Tengelmann-Geschäftsbericht 2014
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01 2014 Umbruch | Aufbruch Bericht über das 148. Geschäftsjahr 02 03 Inhalt 04 Vorwort 06 Gastbeitrag 10 Mitarbeiter/ Nachhaltigkeit 14 Überblick 16 Geschäftsfelder 28 Bilanz und Erläuterungen Wir bilden in diesem Geschäftsbericht die Konzernkenn- zahlen in konsolidierter Form ab. Die Umsätze werden zudem netto ausgewiesen. Im Interesse der Lesbarkeit wird im gesamten Bericht vorwiegend die maskuline Form als neutraler Terminus verwendet. ... neue Wege gehen 04 VORWORT – KARL ERIVAN W. HAUB 05 Liebe Leserin, lieber Leser, „Umbruch und Aufbruch“ – so könnte das 148. sen Debüt an der Börse erlebt. Wir sind stolz darauf, Geschäftsjahr unseres Familienunternehmens betitelt dass erfolgreiche digitale Start-ups auch hierzulande werden. Nach über einem Jahrzehnt anhaltender Verlus- entstehen können. Unsere eigenen erfolgreichen On- te mussten wir uns entschließen, unsere traditionsreichen line-Shops babymarkt.de, plus.de und gartenXXL.de Supermärkte Kaiser's Tengelmann an den EDEKA-Ver- bestätigen, dass der Umbruch im Handel weiter vor- bund abzugeben. Diese Entscheidung ist mir und mei- anschreitet. ner Familie nicht leicht gefallen. Aber sie ist richtig, denn unser Lebensmittelgeschäft ist als kleiner, eigenständiger Dynamisch hat sich auch unsere amerikanische Marktplayer seit langem nicht mehr wettbewerbsfähig. Start-up-Beteiligungsgesellschaft Emil Capital Partners (ECP) entwickelt. Mit 17 Beteiligungen rund um den Leider hat das Bundeskartellamt die Fusion zunächst „New American Consumer“ in nur drei Jahren sind untersagt. Wir haben darum einen Antrag auf Minister- erste große Wachstumserfolge bereits heute erkenn- erlaubnis beim Bundeswirtschaftsministerium gestellt, bar. Rückblickend sind wir froh, rechtzeitig in neue um das Unternehmen doch noch im Sinne unserer Geschäftsfelder aufgebrochen zu sein. So sichern wir Beschäftigten als Ganzes abgeben zu können. die Zukunftsfähigkeit unseres Familienunternehmens auch für kommende Generationen. Trotz der Schwäche von Kaiser's Tengelmann konn- ten wir den konsolidierten Nettoumsatz währungs- Nachhaltigkeit gehört seit Jahrzehnten zu unserer bereinigt um 5,8 Prozent auf 8,10 Mrd. Euro steigern. Unternehmensgruppe wie der Dom zu Köln. Im Sinne Dazu tragen KiK und OBI erheblich bei. Erstmals in unseres Engagements „… der Umwelt zuliebe“ prä- seiner 20-jährigen Geschichte erreichte KiK die Brutto- sentieren wir unseren Geschäftsbericht in diesem Jahr Umsatzmarke von 2 Mrd. Euro. OBI brachte rekord- erstmals in zwei Versionen: gedruckt ist nur eine Kurz- verdächtige 31 neue moderne Märkte an den Start. version verfügbar, die einen schnellen Überblick über Unsere Beteiligungsunternehmen TEDi und Netto die wichtigsten Zahlen und Informationen bietet. Die setzten ihren erfolgreichen Wachstumskurs eben- Langfassung, die Sie gerade lesen und die detaillierte falls fort. Unser jüngstes Geschäftsfeld, die TREI Real Berichte aus den Geschäftsfeldern sowie die gewohnte Estate, konnte innerhalb von nur zwei Jahren den Konzernberichterstattung enthält, gibt es ausschließ- zehnten Vendo Park in Osteuropa eröffnen sowie drei lich online. Top-Standorte in Berlin akquirieren. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre Vor sechs Jahren haben wir begonnen, ein eigenes Venture-Capital-Business aufzubauen, um an den Ihr Chancen der digitalen Revolution teilhaben zu können. Heute gehören wir mit über 40 Beteiligungen zu den bedeutendsten Start-up-Investoren Deutschlands und haben mit dem Online-Modehändler Zalando des- 06 GASTBEITRAG – BODO HOMBACH 07 Gastbeitrag von Bodo Hombach Räumliches Denken Jemand stellte mir eine Rätselfrage: nenwind kann ganze Kontinente • Die Märkte haben einen hohen „Tagsüber sitzt man drauf, abends lahmlegen. Kleine Fehler schaukeln Sättigungsgrad erreicht. Die Pro- putzt man sich damit die Zähne, sich kaskadenartig auf. Ängste, duktivität übertrifft alle Erwartun- nachts schläft man darin? Was ist Eitelkeiten, Gier und Herdentrieb gab gen. Die technologische Zukunft das?“ Ich grübelte. Der Frager er- es schon immer, nun aber haben sie liegt nicht mehr in der massenhaf- barmte sich: „Ein Stuhl, eine Zahn- einen gewaltigen Verstärker. In den ten Herstellung weniger Muster. bürste, ein Bett.“ Die meisten Proble- Händen von Schnüfflern und Hüt- Mit gleichem Aufwand und Kosten me entstehen im Kopf, weniger in der chenspielern kann das faszinierende wird man demnächst Einzelstücke Realität, durch Denkgrenzen, die wir Instrument zum gefährlichen und mit unterschiedlichen Eigenschaf- uns unbewusst gezogen haben. lästigen Begleiter veröden. ten herstellen. Aber nun ist Grenzenlosigkeit das Auch ohne dem: Die globale Ökono- • Die Dressur der Individualgesell- Thema des Jahrhunderts. Wir ste- mie ändert sich rasant. Die Euphorie schaft zur Massengesellschaft hen im globalen Wettbewerb. Die lässt nach. Die Köpfe kühlen sich ab. lockert sich. Der Konsument will gewachsene ökonomische Topo- Die Idee eines globalen Just-in-time Individualität, Nähe und Verläss- grafie löst sich in Märkte und Wirt- auf allen Gebieten ist bestechend, lichkeit. schaftsräume auf. Waren- und Fi- aber naiv. Niemand, der seine Sinne nanzströme bewegen sich wie das beisammen hat, will zurück in die Post- Im Raumschiff „Erde“ mit seinen Wetter frei schweifend durch die kutschenzeit. Wir profitieren enorm begrenzten Ressourcen sind die Räume. Ferne Hauptquartiere steu- vom Fall der Handelsschranken in wichtigsten Rohstoffe neue Ge- ern die Strategien. Der ökonomi- immer größeren Wirtschaftsräumen. danken und neues Denken. Sie sind sche „Dialekt“ einer Region spielt Grenzüberschreitende Probleme sind nicht an einen Ort gebunden. Die scheinbar keine Rolle mehr. nur grenzübergreifend zu lösen. Aber besten Ideen werden eher im klei- auch das ist wahr: Die Zukunft ge- nen Betrieb erbrütet als im Groß- Die digitale Revolution lässt keine hört der Region, nicht als nostalgische konzern. Richtig verdrahtet können Gewissheit auf der anderen. Die neue Tümelei, sondern mit guten Gründen: Hunderttausend private Energiewir- Weltsprache beschreibt mit ihren zwei te mit ihren Solardächern und Win- Vokabeln „Null“ und „Eins“ quasi • Eine kulturgeschichtliche Konstante drotoren den Großen das Fürchten alle Sachverhalte, Erscheinungen und besagt: Unser Lebensraum ist etwa lehren. Auch weitgespannte La- Beziehungen. Das Internet ist Leitme- so groß, wie wir ihn mit gebräuchli- denketten werden die Vorteile von dium der Zukunft: überall verfügbar, chen Verkehrsmitteln in einer Stun- Größe und Massenhaftigkeit ab- zeitgleich aktuell, grenzenlos vernetzt de durchqueren können. Hier kennt schöpfen, aber nur, wenn sie den und anarchisch rücksichtslos. man die Sprache, die Kochrezepte einzelnen Kunden mögen und ihm und Gebräuche. Hier funktioniert das Gefühl vermitteln, man sei der Aber das Neue macht auch blind. das persönliche Netzwerk. Hier gibt „Laden von nebenan“. Die Komplexität der Systeme macht es die kurzen Wege, angepasste Lö- diese verletzlich. Ein mittlerer Son- sungen und verlustarme Abläufe. Investitionen haben eine kurze Halb- 08 GASTBEITRAG – BODO HOMBACH wertszeit, wenn sie nicht aus einer Klima, in dem Fabriken entstehen. Man kann sie nur in Gegensätzen bestehenden regionalen Struktur Es erzeugt einen Markt, aber vor al- beschreiben. Es geht um Klassen- hervorwachsen und von ihr getra- lem findet es Mechanismen, welche gesellschaft oder Weltrisikogemein- gen werden. Es lohnt auch nicht, eine die Gesellschaft beleben und anzie- schaft. Wir erleben Wachstumskri- alte Monokultur durch eine neue zu hend machen. sen, aber auch Wachstumsrekorde, ersetzen. Die Metropole der Zukunft Energiehunger trifft auf Ressour- wächst nach innen. Sie entwickelt Das integrative Erfolgsrezept der cenknappheit, Profitorientierung auf ihre Energie- und Wasserversorgung, Bundesrepublik war nicht die Markt- Nachhaltigkeit, Bildungsferne auf humanisiert ihre Wohnquartiere und wirtschaft, sondern die soziale Markt- neue Intelligenz. Große Chancen Verkehrsnetze, ihre Gesundheitsver- wirtschaft. Sie schuf eine Grundver- mischen sich mit Ungewissheit und sorgung. In unternehmensnahen La- sorgung an Gerechtigkeit und echten Risiko. Alles wird von Menschen be- boren, Ingenieurbüros und Brutstät- Aufstiegschancen. Mehr noch: Sie wegt, aber nichts erscheint schwieri- ten von Kultur und Kreativwirtschaft brachte divergierende Kräfte in ei- ger, als Menschen zu bewegen. entscheidet nicht die Masse der Pro- ner Formel zusammen. Aus dem ver- dukte, sondern die Originalität der lustreichen Gleichgewicht des Schre- Wir neigen zu der falschen Annah- Ideen. Qualität entsteht nicht als ckens im „Krieg der Welten“ machte me, ein großes, komplexes Problem „Schüttware“, sondern aus der Dich- sie eine „Aufforderung zum Tanz“. Sie sei nur durch ebenso große, kom- te und Intelligenz der Verknüpfungen. gestaltete die Einsicht, dass evolutio- plexe Lösungsstrategien zu bear- närer Fortschritt nicht aus starren, son- beiten. Das Gegenteil ist richtiger. Regionale Ökonomie will nicht de- dern dynamischen Gleichgewichten Die komplexeste Struktur, die der industrialisieren. Im Gegenteil. Sie entsteht. Nur die Letzteren haben die Kosmos hervorgebracht hat, ist ver- will dem industriellen Kern zu einem Spannkraft, plötzliche Veränderungen mutlich das menschliche Gehirn. höheren Bewusstsein von sich selbst des Umfelds nicht nur zu überleben, Es entstand aus einfachsten Aus- verhelfen. Wie ein guter Pädagoge sondern an ihnen zu wachsen. gangsbedingungen und in kleinsten traut sie ihrem Zögling weit mehr zu Schritten. „Alle großen Wandlun- als dieser sich selbst. Oben war von