Walter Braunfels
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Walter Braunfels (1882–1954) Walter Braunfels Orchestral sOngs | VOlume 1 Valentina Farcas | Klaus Florian Vogt | Michael Volle staatsKapelle WeiMar hansjörg alBrecht Walter Braunfels (1882–1954) Orchesterlieder VOlume 1 A Vorspiel und Prolog der Nachtigall op. 30,3 (1913) 08:16 Don Juan op. 34 (1922-24) für Koloratursopran und Orchester Eine klassisch-romantische Phantasmagorie für großes Orchester Text: Walter Braunfels nach Aristophanes konzipiert für die Oper Die Vögel über die „Champagner-Arie“ aus Mozarts Oper Don Giovanni F Zwei Hölderlin-Gesänge op. 27 (1916–18) Introduktion & Thema 03:23 G für Bariton und Orchester Variation 1: Allegro 02:59 H Text: Friedrich Hölderlin Variation 2: Allegro 03:51 I Variation 3: Allegro con brio 03:25 B An die Parzen 04:13 J Variation 4: Mäßig 04:24 C Der Tod für’s Vaterland 11:31 K Variation 5: Mäßig – Bewegter 06:31 D Auf ein Soldatengrab op. 26 (1915) 04:21 L Variation 6: Andante 04:37 für Bariton und Orchester M Variation 7: Presto 05:24 Text: Hermann Hesse total 68:15 E Abschied vom Walde op. 30,1 (1913) 05:13 für Tenor und Orchester Valentina Farcas Sopran Text: Walter Braunfels nach Aristophanes konzipiert für die Oper Die Vögel Klaus Florian Vogt Tenor * | Michael Volle Bariton (dort „Schlussgesang des Hoffegut“) * (mit freundlicher Genehmigung von Sony Classical) staatsKapelle WeiMar hansjörg alBrecht Dirigent 4 5 Die Durchsetzungskraft dieser Frau, die sich selbst der sich keineswegs in friedlichem oder gar selbst- VOn lieBe, Krieg und einer Braunfels als Ehemann ausgesucht hatte und sich zufriedenem Einklang mit sich und der Welt befand. aussergeWöhnlichen ehefrau für ihn vom bereits fest versprochenen Wilhelm 1913 begann Braunfels Die Vögel, eine Komödie Furtwängler trennte, war allerdings nicht zu unter- von Aristophanes, zu einem Libretto zu verarbeiten Hintergründe zu den Orchesterliedern von Walter Braunfels (1882–1954) schätzen; Schnackenburg wurde wie viele andere und vertonte Vorspiel und Prolog der Nachtigall so- von ihr zum katholischen Glauben bekehrt. Auch wie den Abschied vom Walde als Orchesterlieder. Ein Raunen steigt auf, wenn diese Namen fallen: starke Frau, die genau wusste, was sie wollte, ob Walter Braunfels, Sohn eines Juden und einer Pro- Bekannt gemacht hatte diese junge Form zu dem Constanze Mozart, Alma Mahler, Yoko Ono. Von den das die Wahl des Partners anging oder die eigene testantin, galt es noch zu missionieren, nicht nur Zeitpunkt bereits Gustav Mahler mit seinen Liedern Frauen großer Musiker ist meistens nur die Rede, Rolle in der Partnerschaft. in Fragen der Religion. Im Jahr seiner Hochzeit mit eines fahrenden Gesellen, den Kindertotenliedern wenn sie ihren Mann sexuell betrogen, ausgenutzt, Der mit dem Ehepaar Braunfels eng befreunde- Bertel 1909 wurde Prinzessin Brambilla (op. 12) und dem Lied von der Erde; zum Skandal gemacht ihn aus Sicht seiner Verehrer auf Abwege gebracht te Dirigent Hellmut Schnackenburg sagte über die nach E.T.A. Hoffmann uraufgeführt, phantastisch, hatte sie Arnold Schönbergs Symphonische Dich- haben oder alles zusammen. Bereits der Verdacht Tochter des damals europaweit berühmten Bild- erotisch und exzessiv, ein Jahr später bereits die tung auf Richard Dehmels Verklärte Nacht. Das reicht aus. Die Frau des Komponisten Walter Braun- hauers Adolf von Hildebrandt, sie sei größtes Glück Offenbarung Johannis (op. 17), innerlich, keusch erste große Werk dieser Gattung hatte aber schon fels, 45 Jahre lang, bis zu seinem Tod, skandalfrei und Unglück zugleich für ihren Mann gewesen: und andächtig. In ihrer fast fanatisch zu nennenden 1830 ein Held des jungen Braunfels geschaffen, mit ihm verheiratet, kennt folglich kaum einer. Und Glück in puncto ihrer überströmenden Güte und Gläubigkeit und mit der, wie ein anderer Vertrauter Hector Berlioz, der Revoluzzer. Der hatte in seinem doch hat sie stärker auf sein Schaffen und seinen Geistigkeit, Unglück infolge ihres Verhaftetseins in sagte, Stechtechnik einer Mücke, die sich unabläs- ersten Orchesterlied, dem Zyklus Lyrische Melodi- Stil eingewirkt, als irgendeine andere Komponis- der Klassischen Welt. Das eigentliche Wesen von sig tiefer in das Opfer einbohrt, wirkte Bertel leise en (op. 2), vorgeführt, was diese Gattung an neuen tengattin auf das Werk ihres Mannes. Wie Alma, Braunfels, meinte der Freund, sei skurril, verstie- und stetig vor allem auf ihren Ehemann ein, der bei Möglichkeiten bot, an expressiven bis exzessiven. geborene Schindler, bei Alexander Zemlinsky hatte gen, dämonisch-ironisch gewesen, wie er es in sich das Lodernde diagnostizierte und die Gefahr Für die ersten beiden Orchesterlieder nutzte Braun- Bertel, geborene Hildebrandt, bei Max Reger Kom- seiner ersten Oper Prinzessin Brambilla auslebte, des an sich selbst Verbrennens. In späten Jahren fels vor allem die Möglichkeiten, durch ein irisie- position gelernt. Wie Alma kam Bertel aus einem er selbst hörbar ein Jünger Wagners. Sie hingegen sprach er von der Synthese seiner widerstreitenden rendes Farbenspektrum der Instrumentierung die Künstlerhaus mit Geld und Bedeutung, das durch war durchaus romantisch, konnte Wagner, obwohl Kräfte, die Bertel zu verdanken sei. Doch gerade die Zuhörer in eine andere Welt zu entrücken, wie die Hausgeist und Gäste Humus für üppiges Ideen- sie sein Können anerkannte, nicht ausstehen, und Orchesterlieder, die zwischen 1913 und 1924 ent- Liebe es mit den Liebenden macht. wachstum war. Bertel war wie Alma eine willens- war auf Ethik und Harmonik des Daseins bedacht. standen, zeigen Braunfels als einen Komponisten, Doch Berlioz hatte auch vorgeführt, wie durch 6 7 den Orchesterklang dem Lied eine Dramatik in die selbst verwundet und konvertierte nach diesen Er- die noch einen vollen und großen Ton anzuschla- und 1917, kompromisslos modern. Glieder gejagt werden konnte, die dem Klavierlied fahrungen zur katholischen Konfession. Im Dezem- gen wissen. Und fand, dass er bei den beiden aus Am 30.11.1920 machte die Münchner Urauf- versagt war. Tief berühren, das vermochte ein Lied ber 1918 dann endlich die Uraufführung dieser drei dem eigenen Erleben des entsetzlichen Krieges führung von Die Vögel nach Aristophanes, mit einer zur Klavierbegleitung ebenso gut. Aber jenes Mit- Orchesterlieder. Im Programm war nachzulesen, hervorgewachsenen Gesängen, also dem Soldaten- Starbesetzung unter Bruno Walter, Braunfels über geschleiftwerden vom Schicksal, dieses Hin- und dass Braunfels das letzte Werk einem vom Krieg grab und dem Tod für‘s Vaterland, musikalisch den Nacht berühmt. Die beiden Orchesterlieder von Hergeworfenwerden zwischen Todesangst und ermordeten Dichterfreund und vielen anderen Ge- Stier bei den Hörnern packt, alle Gefühle entfesselt 1913 hatte der Komponist eingebracht und an vielen Hoffnung, höchstem Triumph und abgrundtiefer fallenen gewidmet, außerdem wo und wann er es und alle Gewalten des Orchesters. Also genau das, Stellen deren entrückten Ton aufgenommen. Doch Verzweiflung, das ließ sich mit einem Orchester komponiert hatte. Wer meint, das könne keinen im was Braunfels mit den Mitteln des Orchesterliedes während er mit Prinzessin Brambilla noch einen ungleich intensiver vermitteln. Einen Opernkompo- Publikum kalt gelassen haben, irrt. Es muss Braun- erreichen wollte. Dass er durch besagte Gewalten Quertreiber wie Frank Wedekind entflammt hatte, nisten musste das reizen. fels wehgetan haben, dass ein Kritiker das als leere die Stimme des Solisten zudeckte, verzieh ihm der applaudierte ihm nun das etablierte Münchner Pub- Im April 1915 wurde Braunfels als Soldat ein- Wichtigtuerei aburteilte. Was nützt uns die Konsta- Kritiker. An die menschliche Stimme habe er ebenso likum, nicht eben für avantgardistische Experimen- gezogen. Wie viele seiner Generation bedauerte er, tierung, die Braunfels offenbar für wichtig hält, dass wenig gedacht wie Beethoven bei seinen Streich- tierfreude berüchtigt. dass er nicht aufs Schlachtfeld geschickt wurde, Opus 27 Im Waldlager Neu-Württemberg an Weih- quartetten an Schuppanzighs ‚elende Geige‘: ihm 1922 beeindruckte Braunfels, Bertel wie Gott wo Aktivität und Charakter doch eine größere Rolle nachten 1916 komponiert worden ist? Aus Taten war’s nur um die Idee zu tun. gefällig, durch sein Te Deum, Bruckners Te Deum spielen. Im selben Jahr vertonte er eine Dichtung beurteile man den Mann, nicht aus Nebenumstän- Es scheint, als spiegle sich in der Polarisierung sicher ebenbürtig, und wie dieses durchdrungen von Hermann Hesse, Auf ein Soldatengrab für Ba- den! Die Taten überzeugten ihn gar nicht. Dass sich von Kritik und Publikum das Innenleben des Kompo- von gläubiger Hingabe des Künstlers. Bruckner riton und Orchester, op. 26. In den Kriegsjahren Braunfels ausgerechnet diese beiden Hölderlin-Ge- nisten. Mystisch hatte die Kriegserfahrung Braun- wurde im Elternhaus von Bertel, anders als Wagner, 1916 bis 1918 vertonte er Gedichte von Bertels dichte vorgenommen habe, Perlen des natürlichen fels werden lassen, aber seinen Jähzorn hatte er gelitten, sogar geschätzt. Bruckner ist mein Wag- Idol Friedrich von Hölderlin, An die Parzen und Tod Rhythmus, wie er lobte, und darum von vornherein sich ebenso erhalten wie die Lust am Exzessiven ner!, hatte Bertels Vater sich begeistert. War der Dä- für‘s Vaterland, kurz nach dem Einzug der napoleo- unkomponierbar, deute das Unangemessene seines und Dämonischen. Einen wie Berlioz konnten Hei- mon gezähmt – durch Bertel, den Krieg oder Gott? nischen Truppen in Württemberg verfasst, als zwei Unterfangens an. Ihn hat eben nur das Äußerliche lige nicht verjagen. Ein starkes Jahr nach Kriegs- Als Kenner