Bericht 2009
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Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport Verfassungsschutz- bericht 2009 Vorwort Liebe Bürgerinnen und Bürger! Mit der Vorlage des Verfassungsschutzberichtes für das Jahr 2009 kommt das Niedersächsische Mini- sterium für Inneres und Sport seinem gesetzlichen Auftrag nach, die Öffentlichkeit über Aktivitäten zu informieren, die sich gegen die freiheitliche de- mokratische Grundordnung und damit das Funda- ment unseres Gemeinwesens richten. Der Verfassungsschutz ist Ausdruck einer wehr- haften Demokratie. „Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit!“ – damit lässt sich treffend die Ent- scheidung des Grundgesetzes und der Niedersäch- sischen Verfassung umschreiben, extremistischen Bestrebungen, die auf eine Beseitigung des freiheitlichen und demokratischen Rechtsstaats abzielen, nach- drücklich entgegenzutreten. Die Gefahren des politischen Extremismus sind vielfältig. Diese Gefahren müs- sen transparent gemacht werden – frühzeitig und umfassend. Das ist das zentra- le Ziel des alljährlichen Verfassungsschutzberichts. Anhaltende Bedrohung durch Islamisten Niedersachsen lässt sich von der sicherheitspolitischen Lage, in der sich Deutsch- land und Europa befi nden, nicht abkoppeln. Vor allem der islamistische Terro- rismus stellt eine ernsthafte Bedrohung dar. Längst steht auch Deutschland in seinem Fadenkreuz. Wie konkret die Gefahrenlage werden kann, haben etwa die Aktivitäten der so genannten Sauerland-Gruppe gezeigt. Die im Jahr 2007 festgenommenen Mitglieder dieser Terrorzelle wollten in Deutschland aus po- litisch-religiöser Verblendung Bombenanschläge begehen; sie sind deshalb im März 2010 zu hohen Haftstrafen verurteilt worden. Die Spur der Terroristen führte auch nach Niedersachsen. Aus dem Raum Braunschweig hatten sie Un- terstützung erhalten, zudem erwarb die „Sauerland-Gruppe“ hier Material zur Sprengstoffherstellung. Im Jahr 2009 haben islamistische Terroristen versucht, über zahlreiche Droh- videos Einfl uss auf die Bundestagswahlen zu nehmen. Wir wissen, dass auch Personen aus Niedersachsen in Terrorcamps ausgebildet wurden und wieder zu uns zurückgekehrt sind. Diese Entwicklung zeigt, wie real die Gefahr ist. Verfas- sungsschutz, Polizei und Justiz dürfen in ihrer Wachsamkeit nicht nachlassen. Der Nährboden für den Terrorismus ist der geistige Extremismus. Mit großer Sorge blicken wir deshalb auf salafi stische Prediger, die in Moscheen, Vereinen und im Internet zahlreiche Anhänger fi nden. Salafi sten lehnen die Demokra- tie ab und streben die Theokratie (Gottesherrschaft) an. In Braunschweig ist ein geistiges Zentrum der Salafi sten entstanden, um das sich ein weit über die Lan- desgrenzen reichendes Netzwerk gebildet hat. Nicht jeder Salafi st entwickelt sich zum Terroristen. Aber wir wissen, dass spätere Terroristen fast immer salafi - stische Seminare und Schulungen besucht haben. Diese Unterweisungen wirken radikalisierend. Auch das macht solche Schulungszentren gefährlich. Rechtsextremismus bleibt ernste Herausforderung Unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung wird nach wie vor von Rechts- und Linksextremisten bedroht. Erfreulich ist, dass der dem rechtsextremistischen Spektrum zuzurechnende Personenkreis in Niedersachsen im Jahr 2009 kleiner geworden ist. Allerdings gibt es keinerlei Grund zur Entwarnung. Der Rechts- extremismus unterliegt einem großen Wandel. Wir beobachten eine immer stärkere Vermischung von Parteimitgliedern der NPD mit so genannten „freien Nationalisten“ sowie neonazistischen Kameradschaften. Auch die Grenzen zur Subkultur verwischen: Autonome Nationalisten erstarken und kooperieren mit anderen Rechtsextremisten. Zudem gibt es Versuche, die Jugendorganisation der NPD, die „Jungen Nationaldemokraten“, zu reorganisieren. Insgesamt lässt sich feststellen: Rechtsextremisten werden jünger und unter- nehmen große Anstrengungen, Nachwuchs zu gewinnen. Sie verteilen gezielt Schülerzeitungen wie „Der Bock“ oder versuchen mit einer raffi nierten Strate- gie, über Internet-Netzwerke wie Facebook oder SchülerVZ gezielt Jugendliche anzusprechen und zu werben. Prävention durch Aufklärung Deswegen müssen wir Präventionsmaßnahmen verstärken. Mit der 2009 ge- gründeten Niedersächsischen Extremismus-Informations-Stelle (NEIS) haben wir unsere Präventionsarbeit gebündelt, fortentwickelt und um weitere Bausteine ergänzt. Dazu gehören das Aussteigerprogramm „Aktion Neustart“ oder Be- mühungen, die Schülerinnen und Schüler auf der Grundlage von Lehrerfortbil- dungen, Vortragsveranstaltungen, Ausstellungen und Planspielen sowie über eine Qualifi zierung von Ehrenamtlichen gegen den Rechtsextremismus zu im- munisieren. Unter der Federführung von NEIS hat der Niedersächsische Verfas- sungsschutz 2009 eine Reihe von Extremismus-Symposien veranstaltet, zunächst zum Links-, dann auch zum Rechtsextremismus. Sie fanden große Resonanz und Anerkennung als „gelungene Beispiele guter politischer Bildung“. Für den niedersächsischen Verfassungsschutz gilt die Devise: Der Kampf ge- gen politischen Extremismus beginnt in den Köpfen. NEIS steht für eine moderne Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes, mit der wir auch künftig das geistige Fundament unserer Demokratie stärken und insbesondere junge Menschen gegen extremistisches Gedankengut immunisieren werden. Linksextremismus nicht verharmlosen Mit großer Sorge verzeichnen wir in Niedersachsen entsprechend einem bundes- weiten Trend eine Zunahme linksextremistischer Gewalttaten. Brandanschläge – zumeist in Göttingen – und Straßenkrawalle bei Demonstrationen haben auch Menschenleben gefährdet. Opfer sind vor allem Polizeibeamtinnen und -beam- te. Deshalb muss einmal mehr vor jeglicher Verharmlosung links gerichteter Ge- walt gewarnt werden. Im Jahr 2009 hat der Verfassungsschutz seine anerkannte Präventionsarbeit um den Bereich Linksextremismus ergänzt. Ob Rechts- oder Linksextremismus: Das Leitprinzip einer wehrhaften Demokratie verlangt, jegli- cher Form des Kampfes gegen die Grundfesten unseres Gemeinwesens mit Nach- druck entgegenzutreten. Es ist deswegen auch keineswegs harmlos, wenn einzelne Mitglieder und Funktionäre der Partei DIE LINKE Beziehungen zum gewaltbereiten autonomen Linksextremismus unterhalten. Entgegen mancher Erwartungen hat die Vereini- gung von PDS und WASG zur Partei DIE LINKE nicht zu einer Mäßigung, sondern eher zu einer Radikalisierung der Partei geführt. Vor derartigen Gefahren war- nen keineswegs nur Verfassungsschutzämter, sondern auch Obergerichte. So ur- teilte das Oberwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen im Februar 2009, dass DIE LINKE Bestrebungen verfolgt, die gegen die freiheitliche demokratische Grund- ordnung gerichtet sind. Die Partei, so das Oberverwaltungsgericht, biete einen „Nährboden für verfassungsfeindliche Bestrebungen“. Konsequenterweise hal- ten die Richter eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz für erforderlich. Auch der niedersächsische Verfassungsschutz wird seinem gesetzlichen Auftrag weiterhin nachkommen und DIE LINKE als Beobachtungsobjekt einstufen. Schutz niedersächsischer Unternehmen vor Spionage Weitere Kernaufgaben des Verfassungsschutzes sind die Spionageabwehr und der Geheimschutz. Niedersachsen ist als Standort innovativer Unterneh- men für Spitzentechnologien im Fokus zahlreicher fremder Nachrichtendienste. Der präventive Aspekt der Abwehrarbeit wird seit Jahren durch einen starken Wirtschaftsschutz geleistet. Er ist zu einem anerkannten Partner der niedersäch- sischen Unternehmen geworden. Diesem vorbeugenden Aspekt wird auch in Zu- kunft große Bedeutung zukommen. Mein herzlicher Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Nie- dersächsischen Verfassungsschutzes, an ihrer Spitze Präsident Günter Heiß, der Ende 2009 in das Bundeskanzleramt wechselte. Sein Nachfolger, Präsident Hans- Werner Wargel, wird die bewährte Arbeit fortsetzen und dafür Sorge tragen, dass der Verfassungsschutz in Niedersachsen weiterhin dem effektiven Schutz unserer freiheitlichen Ordnung dient. Für diese sicherheitspolitische Kernauf- gabe wünsche ich ihm und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verfas- sungsschutzbehörde viel Erfolg. Uwe Schünemann Niedersächsischer Minister für Inneres und Sport 1. Verfassungsschutz in Niedersachsen 2. Vorbemerkungen 3. Ausländerextremismus 4. Rechtsextremismus 5. Linksextremismus 6. Scientology-Organisation 7. Spionageabwehr 8. Geheim- und Wirtschaftsschutz 9. Anhang, Abkürzungs-, Personen-, Stichwort- und Ortsverzeichnis I N H A L T S Ü B E R S I C H T 1. DER VERFASSUNGSSCHUTZ IN NIEDERSACHSEN .................................................. 15 1.1 Verfassungsschutz und Demokratie ............................................................................ 15 1.2 Gesetzliche Grundlagen ............................................................................................... 17 1.3 Hauptaufgaben des Verfassungsschutzes .................................................................. 17 1.4 Organisation ................................................................................................................. 18 1.5 Informationsgewinnung ..............................................................................................18 1.6 Keine polizeilichen Befugnisse ....................................................................................19 1.7 Kontrolle ....................................................................................................................... 19 1.8 Verfassungsschutz als Nachrichtendienst ...................................................................20 1.9 Beschäftigte .................................................................................................................