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UniCredit Bank AG

Wüstenrot & Württembergische AG AXA Konzern AG Zalando SE SE R+V Versicherung AG

BP Europa SE

Adolf Würth GmbH & Co. KG Landesbank Baden-Württemberg

Airbus Group SE HSBC Trinkaus & Burkhardt AG Altana AG Heidelberger Druckmaschinen AG ZF Friedrichshafen AG SAP SE Südzucker AG Top 10 der best vernetzen Commerzbank AG Deutsche Bahn Aktiengesellschaft EnBW Energie Baden-Württemberg AG Vorstände und Aufsichtsräte KUKA AG Dr. Ulrich LANXESS AG 1. Prof. Dr. Ulrich Lehner Deutsche Börse AG Axel Springer SE Schröder Dürr AG SMS Holding GmbH Freudenberg SE 2. Werner Wenning 3. Dr. Ulrich Schröder Dr. Nicola KfW Bankengruppe Fraport AG Voith GmbH Leibinger-Kammüller ThyssenKrupp AG 4. Wolfgang Mayrhuber Carl Zeiss AG Aurubis AG 5. Dr. Jürgen Hambrecht Benteler International AG Trumpf GmbH & Co. KG Norddeutsche Landesbank Girozentrale Hannover Rück SE AG 6. Dr. Paul Achleitner Deutsche Post AG Software AG Wolfgang Salzgitter AG 7. Dr. Nicola Leibinger-Kammüller Dr. Hubert Lienhard Mayrhuber RAG AG Deutsche Telekom AG RWE AG 8. Stefan Krause FUCHS PETROLUB SE Heraeus Holding GmbH adidas AG 9. Hans Dieter Pötsch HELIOS Kliniken GmbH Deutsche Schaeffler AG Fresenius SE & Co. KGaA Lufthansa AG Continental AG 10. Dr. Hubert Lienhard Boehringer Ingelheim GmbH Siemens AG BMW AG Prof. Dr. E.ON SE Ulrich Lehner Daimler AG Henkel AG & Co. KGaA Vattenfall GmbH maxingvest ag Beiersdorf AG Fresenius Medical Care AG & Co. KGaA Robert Bosch GmbH Deutsche Postbank AG MERCK KGaA Werner Wenning Deutsche Bank AG Dr. August Oetker KG OSRAM Licht AG Bayer AG Bertelsmann SE & Co. KGaA K+S AG Allianz SE ProSiebenSat.1 Media SE Institut für Demoskopie Allensbach Hans Dieter Pötsch Linde AG BASF SE METRO AG Dr. Paul Stefan Krause Porsche Automobil Holding SE Achleitner Droege International Group AG Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG Dr. Jürgen Hambrecht Vonovia SE TUI AG VOLKSWAGEN AGMAN SE Evonik Industries AG Tengelmann Warenhandelsgesellschaft KG Franz Haniel & Cie. GmbH Deutsche Asset & Wealth Management Investment GmbH Infineon Technologies AG Generali Deutschland Holding AG Hapag-Lloyd AG

HOCHTIEF AG

Bayerische Landesbank Wincor Nixdorf AG AG Unternehmen und Wirtschaft B. Braun Melsungen AG Gerresheimer AG Schweinsberg · Laschet Wacker Chemie AG TAKKT AG Die wichtigsten Aufsichtsräte in www.top-aufsichtsrat.de Versicherungskammer Bayern Deutschland

Handbuch für Aufsichtsräte und Fielmann AG Beiräte in deutschen Unternehmen Die Abbildung stellt das Kernnetzwerk der deutschen Wirtschaft dar. Es besteht aus 101 Unternehmen, die miteinander durch Interlocking Directorates 2015/2016 verbunden sind. Linien mit Pfeilen zeigen an, dass das eine Unternehmen ein Vorstandsmitglied in den Aufsichtsrat des anderen Unternehmens schickt (strategische Beziehungen). Linien ohne Pfeil verweisen auf Verbindungen durch die Aufsichtsräte der beteiligten Firmen. Je größer und je dunkler ein Unternehmen, desto stärker seine Netzwerkeinbettung innerhalb des sichtbaren Netzwerks. Die Einbettung setzt sich zusammen aus dem Closure NÜRNBERGER Versicherungsgruppe Capital (Einbettung in Unternehmenscliquen) sowie dem Brokerage Capital (branchenübergreifende Verbindungen durch Vorstände und Aufsichtsräte). Datengrundlage: 117 Unternehmen (101 davon in einer zusammenhängenden Netzwerkkomponente), 2.009 Personen und 2.273 Mandate. Datenquelle: Bundesanzeiger: „Die wichtigsten Aufsichtsräte in Deutschland“, Analyse und Grafik: FASresearch. © 2015 FASresearch V.5 Das Zentrum der deutschen Wirtschaft (Katzmair/Gulas)

V.5 Das Zentrum der deutschen Wirtschaft Eine Analyse der Vorstands- und Aufsichtsratsverflechtungen ausgewählter deutscher Unternehmen (Katzmair/Gulas)

Autoren: Mag. Dr. Harald Katzmair und Mag. Christian Gulas, FASresearch, Österreich

Inhalt I. Einleitung II. Datengrundlage III. Soziale Netzwerkanalyse IV. Die am besten vernetzen Personen V. Strukturelle Falten im Netzwerk VI. Dreiecksverbindungen und Cluster VII. Netzwerkkarte

I. Einleitung Die Vernetzung von Unternehmen durch Vorstände und Aufsichtsräte (Interlocking Directorates) ist seit langem ein wichtiger Untersuchungsgegenstand der Sozialen Netzwerkanalyse (SNA). Zwei Ar- ten von Verflechtungen können unterschieden werden: Primäre (strategische) Beziehungen entste- hen dadurch, dass ein Vorstandsmitglied eines Unternehmens in den Aufsichtsrat eines anderen Unternehmens (zum Beispiel in eine Konzerntochter, aber auch in Unternehmen, zu denen Kapital- beteiligungen bestehen) entsendet wird. Sekundäre Beziehungen ergeben sich, wenn eine Person in zwei oder mehreren Unternehmen Aufsichtsratsmandate wahrnimmt. Bei primären Beziehungen ist die Verbindung zweier bestimmter Firmen bewusst gewählt, während bei sekundären Beziehungen die Vernetzung nicht notwendigerweise intendiert ist. In der Netzwerkkarte sind die primären Rela- tionen mit Pfeil und die sekundären ohne dargestellt. II. Datengrundlage Die Grundlage für die Analyse bilden Daten über 117 ausgewählte Unternehmen, in denen 2.009 Personen insgesamt 2.273 Mandate bekleiden. Die Auswahl traf die nach Umsatz und Bedeutung namhaftesten Unternehmen und Familienunternehmen, darunter die DAX 30 Unternehmen sowie die wichtigsten Unternehmen in Deutschland. 190 Personen (9,5%) haben mehr als ein Mandat inne; das Maximum innerhalb der ausgewählten Unternehmen beträgt fünf Mandate. Der Anteil der Frauen beträgt 18,2% (365 von 2.009). Alle Analyseergebnisse beziehen sich auf das Netzwerk dieser 117 Unternehmen. III. Soziale Netzwerkanalyse Soziale Netzwerkanalyse konzipiert die Beziehungen zwischen den Unternehmen als potentielle Ka- näle zur Allokation von Ressourcen, insbesondere von Informationen. Je besser das soziale Kapital eines Unternehmens bzw. einer Person, desto besser ist dementsprechend ihr Zugang zu Ressour- cen. In unserer Analyse besteht soziales Kapital in zwei Dimensionen: Brokerage und Closure. Bro- kerage Capital bezieht sich auf branchenübergreifende Vernetzung, Closure Capital auf die Einbet- tung in Unternehmensbranchen bzw. -cliquen. Die zehn Unternehmen mit der stärksten Netzwerk- einbettung sind die KfW, Lufthansa, Deutsche Bank, Deutsche Postbank, Siemens, ThyssenKrupp, BMW, Deutsche Post, Deutsche Telekom und Bayer. Die Firmen, die die meisten Vorstände in die Aufsichtsräte anderer Unternehmen des Netzwerks schicken (primäre Beziehungen), sind Trumpf, Voith, Lufthansa, Franz Haniel und die KfW.

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IV. Die am besten vernetzen Personen Die Liste der „Strippenzieher“, der am besten vernetzen Personen, wurde folgendermaßen erstellt: Der Rangplatz einer Person ergibt sich durch die Summe der Vernetzungswerte der Unternehmen, in denen sie Mandate bekleidet. Zusätzlich wurde eine Gewichtung nach der Art der Mandate vor- genommen: Vorstands-, Geschäftsführungs- sowie Aufsichtsratsvorsitzfunktionen wurde ein größe- res Gewicht beigemessen als „einfachen“ Aufsichtsratsmandaten. Die in diesem Sinne sowie inner- halb des analysierten Netzwerks am besten vernetzten Personen sind Ulrich Lehner (u.a. Aufsichts- ratsvorsitz bei ThyssenKrupp und Telekom), Werner Wenning (Aufsichtsratsvorsitz bei Bayer und E.ON), Ulrich Schröder (Vorstandsvorsitzender der KfW), Wolfgang Mayrhuber (u.a. Aufsichtsrats- vorsitz bei der Lufthansa), Jürgen Hambrecht (Aufsichtsratsvorsitz bei BASF), Paul Achleitner (Auf- sichtsratsvorsitz Deutsche Bank), Nicola Leibinger-Kammüller (Trumpf), Stefan Krause (Deutsche Bank), Hans Dieter Pötsch (Porsche) sowie Hubert Lienhard (Voith). V. Strukturelle Falten im Netzwerk Es muss betont werden, dass es sich beim untersuchten Netzwerk um das absolute Zentrum der deutschen Wirtschaft handelt. Jedes der darin vorkommenden Unternehmen ist exzellent vernetzt. In diesem Netzwerkkern bilden die Unternehmen und ihre Verflechtungen sogenannte strukturelle Falten. Das bedeutet, dass es im Netzwerkzentrum zu Überlappungen von Branchen und Netzwerk- milieus kommt. Diese Überlappungen werden nicht durch einzelne, sondern durch viele Unterneh- men hergestellt, zwischen denen eine dichte Vernetzung besteht. Diese strukturellen Falten sind es, die für den Zusammenhalt des Netzwerks sorgen und die das Austarieren der unterschiedlichen In- teressen ermöglichen, über die die Fraktionen der wirtschaftlichen Elite verfügen. VI. Dreiecksverbindungen und Cluster Die Stabilität der Beziehungen ist auch auf das hohe Ausmaß an sogenannten Dreiecksverbindun- gen zurückzuführen (Anzahl der gemeinsamen „Bekannten“). Besonders stark, weil mit vielen ge- meinsamen dritten Unternehmen verbunden, sind die Links zwischen E.ON und Henkel, BMW und Metro, Siemens und Trumpf, Siemens und Lufthansa sowie Bayer und Henkel. Darüber hinaus lassen sich innerhalb des untersuchten Netzwerks mehrere Subcommunities (Louvain-Cluster) identifizie- ren, zum Beispiel (um jeweils die wichtigsten Firmen zu nennen) ein Cluster mit Deutsche Bank/ Postbank/KfW/RWE/Bayer/Continental; einer mit Allianz/BMW/Metro; oder ein weiterer mit Henkel/ Porsche/ThyssenKrupp/Telekom/E.ON sowie Bertelsmann. VII. Netzwerkkarte Die beigefügte Netzwerkkarte zeigt, wie dicht die Verflechtung zwischen Unternehmen ist, die un- terschiedlichen Branchen angehören. Die Branchen mit den meisten Firmen im Netzwerk sind Ban- ken und Versicherungen (26 von 117 oder 22%), Chemie und Pharmazie (14%), Automobilindustrie (9%), Maschinen- und Anlagenbau (7%) sowie Informationstechnik und Telekommunikation (5%). Es lässt sich eine deutliche Hierarchie der Branchen im Hinblick auf die strategischen Beziehungen identifizieren (d.h. welche Branche ihre Vorstände in die Aufsichtsräte anderer Branchen entsendet). Absolut gehen die meisten strategischen Beziehungen von den Finanzunternehmen (KfW, Deutsche Bank) aus, relativ gesehen, also bereinigt um die Anzahl der Unternehmen pro Branche, sind es die Konzerne des Maschinen- und Anlagenbaus (Trumpf, Voith), deren Vorstandsmitglieder in vielen Aufsichtsräten innerhalb des Zentrums der deutschen Wirtschaft aktiv sind. Bezogen auf das unter- suchte Netzwerk können Finanzunternehmen sowie der Maschinenbau als die Machtquellen be- zeichnet werden, da sie viele Vorstände entsenden. Die umgekehrte Rolle im Netzwerk (passiv im Hinblick auf die Entsendungen) spielt die Stahl- und Metallindustrie. Die sozialen Beziehungen („Flow der Personen“) laufen demnach den Wertschöpfungsbeziehungen („Flow der Güter“) entge- gen. Von den Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus führen die meisten primären Bezie- hungen zur Branche Feinmechanik und Optik. Banken und Versicherungen sind mit ihren Vorstän-

191 V.5 Das Zentrum der deutschen Wirtschaft (Katzmair/Gulas) den häufig in den Aufsichtsräten der Stahl- und Metallindustrie vertreten. Gleichermaßen aktiv (be- schicken Aufsichtsräte) und passiv (werden beschickt) sind die Automobilindustrie, Verkehr und Transport, Feinmechanik und Optik sowie die IKT. Auffällig ist, dass Finanzunternehmen sowie klassische Industrien das Zentrum der deutschen Wirt- schaft (nach wie vor) dominieren und die Zukunftsbranchen IKT und Software (Stichwort Industrie 4.0) sich (noch) an dessen Rand befinden. Hinweis zu den Autoren

Dr. Harald Katzmair ist Philosoph und Sozialwissenschaftler. Er ist Gründer, Direktor und wissen- schaftlicher Leiter des internationalen Analyse- und Beratungsunternehmens FASresearch. Katz- mair ist ein viel beachteter Vordenker in Sachen Netzwerke, soziales Kapital und Resilienz und hat zu diesen Themenfeldern zahlreiche Publikationen vorgelegt. Mag. Christian Gulas, Soziologe und Philosoph, ist Partner und Data Scientist bei FASresearch. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen auf der Analyse von Gesundheitssystemen, Wissenschafts- und Elitenetzwerken.

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