Gerhard Tarmann Anlässlich Der 18. SIIEC-Tagung Am 23.9.2003 in Linz
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Abb. 1: Gerhard Tarmann anlässlich der 18. SIIEC-Tagung am 23.9.2003 in Linz. Foto: Fritz Gusenleitner. KUSTOS PROF. DR. GERHARD TARMANN EINE INSTITUTION GEHT IN PENSION Peter Huemer ABSTRACT abbilden. Als weitere vertiefende Lektüre sei hier auch auf die Laudatio zum 60. Geburtstag verwiesen (HUEMER Gerhard Tarmann has worked as curator of the Natural 2009a). History Collections at the Tyrolean Federal State Museum for more than 4 decades. His museological and scientific achieve ments are briefly recognized including a full biblio- AM ANFANG WAR … graphy of the previous scientific output. Gerhard Michael Tarmann (die Initiale des Zweitnamens steht in Teilen seiner Publikationen) wurde am 21.2.1950 in EINLEITUNG Innsbruck geboren und verbrachte seine gesamte Kindheit und Jugend in der Tiroler Landeshauptstadt. In diese Zeit Am 1. März 2015 endet die lange berufliche Laufbahn fällt naturgemäß auch die Grundschulausbildung mit dem einer der angesehensten und international bekanntesten Besuch der Volksschule sowie des Gymnasiums, das er österreichischen Forscherpersönlichkeiten aus dem schließlich mit der Matura beendete. Musikalisch begabt Gebiet der Insektenkunde. Gerhard Tarmann, seit über und dem Violinspiel ebenso zugeneigt wie dem Turnier- vier Jahrzehnten Leiter der Naturwissenschaftlichen tanz, erfasste ihn schon früh vor allem die Leidenschaft für Sammlungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum, Schmetterlinge und der Traum von Forschungsreisen in die muss sich ab dann weder um Bürokratie noch um Personal- weite Welt. Das Studium der Biologie und Erdwissenschaf- angelegenheiten kümmern, keine Sitzungen mehr ten an der Universität Innsbruck war somit eine logische besuchen, keine Umzüge planen und keine Budgets ent- Konsequenz. Gerhard hatte hier einerseits die lehrreiche und werfen. Er ist zu diesem Zeitpunkt erstmals nach langem harte Schule von Professor Heinz Janetschek zu durchlaufen, Schaffen ein völlig von beruflichen Zwängen und Ver- genoss aber auch die volle Unterstützung seines väterlichen pflichtungen befreiter Mensch, kann sich seinen geliebten Entomologenfreundes Karl Burmann. So widmeten sich Schmetterlingen widmen, und hat auch etwas mehr Zeit für bereits die Diplomarbeit, zur damaligen Zeit noch als Haus- seine Familie, die zuletzt mit zwei Enkelkindern bereichert arbeit bezeichnet, und später auch die Dissertation Themen wurde. Von Ruhestand wird also trotz Pensionierung keine der Faunistik und Ökologie bzw. Taxonomie der Widderchen. Rede sein können! Diese Lieblingsgruppe hat es Gerhard auch bis heute ange- Als einer von Gerhards langjährigen Mitarbeitern und tan. Natürlich spielten aber altersgemäß auch die Hormone Weggefährten möchte der Verfasser im Namen der Scientific eine wichtige Rolle, und so folgte nach einer ersten Sturm- Community zu den ungewöhnlichen Leistungen einer und Drangphase die Liaison mit seiner Studienkollegin langen beruflichen Laufbahn herzlich gratulieren und gleich- Monika, mit der ein Bund fürs Leben geschlossen wurde. zeitig das großartige Teillebenswerk an dieser Stelle kurz Aus diesem gingen mit Bernhard und Veronika zwei Spröss- 161 linge hervor, die den Jubilar im Frühling 2014 fast zeitgleich liegenden Sammlungen neu aufzustellen, sondern auch zum doppelten Großvater machten. dafür sorgte, dass personelle Verstärkungen für einen langsamen, aber stetigen Aufschwung sorgten. Unterstützt wurde das starke Duo von einer neu formierten und enga- MUSEUM, MUSEUM, MUSEUM gierten entomologischen Arbeitsgemeinschaft. Ein wohl entscheidender Wendepunkt in dieser zaghaften ersten Herausforderungen Hochblüte war eine Katastrophe, deren Auswirkungen in Bereits 1974, als gerade einmal 24-Jähriger und noch mit diversen Sammlungsbereichen bis heute spürbar sind: ein dem Studium befasster angehender Jungwissenschaftler verheerendes Hochwasser am 6. August 1985. Große Teile fand Gerhard Tarmann nicht zuletzt dank Burmann seinen der mühselig aufgebauten Sammlungen wurden überflutet Traumberuf: Wissenschaftler am Tiroler Landesmuseum und verschlammt, vieles ging für immer verloren. Gerade Ferdinandeum, genauer gesagt im Zeughaus Kaiser hier zeigten sich die wahren Qualitäten des Kustos, frei nach Maximilians. Als Leiter für die gesamten Naturwissen- dem Motto, das er bis heute hochhält: „never give up“. schaftlichen Sammlungen, seit 1978 Kustos, und von ledig- Dank eines vorbildlichen persönlichen Einsatzes wurden lich einer an den Rollstuhl gefesselten Hilfe unterstützt, unter Lebensgefahr nicht nur wertvolle Sammlungsteile eröffnete sich ein breites Betätigungsfeld. Gerhard war für gerettet, sondern mit der Katastrophe auch der Grundstein alles verantwortlich, hatte mit einem fast nicht existenten für einen Neubeginn gelegt. Das über Jahre aufgebaute Budget Ausstellungen zu „kreieren“ und gleichzeitig das internationale Netzwerk wurde zum Rettungsanker der Sammeln und Forschen im Visier. Wiederum war es darniederliegenden Sammlungen. Clas Naumann, Uni- Burmann, der nicht nur selber eifrig mithalf, die darnieder- versitätsprofessor aus Bonn und entomologischer Weg- Abb. 2: Das Hochwasser im August 1985 gilt als eine der besonderen Herausforderungen für Gerhard Tarmann. Unter Lebensgefahr wurden wertvolle Sammlungsbestände gerettet. Foto: Meinrad Pizzinini. 162 begleiter von Gerhard Tarmann, schuf mit der Aktion „Ento- Sammlungen und sammeln mologen helfen Tirol“ die Basis für den Neuanfang. Spenden Sammlungen sammeln, das war und ist seit Jahrzehnten das aus allen Kontinenten und die Unterstützung des Landes Hauptcredo in der Naturwissenschaftlichen Abteilung. Bereits Tirol führten nach mehreren nervenaufreibenden Umzügen vor dem großen Hochwasser hatte Gerhard Tarmann von und geschickten Verhandlungen des Sammlungsleiters Burmann gelernt: Effektives Sammeln basiert auf Networking letztlich zu einer adäquaten Unterbringung im Gebäude und auf einem hohen Ausmaß an Respekt vor den Sammlern Feldstraße 11a in Innsbruck. Wenn es auch trotz aller Bemü- und ihren Lebenswerken. Seien es auch noch so schwierige hungen nie für ein eigenes Naturmuseum reichen sollte und Individualisten, bei Gerhard fühlten sich alle wohl und ver- das vielfach diskutierte Projekt „Haus der Alpen“ mehrfach trauten darauf, dass er ihr Lebenswerk im Zweifel mit allen scheiterte, war zumindest eine zeitgemäße Aufbewahrung Mitteln verteidigen und es hochschätzen wird. So haben sich der Naturschätze und ihre fachliche Erschließung endgültig die Sammlungen innerhalb von nur 40 Jahren vervielfacht, gewährleistet. bedeutende Schenkungen fallen ebenso in die Ära Tarmann Herausforderungen der besonderen Art haben Gerhard wie wichtige Ankäufe. Darüber hinaus wurden die Bestände Tarmann stets begleitet und er hat sie auch nie gescheut. selbstverständlich auch durch gezielte Sammlungstätigkeit Im Gegenteil, mit seiner offenen Wesensart konnte er alle ergänzt und erweitert. Diese Erweiterung der Sammlungs- an ihn gestellten Aufgaben, wie beispielsweise die in einer bestände betraf fast alle Fachbereiche. Naturgemäß lag der besonders kritischen Umbruchphase des Tiroler Landes- Schwerpunkt der Passion des Kustos entsprechend aber bei museums Ferdinandeum übernommene Bürde des interimis- den Schmetterlingen. Sie sollten unter Tarmanns Kustodiat tischen Direktors von Ende 2005 bis Anfang 2007, souverän zum Flaggschiff der Naturwissenschaften aufsteigen mit dem meistern. weltweit umfangreichsten Bestand an Alpenschmetterlingen. Abb. 3: Bei Exkursionen der Entomologischen Arbeitsgemeinschaft steht nicht nur die Wissenschaft, sondern gleichberechtigt auch die Geselligkeit im Vordergrund. Foto: Peter Huemer. 163 Heute kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass die inzwischen weit über die Grenzen Tirols hinaus etabliert und Naturwissenschaftlichen Sammlungen wenigstens in einem wird von zahlreichen Museen, aber auch Universitäten und Fachbereich international in der Championsliga mitmischen, freien Mitarbeitern genutzt. und das ist die Lepidopterologie. Die Öffnung der Sammlungen für Naturinteressierte wurde Sammlungen Leben einzuhauchen war ein weiteres wichtiges auch durch die Lehrtätigkeit an der Universität Innsbruck Ziel, das dank weitsichtiger Entscheidungen nach dem Hoch- vorangetrieben und nicht zuletzt durch die Entomologische wasser angegangen wurde. Erreicht werden sollte dies unter Arbeitsgemeinschaft mit zahllosen Referaten, Exkursionen anderem mit der Digitalisierung der Sammlungsbestände, zu und Tagungen für interessierte Hobbyforscher. So konnten einer Zeit als „Computer“ noch ein Fremdwort war. Wesent- letztlich engagierte ehrenamtliche Mitarbeiter für die liche Unterstützung erhielt er dabei durch ein stark ange- Sammlungen gewonnen werden, die heute eine wesentliche wachsenes Team, dessen Leitung und Motivation eine völlig Stütze in der Alltagsarbeit sind. neue Herausforderung für den Kustos war. Im Gegensatz zu den meisten Naturmuseen Europas sind die Sammlungsob- Nationales und internationales Parkett jekte des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum heute bereits Gerhard Tarmann war seit jeher ein gern gesehener Gast auf in erheblichem Ausmaß erfasst. Die Naturwissenschaftliche wissenschaftlichen Veranstaltungen jeglicher Art. Tatsächlich Abteilung mit ihren Datensammlungen zählt daher zu den sind Tagungen eines seiner besonderen Steckenpferde, nicht wichtigen Informationsträgern für öffentliche Einrichtungen als Kongresstourist, sondern als beliebter Vortragender und und Privatpersonen und unterstützt Entscheidungsträger u. a. Organisator. Eine Aufzählung diesbezüglicher Aktivitäten würde in naturschutzrelevanten