GnEvEN

Greven, Stadt von Hans-Hubert Walter

I. Lage und Entwicklung Nährstoffgehaltes intensiv ackerbaulich genutzt. Lulibild des Stadtkerns Auch in der ursprünglich feuchten Talaue der Nördlich von Münster liegt die Stadt Greven haben Ackerf'lächen das ehemals dort ver- in der Sandebene des Ostmünsterlandes beider- breitete Grünland verdrängt, da infolge der Ems- Mittelzentrum in einer Landschaftbild geprägt regulierung und umfangreicher Drainierungs- seits der Ems. Das ist llindlichen Zone mit durch weite, von Baum- und Buschgruppen, maßnahmen der Grundwasserspiegel abgesunken 25 000 bis 50 000 E. Wäldchen und Wallhecken gegliederte Ackerflu- ist. Die Ems selbst, die das Stadtgebiet von Süd im Mittelbereich ren, die durchsetzt sind von Einzelhöfen, Hof- nach Nord durchf'ließt, ist seit den 1950er Jahren gruppen und Dörfern. Das heutige Stadtgebiet über weite Strecken kanalartig mit baum- und umfafJt den Stadtkern Greven mit 21 .513 buschlosen Ufern ausgebaut. Im Gebiet des Einwohner: 32 205

Einwohnern, Reckenfeld (6.137 E.), die Bauer- Stadtkerns Greven schützen Deiche die niedrig Fläche: 1,10,09 km2 (3.361 und gelegenen Stadtteile. Dadurch ließ sich dort die ) schaften beiderseits der Ems E.) b.rnw()hnerle Km': Gimbte (79-5 E.). In der Grevener Sandebene Gefahr der früher häufigen Hochwasserkatastro- herrschen ebene Niederterrassenplatten vor, die phen weitgehend bannen. In anderen Teilen der von der Talaue der Ems und fossilen oder rezen- Talaue jedoch richten alljährlich auftretende ten Niederungen ehemaliger Emsläufe durchzo- Überschwemmungen z.T. beträchtliche Schäden gen sind. Die Terrassenplatten fallen von Süd in der Landwirtschaft an. Über weite Strecken nach Nord von ca. 50 auf 40 m ü. NN ab. Der wird der Lauf der Ems - in der Regel an den trockene, mäßig bis stark podsolierte Sandboden, Osträndern der Talaue - von nacheiszeitlichen 229,89 224,58 der noch im vorigen Jahrhundert weitflächige Dünenfeldern begleitet. Diese bis zu 10 m hohen Heiden trug, wird trotz seines relativ geringen Dünen werden als "Berge" bezeichnet (Fuestru- (Sland:31.12.92)

.1,-) GnsvBr.r

I 975 wurde der Stadtteil per, Bockholter, Guntruper und Wentruper um ein Verkehrsweg, der den Anstoß zu neuen Gimbte eingemeindet Berge) und tragen verbreitet Kiefernwälder; stel- Entwicklungen gab: Die Fertigstellung der Eisen- lenweise, insbesondere in geschützten Gebieten, bahnlinie Münster - Greven - führte zu ist auch noch Heide erhalten. Neben der Forst- einer raschen Industrialisierung Grevens. Als Einwohner in Stadtteilen: wirtschaft dienen die Dünenfelder heute der Nah- erste Fabrik wurde 1855 auf dem rechten Ems- Reckenfeld 5760 erholung. ufer die Grevener Baumwollspinnerei (GBS) ge- Gimbte 151 gründet. Zwei weitere Textilfabriken errichtete Grevens Lage im Verkehrsnetz kann als über- (Stild:25.05.87) man l874 und 1887 jenseits der Ems in der Nähe aus günstig bezeichnet werden. Die Autobahn A I des Bahnhofs. 1896 gab es in Greven bereits fünf (Hansalinie) durchquert das Stadtgebiet; die An- Textifunternehmen mit 618. 1922 sieben Firmen schlußstelle Greven liegt nur ca. 2 km vom Gebäude- u. Freiflächen: der Textilbranche mit 1.113 Beschäftigten. Dem- Stadtzentrum entfernt. Sodann ist Greven mit 8,12km2 (6,2Ea) entsprechend stieg die Bevölkerungszahl von Münster und den übrigen Nachbarstädten durch davon 1.689 (1864) über 3.648 (1895) auf 8.758 (1939) 43,5 Vo lffohnbaufläche zwei Bundesstraßen und mehrere ausgebaute an (vgl. Prtnz 1916, Bd. I, S. 153,151,233). 11,7 7o Gewerbefläche Landstraßen verbunden. An der Bundesbahn- 6,9 Vo Mischnutzung strecke Münster - Emden liegen die Eilzugstation (Stand:1989) In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ent- Bahnhof Greven und die Personenzugstation stand auch der Ort Reckenfeld. Im Gegensatz zu Reckenfeld; ebenso trägt die unmittelbar hinter Dorf bzw. Stadt Greven. Gimbte und den Bauer- der Stadtgrenze liegende Personenzugstation schaften bildete Reckenfeld nie eine selbständige Münster-Sprakel zur Verkehrserschließung des Gemeinde. Auch der Grundriß, der neben einem südlichen Stadtgebietes um Gimbte bei. Am kaum ausgebildeten Zentrum vier durch Feldflu- Dortmund-Ems-Kanal verfügt Greven über einen ren voneinander getrennte Wohngebiete mit lan- kleinen Güterhafen. Besondere Bedeutung hat gen, parallel verlaufenden Straßenzügen auf- der auf Grevener Stadtgebiet ca. 7 km nordöst- weist, deutet auf eine spezielle Siedlungsgenese lich des Stadtzentrums liegende internationale hin. Reckenfeld entstand auf dem Boden Verkehrsflughafen Münster-Osnabrück (Flug- eines ehemaligen Munitionslagers, das 1916 in der gastautkommen 1993 ca. 574.000) der auch den früheren Allmende "Reckenfeld" einiger Bauer- Luftfracht und Luftpostdienst versieht. schaften links der Ems errichtet wurde. Die ehe- Der Siedlungskern Greven enstand im 8. maligen Gleisanlagen mit Abstellbahnhof und Jahrhundert als geplanter fränkischer Kirchort den zu mehr als 200 in Reihe aufgebauten Muni- (St. Martin) auf der Geestkante der Emstalaue. tionsschuppen führenden Anschlußgleisen be- Nahe der Emsfurt wurden entlang der nordsüdli- stimmen noch heute den Grundriß Reckenfelds. chen Durchgangsstraße, dem alten "Hellweg", Im Jahre 1923 wurde das Gelände mit allen Anla- zunächst neun Höfe angesetzt (vgl. Müller-Wille gen an die Berliner Eisenhandelsgesellschaft Ost 1965, S. 116). Überregionale Bedeutung erlangte GmbH verkauft, die zwecks Nutzung der Muniti- die Siedlung jedoch erst im 16. Jahrhundert als onsschuppen Siedler anwarb. Diese kamen Handelsplatz vor allem für Vieh aus dem nord- zunächst als Optanten aus den an Polen abgetre- deutschen und dänischen Raum. Dafür war dre tenen deutschen Ostgebieten, dann auch als Berg- Schiffbarkeit der Ems ab Greven ausschlagge- bauveteranen aus dem Ruhrgebiet. Wegen der für bend; denn ab 1582 nahmen münstersche Groß- Wohnzwecke ungeeigneten Gebäude und des kaufleute den im Mittelalter zum Erliegen ge- Fehlens jeglicher Wohninfrastruktur herrschten kommenen Schiffsverkehr mit flachen Booten im "Lager Reckenfeld" unhaltbare Zustände, bis (Pünten) wieder auf. Im Gefolge dessen erlebten die Eisenhandelsgesellschaft Ost 1933 aufgelöst Dorf und Markt eine Zeit wirtschaftlicher Blüte, und ihr Restvermögen von der Siedlungsgesell- zu der neben dem Viehhandel in zunehmendem schaft Münsterland ersteigert wurde. Von da an Maße der Tuchhandel münsterscher und Grevener konnte eine planmäßige Besiedlung Reckenfelds Kaufleute beitrug. Die Bedeutung Grevens als in Angriff genommen werden. lmmerhin stieg Handelsplatz an einem Binnenhafen wurde aller- die Einwohnerzahl von 1.433 im Jahre 1932 auf dings ab 1730 eingeschränkt durch den Bau des 2.396 im Jahre 1945. Nach Kriegsende kam es zu Max-Clemens-Kanals. der von Münster aus west- einer erneuten Verzögerung des Siedlungsaus- Iich an Greven vorbei nach Wettringen führte baus, da zwei der vier Baublöcke unter Auswei- und bis ZwollelNiederlande geplant war. Nach sung der dort wohnenden Bevölkerung für vier Inbetriebnahme des Dortmund-E,ms-Kanals im Jahre zum autonomen Lager für sog. "displaced Jahre 1899 kam die Emsschiffahrt fast gänzlich persons" (meist während des Krieges zwangseva- zum Erliegen. Im 19. Jahrhundert war es wieder- kuierte Polen) umgewandelt wurden. So konnte

1A GnsvEN

Reckenfeld erst ab 1951 nach und nach zu einer zugehörigen Eschen bestehen, gibt es nur wenige Erwerbstätige: 12 775 gestalteten Wohnsiedlung ausgebaut werden. bauliche Verdichtungen, meist in Anlehnung an ältere Kerne um Kirche, ehemalige Schule und 4,4Vo Eine weitaus ältere Siedlung ist das Dorf Gasthof. Greven-Dorf bekam 1950 Stadtrecht und Es bestand Gimbte. schon im 12. Jahrhundert aus schloß sich 1952 mit den Gemeinden Greven links l2 Höfen, darunter einem Haupthof als Tafelgut der Ems und Greven rechts der Ems (Bauerschaf- des Bischofs von Münster. sowie einer Pfarrkir- ten einschl. Reckenfeld) zur neuen Stadt Greven ,,)"- che (vgf . Prinz 1916, Bd. I, S. 36). Die Höfe zusammen. Die alte, aber kleine Gemeinde Gimbte lagen in zunächst zwei getrennten Gruppen, sog. unterhielt bereits seit 1954 eine Verwaltungsge- Erwerbstätige am Drubbeln, zugehörige Arbeitsort: 9 591 deren Eschfluren die meinschaft mit Greven und wurde \915 im Zuge \ \q- höhergelegenen Niedertenassenplatten zwischen der kommunalen Neugliederung eingemeindet. den Flüssen Ems und Aa einnahmen. Die beiden ln der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg be- Drubbel wuchsen vornehmlich infolge von Hof- stimmen drei Faktoren die Entwicklung der Stadt verlegungen allmählich zu einem Dorf zusam- Greven samt ihrer Gemeindeteile. Der erste ist ,,,&.,,', men. Bis zum Beginn der Neuzeit hielt sich die die tradierte zentralörtliche Funktion Grevens fur Zahl der Höfe konstant; nach Ergänzung durch Land- den Nahbereich. Er wird vor allem im Ausbau und Kötter und Heuerlinge ab dem 16. Jahrhundert Forstwinschaft des kommerziellen Angebots im Innenstadtbe- 7 blieb es bis ins 20. Jahrhundert hinein bei 15 Produzierendes reich sichtbar. Als zweiter Faktor ist die Nähe Bauernhöfen, 9 Köttern und 9 Heuerlingen (vgl. Gewerbe zum Oberzentrum Münster zu nennen, die in zu- 7 Walter/Beyer 1992, S. 66 und Beyer/Walter nehmendem Maße den Arbeitsmarkt wie auch Dienstleistungen 1987, S. 63 - 66). r das Einkaufsverhalten der Grevener beeinflußt. (Stand:25.5.87) Im Jahre 1945 existierten auf dem Gebiet der Der dritte besteht in der Tatsache, daß Greven heutigen Stadt Greven vier selbständige Gemein- nach wie vor eine Industriestadt ist, wenngleich den: drei Gemeinden mit dem Namen Greven, die vorherrschende Textilindustrie starke Ein- die erst 1894 durch die Aufteilung der früheren bußen erlitten hat (vgl. Tab. I - 2). Berufs- Beruf's- Gemeinde Greven Kirchspiel entstanden waren, einpendler nämlich Greven-Dorf. Greven rechts der Ems Aus den Tabellen wird die starke zentralörtli- 2483 - v 5270 und Greven links der Ems, dazu die Gemeinde che Stellung Grevens ersichtlich. Von den Be- (Stand:25.05.87) Gimbte. Greven rechts und links der Ems waren schäftigten am Ort arbeiten mehr als 6O Vo im die flächengrößten Gemeinden, da sie als sog. Tertiären Sektor, woran allerdings der Handel Bauerschaften das ländliche Streusiedlungsgebiet nur mit 11 ,9 Va beteiligt ist; das wiederum läßt umfaßten. Sie sind noch heute in den gleichnami- Rückschlüsse auf Grevens Position als Einkaufs- gen statistischen Bezirken faßbar, allerdings stadt zu, die durch die Attraktivität der nahen unter Ausklammerung der an die Kernstadt Gre- Großstadt Münster beeinträchtigt wird. In dem ven und an den neu gebildeten Gemeindeteil hohen Anteil der Beschäftigten im Verarbeiten- Reckenfeld abgegebenen Flächen. In den Bauer- den Gewerbe (30,9 7o; s. Tab. l) wird Grevens schaften, die aus Einzelhöfen und Drubbeln samt traditionelle Rolle als Industrie- und insbesonde-

Tabelle 1 Arbeitstätten und Beschäftigte nach Wirtschaftsabteilungen, Stand: 25.5.1987

Arbeitsstätten Beschäftigte Wirtschaftsabteilung zaht I u" zahr I u" Land und Forstwirtschaft, Fischerei 25 ?05 66 0,6 r Energie-ÄVasserversorgung 5 0,41 68 0,63 Verarbeitendes Gewerbe 142 n,66 3.343 30,93 Baugewerbe 86 7,06 772 7,14 Handel 380 31,20 1.935 11,90 Verkehr, Nachrichtenübermittlung 59 4,84 911 8,43 Kreditinstitute, Versicherungsgewerbe 59 4,84 231 2,14 Dienstleistungen 374 30,11 1.909 lt,66 Organisationen ohne Erwerbszweck 46 3,18 634 5,87 Gebietskörperschaften, Sozialversicherung 42 I Zl\ 939 8,69 Insgesamt t.218 100,00 10.808 100,00

(Quelle: Greven 1991, S.50)

25 Gnrvs:'t

Tabelle 2 Textilbetriebe im Verhältnis zur Gesamtindustrie

J ahr I ndustricbctricbe Beschäftigte in Industriebctrieben insgesarnt davon insgesarnt davon t-I I Te xt ilhetliehe I in Textilbetrieben I zat',t 7o

9.59 -tt l8 1.169 3.666 82.0 '\ 965 21 L) 3.6,+6 1-\A 11.1 910 30 l0 3.4U0 2.520 72.4 975 28 l 3.078 2.218 11,0 980 2l 5 2.112 1.949 10,3 985 20 5 2.688 1.786 66,4 990 11 4 2.611 1.525 -58,4

(Quelle: Greven 1991, S.55)

re Textilstadt sichtbar. Zwar ist, wie Tab. 2 zeigt. mischen Industrie. des Druckgewerbes sowie die Bedeutung der Textilindustrie stark reduziert, grol3e Speditionsfirmen angesiedelt. Weitere Ar- doch sind die 1993 noch vorhandenen drei Tex- beitsplätze bietet der im Grevener Stadtgebiet ge- tilfäbriken nach wie vor wichtige Arbeitgeber auf legene expandierende Flughafen Mi-inster-Osna- denr industriellen Sektrlr. Infolge der allge rreinen brLick. Krise der westmünsterländischen Textilbranche Das Arbeitsplatzangebot ist nicht nur für die kar.n es in den tl0er Jahrcn zu cine rn stalken An- ortsansässige Bevt)lkerung attraktiv, irnmerhin stie-s der Albeitslosenzahlcn (Arbcitslosenquote komrnen 2.956 Personen (27.3-5 o/r, d,er in Greven 1980: .1.t) 7. 1986: l3,l o/r,'. vgl. Nordrhcin-West- Beschättigten) als Einpendler aus den r-rmliegen- f'alen: 1980: :1,6 a/r,, 1986'. lO,9 c/(). Dank einer den Städten und Gerneinden. und zwar haupt- auf Divelsifizierung angelegten Industrieansied- sächlich aus Ernsdetten (5.07 7o der in Greven lungspolitik ist es dcr Stadt Greven gelungen. die Beschiiftigten). aus (4,45 c/a) und aus Albeitsloscnquotc auf '/,5 c/o ( 1990) zu nrindern Mi"inster (1.11c/c) (Greven 199 I, S.30-3 l). (vgl. NRW 1990: 9,0 c/c). In den neuen Gewerbe- wurden insbesondere Betriebe des Ma- -sebieten Die oben genannten drei Faktoren spiegeln schinen-. Stahl- und Leichtmetallbaus. der che- sich ebenfalls in der Erwerbs- und Sozialstruktur Grevens wider (r'gl. Abb. 1). Es ergeben sich in- dessen si-vnifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Gemeindeteilen. Der Stadtkern Gre- ven, dessen Einwohnerdominanz bewirkt, dafj sich seine spezifischen Daten stark auf die Daten von Greven insgesamt durchpausen. beherbergt eine Wohnbevölkerung. deren hoher Anteil von Bearnten und Angestellten irn Tertiären und Quartiiren Sektor sich nicht allein ar.rs der zen- tralijrtlichen Stellung Grevens erklären lä13t. Hier wirkt sich die grof.le Zahl der Auspendler nach Münster aus (Greven Stadtkern: 4. 164 von -5.990 Auspendlern = 69.5 %,, vgl. Greven 199 I, S. 30). Erst recht weisen die Daten von Gimbte für eirr Dorf absolut r"rntypische Welte auf. Diese charak- terisieren Gimbte als einen Wohnort. dessen Ein- wohr.rerschati sich zum größten Teil zusarnmen- setzt aus schulisch höher gebildeten Beamten und Angestellten, die irn Quartären Sektor (gehobene Dienstleistungen) tätig sind. Auch hier ist die Möglichkeit des Auspendelns ins unmittelbar an Kirche St. \'lartinus Gimbte angrenzende Stadtgebiet von Münster

26 GnevpN

Erwerbstätige nach Wirtschaft sbereichen

Handel, Verkehr und Nach richtenübermittlung

Produzierendes Gewerbe

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

Greven Gimbte Stadtkern Reckenfeld Bauerschaften insgesamt Greven

Erwerbstätige nach Stellung im Beruf

Beamte, Angestellte

Selbständige, mithelfende Familienangehörige

Greven Stadtkern Reckenfeld Bauerschaften insgesaml Greven

Wohnbevölkerung (1 5-65 Jahre) nach Schulabschlüssen

Volksschul-/

Greven Stadtkern Reckenfeld Insgesaml G reven

Abb. 1: Strukturdaten Greven (Quelle: Volkszählung 1987) 27 GnpveN

ausschlaggebend. Reckenfeld hingegen ist eher sens angesiedelt; er enthält Gymnasium (1993 ein Wohnort von Arbeitern und Angestellten, die um das ehemalige Gebäude der umgesiedelten in der Industrie des Grevener Stadtkerns und der Anne-Frank-Realschule erweitert) sowie Kran- nördlich angrenzenden Textilstadt kenhaus und Altenzentrum. Die Textilindustrie ihre Erwerbsmöglichkeiten finden. Die Bauer- konzentriert sich an ihren historischen Standorten schaften weisen naturgemäß einen höheren An- beidseits der Ems am Rand der Wohnbebauung, teil von selbständigen Landwirten und deren mit- während die später hinzugekommenen Industrie- helfenden Familienangehörigen auf. und Gewerbebetriebe in neu ausgewiesenen Ge- werbegebieten ihren Standort haben. Die Wohn- bebauung, die noch in den 50er Jahren mit Aus- II. Gefüge und Ausstattung nahme der Geschäftshäuser aus Einfamilienhäu- Die gegenwärtige funktionale Gliederung der sern bestand, ist inzwischen durchsetzt von Kernstadt Greven ist historisch gewachsen. Mit- Mehrfamilien- und Reihenhäusern. An einigen telpunkt der Stadt ist immer noch der Altkern um Punkten, so nordwestlich des Rathausplatzes, die Martinuskirche am Marktplatz. Wenngleich entstanden auch Hochhauskomplexe. Neubauge- das Rathaus von seinem früheren Standort ge- biete verbreiterten das vorher schmale Nord-Süd genüber dem Marktplatz an den westlichen Fuß verlaufende Siedlungsband in westlicher und vor des Kirchhügels verlegt wurde, so hat sich doch allem östlicher Richtung. Größere Neubaugebiete der Marktplatz samt der Marktstraße zum Haupt- gibt es auch in Reckenfeld, kleinere in Gimbte. geschäftszentrum Grevens entwickelt. Ztm Ge- Im Dorf Gimbte wurden seit l9ll Maßnah- schäftszentrum sind ferner noch die Rathaus- men der Ortskernsanierung durchgeführt, aller- straße, die Alte Münsterstraße als Fortsetzung der dings vornehmlich durch private Initiativen auf Marktstraße nach Süden und die Martinistraße zu der Basis des Denkmalschutzes. Durch den enga- rechnen: letztere bindet auch den Niederort, die gierten Einsatz der Dorfbewohner ist es gelun- ehemalige Siedlung der Schiffer und Handwerker gen, das ortsbildprägende Ensemble von Fach- am früheren Emsufer. in den Geschäftsbereich werkbauten, ehemaligen Schulgebäuden und Kir- ein. In dem so umschriebenen Gebiet wurde in che zu erhalten und zu sanieren. Die Maßnahmen den Jahren 1980 bis 1990 eine umfassende Stadt- fanden 1990 ihren Abschluß im verkehrsberuhig- kernsanierung durchgeführt. Durch diese Maß- ten und dorftypischen Ausbau der nunmehr ge- nahme bekam die vorher eher dörfliche Physio- pflasterten Straßen im Dorfkern. gnomie eine dem Funktionswandel zum städti- schen Zentralort entsprechende Anpassung. In Reckenfeld bedarf die planlos gewachsene Primäre Zielsetzung war zu Beginn der Sanie- Ortsmitte dringend einer funktionsgerechten Ge- rungsüberlegungen erklärtermaßen die Schaffung staltung. Entsprechende Planungen, die auch die einer Fußgängerzone im Geschäftsbereich der besondere Genese Reckenfelds miteinbeziehen, Markt- und Münsterstraße. Damit war die Not- liegen bereits vor. wendigkeit verbunden, östlich versetzt eine Er- satzstraße anzulegen, die den umgeleiteten Greven besitzt heute eine nahezu vollwertige Durchgangs- und Zubringerverkehr, insbesonde- funktionale Ausstattung als Mittelzentrum. Die- re die rückwärtige Andienung der Geschäfte zu ses hat neben der Stadtverwaltung eigene Stadt- bewältigen hat. Durch den Bau dieser Ersatz- werke für die Wasser-. Strom- und Gasversor- straße und die damit einhergehende Anlage einer gung, ein Krankenhaus in kirchlicher Träger- neuen Großkreuzung östlich des Geschäftszen- schaft mit 5 Fachabteilungen und 225 Betten, fer- trums wurde der gewachsene Grundriß auf der ner vier Altenheime und l2 Kindergärten. Im Ostseite der Innenstadt grundlegend verändert. In Stadtgebiet gibt es l7 allgemeinmedizinische, 2l der Bausubstanz des Sanierungsgebietes über- Facharzt- sowie l8 Zahnarztpraxen, ferner l2 wiegen Neubauten, die sich mit ihrer Klinkerver- Apotheken. Auch der Bildungssektor ist gut aus- blendung den älteren renovierten Gebäuden an- gebaut mit einem städtischen Gymnasium (1990: passen. Sowohl die durchweg dreistöckigen Neu- 1.032 Schüler), zwei Realschulen (876 Schüler), bauten als auch die meist einstöckigen Altbauten einer Hauptschule mit einem Lernstandort in werden kommerziell genutzt, meist in Verbin- Reckenfeld (643 Sch.), einer Sonderschule (107 (1.593 dung mit Wohnfunktionen. Sch.) und fünf Grundschulen Sch.). Zu- sammen mit den Nachbargemeinden Emsdetten Südlich der Rathausstraße ist ein Bereich mit und Saerbeck unterhält Greven eine Volkshoch- Einrichtungen des Bildungs- und Gesundheitswe- schule und eine Musikschule (Greven 1991. S.

28 GnEverrr

6l-63). Als weitere kulturelle Einrichtungen sind zentrums Münster erfolgen. Die Zielvorstellun- zu nennen: die Stadtbibliothek sowie 7 weitere gen der Stadt Greven richten sich also auf die Büchereien und eine Freilichtbühne in Recken- Stärkung der zentralörtlichen Stellung, z.B. durch feld. In regelmäßigem Turnus finden Konzerte in den Ausbau des kommerziellen Angebots, ferner der Aula des Gymnasiums statt, ferner Theaterju- auf Maßnahmen der Strukturverbesserung wie gendtage sowie Ausstellungen im Foyer des Rat- Unternehmenansiedlung in den neuen Gewerbe- hauses oder in Gimbte. Freizeit- und Sportanla- gebieten, vor allem im Industriepark Greven/ gen sind in ausreichendem Maße vorhanden, so Emsdetten. Eine große Aufgabe stellt die Aus- Hallenbad und Freibad, Turn- und Sporthallen, weisung von ausreichendem Wohnraum dar; Sportplätze, Tennisplätze und -hallen, ferner denn Grevens Bevölkerungzahl wächst weiter Reithallen, Schießsportanlagen, ein spezieller (Bevölkerungsbewegung 1990: Wanderungs- Sportboothafen am Dortmund-Ems-Kanal sowie überschuß + 814, Geburtenüberschuß + 99, zu- ein Sport- und Segelflugplatz auf dem Gelände sammen + 913; Greven 199 I, S. 24). Neue des Flughafens. Für das im Münsterland überaus Wohngebiete sind vor allem in Reckenfeld im beliebte Freizeitvergnügen der Fahrradausfl üge - Zusammenhang mit der Ausweitung des dortigen an sonnigen Wochenenden sind Tausende Rad- Industrieparks Greven/Emsdetten und der bereits fahrer unterwegs - wurden eigens Radwanderwe- erwähnten Ortsmitten-Gestaltung geplant sowie ge ausgeschildert und zum Teil neu angelegt. Der im Nordosten und Südosten des Stadtkerns. Wei- Rast unterwegs dienen zahlreiche gepflegte Gast- tere Planungen betreffen den Anschluß von stätten, die vor allem in den Bauerschaften sowie Außengebieten und Flughafen an die neue Klär- in Gimbte und Reckenfeld zu finden sind. In zu- anlage zwischen Stadtkern und Reckenfeld. Um- nehmendem Maße werden auch für auswärtige stritten sind der weitere Ausbau des Flughafens Gäste, z.B. in den beiden Gimbter Hotels, Leih- Münster-Osnabrück und ein direkter Autobahn- fahrräder angeboten. Ausflugsziele sind, wenn anschluß für den Flughafen. nicht die Gaststätten selbst, vor allem die Wälder und Heiden der Dünengebiete an der Ems. Literatur und Quellen Beyer, L. u. H.-H. Walter (1987): Struklurwandel eines Dor- f'es in Stadtnähe: Gimbte zwischen Münster und Greven. In: Schülerexkursionen Münster und Umgebung II, Schrifienrei- III. Perspektiven und Planung he des Westfälischen Heimatbundes. Fachstelle Schule. H. ll.s.61-88 Im Landesentwicklungsplan I|II vom 1.5.79 Böckmann, R. ( 1975): 50 Jahre Reckenf'eld. Reckenfeld ist Greven als Mittelzentrum mit 25.000 - 50.000 Borggreve, A. ( 1976): Geographische Aspekte der Stadtkem- sanierung Greven. Schriftliche Hausarbeit zur Ersten Staats- Einwohnern im Mittelbereich ausgewiesen. prüfung für das Lehramt an der Grundschule und Hauptschu- Überdies liegt die Stadt an einer Entwicklungs- le. Pädagogische Hochschule Westfalen-Lippe, Abteilung Münster, Fach Geographie. Münster achse 1. Ordnung Münster - Osnabrück; eine Greven (1980): Stadtkernsanierung. Informationen zu Pla- Entwicklungsachse 2. Ordnung verbindet Greven nung und Durchführung. Hg. v. Stadt Greven/Neue Heimat über Emsdetten mit Rheine und dem Emsland. NW - Institut für Bodenordnung Essen Greven (1991): Zahlen, Daten, Fakten 1991. Hg. v. d. Stadt eine Achse 3. Ordnung führt nach lbbenbüren. In Greven der Entwicklungsplanung profitiert Greven von Müller-Wille. W. (1955): Der Landkreis Münster. Die Land- der räumlichen Nähe zum solitären Verdich- kreise in Westfalen. Bd. 2. Münster/Köln Müller-Wille. W. (1965): Greven. Die Städte in Westfalen rn tungsgebiet Münster (Oberzentrum mit I - 2 Mio. geographisch-landeskundlichen Kurzbeschreibungen. In: Be- Einwohnern im Oberbereich). da Münster wichti- richte zur deutschen Landeskunde 34, S. I 16 - 1 l8 ge Entwicklungsachsen, z.B. aus dem westlichen Poppensieker, P. (1987): Stadtsanierung Greven 1976 - 1986. Der Stadtkern nach der Sanierung. Schriftliche Hausar- (Bochum./Essen) und östlichen Ruhrgebiet (Dort- beit zur Ersten Staatsprüfung für das Lihramt für die Sekun- mund, darstufe I. Universität Münster. FB 19. Institut für Didaktik bündelt. Andererseits überlagern sich die der Geographie. Münster mittelzentralen Bereiche von Greven und Mün- Prinz, J. (1976): Greven an der Ems. Die Geschichte der ster. Aufgrund der ausgeprägten Mobilität der Stadt und des Amtes Greven, 2 Bde., Greven Grevener Einwohner (1989: 535 PKW je 1.000 Stadtentwicklungsplan Greven ( 1973) - Voruntersuchungen zum Standortprogramm. Hg. v. Deutsche Bauernsiedlung E.; Greven 1991, S. 70) hat sich ein selektives Deutsche Gesellschaft für Landentwicklune (DLG) GmbH. Bad Homburg Konsumverhalten herausgebildet, das u.a. einen Stadt Greven, Hauptamt: Bevölkerung am Ort der Haupt- nicht unbeträchtlichen Kaufkraftabfluß nach wohnung. Fonschreibungsdaten 3 I .1 2. I 990 Münster zur Folge hat. Walter, H.-H. u. L. Beyer (1992): Greven - von Gimbte bis Reckenf'eld. Heterogene Siedlungsstrukturen in einer kommu- So müssen denn alle Planungen im Grevener nalen Gebietseinheit. In: Westfälische Städte - ein geogra- phisch-landeskundlicher Exkursionsführer. Landschaftsführer Raum unter Berücksichtigung des starken Ober- äes Westfälischen Heimatbundes. H. 14. Münster

29 o o o

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o Y Kartengrundlag€: OGK 5, Bl. Gr€ven Nord ('1986, einz. Nachtr 1990), Bl. Grevon Süd (1986, einz. Nachtr. t99O)