Mit Offenen Karten« 500 Jahre Altenburger Spielkarten
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»Mit offenen Karten« 500 Jahre Altenburger Spielkarten Sammlung Gerd Matthes 1 Vorwort Der Vogtländische Altertumsforschende Verein verwahrt Karten aber von der Spielrunde des Kanzlers Hans Carl im Museum Hohenleuben die ersten bekannten Alten- Leopold von der Gabelentz benutzt. Der Besitzer des burger Spielkarten. Die Holzschnitte zeigen nicht nur Rittergutes Poschwitz spielte gemeinsam mit seinem Herz oder Schell, sondern neben dem Altenburger Stadt- Vetter, dem späteren sächsischen Staatsminister Bern- wappen und dem Namen des Kartenmachers Hockendorf, hard August von Lindenau, dem Verleger Friedrich Arnold auch die Jahreszahl 1509. Damit erreichen uns die ersten Brockhaus und dem Hofadvokaten Friedrich Ferdinand Nachrichten über die Herstellung von Produkten, für die Hempel in seinem Schloss 1813 das erste Mal Skat. Das es vor 500 Jahren offenbar nicht nur in Altenburg, sondern Spiel fand rasch Verbreitung. Bald veröffentlichte man in der ganzen Region gute Absatzbedingungen gab. gar ein Regelbüchlein. Sowohl der Adel als auch das Bürgertum liebte es zu Inzwischen reichte es längst nicht mehr, Karten in Manu- spielen, frönte der Hoffnung auf das schnelle Glück. Aber faktur herzustellen. 1832 gründeten die Brüder Otto und auch die für ihren Reichtum bekannten Altenburger Bernhard Bechstein die Altenburger Spielkartenfabrik. Bauern verbrachten ihre freie Zeit in den zahlreich vor- Gedruckt wurden alle möglichen Spiele von Doppelkopf, handenen Gasthöfen und fanden dort schnell Partner für Whist, Patience, Poker bis hin zu Tarock und Skat. Beliebt ein Kartenspiel. So war der Bedarf für das Objekt des sind bis heute das Altenburger »Deutsche Kornblumen- Spieles jederzeit vorhanden. Ob auch die Herzogin von blatt« und die »Französischen Klubkarten«. Der Bedarf Kurland in ihrem Löbichauer Musenhof mit in Altenburg an Künstlern, die immer neue Bilder entwickelten, war hergestellten Karten Whist, Boston oder L’hombre spielte, groß. Zahlreiche Lithographen fanden in Altenburg ihr ist leider nicht überliefert. Auf jeden Fall wurden solche Auskommen. Spielkarten und Skat wurden zum Kulturgut 2 und machten Altenburg weit über seine Grenzen hinaus Matthes. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich praktisch bekannt. und theoretisch mit Karten. Er pfl egt einen regen Kontakt Nach dem ersten Weltkrieg regte der Altenburger Spiel- mit nationalen und internationalen Fachleuten und hat kartenfabrikant Carl Schneider an, im Schloss ein Spiel- eine der wichtigsten Sammlungen zusammen getragen. kartenmuseum einzurichten. Er legte den Grundstock für eine bedeutende Sammlung zur Spielkartengeschichte, Für das Museum Burg Posterstein ist es eine große Freude, die allerdings 1946 abtransportiert wurde und in Russ- gerade 2009 die Sammlung von Gerd Mathes zeigen zu land vermutet wird. Inzwischen baute man neue Samm- können. Ein wenig wird damit auch bewusst, dass die lungen auf und das Schloss- und Spielkartenmuseum Entwicklung der Spielkarten zuerst von deren Gebrauch bietet heute einen guten Überblick über die Geschichte in der Region abhängig war. In den Gasthöfen der reichen der Altenburger Spielkarten. Dörfer um Altenburg wurden die Spiele benutzt. Die Sammlung von Gerd Matthes zeigt damit einen wichtigen Spielkarten stehen aber nicht nur im Blickpunkt öffent- Aspekt der Kulturgeschichte unserer Region. licher Sammlungen. Vielmehr sind es deutschland- und Wir freuen uns neben der Ausstellung auch einen Katalog europaweit private Sammler, die sich der Geschichte der vorlegen zu können. Spielkarten verschrieben haben. Sie verfügen über ein Seine Herstellung verdanken wir der Unterstützung des dichtes Netz des Erfahrungsaustausches und tragen Freistaates Thüringens, des Landkreises Altenburger Land, wesentlich zur Bereicherung der Kenntnis über diesen des Fremdenverkehrsverbandes Altenburger Landes und Aspekt der Kulturgeschichte bei. Einer der profundesten natürlich Gerd Matthes. Kenner der Altenburger Spielkartengeschichte ist Gerd Klaus Hofmann 3 »Altenburger Spielkarte«, »Mert«en Hockendorf, Stecher »F D«, 1509 4 Gerd Matthes Ñ 500 Jahre Altenburger Spielkartenherstellung Die Annahme, dass es schon vor der Erfi ndung des Buch- – besonders in der Zahlwoche – zu verbieten. Heckendorff drucks in Altenburg Kartenmaler oder Kartenmacher gab, wandte dagegen ein, dass er »besonders solche Karten lässt sich leider nicht bestätigen. Einen Beweis hierfür feilbiete, welche die Leipziger Kartenmacher nicht zu fi ndet man in den ausführlichen Beschreibungen über die führen pfl egten, und es entschied der Rat dahin, dass er 1484 Ñ Kurfürsten von Sachsen: 1484 veranlasste die Kurfürstin in der ersten Messwoche allerhand Karten, in der Zahl- Margarete von Österreich für ihre Söhne den Kauf von woche aber nur ›fremde‹ auslegen dürfte und sich der Spielkarten in Leipzig, »da diese im hiesigen Land nicht ›hiesigen‹ Karten, welche ›die Einheimischen‹ zu führen, zu haben sind«. zu enthalten habe«. 1629 beschwerte sich der Karten- É 1629 Der älteste Hinweis auf einen Altenburger Kartenmacher macher Michael Heckendorff, dass er sein Haus wegen der befi ndet sich im Museum Hohenleuben. Im Altenburger Pestseuche räumen soll. Danach sterben nacheinander Spielkartenmuseum wird eine Kopie dieses Kartenspiels fast alle seine Familienmitglieder. Die Pestepidemie in 1509 Ñ von (Mert)en Hockendorff aus dem Jahr 1509 gezeigt. Altenburg forderte zu dieser Zeit insgesamt 164 Opfer. Der Dreißigjährige Krieg brachte dann auch für viele Altenbur- Der Name dieses Kartenmachers steht am Beginn einer ger einen sozialen Abstieg. Erst 1646 ist wieder ein Karten- É 1646 Reihe kartenmachender Hockendorffs, Heckendorffs, macher der Familie H[e]ckendorf aktenkundig. Er kaufte Hauckendorffs und Heuckendorffs, die sich in den ver- ein Haus, diesmal in der Kesselgasse. Als die Witwe des 1542 – 1675 Ñ schiedensten Archivunterlagen der Jahre 1542 – 1675 Kartenmachers Michael Heckendorfs am 15. März 1678 É 1678 nachweisen lassen. Sie lebten mit hoher Wahrscheinlich- stirbt, ist das der letzte Eintrag eines Familienmitgliedes 1542 – 1578 Ñ keit über vier Generationen in Altenburg. Von 1542 – 1578 in den Altenburger Kirchenbüchern. hatten die Kartenmacher dieser Familie ihr Zuhause noch Auf seine Bitte um Erlaubnis, sich in Altenburg als Karten- vor der Stadt im Dorf Pauritz und besaßen dem nach noch macher niederzulassen, erhält der Kartenmacher Andreas kein Altenburger Bürgerrecht. Bei den nachfolgenden Ge- Knoblauch aus Zwickau am 21. März 1664 sein Privileg É 1664 nerationen kann man dagegen einen deutlichen sozialen von Herzog Friedrich Wilhelm II. In der alten, seit 1946 Aufstieg erkennen, denn sie hatten ihren Wohnsitz be- verschollenen Spielkartensammlung, gab es einige reits in der Stadt und besaßen auch das Altenburger Bür- Karten von Knoblauch aus dem Jahre 1685. Bis wann É 1685 1579 Ñ gerrecht. Ein Michael Hockendorff kaufte 1579 ein Haus Knoblauch gearbeitet hat, ist nicht mehr festzustellen. 1593 Ñ in der Brüdergasse und 1593 sogar ein Doppelhaus in der Burggasse 9 – 10. Dieser Kartenmacher scheint es mit Im Jahre 1730 erscheint der Name des Kartenmachers É 1730 seinem Handwerk zu erheblichen Reichtum gebracht zu Christian Hoffmann in den Akten. Er wendet sich in einem haben. Daraufhin deutet, dass er nicht nur dieses große Schreiben an den Herzog: »wie ich mich hierher gewen- Haus in bester Lage erwarb, sondern laut Stadtrech- det, umb die erlernte Profession eines Cartenmachers nungen wiederholt Gelder für Verwandte hinterlegte. zutreiben [...] daß sich dergleichen Profession hier nicht 1625 Ñ Für den 10. Januar 1625 gibt es über Michael Heckendorff befi nde, [...] it einen privilegio dargestalt zubegnandigen, in Leipzig zur Neujahrsmesse einen Aktenverweis. Michael daß sowohl die Kauf- und Handelsleute in der hiesigen Deutsche Heckendorff wird von den Leipziger Handwerkern vor dem Stadt als auch dero hiesigen Fürstenthum solche bey mir Spielkarte, Rat belangt: »weil er sich unterstanden, die ganze Messe nehmen müßen und ich auch selber an die privat Leute Schenleitner, Waidhofen über Karten auszulegen und feilzuhalten, welch begin- solche einzeln verkauffen dürfe ...«. an der Ypps, nen dan Ihrer alhiere heergebrachten gewohnheit ganß Dieses Kartenmacherprivileg bekam er von Herzog Fried- 1680 zuwieder«. Die Kartenmacher baten den Rat dies feilhalten rich II. von Sachsen-Gotha und Altenburg mit Wirkung 5 1731 Ñ vom 27. Februar 1731 erteilt: »dem Verboths Recht wieder wohnte als Hausgenosse »vorm Pauritzer Thor«. Sein mehrer Kartenmacher in hiesigen Fürstenthum, [...] iedoch letzter Wohnsitz in Oberpauritz befand sich seit dem daß denen Crahmern der Einkauf und Vertrieb auswärtig 27. Februar 1760 in der Pauritzer Gasse 59, als Hausge- É 1760 gefertigter Karthen, nach wie vor frey bleibe ...«. nosse beim Fürstl. Sächs. Comiß.-Rath Johann Heinrich Christian Hoffmann, der aus Dresden stammte, blickte Rother. Bereits ein Jahr später starb Gottfried Heinrich 1724 Ñ bereits auf ein reiches Arbeitsleben zurück. Am 3. Juni Pfeiffer »ein Cartenmacher alhier auf der Paritzergaße« 1724 war ihm ein Privileg von Markgraf Georg Wilhelm von im Alter von 47 Jahren. Seine Witwe Rebecca Magdalena Brandenburg-Preußen »in hiesigen von unßens ange- zog als Hausgenossin zum Kartenmacher Johann Gottfried legten Stadt St. George am See [heute Stadtteil von Oehlschleger in die Neustadt 6. Das Kartenmacherge- Bayreuth] eine Karthen Manfactur an zurichten [...] für schäft führte der einzige Sohn Christian Gottlieb Pfeifer É 1804 alle Sorten es seyend teuzsche oder Franz Karthen...« (†1804) weiter. ausgestellt