht unbedingt verdichtet und letztlich sind weite Teile des linken Donauufers im Kopf vieler Wie- nach Gestaltung und Modernität, die sie als in Transdanubien auch funktionell nicht gestärkt. Sie bleiben als Stiefkinder einer ner*innen zu jener Zeit noch nichts als „Gstätt’n“. Jedoch ver- realisierbar sehen (und für nötig erachten). Zugleich bremsen die modernistisch orientierten Stadtplanung zurück, obwohl sie für die spricht gerade Kagran wegen seines noch geringen zuvor angesprochenen Entwicklungsbedingungen – politische Sozialstruktur und lokalräumliche Identität durchaus von Wert Urbanisierungsgrads, d.h. wegen der in größerem Ausmaß ver- Zielsetzungen, ökonomische Restriktionen, Wirtschaftswandel und gewesen wären. Ähnliches lässt sich heute im Raum Aspern fügbaren Flächen, und der gleichzeitigen Lagegunst stadtplaneri- Bevölkerungsstagnation – die Umsetzung derartiger Projekte aber bemerken, wo Bevölkerungswachstum und Wohnraumbedarf sches Entwicklungspotential. Die im Entstehen begriffene UNO ein. Entsprechend sind diese Jahre von einem „business as usual“ nicht etwa die Stärkung des bestehenden Asperner Ortskerns, City vor Ort und eine (damals noch als dicht bebaut entworfene) geprägt, in der die Aufgabe der Planung links der Donau weitge- sondern die Entwicklung eines neuen Stadtteils legitimieren. Donauinsel sind Beispiele für den zunehmenden Versuch Urbani- hend in der Erfüllung des Notwendigen – Wohnbau, Verkehr, tät und Modernität gezielt „über die Donau“ zu tragen. Um die technische Infrastrukturerrichtung – besteht. Der Bau des Entlas- Die gewachsene Bedeutung der beiden links der Donau liegen- „moderne Stadtwerdung“ Wiens nach dem Krieg auch in die tungsgerinnes zur Donau und die daraus entstehende Donauinsel den Bezirke für die Wiener Entwicklung ist nicht mehr wegzuwei- noch unbebauten Randbereiche zu bringen und dem Anspruch stellen in gewisser Weise einen Kompromiss dieser beiden Ansin- sen. Entsprechend äußert sich mehrmals der politische Wunsch, qualitativ hochwertigen Wohnraum in einer immer noch unter- nen dar, ist das Projekt Neue Donau doch ingenieurwissenschaftli- Transdanubien in drei Bezirke umzuorganisieren, um damit auch versorgten Stadt zu schaffen gerecht zu werden, entsteht eine che Aufgabe und internationales städtebauliches Wettbewerbs- ein drittes ausgebautes Bezirkszentrum – Stadlau – zu ermögli- Vielzahl an Großwohnbauprojekten links der Donau, insbesonde- projekt zugleich (vgl. Wien Geschichte Wiki 2017j). Dass es aber chen. Um dies vorzubereiten, wird 1975 der sogenannte Donau- re im Raum Kagran und entlang der Wagramer Straße. Die neue insgesamt politische Bestrebungen gibt Österreich und Wien im bereichswettbewerb durchgeführt (vgl. ebd.). Die Ergebnisse Fertigteilbauweise erlaubt dabei schnelles und für damalige Ver- Besonderen wieder auf die internationale Bühne zu bringen und streben eine Urbanisierung bei der Reichsbrücke und Floridsdorfer hältnisse erstklassiges Bauen. Bedeutendstes Beispiel ist die Groß- Transdanubien in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle Brücke in den Bereichen Lettenhaufen, Rehlacke, Wagramer feldsiedlung, die 1966-73 als Wohnstadt für 21.000 Menschen auf zukommt, beweisen Projekte wie die WIG 64 oder die Errichtung Straße und Erzherzog-Karl-Straße an (vgl. ebd.). Realisiert wird die den Gründen der in den 30er-Jahren entstandenen Erwerbslo- der UNO City auf dem Gelände zwischen Donaupark und Wa- geplante Bezirksteilung aufgrund mangelnden Bedarfs aber sensiedlung Leopoldau gebaut wird. Die Entstehung solcher gramer Straße (vgl. Historisches Museum der Stadt Wien 1999). bekanntermaßen nicht. In den STEP 84 fließen die Ausarbeitungen Fertigteilsiedlungen ist allerdings bald Anlass zur Kritik, da beim Trotz vermehrter Hinwendung zu Stadterneuerungsvorhaben hält und Empfehlungen trotzdem ein und beeinflussen damit ein Streben nach Urbanisierung durch dichte Großwohnsiedlungen der Wandel links der Donau also auch in den 1970ern an. Nur die Siedlungsleitbild für Transdanubien, das es in dieser Klarheit bis

| 50 dahin noch nicht gegeben hat, wurde doch Rainers Leitbild der Wettbewerb als qualitätssicherndes Instrument im Städtebau und Straße entstehen, Geschäfts- und Büronutzung hingegen zwi- 60er abgelehnt (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1985). Der steigen- die Dezentralisierung stadtplanerischer Aufgaben als Garant für schen dem Hauptzentrum Floridsdorf und Großjedlersdorf entlang de Flächenbedarf soll demnach entlang radial zum Stadtzentrum Bürgernähe und Planungserfolg sieht. der Brünner Straße. Die Errichtung des Shopping-Center Nord verlaufender Achsen mit dazwischenliegenden Grünkeilen organi- Ende der 80er-Jahre macht für die Umstrukturierung ehemaliger Dass Ende der 80er im teils wild gewachsenen Transdanubien siert werden. Dafür vorgesehen sind vorrangig die Brünner Straße Industrieflächen im Zentrumsbereich von Floridsdorf den Anfang. dringender Handlungsbedarf, insbesondere hinsichtlich Ausstat- (Floridsdorf-Stammersdorf), Prager Straße (Floridsdorf-Strebersdorf) Nach dem Donauzentrum im 22. Bezirk entsteht nun auch im 21. tungsqualität und funktionaler Integration besteht, verdeutlicht die und Wagramer Straße (Kagran-Großfeldsiedlung) (vgl. ebd.). Bezirk ein Einkaufszentrum in der Hoffnung auf eine gesteigerte Strukturanalyse zum Bezirksentwicklungsplan für den 22. Bezirk Zentralität des Stadtteils. Schon vor dem STEP 84 gibt es aber kleinräumige Entwicklungs- (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1993): Das immer noch gravierende überlegungen, wie den 1981 ausgerufenen städtebaulichen Arbeitsplatzdefizit führt zu starken Pendlerströmen. Entsprechend Dieses Ziel wird zum Teil bis heute verfolgt. So sind besonders an Ideenwettbewerb „Donaustadt 2000“, der entlang der U1 und der erweist sich das ÖV-Angebot trotz U1- und S80-Ausbau als unzu- der Scheydgasse, entlang der Bahntrassen und im Bereich Allissen Wagramer Straße mittel- und langfristige Leitbilder zur Bezirks- und reichend. Im Gegensatz zum Ansinnen des STEP 84 wird sogar Betriebsbaugebiete entstanden, während sich entlang der Brün- Stadtteilentwicklung entwirft (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1993). eine Schwächung der zwei großen Siedlungsachsen Kagran- ner Straße vom Zentrum Floridsdorf bis Großjedlersdorf von dem Die Entscheidung über die Beauftragung fällt im April 1982. Die Großfeldsiedlung und Kagran-Stadlau-Aspern konstatiert. Und Shopping-Center Nord über den Trillerpark bis zur Kreuzung Ergebnisse und daraus resultierenden Planungen werden teilwei- schließlich wird selbst im Zentrum Kagran aufgrund fragwürdiger Gerasdorfer Straße mittlerweile zahlreiche Geschäftsflächen entwi- se in die Überarbeitungen des Flächenwidmungs- und Bebau- Projekte wie dem Donauzentrum fehlende Urbanität kritisiert. ckelt haben. Das Gebiet Allissen spielt auch in den nachfolgenden ungsplan miteinbezogen (vgl. ebd.). Plänen der Stadtentwicklung eine große Rolle, die speziell durch Ebenfalls 1989 entsteht der Bezirksentwicklungsplan für Floridsdorf die Entwicklung von Technologiehubs in diesem Bereich städte- – der erste seiner Art. Er orientiert sich an den übergeordneten bauliche Impulse für die umliegenden Gebiete und ebenso für Zielen des STEP 84, strebt jedoch eine höhere Eigenständigkeit des ganz Wien setzen wollen. Das vom Stadtentwicklungsplan noch Bezirks und eine Stärkung des Bezirkszentrums an, was durch den als Kleingartenbereich vorgesehene Gebiet wird durch den Be- Vorrang der Arbeitsplatzschaffung gegenüber der Wohnbautätig- zirksentwicklungsplan zu einem der zentralen Entwicklungs- keit gelingen soll (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1989). Obwohl die schwerpunkte für Betriebsansiedlungen entlang der Brünner autoorientierte Verkehrsplanung der 60er und 70er kritisch be- Straße erklärt. Diese Geschäfts- und Betriebsansiedlungen sind trachtet wird, sieht der Plan in Floridsdorf eine massive Reorganisa- aufgrund des damit einhergehenden Wirtschaftsverkehrs aller- tion des übergeordneten Straßennetzes vor. Die 1981-89 gebaute dings schon in den 80er-Jahren ein strukturelles Problem für die Donauuferautobahn verbindet zwar nun die mittlerweile stark Attraktivität des Stadtteils. Folglich wird die höherrangige öffentli- gewachsenen Stadtteile und wichtigen Hauptzentren Floridsdorf, che Verkehrserschließung der nördlichen Teile Floridsdorfs zentra- Kagran und Stadlau untereinander. Dennoch ist das Verkehrsauf- les Anliegen der Planung, die in den 80ern dafür angedachte U6- kommen in den zentralen Bereichen eine enorme Belastung. Verlängerung nach Stammersdorf allerdings wegen zu geringer Dementsprechend soll der Ausbau der B232, des Anschlusses der Fahrgastprognosen wieder verworfen. Stattdessen werden die B302 an die A23, des Nordrings B202, der Nordrandstraße, der bestehenden Straßenbahnlinien ausgebaut und beschleunigt. B229, der B227, der B226, der B7 und der B3 eine Erleichterung Abb. 24: Zentrenanalyse zur Bezirksplanung des 22. Bezirks von 1972 für die Zentrumsbereiche bringen. Verkehrsvermeidung zur Stär- kung der polyzentralen Siedlungsstruktur und Ausbau der Stra- ≡ DIE GLOKALISIERUNG DER PLANUNG AB 1989 Es folgen kleinräumige Programme und Leitprojekte, wie 1986 der ßeninfrastruktur werden im Bezirksentwicklungsplan in einem Die transdanubische Stadtplanung steht ab 1989 ganz im Zeichen Wettbewerb „Chancen für den Donauraum“ mit Leitgedanken für Atemzug genannt und lassen die Unvereinbarkeit dieser beiden der Internationalisierung und beginnenden europäischen Integra- den Donauraum bis 1995, 1988 die Strukturanalyse für den Be- Ziele unkommentiert (vgl. ebd.). Zur Realisierung gelangten tion. Die zu Beginn der 90er-Jahre erarbeiteten Leitlinien für die zirksentwicklungsplan Donaustadt, 1989 der Wettbewerb zur schließlich nicht alle, aber doch einige Straßenprojekte, wie die B7, Stadtentwicklung konzentrieren sich mehr denn je auf die Entwick- Eishalle Kagran und ebenfalls 1989 der Bezirksentwicklungsplan B226, B229, B3 und B302. lungen im europäischen Donauraum und erneuern damit auch Floridsdorf. Ihnen gemein ist, dass sie zur zunehmenden Festigung den Wunsch Wien an die Donau zu bringen (vgl. Rathauskorres- der zwei Hauptzentren Floridsdorf und Kagran beitragen, wäh- Hat der Entwicklungsplan für den 22. Bezirk in den 1970ern noch pondenz 1991). Für die Stadterweiterung im Nordosten werden rend Stadlau an Bedeutung verliert (vgl. Magistrat der Stadt Wien prognostiziert, dass Kagran die innerstädtische Bedeutung Florids- durch die Leitlinien 1991 neue Rahmenbedingungen gesetzt. Die 1993). Es wird also deutlich, dass für die aktive Entwicklung eines dorfs in Zukunft überragen wird, so ist im Bezirksentwicklungsplan Eigenständigkeit der Zentren soll gestärkt werden, eine neue mittlerweile gewachsenen und komplexer gewordenen Stadtteils für Floridsdorf zu lesen, dass Floridsdorf als Hauptzentrum für den Verkehrspolitik eine Entlastung der Pendlerströme bringen und die üblicherweise abstrakten und unscharfen gesamtstädtischen gesamten Nordosten Wiens fungieren soll. Dabei sollen auch das verstädterte Zentrenband Floridsdorf-Kagran-Stadlau als Ge- Konzepte nicht mehr genügen. Entsprechend muss ein Wechsel großflächige Betriebsansiedlungen im sekundären Sektor helfen, gensatz zum Altstadtkern südlich der Donau fungieren (vgl. Ma- der Maßstabsebene erfolgen, der sich seit den 1980ern in eben- insbesondere in den Bereichen der alten Fabriksareale in Nähe der gistrat der Stadt Wien 1993). Das zweite Zentrum Wiens, das dieser Vielzahl an kleinräumigen und projektbezogenen Plänen für S-Bahn, auf den Restflächen Scheydgasse, den ÖAF-Gründen, im schon in den 70er-Jahren gewünschtes Entwicklungsziel ist, soll Transdanubien niederschlägt. Darüber hinaus sind diese ebenso Donaufeld sowie im Betriebsgebiet Allissen. Betriebsbaugebiete auf dem Gebiet für die geplante aber durch eine Volksabstim- Ausdruck einer damals neuen Planungsphilosophie, die den sollen vorrangig zwischen der Nordbahn und der Leopoldauer mung abgelehnte EXPO 95 entstehen. Die UNO-City mit zugehö-

51 | rigem Konferenzzentrum, 1987 fertiggestellt, ist der Ausgangs- Donauufer das Ziel verfolgt, Arbeitsplätze zu schaffen, um die führungen für den LKW-Verkehr oder Park&Ride Anlagen direkt in punkt einer Entwicklung im Wiener Donauraum, der symbolisch Eigenständigkeit der Stadtteile zu fördern und zur Verkehrsver- den Zentrumsbereichen. für die internationale Bedeutung der Stadt sein soll. Mit dem ersten meidung beizutragen. Ziel ist im Floridsdorfer Leitprogramm, für Das geringe Arbeitsplatzangebot bleibt auch in den 90er-Jahren Masterplan der Wiener Stadtplanungsgeschichte wird 1991/92 drei Viertel der berufstätigen Einwohner*innen einen Arbeitsplatz zentrale lokale Entwicklungsherausforderung. Die Planung sieht von den Architekten Krischanitz und Neumann ein städtebauliches im Bezirk zu schaffen. Dies soll durch die Erhaltung von Betrieben nur in der Schaffung eines überproportionalen Arbeitsplatzange- Konzept für die sogenannte „Donaucity“ ausgearbeitet, das so- an ihrem Standort einerseits und andererseits durch die Neuan- bots gegenüber der Errichtung neuer Wohnungen die Lösung wohl Wien an die Donau bringen, als auch das polyzentrische siedlung von Betrieben östlich der Brünner Straße in einem neuen dieses schon seit Jahrzehnten bestehenden Defizits. Die großen Leitbild Realität werden lassen soll. Sowohl im für Wien neuartigen Technologiepark am ehemaligen Gelände des Gaswerks Leo- Wohnanlagen der 60er und 70er werden mittlerweile als nicht Prozess einer Masterplanung, als auch in der beachtlichen Dimen- poldau/Allissengründe geschehen. Die Arbeitsplätze sollen vor- mehr zeitgemäß angesehen. Stattdessen sollen kleine Siedlungs- sion des Projekts, vielmehr noch aber in der vorgeschlagenen zugsweise in unmittelbarer Wohnumgebung geschaffen werden, einheiten von unterschiedlichen Bauträgern errichtet werden – als Architektur, Bebauungshöhe und Nutzungsstruktur spiegeln sich um die Verkehrswege zu reduzieren. In Floridsdorf sind für experimentelle Wohnbauvorhaben mit möglichst flexiblen Struktu- die neuen stadtpolitischen Zielsetzungen Wiens am Übergang Wohnbautätigkeiten die Bereiche Donaufeld sowie das Stadter- ren und als erhoffter Ausgleich einer über die Jahre merklich zum postfordistischen Wettbewerbsparadigma wider, die letztlich weiterungsgebiet Brünner Straße vorgesehen. Um den Anteil des reduzierten Wohnbautätigkeit der öffentlichen Hand. Die Konse- in der weitgehenden Durchsetzung einer strategischen Ange- motorisierten Individualverkehrs zu reduzieren, ist bereits die quenz ist eine enorme Vielfalt an Bebauungsformen, die gerade botsplanung ab der Jahrtausendwende münden. Verlängerung der U6 nach Norden Richtung Stammersdorf als den östlichen Teil des 22. Bezirks in den letzten Dekaden optisch langfristige Option geplant. Am geplanten Ausbau hochrangiger Die Leitlinien werden in Teilen auch in den STEP 94 übernommen, prägt und zu einem in sich äußerst heterogenen Siedlungsbild Verbindungsstraßen, wie er in den 1980ern vorgesehen worden der jedoch – trotz aller Kritik – am etablierten Siedlungsleitbild führt (vgl. MA 18 1998b). ist, wird jedoch zur Entlastung der Straßen im Wohngebiet wei- festhält. Das Verkehrskonzept 1994 konzentriert sich auf die Ver- terhin festgehalten (vgl. ebd.). Dass das virulente Problem unzureichender Vorsorge etwa im änderung der Verkehrsmittelwahl, um die donauquerenden Bereich der Arbeitsstättenentwicklung schwer zu lösen ist, liegt Verkehrswege zu entlasten. Die bauliche Transformation des In Floridsdorf orientieren sich die Entwicklungsvorstellungen auch an der mangelnden Prognostizierbarkeit der gerade für die Stadtraums der letzten Jahrzehnte, die dem Auto als zentralem entlang der drei Siedlungsachsen: der westlichen Achse der Infrastrukturplanung wichtigen Bevölkerungsentwicklung. Diese Verkehrsmittel den größten Stellenwert im Stadtgefüge einräumt, Prager Straße und der Nordwestbahn, der nördlichen Achse wird unter veränderten Rahmenbedingungen nicht gerade einfa- wird dabei ebenso kritisiert, wie eine unzureichende ökologische Brünner Straße bis Stammersdorf und der östlichen Achse im cher. Wird etwa in den 80er-Jahren noch von einer sinkenden Orientierung. Letzterer wird mit einer weiteren wichtigen Rah- geplanten Siedlungsgebiet zwischen Leopoldauer Straße und Bevölkerungszahl ausgegangen und dementsprechend die Ent- menbedingung für die Stadtentwicklung links der Donau Rech- Alter Donau mit fließendem Übergang zur Achse Wagramer wicklung der Einwohner*innen im Bezirksentwicklungsplan Flo- nung getragen: der Festlegung des Grüngürtels 1995, der Straße-Großfeldsiedlung und Nordrandsiedlung (vgl. ebd.). Das ridsdorf unterschätzt (bis 2001 prognostiziert 121.800 EW, Vorgaben für das Landschafts- und Freiraumsystem links der Leitprogramm Donaustadt West hingegen basiert auf unterschied- tatsächlich 128.228 EW), so wird in den 90ern die Bevölkerungs- Donau formuliert (vgl. ebd.). Waren bisher in den Stadtentwick- lichen Leitprojekten, die in die Erstellung miteinbezogen werden, entwicklung in Floridsdorf überschätzt (bis 2001 prognostiziert lungsplänen die Siedlungsachsen von breiten Grünkeilen ge- u.a. das Leitprojekt „Kagran West“ und „Zentrum Kagran“ 1994, 139.322 EW, tatsächlich 128.228 EW, bis 2011 prognostiziert trennt, so sind die Vorgaben des Grüngürtels ein Versuch, die das Leitprojekt Süßenbrunn 1993/94 und das städtebauliche 145.362 EW, tatsächlich 143.962 EW) (vgl. MA 18 1998c). Drasti- verbleibenden Grünflächen zu sichern. In der realen Stadtentwick- Gutachterverfahren für die Wagramer Straße/Doningasse „Inter- scher ist der Fehler im 22. Bezirk, wo die Bevölkerungszahlen lung werden jedoch nach und nach auch diese durchschnitten. nationales Wohnbauexperiment“ 1994/95. Mehr noch als in eklatant zu niedrig eingeschätzt werden. So wird bis 2001 mit Floridsdorf beschäftigt sich das Leitprogramm Donaustadt West Die Entwicklungsansprüche an Wien links der Donau werden einer Bevölkerung von 74.100 Einwohner*innen gerechnet, mit der Entwicklung eigenständiger Zentren durch die Steigerung damit ab den 90ern breiter und bisweilen auch unvereinbarer. tatsächlich sind es allerdings 136.444, also fast doppelt so viele. Für der Attraktivität und die Entwicklung eines eigenen Images. Vor Neben einer weiterhin gesamtstädtisch agierenden Leitplanung 2011 werden 86.100 Einwohner*innen prognostiziert, die tatsäch- allem im Zentrum Donaustadt/Kagran wird die mangelnde funkti- mit raumrelevanten Zielvorgaben entstehen nun zunehmend liche Bevölkerungszahl beläuft sich hingegen schon auf 161.419 onale Ausgewogenheit durch fehlende kulturelle Einrichtungen, Ansprüche hinsichtlich der internationalen Ausrichtung Wiens, der Einwohner*innen (vgl. MA 18 1998d). Unterhaltungsangebote oder zentrale Einrichtungen wie einen durch Projekte globalen Zuschnitts an herausragenden Standorten Markt oder nichtkommerzielle Angebote kritisch beäugt. Die Entscheidenden Einfluss auf die lokale bauliche Entwicklung links Rechnung getragen werden soll. Zugleich verschreibt sich die Stärkung der lokalen Zentren – Ortskern Kagran, Donaucity, Sü- der Donau hat schließlich auch die Bauordnungsnovelle von Planung aber vermehrt dem kleinen Maßstab, der die lokal unter- ßenbrunn und östliches Donaufeld – soll dem Abhilfe schaffen 1992, die mit der Widmungskategorie Eklw nun auch ganzjähri- schiedlichen Lebenswelten in den Mittelpunkt rücken soll. Auf (vgl. MA 18 1998b). Entsprechend argumentiert auch die Studie ges Wohnen in Kleingartenanlagen ermöglicht (vgl. Stadt Wien Basis letzterer Vorstellung werden Ende der 90er die beiden „Citypark Kagran 2000“ aus dem Jahr 1991. Sie beschäftigt sich mit 2018d). Die Idee mit dann dauerhaften „Einfamilienhaus“- Leitprogramme Floridsdorf und Donaustadt West erarbeitet, die südlich der Donau für zu schade gehalten wird“ der Frage, wie aus Kagran ein attraktiver Stadtteil mit Zentrums- Siedlungen dem Abwanderungstrend entgegenwirken zu können auf bezugnehmend auf den STEP 1994 Leitsätze zur angestrebten funktion entwickelt werden kann. Zentrale Anliegen sind dabei die ist insofern hinterfragenswert, als damit nun in zentraler, stadtent- Entwicklung sowie generelle Entwicklungsziele formulieren. Die Ableitung des Durchzugsverkehrs und die Öffnung des Donau- wicklungsrelevanter Lage dünn besiedelte und teils teuer aufge- Leitprogramme, aufgeteilt in Leitbild und Entwicklungskonzept, zentrums hin zum Straßenraum. Die Studie merkt an, dass in schlossene, jedoch langfristig unantastbare bauliche Strukturen sollen Politik, Planung und Verwaltung helfen, eine schrittweise Kagran vielfach Einrichtungen angesiedelt werden, „wofür Wien etabliert werden. So stellen die erneuerten Pachtverträge mit der Umsetzung zu realisieren (vgl. MA 18 1998a). In den Leitpro- (Magistrat der Stadt Wien die Nutzung bis 2073 sicher. Dass die Gesetzesnovelle grammen wird neben der Stärkung der Verbindungen der zwei Stadt Wien 1993: 23), wie beispielsweise Mülldeponien, Trassen-

| 52 auch rückwirkend bestehende, teils illegal errichtete Kleingarten- chen Teilbereichen des 22. Bezirks, um die beginnende Infrastruk- Siemens-Allissen: Als dezidierter Wirtschaftsstandort im 21. Bezirk wohnhäuser legalisiert, ist darüber hinaus Zeichen der Durchset- turentwicklung und Stadtentwicklung in der Seestadt in einen gewinnt der Bereich um das Betriebsgebiet Siemens-Allissen an zungskraft partikularer Interessen gegenüber einer fachplaneri- städtischen Kontext zu setzen. Bis zur U2-Verlängerung zur As- Bedeutung, der allerdings künftig nicht nur Betriebszone, sondern schen Zielsetzung. So erhalten allein in Floridsdorf 1996 ca. 2.000 pernstraße lässt die gewünschte bauliche Entwicklung allerdings eigenständiger, sprich vielfältig genutzter Stadtteil werden soll. Kleingartenparzellen die entsprechende Widmung (vgl. Magistrat noch auf sich warten. Auch im Raum Hausfeld/Quadenstraße ist Dass dies gelungen ist, lässt sich anhand aktueller Luftbilder nicht der Stadt Wien 1993). Dass schließlich sogar der Erwerb der bis heute die Entwicklung eines lokalen Zentrums noch nicht erkennen. Eher scheint es, als ob die funktionale Trennung von Parzellen durch ihre Nutzer*innen zu unüblich niedrigen Preisen absehbar. Die Vermutung liegt nahe, dass die vorwiegende Wohnen und Arbeiten im Bereich der Siemens-Allissen zu voller ermöglicht wird, kommt für eine übergeordnete Planung er- Gestaltung des Stadtraums nach den Bedürfnissen des motorisier- Blüte gereift ist. So sind die Bahngleise im Nordwesten eine scharfe schwerend hinzu (vgl. Kontrollamt der Stadt Wien 2013). Diese ten Individualverkehrs, die unmittelbare räumliche Nähe des Trennung zum umliegenden Wohngebiet und auch im Süden muss sich vor Ort fortan mit einer neuen Vielzahl an Grundstücks- Gewerbeparks Kagran/Stadlau und die Etablierung Kagrans als und Osten sind klare Grenzziehungen zum Betriebsgebiet er- eigentümer*innen auseinandersetzen, die die Durchsetzung eines Bezirkszentrum kleinräumige Entwicklungen in den jeweiligen kennbar. Die Umstrukturierung großer Industrieareale im Lauf der öffentlichen Interesses ohne politisch wenig opportune Enteig- lokalen Gebieten bislang unterminieren. 1990er bietet zwar Chancen für eine kleinteiligere Betriebsstruktur nungen oder ökonomisch unrentable Ankäufe faktisch unmöglich und Durchmischung mit anderen städtischen Funktionen. Der Waterfront: Die Donaucity, als Waterfront in die Zielgebiete der macht (vgl. Fachgespräch M.Falter 2018). Trend zur Clusterbildung ganzer Wirtschaftsbranchen führt jedoch Stadtentwicklung aufgenommen, soll stärker auf das Image zur zu einem höheren Flächenbedarf der Betriebe als ursprünglich wirtschaftlichen Entwicklung des Stadtteils ausgerichtet werden angenommen. So wird die dezentrale Verteilung der Siemens- ≡ TRANSDANUBISCHES PLACE-MAKING AB 2000 sowie den Bezug zum Wasser und den öffentlichen Zugang zum Betriebsstätten im 3. und 10. Bezirk zum Zweck der Standortkon- Die Stadtentwicklungspläne seit 1984 signalisieren eine gewisse Ufer der Donau stärker hervorheben. Zu diesem Zweck wird ein zentration im 21. Bezirk aufgegeben, womit die Planung eines Kontinuität in der Wiener Planung. Trotzdem sind – das haben die Gutachterverfahren 2002 für den noch nicht bebauten Teil der integrierten Stadtteils mit funktionaler Mischung diverser Stadtfunk- Ausführungen zur Wiener Planungsgeschichte gezeigt – Rah- Donaucity abgewickelt, in dem Dominique Perrault mit dem tionen utopisches Ziel bleibt. menbedingungen, Planungsverständnis und Zielsetzungen der städtebaulichen Entwurf beauftragt wird. In Folge entsteht 2004 Stadtentwicklungspolitik Anfang der 2000er wiederum andere. ein städtebauliches Leitbild für die Donaucity, das die Entwicklung Donaufeld: Als Zielgebiet mit den größten Flächenreserven wird Das strategische Place-Making schlägt sich ab dem STEP 05 in der Bürotürme des STRABAG-Hauses und des Saturn-Towers das Donaufeld in den STEP 05 integriert. Die größten Herausforde- Form von Zielgebieten nieder. Der Zielgebietsansatz versucht begleitet. In der Donaucity entstehen bis heute trotz zurückge- rungen sind allerdings die Eigentumsverhältnisse, da die kleinteili- zugleich auch die Vielzahl an kleinteiligen Entwicklungsprogram- hender Nachfrage nach Büroimmobilien zahlreiche Bürohoch- gen Parzellen mit überwiegend landwirtschaftlicher Nutzung men der vergangenen Dekaden zu integrieren, weshalb parallel häuser, die das Bild und die strukturelle Bestimmung dieses mehrheitlich in Privatbesitz sind. Ziel der Stadtplanung ist es auch zum STEP 05 vergleichsweise wenig konkrete kleinräumige Kon- Stadtteils maßgeblich prägen. hier einen eigenständigen Stadtteil zu schaffen, wobei die gemein- zepte zu finden sind. Gleich fünf von 13 Zielgebieten befinden sich same Entwicklung von Wohnnutzung, technischer sowie sozialer Teilraum Floridsdorf – Achse Brünner Straße: Entlang der Achse links der Donau (vgl. MA 18 2005): Infrastruktur im Vordergrund steht. Um der weiterhin unzu- Brünner Straße sind aufgrund der massiven Wohnbautätigkeit der reichenden Arbeitsplatzausstattung insbesondere in der stark U2 Donaustadt/Flugfeld Aspern: Das Asperner Flugfeld soll ein 1990er die großen Flächenpotenziale weitgehend ausgereizt. Die gewachsenen Donaustadt entgegenzuwirken, werden Be- eigenständiger urbaner Stadtteil werden und Wien zur internatio- hohe Verkehrsbelastung sowie der Bedeutungsverlust des grün- triebsansiedlungen im Bereich Donaustadt/Flugfeld Aspern, nalen Positionierung in einem neuen Europa verhelfen. Im 2007 derzeitlichen Zentrums gegenüber den neu entstandenen Fach- Stadlau und Mühlgrund, im U2-Stationsumfeld Aspern, Hausfeld veröffentlichten Masterplan wird auch die besondere strategische marktzentren am Stadtrand verschieben den Fokus der Planung und am Flugfeld selbst beworben. Insbesondere im 22. Bezirk geht Bedeutung des Entwicklungsgebiets für Wien deutlich. Die „See- hier auf den öffentlichen Raum, die Attraktivierung des Straßen- es Anfang des 21. Jahrhunderts vermehrt darum, eigenständige stadt“ soll nicht nur zentrale städtische Funktionen übernehmen, raums und die Steigerung der betrieblichen Angebotsvielfalt. Die Stadtteilzentren in den jeweiligen Zielgebieten zu etablieren. So sondern auch regionaler Wirtschaftsmotor Richtung Osten sein. Es Verlängerung der U1 bis Leopoldau wird nach langjähriger Pla- sollen Stadlau und Aspern zu Stadtteilzentren werden, die ein ließe sich also konstatieren, dass Brunners Vision einer Trabanten- nung 2006 eröffnet und gibt Hoffnung auf eine Verkehrsentlas- hohes städtisches Niveau an Versorgung und Erschließung auf- stadt im Raum Aspern/Eßling gut fünf Jahrzehnte nach seiner tung. Für den Floridsdorfer Zentralbereich rund um den Franz- weisen. Die alten Ortskerne sollen aber gleichzeitig erhalten blei- Konzeption nun Wirklichkeit wird – wenngleich die Umstände Jonas-Platz wird in diesem Sinne schon 1996 ein Wettbewerb zur ben und zur lokalen Identitätsstiftung beitragen (vgl. ebd.). Zu mittlerweile andere sind. Ein weiteres lokales Zentrum soll durch umfassenden stadträumlichen Gestaltung im Zuge der U6- diesem Zweck wird 2017 schlussendlich auch in der Donaustadt die künftige Anbindung an die U2 beim Hausfeld/Quadenstraße Verlängerung ausgeschrieben, der allerdings keine Realisierung die Schutzzonenfestlegung für die alten Ortszentren eingeführt, entstehen. Das Gebiet soll durch die verbesserte Verkehrsanbin- erfährt. Der Steigerung der betrieblichen Angebotsvielfalt wird wie beispielsweise für den Kagraner Platz, den Ortskern von Stad- dung mit der B3d/A23, S80 und U2 an Bedeutung gewinnen. In schon in den 1990er-Jahren durch die Errichtung diverser Fach- lau, den Ortskern von Eßling oder Breitenlee. Dies soll eine Be- der Entwicklungszone Aspernstraße, die 2010 durch die U2- märkte entlang der Brünner Straße und in Bahnnähe begegnet. schränkung für die rapide bauliche Entwicklung der letzten Jahre Verlängerung an das hochrangige ÖV-Netz angeschlossen wird, Diese Entwicklung setzt sich auch in den 2000ern fort, wie an der bieten, um den ursprünglichen Charakter der Ortsbilder zu erhal- werden schon Anfang der 2000er Bestrebungen erkennbar, Errichtung des Mega Baumax 2004 an der Kreuzung Brünner ten. Ob sie allerdings individuellen Projektinteressen standhalten zusätzlich zum nahegelegenen Donauspital weitere Versorgungs-, Straße/Shuttleworthstraße erkennbar ist. Ob dies allerdings der können, muss sich erst noch zeigen. Warum beispielsweise der Bildungs- und Arbeitsplatzeinrichtungen zu entwickeln, um den intendierten Planung einer vielfältigen betrieblichen und Nut- alte Ortskern Aspern mit keiner Schutzzone belegt ist, lässt sich Bereich zu einem lokalen Zentrum auszubauen. Die Planungsvor- zungsmischung gleichkommt, ist zu bezweifeln. nicht klar nachvollziehen, ist aber womöglich mit den Entwick- stellungen orientieren sich räumlich stärker als zuvor an den östli- lungsinteressen für die nahe gelegene Seestadt Aspern erklären.

53 | Einen Bedeutungsgewinn als Stadtteilzentrum erfährt hingegen Donaufeld ist damit ein gravierendes Beispiel, wie der 1995 mit Straßenbahnausbau vor allem in den Bereichen Seestadt Aspern Stadlau. Der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und die intensive stadtökologischen Zielsetzungen beschlossene Grüngürtel aktuell und Donaufeld mit oberster Priorität verfolgt, die Straßeninfrastruk- Bautätigkeit seit Ende der 90er-Jahre (siehe etwa Erzherzog-Karl- mehr und mehr dem Nutzungsdruck der wachsenden Stadt zum tur durch einen von der ASFINAG geplanten und finanzierten Stadt, META-Stadt oder Gewerbepark Stadlau/Kagran) machen Opfer fällt. Es zeigt sich darin der niemals gänzlich lösbare Konflikt „Umfahrungsring“ Wien erweitert werden (vgl. MA 18 2014b). eine integrierte Stadtentwicklung scheinbar dringend nötig und zwischen Erhaltungs- und Entwicklungsansprüchen in der Stadt- Dies zeigt deutlich, dass die bauliche Entwicklung nicht alleinige eine Aufwertung der zentralörtlichen Funktion wieder sinnvoll. entwicklung bzw. zwischen perspektivischen Ordnungsvorstellun- Aufgabe der Planungsabteilungen ist, sondern aus einem komple- Interessant ist darüber hinaus, dass das Zentrum Kagran – bisher in gen für eine Stadt von morgen und pragmatischen xen Zusammenspiel unterschiedlichster Akteur*innen entsteht. vielen gesamtstädtischen Strategiedokumenten explizit hervorge- Lösungsansätzen für die Herausforderungen von heute. Auch Akteure wie die ASFINAG oder die Wiener Linien und damit hoben – in der Zielgebietsplanung der 2000er keine Erwähnung andere politische Ressorts und Gebietskörperschaften sind ent- Zentrum Kagran: Das Zentrum Kagran gewinnt im STEP 2025 mehr findet. Erst 2008 wird die Bedeutung durch den Wettbe- scheidend an diesen Prozessen beteiligt. wieder an Bedeutung. Es soll zum Bezirkszentrum ausgebaut werb Zentrum Kagran wieder deutlich in den Blick der Planung werden, wobei öffentlicher Raum und Aufenthaltsqualität als Mit der Zentrenkonzeption des STEP 2025 und der darauf aufbau- gerückt (vgl. Wettbewerb Kagran 2008). zentrale Anliegen unterstrichen werden. Dies zeigen auch neu enden Konzeption von Stadterweiterungs- und Nachverdich- Thematisch orientiert sich der STEP 05 mehr als bisherige Strate- konzipierte kleinräumige Entwicklungskonzepte für den Stadtteil, tungsbereichen in der Studie „Wien polyzentral“ (vgl. Abb. 25) giedokumente am Zentrengefüge und der Qualität des öffentli- wie das Leitbild Zentrum Kagran - Implementation Lab. werden die Anfänge entsprechender Überlegungen aus den chen Raums. Damit ist er wegweisend für die Schwerpunkt- 70er-Jahren überarbeitet. Die Donaucity ist nun zweites Zentrum U2 Donaustadt – aspern Seestadt: Das Zielgebiet U2 Donaustadt – setzung der 2000er-Jahre. Die räumliche Ausrichtung der Be- der Stadt und die Bereiche Kagran und Aspern sollen der Erweite- aspern Seestadt ist durch die im Entstehen begriffene Seestadt triebsgebiete entlang der Brünner Straße, in Aspern sowie in der rung des traditionellen Zentrums dienen. Interessant ist, dass die geprägt, die ein Zeichen aktiver Siedlungsentwicklung in neuen Donaucity ist aus den bisherigen Planungsüberlegungen fortge- Ausweisung der Betriebszonen links der Donau seit über 40 Maßstäben ist. führt. Der STEP 05 verschreibt sich, obwohl die Stadt wieder Jahren weitgehend konstant geblieben ist und das trotz des seit wächst, dennoch der Stadterneuerung und lässt die Stadterweite- Die Zielgebiete sollen künftig als Motoren „konzentrierter Trans- Jahrzehnten konstatierten Arbeitsplatzdefizits. rung vielfach sehr vage. Die Zielgebiete sollen als eigene Stadtteile formation eingesetzt werden“ (MA 18 2014a: 67). Dass sie sich etabliert werden. Allerdings gehen sie, wie am Beispiel des Haus- jedoch in teils konträren Entwicklungsstadien befinden und ganz felds schon ausgeführt, an der realen baulichen Entwicklung unterschiedliche Herausforderungen hinsichtlich ihrer integrierten großteils vorbei. Das in den 90ern ersonnene „Zentrenband“ links Entwicklung bestehen, wird erst mit fundierter Kenntnis der Orte der Donau wird nicht wieder aufgegriffen. Die deutliche Hinwen- deutlich. So ist etwa der Bereich Brünner Straße schon seit den dung der strategischen Planung zur Weiterentwicklung des Be- 1990ern weitgehend entwickeltes Gebiet, das Donaufeld auf- stands vermittelt dahingegen ein gewisses Desinteresse am grund komplexerer Eigentumsverhältnisse von einer geordneten Nordosten der Stadt. Siedlungsentwicklung aber noch weit entfernt. Hier obsiegt offen- bar ein gewisser „Entwicklungsoptimismus“, der aber u.U. durch- Auch der aktuelle STEP 2025 führt das Konzept der Zielgebietspla- aus stadtentwicklungspolitisches Kalkül sein kann, um eine erst nung fort. Die nun teils anderslautenden Bereiche, denen im später notwendige Transformation behutsam vorzubereiten. Nordosten Wiens besondere Beachtung geschenkt werden soll, deuten auf eine Verschiebung des Problem- und Zielspektrums Parallel zum STEP 2025 werden ergänzende Fachkonzepte zu seit 2005 hin. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch deutlich, verschiedenen thematischen Schwerpunkten erarbeitet. Das dass dies nur sehr bedingt zutrifft. Die Zielgebiete lauten wie folgt Fachkonzept „Produktive Stadt“ etwa definiert für den Nordosten (vgl. MA 18 2014a): Wiens drei zentrale Bereiche für betriebliche Nutzungen: die Achse Prager Straße ausgehend vom Zentrum Floridsdorf mit der Floridsdorf – Achse Brünner Straße: Weiterhin stehen die Aufwer- Anbindung an die S-Bahn, die Achse Wagramer Straße mit dem tung des Zentrumsbereichs und des öffentlichen Raums im Vor- Schwerpunkt Richtung Stadtrand und der Bereich der Seestadt dergrund. Zusätzlich soll die Entwicklung des Krankenhauses Nord Aspern. In diesen Teilgebieten soll die betriebliche und gewerbli- einen städtebaulichen Impuls bringen. che Nutzung verstärkt gefördert werden (vgl. MA 18 2017). Donaufeld: Im Donaufeld soll die Entwicklung des Gebiets unter Im Fachkonzept „Mobilität“ werden links der Donau vor allem der Berücksichtigung des Grünraums Marchfeldkanal-Alte Donau Floridsdorfer Spitz mit den Achsen Prager und Brünner Straße weiter vorangetrieben werden. Zentral ist dafür eine gute ÖV- sowie Hirschstetten und Aspern als Gebiete mit stadtteilbezoge- Erschließung. Im Juni 2017 fällt – trotz ablehnender Stellungnah- nen Herausforderungen definiert, wo die Planung lokale und me – die Entscheidung für die neue Flächenwidmung (vgl. DFZ regionale Schwerpunkte legt. Ein Beispiel ist der intendierte Aus- 2018). Hier entsteht der Plan vom Bau 6.000 neuer Wohneinhei- bau der S80 als Verbindungslinie zwischen Stadlau und Hütteldorf, ten, während die Verkehrserschließung und die fehlende Prüfung um eine West-Ost-Tangente zur Verbindung der zwei Donausei- der Umweltauswirkungen durch den Bau des neuen Stadtteils ten zu schaffen. Innerhalb der Stadtteile links der Donau soll der Abb. 25: Studie zu Stadterweiterungs- und Nachverdichtungszonen (2016) noch Gegenstand kontroverser Diskussionen sind (vgl. ebd.). Das

| 54 Kagran wird als Beispiel für die Nachverdichtung autoaffiner den Planungsdiskursen. Die Bevölkerungsentwicklung verlangt Ereignis zuwiderlaufen. Mit Wagners Regulierungsplan, den Strukturen thematisiert. Der Bereich rund um den Kagraner Platz zudem nach einer geordneten Entwicklung von Zentrumsstruktu- nationalsozialistischen Entwürfen, Brunners Leitbild, Rainers städ- erlebt durch die bauliche Entwicklung mit Ausrichtung auf den ren. Der Zwiespalt zwischen der Erhaltung alter Ortskerne wie tebaulichem Konzept und den vielen ab den 1960ern folgenden motorisierten Individualverkehr der 1960er bis -80er eine Über- dem Kagraner Platz oder Aspern und der Gestaltung neuer Stadt- Entwürfen aus (Ideen)Wettbewerben stellen Letztere in der 120- formung seiner ursprünglichen zentralörtlichen Struktur. Zudem teilzentren wie dem Donauzentrum oder der Seestadt stellt Pla- jährigen transdanubischen Planungsgeschichte eindeutig die gilt heute das Donauzentrum als eigentliches Zentrum Kagrans. ner*innen seit den 1980ern vor das kaum lösbare Problem der Mehrheit. Die Konsequenz ist schnell erkannt: Eine Stadtentwick- Daran können auch Projekte wie der Bau des Nahversorgungs- Abwägung zwischen Erhalt und Modernisierung, zwischen Identi- lung, die, anders als am rechten Donauufer, weder auf einer alles zentrums K1 am Kagraner Platz nur wenig ändern. Entsprechend tätsbewahrung und Neuorientierung. Hinzu kommt eine gewisse beschränkenden baulichen Struktur aufzusetzen hat, noch einen wichtig sind die Attraktivierung des öffentlichen Raums und die Ambivalenz in der Entwicklung einer klaren zentralörtlichen Struk- klaren Rahmen für die räumliche Entwicklung gesetzt bekommt Wiederherstellung der identitätsstiftenden zentralörtlichen Funkti- tur innerhalb des Wiener Nordostens, die sich aus der historisch und folglich bis in die 1980er weitgehend nur der Bodenordnung, on zur Imagebildung des Orts (vgl. MA 18 2014a). Insgesamt gewachsenen und alltagsprägenden Realität der alten Vororte dem Bodenmarkt und dem gesellschaftspolitischen Zeitgeist erfährt der 22. Bezirk ab 2010 vermehrt Aufmerksamkeit von einerseits speist, während parallel dazu mit Donau City, Seestadt gehorcht. Seiten der Planung. Für das Zielgebiet U2-Donaustadt wird 2013 und dergleichen davon losgelöste Zentren gesamtstädtischer oder Heute steht Wien links der Donau für eine Reihe prägender pla- ein eigener Strategieplan ausgearbeitet, der sich vor allem mit dem gar internationaler Reichweite politisch konstruiert und in das nungspolitischer und stadtentwicklungsgeschichtlicher Prozesse: Thema Mobilität und der Zentrumsentwicklung vor Ort auseinan- bestehende Zentrumsgefüge verpflanzt werden. Ein halbes Jahrhundert politisch angeschobene Modernisierung dersetzt. Die Planung verlagert damit ihren Fokus der 70er- bis Dazu passend zeigt die Überschau: Gerade die Wiener Planung und Internationalisierung Wiens – das symbolisieren etwa Projekte 90er-Jahre von den donauanliegenden Gebieten zusehends für Transdanubien ist in besonderem Maß von Utopie, Aufbruch wie die WIG 64, das International Centre, das Donauin- Richtung Stadtrand – eine Entwicklung, die auch im transdanubi- und Modernisierung geprägt. Selbst in einer Phase, in der utopi- selfest, oder der intensive U-Bahn- und Autobahnbau; eine schon schen Nachbarbezirk an Projekten wie City Gate zu erkennen ist sche Stadtentwürfe nicht mehr opportun sind, werden mit archi- Ende der 60er, spätestens jedoch seit den 1980ern sehr aktiv (vgl. Magistrat der Stadt Wien 2013). tekturbasierten Masterplänen und Wettbewerben auch aktuell betriebene Standortpolitik, die sich da wie dort, etwa in der Grün- noch groß dimensionierte Projekte entworfen, die als Zugpferde dung des WBSF oder der Errichtung des Betriebsgebiets Sie- einer stadtpolitischen Willensbekundung zur aktiven Entwicklung mens/Allissen, manifestiert; und nicht zuletzt für eine wachsende Wiens herhalten sollen. Dass Wien links der Donau seit jeher Stadt, in der sich die Planung aufgrund der hohen Dynamik der DIE TRANSDANUBISCHE TRANSFORMATION Boden für derartige „Versuche“ ist, macht die Stadtentwicklung Re-Urbanisierung teils gar auf die Ebene der Auffangplanung REVUE PASSIEREN LASSEN über die Jahre einzigartig und spannend, aber erklärt auch, wa- zurückgedrängt sieht und entsprechend für eine Stadtentwick- rum eine geordnete, konzertierte Entwicklung so lange nicht lungsphase, die dabei ist die über Jahrhunderte gewachsene möglich war und sich auch aktuell als schwierig darstellt. Ange- historische Morphologie ein weiteres Mal drastisch zu überformen. Der Blick auf den Wiener Stadtplan lässt vermuten, womit die fangen bei Rainers autoorientiertem Verkehrskonzept, über die Planung links der Donau seit jeher kämpft. Nicht nur topogra- Großwohnsiedlungen im Stil der Großfeldsiedlung, die WIG 64 mit phisch ist Transdanubien ein Wiener Sonderfall. Auch die histo- Donauturm, die UNO-City, Donauinsel und Donau City bis hin zur risch gewachsene Vielfalt an nicht konzertierten Strukturen, das Seestadt handelt es sich rückblickend um repräsentative Projekte Nebeneinander von alten Ortskernen und neuen Stadtteilzentren, der Wiener Stadtentwicklung, die vom jeweiligen stadtplaneri- von landwirtschaftlich und industriell geprägten Gebieten, von schen Zeitgeist zeugen. Mit etwas Abstand betrachtet sind sie kleinteiligen Mischnutzungen und großflächigen Gewerbegebie- zugleich aber Stückwerk, mit dem die lokale Planung beim Ver- ten, von hochrangigen Verkehrsbändern und unzureichender such einer umfassenden Raumentwicklung umzugehen hat. Erschließung macht eine umfassende Planung schwierig. Die teils Erschwerend kommt hinzu, dass vielfach flächenintensive und fehlerhaften Trendabschätzungen, gerade zur künftigen Bevölke- mitunter kontroverse Nutzungen, insbesondere aus Handel und rungsentwicklung und in diesem Zusammenhang zur Attraktivität Gewerbe, aber auch hochrangige Verkehrsinfrastruktur und Transdanubiens als Wohnstandort, machen eine vorausschauen- Sondernutzungen wie Abfallbehandlungsanlagen o.Ä., im noch de Planung nicht eben leichter. Die Konsequenz ist ein roter wenig determinierten Nordosten der Stadt ihre Verwirklichung Faden an Entwicklungsherausforderungen, der sich durch die erfahren können und damit der intendierten kleinteiligen und jüngere Stadtentwicklungsgeschichte links der Donau zieht und durchmischten Stadtvorstellung der Planer*innen eine weitläufige, damit wie ein Mantra der planerischen Überlegungen zum 21. funktional zum Teil arg entmischte faktische Stadtstruktur gegen- und 22. Bezirk wirkt, das seit den 60ern wiederholt werden muss. überstellen. Die Überauslastung der Verkehrsinfrastruktur ist trotz kontinuierli- chen Ausbaus ein aktuelles Planungsproblem. Der teils massive Insgesamt trennt sich die Geschichte der Planung für Wien links Wohnungsbau ohne begleitende Errichtung der notwendigen der Donau in zwei Sorten von Visionen und Konzepten: jene, die Infrastruktur und Arbeitsstätten ist gerade wegen der sich ab den zumindest ihre teilweise Umsetzung erfahren haben und jene, die 60ern mehrfach wandelnden gesellschaftlichen und ökonomi- als utopische Ideen zurückbleiben, denen eine faktisch andere schen Bedingungen immer wieder genannte Herausforderung in Stadtentwicklung oder ein einschneidendes zeitgeschichtliches

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Urbane Metamorphologien links der Donau

URBANE METAMORPHOLOGIEN DIE EXPLORATION DER TRANSFORMATION

Im Folgenden werden die Fallbeispiele baulicher Transformation links der Donau –Zentrum Kagran, Floridsdorfer Spitz und Aspern – dargestellt.

Sie werden als lokale Planungsgeschichten erzählt, d.h., als chronologische Entwicklungsprozesse, in denen Transformationen als repräsentativ für Zeitgeist, Ent- wicklungskontext und planerische Ideengeschichte erachtet werden. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen folgende Fragen: Warum verändern sich diese Orte zu ebendieser Zeit in ebendieser Form? Aus welchen Gründen werden Planungsvorstellungen (nicht) umgesetzt? Inwieweit entsprechen ausgewählte Umset- zungsprojekte der planerischen Vorstellung der Zeit, bzw. passt ein Projekt in ein geltendes Konzept und was sagt das über die Planung?

Damit werden nicht nur (potentiell fehlende) Zusammenhänge zwischen intendierter Planung und tatsächlicher baulich-räumlicher Entwicklung angesprochen, sondern ganz grundlegend urbane Transformationsprozesse des Wiener Nordostens sichtbar gemacht.

Jedes der Fallbeispiele wird einleitend verortet und grob kontextualisiert, um die für den Ort charakteristischen Merkmale herauszuarbeiten. Die chronologische Aufarbeitung des baulichen Wandels weist anschließend bereits auf potentiell einflussreiche Entwicklungsfaktoren für den jeweiligen Fall hin. Eine letzte „Zoom- Stufe“ wird durch das Herausgreifen eines konkreten, d.h. sich baulich manifestierenden Stadtentwicklungsprojekts erreicht, an dem sich die zuvor angeschnitte- nen Einflussebenen wiedererkennen lassen, wodurch Rückschlüsse auf das Wechselspiel von Planung und Entwicklung möglich werden.

Die Auswahl der Fallbeispiele ist inhaltlichen wie wissenschaftspragmatischen Überlegungen geschuldet, allen voran der sichtbaren baulichen Transformation, der ausreichenden Verfügbarkeit historischer Informationen zu Genese und Transformation der Stadtteile, sowie der in der jüngeren Stadtgeschichte intensiven planerischen Auseinandersetzung mit den Gebieten. Zwar handelt es sich um für den Wiener Nordosten bezüglich Lage, Bedeutung und Entwicklungsge- schichte spezielle Orte. Zugleich entsprechen sie in sehr typischen Charakteristika der transdanubischen Urbanisierung, auf die in Folge eingegangen wird.

AS ENTRUM AGRAN NFRASTRUKTUR geschaffen. Einen ersten konkreten Planungsvorschlag liefert Donauzentrum, Wiens größtes Einkaufszentrum, den städtischen D Z K : I Rainer 1961, indem er den Stadtteil als eines von sechs Wiener Raum Kagrans maßgeblich (vgl. Wien Geschichte Wiki 2018e). ALS ENTWICKLUNGSTREIBER Hauptzentren definiert und so dem Bedeutungszuwachs Kagrans Der planerische Diskurs der 70er beflügelt die Vorstellung, Kagran im Wiener Zentrengefüge die Basis legt (vgl. Rainer 1961). Die zum Versorgungszentrum für die Bezirke links der Donau auszu- Kagran stellt einen der Entwicklungsschwerpunkte der Stadtpla- Konsequenz beider Planungen sind eine intensive Wohnbautätig- bauen. Ein wesentlicher Grund liegt in der Annahme, mit dem keit und, damit verbunden, ein rasches Bevölkerungswachstum – nung für den Nordosten Wiens dar (vgl. Stadt Wien 2018e; MA 18 Ausbau der Wagramer Straße sei die Entwicklungstätigkeit im zwei Entwicklungen, die zusammen eine mehr als deutliche Auf- 2014a). Die zunehmende Bedeutung des ehemaligen Vororts für Planungsgebiet erfüllt – Kagran solle daher für die Versorgung forderung für den Infrastrukturausbau in den 60er- und 70er- das Wiener Wachstum entsteht aber nicht zufällig, sondern folgt schlechter ausgestatteter Stadtteile in tangentialer Richtung Sorge Jahren darstellen sollten. In der Folge ist die Widmung als aus- einer über die Jahre gestiegenen Aufmerksamkeit für die wichtige tragen. (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1993) Nachdem Floridsdorf schließliches Wohngebiet schon in den 70er-Jahren überholt. So funktionale Stellung des Stadtteils und das Potential mit aktiver im Gegensatz zu Kagran schon in großen Teilen urbanisiert ist, Stadtentwicklung vor Ort dem Stadtwachstum begegnen zu siedeln sich vielfach Betriebe wie Geschäftslokale im direkten werden eher die noch wenig bebauten Flächen bei Kagran zum können. Tatsächlich steht das Kagraner Zentrum im Fokus einer Anschluss an den Kagraner Platz an. Ab 1975 prägt schließlich das Vielzahl planerischer Diskurse zu Wien und Transdanubien.9 Dabei wird unmissverständlich auf die steigende Zentralität des Stadtteils verwiesen (vgl. Wien Geschichte Wiki 2018d). Mit etwas Abstand lassen sich aber vor allem eine Reihe infrastrukturgetriebener Entwicklungstendenzen ablesen, die ein zentrales Thema der Kagraner Transformation darstellen.

Charakteristisch für den Untersuchungsbereich10 ist die hohe zentralörtliche Funktion. Als Hauptzentrum des 22. Bezirks weist Kagran eine Vielzahl an überörtlich bedeutsamen Einrichtungen auf und fungiert zudem als Verkehrsknotenpunkt für die Bezirke links der Donau. Strukturell ist der Zentralbereich einerseits durch eine Reihe kommunaler Wohnbauten gekennzeichnet, anderer- seits bestimmen sowohl die soziale als auch die Verkehrsinfrastruk- tur den morphologischen und funktionalen Stadtraum. Das Donauzentrum, die Eissporthalle, die U-Bahnlinie U1 und wichtige Straßenverbindungen wie die Wagramer Straße, die Donaustadt- straße B3 und die Donaufelderstraße mit fließendem Übergang in den Kagraner Platz prägen die baulich-räumliche Struktur. Als bedeutsam erweist sich auch der alte Kagraner Ortskern, der zum Ausgangspunkt der baulichen Transformation wird.

≡ NACH DEM WIEDERAUFBAU: KAGRAN ALS STADTERWEITERUNGSGEBIET Grundstein der Transformation Kagrans ist die Brunner’sche Flä- chenwidmung von 1952, die für das Kagraner Stadterweiterungs- gebiet die Widmung „ausschließliches Wohngebiet“ (Brunner, 1952: I) vorsieht. Damit ist die rechtliche Grundlage für die Umset- zung geplanter, umfassender Wohnbauprogramme vor Ort

9 Zentrale Quelle der chronologischen Erzählung zur planerischen Ausei- nandersetzung mit dem Gebiet ist der Werkstattbericht zum Zentrum Kagran (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1993), der als einzig verfügbares Zeitdokument die kleinräumigen Entwicklungsstrategien und Wettbewerbe zum Ort zusammenfasst. 10 Zur Operationalisierung der Untersuchung wird das Gebiet im Süden mit der Donaustadtstraße und im Norden mit dem Kagraner Platz abgegrenzt, womit die unmittelbar zwischen Donauzentrum und Kagraner Platz entlang der Wagramer Straße gelegenen Gebiete ins Zentrum der Betrachtung rücken. Abb. 26: Vergleich der Luftbildpläne (oben) und Realnutzungskartierung (unten) des Zentrums Kagran

59 | Experimentierfeld für diverse städtebauliche Ideen zur Organisati- Vergleicht man die Luftbildpläne der 70er-Jahre mit den aktuellen, digkeit tangentialer Verbindungen der Siedlungsgebiete des on der urbanen Funktionen. Es kann nur vermutet werden, dass lassen sich die angestrebten Wohnbauten im Bereich Meissauer- Wiener Nordostens untereinander (vgl. Stadtverkehr Austria Wiki diese Debatte ein wichtiger Anschub zur Legitimation der Errich- gasse/Anton-Sattler Gasse und Schrickgasse erkennen (vgl. Abb. 2018a-d). Schon die Leitlinien für die Stadtentwicklung 1972 und tung des Donauzentrums ist. Naheliegend ist auf jeden Fall, dass 26, oben). Das ursprünglich als Reserve für eine künftige hochran- der erste kleinräumige Entwicklungsplan für den 22. Bezirk aus Argumente wie Bodenverfügbarkeit, Grundstückspreise und die gige Nutzung ausgewiesene Kleingarten- und Einfamilienhausge- demselben Jahr fordern die Stärkung der Verbindung unterver- Verkehrsinfrastruktur ausschlaggebende Faktoren für die Standor- biet Siebeckstraße11 besteht hingegen heute noch in fast sorgter Randbereiche der Donaustadt mit dem Kagraner Zentrum tentscheidung sind – insbesondere, da zu diesem Zeitpunkt das U- unveränderter Form. Nicht nur die medial ausgebreitete Aversion (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1972; Magistrat der Stadt Wien Bahngrundnetz mit einer Endhaltestelle im Zentrum Kagran be- bestehender Wiener Institutionen sich für den Sprung über die 1993). Diesen planerischen Zielen wird mit damals noch zeitge- reits beschlossene Sache ist (vgl. Fachgespräch J.Gielge 2018). Donau zu begeistern kann aber als Grund für die ausbleibende mäßer autoorientierter Infrastruktur nachgekommen. Erst mit der Umnutzung genannt werden.12 Entscheidender sind wohl die auf U1-Eröffnung 1989 erfolgt ein wesentlicher Schritt zur verkehrli- Ein erster relevanter Wettbewerb für Kagran wird 1975 für den mehrere Jahrzehnte ausgelegten Pachtverträge, die ein planeri- chen Integration der Donaustadt mit Cisdanubien im hochrangi- unmittelbaren Donaubereich – Reichsbrücke, Floridsdorfer Brücke, sches Eingreifen in jene Wohnform erschweren, die an dieser gen ÖV – und das sogar früher, als erhofft. So erlaubt die Lettenhaufen, Rehlacke, Wagramer Straße, Erzherzog-Karl-Straße – Stelle heute kaum mehr im Einklang mit dem Urbanisierungsgrad Wiedererrichtung der 1976 eingestürzten Reichsbrücke die Ein- abgehalten (vgl. Abb. 27). Darin werden nicht nur Empfehlungen des Stadtteils steht. So existiert im angesprochenen Bereich aktuell bindung der U-Bahn in die Brückenkonstruktion und eine Eröff- für den ersten Wiener STEP ausgearbeitet. Es wird auch der urba- lediglich das Gartenbaumuseum, das vermutlich nicht der ange- nung der U1 nach Kagran noch vor der zugleich geplanten U- nistische Zeitgeist deutlich erkennbar: Hohe Dichten, städtebauli- peilten Dimension und Symbolik entspricht, auf die in den Pla- Bahn nach Floridsdorf. che Entwicklung der Uferkante („Waterfront Development“) und nungskonzepten Bezug genommen wird. Durchmischung. So wird etwa vorgeschlagen, entlang der Wa- gramer und Erzherzog-Karl-Straße mehrgeschoßige Wohnbauten ≡ URBANITÄT DURCH WETTBEWERB? mit integrierten tertiären Betriebsstätten zu errichten. Das Zentrum ≡ VERKEHRSPLANERISCHE (DES)INTEGRATION DER 70ER Eine intensive Phase der Transformation erlebt Kagran in den 80er- Kagran und der Kagraner Platz sollen den Kern mit Geschäften, Auch die Verkehrsinfrastruktur wird in den 1970ern im Sinne eines und 90er-Jahren. Offenkundig ist der bauliche Wandel besonders zentralen Einrichtungen und tertiären Betrieben bilden (vgl. ebd.). autoorientierten Erschließungssystems massiv transformiert. Viele entlang der Wagramer Straße, wo es nach und nach zur Verdich- der bestehenden Straßenbahnen13 werden eingestellt. Einzig die tung einzelner Baublöcke kommt – einmal mehr in direkter Nähe Straßenbahnlinie 26, die den Praterstern mit Aspern über die und wohl auch bedingt durch das Donauzentrum (vgl. Abb. 26, Wagramer Straße und Stadlau verbindet, bleibt als tangentiale, unten). Diese Veränderungen treten nicht ganz zufällig zutage, schienengebunden ÖV-Verbindung der Gebiete links der Donau wird doch zur gleichen Zeit eine Reihe an Wettbewerben zur bestehen (vgl. Tramwayforum 2018). Als Ersatz dienen zuneh- Entwicklung und Neugestaltung des Zentrumsbereichs von Ka- mend (kapazitätsschwächere) Buslinien wie etwa der 26A von gran ausgeschrieben. Kagran nach Groß-Enzersdorf, der noch immer eine wichtige, Den Anfang macht 1981 der Ideenwettbewerb „Donaustadt wenngleich im stark gewachsenen 22. Bezirk mittlerweile überlas- 2000“ für ein ca. 354ha großes Teilgebiet entlang der U1 und der tete Verbindung darstellt. Polemisch ließe sich also konstatieren, Wagramer Straße, in dem mittel- und langfristige Leitbilder zur dass der Geist des Modernismus hier zu vorschnell ein Symbol der Bezirks- und Stadtteilentwicklung erarbeitet werden, die als Grund- industriellen Stadt als überholt erklärt hat – mit Folgen, die für das lage für Flächenwidmungs- und Bebauungsplanänderungen funktionale Geflecht um Kagran noch heute nachzuweisen sind. dienen sollen. Die Ergebnisse werden allerdings nur teilweise Zugleich gibt es aber auch einen sehr pragmatischen Grund für berücksichtigt (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1993). 1986 wird der die Einrichtung von Buslinien: die Verbindung der schlecht er- Wettbewerb „Chancen für den Donauraum“ abgehalten, dessen schlossenen und unterausgestatteten östlichen Teile der Donaus- Ausgangspunkt die erfolgreichen baulichen Entwicklungen ent- tadt mit dem Zentrum Kagran. So zeigen die Buslinien 31A vom lang der Donauinsel, der neu erbauten Reichsbrücke, der U-Bahn Kagraner Platz über Großjedlersdorf bis zur Jochenbergstraße, der nach Kagran und der in Bau befindlichen A22 sind. Die bearbeite- 92A von Kaisermühlen bis Aspern, der 94A von Kagran nach ten Bereiche konzentrieren sich allerdings fast ausschließlich auf Stadlau oder der 93A von Kagran bis Aspernstraße die Notwen- den unmittelbaren Uferbereich und beziehen die linksufrigen Stadtteile insgesamt nur wenig ein. Die Achse City-Kagran soll laut 11 Die Rede ist in diesem Zusammenhang u.a. von einem Universitätsstand- den Entwicklungsvorstellungen der Wettbewerbsergebnisse als ort oder Kulturzentrum. Standort für internationale Veranstaltungen oder universitäre 12 Selbst die Übersiedlung des Veterinärmedizinischen Instituts der Universi- Forschungseinrichtungen dienen (vgl. ebd.). Dass die Veterinär- tät Wien nach Floridsdorf in den 1990er-Jahren ist nur aufgrund des persönlichen Einsatzes und politischen Einflusses von Stadtrat Fritz Hofmann medizinische Universität allerdings im Endeffekt im 21. statt im 22. möglich (vgl. Ebner 2008). Bezirk angesiedelt wird, ist mittlerweile schon bekannt. Dennoch 13 In diesem Zusammenhang ist etwa die Linie 17 zwischen Floridsdorfer ist die Entscheidung der Standortwahl nicht klar nachvollziehbar Spitz, Kagraner Platz, Aspern und Eßling zu nennen. Schon zehn Jahre und lässt nur Vermutungen über den Einfluss politischer Ak- zuvor wird mit der Linie 117 auch die ÖV-Verbindung zwischen Floridsdor- Abb. 27: Donaubereichswettbewerb fer Spitz und Kagran gekappt. (vgl. Tramwayforum 2018) teur*innen auf den Prozess zu.

| 60 fehlende Urbanität. Die Stärkung tangentialer Verbindungen, der integratives städtebauliches Konzept zum wiederholten Mal zweit- ÖV-Ausbau entlang den Siedlungsachsen und die Errichtung rangig zu sein. sozialer Infrastruktur werden daher als notwendige Maßnahmen zur Entwicklung des Kagraner Zentrums erachtet (vgl. ebd.). Nur ≡ WACHSTUMSSCHMERZEN: KAGRAN ein Jahrzehnt nach Eröffnung des Donauzentrums wird bereits die starke Innenorientierung des Einkaufszentrums beklagt, die ZWISCHEN AUFBRUCH UND ORDNUNG negative Auswirkungen auf die Aufenthaltsqualität im Stadtraum In den 90ern wird Kagran im Kontext europäischer Integration hat. Dem soll die gezielte Entwicklung von Freizeit- und Kulturan- und wieder erstarkenden Stadtwachstums zu einem wichtigen geboten, Bildungseinrichtungen und die Gestaltung des öffentli- Stadtentwicklungsbereich - aufgrund seiner Lage einerseits und chen Raums entgegengesetzt werden (vgl. ebd.). Das gelingt seiner Baulandreserven andererseits. So ist etwa die auf der „Do- jedoch bis heute nicht im notwendigen Ausmaß. nauplatte“ geplante EXPO ein wichtiger Anschub für optimistische Entwicklungsvisionen. Die Vorschläge für den Bereich Praterstern- Lediglich der Bau der Albert-Schultz-Eishalle 1994 wird in Folge Kagran beinhalten u.a. ein Museum Moderner Kunst, die o.g. des Wettbewerbs für eine Eishalle in Kagran Realität (vgl. Abb. 29). Eishalle, eine Ost-West-Akademie, ein Wiener Labor für Alltagskul- Ein besonderer Fokus wird beim Entwurf für den Bereich zwi- tur, ein Labor mit zugehöriger Ausstellung für Medien und Kom- schen Vienna International School und U1-Station Zentrum Ka- munikation und ein Medienforum (vgl. ebd.). Mit der Absage der gran auf das städtebauliche Umfeld mit öffentlichen und EXPO obsiegt jedoch auch bezüglich dieser Ideen der Bedeu- Betriebsgebäuden sowie die umliegenden Verkehrsbauten und tungsüberschuss der Innenstadt als Standortfaktor, weshalb sich Autostellplätze gelegt. Obwohl die U1-Verlängerung nach Nor- etwa das geplante MUMOK heute im innenstadtnahen Muse- den schon im Gespräch ist und dementsprechend die Park&Ride- umsquartier und nicht etwa in Kagran oder der DonauCity befin- Anlagen an den Stadtrand verlegt werden sollen, wird aufgrund det. Abb. 28: Citypark-Kagran – Entwurf für ein städte- der Unsicherheiten der tatsächlichen Umsetzung eine Reduktion bauliches Leitbild, Obermann und Stanzl 1991 der Stellplätze als Kompromiss bestimmt (vgl. ebd.). Die Kritik an der mangelnden Urbanität im Zentrumsbereich bleibt also auch in den 1990ern bestimmendes Thema, zumal Entwick- An die Frage der Zentrumsfunktion des Stadtteils schließt die lungsdruck und Wachstum zunehmen. Entsprechend werden schon 1991 durchgeführte Studie „Citypark Kagran 2000“ an, mehrere Versuche für eine Umgestaltung unternommen, etwa in mittels derer die Entwicklung Kagrans zu einem attraktiven Stadtteil den Gestaltungsvorschlägen für das Zentrum Kagran (1993), die im Vordergrund steht (vgl. Abb. 28). „Wohnen in der Stadt und Grundlage für die Überarbeitung des Bebauungsplans sind, im doch nahe am Grün“ wird als Leitmotiv entwickelt. Als Vorausset- Leitprogramm Donaufeld-Kagran (1994), oder im internationalen zungen für die Umsetzung dieses Leitgedankens werden die Wohnbauexperiment Kagran (1994/95). Zentrales Element all Ableitung des Durchzugsverkehrs durch den massiven Ausbau dieser und weiterer Überlegungen sind die strukturgebenden, der Straßeninfrastruktur, die Verhinderung von Park&Ride-Anlagen weil auch unverhältnismäßig breiten Straßenzüge, die das Bild des und die Öffnung des Donauzentrums zum Stadtraum definiert. Zentrumsbereichs bestimmen. Sie werden mehrfach als größtes Die Studie kritisiert auch erstmals scharf die stiefmütterliche Be- Problem für die Aufenthaltsqualität und die Attraktivität des öffent- handlung des Stadtteils – etwa gegenüber der Inneren Stadt (vgl. lichen Raums gesehen. Entsprechend schlagen die Diskussionsbei- ebd.). Zum Leidwesen Kagrans bleibt die Studie allerdings Pla- träge für den Entwicklungsraum Praterstern-Kagran in nungsutopie, obwohl grundsätzliche Vorschläge für ein realisti- Vorbereitung der EXPO den Umbau der Straßenräume vor, um auch eine Ausrichtung der Gebäude auf diese zu ermöglichen. sches Entwicklungskonzept im Entwurf enthalten sind. Hier wird auch erstmals der Wunsch nach einem anderen Selbst- 1988 wird als Vorbereitung auf einen auszuarbeitenden Bezirks- Abb. 29: Eissporthalle – Übersichtsplan, Wutscher 1989 bild laut: Nicht das Wien „drüber der Donau“, sondern ein Wien entwicklungsplan für den 22. Bezirk eine Strukturanalyse durchge- beidseits der Donau gilt es zu entwickeln (vgl. ebd.) – ein wichtiger Dass diese Entscheidung bis heute Auswirkungen auf den Stadt- führt, der zufolge der Bezirksentwicklungsplan seit 1987 in Arbeit erster Schritt zur Enthierarchisierung und zumindest symbolischen ist. Allerdings scheint es aufgrund fehlender Veröffentlichung, als raum hat, ist unschwer zu erkennen. Die Preise für das umfassen- Aufwertung des Stadtteils. Zu diesem Zweck wird ein eigenes sei er nie fertiggestellt worden. Einzig die sachbereichsweise de städtebauliche Konzept und den Gebäudeentwurf der Stadt-Management vorgeschlagen, wie es aktuell die Stadtteilma- Strukturanalyse ist in diesem Zusammenhang publiziert. Und Eissporthalle werden im Zuge des Wettbewerbs getrennt prä- nagements in den großen Entwicklungsgebieten verkörpern. Dass wenngleich sie sich auf den STEP 84 und dessen Achsenkonzept miert, woraus sich eine für Kagran im Rückblick mehrfach charak- es ein solches bis heute nicht geben sollte, ist ein Anhaltspunkt in bezieht, wird hier offenbar ein anderes räumliches Leitbild favori- teristische mangelnde Integration solitärer Bauten mit dem der Suche nach Gründen für die immer noch beobachtbare öffentlichen Raum ergibt. Obwohl der fehlende Zusammenhang siert, das Kagran als „Entwicklungsbereich“ verstanden wissen will. mangelnde Integration der vielen Solitärbauten mit dem Kagraner zwischen Objekt und umliegendem Stadtraum von Seiten der Vor allem die schwierigen lokalen Bedingungen werden als Stadtraum. Anstelle integrierter Stadtteilentwicklung versammeln lösungsbedürftig herausgestrichen: hohes Pendleraufkommen, Planung schon in den 80ern mit Verweis auf das Donauzentrum sich daher in den 90er- und 2000er-Jahren weiterhin großdimen- mangelnde ÖV-Ausstattung, unzureichendes Arbeitsplatzangebot, kritisiert wird, scheint bei der Konzeption der Eissporthalle ein sionierte Einzelprojekte um den infrastrukturell mittlerweile gut

61 | ausgestatteten, jedoch noch nicht vollständig verbauten Zent- Schwierigkeit der Durchsetzung unverbindlicher Entwicklungs- etwas strengeren Auflagen. Der Lerneffekt für Projekte wie das rumsbereich.14 Das Donauzentrum und das daran anschließende konzepte und ihrer Unschärfe hinsichtlich ortsspezifischer Frage- Implementation Lab – Neues Zentrum Kagran ist hingegen eine Cineplexx, die Bundesschule Bernoullistraße, die internationale stellungen. Hier wären die zuvor angesprochenen, jedoch leider Unterteilung in vier Projektgebiete mit dem Ziel, die Umsetzung Schule an der Straße für Menschenrechte, die Albert-Schultz- nie fortgeführten Leitprogramme eine potentiell relevante Zwi- kleinräumiger Interventionen zu erleichtern. Interessant ist, dass die Eishalle, die Berufsschule für Gartenbau und Floristik oder der schenebene zur Regulation derartiger Partikularinteressen. Bestrebungen Kagran zu einem kulturellen Zentrum zu entwi- Bundesländerhof sind nur ein paar der Beispiele für diese Art der ckeln, darin auch noch erhalten geblieben sind. So sieht auch das baulichen Transformation. In den 2000ern setzt sich diese Entwick- Implementation Lab eine derartige Nutzung für den Schrödinger- lung mit neuen Wohnformen in der Tokiostraße, Dückegasse oder platz nach Abtragung des alten Bezirksamts vor (vgl. Magistrat der Meissauergasse fort. Stadt Wien 2010). Realisiert sind bislang jedoch nur eine Bücherei und eine VHS. Dabei formuliert das Leitprogramm Donaustadt-West an sich 1998 ein konkretes räumliches Leitbild und Entwicklungskonzept zur Zumindest die tangentiale Verkehrsverbindung durch die Stra- konzertierten Stadtentwicklung für den gesamten Bereich zwi- ßenbahnlinien 25 zwischen Aspern und Floridsdorf (2012) und 26 schen Kaisermühlen und Großfeldsiedlung (vgl. MA 18 1998b, von Kagraner Platz bis Hausfeldstraße (2013) kann als erfolgreiche 1998d). Die Idee der Institutionalisierung einer planerischen Zwi- Umsetzung der stadtplanerisch schon lange eingeforderten Er- schenebene zu Stadtentwicklungs- und Flächenwidmungspla- schließung durch Querverbindungen im ÖV erachtet werden, nung scheitert jedoch an den verwaltungsinternen Umstrukturie- zeigt jedoch wiederum, was bereits mit Blick auf Wiens Planungs- rungen derselben Zeit.15 So bleibt das Leitprogramm relativ geschichte deutlich geworden ist: Dass ein faktisch nachweisbares wirkungslos, wie sich am Vergleich der realen Nutzungen zwi- (gegenüber einem „nur“ prognostizierten) Bevölkerungswachstum schen 1997 und 2005 zeigt (vgl. Abb. 30). Einzig der späte Aus- Abb. 30: Vergleich der Realnutzungskartierung conditio sine qua non für die Umsetzung vieler infrastruktureller 1997 und 2005 Zentrum Kagran bau der B3 (2004) und die Verlängerung der U1 bis Leopoldau Maßnahmen ist und eine übergeordnete Planung entsprechend 16 (2006) erfüllen die Zielsetzungen. Und zwei weitere Aspekte werden mit der Flächenwidmungs- oft zur Auffangplanung degradiert wird, weil sie trotz voraus- planänderung und baulichen Realisierung der Wachstumsbestre- schauender Entwicklungsüberlegungen immer erst dann den Anspruch auf Umsetzung hat, wenn sie bereits virulenten Entwick- ≡ WER MACHT DAS ZENTRUM? KAGRAN bungen des EKZ deutlich: Erstens, dass wirtschaftliche Gründe gegenüber jedem fachlich fundierten Zweifel erhaben sind und lungsherausforderungen hinterhereilen muss. ZWISCHEN ÖFFENTLICH & PRIVAT somit ein Projekt legitimieren, das mit den gerade in Kagran drin- Auch in jüngerer Zeit ist die Stadtplanung durchaus bemüht dem gend nötigen Ansprüchen an urbane Qualität – Kleinteiligkeit, hohen Anspruch der eigenen Leitbilder der Vergangenheit hin- ≡ DAS DONAUZENTRUM ALS REPRÄSENTATION Durchmischung, Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum – sichtlich urbaner Wohn-, Aufenthalts- und Lebensqualität in Ka- DER URBANEN METAMORPHOLOGIE KAGRANS unvereinbar ist. Zweitens, dass individuelle, interessensgeleitete gran gerecht zu werden17. Wesentlicher Motor für die lokale Besonders die 70er-Jahre sind prägend für die Transformation des Nutzungs- und Widmungsansprüche trotz weitreichender Aus- Planung der 2000er-Jahre ist jedoch das weiterhin expandierende städtischen Raums in Kagran (vgl. Abb. 31). Die Infrastrukturent- wirkungen auf den Stadtteil eine verhältnismäßig rasche Umset- Donauzentrum. Der mittlerweile realisierte Ausbau im Bereich wicklung eilt der Entstehung konkreter räumlicher Leitbilder vo- zung erfahren können, während am gleichen Ort situierte Projekte Wagramer Straße/Winzingerodestraße ist ausschlaggebend für raus und beeinflusst damit die nächsten Jahrzehnte des der öffentlichen Hand wegen ihres umfassenden Planungsan- die Änderungen im Flächenwidmungsplan (vgl. Magistrat der Planungsdiskurses entscheidend. Das Donauzentrum ist kenn- spruchs in langwierigen und teils kontroversen Planungsprozessen Stadt Wien 2001b). Nicht die Stadtplanung bestimmt hier also in zeichnend für diesen Prozess. Zwar lässt sich der Bau Mitte der münden, die mehr als eine Dekade bis zu ihrer (dann auch nur erster Linie die notwendige bauliche Transformation des Stadt- 70er durch die schlechte Ausstattung Kagrans und der Randberei- teilweisen) Verwirklichung brauchen.18 Es mutet entsprechend raums. Vielmehr wird das Einkaufszentrum selbst zum Initiator des che der Donaustadt erklären. Auch passt die Errichtung eines befremdlich an, dass für übergeordnete Entwicklungsplanung städtebaulichen Wandels. Dass dies ungeachtet bekannter fach- Einkaufszentrums in das sozioökonomische Bild eines zu jener Zeit und Flächenwidmung geradezu doppelte Standards herrschen – planerischer Kritik möglich ist, verweist einmal mehr auf die beginnenden Konsumismus. Aus planerischer Sicht ist das Projekt kommunikative Aushandlung und transparenter Wettbewerb auf wegen der unzureichenden Verkehrserschließung und seiner der einen, investor*innenfreundliches Laissez-faire auf der anderen 14 Das Leitprogramm Donaustadt West 1998 verweist auf Kagran als be- Abgrenzung vom öffentlichen Stadtraum aber schon damals nur Seite. sonders geeigneten Wohnstandort mit großen Freiflächen und hoher schwer nachvollziehbar. Der U-Bahn Ausbau orientiert sich letzt- Verkehrsgunst (vgl. MA 18 1998b, 1998d). Die 2017 erfolgte Festlegung einer Schutzzone im Bereich des lich auch an der (durch das Donauzentrum mitgetragenen) 15 Die Agenden der Stadtteilplanung wandern von der MA18 in die MA21 gestiegenen zentralörtlichen Bedeutung des Kagraner Zentrums. und unterstehen damit nicht mehr jenen, die die übergeordneten Konzepte Kagraner Platzes und in der Eugen-Bohrmann-Gasse (vgl. Stadt entwickeln (vgl. Fachgespräch anonym 2017). Wien 2018g) ist der letzte Versuch, derartige Entwicklungen Sieht das Verkehrskonzept 1970 noch statt der Station Alte Donau 16 Letztere ist allerdings schon ein stadtplanerischer Wunsch der 1980er- zumindest theoretisch zu beschränken. Praktisch ist eine Verände- die Station Erzherzog-Karl-Straße und statt der zwei Stationen Jahre. rung der Stadtgestalt aber dennoch möglich, wenn auch mit Kagran und Kagraner Platz nur eine Station Kagraner Zentrum vor, 17 Gerade aktuelle Projekte zeigen, wie immer wieder neue Versuche scheint es bei der Umsetzung letztlich eher auf die nachträgliche unternommen werden, die urbanen Qualitäten des Zentrums Kagran zu 18 Die Aussage spielt auf den 2008 von Wirtschaftsagentur, Wiener Linien Erschließung des schon gebauten Stadtteils abzuzielen. Hier muss verbessern. Beispiele hierfür sind das Wohnbauprojekt Kagraner Idylle, das und Stadtentwicklung Wien ausgeschriebenen Wettbewerb Zentrum Forum Donaustadt oder der Kirschblütenpark als zentrale Grünfläche zur Kagran an, der 2018 im gerade in Entstehung befindlichen „Forum Donaus- also von einer für Wien atypischen Planungslogik die Rede sein: Aufwertung des öffentlichen Raums. tadt“ mündet (vgl. Stadt Wien 2018f). „Zuerst zentrale Einrichtung, dann Gewährleistung der verkehrli-

| 62 chen Erreichbarkeit“, entspricht spätestens ab den 1980ern nicht mehr der eingeforderten Abfolge für eine geordnete Stadtentwick- lung, verdeutlicht damit jedoch auch den Bruch, der in den 70er- Jahren in der Wiener Planungskultur geschieht und dass das Donauzentrum daran womöglich nicht ganz unbeteiligt ist.

Schwierig gestaltet sich seither auch die Öffnung des Donauzent- rums zum Stadtraum, da bauliche Änderungen im Nachhinein nur mit unverhältnismäßigem Mehraufwand umzusetzen sind. Die Konsequenz ist eine Verlagerung des öffentlichen Stadtraums in den bestenfalls halböffentlichen Raum des Einkaufszentrums. So führen etwa die Wege zum Amtshaus durch das EKZ. Planerische Zielsetzungen der 70er und 80er bezüglich verstärkter stadträum- licher Integration werden aufgrund der stets unterschätzten zentralörtlichen Bedeutung Kagrans und durch die konsequente Erweiterung der Geschäftsfläche durch Zubauten 1980, 1982 und 1990 (vgl. Wien Geschichte Wiki 2018e) ignoriert, der Monolith Donauzentrum damit im wahrsten Sinne des Wortes einzemen- tiert. Durch das politische Naheverhältnis des Einkaufszentrumbe- treibers, das auch nach mehrmaligem Verkauf weiterbesteht, können die Planungsüberlegungen den Vorstellungen des Betrei- bers angepasst werden. Dass hier eine nach modernen Zielset- zungen operierende, vorausschauende Stadtteilplanung ad absurdum geführt wird, ist offensichtlich.

Demgegenüber steht eine intensive stadtplanerische Bemühung ab den 80ern mit einer Vielzahl an Wettbewerbsprojekten auf die desintegrierte räumliche Entwicklung zu reagieren. Kagran wird zum regelrechten Experimentierfeld gewagter Architekturentwür- fe und Städtebaukonzepte. Die meisten Projekte scheitern jedoch, weil in einer vorsichtiger werdenden Stadtentwicklungspolitik die Skepsis gegenüber Großprojekten wächst. Die Konsequenz ist, dass im politischen Prozess umfassende Stadtteilplanung und Objektentwicklung zumeist voneinander separiert werden und letztlich erst recht eine Reihe an eben nicht konzertierten Einzel- projekten vor Ort entsteht. Wettbewerbs- und Masterplanungen sind somit unzureichend in die übergeordneten Entwicklungsvor- stellungen eingebettet. Demzufolge versucht gerade die Planung der letzten Jahre durch das Anschieben konkreter Entwicklungs- projekte mühsam ein urbanes Image und qualitätsvollen öffentli- chen Raum zu erzeugen. Es wird jedoch der Anschein erweckt, dass der hoheitlichen Planung hier eher die Aufgabe des Aufräu- Abb. 31: Skizze der Kagraner Metamorphologie mens einer großteils politisch instrumentalisierten Bodenpolitik zukommt. Letztere hat über Jahre eine interessensgeleitete Stadt- entwicklung im Kagraner Zentrumsbereich ermöglicht, mit der zwar ein verdichteter, jedoch wenig städtisch anmutender Bezirks- teil gewachsen ist, den es nun zur funktionierenden Stadt zu entwickeln gilt. Ob mit oben genannten Projekten die Integration des Mosaiks an Einzelprojekten rund um das Kagraner Zentrum gelingen kann, bleibt abzuwarten.

63 | WIRTSCHAFTSSTANDORT FLORIDSDORF

Der Bereich um den Floridsdorfer Spitz, von dem aus Brünner und Prager Straße Richtung nördlicher Stadtrand ausstrahlen und die Floridsdorfer Hauptstraße über die Donau führt, ist nicht nur Standort des Magistratischen Bezirksamts, sondern Kern des histo- risch gewachsenen Stadtteilzentrums des 21. Bezirks, das zum zweiten Fallbeispiel der interpretativen Analyse wird.19 Dichte, gründerzeitliche Blockrandbebauung rund um den Spitz wechselt sich mit großformatigen Baukörpern und Gewerbeflächen entlang der S-Bahn Trasse und der Donaukanal Straße ab. Strukturell und funktional prägend sind auch die Verkehrsbänder der hochrangi- gen IV- und ÖV-Erschließung – neben den oben genannten drei Hauptstraßenverbindungen vor allem die Anschlussstelle zur A22, die U- und S-Bahn-Trasse, sowie der Bahnhof Floridsdorf. Entspre- chend kommt dem Gebiet eine hohe zentralörtliche Bedeutung im und über den Bezirk hinaus zu.

Die lange Geschichte des Stadtteils als Industrie- und Gewerbe- standort, als Wohnbezirk der Arbeiterklasse und der Gleichschritt baulicher und ökonomischer Transformation sind bezeichnend für das Untersuchungsgebiet und werden entsprechend in Folge thematisiert. Den Anfang müssen jedoch die ersten Dekaden des 20. Jahrhunderts machen, die zentrale Vorbedingung für die Metamorphologie Floridsdorfs sind und deshalb den Auftakt der historischen Erzählung machen. So ist Floridsdorf zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein gut ausgestattetes Wiener Industriezentrum mit Eisenbahnanschluss, das sich durch ein hohes Arbeitsplatzan- gebot und gewachsene städtische Wohnquartiere mit entspre- chender Infrastrukturausstattung auszeichnet (vgl. Wien Geschichte Wiki 2018f). Das Wohnbauprogramm des Kommuna- len Sozialismus der Zwischenkriegszeit lässt eine Vielzahl an Wohnobjekten entstehen, von denen einige jetzt noch vom dynamischen Wachstum früherer Tage zeugen.20 Die Leiden des Zweiten Weltkriegs manifestieren sich jedoch besonders im strate- Abb. 32: Vergleich der Luftbildpläne (oben) und Realnutzungskartierung (unten) des Zentrums Floridsdorf gisch wichtigen industriellen Produktionszentrum durch ein hohes Ausmaß an Zerstörung. Entsprechend intensiv sind die Wieder- ≡ DIE 60ER: FLORIDSDORF NEU- ODER UMBAUEN? Lichtspiele in der Angerer Straße in den 60er-Jahren nicht nur aufbau- und Neubaubemühungen der Stadt vor Ort nach 1945.21 Die Entwicklung der Sozialinfrastruktur, darunter das Floridsdorfer Bezirksbewohner*innen an (vgl. Fachgespräch P.Eigner 2017). Sie bedingen einen vielschichtigen Wandlungsprozess, der in den Krankenhaus und das 1964-67 errichtete Floridsdorfer Bad, sind ab Wegen des anhaltenden Bevölkerungswachstums ist der Ange- 1960ern besonders an Fahrt aufnimmt. den 60ern prägend für den lokalen Entwicklungspfad. Nach dem botsumfang jedoch bald ungenügend. Daraus ergibt sich ein Grundstückserwerb durch die Stadt Wien 1963 wird etwa am fortwährendes Ausstattungsdefizit, das für die Floridsdorfer Trans- formation bis heute prägend ist. Zur selben Zeit wird – trotz oder Standort des ehemaligen Floridsdorfer Arbeiterheims das Haus der 19 Das Untersuchungsgebiet ist im Süden mit der Jedleseer Straße, im Osten Begegnung eröffnet (1968), in dem seither die VHS Floridsdorf, gerade wegen der Einstellung der Nordwestbahn 1960 – der durch die S-Bahn Trasse, im Norden mit der B229 Shuttleworthstraße und eine Jugendzentrale und eine Musikschule Dauermieter*innen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur großgeschrieben. Nach Umbau im Westen durch die Donaukanal Straße abgegrenzt. sind (vgl. Wien Geschichte Wiki 2018g). Auch der Floridsdorfer der Nordwestbahntrasse und -brücke wird 1961 der Schnellbahn- 20 Als bedeutendes Beispiel sei hier der Schlingerhof mit direkt angrenzen- betrieb zwischen Floridsdorf und Hauptzollamt aufgenommen, dem Marktgebiet, erbaut 1924-1925 auf den Gründen des ehemaligen Markt (Schlingermarkt) ist zum damaligen Zeitpunkt noch wichti- Gaswerks Floridsdorf, genannt. ger sozialer Treffpunkt im Gebiet (vgl. Fachgespräch J.Gielge gefolgt von der Verlängerung nach Gänserndorf und Meidling im nächsten Jahr. 1964 wird der anstelle der Nordwestbahn errichte- 21 Der Bau von über 2.000 Wohnungen im Bezirk in den Jahren 1960-64 ist 2018). Darüber hinaus locken das Prisma Kino in der Brünner deutlichstes Zeugnis des dringenden Wohnraumbedarfs im Wiener Nord- Straße, das Gloria Kino in der Prager Straße oder die Arbeiterheim te Straßenzug gemeinsam mit der Nordbrücke für den Verkehr osten – auch nach dem Ende des Wiederaufbaus (vgl. Ebner 2008). freigegeben. `65 erfolgt die Fertigstellung des Bahnhofs Florids-

| 64 dorf, womit ein neuer zentraler Bereich im Bezirkszentrum entsteht ≡ MOBILITÄT ALS LEITIDEE: VERKEHRSPROJEKTE DER 70ER fabrik, der Österreichischen Automobilfabrik, der Glühlampenfab- (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1999a). Ganz entscheidend für die bauliche Transformation des Floridsdor- rik, der AEG und weiterer Fabriken entstehen nun neue Betriebs- stätten, die im sich ökonomisch transformierenden Wien der 80er Die hohen baulichen Dichten sind zu dieser Zeit noch stark auf die fer Zentrumsbereichs ist auch die Novelle zum Bundesstraßenge- eine gewisse politische Euphorie erlauben. Nicht nur Arbeitsplätze zentrumsnahmen Bereiche der Prager und Brünner Straße kon- setz 1971. Diese hat die Übernahme wesentlicher Teile des werden damit im Wiener Norden geschaffen. Die Erhöhung der zentriert, die zentralen Einrichtungen von Floridsdorf teilweise bestehenden und des künftig zu errichtenden Straßennetzes von Versorgungsqualität mit einer „modernen“ (i.e. amerikanisch weiter nördlich verortet als die wenigen heute verbliebenen im Wien durch den Bund zur Folge. Insbesondere im Raum Florids- anmutenden) Mall ist ein symbolischer Erfolg. Dass es dafür zwei Zentrum Am Spitz-Jonasplatz (vgl. Fachgespräch J.Gielge 2018). dorf sollte damit ein massiver Ausbau der Bundesstraßen erfolgen Jahrzehnte braucht, liegt jedoch nicht nur an einer die ökonomi- Entlang der Bahntrassen im Westen und Norden hingegen liegen (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1989). Zwar wird die Stadt Wien schen Umstände lange Zeit ausblendenden Planung. Auch die die weitläufigen Industrie- und Gewerbegebiete. Das ändert sich damit finanziell entlastet und den anderen Bundesländern gleich- schwierigen Eigentumsverhältnisse bedingen den langwierigen mit der bald einsetzenden De-Industrialisierung dramatisch. So gestellt (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1972). Dass sie damit zu- Umnutzungsprozess. So befinden sich große Teile der angespro- verschleiern die umfassenden Maßnahmen im Wohnungsbau gleich einen wichtigen Aspekt ihrer Planungshoheit für den chenen Flächen in den 80ern noch im Besitz der ÖBB oder der vorerst noch die fortschreitende Schließung großer Fabriken und Wiener Nordosten verliert, wird erst noch im Zuge großer Stra- ehemaligen Fabrikseigner (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1998). den Verlust an Betriebsstätten und Arbeitsplätzen. Lange Zeit noch ßeninfrastrukturprojekte deutlich werden. Das macht eine geordnete Stadtteilentwicklung aktuell schwierig werden die vorhandenen Fabriksgebäude etwa durch andere In den 70er-Jahren werden im Zuge der Erarbeitung des Ver- und mündet in der kaum konzertierten Entstehung von Einzelpro- Branchen weitergenutzt und erst Jahre später baulich umstruktu- kehrskonzepts auch Überlegungen zur Verlängerung der U6 bis jekten im Bereich Handel, Gewerbe und Wohnbau, zugleich riert, weshalb die bauliche Transformation im Vergleich zur Ver- nach Floridsdorf und darüber hinaus angestellt. Die Trassenfüh- jedoch in einer baulich-räumlichen Entmischung, die durch den änderung der Nutzungsstruktur hier einen verzögerten Verlauf rung wird damals noch über die Traisengasse, Floridsdorfer Spitz, flächenintensiven Nutzungsanspruch des Handels und einen von aufweist (vgl. ebd.). Prager Straße und im Raum des Jedleseer Bahnhofs nach Nordos- Kaufkraftströmen getriebenen Agglomerationseffekt mitbedingt ist. Die Planung derselben Zeit scheint diesen Umstand jedoch nicht ten abzweigend Richtung Stammersdorf angedacht (vgl. MA 18 Trotz, oder gerade wegen dieser Umstände entsteht 1989 der aufzugreifen. So ist zwar die Bedeutung Floridsdorfs als Zentrum 1970). Die U-Bahn Euphorie der 70er beflügelt die Planung zu erste Bezirksentwicklungsplan für Floridsdorf, der eine geordnete unbestritten, jedoch wird primär auf die gute verkehrliche Anbin- utopischen Konzepten, die allerdings aufgrund der hohen Kosten Stadtteilentwicklung ermöglichen soll. Seit 1979 ist die Erstellung dung und Flächenverfügbarkeit zur Umsetzung intendierter und dem Vorrang der südlichen Stadtteile erst viel später und in von Bezirksentwicklungsplänen in der Geschäftseinteilung des Entmischungskonzepte verwiesen (vgl. Rainer 1961). Das ist sinn- anderer Form ihre Umsetzung finden. Entsprechend erfolgt Ende Magistrats verankert, der 1989 erarbeitete Plan für Floridsdorf bildlich für die Stadtplanung der Zeit, die sich fernab jeder Einmi- der 1970er vorerst der Neubau der im Krieg zerstörten Floridsdor- allerdings der erste seiner Art (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1989). schung in stadtökonomische Fragen wie Betriebsflächen- und fer Brücke, der beiden Donauseiten verbindet – wenn auch ohne Erstmals wird auch die Bevölkerung intensiv durch Postwurfsen- Arbeitsstättenentwicklung vorrangig als ordnende Instanz im U-Bahn. Doch Floridsdorf wird wegen der S-Bahn als verkehrs- dungen, Ausstellungen und Diskussionsveranstaltungen zur Wohnbau und Verkehr versteht (vgl. Fachgespräch A.Weigl technisch gut erschlossen erachtet, weshalb die U-Bahn- Mitwirkung eingeladen (vgl. Ebner 2008). Inhaltlich brisant: Ob- 2018). So hinken die Konzepte dem beobachtbaren baulichen planungen von geringer Priorität sind. Zwei Trassenvarianten zur wohl Kagran bereits ein wichtiges Zentrum für den Nordosten Wandel auch hinterher, weil sie die ökonomische Realität eines U6-Verlängerung werden vorgeschlagen, eine bis zur Traisengas- Wiens darstellt, soll Floridsdorf das Hauptzentrum für beide Bezirke massiven strukturellen Umbruchs lange Zeit verkennen. In der se im 20. Bezirk, die andere über die Floridsdorfer Brücke mit noch links der Donau werden (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1989). Die baulichen Struktur des Floridsdorfer Zentrums wird die wirtschaftli- unbekannter Endhaltestelle (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1980). Schwierigkeit liegt jedoch in den bereits etablierten baulichen che Transformation jedoch spätestens in den 1970ern erkennbar – Die Überwindung die U-Bahn über die Donau zu führen ist aller- Strukturen, die nur wenig Spielraum für Veränderung bieten. So ist etwa in der Umstrukturierung der Industriegebiete nahe der dings weiterhin groß – nicht zuletzt, da die Alternative rechts der das Gros verfügbarer Flächen im Wohnbau ausgenutzt. Stattdes- Bahntrassen, wie der Luftbildvergleich zeigt (vgl. Abb. 32, oben). Donau einen Umsteigeknoten mit der S-Bahn zu schaffen, als mittelfristig realistischer erachtet wird (vgl. Fachgespräch anonym sen werden etwa für Schloßhofer Straße und den Bereich westli- In den 1970ern verlagern sich die umfangreichen kommunalen 2018). Die schließlich realisierte Variante über die Nordbahnbrü- che Donaufelder Straße Stadterneuerungsmaßnahmen ange- Wohnbautätigkeiten zunehmend in die Wiener Randbereiche – cke und entlang der S-Bahn-Trasse ist nicht zuletzt in der Beant- dacht. nicht zuletzt als aktives Gegenangebot der Stadt an eine sich wortung der Kostenfrage begründet. Im Gegensatz zum weit weniger determinierten Kagran, wo die zunehmend suburbanisierende Bevölkerung. Entsprechend wird Planungsüberlegungen entsprechend vielfältig und umfangreich auch der Fokus der Entwicklung neuer Sozialinfrastruktur in die ausfallen, beschränken sich die Planungswünsche für Floridsdorf Erweiterungsgebiete verlegt. So werden Schulen im Bereich der ≡ ENTMISCHUNG DURCH TERTIÄRISIERUNG daher auf fünf große Projekte, von denen nur zwei das Zentrum Großfeldsiedlung, Stammersdorf und Strebersdorf, sowie entlang Anfang der 1980er ist das Zentrum Floridsdorf weitgehend Floridsdorf direkt betreffen: die Verlängerung der U6 und der Bau des heutigen Marchfeldkanals errichtet (vgl. Magistrat der Stadt Wohnmischgebiet. Betrieblich genutzte Flächen werden aber der Bundesstraße B3 (vgl. Ebner 2008). Es zeigt sich darin jedoch Wien 1972). Der Hintergrund ist aber vorranging ökonomischer zunehmend umstrukturiert. Die heutigen Handels-, Industrie- und gut, warum eine rein über die administrative Bezirksgrenze zuge- Natur: Nachdem Bauland in Stadtrandlage nicht nur kostengüns- Gewerbeflächen und Wohnbauprojekte im Bereich Katsushika- ordnete Planungskompetenz in Wien zahnlos bleibt: weil sie kaum tiger, sondern in der notwendigen Dimension auch einfacher zu straße/Bahnsteggasse, Peitlgasse/Donaukanal Straße und Donau- mit den überörtlichen Effekten bezirksplanerischer Maßnahmen erwerben ist, werden die Neubauten in Randlagen errichtet (vgl. kanalstraße/Frömmlgasse sind ausgewählte Beispiele hierfür. vereinbar scheint. Fachgespräch J.Gielge 2018). Bedeutendster Auslöser der weitreichenden Transformation ist jedoch das 1988 errichtete Shopping-Center Nord (vgl. Abb. 32, unten). Auf dem Areal der schon lange geschlossenen Lokomotiv-

65 | ≡ DAS FLORIDSDORFER ZENTRUM ALS investorengetriebene Hochhausentwicklung u.a. mit dem Florido- weiterer Folge mit dem Donaufeld und Kagran verbindet. Sie Tower, einem ursprünglich als Hotel geplanten, aufgrund man- durchschneidet fortan den Zentrumsbereich Floridsdorf von West PLANUNGSPOLITISCHER PROZESS gelnder Nachfrage aber letztlich als Bürohochhaus realisierten nach Ost (vgl. Abb. 34). Als Umfahrung zur Verlagerung des Auch deutlich wird die Unentschlossenheit bezüglich der Florids- Projekt, auch im 21.Bezirk landet (vgl. Fachgespräch J.Gielge gebietsfremden Durchgangsverkehrs geplant, wird hier die mor- dorfer Zentrumsentwicklung. So pendelt der Schwerpunkt immer 2018). Der lange leerstehende Turm ist wie das Kagraner Donau- phologische Transformation der Zentrumsentwicklung Floridsdorfs wieder zwischen dem Floridsdorfer Markt, Floridsdorfer Spitz und zentrum Zeichen einer neuen Akteurs- und Interessensvielfalt in durch die stetige Ausweitung des Flächenwachstums besonders Kinzerplatz östlich der Bahntrasse. Der Grund liegt in der Komplexi- der Wiener Planung nach `89, in der die Eigentümer*innen und deutlich, die in weiterer Folge zu noch großräumigeren Umfah- tät des vor- und nachgelagerten politischen Aushandlungsprozes- das flexible Investitionskapital die bauliche Transformation ganzer rungen führt. Auch die Leitlinien für die Stadtentwicklung 1991 ses, der sich der Logik des idealtypischen Stadtplanungsprozesses Stadtteile wesentlich mitbestimmen. Das bedeutet auch eine streben dies an (vgl. Rathauskorrespondenz 1991). Die dort ge- nicht unterordnen will. Entsprechend haben in der Folge ver- erneute Erschwernis für übergeordnete planerische Zentrumsfest- plante Umfahrung des Floridsdorfer Zentrums wird allerdings nie schiedene Faktoren Einfluss auf die Veränderung des Zentralbe- legungen in Floridsdorf, wenn diese durch Verkehrsaufkommen umgesetzt. Von ihr abhängig ist jedoch der Rückbau der Prager reichs. Zur Etablierung hochrangiger betrieblicher Nutzungen erzeugende betriebliche Nutzungen oder imageträchtige Land- Straße (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1999b). bieten sich insbesondere die ehemaligen SGP- und ÖAF-Gründe marks bereits vorweggenommen sind. wegen ihrer hohen Lagegunst und infrastrukturellen Vorausset- zungen an. Allerdings schränken das dazwischenliegende Klein- Insbesondere die U-Bahnplanung wird in Floridsdorf – wie auch gartengebiet und die damit einhergehenden Emissionsauflagen andernorts in Wien – in den 1990ern zum Treiber der Stadtent- die geplante Entwicklung von Betriebsstätte im produzierenden wicklung. Rund um die künftigen Stationen beginnt eine nicht zu Gewerbe stark ein und erzwingen die Ansiedlung von anderen, leugnende Transformation durch die sich wechselseitig verstär- nämlich Handelsbetrieben, die generell als mit dem Umfeld ver- kenden Interessen der Planung für eine gute Anbindung noch zu träglicher gelten. Damit kommt es nicht zu einem ersten Schritt in entwickelnder Gebiete und der Eigentümer*innen und Inves- Richtung einer (aktuell wieder vielfach diskutierten) Re- tor*innen für Widmungsgewinne und Renditen durch ebendiese Industrialisierung Floridsdorfs, sondern zur allerorts verbreiteten Aufschließung und Entwicklungsschübe. Schon in der Realnut- Entstehung großflächiger und strukturell dominanter Fachmarkt- zungskartierung aus dem Jahr 1991 kann man etwa die Nut- zentren. Im Vergleich der Luftbilder aus 1989 und 2016 wird der zungsveränderung rund um den Frans-Jonas-Platz sehen, die im bauliche Wandel in diesem Gebiet sehr deutlich (vgl. Abb. 33). Jahr 1997 durch die U-Bahn-Verlängerung von `96 noch deutli- Der südliche Teil wird schon seit den 1990ern vom Shopping- cher zutage tritt (vgl. Abb. 32, unten). Die Bebauung entlang des Center Nord (SCN), diversen Möbelhäusern, einem Chemiewerk Franz-Jonas-Platzes – bisher Wohnmischgebiet – wird mehr und und verschiedenen Dienstleistungseinrichtungen genutzt. Südlich mehr von Handel und Gewerbe unterbrochen. Auch eine Bil- des Gebiets siedelt sich das Hauptpostamt an. dungseinrichtung zwischen Leopold-Ferstl-Gasse und Franz-Jonas- Platz muss einem Wohnmischgebiet weichen, in dem heute die Bezirksservicestelle der Wiener Gebietskrankenkassa untergebracht ist. Obwohl die Transformation im konkreten Fall durch die Festle- gung von Freihalteflächen – etwa für eine Fußgängerebene – durch die Stadtentwicklung sorgsam vorbereitet wird, obsiegen in der Umsetzung Partikularinteressen der Anrainer*innen und der Bezirkspolitik. Bestes Beispiel dafür ist der Bau eines Parkhauses an der Schöpfleuthnergasse, das mit dem Ruf nach Stellplätzen und

Geschäftsumsätzen legitimiert wird (vgl. Magistrat der Stadt Wien Abb. 34: Geplanter Straßenausbau 1989) – obwohl der Anschluss an das U-Bahnnetz mit begleiten- dem Entwicklungskonzept fachlich betrachtet konkurrenzlos Die Verlängerung der U6 als hochrangiges öffentliches Verkehrs- erscheint (vgl. Fachgespräch anonym 2018). Die Zentrumsent- mittel ist jedenfalls erste Priorität. Deshalb wird 1996 kurzerhand wicklung Floridsdorfs wird damit einmal mehr zum politischen ein Vertrag mit dem Bund – das sogenannte „30-Milliarden- Abb. 33: Entwicklung der SGP- und ÖAF-Gründe im Vergleich der Jahre 1989 und 2016 Prozess, in dem die übergeordnete Fachplanung der Verwaltung Schilling-Paket“ – geschlossen, das die Inbetriebnahme im Jahr nur einer von vielen stadtentwicklungspolitischen Akteuren ist, der 2000 gewährleisten und die Finanzierung von S-Bahn-Intervall- Von der ebenfalls zur Diskussion stehenden Option einer Hoch- sich mit seiner Vision nicht durchsetzt. verdichtung, U6-Verlängerung, Park&Ride-Anlagen und Grund- hausentwicklung in der Peitlgasse wird in den 80ern hingegen freimachungen für den Bau der B3 erlauben soll (vgl. MA 18 noch Abstand genommen. Weder der Bedarf, noch die symboli- ≡ TRANSFORMATION ZWISCHEN FACHPLANUNG & POLITIK 1998c). Die Exklusion der Planungsabteilung aus der Festschrei- sche Bedeutung hinsichtlich Image und Identifikation sind zum Einen faktischen Einschnitt in die stadträumliche Struktur bedeutet bung von Vertragsinhalten deutet nicht nur auf mangelnde damaligen Zeitpunkt für die Floridsdorfer Bezirksentwicklung auch der Bau der B3 Donaustraße, die die Zufahrtsstraße zu den Anerkennung der fachlichen Überlegungen der Abteilung bezüg- erkennbar. Ein anderes Bild zeichnen hierzu die 1990er, als die Industriearealen westlich der Bahn mit den östlichen Teilen und in lich der verkehrlichen Erschließung Floridsdorfs hin, sondern zeugt

| 66 einmal mehr davon, dass stadtentwicklungspolitisch wegweisende planung in Folge rückwirkend tätig werden. Sie legt fest, dass dies die Gestaltung des öffentlichen Raums legt (vgl. Stadt Wien Entscheidungen oft ein Politikum sind, das die stadtplanerische das letzte Einkaufszentrum für die Grundversorgung bleiben solle. 2018h). Zudem zeugen Projekte wie das seit 2006 in Planung und Ratio und Entscheidungsmacht aussticht. Stattdessen dürfen allerdings immer noch Fachmärkte errichtet seit 2011 in Bau befindliche Krankenhaus Nord von der einwoh- werden, denen die Sicherung von räumlich funktionellen Nahe- nerbedingten, funktionalen und symbolischen Etablierung des Als überaus persistente, d.h. auch im Sinne vorausschauender beziehungen zugeschrieben wird [sic!] (vgl. Magistrat der Stadt Zentralraums als übergeordnet wichtiger Stadtteil (vgl. Stadt Wien Stadtplanung einschränkende Entwicklungsbedingung erweisen Wien 2006). Dass dies nicht der Fall ist, beweisen nicht nur die 2018i). Dass damit auch der Druck auf die wenigen Flächenreser- sich die zahlreichen Kleingartensiedlungen der unmittelbaren Agglomerationen an Fachmarktzentren in Floridsdorf, sondern ven, Freiflächen und eine fragile Sozialstruktur wächst, muss nicht Umgebung. Sie sind bezeichnend für die komplexen Eigentums- auch in vielen anderen Teilen der Stadt – insbesondere links der extra erwähnt werden. Rückblickend auf die Floridsdorfer Meta- verhältnisse im Floridsdorfer Zentrumsbereich. Die umfangreichen Donau. Diese stellen zunehmend ein gravierendes Stadtentwick- morphologie bleibt eher die Frage, wie sich die aktuelle ökonomi- Bahnhofs- und Gleisanlagen machen die ÖBB noch in den lungsproblem dar – etwa als Verkehrserreger. So legt der Master- sche Transformation zwischen Digitalisierung und 1990ern zum größten Grundeigentümer, gefolgt von der Stadt plan Verkehr 2003 fest, dass eine Widmung nur mehr unter der Automatisierung auf einen Stadtteil auswirken wird, der mit jedem Wien und der AEG (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1998). Lange Voraussetzung einer Anbindung an den leistungsfähigen ÖV ökonomischen Umbruch einen massiven städtischen Wandel Zeit dominiert die Haltung den Wiener Planungsdiskurs, die Klein- sowie in Abhängigkeit der untersuchten verkehrlichen Auswir- durchgemacht hat und aktuell in weiten Teilen vom Handel und gartenanlagen seien unbedingt zu erhalten, nach Möglichkeit kungen zustande kommen dürfe (vgl. Magistrat der Stadt Wien Konsum lebt, der bereits einen unverkennbaren Veränderungs- nachzuverdichten und mit technischer Infrastruktur auszustatten. 2003). Dass dies aber nichts an den schon vorhandenen, den prozess mit räumlichen Auswirkungen durchläuft. Jene Anlagen im Eigentum der ÖBB seien allerdings für umfas- Stadtraum zerklüftenden Gewerbegebieten ändern kann, ist sendere Stadtentwicklungsmaßnahmen ins Auge zu fassen, wes- offensichtlich. Stattdessen wird von der Planung im Zuge der halb letztlich auch auf diesen Flächen die Verlängerung der ≡ DER FRANZ-JONAS-PLATZ ALS REPRÄSENTATION DER Erarbeitung des STEP 05 eine Verlagerung auf Büronutzung im Nordbrücke bis zur Shuttleworthstraße Platz finden kann. Obwohl verkehrsgünstig gelegenen Floridsdorf in Aussicht gestellt, was URBANEN METAMORPHOLOGIE FLORIDSDORFS es Bebauungsstudien zur Absiedlung der Kleingärten gibt, erweist allerdings in Anbetracht des Wien-weiten Überangebots an Büro- Wegbereiter für die beschriebene urbane Metamorphologie des sich eine weitergehende Absiedlung als nicht durchsetzbar (vgl. flächen und geringer Nachfrage wenig zielführend scheint (vgl. Floridsdorfer Zentrums sind die unterschiedlichen historischen Fachgespräch J.Gielge 2018). Zu groß ist der politische Druck. MA 18 2005). Entstehungsphasen bestimmter städtebaulicher Typologien: Die Dementsprechend passiert die bauliche Transformation Florids- vorindustrielle Straßenstruktur, die industrielle Eisenbahnerschlie- dorfs auch heute noch auf anderen Flächen, jedoch in unmittel- ßung und der gründerzeitliche Städtebau, der kommunale barer Nähe zu den Kleingärten. Diese wirken inmitten der Wohnbau des Roten Wiens und die zahlreichen Kleingartensied- verdichteten Stadt fast schon wie Fremdkörper. Jedenfalls stellen lungen sind zusammen Grundlage für die Ausgestaltung der sie einen markanten Gegensatz zu Dichte, Kubatur und Nut- Transformationen des 20. Jahrhunderts. Der Franz-Jonas-Platz zungsmischung aktueller Projekte dar und veranschaulichen damit steht exemplarisch für diese transformativen Phasen, die sich vor die stadtentwicklungspolitische Wirkungsmacht der Eigentums- Ort durch zwei Ereignisse ausdrücken: Die Eröffnung der S-Bahn- verhältnisse. Stammstrecke und die damit verbundene Errichtung des Bahnhofs Floridsdorf für den Personenverkehr und die Verlängerung der U6 ≡ ERNEUTE STADTTEILWERDUNG: WOHNEN, zur Endhaltestelle am Franz-Jonas-Platz (vgl. Abb. 36). GEWERBE UND INFRASTRUKTUR Die erste Phase steht ganz im Zeichen des Infrastrukturausbaus der Schon der STEP 94 greift das Floridsdorfer Zentrum rund um die 1960er. Dies gilt nicht ausschließlich für Floridsdorf, sondern drückt neue U-Bahn-Endstelle explizit als Entwicklungsgebiet heraus, sich in ganz Wien in Form einer technisch orientierten Experten- fordert Neugestaltung, vermehrtes Kulturangebot und verbesserte planung aus. Dementsprechend fügt sich auch die bauliche verkehrliche Bedingungen für Fußgänger*innen und Radfah- Transformation in die übergeordneten Entwicklungen der Stadt Abb. 35: Vergleich der Realnutzungskartierung rer*innen (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1994). Auch das Leitpro- 1997 und 2005 Zentrum Floridsdorf und die zwei alles dominierenden Stadtplanungsthemen ein: gramm Floridsdorf 1998 nimmt das Thema auf (vgl. Magistrat der Ausbau und Modernisierung des Verkehrsnetzes und Woh- Stadt Wien 1998d). Zum Zwecke der Aufwertung wird ein Wett- Insgesamt ist die Umnutzung ehemaliger Industrieflächen im nungsneubau nach neuen technischen Standards. Für den Franz- bewerb zur Neunutzung des Südteils des Platzes durchgeführt, Gegensatz zu den 80ern und 90ern heute weniger von der Jonas-Platz bedeutet das eine ständige Neuverhandlung der Rolle der jedoch – wie schon erwähnt – wegen der bereits vollzogenen Neunutzung durch Gewerbebetriebe geprägt als vom Woh- gegenüber den weiteren sozialen Kristallisationspunkten des baulichen Transformation planerische Wunschvorstellung bleibt. nungsbau. Das Projekt „Florasdorf“ etwa wird seit 2017 als neuer Quartiers –Schlingermarkt, Floridsdorfer Spitz und Kinzerplatz. Wie Anfang der 2000er-Jahre wird nach langer Planung schließlich die Stadtteil von den ÖBB Immobilien in unmittelbarer Nähe zum ÖBB in Wien zwischen `45 und `89 ist auch innerhalb Floridsdorfs die Donaukanal Straße als Verbindung zur Shuttleworthstraße gebaut, Kleingartenverein Jedlesee errichtet. Die stark befahrenen Verkehr- Zentrumsfestlegung einer ständigen Fluktuation und Ungewiss- das Gewerbegebiet entlang der Bahntrassen weiter umstruktu- sachsen Prager und Brünner Straße sollen verstärkt in ein neues heit unterzogen, die sich mit der De-Industrialisierung der 60er riert. Zu beobachten ist die kleinteiligere Strukturierung der Flä- Licht gerückt und durch Wohnbauten mit vielfältiger Erdgeschoß- und 70er, der Tertiärisierung der 80er und 90er und der aktuellen, chen nördlich der Bahntrasse, wo eine zusätzliche nutzung neu positioniert werden. Ähnliches versucht die seit 2012 erneuten ökonomischen Transformation mehrfach wandelt. Erschließungsstraße gebaut wird (vgl. Abb. 35). Das fortschreiten- in Floridsdorf tätige Gebietsbetreuung, die sich vorrangig der Während sich die De-Industrialisierungsphase jedoch nur sehr de Flächenwachstum des Shopping-Centers Nord lässt die Stadt- Stärkung des Bezirkszentrums annimmt und dabei den Fokus auf langsam in baulichen Veränderungen manifestiert, bewirkt der

67 | Tertiärisierungsprozess durch das rasante Anwachsen weitläufiger unwesentlichen Aspekten ein Politikum darstellt, dem die Fachpla- sowie die zunehmend investor*innengetriebene Projektentwick- Gewerbeflächen und -bauten – auch in Randlage – eine nicht nung sich zumeist geschlagen geben muss. lung lassen gerade in Floridsdorf ab den 90ern ein neues Laissez- von der Hand zu weisende, umfassende morphologische und faire in der Steuerung der Stadtentwicklung erkennen. So schei- Somit kann erst die Umgestaltung des Franz-Jonas-Platzes im Zuge funktionale Transformation. nen die Rahmenbedingungen für Betriebsansiedlungen weitge- der U6-Verlängerung in den 90ern als Beginn der zweiten trans- hend nachfragegetrieben zu sein, weshalb sich gerade im Die allgemeine Aufbruchsstimmung der 80er- und 90er-Jahre, die formativen Phase erachtet werden. Diese steht für die erneute Floridsdorfer Zentralraum die Diskrepanz zwischen dem Ausbau andernorts in Wien vielfältige und optimistische Stadtvisionen Konsolidierung des Floridsdorfer Zentrums als wichtiger Stadtteil der Verkehrsinfrastruktur für den Wirtschaftsverkehr gegenüber entstehen lässt, überträgt sich kaum auf Floridsdorf. Die wenigen im postfordistischen Wien ebenso wie für eine zunehmend libera- der Attraktivierung des Straßenraums zum Zweck der Aufenthalts- Gestaltungschancen am ohnehin dicht bebauten Ort werden le und stadtpolitisch instrumentalisierte Planung. Nicht nur, dass und Lebensqualität der Bevölkerung vor allem in den 90er- und durch Projekte, die der urbanen Qualität eher abträglich sind, die faktische Umnutzung vor der im Wettbewerb entwickelten 2000er-Jahren verdeutlicht. In letzter Konsequenz scheint es, als genützt. Daran kann auch der „Pionierplan“ zur Bezirksentwick- Gestaltungsvision passiert und damit das Planungsziel beschneidet, würde sich die übergeordnete Entwicklungsplanung daher gera- lung mit seinen durchaus konstruktiven Vorschlägen nichts än- muss das hingegen realisierte Parkhaus in der Schöpfleuthnerstra- de in Floridsdorf weitgehend auf Fragen des Wohnbaus und der dern, zumal a) die schwierigen Eigentumsverhältnisse den ße fast schon als vorauseilender Kniefall der kommunalen Politik Entwicklung des öffentlichen Raums zurückziehen, da die Erfah- übergeordneten Konzepten eine unüberwindbare Umsetzungs- gegenüber einer potentiell kritischen Gruppe an Bürger*innen rung sie gelehrt hat, dass übrige verkehrs-, wirtschafts- und stand- barriere in den Weg stellen, und b) die für die Zentrumsentwick- und Wirtschaftstreibenden interpretiert werden. Die gleichzeitig ortpolitische Entscheidungen ohnedies außerhalb ihrer Kompe- lung prägende hochrangige Infrastrukturentwicklung nicht allein vom fachlichen Standpunkt höchst fragwürdige Ausweisung von tenz und abseits ihrer Zielsetzungen gefällt werden. in der Kompetenz der Stadt liegt und – selbst wenn – in nicht Gewerbeflächen für Fachmarktzentren und EKZ in Randlage,

Abb. 36: Skizze der Metamorphologie des Floridsdorfer Zentrums

| 68 TRATEGISCHES LACE AKING Karl Brunner entwirft für Aspern eine schematische Ideenskizze Stadt Wien 2018i). Die Planung reagiert darauf passiv. Bauland- S P -M einer Tochterstadt am Rande Wiens und entwickelt auch für knappheit ist zu jener Zeit bestenfalls andernorts ein Problem. IN ASPERN, ALT & NEU Eßling ein Gesamtgestaltungskonzept (vgl. Abb. 37). Schon damals Anders steht es um das Arbeitsplatzangebot, das ein hohes Pend- ist die Wirtschaftlichkeit Argument für geordnete Stadtteilentwick- leraufkommen und folglich Verkehrsüberlastung bewirkt. Dem Aspern ist nicht nur Leuchtturm des aktuellen Wiener Stadtpla- lung und gegen die kostspielige und ineffiziente Raumnutzung, wird durch vermehrte Betriebsansiedlungen im donauquerenden nungsdiskurses und Repräsentant des zunehmenden Siedlungsflä- wie sie in den unzähligen Kleingärten des Stadtteils zu finden ist. Bereich zu begegnen versucht. So schlägt der Bezirksentwick- chenwachstums und der Verdichtung in der östlichen Die Umsetzung wird jedoch hintangestellt, da der Wiederaufbau lungsplan 1972 Betriebsansiedlungen im Raum Aspern vor, die Donaustadt, sondern auch interessanter Sonderfall der großmaß- noch nicht gänzlich abgeschlossen ist und entsprechend die Stadtentwicklungsleitlinien selbiges für das Flugfeldareal (vgl. stäblichen Transformation mittels Masterplanung. Entsprechend ist finanziellen Mittel für umfassende Stadtplanung fehlen. Magistrat der Stadt Wien 1993; Magistrat der Stadt Wien 1972). die Untersuchung insbesondere hinsichtlich jener weniger weit in Das Verkehrskonzept 1970 geht hingegen so weit, eine U-Bahn- der Historie zurückliegender stadtentwicklungspolitischer Prozesse Verbindung der nordöstlichen Bezirke von Aspern über Stadlau aufschlussreiches Fallbeispiel.22 Charakteristisch für den Raum ist und Kagran bis Floridsdorf vorzuschlagen (vgl. MA 18 1970) – aus seine lange agrarische Prägung. Die ursprünglichen, langgezoge- heutiger Sicht nicht abwegig, damals jedoch ökonomisch kaum zu nen Flure sind teilweise bis heute erkennbar (vgl. Fachgespräch argumentieren. Nachdem 1980 die letzten Flughafengebäude E.Raith 2017). So sind Feldwirtschaft, Obstbau und Gärtnereien abgerissen werden, kann zumindest dem Planungswunsch nach auch heute noch im Raum zwischen Aspern und Eßling ansässig. Betriebsansiedlungen durch die Errichtung der Produktionshalle Neben der insgesamt geringen Siedlungsdichte im Gebiet fallen des General Motors Werk 1982 nachgekommen werden. Für die besonders die dispers verteilten, jedoch räumlich klar begrenzten Wiener Wirtschaftspolitik ein Achtungserfolg, folgen GM jedoch Wohnsiedlungen auf, die eine nicht gerade städtisch-dichte keine weiteren Betriebe nach, womit dem chronischen Arbeits- Wohnbautypologie vorweisen. Im Gegenteil überwiegt der ländli- platzmangel kaum Abhilfe geschaffen ist. Die Position als Donaus- che Charakter in den Landnutzungsformen. Einen Kontrapunkt tädter Arbeitsmarkt-Platzhirsch verschafft GM im STEP 84 allerdings hierzu setzt die Seestadt Aspern als ästhetisch und typologisch eine Sonderstellung, die dazu beiträgt den Standort bis heute zu gezielt konstruiertes urbanes Entwicklungsgebiet. Dementspre- sichern (vgl. Magistrat der Stadt Wien 1985). Wie anhand des chend ist gerade die Phase ab 1992 für die detaillierte Analyse Vergleichs der Realnutzungskartierung zu sehen ist, verändert sich besonders relevant, als die Stadt Wien die Flächen des Flugfeldes die bauliche Struktur entsprechend vor allem in den 90ern (vgl. erwirbt und damit die aktuelle Stadtentwicklung vorbereitet (vgl. Abb. 38, unten). Zuvor genießt die Innenentwicklung Priorität in Suitner 2015a). Ergänzend müssen jedoch die strukturellen Vor- Wien, weshalb auch der Nutzungsdruck und die Notwendigkeit Abb. 37: Umgestaltungsentwurf Eßling, Karl Brunner bedingungen der baulichen Transformation Anfang und Mitte des ordnenden Eingreifens als gering erachtet werden. Den Anfang 20. Jahrhunderts Erwähnung finden, um die aktuelle Transforma- des deutlichen Wandels macht ein großes Logistikzentrum ent- tion korrekt zu kontextualisieren. ≡ DAS FLUGFELD ALS INITIALZÜNDUNG lang der heutigen U2, gefolgt von den südlich gelegenen Gärtne- Bekannt ist die belastete Geschichte des Asperner Flugfelds: Hier reien, die sich schließlich Richtung Ostbahn und nach Süden landet 1938 Heinrich Himmler, um den Anschluss Österreichs an ausbreiten. Die langgezogenen Flure zwischen den bereits als ≡ ASPERN – EINE VORGESCHICHTE Hitler-Deutschland zu verkünden. Im Zweiten Weltkrieg dient das Wohngebiet genutzten Bereichen um den Hagedornweg wer- Wenngleich die Wiener Industrialisierung die Ortschaften Aspern Flugfeld zudem als Waffenstützpunkt. Es ist auch diese besondere den nachverdichtet und um ein weiteres Wohnmischgebiet und Eßling vergleichsweise wenig berührt, sind sie schon früh Teil kriegsstrategische Bedeutung des Flugfelds für die Nationalsozialis- erweitert. Das ARBÖ-Fahrsicherheitszentrum am westlichen Ende des funktionalen Siedlungsgeflechts Transdanubiens. Bereits 1918 ten, die bedingt, dass der Bereich am ersten Luftbildplan Wiens der breiteren Flugfeldpiste und der Gedächtniswald im Südosten wird die Straßenbahnlinie 17 von Floridsdorf Richtung Aspern von 1938 durch eine weiße Fläche unkenntlich gemacht ist (vgl. sind weitere offenkundige Transformationen der Nutzungsstruktur. geführt (vgl. Zeitlinie 2018; Straßenbahnjournal 2018a). Trotzdem Abb. 38, oben). Weniger bekannt ist hingegen die Entstehungs- gibt es bis in die 1970er-Jahre faktisch kaum Veränderung vor Ort. Erst Ende der 90er wird zunehmend auch der alte Ortskern von geschichte: 1912 errichtet, ist das Flugfeld bald Ort fliegerischer Die für Wiener Verhältnisse periphere Lage bei gleichzeitig stag- Aspern nachverdichtet. So wird beispielsweise ein Grundstück in Pionierleistungen. Das Marchfeld bietet hierfür die optimalen nierender Stadtbevölkerung bedingt den Erhalt der agrarischen der Zachgasse in Wohnmischgebiet umgewidmet und auch im Bedingungen. Und so bleibt es auch im Nachkriegswien lange Strukturen bis über die erste Wiener Suburbanisierungsphase Bereich der künftigen U-Bahnstation Aspernstraße, sowie entlang Treffpunkt Flugsportbegeisterter. 1977 wird der Flugbetrieb je- hinaus. Dabei gibt es bereits in der planerischen Vorstellung der der Erzherzog-Karl-Straße entstehen Widmungen mit Mischnut- doch aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt, das Flugfeld aufge- 50er Ideen für eine massive Transformation, nämlich durch die zung, die davor noch als Ackerland genutzt sind. Zeitgleich wer- lassen. Das ist zugleich der Startschuss für die bis heute anhaltende Errichtung einer Trabantenstadt (vgl. Brunner 1952). Stadtplaner den die Volksschule Viktor-Wittner-Gasse (1991), die umfassende Transformation. Ganztagshauptschule Eibengasse (1992-95), die Hauptschule 22 Das Untersuchungsgebiet wird südlich durch die Ortschaften Aspern und Nach dem Ende der Fliegerei entstehen im Umfeld mehrere Simonsgasse (1994-96) und die AHS Heustadlgasse (1999) errich- Eßling, im Norden durch die Marchegger Ostbahn, östlich mit dem Tele- Wohnhausanlagen, u.a. östlich von Hirschstetten. Gleichzeitig tet (vgl. Nextroom 2018a-d). Billiger Baugrund und eklatante fonweg und im Westen mit der U2-Trasse begrenzt. Die Abgrenzung ist weiter gefasst, was im noch sehr ursprünglichen, weitläufigen Landschafts- werden Reihenhaussiedlungen und Kleingärten im Raum Aspern Unterversorgung einer mittlerweile gewachsenen Bevölkerung raum und im analytischen Interesse der wechselseitigen Betrachtung des und Eßling errichtet, die zusammen die typische „wilde Mischung“ sind zwei ausreichend schlagkräftige Argumente der Notwendig- alten und neuen Zentrums begründet ist. der baulichen Struktur in der östlichen Donaustadt bedingen (vgl. keit planerischen Eingreifens.

69 | äußerst schwierig dar, befindet sich doch ein Großteil der Flächen in Privatbesitz. Auch die Kleingartensiedlungen im Eigentum der Stadt Wien sind durch die Pachtverträge langfristig gebunden. So findet die Stadtplanung lange Zeit keinen Zugang zur Intervention in den Ortskernen, die ihr Erscheinungsbild in Folge bis um 2010 auch kaum verändern. Die Entwicklungen passieren stattdessen außerhalb der Kerne. Auch der planerische Anspruch darauf einwirken zu können, bleibt ein kühner Wunsch, als die Ansied- lung von Gärtnereibetrieben entlang der Groß-Enzersdorfer Straße dem vorauseilt, den Nutzungswildwuchs fortsetzt und die Planung einmal mehr vor vollendete Tatsachen stellt.

Auch die planerische Vorbereitung verkehrspolitischer Maßnah- men gestaltet sich in der Donaustadt nicht unbedingt einfacher. Dass gerade Mobilität ein zentrales und mitunter emotionales Thema für die Bürger*innen darstellt, zeigt etwa die Diskussion um den Bau der S1. So bedingen die im Zuge der Ausarbeitung zur strategischen Umweltprüfung SUPer NOW (2004) einbezogenen Stellungsnahmen der Bevölkerung eine Verlegung der S1-Trasse an den Stadtrand (vgl. bmvit 2018; Stadt Wien 2018k).

Deutlich anders stellt sich der Gestaltungsspielraum im Bereich um das ehemalige Flugfeld dar. Die Übertragung der Bundesstra- Abb. 38: Vergleich der Luftbildpläne (oben) und Realnutzungskartierung (unten) für das Flugfeld Aspern und umgebende Bereiche ßenkompetenz erlaubt Wien die Errichtung eines Teils der B3d als Tangentenzubringer im eigenen Wirkungsbereich und setzt damit eine Taktverdichtung mit sparsameren Umbauten wünscht. Die einen wichtigen Schritt zur Erfüllung der selbst auferlegten Sicher- ≡ „ASPERN MACHEN“: STÄDTEBAU & VERKEHR Kompetenzvielfalt wird damit zum wesentlichen institutionellen stellung der hochrangigen verkehrlichen Erschließung. Dem soll Ganz grundlegend bereitet schon der STEP 84 die intensive Stadt- Grund für die Abkehr von S-Bahn-Lösungen anstelle des U-Bahn- mit der Stadtstraße Aspern 2021 ein weiteres Stück folgen, das der teilentwicklung mit seinem Leitbild und der Festlegung der Ent- Ausbaus. Darum erfolgt deutlich später die Realisierung einer U2- Vollausbau der Seestadt nötig macht (vgl. Stadt Wien 2018k). wicklungsachse Stadlau-Aspern-Eßling vor. 1992 wird das Flugfeld Verlängerung. Dass diese über eine eigens errichtete Donaubrü- Darüber hinaus befinden sich auch die Flächen des Flugfelds Aspern auf Druck von Bürgermeister Mayr von der Stadt Wien cke führt, ist der politischen Weigerung gegenüber einer Kapazi- selbst Ende der 90er schon zum überwiegenden Teil in öffentli- gekauft, was den Prozess der hoheitlich initiierten baulichen Ent- tätseinschränkung der Praterbrücke während der Umbauarbeiten cher Hand (vgl. Stadt Wien 2018j). Aktive Stadtentwicklung in der wicklung des Flugfelds erst ermöglicht (vgl. Suitner 2015a). Kurz geschuldet. (vgl. Fachgespräch J.Gielge 2018) östlichen Donaustadt – die geordnete Urbanisierung ohne darauf führt die Stadt Wien gemeinsam mit dem Wiener Wirt- schwierige Auseinandersetzung mit den Partikularinteressen der Der STEP94 definiert schließlich die leistungsfähige Verkehrsanbin- schaftsförderungsfonds (WWFF) unter Beteiligung eines Beirats für Grundeingentümer*innen – wird möglich. dung als zwingende Voraussetzung für die Stadterweiterung am Stadtentwicklung ein städtebauliches Expert*innenverfahren für ehemaligen Flugfeld. Das bereits erwähnte „30-Milliarden-Schilling- Entsprechend wird 2006 die Ausarbeitung eines Masterplans das zu bebauende Flugfeld durch. Die daraus resultierenden Paket“ soll zu diesem Zweck eine Bundesstraße B3d als Verbin- beauftragt und damit ein Planungsansatz strapaziert, den das Ausarbeitungen von Rüdiger Lainer umfassen ca. die Hälfte der dung zur A23 finanzieren. Das Geld reicht jedoch für die vielen transdanubische Wien bereits an der DonauCity ausgiebig getes- Fläche der Ausbaupläne der heutigen Seestadt. 10.000-12.000 Verkehrsprojekte nicht aus, sodass die B3 bis heute die einzige tet hat. Der 2007 präsentierte Entwurf vom eigenständigen Stadt- Bewohner*innen und 6.000 Arbeitsplätze sollen im neuen Stadt- leistungsfähige Straßenverbindung bleibt, um die wegen der teil wird in der Folge vor allem zum Symbol einer handlungs- teil Platz finden (vgl. Stadt Wien 2018j). Aufgrund fehlender infra- hohen Verkehrsbelastung ein ständiger Konflikt schwelt. Nachdem fähigen und mutigen Stadtpolitik: Schnittstelle zwischen Ost- und struktureller Vorleistungen wird das Konzept allerdings wieder im ÖV die S-Bahn ebenfalls keine Option und der Umbau beste- Westeuropa, Identitätsstifterin für Transdanubien, Zeichen poten- verworfen. Weder die heutige U-Bahntrasse noch eine donauque- hender Donaubrücken politisches Tabu ist, kann es also schon ter Planung und, ganz generell, einer boomenden zentraleuropäi- rende Straßenverbindung sind damals in Planung. Der hingegen Mitte der 90er keine andere als die heute realisierte U-Bahn-Trasse schen Metropole – all das muss das Flugfeld sein. Die Master- gehegte Wunsch die S80 zur leistungsfähigen ÖV-Verbindung als hochrangige Verkehrserschließung des Flugfelds geben. planung durch ein externes Büro, das umfassende Branding des auszubauen muss allerdings aus finanziellen und institutionellen Projekts und dessen Realisierung unter Leitung einer eigens ge- Gründen verworfen werden. Unstimmigkeiten bezüglich des Um- gründeten, nicht in das PAS eingebetteten Entwicklungsgesell- fangs und der damit verbundenen Kosten und Planungsheraus- ≡ ES MUSS DAS FLUGFELD SEIN! schaft machen das Seestadtprojekt zum Ziel von Kritik an der forderungen lassen das Projekt S-Bahn-Ausbau scheitern. Die ÖBB Mit steigender Bevölkerungszahl und Nutzungsintensivierung offensichtlich neuartigen Form der Entwicklungspolitik (vgl. Suitner erachten etwa einen vierspurigen Gleisausbau und niveaufreie wächst Ende der 90er-Jahre auch der Bedarf Ordnung in Struktur 2015a). Und auch inhaltlich stellt sich das Projekt nicht nur positiv Kreuzungen als zwingend notwendig, während die Stadt primär und Entwicklung von Aspern zu schaffen. Das stellt sich jedoch als

| 70 dar. So erweist sich die Masterplanung in Detailfragen manches nachgekommen wird – nicht zuletzt, weil das (im politischen ckend und auch perspektivisch ein wesentlicher Treiber der Urba- Mal als zu starr – etwa, wenn sie Nutzungskonzepte als „Endzu- Diskurs wie auch in den STEPs) vielfach hochgehaltene Wiener nisierung des Stadtteils und der Entwicklung des gesamten östli- stand“ propagiert und damit ein flexibles Reagieren auf kurzfristige „Urbanitätsideal“ keine höheren Bebauungsdichten wünscht und chen Bereichs der Donaustadt (vgl. Abb. 39). oder schlichtweg nicht gehörte Ansprüche der Nutzer*innen entsprechend in die Fläche gewachsen werden muss. Die U2-Verlängerung Richtung Aspern ist wohl deutlichster Aus- ignoriert (vgl. ebd.). Auch fehlt dem Projekt die ausreichende Mehr und mehr wird auch die unterschiedliche Entwicklungsge- druck für die Katalysatorfunktion verkehrlicher Infrastruktur für die Integration in das rein optisch gänzlich konträre Umfeld. Trotz schwindigkeit von ehemaligem Flugfeld und Umfeld deutlich, Stadtentwicklung. Ganz aktuell legitimiert sie in der strategischen langen stadtplanerischen Bemühens durch Ausweisung von weshalb 2012 nicht nur das städtebauliche Leitbild der Seestadt Planung für die Donaustadt eine mehr als optimistische Entwick- gemischtem Baugebiet und Geschäftsvierteln entlang der Groß- weiterentwickelt, sondern auch der Masterplan überarbeitet wird lungsvision potentieller Zentren (vgl. Magistrat der Stadt Wien Enzersdorfer Straße eine Durchmischung und funktionale Integra- (vgl. Stadt Wien 2018j). Ziel ist die kritische Prüfung der Planungen 2013). So soll neben Seestadt, Eßling, Aspern, Donauspital, Süßen- tion zu erzeugen, ist etwa die Barrierewirkung der GM- für die umgebenden Gebiete und deren Integration mit dem brunn und Breitenlee eine ganze Agglomeration neuer Zentren Produktionshallen schlichtweg nicht zu überbrücken. So ist die neuen Stadtteil. Das gilt auch für das Konzept des aktuellen STEP entstehen: Hirschstetten, Aspernstraße, An den alten Schanzen, Skepsis der Nachbar*innen und Anrainer*innen gegenüber dem zum Zielgebiet und den 2013 ausgearbeiteten Strategieplan für Hausfeldstraße, Hasibederstraße, Am Heidjöchl, Berresgasse, Ober- Entwicklungsprojekt nicht verwunderlich. Die Pfadabhängigkeiten die Donaustadt (vgl. Magistrat der Stadt Wien 2013; MA 18 feldgasse, um hier nur einige zu nennen. Darin spiegelt sich nicht der Planungs- und Entwicklungsgeschichte – die Auswirkungen 2014a). Letzterer ist das nach 15-jähriger Rückstellung erstmals nur deutlich der planerische Zeitgeist wider – der Versuch Stadt- vergangener Entscheidungen auf aktuelle Entwicklungen – treten wieder aufgegriffene Bindeglied zwischen übergeordneter Stadt- entwicklung zu steuern, indem die Richtung und Ausgestaltung hier besonders deutlich zutage. entwicklung und lokaler Flächenwidmungs- und Bebauungspla- der baulichen Transformation einzelner Orte diskursiv in Bildern, nung (vgl. Magistrat der Stadt Wien 2013). Denn nachdem die Zuschreibungen, Namensgebungen und Funktionszuweisungen ≡ BAULICHE TRANSFORMATION WIRD SICHTBAR bisherigen Planungen vor Ort die Entwicklung der östlichen vorbereitet wird. Wichtiger erscheint in diesem Zusammenhang, Mit Baubeginn in der Seestadt 2010 erfolgt auch die U2- Bereiche der Donaustadt vielfach nur themen- und grundstücks- dass die Entwicklung dieser und weiterer Zentren wie eh und je in Verlängerung – vorerst bis zur Aspernstraße. Eine Reihe neuer bezogen behandeln und unterschiedliche Interessen von öffentli- Abhängigkeit zur Infrastrukturentwicklung vor Ort gestellt wird Bauprojekte in unmittelbarer Stationsnähe und entlang der neuen cher und privater Seite in die Transformation des Stadtteils und nicht zur ursprünglichen Charakteristik der alten Ortskerne. U-Bahntrasse ist die Folge. Vergessen ist damit auch die Sorge von eingreifen, erscheint das steuernde Eingreifen in den Transforma- Für die Planung ergibt sich daraus ein Paradoxon, das zumindest 2008, die Finanzkrise könne das gesamte Projekt zum Scheitern tionsprozess auf dieser Maßstabsebene unerlässlich. Ob sich damit in Teilen erklärt, warum auch die Flugfeldentwicklung ein mehrere bringen. Denn nachdem es zum Leuchtturm hochstilisiert worden die dynamische Transformation tatsächlich steuern lässt oder sie Jahrzehnte andauernder Prozess ist. So gilt in der Wiener Stadt- ist, ist das planungspolitische Prestigeprojekt Seestadt mittlerweile wegen weiterhin mangelnder Verbindlichkeit zahnlos bleibt, muss entwicklungspolitik spätestens seit den 1980ern eine klare Regel, „too big to fail“. Das zeigt sich vor allem in der auffälligen Häufung sich erst zeigen. an Projekten und Prozessen vor Ort, die zusammen ein geradezu wenn es um Stadterweiterung geht: das Kosten-Nutzen-Prinzip – lehrbuchartiges Spektrum „guter Planungspraxis“ verkörpern: oberflächlich betrachtet durchaus ungewöhnlich für eine traditio- ≡ LOKALE VERKEHRSPROJEKTE ALS REPRÄSENTATION Künstlerische Bespielung, Baugruppen, geförderter Wohnbau, nell wohlfahrtsstaatlich orientierte Stadt. So soll Stadterweiterung Stadtteilmanagement, Passivenergiebüros, Holzhochhausbau, DER URBANEN METAMORPHOLOGIE ASPERNS nur bei sichergestellter hochrangiger Verkehrserschließung passie- uvm. Parallel wird die sichtbare bauliche Urbanisierung auch Wie die Ausführungen zur Asperner Transformation verdeutlicht ren. Infrastrukturentwicklung ist aber nur auf Basis entsprechender funktional unterfüttert: Die Straßenbahnlinie 25 etwa erreicht, von haben, erzählt der Stadtteil zwei Geschichten: Erstens, jene der Nachfrage argumentierbar. Diese Nachfrage ist jedoch nur zu Floridsdorf kommend, seit 2012 Aspern. 2013 folgt die U-Bahn bis alten Siedlungen Aspern und Eßling, die aufgrund ihrer Randlage erreichen, wenn bereits ein gewisses Infrastrukturangebot vor- 23 zur Seestadt und die Straßenbahnlinie 26 zwischen Kagraner Platz und untergeordneten Funktion eine von der Stadtplanung wenig handen ist. So wird, obwohl der erste Bebauungsvorschlag und Hausfeldstraße (vgl. Straßenbahnjournal 2018b). 2015 eröff- beachtete und auch wenig spektakuläre Entwicklung vollführen. schon Anfang der 90er-Jahre auf dem Tisch liegt, dieser wegen net schließlich der Bildungscampus in der Seestadt (vgl. Stadt Wien Hier drückt sich die lange agrarische Prägung noch heute in der der Debatte um die verkehrliche Erschließung wieder verworfen. 2018j). 2017 ist bereits ein Viertel des Projekts realisiert und auch kleinteiligen Grundstücksparzellierung aus, der die Bebauung um Marchegger Ostbahn, U-Bahn, Straßenausbau – trotz vieler Ansät- im Umfeld der Seestadt entwickeln sich weitere Bauprojekte (vgl. die alten Ortskerne und in den umliegenden Kleingartenanlagen ze scheint eine Lösung nicht in Sicht. Neben der ökonomischen Abb. 38, oben). weitgehend folgt. Und zweitens, jene des Flugfelds, das mehrfach Sorge über potentiell unterausgelastete Infrastrukturen spielt stellvertretend für den Wiener Entwicklungspfad steht – etwa für jedoch auch das Erfahrungswissen der Beteiligten um die Konse- Die Konsequenzen dieser rasanten Transformation sind gerade im die wirtschaftspolitisch gefeierte Großbetriebsansiedlung im quenzen einer unbedachten Errichtung von Verkehrsbändern Umfeld des Planungsgebiets deutlich zu spüren. Im Sog der Ent- austrokeynesianistischen Wien der 80er, oder für einen starken eine Rolle. Gerade links der Donau ist man sich um die Jahrtau- wicklungsdynamik und Projekteuphorie der Seestadt werden auch lokalen Staat, dem trotz Ressourcenknappheit, Wachstumsdruck sendwende der Auswirkungen von Schienen- und Straßeninfra- umliegende Gebiete zunehmend zu stadtentwicklungsrelevanten und Neoliberalisierung auch Anfang der 2000er-Jahre noch struktur auf das funktionale stadträumliche Gefüge bewusst. Orten. In der Gundackergasse ist etwa die schon im STEP 94 Großprojekte nach dem Ideal der europäischen Stadt gelingen. vorgesehene Erweiterung des bestehenden Siedlungsgebiets Damit ist das Flugfeld aber vor allem eines: ein stadtpolitisches angedacht (vgl. Stadt Wien 2018l). Allerdings wird dafür häufig Symbol und Interventionsinstrument. Viel interessanter hinsichtlich auf die rarer werdenden Grünraumreserven zurückgegriffen. der Asperner Metamorphologie ist aber eine andere Einflussgröße, 23 Das gilt im Besonderen für Wien, wo die insgesamt hohe Ausstattungs- Denn mit dem Bevölkerungswachstum wächst auch die Wohn- und Erschließungsqualität des Siedlungsgebiets auch entsprechend hohe auf die die hoheitliche Planung im Einzelnen auch direkteren Ansprüche der Nutzer*innen an diese Ausstattung für Erweiterungsgebiete raumnachfrage spürbar, der vielfach zu Lasten des Grünraums Zugriff hat: der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Diese ist rückbli- bedingt.

71 | Noch stärker ausgeprägt ist der Konnex zwischen Verkehrsinfra- ger*innen missfällt, weil die neue Entwicklungsrichtung nicht struktur und Stadtentwicklung im Kontext des Straßenbauprojekts mehr in die festgesetzte Vorstellung passen will. Auch wird wohl für die Bundesstraße B3d – allerdings in die entgegengesetzte der vorsichtige Optimismus allein, der aus den ersten Wachstums- Richtung. Die ursprünglich als Autobahn im Zuge der A23- prognosen geschöpft wird, noch nicht genügt haben, um guten Verlängerung geplante hochrangige Straßenverbindung ist ein Gewissens ein derart großes Projekt zu initiieren. Zudem ist der wichtiger Stein im Mosaik, das erklärt, warum Flugfeld-Entwicklung Sprung über die Donau immer noch weit – vor allem, wenn die und Asperner Transformation trotz begünstigender Rahmenbe- Waterfront derselben vor Ort nicht als Standortqualität verkauft dingungen lange Zeit nicht in Schwung kommen wollen. So werden kann. Und schließlich ist die gegenüber anderen Teilbe- fordert die Planung schon seit den 90ern vehement die Errichtung reichen Transdanubiens mangelnde Infrastrukturerschließung der B3d, um die Ortskerne vom Durchzugsverkehr zu entlasten Totschlagargument jeglicher Entwicklungsvision und bedingt, und die Umsetzung der zukunftsweisenden Entwicklungsvorstel- warum beim Wiener Nordosten zuerst von Floridsdorf und Kagran lung für die östliche Donaustadt zu ermöglichen. Allerdings wird die Rede ist und erst zuletzt von Aspern. sie stets zugunsten anderer politisch wichtigerer Verkehrsprojekte zurückgestellt. Die B3d wird deshalb ebenso wenig in das Bundes- straßengesetz aufgenommen, wie in das „30-Milliarden-Schilling Paket“. Seitdem werden Trassenführung und Ausgestaltung mehr- fach geändert und bremsen damit eine frühe Realisierung des Urbanisierungsprojekts Flugfeld Aspern ein. Erst aktuell, da die Seestadt unumstößliches Faktum ist, kann der Bau der B3d als „Stadtstraße“ besiegelt werden.

Aber nicht nur die Selbstbindung der Planung durch Festschrei- bung grundlegender Stadtentwicklungsprämissen – Stadterschlie- ßung vor Stadterweiterung – sondern auch andere planungskul- turelle Besonderheiten der Wiener Stadtentwicklungspolitik dienen als erklärende Variablen für die erst zähe, dann umso dynamische- re bauliche Transformation. Deutlich gemacht hat sich zum einen das Primat der hochrangigen verkehrlichen Erschließung. Mit U- Bahn, Stadtstraße und Lobautunnel werden drei Verkehrsprojekte in direkten Zusammenhang mit Erfolg und Misserfolg der Aspern- er Urbanisierung gestellt. Weit weniger Aufmerksamkeit erfahren im Vergleich das virulente Missverhältnis zwischen Bevölkerungs- und Arbeitsstättenentwicklung, oder die einst gepriesene Eigen- ständigkeit des Stadtteils, die ironischerweise mit dem Ziel einer Reduktion des Verkehrsaufkommens argumentiert worden ist. Der vielfach ins Treffen geführte hohe Anspruch an Planungsprozess und Umsetzung in der Wiener Stadtentwicklung gilt insofern als Begründung für die lange Umsetzungsdauer, als es sich um ein Projekt außergewöhnlicher Dimension handelt. Das Argument muss aber dahingehend relativiert werden, dass der Anspruch in allen Großprojekten der Stadtplanung Geltung hat – auch in jenen, die nicht zwei Jahrzehnte auf ihre Umsetzung warten.

Es ist wohl eher die Vielzahl unscheinbarer Aspekte, die zusam- men eine gewisse „Bremswirkung“ für die Asperner Metamorpho- logie erzielen. So erfolgt etwa der Ankauf des ehemaligen Flugfelds durch die Stadt Wien vorerst primär aus wirtschaftspoliti- schem Kalkül. Die fortschreitende ökonomische Restrukturierung Abb. 39: Skizze der Asperner Metamorphologie und das wiedereinsetzende Stadtwachstum der Folgejahre er- zwingen schließlich ein Umdenken bezüglich der Nutzung des Areals, was – so die Vermutung – manchen Entscheidungsträ-

| 72

Wissensproduktion & Wissenskommunikation

73 |

FORM ALS zum Stadtteil-in-progress interaktiv nachzuverfolgen. Wesentlicher zur Stadtgeschichte, in der sowohl umfassende zeitgeschichtliche, TRANS[ ]DANUBIEN Teil der Vermittlung ist die Einbettung in erklärenden Text, der als auch spezifische wirtschafts-, sozial- und kulturgeschichtliche WISSENSCHAFTSKOMMUNIKATION sowohl die sichtbaren Veränderungen, als auch den dafür ver- Forschungsergebnisse versammelt sind, als zentral für die Kontex- antwortlichen stadtplanerischen Prozess und Entwicklungskontext tualisierung des Wiener Entwicklungspfads (vgl. u.a. Csendes & Wissenschaftliche Erkenntnisse zielgruppengerecht und anschau- beschreibt, woraus eine wissenschaftlich fundierte und zugleich Opll 2006; Eigner & Resch 2001; Pirhofer & Stimmer 2007). Eine lich zu vermitteln, um sie in anderen Kontexten, aber auch ande- leicht zugängliche Erzählung resultiert. ebenfalls sehr wertvolle Informationsquelle hinsichtlich der Wiener ren Forschungs- und Erkenntnisprozessen nutzbar zu machen, ist Stadtgeschichte stellt die auf dem umfassenden historischen nicht nur ureigenes Interesse der Wissenschaften, sondern zentra- Lexikon der Stadt Wien von Felix Czeike (vgl. Czeike 1992-2004) le Zielsetzung dieses Projektes. Der vorliegende Berichtsabschnitt aufbauende Online-Datenbank Wien Geschichte Wiki (vgl. Wien widmet sich daher dem Wechselspiel zwischen Wissensprodukti- Geschichte Wiki 2018h) dar. on und -vermittlung. Damit soll sowohl der Entwicklungsprozess Den Einblick in die Planungsgeschichte vermitteln hingegen in der Website lidovienna.at dokumentiert, als auch ein Beitrag zur erster Instanz die weit rezipierten Konzepte, Studien, Strategien Verwissenschaftlichung der Konzeption und Produktion digitaler und Leitbilder der übergeordneten hoheitlichen Stadtplanung Wissenschaftsvermittlungstools geleistet werden. Darüber hinaus speziell ab 1945 (vgl. u.a. Rainer 1961). Zu deren Erschließung versammelt der Text aus der Erfahrung dieses Forschungsprozes- wurde vorrangig auf Bibliotheksbestände der Technischen Univer- ses Hinweise für künftige Forschungsarbeiten, die sich stadtent- sität Wien, insbesondere des Departments für Raumplanung und wicklungshistorischen oder planungsgeschichtlichen Fragestel- des Instituts für Städtebau, Landschaftsarchitektur und Entwerfen lungen zu Wien widmen möchten. zurückgegriffen, die über eine gut sortierte Sammlung an histo- risch relevanten Studien und Entwicklungskonzepten zur Wiener TRANS[form]DANUBIEN greift damit ein in den Planungswissen- schaften gängiges Ziel auf: das Wissen über Raum und Ort, sowie Stadtplanung verfügen (vgl. UBTUW). Jene weniger bekannten, über den politischen Prozess Planung transparent und verständlich Abb. 40: Das Forschungsprojekt an der Schnittstelle dreier Disziplinen vor 1970 datierten Werke, sind zumeist jedoch ausschließlich im zu kommunizieren. Denn Stadtplanung als öffentliche Aufgabe ist Wiener Stadt- und Landesarchiv (vgl. Stadt Wien 2018m) oder in Eine abstrahierte Betrachtung lässt erkennen, dass das Projekt nicht erst seit dem Communicative Turn darauf bedacht ihr Schaf- Einzelfällen den nicht katalogisierten Beständen von Verwal- damit an der Schnittstelle dreier Disziplinen steht. fen einer breiten Bevölkerung zu kommunizieren (vgl. Healey tungsmitarbeiter*innen vorhanden. Dies gilt etwa für die Stadt- TRANS[form]DANUBIEN ist Wissenschaft in dem Sinn, dass es in 1992). Bürger*inneninformation und -beteiligung werden seit den entwicklungsenquete (1945), die Leitlinien zur Stadtentwicklung, Aufbau und Zugang einem typischen problemzentrierten und Anfängen der Institutionalisierung der Disziplin als notwendige sowie die Verkehrskonzepte der 1970er und 1980er, die dem theoriegeleiteten Forschungsprozess mit klar formuliertem Er- Ziele planerischen Handelns diskutiert (vgl. Arnstein 1969). Auf- Projekt dankenswerter Weise von Mitarbeiter*innen der MA 18 – kenntnisinteresse entspricht. Am Übergang zwischen Wissenspro- grund ihrer fachlichen und praktischen Vielschichtigkeit, ihrer Stadtentwicklung der Stadt Wien unbürokratisch zugänglich duktion und -vermittlung werden jedoch informatische Interdisziplinarität und der damit verbundenen Berührung ver- gemacht worden sind. Über die „großen Pläne“ hinaus wird der Fragestellungen entscheidend, nämlich wenn es um die Wahl schiedener Politikbereiche sieht sich Planung regelmäßig mit der stadtplanungshistorische Fundus insbesondere durch die Werk- geeigneter digitaler Werkzeuge und Kommunikationstools geht, Herausforderung konfrontiert, Wege der Vermittlung zu finden, stattberichte der Wiener Stadtentwicklung (vgl. Stadt Wien 2018n) bei denen sich bestmögliche Zielerreichung und geringer Imple- die sowohl Planungsprozesse als auch Ergebnisse einem nicht und die an die Stadtentwicklungspläne angelehnten Fachkonzep- mentierungsaufwand die Waage halten. Spätestens mit dem fachkundigen Publikum verständlich machen können. Dies er- te erweitert. Mehrere Schriftenreihen ergänzen das Spektrum. Hier abschließenden Schritt wird das Projekt zum transdisziplinären scheint umso wichtiger, da die Ansätze, Ziele und Auswirkungen seien exemplarisch die vom Stadtbauamt herausgegebene Zeit- Prozess, indem es auf journalistische und künstlerisch-kreative 24 planerischen Schaffens stark projekt- und kontextabhängig sind. schrift „Der Aufbau“ (vgl. Wien Geschichte Wiki 2018i), sowie die Ansätze zurückgreift. Mit der interaktiven Website wird eine digita- Folglich können diese im breiten Akteur*innenspektrum von Stadt Beiträge zur Stadtforschung (vgl. u.a. MA 18 1994) genannt, deren le Ausstellung kuratiert, in der die Quasi-Exponate zugängliche unterschiedlichste Betroffenheiten erzeugen (vgl. Lendi umfassende Aufarbeitung jedoch eine eigene Forschungsarbeit Geschichten sind, die den Succus der Forschungsarbeit nieder- 1996[1988]; Schneider 1997). Die Visualisierung konkreter Ergeb- rechtfertigen würde. Im Rahmen dieses Projekts wurden sie des- schwellig zu vermitteln in der Lage sind (vgl. Abb. 40). nisse stadtplanerischen Handelns mittels neuer Medien birgt ein halb nur zur punktuellen Ergänzung einzelner inhaltlicher Aspekte besonderes Potential zur Sichtbarmachung. herangezogen.

Hier setzt TRANS[form]DANUBIEN an. Das Projekt versteht sich Schwierig gestaltet sich der Maßstabswechsel, der für die Untersu- nicht einzig als Grundlagenforschung, sondern in gleichem Um- STADTENTWICKLUNGS- & STADTPLA- chung konkreter lokaler Fallbeispiele notwendig wird. Die stadt- fang als Vermittlungsprojekt mit der Aufgabe, komplexe Prozesse übergreifende Analyse erlaubt zwar erste Einblicke, bleibt aber der Stadtentwicklung einem nicht fachkundigen Publikum in leicht NUNGSGESCHICHTE AUFARBEITEN meist zu abstrakt als Erklärungsgrundlage lokaler Transformation. verständlicher und spielerischer Weise näherzubringen. Dieses Ziel Zentrale Bedeutung erlangen deshalb die (nur für einen sehr wird durch die Kommunikation forschungsbasierter Inhalte mittels Die systematische Aufarbeitung der Wiener Stadtentwicklungs- begrenzten historischen Zeitabschnitt und auch nicht für ganz verschiedener visueller Vermittlungstools und deren Einbettung in und Stadtplanungsgeschichte basiert auf unterschiedlichen Da- Wien existierenden) Bezirksentwicklungs- und Leitprogramme (vgl. eine interaktive Website erreicht. User können somit die Chrono- tenquellen. Nachdem die Zahl an Werken, die sich gezielt der logie der Veränderung etwa der Seestadt Aspern vom Flugfeld Planung widmen, überschaubar ist, erweist sich Sekundärliteratur 24 Ab 1988 unter dem Titel „Perspektiven“ herausgegeben.

75 | u.a. Magistrat der Stadt Wien 1989) und die keiner zeitlichen oder Was sich als besonders schwierig herausstellt, ist Entscheidungs- thodischen Ansatzes (vgl. Lueger 2010). Der Vergleich von Luft- institutionellen Logik folgenden und von daher nur schwer aus- prozesse für oder gegen entwicklungsplanerische Absichten und bildplänen aus unterschiedlichen Jahren erlaubt eine zu Beginn zumachenden städtebaulichen Wettbewerbe, wie etwa der konkrete Stadtentwicklungsprojekte nachzuvollziehen. Vor allem sehr wertvolle, wenngleich vorerst noch oberflächliche Beschrei- Donaubereichswettbewerb (1975), der Wettbewerb „Donaustadt ab den 1980ern ist im Untersuchungsraum links der Donau eine bung des offenkundigen baulichen Wandels. Im Gegensatz zu 2000“ (1981), oder „Chancen für den Donauraum“ (1986) (vgl. teils markante stadträumliche Transformation zu erkennen, die sich historischen Kartenwerken, die bereits der Interpretation, Abstrak- Magistrat der Stadt Wien 1993).25 Sie erlauben Rückschlüsse auf oft nicht allein durch die bisher angeführten Datenquellen erklä- tion und kreativen Gestaltung durch die Verfasser*innen unterlie- stadtteil- und projektbezogene planerische Zielsetzungen sowie ren lässt. Aus diesem Grund wurden im Projekt die Flächenwid- gen, lassen Luftbilder einen vergleichsweise ungetrübten Blick auf Gestaltungskonzepte, deren Durchsetzungskraft sich am baulich- mungspläne und Erläuterungsberichte der MA 21 – die Veränderung der Stadtgestalt über die Zeit zu. Sie vermitteln physischen Stadtraum zumindest partiell messen lässt. Stadtteilplanung und Flächennutzung der Stadt Wien in der sichtbare bauliche Transformationen und erlauben somit eine ad- Hoffnung herangezogen, damit diese offenkundige Lücke schlie- hoc Einschätzung der physischen Stadtentwicklung. Durch Über- Im Versuch des Abgleichs der beiden Maßstabsebenen „umfas- ßen zu können. Vielfach geben die Erläuterungsberichte auch lagerung verschiedener Jahre können Phasen intensiven Wandels sende Stadtplanung“ und „kleinräumige Projektplanung“ werden tatsächlich Aufschluss über Eigentumsverhältnisse, Nutzungsge- oder struktureller Persistenz identifiziert werden (vgl. Abb. 41). jedoch mehrfach Lücken deutlich. Nur selten folgen etwa Wett- und -verbote sowie deren zeitliche Abfolge. Allerdings ist dafür ein Diese helfen die folgende Fallbeispielanalyse räumlich wie zeitlich bewerbsprojekte eindeutig den übergeordneten Konzepten oder erheblicher Rechercheaufwand notwendig, der im Zuge dieses einzugrenzen. „Die Art der Gebietsaufteilung, die Bauhöhe, die lassen sich konkrete Umsetzungsvorschläge den abstrakten Zielen Forschungsprojektes nur bedingt erfüllt werden konnte. Die besondere Bautechnik, die Abgrenzung von Flächen unterschied- zuordnen. Eine Analyse der Konzepte und Pläne allein würde hier Gründe für bestimmte politische und planerische Entscheidungen licher Nutzung, die Benutzungsdichte etc. sind wichtige Indikato- zu kurz greifen. Um diese Informationslücke zu schließen, wurden sind allerdings auch aus den Flächenwidmungsplänen und ihren ren, die das soziale Milieu in einem ersten Überblick abschätzen im Zuge des Projekts acht Fachgespräche mit Expert*innen und Erläuterungsberichten nicht herauszulesen und müssen interpreta- lassen.“ (Lueger 2010:136) Erst dann erfolgt die analytische Ver- Zeitzeug*innen der Wiener Planung mit dem Ziel geführt, konkre- tiv aus der Kombination unterschiedlicher Datenquellen erfolgen knüpfung ebendieser sichtbaren Veränderungen mit einem te Fragen bezüglich sich nicht erschließender Stadtentwicklungs- bzw. als Indizien oder Hypothesen für folgende Forschungsarbei- übergeordneten Stadtentwicklungspfad, der Stadtentwicklungspo- entscheidungen oder institutioneller Zusammenhänge zu klären. ten stehen bleiben. Hier bedürfte es eines eigenen Forschungsan- litik und -planung und den lokalen Veränderungsprozessen. Die Analyse des baulichen Wandels schließlich erfordert die Ver- satzes, der sich etwa mittels Akteurs-, Regime- oder Netzwerk- wendung weiterer Datenschichten. Neben den dafür besonders ansätzen dem (macht)politischen Prozess Planung widmet und relevanten Orthofotos, die in Folge noch gesondert Erwähnung versucht Entscheidungsmotive (die zu einem guten Teil außerhalb finden, wird besonders der historische Kartenbestand, aus dem des formalen Planungsprozesses zu verorten sind) zu erkennen. eine Vielzahl an Kartenwerken inzwischen auch als Digitalisat über das Wiener Stadt- und Landesarchiv zugänglich ist (vgl. Stadt Wien 2018m; Wien Geschichte Wiki 2018j; Stadt Wien 2018o), als hilfreich erachtet. Darüber hinaus stellt der umfassende Webauf- HISTORISCHE ORTHOFOTOS ALS ANALYSE- tritt der Wiener Stadtverwaltung auf wien.gv.at eine weitere relevante Informationsquelle dar. Der Bereich „Stadtentwicklung“ MATERIAL UND VERMITTLUNGSMEDIUM dokumentiert etwa die aktuellen Agenden der zuständigen Ver- waltungsabteilungen des Magistrats und hält entsprechend nützli- Während Karten als imaginierte Raumbilder bestimmter Territorien che Erstinformationen zu Projekten o.Ä. bereit (vgl. Stadt Wien gelten, deren Zweck es häufig war, territoriale Machtansprüche 2018p). Erwähnung finden sollte auch die Realnutzungskartierung abzubilden und zu kommunizieren (vgl. Dünne 2008), können der Stadt Wien als eine weitere aufschlussreiche Quelle (vgl. Stadt Luftbilder als Zeitdokumente physischer Räume ohne jedwede Wien 2018q). Ergänzend zu Erkenntnissen über den baulich- imaginative Vorleistung oder besonderen strategischen Hinter- physischen Wandel, die sich aus den Luftbildern herausdestillieren grund gelesen werden. Nicht zuletzt aufgrund der weit fortge- Abb. 41: Der Luftbildplanvergleich zeigt die Transformation Hirschstettens. lassen, können ebenso relevante Informationen über die funktio- schrittenen Verbreitung digitaler Karten, wie etwa Google Maps, nale Stadtstruktur aus der RNK abgelesen werden, die in Kombina- sowie diverser Navigationstools sind Orthofotos aus senkrechten Wie zuvor beschrieben, ergänzt der interpretative Forschungsan- tion interessante Aussagen zulassen. Gerade hierin zeigt sich, wie Luftbildaufnahmen mittlerweile zu einer gängigen Bildsprache satz die Luftbildpläne in Folge um eine Vielzahl vertiefender und die zunehmende digitale Dokumentation der Prozesse der Wiener geworden, die weithin verstanden wird. Vor diesem Hintergrund weiterführender Datenbestände und durchläuft entsprechend Stadtplanung und Stadtentwicklung ab etwa 1990 deren Befor- bietet sich die Vermittlung von Stadtentwicklungsprozessen mittels mehrere Phasen der Informationsverdichtung und -verknüpfung. schung erleichtert. Die Phase davor bleibt zu einem guten Teil Luftbildern besonders an. Zugleich kann er als zyklisch oder iterativ beschrieben werden, jedoch von interpretativer historischer Aufarbeitung und dem wenn Ergebnisse eines Folgeschritts die Re-Interpretation der Gespräch mit Zeitzeug*innen abhängig. Luftbildplananalyse erfordern oder zu einem differenzierteren Bild ≡ ORTHOFOTOS ALS DATEN IM FORSCHUNGSPROZESS der ersten Einschätzung führen. Darüber hinaus dokumentieren Die historischen Luftbildpläne und Orthofotos sind im Projekt 25 So ist kurioserweise etwa der Masterplan zur Donau City – kein unwesent- die Luftaufnahmen stadtstrukturelle und objektspezifische Beson- liches Projekt der Wiener Stadtplanung – weder in den oben genannten sowohl Kommunikationsmedium, als auch Informationsquelle. Sie derheiten, die im weiteren Forschungsprozess als historische Bibliotheksbeständen, noch den Beständen der Stadtentwicklungsabteilung bilden den Ausgangspunkt der empirischen Analyse lokaler Trans- Artefakte verstanden und als solche einer genaueren Analyse auffindbar. formationsprozesse im Sinne eines interpretativ-analytischen me-

| 76 unterzogen werden können. „Artefakte als materialisierte Produkte stellung hat sich wenig am Grundprinzip geändert. Anstelle von den. Die Einbindung in ArcGis-Online passierte mithilfe diverser menschlichen Handelns verkörpern Objektivationen sozialer analogen Luftbildern und optischen Elementen werden nun ArcMap-Tools, die aus den einzelnen Bildkacheln ein online- Beziehungen und gesellschaftlicher Verhältnisse. […] Die Luftfoto- digitalisierte oder digitale Luftbilder mittels Orthofoto-Software fähiges Kachelpaket erstellen. Die einzelnen Zoomlevels, die dem grafie dokumentiert den materialisierten Ausdruck einer Kultur digital orthorektifiziert und mosaikiert – mit dem Unterschied, dass User letztlich online zur Verfügung stehen, mussten schon hier ausgezeichnet und übertrifft die abstrakten kartografischen Dar- viel mehr Bilder als früher verarbeitetet werden können und die definiert werden. TRANS[form]DANUBIEN orientierte sich dabei an stellungen in ihren Details weit.“ (Lueger 2010:136, paraphrasiert) Schnittkanten nicht mehr gerade entlang eines Blattschnitts ge- den Zoomlevels von Basemap.at, um später eine reibungslose Somit kann z.B. ein städtebauliches Ensemble aus der Kaiserzeit, ein führt werden, sondern entsprechend dem Bildinhalt von der Synchronisation im Swipe-Tool sicherzustellen. Diese Kachelpakete Infrastrukturprojekt aus den 1960ern, oder ein aktuelles ikonisches Software vorberechnet und nacheditiert werden können. – teilweise Datenmengen von bis zu zwei Gigabyte – konnten in Gebäude, das in der Luftaufnahme ersichtlich wird, durch den ArcGis-Online erfolgreich integriert werden. Der erste flächendeckende Bildflug der Stadt Wien stammt aus Vergleich mit früheren und späteren Luftbildern räumlich und dem Jahr 1938. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden ab 1956 zeitlich kontextualisiert werden und in Folge als symbolischer regelmäßig Bildflüge durchgeführt. Diese Bildflüge dienten in Ausdruck einer bestimmten Form der Planung, einer stadtentwick- erster Linie der stereoskopischen Auswertung für die Stadtkarte lungsspezifischen Rahmenbedingung, oder einer lokalräumlichen bzw. später für die Mehrzweckkarte der Stadt Wien. Entsprechend Besonderheit analysiert werden. Denn: „Artefakte sind nicht bloß wurden sie zum Teil auch nur für das auszuwertende Gebiet im Moment existierende Objekte, sondern fixierte Ausdrucksfor- durchgeführt. Zum anderen wurden aber auch eigene flächen- men historisch-genetischer Prozessstrukturen, die in einem kom- deckende Hochflüge von Wien für die Erstellung von Orthofo- plexen Handlungssystem produziert, gehandhabt, verändert oder tos/Luftbildplänen durchgeführt. Der Großteil stammt von der auch zerstört wurden.“ (Lueger 2010:97) Einschränkend muss an Luftbildstelle des BEV. Mit dem Wechsel von analogen zu digitalen dieser Stelle jedoch erwähnt werden, dass der Vergleich histori- Luftbildkameras wurde die Luftbildstelle aber eingestellt. Der letzte scher Luftbildpläne wegen der teils geringen Bildqualität, der Bildflug von Wien mit einer analogen Luftbildkamera stammt großen zeitlichen Intervalle, die zwischen den orthofotografischen entsprechend aus dem Jahr 2011. Seit 2012 wird der Bildflug von Momentaufnahmen der Stadt liegen und wegen des großen Wien mit digitalen Luftbildkameras im Vergabeweg gelöst. Interpretationsspielraums für sich allein keine ausreichende Grund- lage für fundierte Aussagen zur historischen Stadtentwicklung Verfügbar sind digitale Orthofotos des Wiener Stadtgebiets über zulassen. Darüber klärt auch die zuvor festgehaltene Quellenviel- die Open Government Initiative der Stadt Wien als Web Map Tiles falt, die im Forschungsprozess herangezogen werden musste, auf. auf der Open Data Plattform „data.gv.at“ für die Jahre 2014, 2015 und 2016 und als Download über den Geodatenviewer der ≡ ORTHOFOTO-HERSTELLUNG UND -NUTZUNG Stadtvermessung. Ebendort finden sich auch historische Luftbild- pläne aus den Jahren 1938 und 1956, die bereits für die digital CO-AUTOR: HUBERT LEHNER, MA41 - STADTVERMESSUNG aufbereitet wurden. Die publizierten Orthofotos und historischen Fotografien – also auch Luftbilder – stellen mehr oder weniger Luftbildpläne unterliegen der Lizenz CC BY 3.0 AT (vgl. crea- genaue Zentralprojektionen dar. Um aus mehreren Luftbildern tivecommons 2018) und können somit frei verwendet werden. eine geometrisch korrekte Ebene mit Bildinformationen zu erstel- len, ist das Entzerren der einzelnen Luftbilder nötig. Dafür bedarf Zur Unterstützung der Analyse- und Vermittlungsziele des Projekts es der sogenannten Orthorektifikation, bei der der Bildinhalt der wurden darüber hinaus von der MA 41 analoge Luftbildpläne aus Zentralprojektion mit Hilfe eines Höhenmodells in eine Orthogo- den Jahren 1961, 1966, 1971 und 1976 digitalisiert und dem nalprojektion umgebildet wird (vgl. Abb. 42). Erst dann können die Projektteam als georeferenzierte .tif-Bilddateien zur Verfügung entzerrten Einzelbilder mosaikiert, also zu einem großen Bild gestellt. Damit wurde im Projekt die zeitliche Lücke verfügbarer zusammengesetzt werden. Pionierleistungen in der analytischen Darstellungen zwischen 1956 und 2014 um ein wesentliches Orthofotoherstellung hat im österreichischen Kontext Mitte der Stück verkleinert. An diesen Luftbildplänen wurden aber keine 70er das Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung der TU technischen Adaptionen zur Verbesserung der Bildqualität vorge- nommen, was sich teils in starkem Bildrauschen, unzureichendem Wien (IPF) erbracht, welches die Software für den Wild Avioplan OR1 entwickelt hat (vgl. Kraus 1976). Das Bundesamt für Eich- und Kontrast und Scanartefakten manifestiert hat. Entsprechend muss- Vermessungswesen (BEV) hatte bereits 1976 einen Prototypen ten die Pläne durch die Anwendung diverser Filter nachbearbeitet Abb. 42: Zusammenhang zwischen Luftbild, Geländemodell und Orthofoto dieses Geräts im Einsatz (vgl. Anegg et al. 2013). Die partielle werden, um eine für die Analyse, insbesondere aber die Nutzbar- Entzerrung des Luftbilds wurde prozessrechner-gestützt mit opti- keit auf der Website akzeptable Bildqualität zu erreichen. Darüber schen Elementen durchgeführt. Bei den eigens für die Erstellung hinaus mussten die einzelnen Bildkacheln in den Service von von Luftbildplänen geflogenen Hochflügen der Stadt Wien wurde ArcGis-Online integriert werden, um eine Einbindung in das ein Luftbild im Zentrum eines Blattes aufgenommen und mit Hilfe (später genauer beschriebene) Swipe-Tool zu ermöglichen. Beide des Geräts entzerrt. Mit dem Wechsel zur digitalen Orthofotoher- Herausforderungen konnten mithilfe von ArcMap bewältigt wer-

77 | IE EBSITE ALS DIGITALE USSTELLUNG theoretische Abhandlungen, die versuchen den Planungsprozess ≡ ÜBERLEGUNGEN ZUR WEBSITE-KONZEPTION D W A analytisch in inhaltliche, prozessbezogene, akteursspezifische und instrumentelle Dimensionen zu zerlegen (vgl. u.a. Dobrucka 2016), Back-End: Die Entscheidung über die Technologie zur Erstellung TRANS[form]DANUBIEN versteht sich als Wissenschaftskommuni- hat auch dieses Projekt bei der Erstellung des digitalen Vermitt- der Website sollte sehr früh im Prozess fallen, um den grundle- kationsprojekt, das es sich zum Ziel setzt Erkenntnisse nicht nur lungskonzepts eine derartige, differenzierte Auseinandersetzung genden Rahmen technischer Möglichkeiten sowie Zeit- und unter Zuhilfenahme klassischer Medien zu kommunizieren, son- angestrebt, um den Prozess der Wissenskommunikation bestmög- Kostenaufwände eingrenzen zu können. Im semi-professionellen dern dafür explizit digitale Werkzeuge zu verwenden. Damit wird lich vorzubereiten. Folgende drei Fragenkomplexe haben dabei Bereich haben sich in den letzten Jahren (meist frei verfügbare) nicht nur ein planerischer Anspruch – niederschwellige, breite und besondere Berücksichtigung gefunden: Content-Management-Systeme (CMS) etabliert. Diese sind auf motivierende Wissensvermittlung – erfüllt, sondern der von den einem PHP-fähigen Webspace mit MySQL-Datenbank zu installie- Planungswissenschaften und Stadtverwaltungen formulierten Nutzer*innen („Wer?“): An wen wendet sich die Ausstellung? ren26 und in der Handhabung einfach, erlauben aber dennoch Forderung, Stadtforschung und Stadtplanung aktiv in das Zeitalter Welche enge Zielgruppe bzw. welches weitere Publikum soll komplexe Inhalte und professionelle Eingriffe – bspw. mittels CSS- der Digitalisierung zu führen, nachgekommen. Nachdem sich in erreicht werden? Welches Wissen darf vorausgesetzt werden? Designfiles. Der zentrale Vorteil eines CMS liegt in der getrennten der Wissenschaftsdissemination Websites längst als primäres Inhalte („Was?“): Welche Botschaften oder Kernaussagen sind Speicherung und Organisation von Inhalt (i.e. „Ausgestaltung“) Kommunikationsmedium für ein fachfremdes Publikum etabliert zentral? Was folgt aus der Zielgruppenfestlegung bez. inhaltlicher und Design (i.e. Technische Implementierung“), was nicht nur haben, ist auch für dieses Projekt bereits zu Beginn die Entschei- Komplexität (Komplexitätsaufbau oder Informationsreduktion)? schnelle Anpassungen, sondern auch die Gestaltung von Inhalten dung für die Erstellung einer Website getroffen worden. Trotzdem Instrumente („Wie und womit?“): Welches Tool eignet sich in in der Umsetzungsphase durch Autor*innen erlaubt, welche nur wurde eine sorgfältige Vermittlungsstrategie entwickelt, in deren Abstimmung zur Zielgruppe bestmöglich für die Vermittlung der über geringe technische Fähigkeiten verfügen. (vgl. W3 2018) Konzeptionsphase folgende Überlegungen bezüglich der Vor- zentralen Inhalte? Wie gestaltet sich das Kosten-Nutzen-Verhältnis, Nach der Wahl des Backend sind eine Reihe weiterer konzeptio- und Nachteile einer Website als Medium der Wissenschaftskom- i.e. Implementierungsaufwand ggü. Vermittlungspotential? neller Entscheidungen zu treffen. munikation angestellt wurden (vgl. Abb. 43). Linear oder frei? Die Entwicklung einer Storyline macht Überle- Diese drei grundlegenden Dimensionen sind in die Konzeption gungen zur Anordnung der Inhalte und der User-Führung un- eingeflossen, welche sich in Anlehnung an die Kuratierung traditi- ausweichlich. Anders als bei statischen Texten kann bei Websites oneller musealer Ausstellungen wie folgt darstellt (vgl. Museums- nicht grundlegend davon ausgegangen werden, dass sich User verband Hessen 2018 für eine ähnliche Aufstellung): an eine von den Autor*innen intendierte Abfolge halten. Wie bei Bestandsaufnahme traditionellen Museumskonzepten muss daher auch bei der inhalt- - Strukturierter Überblick über zu vermittelnde Projektinhalte und lichen Websiteentwicklung zwischen freien Konzepten, bei denen Projektumwelt (Auftraggeber, Projektnehmer, u.Ä.) die Besucher*innen den Pfad vollends selbstbestimmt durchlaufen - Besichtigung ähnlicher (digitaler) Ausstellungen mit konzeptio- können, und linearen Konzepten, die einer vorgegebenen Story- nell vergleichbaren Ansätzen line folgen, unterschieden werden. Websites mit traditionellem, Grobkonzept hierarchischem Aufbau, die über eine Menüführung auf Sub- - Formulierung von Vermittlungszielen Seiten verweisen, bieten sich besonders für Ersteres an, sogenann- - Benennung von Hauptthemen und Schwerpunkten te One-Page-Designs eher für Letzteres, sowie für eine leicht - Entwicklung einer Erzählung („Roter Faden“) überschaubare Menge an Inhalten. - Überlegungen zu Darstellungsform und Visualisierung Zielgruppe: Überlegungen zum Zielpublikum sind grundlegend - Zielgruppenbenennung für den gesamten Vermittlungsprozess (vgl. Huning 2014) – umso - Aufwandsabschätzung (Zeit, Kosten) mehr, wenn die Website als digitale Ausstellung „funktionieren“ Feinkonzept soll. Sollen Inhalte niederschwellig an ein nicht-fachkundiges - Abstimmung des Grobkonzepts mit technischen und gestalteri- Publikum vermittelt werden, sollte sich das auch in Aufbau und schen Möglichkeiten und Herausforderungen (u.U. technisch- Erscheinungsbild widerspiegeln. Auch die Abstimmung auf unter- gestalterische Alternativen prüfen, Grobkonzept adaptieren) schiedliche Endgeräte ist hier ein elementares Thema. So sind - Festlegen der Feingliederung, d.h. Pfade in der Storyline inkl. besonders bei Websites für einen nicht-fachkundigen Adressaten- Abzweigungen und Querbeziehungen zwischen Ausstellungs- kreis große Zugriffszahlen von mobilen Geräten zu erwarten. teilen, sowie Festlegung technisch-gestalterischer Aspekte (i.e. Folglich ist bereits in der Konzeption auf ein sogenanntes Respon- Website und digitale Tools) sive Design zu achten, mit dem Inhalte unabhängig von der

Abb. 43: Kriterien für/gegen Websites als Vermittlungsmedium Umsetzung 26 - Technische Implementierung Die meisten Anbieter von Webspace haben explizit auf CMS zugeschnit- tene Angebote und kombinieren diese auch direkt mit der Registrierung TRANS[form]DANUBIEN orientiert sich bei Konzept und Umset- - Visuelle Ausgestaltung einer Domain. Hierfür ist also kein separater Schritt nötig. Die Kosten variie- zung an der Konzeption musealer Ausstellungen (vgl. u..a. Muse- - Verfassen von Text (i.e. Schrift, Bild, Ton, Bewegtbild, etc.) ren je nach gewünschter Domain und Umfang und Komplexität der umsverband Hessen 2018). In Anlehnung auch an planungs- Anforderungen an den Webservice. Für lidovienna.at belaufen sie sich auf insgesamt weniger als €200,- für drei Jahre.

| 78 Bildschirmgröße des Endgeräts immer optimal dargestellt werden. zeption einer Website ist daher auf diese nicht mehr scharfe team bei der Umsetzung der Website einer Reihe derartiger Tools Darüber hinaus gilt es zu entscheiden, welchen Stellenwert ein Trennlinie Bedacht zu nehmen und festzulegen, bis zu welchem – die meisten davon offen, also frei verfügbar, verwendbar und barrierefreier Zugang zur digitalen Ausstellung hat. Ist dieser Grad User Inhalte beitragen können sollen. Viele CMS-Systeme weiterentwickelbar – bedient. Entscheidende Kriterien waren Anspruch gegeben, muss mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem bieten standardmäßig die Möglichkeit, Blogeinträge und Foren zu neben der kostengeringen Nutzbarkeit auch die notwendigen erhöhten technischen Aufwand gerechnet werden, da viele Tools kreieren – ein Mittelweg zwischen Produktion und Konsum. Dar- technischen Fähigkeiten zur Implementierung und letztlichen „out of the box“ nicht den Richtlinien zur Barrierefreiheit entspre- über hinaus bietet eine Reihe spezieller Tools spannende Möglich- Nutzung. Die drei auf lidovienna.at eingebetteten Tools werden in chen. Eigenentwicklung oder Kompromisse bei der Umsetzung keiten auch im wissenschaftlichen Kontext – Schlagwort Folge kurz vorgestellt (vgl, Abb. 44). sind die Folge. Crowdsourcing (vgl. u.a. Crooks et al. 2015) – personengebunde- Kommunikation & Reflexion: Entscheidend für die Wahl einer nes Wissen userseitig in die ursprünglich konzipierte Story einbin- Producer & Consumer: Auch, wenn die ersten Web 2.0 Anwen- Website als Kommunikationsmedium sind oft die große Reichweite den zu lassen oder für den Forschungsprozess zu sammeln. dungen bereits gut 20 Jahre alt sind, ist die Idee, dass User selbst und das breite Publikum. Der Erfolg einer digitalen Ausstellung ist zu Produzent*innen von Webcontent werden und damit in Tools: Die Einbindung verschiedener Tools in die Website erhöht allerdings in wesentlichen Teilen abhängig von deren zielgrup- Interaktion mit den ursprünglichen Wissensproduzent*innen den Grad an Interaktivität und erlaubt die mehrdimensionale Ver- penspezifischer Bewerbung. Einige Überlegungen hierzu: Die treten, in Zeiten von Social Media aktueller denn je. Bei der Kon- mittlung von Inhalten. Entsprechend hat sich auch das Projekt- Festlegung eines Launch-Termins mit angemessener Vorlaufzeit ist

Abb. 44: Die bei lidovienna.at zur Anwendung gebrachten digitalen Vermittlungstools

79 | ratsam. So können für verschiedene Werbekanäle verschiedene Werbemittel wie Kurz- und Langtexte, hochauflösende Grafiken, oder Druckmittel vorbereitet werden. Zudem ist es ratsam, den Kontakt zu Pressestellen etwa von Forschungspartnern oder aus dem beruflichen Netzwerk zu suchen und auch diese bereits vorab mit Materialien zu versorgen. Die gezielte Bewerbung via Social Media – insbesondere das Teilen in thematisch spezialisier- ten Gruppen – erweist sich dabei als Erfolg bringend. Auch die Vernetzung mit Partnerwebsites ist zielführend.

Darüber hinaus kann die Integration von Analyse-Tools (Google Analytics ist hier Standard) empfohlen werden. Zwar gehen damit datenschutzrechtliche Hinweispflichten einher, die Analyse kann jedoch wesentliche Erkenntnisse für Adaptionen bringen. Zudem ist im Zuge des Weblaunch eine Suchmaschinenoptimierung ratsam. Viele CMS bieten hierfür simple Plug-Ins und Werkzeuge an. Aussagekräftige Titel, genügend beschreibender Text und interne Verlinkungen auf der Website sind dafür jedoch wichtig.

In Summe lässt sich daraus ein simpler Prozess für die Konzeption von Websites als digitale Ausstellung skizzieren, der insbesondere auch auf die Iterationsschritte verweist, die in diesem Zusammen- hang essentiell für die Qualität des Ergebnisses sind (vgl. Abb. 45).

Abb. 45: Prozessschritte in der Konzeption digitaler Ausstellungen

≡ DAS RESULTAT: WWW.LIDOVIENNA.AT Ergebnis dieses Prozesses ist die digitale Ausstellung „lidovienna – Stadtentwicklung links der Donau“. Die interaktive Website ist seit Dezember 2017 online und stellt ein zentrales Ergebnis des For- schungsprojekts TRANS[form]DANUBIEN dar. Die Website erlaubt es Usern sich frei durch drei miteinander vernetzte Bereiche zu bewegen und damit den im Projekt thematisierten Nordosten der Stadt in seiner baulichen Veränderung interaktiv und selbstbe- stimmt nachzuverfolgen. Im Fokus stehen sieben sogenannte Planungsgeschichten, die ausgewählte Teilbereiche dieses Gebiets im Detail behandeln und die User auf Basis von Storymap-Swipe auf interaktive Entdeckungsreise mitnehmen. Ergänzt werden diese Stories durch eine interaktive Leaflet-Übersichtskarte mit mehreren Kartenebenen und eine chronologische Übersicht auf Grundlage von TimelineJS, die die Planungsgeschichten gemein- sam räumlich und zeitlich einbetten und den beschriebenen Transformationsprozessen damit Halt geben. Abb. 46 zeigt die Startseite der Website. Abb. 46: Die Startseite der digitalen Ausstellung lidovienna.at

| 80

Schluss

81 | ≡ ZUR WIENER PLANUNGSGESCHICHTE zeit sie zu den heute noch lebenswerten Wohnquartieren ge- Am Boden der Tatsachen – Akteur*innen der Stadtentwicklung: macht haben. Stadtentwicklungshistorische Erzählungen kommen kaum ohne Phasen der Wiener Stadtplanung: TRANS[form]DANUBIEN ge- Die historische Infrastrukturentwicklung ist noch in der heutigen Referenzen auf einflussreiche Figuren aus, die die Planungsge- lingt aus der differenzierten Analyse der Wiener Stadtentwick- Stadtstruktur wirkmächtig: Das dichte Straßenbahnnetz um 1900 schichte als soziales Phänomen und politischen Prozess illustrieren. lungs- und Stadtplanungsgeschichte eine umfassende Systema- ist Konsequenz und Bedingung der enorm hohen Siedlungsdich- Im Sinne von Moulaert et al. (2016) sind Akteur*innen aber vor tisierung von sechs historisch prägenden Planungsphasen, die te innerhalb des Gürtels und der immer noch ausgeprägten allem im Hinblick auf stabile und dynamische Entwicklungsphasen sich durch das vorherrschende Selbstverständnis der Planung, Monozentralität der Stadt. Die industriellen Eisenbahnlinien bzw. systemische Veränderungen im Spannungsfeld zwischen ihren Ansatz und ihre Position im gesellschaftlichen Spektrum durchschneiden das damalige Hinterland und machen integrierte Stadtplanung und Stadtentwicklung von Bedeutung. In Wien gibt voneinander unterscheiden lassen: Stadtentwicklung in den heutigen südlichen und nordöstlichen es auf der Handlungsebene vorerst aber eine unumstößliche Beziehung, der alle übrigen stadtentwicklungspolitischen Ak- 1829 Kapitalistische Bautechnische Vorbereitung Außenbezirken schwieriger. Der Umsetzungspragmatismus im - teur*innen nachgeordnet sind: jene zwischen Staat und Markt, 1914 Bodenordnung kapitalistischer Urbanisierung Roten Wien begründet die räumliche Dispersion sozialer Infra- zwischen politisch-administrativem System und einem von Stadtentwicklung durch Stadt- struktur über den Stadtraum, der noch heute eine gewisse sozial- 1919 Ideologisierte Stadt- - Politik auf Basis ideologischer Grundeigentümer*innen und Investor*innen geprägten Boden- entwicklungspolitik räumliche Durchmischung sicherstellt. 1945 Gesellschaftsvorstellungen markt. Während das PAS über zwei Jahrhunderte teils radikale Technokratische Stadtplanung Die Stadterweiterungen von 1892 und 1904/05 bzw. die Gebiet- 1945 Modernistische Umformungen erfahren hat, sind Letztgenannte aber eine fixe - ca. nach funktionalistischem Expertenplanung sänderung 1954 lassen sich trotz aller Überformung immer noch 1970 städtebaulichen Prinzip Größe, deren Rolle und Einfluss im Prozess der Stadtentwicklung am teils harten Bruch innerhalb der baulichen Struktur ablesen Umfassende Stadtplanung weitgehend stabil bleibt. Dieses Faktum ist seit Anbeginn der ca.1970 Integral-kommu- - zwischen Expertise und und zeugen von der Langfristigkeit umfassender urbaner Trans- nikative Planung Planungsgeschichte verfassungsrechtlich und mittels einer Bo- 1989 politischer Aushandlung formation. denordnung abgesichert. Damit sind hoheitliche Planungsvorha- 1989 - Aktive Ange- Positionierung durch außen- ben in Wien bis heute ungeachtet eines öffentlichen Interesses in botspolitik orientierte Standortentwicklung 94/00 ≡ ZU DEN TRIEBKRÄFTEN DER STADTENTWICKLUNG letzter Instanz vom Eigenwillen, der Dynamik und politischen Ab Strategisches Planung als komplexe Steuerung Regulation eines städtischen Bodenmarkts abhängig. Im Rückblick 94/00 Place-Making zur Konstruktion von Orten Die Macht des Kontexts: Historisch beeinflussen diverse Rahmen- bewirkt das für eine perspektivisch ausgerichtete, hoheitliche bedingungen die Wiener Stadtentwicklung und folglich die Abb. 47: Sechs historische Phasen der Wiener Stadtplanung (1829-2018) Stadtplanung, dass sie in Phasen der Bevölkerungsstagnation als Ausgestaltung und Wirkungsmacht stadtplanerischer Konzepte. aktive, die urbane Transformation vorbereitende Akteur*in des So sind die großen zeitgeschichtlichen Zäsuren – 1914-18, 1938- Wegpunkte des Wiener Entwicklungspfads: Die Analyse der Bodenmarkts auftreten kann (wie etwa 1921-1934 und 1945- 45, 1989, 1995 – unbestrittene Rahmungen des Wiener Entwick- Stadtentwicklungsgeschichte offenbart einige, hinsichtlich aktuel- ca.1970), während sie in Wachstumsphasen (wie jener seit den lungspfads, die sich mitunter in deutlichen Veränderungen des ler Herausforderungen und Diskussionen der Wiener Stadtent- 1990ern) in diesem Bestreben maßgeblich eingeschränkt und auf Planungssystems, -diskurses und -selbstverständnisses widerspie- wicklung nennenswerte Aspekte: die Ordnung bodenmarktbedingter Unzulänglichkeiten und geln. Entscheidend dafür ist der auffällige Pragmatismus, der den Ungleichgewichte zurückgedrängt wird. Die infolge politisch- Den großen zeitgeschichtlichen Zäsuren zum Trotz transformie- kontextuellen Wandel fast immer als unbeeinflussbare externe ren sich die stadtpolitischen Rahmenbedingungen in Wien fast im ökonomischer Veränderungen (erst De-Industrialisierung, dann Größe und viel zu selten als steuerbaren Veränderungsprozess Tertiärisierung und Europäisierung) einsetzende Transformation Gleichschritt mit den Jahrhunderten. So steht das 19.Jahrhundert einstuft. Ökonomische Restrukturierungen etwa – veränderte für eine liberal-kapitalistische Stadtentwicklung, das 20. für die der stadtentwicklungspolitischen Koalitionen um 1970 bzw. Standortanforderungen und sozioökonomische Muster – waren Anfang der 90er tun ihr Übriges dazu diese schwache Position Etablierung der wohlfahrtsstaatlichen europäischen Stadt und das lange Zeit ein blinder Fleck der Wiener Stadtentwicklungspolitik, beginnende 21. für eine strategische Angebotspolitik und einen der in der Veraltung verankerten hoheitlichen Planung gegen- weil sie nicht als ordnungsplanerische Aufgabe angesehen wur- über der Stadtpolitik und einem (Boden)Markt zu fixieren. sanften Neoliberalismus. den. Gesellschaftliche Transformationsprozesse, bspw. ein umfas- Die gerne als ausgeglichen und homogen rezipierte Wiener sender Lebensstilwandel oder ein geändertes Mobilitätsverhalten, Die institutionelle Ordnung als besondere stadtentwicklungspoliti- Stadtgesellschaft hat vor allem in der Phase von 1921 bis 1983 gelten noch immer als unbeeinflussbare Gegebenheiten, denen sche Rationalität: Planung ist ein institutionalisierter gesellschaftli- existiert. Speziell davor, aber auch danach sind Fragmentierung sich eine Stadtplanung in der Konzeption ihrer idealen Urbanitäts- cher Prozess. Diese Aussage trifft mit Blick auf die Wiener Planung und Armut nicht wegzudiskutierende Fakten. Wenn überhaupt, vorstellungen ungeachtet höherer Werthaltungen beugen muss. – historisch und aktuell – in besonderem Maße zu. Keine andere macht nur der aktuelle Vergleich mit anderen Haupt- und Groß- Und interkommunale Konkurrenz schließlich ist seit den 80er- Größe ist mit Rückblick auf die Analyse derart entscheidend für die städten eine derartige Einschätzung zulässig. Jahren anerkanntes Faktum, dem sich planerische Diskurse, Umsetzung oder das Misslingen stadtplanerischer Ziele bzw., Aktuelle Referenzen auf die Zwei-Millionen-Stadt Wien um 1900 Projekt- und Richtungsentscheidungen unterzuordnen haben. weiter gefasst, für die Ausgestaltung stadtentwicklungspolitischer vergessen zu gern auf die reale Situation in der segregierten, Die Gründe dafür sind einerseits institutioneller Natur (Fachpla- Prozesse selbst. Das zeigt sich etwa darin, dass in der institutionel- verarmten und von antisemitischer Politik geprägten Metropole. nung und Verwaltung haben im komplexen Urban Governance len Ordnung des Planungssystems letztinstanzlich die kommunale Auch die Überzeichnung gründerzeitlicher Stadtstrukturen muss Regime nur beschränkten Einfluss auf die politische Richtungsent- Politik entscheidend ist. Das gilt für das paternalistische, sozialde- korrekt kontextualisiert werden, als erst die aufwandsintensiven scheidung), andererseits auch diskursbestimmt (als unbeeinfluss- mokratische Wien ganz besonders – gerade historisch. So wird Sanierungsmaßnahmen der öffentlichen Hand in der Nachkriegs- bar geframte Entwicklungskontexte erfüllen eine strategische etwa im Roten Wien die Trennung zwischen Stadtentwicklung Funktion als politiklegitimierende Diskurse und sollen daher gar und Verkehr auf der einen und Wohnbau auf der anderen Seite nicht planerisch relativiert oder differenziert werden). verwaltungsintern institutionalisiert. Noch heute wirkt diese Tren-

83 | nung im planungspolitischen Prozess, zumal Wohnbaufragen zu bestenfalls noch Beiwerk ist. Als besonders relevant erweisen sich der Donau aus. Das monozentrische Stadtmodell erklärt, warum den mitunter entscheidendsten für die Stadtentwicklung zählen. auch die Wechselwirkungen zwischen diskursiver Strategie und Transdanubien in den urbanen Entwicklungsvisionen für Wien Eine andere institutionelle Trennung ist nicht minder entschei- institutioneller Ordnung im Planungssystem, etwa wenn ein lange Zeit zurückgestellt wird. Das Achsen-Zentren-Modell pro- dend: Die Doppelrolle Wiens als Land und Gemeinde. Sie bedeu- intensiv geführter SmartCity-Diskurs der jüngeren Jahre die Grün- longiert die nach 1945 begonnene radiale verkehrliche Erschlie- tet im Kontext der Raumplanung eine Sonderstellung: örtliche dung einer SmartCity-Agentur legitimiert, oder wenn Steuerungs- ßung vom Stadtzentrum aus bis zum Ende des 20. Jahrhunderts. und überörtliche Planung liegen damit in derselben Hand. Das instrumente wie Entwicklungspläne statt fachplanerischer, Und das polyzentrische Stadtmodell begründet schließlich die Paradoxon besteht darin, dass die Entwicklungskonzepte der stadtpolitische Zielsetzungen propagieren (müssen). aktive Zentrumsentwicklung der Stadtplanung in Floridsdorf, überörtlichen Ebene, d.h. MA18, nur Empfehlungscharakter Kagran und Aspern, wie sie heute zu beobachten ist. Der Stadtentwicklungspolitik? Die Wiener Stadtentwicklungs- und haben, während die Instrumente der örtlichen Raumplanung, d.h. Stadtplanungsgeschichte machen in der Rückschau eines deut- Autogerechtes Transdanubien: Wien links der Donau ist seit 120 MA21, rechtsverbindlich sind. Anders ausgedrückt kommt damit lich: Planung und räumliche Politik sind männlich. Alter und Jahren Experimentierfeld teils gewagter städtebaulicher, architek- der örtlichen Ebene in Wien Ausführungs- und Kontrollfunktion Entscheidungsmacht mögen im Vergleich zu früheren Dekaden tonischer und planerischer Visionen. Die meisten davon bleiben zugleich zu, während die rahmengebende Entwicklungsplanung keine so zwingende Zweiheit mehr darstellen, Planungspolitik jedoch Utopien. Demgegenüber steht die bauliche Manifestation davon abgekoppelt passiert. Die Konsequenz ist eine geschickte und Geschlecht hingegen schon. So muss es fast als revolutionär eines in Wien an sich früh verworfenen funktionalen, autogerech- politische Rationalität, die nicht nur interessensgeleitete bodenpo- erachtet werden, dass seit 2010 erstmals eine Frau Planungsstadt- ten Entwicklungsleitbilds. Das Zusammenspiel einer Reihe an litische Partikularentscheidungen ohne Kontrollinstanz ermöglicht, rätin ist, während im Kreis der anderen politischen Entscheidungs- Gründen hat diese bauliche Wirklichkeit befördert: (1) Die frühe sondern im Anschluss sogar die übergeordnete Entwicklungspla- träger*innen, der Architekt*innen, Städtebauer*innen und Differenzierung zwischen Erhalt und Pflege zentrumsnaher Ge- nung zur Bühne für deren rückwirkende Legitimation macht. Planer*innen, der hohen Verwaltungsbeamt*innen und der biete und Modernisierung und Neubau in den Randbereichen Diskurse als pfadbestimmende Faktoren: Diskurse sind unbestrit- Auftragnehmer*innen weibliche Akteur*innen bestenfalls in der rückt Transdanubien in den stadtplanerischen Fokus. (2) Ver- ten stadtentwicklungspolitisch prägende Elemente. Entscheiden- zweiten Reihe zu finden sind – auch heute noch. gleichsweise ausgedehnte Flächenreserven ermöglichen die den Einfluss erlangen sie vor allem dort, wo der Abstraktionsgrad Umsetzung eines funktional entmischten Städtebaus und groß- der Planung zunimmt. Entsprechend wirkmächtig sind Narrative maßstäblicher Einzelprojekte, denen eine mangelnde fußläufige ≡ ZUR TRANSFORMATION LINKS DER DONAU und Framings des Stadtentwicklungspfads und der stadtentwick- Erschließbarkeit gemein ist. (3) Das besondere Mosaik trans- lungspolitischen Handlungsmöglichkeiten vor allem in der politik- Determinanten der Morphogenese Transdanubiens: Rückblickend danubischer Grundstücksverhältnisse – Kleingartenanlagen nahen übergeordneten Entwicklungsplanung. Denn die hier zur beeinflussen vier Faktoren das Gesicht des Wiener Nordostens neben Eisenbahntrassen, schützenswerte Grünanlagen neben Anwendung gebrachten „weichen“ Instrumente erfüllen in einer ganz entscheidend. Siedlungsgeschichte: Zwischen 9. und 19. großen Industriebrachen in Privatbesitz – erschwert umfassende dem unternehmerischen Politikverständnis immer mehr gleich- Jahrhundert werden insgesamt 16 Siedlungen gegründet, die – Zentrumsentwicklungskonzepte und provoziert sogar ein gewis- kommenden Stadtentwicklungspolitik mittlerweile eine Doppel- trotz aller Überformung – bis heute das Grundgerüst der mor- ses „Stückwerk“, das einer funktionalen Entmischung gleich- funktion als institutionalisierte fachplanerische Perspektivplanung phologischen und funktionalen Struktur Wiens links der Donau kommt. (4) De-Industrialisierung und gleichzeitige Stadterwei- und stadtpolitisches Vermarktungsinstrument. Gerade auf Ebene bilden. So gewinnen etwa die tangential zum Stadtzentrum terung im Wohnbau führen zu einem Missverhältnis zwischen der STEPs, Strategiepläne und Rahmenstrategien, aber auch im verlaufenden Straßenverbindungen zwischen diesen Orten in der Wohn- und Arbeitsstätten, dem vor allem mit dem Ausbau der vorgelagerten öffentlichen Stadtentwicklungsdiskurs, greifen stadt- aktuellen Stadtentwicklung wieder an Bedeutung. Donaulauf: Die Verkehrsinfrastruktur beizukommen versucht wird – immer zuerst politische und politiknahe Akteur*innen daher den Leitbildern Gefahren des wilden Flusses werden erst durch die zwei radikalen im MIV und erst danach, zur Reparatur unerwünschter Zustände, und Fachplanungen geschickt vor, indem sie deren rationaler Regulierungen in den 70er-Jahren des 19. und 20. Jahrhunderts auch im ÖV. Die Bewilligung unzähliger EKZ und Fachmarktzen- Entwicklung eine „imaginierte SWOT-Analyse“ voranstellen, die gebannt. Bis dahin schränkt die Gewässerentwicklung die Urbani- tren ist ein weiterer Versuch dem Problem Herr zu werden – mit den Rahmen dessen, was diskutier- und planbar ist, determiniert. sierung vor allem links der Donau massiv ein. Die Folge ist eine bis der Konsequenz weiterer funktionaler Entflechtung und Autoori- So werden Bevölkerungsentwicklung und Wirtschaftswandel, heute nicht hinreichende funktionale Integration cis- und trans- entierung. (5) Intendierter Imagewandel und die Internationalisie- Technologie und Gesellschaft, oder stadtteilbezogene räumliche danubischer Stadtteile, die sich aktuell in Debatten um Autobahn- rung der Stadt bedingen eine Reihe an kleinräumigen Gegebenheiten zu in ganz bestimmter Weise positiven oder ringe und Donauquerungen manifestiert. Eisenbahn: Die Rolle Interventionen und Wettbewerbsprojekten links der Donau, die negativen Entwicklungsbedingungen und damit pfadbestim- Wiens als Industriemetropole begründet im 19. Jahrhundert den nur ungenügend einer übergeordneten Planung entsprechen menden Faktoren ernannt, die folglich als Treiber der städtischen Bau eines dichten Schienenverkehrsnetzes. Vorerst durchschnei- (müssen). Mangelnde funktionale Integration und Eingliederung Transformation fungieren. In Folge werden gerade die breit den die neuen Eisenbahnlinien aber nur das transdanubische in das Stadtgefüge sind die Folge und vermitteln einmal mehr rezipierten Wiener Stadtentwicklungspläne seit ihrer Begründung „Hinterland“. Langsam profitieren jedoch die Eisenbahnanlieger einen eher amerikanischen denn europäischen Urbanismus. immer mehr zu räumlich unscharfen, dafür im stadtpolitischen Floridsdorf und Stadlau vom industriellen Wachstum, dem erst die Aus der transdanubischen Transformation lernen: Die Stadtent- Diskurs machtvollen Framings der Wiener Zukunft. Nicht ein auf Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs und die umfassende De- wicklungsgeschichte des Wiener Nordostens vollzieht sich in der überörtlichen Ebene angesiedeltes raumpolitisches Konzept, Industrialisierung ein Ende setzen. Die Bahnlinien bleiben hinge- unterschiedlichen Phasen. Sind die 50er- und 60er-Jahre stark das akteurs-, institutionen- und ortsspezifische Maßnahmen auf gen erhalten – als Erschließungs- und Entwicklungspotentiale auf vom Ideal kleinräumiger Entmischung, Stadterweiterung und Basis einer fundierten Analyse der strukturellen Entwicklungsbe- der einen, als landschaftszerschneidende und desintegrierende Verbesserung der Wohnqualität geprägt, bestimmt der (Ver- dingungen vorschlägt, ist primäre Stadtentwicklungsgrundlage, Altlasten auf der anderen Seite. Leitbilder: Jedes der drei pla- kehrs)Infrastrukturausbau die 70er- und 80er-Jahre. Eine umfas- sondern die konstruierten Repräsentationen eines stadtpolitisch nungshistorisch dominanten räumlichen Leitbilder für Wien übt sende Transformation erfahren die Stadtgebiete schließlich in der erwünschten Bilds von Wien, in dem die fundierte Perspektive auf seine Weise erheblichen Einfluss auf die Urbanisierung links

| 84 aktuellen Re-Urbanisierungsphase ab den 90ern, zumal sich die hoheitlichen Planung in Wien ist. Denn wider einer komplexen Einschätzungen, normativer Entwicklungsvorstellungen und histo- Stadtplanung aktiv ihres geordneten Wachstums nach einem urbanen Governance können Zielkonflikte, ökonomische Unsi- rischer Narrative. Sie können damit auch potentiell tragfähigere klaren Urbanitätsvorbild annimmt. Bei näherer Betrachtung der cherheiten und widersprüchliche Nutzungsansprüche im lokalen Planungsentscheidungen unterstützen. Entsprechend wichtig ist einzelnen Gebiete drängt sich insbesondere die Infrastruktur als Planungsregime ausgeräumt werden, sobald die Eigentumsfrage dafür eine fundierte Aufarbeitung der Stadtplanungsgeschichte. Treiber der Stadtentwicklung auf. Nicht nur in Floridsdorf und geklärt ist. Gerade in Wien herrschen diesbezüglich noch enorme Wissens- Kagran, wo der verkehrliche Ausbau mitunter den Anfang der lücken, die es in den kommenden Jahren zu schließen gilt – im baulichen Transformation markiert, auch jüngste Entwicklungen gesellschaftlichen Interesse ebenso wie zum Zweck der Selbstref- ≡ ZUM FORSCHUNGSANSATZ in der Seestadt Aspern und ihrer Umgebung spiegeln das wider. lexion der Wissenschaftsdisziplin und der Stadtplanungspraxis. Dass derartige Projekte wegen der großen Akteursvielfalt, der Das ASID-Modell als wertvolles Theoriegebäude: Die Anleihe bei Auch vergleichende Studien könnten darüber hinaus wichtige Kompetenzzersplitterung, anlassbezogen auszuhandelnder Fi- Mouleart et al. (2016) Entwicklungsprozesse als Konsequenz der Erkenntnisse zur politischen und Planungskultur, zu spezifischen nanzierungsfragen und der politischen Symbolkraft von einer Wechselwirkungen zwischen Struktur, Handlung, Institutionen lokalen Entwicklungen und zum Wandel der Planungsdisziplin besonderen Komplexität sind, muss nicht erwähnt werden. Ent- und Diskurs zu interpretieren, genießt zentrale Bedeutung im hervorbringen. scheidend ist, dass es dadurch zu einer merklichen Abweichung Forschungsprozess. In der Tat können die für Stadtentwicklung vom ersonnenen Planungsprozess und Planungsziel der überge- und Stadtplanung ausschlaggebenden Entwicklungsbedingun- ≡ ZUR DIGITALEN WISSENSCHAFTSVERMITTLUNG ordneten Ebene für ein Entwicklungsgebiet kommt. So sind Erfolg gen, Planungsprozesse und -akteur*innen, das Planungssystem Websites als digitale Ausstellungen: TRANS[form]DANUBIEN hat und Misserfolg der Realisierungspläne für die hochrangige ver- und die Selbstverständnisse und Ideale in den vier vorgeschlage- mit der Konzeption der Website als digitale Ausstellung und der kehrliche Erschließung nicht nur einmal zentrales beschleunigen- nen Dimensionen differenziert diskutiert werden, um ein klareres systematischen Dokumentation dieses Prozesses einen Beitrag zur des oder verzögerndes Element der Stadttransformation Bild lokaler Stadtentwicklungspolitik zu zeichnen. Letztlich sind Verwissenschaftlichung einer kommunikativen planerischen Praxis Transdanubiens. Dass die untersuchten Stadtteile trotz aller Ab- damit sowohl umfassende Politikfeldanalysen des Politikbereichs geleistet. Damit wird nicht nur das theoretische Verständnis hängigkeit von einer Wiener Stadtentwicklungspolitik und lokalen Planung möglich, als auch historische Systematisierungen, die – digitaler planerischer Wissensvermittlung als Aufgabe zwischen Planungskultur eine eigene Logik haben, die dem ortsspezifischen wie für die Wiener Planungsgeschichte gezeigt – Aussagen über Planung & Wissenschaft, Informatik & Technologie, sowie Journa- Entwicklungspfad geschuldet ist, zeigt sich an den besonderen kohärente Phasen, Übergänge und systemische Brüche zulassen. lismus & Kunst verdeutlicht, sondern ein Ansatz skizziert, wie eine Einflussgrößen der Metamorphologie aller drei Gebiete. (1) Die Das ASID-Modell sollte daher als vielversprechender Theorieansatz derartige Konzeption in der Praxis von Statten gehen kann. Mit Verwandlung Kagrans ist eine Abfolge versuchter Eingriffe in eine Eingang in den fachlichen Diskurs und die planerische Denkschu- der Website lidovienna.at wurde zudem ein anwendungsfähiges sich selbst niemals ausreichend regulierende urbane Umwelt, die le finden. und praxisrelevantes Beispiel digitaler Wissensvermittlung im entsprechender hoheitlicher Ordnung bedarf. Sozialer Wohnbau Bereich der Planung geschaffen, das sich großer Beliebtheit verlangt nach Versorgungsinfrastruktur, deren Errichtung schließ- Stärken und Schwächen interpretativer Analytik: Das empirische erfreut. lich nach einem tragfähigen Verkehrsnetz. Die erhöhte zentralört- Konzept für TRANS[form]DANUBIEN wurde aus dem aktuellen raum- und planungstheoretischen Diskurs entwickelt. Neben der liche Funktion ruft Wettbewerbe und solitäre Projekte auf den Historische Orthofotos als Analyse- und Vermittlungsmedium: literaturbasierten Systematisierung umfassender Wissensbestände Plan, die wiederum umfassender Urbanitätsentwicklung zwischen Anders als historisches Kartenmaterial können Luftbilder als nahe- erhält die interpretative Analytik eine zentrale Rolle als For- Objekt und Stadtraum bedürfen. (2) Die doppelte Transformation zu wertfreie Zeitdokumente physischer Stadträume gelesen wer- schungsansatz. Ihre unbestreitbaren Stärken sind die Flexibilität im des Floridsdorfer Zentrums ist in seiner Historie als zentraler trans- den. Ihre Verwendung ist besonders dann sinnstiftend, wenn Umgang mit anfangs womöglich noch unbekanntem Datenma- danubischer Wirtschaftsstandort begründet. Die De-Industriali- Bildmaterial aus verschiedenen Jahren gegenübergestellt und terial, die einfache Methodentriangulation (etwa durch Ver- sierung der 1960er und die zunehmende Tertiärisierung und damit Veränderungen der baulich-physischen Stadt erkennbar schneidung mit Expert*inneninterviews) und die Möglichkeit Konsumorientierung der Stadtwirtschaft ab den 1970ern führen – gemacht werden können. In TRANS[form]DANUBIEN sind die unterschiedlichste Datenbestände zu integrieren. Flexibilität be- jeweils zeitlich verzögert – zu einem umfassenden baulichen historischen Orthofoto-Zeitreihen entsprechend wichtiger Be- deutet gleichsam Unsicherheit im Prozess. Die Notwendigkeit Wandel. Wie sich nach der erneuten Stadtteilwerdung Florids- standteil der Grundlagenforschung. Sie sind jedoch nicht nur eines iterativen Vorgehens –mehrere Schleifen in den Erkenntnis- dorfs ein nächster ökonomischer Wandel (bspw. eine umfassende bildlicher Vergleich makrostruktureller Wandlungsprozesse, son- prozess einziehen, Informationen kontextualisieren, Wissen ver- digitale Transformation) auswirken wird, bleibt abzuwarten. Dass dern historische Momentaufnahmen, die den Blick auf besondere dichten, Interpretationen zu prüfen – kann mitunter langwierig die in überproportionalem Ausmaß vorhandenen Handels- und historische Artefakte erlauben. In diesem Sinn sind sie doppelt sein und letztlich auch das Verwerfen eines ganzen Analy- Gewerbeflächen davon betroffen sein werden, ist jedoch anzu- wertvoll, weil sie das Feld für eine detaillierte Analyse objekt- oder sestrangs bedeuten. Diese Aspekte im Vorfeld abzuwägen ist nehmen. (3) Die Metamorphologie Asperns ist ungeachtet der ensemblebezogener Entwicklungen und Veränderungen eröff- entscheidend für das Gelingen interpretativ-analytischer For- vorindustriellen Siedlungsgeschichte nicht auf den alten Ortskern, nen. Darüber hinaus eignen sich Luftbilder in einer Zeit, in der schungsansätze. sondern das Flugfeld bezogen. Die einzigartige Funktion und die Kartendienste wie Google Maps Orthofotos zu einer gängigen damit verbundenen, besonderen Grundstücksverhältnisse wer- „Lernen S‘ ein bisschen Geschichte“: Ein ernsthaftes Anliegen Bildsprache gemacht haben, als Vermittlungsmedium. Sie erlau- den zu Faktoren einer baulichen Umformung, die dem Standort planerischer Forschung müssen Prozessanalysen sein, die die ben die einfache Kommunikation ansonsten als zu komplex seit den 80ern einen Platz auf der Stadtplanungsagenda verschaf- raumzeitlichen Zusammenhänge der Stadtentwicklung in den empfundener Aussagen zu räumlicher Transformation und sind fen – erst als Betriebsgebiet, dann als repräsentativer Stadtteil. Am Blick rücken. Historisch informierte, relationale Analysen erlauben daher ein ernstzunehmendes planungswissenschaftliches und speziellen Fall wird zudem einmal mehr deutlich, dass Bodenver- – das zeigt auch dieses Projekt – eine weitaus differenziertere planungspraktisches Instrument. fügbarkeit die zentrale Prämisse einer durchsetzungsfähigen Kontextualisierung, Diskussion und Relativierung raumrelevanter

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91 | ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abb. 1: Vereinfachtes Analysekonzept in TRANS[form]DANUBIEN ...... 7 Abb. 21: Flächenwidmung nach Karl Brunner (Quelle: Brunner 1952: Abb. 37: Umgestaltungsentwurf Eßling, Karl Beilage I) ...... 48 Brunner (Quelle: Brunner 1952: IIX) ...... 69 Abb. 2: Raumtheoretisch abgeleitete Dimensionen städtischen Wandels .... 8 Abb. 22: Trassenvarianten für das Wiener U-Bahn-Netz aus Abb. 38: Vergleich der Luftbildpläne (oben) und Realnutzungskartierung Abb. 3: Relationaler Raum nach Harvey (1990), Crang (2008) ...... 9 dem Jahr 1970 (Quelle: Magistratsabteilung 18 1970) ...... 49 (unten) für das Flugfeld Aspern und umgebende Bereiche (Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Magistrat der Stadt Abb. 4: Planungstheoretisch abgeleitete Dimensionen lokaler Planung ..... 10 Abb. 23: Hiesmayrs Entwurf für den Kagraner Lettenhaufen Wien, MA 41 – Stadtvermessung, sowie Stadt Wien – Vienna (Quelle: Historisches Museum der Stadt Wien 1999: 459) ...... 50 GIS 2018 (oben) und Stadt Wien 2018q (unten)) ...... 70 Abb. 5: Theoriebasiertes Mehr-Ebenen-Modell urbaner Metamorphologien in TRANS[form]DANUBIEN ...... 11 Abb. 24: Zentrenanalyse zur Bezirksplanung des 22. Bezirks Abb. 39: Skizze der Asperner Metamorphologie ...... 72 von 1972 (Quelle: Magistrat der Stadt Wien 1993: 11) ...... 51 Abb. 6: Zeitlicher Analysefokus je Beobachtungsebene ...... 15 Abb. 40: Das Forschungsprojekt an der Schnittstelle dreier Disziplinen ...... 75 Abb. 25: Studie zu Stadterweiterungs- und Nachver- Abb. 7: Zeitleiste politökonomischer Pha- dichtungszonen (Quelle: MA18 2016: 111) ...... 54 Abb. 41: Der Luftbildplanvergleich zeigt die Transformation sen und Transformationen Wiens ...... 16 Hirschstettens (Quelle: Eigene Darstellung auf Ba- Abb. 26: Vergleich der Luftbildpläne (oben) und Realnutzungs- sis von Stadt Wien – Vienna GIS 2018) ...... 76 Abb. 8: Zeitleiste demografischen und stadtgesellschaftlichen kartierung (unten) des Zentrums Kagran (Quelle: Eigene Wandels Wiens (Bevölkerungsdaten bis inkl. 2011: Wien Darstellung auf Basis von Magistrat der Stadt Wien, MA Abb. 42: Zusammenhang zwischen Luftbild, Gelände- Geschichte Wiki 2017c, Folgejahre: MA 23 (2014, 2016) ...... 17 41 – Stadtvermessung, sowie Stadt Wien – Vienna GIS modell und Orthofoto (Quelle: Kraus 1976) ...... 77 2018 (oben) und Stadt Wien 2018q (unten)) ...... 59 Abb. 9: Wiener Bahnanlagen um 1910 (Quelle: Ku- Abb. 43: Kriterien für/gegen Websites als Vermittlungsmedium ...... 78 binszky, Mihaly 1986: Bahnhöfe in Österreich. Abb. 27: Donaubereichswettbewerb (Quelle: Archi-tektur und Geschichte. Wien: Slezak) ...... 19 Magistrat der Stadt Wien 1993: 13) ...... 60 Abb. 44: Die bei lidovienna.at zur Anwendung gebrachten digitalen Vermittlungstools ...... 79 Abb. 10: Das dichte Wiener Straßenbahnnetz Abb. 28: Citypark-Kagran – Entwurf für ein städtebau- im Jahr 1902 (Quelle: Kaiser 2008) ...... 20 liches Leitbild, Obermann und Stanzl 1991 Abb. 45: Prozessschritte in der Konzeption digitaler Ausstellungen ...... 80 (Quelle: Magistrat der Stadt Wien 1993: 22) ...... 61 Abb. 11: Schematische Darstellung der historischen Abb. 46: Die Startseite der digitalen Ausstellung lidovienna.at ...... 80 Stadterweiterungen Wiens seit 1850 ...... 21 Abb. 29: Eissporthalle – Übersichtsplan, Wutscher 1989 Abb. 47: Sechs historische Phasen der Wie- (Quelle: Magistrat der Stadt Wien 1993: 17) ...... 61 Abb. 12: Veränderung der Bevölkerungsdichten in Wien seit ner Stadtplanung (1829-2018)...... 83 1888 (Quelle: Müller 2007, veränderte Darstellung) ...... 22 Abb. 30: Vergleich der Realnutzungskartierung 1997 und 2005 Zentrum Kagran (Quelle: Eigene Abb. 13: Chronologische Übersicht der "großen Pläne" zur Darstellung auf Basis von Stadt Wien 2018q) ...... 62 Wiener Bodenordnung und Stadtentwicklung ...... 25 Abb. 31: Skizze der Kagraner Metamorphologie ...... 63 Abb. 14: Einflussreiche Akteur*innen der Wiener Planungs- geschichte im gesellschaftlichen Spektrum ...... 30 Abb. 32: Vergleich der Luftbildpläne (oben) und Realnutzungs- kartierung (unten) des Zentrums Floridsdorf (Quelle: Abb. 15: Die Institutionalisierung dominanter Planungsideale ...... 32 Eigene Darstellung auf Basis von Magistrat der Stadt Abb. 16: Die räumlichen Leitbilder der Stadtentwicklungs- Wien, MA 41 – Stadtvermessung, sowie Stadt Wien pläne für 1984, 1994, 2005 und 2014 ...... 34 – Vienna GIS 2018 (oben) und Stadt Wien 2018q (unten) ...... 64

Abb. 17: Dominante Phasen der Wiener Stadt- Abb. 33: Entwicklung der SGP- und ÖAF-Gründe im Vergleich planungsgeschichte (1829 - heute)...... 40 der Jahre 1989 und 2016 (Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Magistrat der Stadt Wien 1989: 51, so- Abb. 18: Einflussgrößen der historischen Mor- wie Stadt Wien – Vienna GIS 2018) ...... 66 phogenese Wiens links der Donau ...... 44 Abb. 34: Geplanter Straßenausbau (Quelle: Abb. 19: Otto Wagners Großstadtstudie (Quelle: Histori- Magistrat der Stadt Wien 1989) ...... 66 sches Museum der Stadt Wien 1999: 229) ...... 46 Abb. 35: Vergleich der Realnutzungskartierung 1997 Abb. 20: Entwurf Aufmarschachse 1938 (links) und Entwurf und 2005 Zentrum Floridsdorf (Quelle: Eige- Nordstadt Kagran 1941 (rechts) (Quelle: Histori- ne Darstellung auf Basis von Stadt Wien 2018q) ...... 67 sches Museum der Stadt Wien 1999: 342, 361) ...... 47 Abb. 36: Skizze der Metamorphologie des Floridsdorfer Zentrums ...... 68

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VERZEICHNIS DER FACHGESPRÄCHE In TRANS[form]DANUBIEN werden unter dem Begriff „Fachge- spräch“ unterschiedliche Formen des bilateralen Wissensaus- tauschs zwischen dem Forschungsteam und Expert*innen der Wiener Stadtentwicklung und Stadtplanung subsumiert. Diese wurden nach wissenschaftspragmatischen Kriterien je nach Projektphase, inhaltlicher Anforderung und zeitlicher Verfügbar- keit der Expert*innen verschieden gewählt. Neben leitfadenge- stützten Expert*inneninterviews zählen dazu der Austausch bei den drei Beiratssitzungen, schriftliches Feedback zu Projektzwi- schenständen und Berichtsteilen, sowie informelle schriftliche und mündliche Austauschformate. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden Verweise auf derart generiertes Wissen nicht weiter differenziert, sondern einheitlich als Fachgespräche mit den entsprechenden Personen gekennzeichnet. Folgende Ex- pert*innen haben sich dankenswerter Weise im Projektverlauf ein oder mehrere Male für Fachgespräche zur Verfügung gestellt: Peter Eigner, Professor am Institut für Wirtschafts- und Sozialge- schichte der Universität Wien

Mathis Falter, Sachbearbeiter am Referat Stadtforschung und Raumanalysen der Magistratsabteilung 18 – Stadtentwicklung und Stadtplanung der Stadt Wien

Johannes Gielge, Leiter des Referats Stadtforschung und Raum- analysen der Magistratsabteilung 18 – Stadtentwicklung und Stadtplanung der Stadt Wien Walter Matznetter, Vize-Studienprogrammleiter des Instituts für Geographie und Regionalforschung an der Universität Wien Erich Raith, Professor am Institut für Städtebau, Landschaftsarchi- tektur und Entwerfen der TU Wien

Andreas Trisko, Leiter der Magistratsabteilung 18 – Stadtentwick- lung und Stadtplanung der Stadt Wien

Andreas Weigl, Leiter der Abteilung Wissenschaftliche Projekte und Kooperationen der Magistratsabteilung 8 – Wiener Stadt- und Landesarchiv der Stadt Wien

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