Zur Lage Der Deutschen Automobil- Zulieferindustrie Im Jahr 2007 Zwischen Globalisierung Und Kostendruck
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Zur Lage der deutschen Automobil- Zulieferindustrie im Jahr 2007 Zwischen Globalisierung und Kostendruck Studie von Heinz-Rudolf Meißner / Ulrich Jürgens Bildquelle: Dräxlmaier erstellt für die Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann Fraktion DIE LINKE. Sabine Zimmermann Platz der Republik 1 11011 Berlin Tel.: +49 30 – 227 74230 Fax: +49 30 – 227 76227 www.sabine-zimmermann.info Aktuelle Infos? Bestellen Sie den Newsletter von Sabine Zimmermann auf: www.sabine-zimmermann.info 2 Vorwort „Automobilzulieferer unter Druck“. Solche Schlagzeilen gibt es immer wieder. Hintergrund ist eine starke Konzentration des deutschen und weltweiten Automobilsektors. Große Endher- steller nutzen ihre Marktmacht, um die Preise der kleineren Zulieferbetriebe zu drücken. Ein- zelne Unternehmen sehen sich in ihrer Existenz bedroht, Innovation und Qualität bleiben auf der Strecke. Verlierer sind vor allem die Beschäftigten, auf deren Rücken die Rationalisierung ausgetragen wird. DIE LINKE. sieht hier politischen Handlungsbedarf und will aktiv werden. Deshalb habe ich als Abgeordnete der Linksfraktion im Deutschen Bundestag die vorliegende Studie erarbeiten lassen. Wenn von Automobilindustrie gesprochen wird, dann meist von bekannten Marken und gro- ßen Herstellern. Zulieferunternehmen werden in der Öffentlichkeit weniger wahrgenommen. Dabei sind sie immer wichtiger geworden. Ihr Anteil am Endprodukt steigt seit Jahrzehnten. Nur noch ein Drittel der Wertschöpfung entfällt heute auf die großen Autokonzerne, die ihre Fertigungstiefe beständig verringern und sich mit einem Netz von Lieferanten umgeben. Neue Arbeitsplätze im Automobilsektor entstanden hauptsächlich in der Zulieferindustrie. Wohin entwickelt sich die Automobilbranche? Wie verändern sich die Abhängigkeiten zwi- schen den Unternehmen? Welche Effekte sind für Beschäftigung und Arbeitsbedingungen zu erwarten? Wer diese Fragen beantworten will, kommt an den Zulieferern nicht vorbei. Die vorliegende Studie bilanziert die aktuelle Situation der deutschen Automobil- Zulieferindustrie. Heinz-Rudolf Meißner und Ulrich Jürgens, die beide am Wissenschaftszent- rum Berlin arbeiten, beschreiben, mit welchen Strategien die Auslagerung von Produktions- prozessen vollzogen wird, welchem Druck die Lieferanten ausgesetzt sind. Sie zeigen ferner, wie sich die Zulieferindustrie selbst verändert. Von einer früher vorwiegend kleinteilig struktu- rierten Branche hin zu einer Hierarchie von Unternehmen, in der die Anbieter von integrierten Systemen den Ton angeben. Und die Autoren befassen sich mit den Folgen des Preiskamp- fes für die Beschäftigten. Längst haben auch die Zulieferer die Verlagerungsdrohung als Mit- tel der Disziplinierung entdeckt. Für Beschäftigte, Betriebsräte und Gewerkschaften ist es meist schwer, den tatsächlichen Gehalt solcher Drohungen zu durchschauen. Unternehmensleitungen jonglieren gern mit Zahlen, die kaum zu prüfen sind. Umso wichtiger ist eine Verständigung über wirksame Ab- wehrkonzepte. In diesem Sinne verstehen wir diese Studie als Angebot zur Diskussion. Wel- che Zwänge der Just-in-Time-Produktion kann man ausnutzen? Welche Informationen müs- sen die Firmen offenlegen und wie kann man die Einsicht in die Kalkulationen erzwingen? Inwieweit lassen sich Standorte mit einer Strategie des „Besser statt billiger“ qualifizieren? DIE LINKE. ist sehr an Anregungen und Rückmeldungen interessiert und will diese in ihrer politischen und parlamentarischen Arbeit aufgreifen. Willkommen sind also Erfahrungsberich- te und Kritiken, Ideen und Vorschläge, sodass sich die Voraussetzungen für die betrieblichen Auseinandersetzungen verbessern. 3 4 Inhaltsverzeichnis 0 Vorbemerkung / Auftrag / Übersicht und Aufbau 7 1 Globale Trends und Erwartungen für die Automobil- und Zulieferindustrie 9 1.1 Die deutsche Automobilindustrie zu Beginn des Jahres 2007 9 1.2 Industrie- und beschäftigungspolitische Bedeutung der Automobilindustrie 9 1.3 Globalisierungstrends 11 1.4 Weltmarkt - regionale Verteilung - Produktionskapazitätsplanungen 12 1.5 Konzentrationsprozesse bei den zentralen Akteuren 15 1.5.1 Die Automobilhersteller (OEMs) 15 1.5.2 Die Automobil-Zulieferunternehmen 17 1.5.3 Spin-offs, Chapter 11 /Insolvenzen und Übernahmediskussionen 19 1.5.4 Konzentrationsprozesse in der Zulieferindustrie 21 2 Strukturdaten deutsche Automobil- und Zulieferindustrie 27 3 Beschreibung Prozesskette und Veränderung der Macht- und Steuerungsstrukturen 31 3.1 Hersteller - Zulieferbeziehungen (Beschaffung sowie FuE) 32 3.2 Zulieferstrukturen 34 4 Typen von Zulieferunternehmen 41 5 Kostendruck - Mythos und Wirklichkeit 49 6 Verlagerungen von Produktionen - Gefahr für Arbeitsplätze? 57 6.1 Zur Strategie von Bosch in Europa 58 6.2 Sitzeherstellung 62 6.3 Kabelbäume Just-in-Time (Dräxlmaier) 66 6.4 Werkzeugbau (Kleinstbetriebe) 67 7 Verlagerung als Drohpotenzial und Druck auf die Arbeitsbedingungen 71 8 Anhang 75 9 Literaturverzeichnis 79 5 6 Zur Lage der deutschen Automobil-Zulieferindustrie im Jahr 2007 0 Vorbemerkung / Auftrag / Übersicht und Aufbau Hiermit legen wir eine Kurzstudie zur Situation der deutschen Automobil-Zulieferindustrie zu Beginn des Jahres 2007 vor. Im Rahmen dieser Kurzstudie wurden die wesentlichen Publika- tionen und veröffentlichten Studien ausgewertet. Der Schwerpunkt liegt weniger auf der Automobilindustrie insgesamt, sondern nimmt insbesondere die deutsche Automobilzulieferin- dustrie in den Fokus. Hintergrund ist die seit Jahren schon geführte Diskussion der Marktungleichgewichte zwischen Automobilherstellern und ihren Zulieferern, die häufig als „... unter Druck gesetzt, unter Druck der Hersteller stehend ...“ beschrieben werden. Ein Beispiel (Handelsblatt, 24.01.2007): Jüngste Ereignisse wie die Krise der US-Zulieferer, die sich in umfangreichem Maße unter den US-amerikanischen Insolvenzschutz (Chapter 11) begeben mussten, Übernahmen von Zulie- ferunternehmen und ihre Integration in internationalisierte Konzernverbünde und nicht zuletzt die Ankündigung der Siemens AG, den Automobilzulieferbereich aus dem Konzern auszuglie- dern - kennzeichnen aktuell die wahrnehmbare Situation der Branche. Die Ankündigung von Siemens führte unmittelbar dazu, dass ein anderer großer deutscher Zulieferer (Continental AG) signalisiert hat, Interesse an einer Übernahme von Siemens VDO zu haben. Vorwegnehmend ist anzumerken, dass die deutsche Automobilzulieferindustrie kein homogenes Gebilde darstellt - es sind unterschiedlichste Unternehmensgrößen vom Kleinstunternehmen bis zum international agierenden Konzern mit mehreren hunderttausend Beschäftigten vertreten, es sind Unternehmen mit den unterschiedlichsten Kompetenzen und Produktspektren vertreten - vom Hersteller einfacher Teile bis hin zu Herstellern komplexer, elektronisch gesteuerter Systeme. Die kleinbetriebliche Struktur wird im Gegensatz zu den Großunternehmen öffentlich kaum wahrgenommen. Diese Kurzstudie soll der Bundestagsfraktion dazu dienen, die weiteren Aktivitäten im Laufe des Jahres gezielt vorbereiten und politische Handlungsmöglichkeiten ausloten zu können. Im Zentrum der Vorstudie stehen folgende Themen: − Konzentrationsprozesse; − Typisierung von Zulieferunternehmen und eine differenzierte Situationsbeschreibung; − Verlagerungsdruck und Auswirkung auf die Beschäftigungssituation in Deutschland − Mythos und Wirklichkeit des Kostendrucks der Automobilhersteller auf die Zulieferer; 7 Das Papier ist wie folgt aufgebaut: Wir beginnen mit der Beschreibung der industrie- und beschäftigungspolitischen Bedeutung der Automobilindustrie und gehen auf die globalen Entwicklungstrends sowie die zukünftigen Erwartungen im Hinblick auf die Weltmarktentwicklung sowie die Konzentrationsprozesse ein. Im zweiten Kapitel stellen wir kurz die Strukturdaten der deutschen Automobilindustrie dar und weisen auf die statistische Untererfassung der beschäftigungspolitischen Bedeutung hin. Im dritten Kapitel beschreiben wir die Prozesskette der Automobilproduktion sowie die Verän- derungen in den Macht- und Steuerungsstrukturen in diesen Prozessketten, indem wir auf die sich veränderten Beziehungen zwischen Herstellern und Zulieferern eingehen und hier die Beschaffungsstrategien näher beleuchten. Es folgt (Kapitel vier) eine Typisierung der Zuliefer- unternehmen mit jeweils einem beispielhaft beschriebenen Unternehmen. Im fünften Kapitel werten wir vorliegende Studien zum Kostendruck, der in jährlich wiederkeh- renden Preisreduktionsrunden auf die Zulieferer ausgeübt wird, aus und versuchen zu beantworten, in wie weit es sich in der öffentlichen Diskussion um ein Mythos oder eher um real feststellbare Prozesse handelt. Verbunden mit dem Kostendruck wird die Verlagerung von Fertigungen als Strategieelement der Zulieferer diskutiert. Im sechsten Kapitel gehen wir der Frage nach, ob sich aus den bisher bekannten Verlagerungen von Fertigungen ins Ausland negative Rückwirkungen auf die Ar- beitsplätze in Deutschland ergeben und wenn ja, in welchem Umfang. Rückwirkungen sind aber im Zusammenhang mit Verlagerung nicht nur im Hinblick auf die Ar- beitsplätze in Deutschland, sondern wesentlich auf die Arbeitsbedingungen in Deutschland zu erwarten. Wird Verlagerung eher als Drohpotenzial und als Druckmittel auf die Veränderung, d.h. Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in den deutschen Betrieben genutzt? Diese Frage diskutieren wir abschließend in Kapitel sieben. 8 1 Globale Trends und Erwartungen für die Automobil- und Zulieferindustrie 1.1 Die deutsche Automobilindustrie zu Beginn des Jahres 2007 Entgegen allen Wachstumsprognosen für die weltweite Automobilindustrie ist