DCG_Info_07_2016_HR_20160621_DCG_Info 21.06.2016 06:53 Seite 166

Eine Augenweide – sp. „Speckleback Rainbow“

Magnus Karlsson & Mikael Karlsson

Abb. 1: Cyprichromis sp. „Speckleback Rainbow“ vom Kap Tembwe (DR Kongo) im Aquarium. Diese Art zeigt einen hohen Grad an Polychromatismus, d.h., es gibt etliche Farbmorphen innerhalb einer geografischen Variante oder Population. Insgesamt können etwa 15 Farbmorphen identifiziert werden, von denen 6 auf dem Bild zu sehen sind: Komplett oder überwiegend blau gefärbt mit blauer (1) oder gelber (2) Schwanzflosse, oder mit gelber Rü- ckenflosse (3); blauer Rücken mit gelber Brust, blauer Rücken- und gelber Schwanzflosse (4); komplett oder überwiegend gelb gefärbt mit gelber Be- flossung (5) oder blauer/schwarzer Afterflosse (6).

Cyprichromis sp. „Speckleback Rain- kleinen Gruppen im offenen Wasser, Cyprichromis sp. „Speckleback Rain- bow“ wurde von African Diving Ltd. aber nahe bei den Felsen anzutreffen. bow“ weist wie viele andere Arten der Anfang März 1998 entdeckt und C. sp. „Speckleback Rainbow“ scheint Gattung individuelle Farbmerkmale stammt vom Kap Tembwe in der DR bei Kap Tembwe endemisch vorzu- auf. Die gelben Pastelltöne einiger Kongo. Die Männchen zeigen Poly- kommen. Männchen sind ebenfalls ein Merkmal chromatismus, und ihre kräftigen Pas- von C. microlepidotus, speziell bei den tellfarben gibt es in unterschiedlichen Cyprichromis sp. „Speckleback Rain- Populationen zwischen Katumba Point Farbkombinationen. Ihr charakteristi- bow“ wurde nur zwischen dem 30. Juni und Lyamembe in Tansania (siehe sches Merkmal sind gesprenkelte Strei- und dem 27. Oktober 1998 gefangen, Karte). Beide Arten werden recht groß. fen auf dem Rücken, daher auch ihr insgesamt 255 Tiere, die nach Schwe- Eine weitere, groß werdende Art ist C. Name. Betrachtet man eine Gruppe von den (43), USA (138), Frankreich (16), coloratus, die möglicherweise artgleich Männchen, so sind alle Farben des Re- Belgien (48) und Dänemark (10) ex- mit C. sp. „Leptosoma Jumbo“ ist (TA- genbogens vertreten. Cyprichromis sp. portiert wurden. Die Tiere wurden KAHASHI & HORI 2006). „Speckleback Rainbow“ lebt in einer unter dem Namen Cyprichromis sp. Tiefe von rund 25 Metern. Ihr Lebens- „leptosoma jumbo speckleback rain- Cyprichromis coloratus unterscheidet raum wird dominiert von großen Fels- bow - Cape Tembwe, Zaire“ verkauft sich durch das Fehlen senkrechter Bän- blöcken, die aus dem sandigen Boden- und African Diving Ltd. präsentierte sie der von C. zonatus, die „bei lebenden grund ragen. Die Buntbarsche sind in im selben Jahr auf seiner Homepage. Männchen drei oder vier ausgeprägte 166 DCG-Informationen 47 (7): 166-172 DCG_Info_07_2016_HR_20160621_DCG_Info 21.06.2016 06:53 Seite 167

senkrechte Bänder unterhalb der Basis der Dorsale“ hat (TAKAHASHI & HORI 2006). Da auch C. sp. „Speckleback Rainbow“ ähnliche vertikale Bänder aufweist, kann diese Art auch von C. coloratus unterschieden werden, ebenso wie C. sp. „Leptosoma Jumbo“, der sol- che vertikalen Bänder fehlen. Die ein- zigen anderen Cyprichromis-Arten mit augenfälligen Bändern sind C. zonatus (TAKAHASHI et al. 2002; GEERTS 2003) – früher als C. sp. „Zebra“ bekannt (KONINGS 2000, 2003) – und C. sp. „Mpimbwe Zebra“, sowie die weitere, noch unbeschriebene Art C. sp. „Ki- bishi“ (von den Kavala-Inseln) (KO- Abb. 2: Cyprichromis microlepidotus bei Lubugwe Bay, Mahale Mountains Nationalpark (Tansania) in NINGS 1998; TAWIL 2014a, b). Diese 15 Metern Tiefe. Diese Art zeigt ebenfalls Polychromatismus, und etwa eine Hand voll Farbmorphen drei Arten können von C. sp. „Speckle- sind von jedem Fundort entlang des Mahale Mountains Nationalparks in Tansania bekannt. back Rainbow“ durch das Fehlen von Jahre 1988 wurde C. zonatus zuerst als sie zwischen den Flüssen Lubulungu Polychromatismus des Körpers unter- eine mögliche Variante von C. microle- und Lyamembe in Tansania sympa- schieden werden, einem Merkmal, das pidotus (PUTTBERG 1990) betrachtet und trisch vor. Entlang der südlichen Küste bei C. sp. „Speckleback Rainbow“ aus- dann als mögliche Variante von C. pavo der DR Kongo wurde C. pavo in einer geprägt ist (siehe Foto). (EYSEL 1994). Zu letztgenannter Art äu- Tiefe von 40 Metern bis etwa 30 km ßerte sich BÜSCHER (1995), der erläu- nördlich von Moba gefunden (BÜSCHER Kaum vier Kilometer vor Kolwe Point, terte, dass C. pavo und C. sp. „Zebra“ 1994). Wegen ihrer hauptsächlich im am Kap Mpimbwe, wurde das „Fron- (C. zonatus) nicht zur gleichen Art ge- Tiefwasser und deshalb deutlich zu- tosa Riff “ von unserem Team im Juli hören. rückgezogeneren Lebensweise, hat C. 1994 entdeckt (KARLSSON & KARLSSON pavo vermutlich eine weitere Verbrei- 2014). Eine der ersten Arten die gesam- Cyprichromis pavo wurde gelegentlich tung im See. melt und exportiert wurden, war Cypri- als südliches Pendant zu C. microlepi- chromis sp. „Mpimbwe Zebra“, damals dotus betrachtet, aber sie sind sich nicht Südlich von Kap Tembwe in der Ge- als C. microlepidotus „Mpimbwe Zebra“ sehr ähnlich, weder im Verhalten, noch gend zwischen Kitumba und Kankwale bezeichnet (JOHANSSON 1994: 44). Die in der Morphologie. Zudem kommen (nördlich von Mtoto) lebt eine andere Art ist jedoch C. zonatus ähnlicher – ein Name der ein paar Mal bei späteren Exporten verwendet wurde. Im Gegen- satz zu seinem Namen kommt Cypri- chromis sp. „Mpimbwe Zebra“ nicht am Kape Mpimbwe vor, sondern nur am „Frontosa Riff“. Der Phänotyp der beiden Arten (Cyprichromis sp. „Mpimbwe Zebra“ und C. zonatus) scheint sich geringfügig in der Morpho- logie der Beflossung zu unterscheiden. Am besten betrachtet man sie bis zu einer näheren Untersuchung als unter- schiedliche Formen und hält sie zur Vermeidung von Kreuzungen auch in Abb. 3: Cyprichromis sp. „Leptosoma Jumbo“ („Jumbo Yellow Head“) in 15 Metern Tiefe bei Katondo getrennten Aquarien. Point, Kap Mpimbwe (Tansania). Diese Art tritt üblicherweise an ihren jeweiligen Fundorten innerhalb einer Population in drei Farbmorphen auf. Jedoch ist auch bekannt, dass sie in zwei Farbmorphen in Beiden genannten Arten fehlt es an Po- der südlichen DR Kongo und in vier Farbmorphen im südlichen Tansania auftritt. Möglicherweise lychromatismus, sie zeigen jedoch einen stellen die Farbmorphen innerhalb einer Population eigenständige Arten dar. Die „Yellow-Head“-Mor- Dichromatismus der Geschlechter. Zu- phe ist die markanteste und schönste von ihnen. Bei Kap Mpimbwe lassen sich drei Farbmorphen un- terscheiden: Gelber Kopf und gelbe Schwanzflosse (1); Kopf und Körper gleichermassen beige oder sätzlich besitzen beide vertikale Bal- braun mit gelber Schwanzflosse (2) sowie eine komplett unterschiedliche Farbmorphe, die überwiegend ken, ähnlich wie C. sp. „Speckleback blau gefärbt ist, mit gelber Schwanzflosse und gelblich-blauer Rücken- und Afterflosse (3). Diese Va- Rainbow“. Nach seiner Entdeckung im riante ist auch als „Jumbo Azuri“ bekannt. DCG-Informationen 47 (7): 166-172 167 DCG_Info_07_2016_HR_20160621_DCG_Info 21.06.2016 06:53 Seite 168

farbenprächtige und noch unbeschrie- bene Cyprichromis-Variante, die als „Jumbo-Kitumba“-Form (HERRMANN 1995) und auch als C. sp. „Brilliant Jumbo“ (TAWIL 2014b) bezeichnet wurde. Bei dieser Art scheint die Fär- bung wie ein Schmelztiegel aus Farben, besonders Blau und Gelb zu sein, und die Individuen weisen unzählige Farb- kombinationen auf. Solch eine sehr un- regelmäßige Färbung weist nicht selten auf Hybridisierung hin, welche von KONINGS (1992) bereits diskutiert wurde. Arten die man in dieser Region erwarten dürfte, die aber zu fehlen scheinen, sind C. sp. „Leptosoma Abb. 4: Cyprichromis sp. „Leptosoma Jumbo“ („Jumbo Limao“) in einer Tiefe von 15 Metern bei Lwasase Bay. Diese Morphe kommt im südlichen Tansania, etwa zwischen Kala Bay und Kalambo Jumbo“, C. leptosoma (BOULENGER, River vor. Sie ist sehr ähnlich gefärbt wie „Jumbo Azuri“, einer Morphe der gleichen Art, die weiter 1898) und wahrscheinlich auch C. mi- nördlich Richtung Isonga einschliesslich Kap Mpimbwe vorkommt. Unterschiede bestehen jedoch in crolepidotus POLL, 1956. C. sp. „Lep- Rücken- und Afterflosse, die bei „Jumbo Limao“ mehr gelb und weniger blau gefärbt ist gegenüber tosoma Jumbo“ wird direkt südlich von weniger gelb und mehr blau bei der Variante „Jumbo Azuri“. Zudem ist die Schwanzflosse von „Jumbo Moba angetroffen. Es ist eine ziemlich Limao“ orange gefärbt, während sie bei „Jumbo Azuri“ gelb ist. Die „Jumbo Limao“-Morphe von Kantalamba wurde von uns bei einigen Gelegenheiten Anfang 2000 gesammelt und exportiert. farbenprächtige Variante mit einem ausschliesslich braun gefärbten Körper, in der Kitumba, Kankwale und Kap BÜSCHER (1994, 1998) berichtet vom einer hellgelben Brust und einer Tembwe gegenüberliegenden Küsten- Vorkommen von C. cf. leptosoma Schwanzflosse, die meist gelb und sehr region. „Leptosoma Jumbo“ entlang der Küste selten blau gefärbt ist, d. h., Männchen der DR Kongo. Diese und C. sp. „Lep- treten nur in zwei Farbmorphen ihrer Angesichts der relativ hoch aufsteigen- tosoma Jumbo“ gehören zur gleichen Caudale auf. In den 1990er Jahren wur- den Unterwasser-Rücken zwischen der Art, siehe Abbildungen bei BÜSCHER den sie von uns als Cyprichromis sp. zentralen West- und Ostküste des Tan- (1991: 253). Folglich existiert der „Jumbo Yellow-Litulo“ exportiert. Das ganjikasees und in Kombination mit echte C. leptosoma wahrscheinlich Blau in der Färbung von C. sp. „Brilli- den Seespiegelschwankungen im Ver- nicht in der DR Kongo. ant Jumbo“ ist dem von C. leptosoma lauf der Geschichte des Afrikanischen (TAWIL 2014: 15) sehr ähnlich. Beide, Grabenbruchs können Cyprichromis- Bis 1975 war nicht viel über die Biolo- nämlich C. leptosoma und C. microle- Arten, wie beispielsweise C. leptosoma gie und Ökologie der Gattung Cypri- pidotus, können entlang der Küste des und C. microlepidotus, an gegenüber- chromis bekannt. Dies änderte sich im Mahale Mountains Nationalparks in liegenden und heute getrennten Küsten- Januar desselben Jahres, als eine Tansania gefunden werden, das heisst abschnitten vorkommen Gruppe deutscher Aquarianer eine Reise an den südlichen Teil des Tanga- njikasees machte mit dem Ziel, dort Cyprichromis zu sammeln und die ers- ten lebenden Exemplare mit nach Deutschland zu nehmen (STAECK 1979). Wolfgang Staeck, ein Teilneh- mer dieser Gruppe, machte zwei Mo- nate später eine weitere Reise mit dem Ziel, die Fortpflanzung und Färbung von Cyprichromis im natürlichen Le- bensraum zu studieren. Er betauchte die gleiche Region, in der J. E. S. Moore 80 Jahre vorher die ersten Exemplare der taxonomischen Be- schreibung von Cyprichromis lepto- soma gesammelt hatte, und es gelang Abb. 5: Cyprichromis sp. „Mpimbwe Zebra“ am „Frontosa Riff“ in einer Tiefe von 45 Metern. Diese ihm, die ersten Unterwasseraufnahmen Art war eine der ersten, die wir 1994, als dieses Tiefwasser-Habitat vier Kilometer vor der Küste ent- von Cyprichromis zu machen (STAECK deckt wurde, gesammelt und exportiert haben. 1979). 168 DCG-Informationen 47 (7): 166-172 DCG_Info_07_2016_HR_20160621_DCG_Info 21.06.2016 06:53 Seite 169

Abb. 6: Cyprichromis pavo in 35 Metern Tiefe bei Maenga, Mvuna Island Abb. 7: Cyprichromis pavo bei Muloba Bay, Mahale Mountains Nationalpark, (Tansania). Viele Populationen sowohl in der DR Kongo als auch in Tansa- in einer Tiefe von 35 Metern. C. pavo lebt sympatrisch mit C. microlepidotus nia zeigen keinen Polychromatismus, d.h. alle Männchen innerhalb einer und C. leptosoma zwischen dem Lubulungu River und südlich von Lyamembe Population sehen gleich aus. Jedoch können in einigen Populationen, bei- (südliche Häfte des Mahale Mountains Nationalparks). Beim „Frontosa Riff“ spielsweise im südlichen Tansania, Teile der Beflossung zwischen gelb und vor Kap Mpimbwe wurde C. pavo in Tiefen von über 50 Metern gefunden. blau variieren. Aufgrund seiner Lebensgewohnheiten im Tiefwasser hat C. pavo möglicher- weise eine weitere Verbreitung im See als wir derzeit wissen.

Gemäß STAECK (1979) besteht der na- Cichliden des Malawi- und Victoria- Anm. der Red.: Als Staeck seine Be- türliche Lebensraum von Cyprichromis sees auftritt, denn die Farbmorphen von obachtungen machte, wurden diese aus großen Felsblöcken, von mehreren Cyprichromis betrafen ausschließlich Cichliden noch in der Gattung Lim- Metern Höhe in einer Tiefe zwischen 5 die Männchen. Staeck sammelte 1975 nochromis geführt und als Limno- und 15 Metern. In einem solchen Habi- ein einzelnes Weibchen und zwei chromis leptosoma bzw. L. microlepi- tat konnten die Cyprichromis stets Männchen der Farbmorphe mit der dotus bezeichnet (s. STAECK 1977 und mehrere Meter über dem Grund beob- hellgelben Schwanzflosse und brachte 1979). Aus den Bildern und dem Text achtet werden. Kleine pelagische Krus- sie nach Deutschland. Nach zahlrei- geht hervor, dass es sich wohl um C. tentierchen bilden die natürliche Nah- chen Generationen an Nachzuchten sp. „Leptosoma Jumbo“ handelt. rungsquelle, die einzeln von den Cypri- von Cyprichromis im Aquarium trat chromis gefangen werden, indem sie niemals die Farbmorphe mit der blau- Die Tribus , zu der Cy- ihr Maul mit den beweglichen Kiefern violetten Schwanzflosse auf. Die Männ- prichromis und ge- zu einer Röhre formen, in welche die chen entwickelten sich stets mit einer hören, ist eine monophyletische Krebstierchen eingesaugt werden (STAECK hellgelben Schwanzflosse (STAECK Gruppe (TAKAHASHI 2003: 374). Die 1979). Die zwei Monate dauernde in- 1979: 101). beiden Mitglieder der Tribus unter- tensive Suche entlang der Küste führte zu dem Ergebnis, dass es vier geogra- phische Lokalitäten gibt, an denen große Schwärme, die sich aus mehreren Tausend Individuen zusammensetzen, von Cyprichromis gefunden werden. Ei- nige dieser Schwärme sollen nur aus Weibchen bestehen (STAECK 1979).

Bezüglich der Färbung berichtete STAECK, dass beide Arten, C. leptosoma und C. microlepidotus, im männlichen Ge- schlecht in zwei Farbmorphen auftre- ten: eine mit einer hellgelben Schwanz- flosse und eine mit einer blauvioletten. Beobachtungen an großen Schwärmen erbrachten eine etwa gleiche Anzahl Abb. 8: bei Silaf Rocks, Kap Mpimbwe (Tansania) in einer Tiefe von 8 Me- der Farbmorphen (STAECK 1979). Die tern. Diese Art kommt an den meisten Fundorten in zwei Farbmorphen vor: komplett blau mit entweder blauer oder gelber/oranger Schwanzflosse. Bei mehreren Fundorten am Kap Mpimbwe kommen jedoch Entdeckung verschiedener Farbmor- vier Farbmorphen vor: Die Tiere können eine blaue oder gelbe Rückenflosse haben. Morphen mit gel- phen war zu dieser Zeit bemerkens- ber oder orangefarbener Schwanzflosse bei Kap Mpimbwe sind als „Utinta Fluorescent“ und Morphen wert, auch wenn bereits bekannt war, mit blauer Schwanzflosse als „Tanzania Neon“ bekannt. Taxonomisch ist diese Art die älteste der dass dies bei vornehmlich weiblichen Tribus und wurde bereits 1898 beschrieben. DCG-Informationen 47 (7): 166-172 169 DCG_Info_07_2016_HR_20160621_DCG_Info 21.06.2016 06:53 Seite 170

scheiden sich (sensu TAKAHASHI 2004) Im Gegensatz zur Monophylie jeder Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Pa- durch das Tränenbein (engl. lacrimal Gattung der Cyprichromini (TAKAHASHI racyprichromis brieni (POLL, 1981) die bone, einer kleinen knöchernen Platte 2004), unterteilte eine mitochondriale Basisform der Cyprichromini darstellt, neben dem Auge). Bei Cyprichromis DNS-Untersuchung (mtDNS) die Tri- aus der sich die verschiedenen Mitglie- hat dieser Knochen 5 Poren, bei Para- bus in 4 verschiedene Linien (BRAND- der der Tribus entwickelt haben, mög- cyprichromis nur 4 (TAKAHASHI 2004: STÄTTER et al. 2005), bei der im Wesent- licherweise unabhängig voneinander. 2, Tafel 1). Zusätzlich lassen sich die lichen die jeweils nominellen Cypri- beiden Gattungen durch die infraorbi- chromis-Arten jeweils eine solche Linie Unterwasserbeobachtungen in der Ge- talen post-lacrimalen Knochen unter- vertreten, dazu eine für Paracyprichro- gend um Kigoma ergaben, dass

Abb. 9: Paracyprichromis brieni bei Mpando Point südlich von Katili (Tan- Abb. 10: Paracyprichromis nigripinnis bei Kalala Island in der südlichen sania) in einer Tiefe von 25 Metern. Diese Art ist dezent gefärbt und variiert Kala Bay in 20 Metern Tiefe. Diese Variante kommt etwa zwischen Kala Bay in ihrer Färbung nur wenig. Wie bei allen Cyprichromini zeigt P. brieni Ge- und dem Kalambo River vor. Sie hat auffallend gelbe Wangen und eine schlechtsdichromatismus, d.h., Männchen und Weibchen unterscheiden sich gleichbleibende blaue Rückenflosse (vergleiche Abb. 11 und 12). in der Färbung.

Abb. 11: Paracyprichromis nigripinnis bei Fulwe Rocks in einer Tiefe von 15 Abb. 12: Paracyprichromis nigripinnis bei Silaf Rocks, Kap Mpimbwe in einer Metern. P. nigripinnis wird üblicherweise als nicht-variable Art betrachtet. Po- Tiefe von 10 Metern. Bei den Populationen um Kap Mpimbwe zeigen die Männ- pulationen in Tansania variieren aber tatsächlich, und einige Farbvarianten las- chen eine gelbe oder orangefarbene Rückenflosse, es fehlt aber komplett die sen sich unterscheiden. Bei Populationen im südlichen Tansania, Fulwe Rocks Gelbfärbung der Wangen, die anstelle dessen mit einem dritten blauen Horizon- eingeschlossen, haben die Männchen von P. nigripinnis beispielsweise eine talstreifen geschmückt sind (vergleiche Abb. 10 und 11). Bei Kap Mpimbwe blaue Rückenflosse und nur schwach gelb gefärbte Wangen (vergleiche Abb. kommen die folgenden Vertreter der Cyprichromini sympatrisch vor: Paracy- 10 und 12). prichromis nigripinnis, P. brieni, Cyprichromis leptosoma, C. sp. “Leptosoma Jumbo“ und C. pavo. Im Gegensatz zu seinem Namen kommt C. sp. „Mpimbwe Zebra“ dort nicht vor, sondern nur beim „Frontosa Riff“.

scheiden (lat. orbita = Augenhöhle; einer mis. Weiterhin wurden diese Linien fast Schwärme von Cyprichromis spp. aus Serie von kleinen Knochen, die teil- gleichzeitig unterteilt und zeigen somit mehr als 10.000 Tieren bestehen weise um das Auge herum liegen und die Möglichkeit an, dass einige der Cy- (DIECKHOFF & MEYER 1987). In der auch als infraorbitale Knöchelchen be- prichromis-Arten phylogenetisch näher Region um Kap Mpimbwe können kannt sind). Bei Cyprichromis ist das mit Paracyprichromis verwandt sind Schwärme von C. leptosoma sehr groß vorderste Knöchelchen röhrenartig, bei als untereinander. Das würde folglich sein und aus einer geschätzten Zahl von Paracyprichromis dagegen massiv oder im Umkehrschluss bedeuten, dass eine 100.000 Tieren bestehen (pers. Beob- nahezu massiv (TAKAHASHI 2004: 2, Tafel 1). parallele Evolution stattgefunden hat. achtungen). In der Natur sind die meis- 170 DCG-Informationen 47 (7): 166-172 DCG_Info_07_2016_HR_20160621_DCG_Info 21.06.2016 06:53 Seite 171

Abb. 13: Ein Schwarm von Cyprichromis leptosoma in 8 Metern Tiefe bei Silaf Rocks, Kap Mpimbwe (Tansania). Das Bild zeigt sowohl Farbmorphen von C. leptosoma mit orangefarbener und blauer Schwanzflosse, als auch mit gelber und blauer Rückenflosse. Der Schwarm ist eine Mischung aus allen Farbmorphen inklusive der wenig farbigen Weibchen. An vielen Fundorten um Kap Mpimbwe konnten große Schwärme von C. leptosoma beob- achtet werden, die geschätzt aus bis zu 100.000 Tieren bestehen. ten Cyprichromis-Arten Freilaicher, gleiche Weise wie beispielsweise C. Übersetzung: Harald Rosentritt entweder im Freiwasser (z. B. C. mi- microlepidotus und C. leptosoma, crolepidotus, C. leptosoma, C. sp. nämlich im freien Wasser. Literatur

„Leptosoma Jumbo“) oder in der Nähe BRANDSTÄTTER, A., W. SALZBURGER & C. STURM- von vertikalen Felsstrukturen (z. B. P. Cyprichromis sp. „Speckleback Rain- BAUER (2005): Mitochondrial phylogeny of the Cy- brieni, C. sp. „Mpimbwe Zebra“) (STAECK bow“ ist vielleicht der farbenpräch- prichromini, a lineage of open-water 1979, OCHI 1996, pers. Beobachtun- tigste und einer der farblich variabel- endemic to , East Africa. Molecu- lar Phylogenetics and Evolution, 34 (2): 382–391. gen). Es gibt eine Ausnahme, Cypri- sten Vertreter der Cyprichromini. Er chromis pavo, der auf felsigem Grund wurde 1998 entdeckt aber ist immer BÜSCHER, H. H. (1991): Beobachtungen zur laicht (BÜSCHER 1994: 259). Außerdem noch weitgehend unbekannt. Das be- Ökologie von Cyprichromis leptosoma im Tan- scheint der unbeschriebene C. sp. „Ki- grenzte Vorkommen am abgelegenen ganjikasee: Habitate und Nahrungsspektrum. bishi“ in der Nähe von felsiger Ober- Kap Tembwe hat zu seiner nahezu be- DCG-Informationen, 22 (12): 252–262.

fläche zu laichen (TAWIL 2014b). C. sp. deutungslosen aquaristischen Existenz BÜSCHER, H. H. (1994): Cyprichromis pavo n. „Speckleback Rainbow“ laicht auf die beigetragen. sp.: Ein neuer Cichlide aus dem Tanganjikasee (Cichlidae, Cyprichromini). DATZ, 47 (4): 257– 263. Eugen Ulmer-Verlag, Stuttgart

BÜSCHER, H. H. (1995): Cyprichromis ”Zebra” aus Sambia ist nicht Cyprichromis pavo. DATZ, 48 (3): 198–199. Eugen Ulmer-Verlag, Stuttgart

BÜSCHER, H. H. (1998): Artenvielfalt im Tanga- njikasee – Die Cichlidengemeinschaft von Tembwe (Kongo). DATZ, 51 (12): 785–793. Eugen Ulmer-Verlag, Stuttgart.

DIECKHOFF, H. & M. MEYER (1987): Die Gat- tung Cyprichromis Scheuermann, 1977 – Inte- ressante Cichliden aus dem Tanganjika-See. TI, 20 (1): 8–9; no. 79. Tetra-Verlag, Melle.

Abb. 14: Einer der Autoren beim Fotografieren von Cyprichromis leptosoma bei Silaf Rocks, Kap EYSEL, W. (1994): Cyprichromis pavo ”Zebra” Mpimbwe. Beim Fotografieren in der Natur ist große Geduld gefordert und manchmal stundenlanges aus Sambia. DATZ, 47 (10): 628–629. Eugen unermüdliches Warten, um in die Nähe der Cichliden zu gelangen. Ulmer-Verlag, Stuttgart DCG-Informationen 47 (7): 166-172 171 DCG_Info_07_2016_HR_20160621_DCG_Info 21.06.2016 06:53 Seite 172

GEERTS, M. (2003): Cichlidesque – actualiteiten en wetenswaardigheden. Cichlidae (NVC), 29 (2): 54–56. Nederlandse Vereniging van Cichli- denliefhebbers.

HERMANN, W. (1995): Jumbo Kitumba – Ein Juwel im Tanganjika-Aquarium. Aquaristik ak- tuell, 3 (2): 50–51. Dähne-Verlag, Ettlingen, Germany.

JOHANSSON, J.-Å. (1994): Importnytt från Åleds Akvarium AB [Photos by Uusiportimo, J.] Ciklid- bladet, 27 (10): 42–44. Nordiska Ciklidsällskapet.

KARLSSON, M. & M. KARLSSON (2014): Visit Tanzania! African Diving Blog, 31 May 2014. Available from: http://blog.africandivingltd.com /2014/05/visit-tanzania-under-this-heading- we_31.html (accessed 27 October 2015)

KONINGS, A. (1992): Cyprichromis sp. “Lepto- soma Jumbo”. Pp. 26–28 in: Konings, A. (ed.) Ci- klidårsboken, 2 (The Yearbook, 2, Swedish edition). Cichlid Press, St. Leon-Rot, Germany / Forhman Aquaristik, Partille, Sweden. Abb. 15: Kolwe Point bei Kap Mpimbwe

TAKAHASHI, T. & M. HORI (2006): Description TAWIL, P. (2014a): Cyprichromis sp. ‘kibishi’, a KONINGS, A. (1998): Tanganyika cichlids in their of a new Lake Tanganyikan cichlid of the new species of Cyprichromis close to C. zona- natural habitat. Cichlid Press, El Paso, TX, 272 pp. Cyprichromis (Perciformes: Cichlidae) tus. The Cichlid Room Companion. Available with a note on sexual dimorphism. Journal of from: http://www.cichlidae.com/article.php?id=438 KONINGS, A. (2000): De haringcichliden van het Fish Biology, 68 (Suppl. B): 174–192. (accessed 20 Jan. 2015) geslacht Cyprichromis. Pp. 26–31 in: Dulleman, W. van, Geerts, M. and Konings, A. (eds.): Cich- TAKAHASHI, T., M. HORI & K. NAKAYA (2002): TAWIL, P. (2014b): Neither leptosoma nor zona- lidae Jubileumuitgave. NVC, Wim van Dulle- New species of Cyprichromis (Perciformes: tus: Cyprichromis sp. “Kibishi”. Cichlid News, man, Maassluis, The Netherlands and ABCV, Cichlidae) from Lake Tanganyika, Africa. Co- 23 (4): 13–17. Aquatic Promotions Division, Walter Deproost, Ranst, Belgium, 74 pp. peia, 2002 (4): 1029–1036. Miami, FL.

KONINGS, A. (2003): New Cyprichromis from Zambia. Cichlid News, 12 (2): 6–15. Aquatic Promotions Division, Miami, FL.

OCHI, H. (1996): Mating systems of two midwater- spawning cichlids, Cyprichromis microlepidotus and Paracyprichromis brieni, in Lake Tanganyika. Ichthyological Research, 43 (3): 239–246.

PUTTBERG, V. (1990): Neu importiert: Neue Cy- prichromis-Variante? DATZ, 43 (2): 72. Eugen Ulmer-Verlag, Stuttgart.

STAECK, W. (1977): Cichliden Bd. II, Verbrei- tung-Verhalten-Arten. Engelbert Pfriem Verlag, Wuppertal, 296 S.

STAECK, W. (1979): Beobachtungen an Kär- pflingscichliden. Zur Fortpflangzungsbiologie und Ökologie der Cyprichromis-Arten. Aqua- rien Magazin, 13 (2): 99–104. Kosmos-Verlag, Stuttgart.

TAKAHASHI, T. (2003): Systematics of Tangany- ikan cichlid fishes (Teleostei: Perciformes). Ich- thyological Research, 50 (4): 367–382.

TAKAHASHI, T. (2004): Phylogenetic analysis of Cyprichromini (Perciformes: Cichlidae) ende- mic to Lake Tanganyika and validation of the genus Paracyprichromis. Ichthyological Re- Abb. 16: Karte des südlichen Teils des Tanganjikasees mit allen Fundorten, die im Artikel genannt search, 51 (1): 1–4. werden, dazu eine Vergrößerung der Region um Kap Mpimbwe.

172 DCG-Informationen 47 (7): 166-172