Videoproduktion für Forschende
Skript zum Workshop Konzeption, Umsetzung und Veröffentlichung von Videoinhalten Joram Schwartzmann PLANT 2030
Videoproduktion für Forschende
Skript zum Workshop Konzeption, Umsetzung und Veröffentlichung von Videoinhalten Joram Schwartzmann PLANT 2030
weitere Informationen unter www.pflanzenforschung.de und www.erforschtCRISPR.de
veröffentlicht unter CC-BY 4.0 Lizenz, 2018
Titel: Photo by Seth Doyle on Unsplash Vorwort
Dieses Skript basiert auf einem Workshop, den ich für das Projekt „erforscht- CRISPR“ entworfen habe. Ziel des Projekts ist es, Forschenden die Werkzeuge zur selbstständigen Videoproduktion an die Hand zu geben und ihnen somit zu ermög- lichen, selbst zu Sendenden zu werden. In einem einwöchigen Workshop im Som- mer 2018 brachten wir eine kleine Gruppe Forschende zusammen, rüsteten sie mit einer kleinen Videoausrüstung aus und erarbeiteten mit ihnen ein Konzept für ein eigenes Format und einen Videoprototypen. Im Anschluss daran produzierten die Teilnehmenden selbstständig Videos und ver- öffentlichten sie zentral auf dem YouTube Account von erforschtCRISPR. Viel Arbeit floss in die Planung und Umsetzung dieses Workshops und des ge- samten Projekts. Viele Teile sind allgemeingültig und nicht speziell auf das Projekt zugeschnitten. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschlossen, das Skript des Workshops zu überarbeiten und als Ressource allen zur Verfügung zu stellen, die darüber nachdenken, selbst Videos zu produzieren. In diesem Skript finden sich Hilfestellungen zur Formatentwicklung, aber auch zu praktischen Fragen der Drehtagplanung und der Veröffentlichung. Die technischen Details des Filmens und Schnitts wurden von einem externen Coach übernommen, deswegen werden sie in diesem Skript nur extrem kurz angeschnitten. Zu diesen Themen finden sich aber zahlreiche Hilfen online. Ich hoffe, dieses Skript hilft Euch dabei, ein eigenes Format zu entwickeln und um- zusetzen. Das Skript funktioniert am besten als Guideline für einen eigenen Work- shop in kleinen Teams. Wer lieber alleine arbeitet, kann trotzdem fast alle Übungen auch in Einzelarbeit umsetzen. Es sollte aber nicht unterschätzt werden, wie wert- voll Ideen einer zweiten Person sein können. Jetzt aber los, viel Spaß mit diesem Skript,
Joram Schwartzmann, Potsdam, 2018 Über dieses Skript
Stetig sinken die Hürden zur Produktion von Medieninhalten. Nie war es einfacher, Videos oder Audioinhalte zu produzieren. Wo es früher eine professionelle Filmcrew und extrem teures Equipment brauchte, reicht heute ein Smartphone und die Begeisterung, selber eine Geschichte zu erzählen. Bis heute gibt es nur ein paar wenige, die sich dieser neuen Möglichkeiten für die Wissenschafts kommunikation bedienen. Dabei sind Videoforma- te geradezu wie dafür gemacht, komplexe Inhalte Photo: Pexels verständlich und unterhaltsam aufzubereiten. Ein Novum, das Online-Videoformate gebracht haben, ist die enge Beziehung zwischen Publikum zu geben, um selbst Inhalte zu produzieren, ist und Videoproduzent*innen. Kaum ein anderes dieser Workshop entstanden. Im Rahmen einer Medium erzeugt eine stärkere persönliche Bin- Woche sollen alle relevanten Informationen zu dung zu den Menschen vor der Kamera. Tausende Formatentwicklung, Pre-Production, Umsetzung, Nutzer*innen bei YouTube machen sich das zu- Schnitt und Publikation behandelt werden. Am nutze, was den Erfolg dieser Plattform erklärt. Ende der Woche werdet Ihr einen Prototypen In der klassischen Wissenschaftskommunika- einer Folge eures eigenen Formats in den Händen tion stehen Menschen immer im Hintergrund, halten und in der Lage sein, selbstständig weitere während den Fakten die Bühne gehört. In der Videos zu produzieren. Vieles werden wir nur kurz Folge haben sich bedrohliche Tendenzen der behandeln können, aber alle wichtigen Themen Wissenschaftsfeindlichkeit entwickelt, bei der sollen Erwähnung finden. Forscher*innen unterstellt wird, weltfremd und Tag 1 widmet sich der Formatentwicklung. Was Finanzinteressen unterworfen zu sein. Pflanzen- wollt Ihr wem wie erzählen? Wo liegen Eure Stär- forschende seien alle von Monsanto gekauft, ken, wo Eure Interessen? Am Ende von Tag 1 habt Klimaforschende verfolgten eine Agenda und Ihr einen Entwurf Eures Formats. Ärzt*innen seien Lautsprecher für die Pharma- Am zweiten Tag geht es um die Pre-Production: industrie. Wie soll konkret Eure Folge aussehen, die Ihr wäh- Durch Videoformate mit persönlicher Darstellung rend des Workshops drehen werdet? Angefangen der Menschen in der Forschung eröffnet sich die von der Ideenfindung für die Folge, über Skripte, Möglichkeit, dieses Bild zu verändern. Indem Wis- Storyboards und Drehtagplanung lernt Ihr alles, senschaftler*innen aus der Pflanzenforschung in was Ihr vor dem Drehtag erledigen müsst. die Öffentlichkeit treten, bieten sie eine Identifika- Tag 3 ist der Drehtag. Eure Vorbereitung zahlt sich tionsfläche für ihre Arbeit und erzeugen Vertrauen hier aus. Im Workshop unterstützte ein externer in diese. Coach die Teilnehmenden, hier dreht Ihr zum Um Wissenschaftler*innen das nötige Werkzeug ersten Mal selbst. Am Tag 4 ist Schnitttag. Die Aufnahmen vom Vortrag werden jetzt zu einem Video zusammen geschnitten. Zum Schluss, an Tag 5, sammeln wir Feedback zu fertigen Filmen und planen das weitere Vorgehen: Was brauchen wir alles für die Publikation und wie geht es weiter im Projekt?
Wir haben viel vor. Lasst uns keine Zeit verlieren und loslegen!
Inhaltsverzeichnis
Zieldefinition 8
Wer bin ich? 9
Wie finde ich meine Zielgruppe? 10
Wie sehen die Folgen aus? 11
Von der Idee zum Format 12
Ideenfindung 15
Storytelling 16
Von der Geschichte zum Skript 19
Exkurs: Kameraeinstellungen 21
Exkurs: Bildaufteilung und Bewegung 22
Vom Text zum Bild 23
Einen Drehtag planen 24
Exkurs: Recht 26
Tag 3 und 4 27
Publikation 28
Weiterlernen 31
Anhang 32
Abschließende Gedanken 36
Photo: Pexels Photo by Samuel Zeller on Unsplash
Tag 1 1. Zieldefinition
Wir können ein Ziel nur erreichen, wenn uns klar ist, Kaum ein Ziel erreicht man ohne Probleme. Zu wie es aussieht. Dieser Workshop beginnt mit einer oft machen wir uns aber diese Probleme erst spät klaren Zieldefinition. Es gibt reichlich Methoden – bewusst und verpassen die Chance, sie rechtzeitig hier wollen wir einfach folgende Fragen beantwor- zu umgehen oder von vornherein auszuschließen. ten. Deswegen beschäftigen wir uns hier sehr früh mit • Wo wollen wir am Ende dieser Woche stehen? möglichen Hindernissen. • Was wollen wir in 3, 6 oder 12 Monaten errei- Welche Hürden kommen auf uns zu? Welche Fak- chen? toren könnten dafür sorgen, dass wir in 3, 6 oder • Was versprechen wir uns von diesem Workshop? 12 Monaten eben nicht da stehen, wo wir stehen Es gibt keine richtigen Antworten auf diese Fragen. möchten? Sie sollen Euch viel mehr dabei helfen, Euch im Schreibt diese Hürden aber nicht als Aussagen auf, Team darüber klar zu werden, was Ihr vorhabt und sondern formuliert sie in dieser Form wo Ihr hin wollt. Formuliert einen Satz als Ziel auf „Wie können wir dafür sorgen, dass wir genug Zu- ein Post-It und sammelt alle Antworten zusammen. schauer*innen haben?“ Wenn Ihr unterschiedliche Ziele habt, diskutiert sie aus und wählt zum Schluss einen gemeinsamen Auf diese Weise vermeidet ihr mentale Sackgassen Satz, zum Beispiel und Frustration zu Beginn sondern erzeugt statt- „Wir wollen unsere Forschung an Sonnenblumen Men- dessen ein konstruktives Problembewusstsein, das schen nahe bringen, die bis jetzt noch nichts davon Ihr im Folgenden nutzen werdet, um Euer Format wussten.“ zu entwerfen. Behaltet die hier formulierten Fragen im Hinterkopf und seht zu, dass Ihr im Laufe des Kümmert Euch jetzt noch nicht um Zielgruppen Workshops Antworten für sie findet. oder das “Wie”. Dazu kommen wir später. So gewappnet seid Ihr im Team in der Lage, die Herausforderung Videoproduktion anzunehmen. erforschtCRISPR Workshop - Konzeption
2. Wer bin ich?
Ideenfindung Zu Beginn wollen wir herausfinden, wer Ihr seid. Was treibt Euch an? Was sind Eure Fähigkeiten? Wofür interessiert Ihr Euch? Kurz gesagt: Was sind Eure Superkräfte? Malt Euch als Superpflanze. Schreibt dazu Eure Superkräfte rundherum oder illustriert sie. Nur um ein paar Anregungen zu geben: Was macht Euch Spaß? Worin seid Ihr Expert*innen? Was begeistert Men- schen an Eurer Arbeit? Was begeistert Euch an Eurer Arbeit? Über welchen Aspekt Eurer Arbeit könnt Ihr nicht aufhören zu sprechen? Wichtig: Gebt Eurer persönlichen Superpflanze einen Namen!
Was kann ich? Was mache ich?
Was mag ich?
Wo komme ich her? Welchen Hintergrund habe ich?
Eine Druckvorlage für die Superpflanze findet Ihr im Anhang.
Eure Top 3
Bevor wir damit loslegen, Euer eigenes Format zu entwickeln, schauen wir uns an, was es schon gibt, und vor allem: Was Ihr selbst gerne mögt. Sucht euch dazu drei Videoinhalte, die Euch be- sonders gefallen. Das können YouTube Videos sein, aber auch Kinofilme, Dokumentationen oder Fernsehformate. Sie können, müssen aber nicht etwas mit Wissenschaft zu tun haben. Bereitet Euch darauf vor, zu jedem Video 1 Minute lang erzählen zu können, warum Ihr es toll findet. Das kann ein Aspekt oder das Video insgesamt sein. Im Workshop stellt jede und jeder von Euch ihre Wahl vor. Bereitet dazu einen Link zu dem Video vor, sodass es kurz gezeigt werden kann. Photo by Aaron Burden on Unsplash Hört den anderen Pitches zu.
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3. Wie finde ich meine Zielgruppe?
Wann immer wir kommunizieren, haben wir eine aus Authentizität und geschickter Zielgruppen Zielgruppe. Wir passen uns in unserer Kommu- ansprache. Und dann bleibt konsistent: Wenn Ihr nikation an unsere Zielgruppe an. Denken wir an im ersten Beitrag auf dem Niveau der Sendung einen Vortrag: Bevor wir ihn beginnen, überlegen mit der Maus sprecht und im zweiten dann auf wir uns, welchen Kenntnisstand das Publikum hat. einmal detailliertes Verständnis der DNA-Repa- Welche Konzepte müssen wir erklären, welche raturmaschinerie voraussetzt, fühlen sich beide können wir als verstanden voraussetzen? Das Zielgruppen nicht angesprochen. gleiche Thema wird auf einem Tag der Offenen Tür Eure Zielgruppenanalyse ist niemals abgeschlos- und einem Fachkongress komplett unterschiedlich sen. Immer wieder solltet Ihr vergleichen, ob Ihr erzählt. die Menschen, die Ihr ansprechen wollt, auch Dieselben Gedanken müsst Ihr Euch bei der wirklich erreicht. Das erreicht Ihr, indem Ihr Kom- Formatentwicklung machen. Hier nur ein paar der mentare und Feedback auswertet. Durch den Ver- Fragen, die Ihr Euch stellen müsst: gleich von Wunschzielgruppe und reeller Zielgrup- pe könnt Ihr Eure Inhalte so anpassen, dass Ihr da • Wie alt ist das Publikum? hinkommt, wo Ihr hin wollt. • Welche Sprache spricht das Publikum? • Welchen Hintergrund hat das Publikum? Der heilige Gral • Welchen Wissensstand zum Thema hat das Publikum? Es ist nicht unmöglich, zwei unterschiedliche Ziel- • Gibt es schon jemanden, der diese Zielgruppe gruppen zugleich anzusprechen. Es ist nur um ein anspricht? vielfaches schwerer. Ein Beispiel dafür sind die • Was habe ich, was diese Zielgruppe möchte? Simpsons. Während der Cartoon-Stil und der phy- sische Humor Kinder und Jugendliche anspricht, Definiert Eure Zielgruppe in scharfen Grenzen und sprechen die Themen und Referenzen (junge) so präzise wie möglich. Wenn Ihr diese eng um- Erwachsene an. Beide bekommen was geboten, rissene Gruppe stark ansprecht, bildet Ihr so eine sodass es nie langweilig wird. enge Bindung, wodurch Ihr auch Aufmerksamkeit Eine solche Herangehensweise erfordert Finger- aus der breiteren Öffentlichkeit auf Euch ziehen spitzengefühl. Es lohnt sich aber, diese Zweiglei- könnt. Wichtig ist, dass das Publikum weiß, warum sigkeit anzustreben. Selbst wenn Ihr heute noch es genau Euch zuschauen soll und nicht einem nicht wisst, wie Ihr das genau erreichen wollt, anderen Kanal. haltet diesen Gedanken im Hinterkopf und lasst Eure Zielgruppe beeinflusst was Ihr tut und was vielleicht später Elemente einfließen, die eine zwei- Ihr tut beeinflusst Eure Zielgruppe. Das bedeutet: te Zielgruppe ansprechen. Verdreht Euch nicht, nur um einer Zielgruppe zu gefallen. Seid Euch gleichzeitig bewusst, dass Ihr über Euer Verhalten entscheidet, welche Zielgrup- pe sich angesprochen fühlt. Findet die Balance
Eure Zielgruppe sollte scharf definiert sein. Wenn Ihr für diese Zielgruppe relevant seid, finden sich auch Menschen abseits davon, die Euch spannend finden.
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4. Wie sehen die Folgen aus?
Bei YouTube-Videos unterscheidet man drei Arten Hero-Content kommt sehr viel seltener als von Inhalten – Help, Hub und Hero. Die drei Arten Hub-Content, hinterlässt dafür aber sehr viel mehr unterscheiden sich voneinander in der Art, wie sie Eindruck. Diese Videos sind aufwendig produziert gefunden werden, mit wie viel Aufwand sie produ und werden meistens zu besonderen Feiertagen ziert werden, und darin, wie viele Views sie über veröffentlicht, wie z.B. Weihnachten. Sie fallen aus die Zeit ansammeln. dem üblichen Rahmen dessen, was auf dem Kanal sonst passiert und haben das Potential, zum vira- Help-Content bezeichnet Inhalte, die eine kon len Hit zu werden. Daher investieren viele Kanäle krete Hilfestellung bieten. Typische Vertreter sind beträchtliche Summen in diese Art Inhalt. Hier ist “How To”-Videos. “How to prepare my own laun- das Risiko aber auch am größten, für eine große dry detergent” ist ein klassisches Beispiel, das vor zeitliche oder finanzielle Investition keinen Erfolg allem durch die direkte Suche gefunden wird. Die zu erhalten. Zuschauer*innen abonnieren nicht den Kanal und empfehlen nicht unbedingt weiter. Sie suchen, Es gibt nicht die perfekte Mischung dieser drei finden und schauen sich den Inhalt an. Daher bie- Inhaltstypen. Gerade Hub- und Help-Content tet Help-Content in der Regel eine Grundlage an können in sehr unterschiedlichen Verhältnissen Views, die kontinuierlich, aber nicht extrem zahl- zueinander eingesetzt werden, ganz in Abhängig- reich eintreffen. keit vom Inhalt, der veröffentlicht werden soll. Mit einer Abdeckung aller drei Typen erhöhen sich Hub-Content bezeichnet den Hauptteil der meis- jedoch die Chancen, einen Kanal schnell erfolg- ten Kanäle. Der Hub-Content bezeichnet die Inhal- reich zu machen. te, für die die Zuschauer*innen abonnieren und immer wieder kommen. Er zeichnet sich durch Die Länge eines Videos spielt eine weitere große Regelmäßigkeit und mittleren Produktionsauf- Rolle. Auch wenn sich in letzter Zeit ein Trend ab- wand aus. Jede neue Folge erzeugt einen neuen zeichnet, Videos von mehr als 10 Minuten Länge Spike an Views, während zwischen den Folgen nur zu veröffentlichen, gibt es immer noch reichlich In- geringe Aktivität herrscht. Diese Art Inhalt ist das halte unterhalb der 5-Minuten-Marke. Gebt Eurem Fundament, auf dem langfristiger Online-Erfolg Format so viel Zeit wie nötig, aber haltet es so kurz gebaut ist. wie möglich.
In der Masse an veröffentlichten Videos ist es leicht, unterzugehen. Daher ist eine Wie dererkennbar keit der Schlüssel für einen einprägsamen Kanal. Das kann durch einen immer gleichen Hintergrund erreicht werden, durch ein wiedererkennbares Outfit, durch den Stil des Schnitts und der Grafiken oder durch vieles mehr.
Und letztendlich solltet Ihr den Aufwand Eures Formats bedenken. Wie viele Menschen braucht Ihr für die Umsetzung, wie viele vor der Kamera, wie viele dahinter? Wie lange dauert ein Dreh und wie aufwendig ist der Schnitt? Aufwand und End- qualität sollten sich die Waage halten. Natürlich brauchen tolle Geschichten mehr Zeit, aber wie nachhaltig könnt Ihr solche Geschichten über ein oder zwei Jahre hinweg produzieren?
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5. Von der Idee zum Format
Inspiration, Unterhaltung oder Wissensvermittlung? Erfolgreiche Formate unterhalten, inspirieren oder Gerade online spielen noch weitere Faktoren eine vermitteln Wissen. Manche kombinieren das, an- große Rolle bei Erfolg und Misserfolg von Videofor- dere sind besonders stark in nur einer Kategorie. maten. Weiche Kriterien wie die folgenden geben Wie immer gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel. einen Eindruck davon, wie viel Potential in dem Dennoch solltet Ihr zu Anfang sicherstellen, dass Format steckt. Nicht alle müssen perfekt erfüllt Ihr in mindestens eine der Kategorien fallt: sein, doch je mehr, umso höher die Chancen, dass Inspiration, Unterhaltung oder Wissensvermittlung. viele Menschen Spaß am Inhalt haben.
• Teilbarkeit. Was bringt die Zuschauer*innen dazu, den Inhalt anderen zu zeigen? • Konversation. Warum sollen Leute über den Inhalt reden? • Interaktivität. Wie können Leute mit Euch interagieren? • Konsistenz. Welche verbindenden Elemente zwischen Euren Inhalten gibt es? Sind es zum Beispiel das Thema, die visuelle Gestaltung oder die Ansprache? • Zielgerichtet. Welche Zielgruppe sprecht Ihr an? • Nachhaltigkeit. Wie lange könnt Ihr Euer Format am Leben erhalten? Könnt Ihr Eure begrenzten Ressourcen langfristig für das Format einsetzen? • Entdeckbarkeit. Wie könnt Ihr Euch Trendthemen oder Dauerbrennern anpassen? • Zugänglichkeit. Können Menschen Euch folgen, wenn sie zum ersten Mal Euren Inhalt sehen? • Kollaborationen. Welche Möglichkeiten zur Kollaboration bietet Euer Format? • Inspiration. Wie bringt Ihr Eure Begeisterung für das Thema mit in das Format?
Crazy 8 Jetzt haben wir eine Menge Input. Eure liebsten Videos, die der anderen und einen Haufen Theo- rie. Faltet jetzt ein DIN A3 Blatt in 8 Segmente und skizziert Eure Crazy 8: 8 Ideen in 8 Minuten, wie ein Format aussehen könnte. Nutzt einfach Formen und wenige Wörter, um das Format zu charakterisieren, denn hier geht Geschwindigkeit vor Präzision. Wenn die 8 Minuten um sind, präsentiert jede und jeder ihre 8 Ideen ganz kurz und knapp. Es gibt kein Feedback. Stattdessen achtet darauf, was die anderen entwickelt haben. Wenn Euch eine Idee gefällt, merkt sie Euch und nutzt sie in der nächsten Runde.
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Formatsteckbrief Jetzt geht es ans Eingemachte. Jede und jeder entwirft einen Formatsteckbrief. Nehmt Euch Zeit und komprimiert den Input aus den Pitches, dem Theorieteil und den Crazy 8 in Euer Format. Euer Steckbrief sollte eine detaillierte Beschrei- bung Eures Formats enthalten. Wie fühlt sich das Format an? Was wird erzählt? Für wen ist es gemacht? Ganz wichtig: Gebt Eurem Format einen Namen. Lasst Euren eigenen Namen erstmal weg, wir wollen beim Feedback möglichst keine Fakto- ren betrachten, die nicht auf den Inhalt bezogen sind. Der Formatsteckbrief soll dazu dienen, einen Prototypen zu produzieren. Er soll einen Eindruck liefern, wie sich das fertige Format anfühlen wird. Legt daher einen Fokus auf die Alleinstellungs- merkmale und Besonderheiten Eures Formats.
Exkurs: Feedback nach I Like, I Wish, Evaluation I Wonder Alle Steckbriefe werden aufgehängt und Ihr be- Feedback geben ist super wichtig. Doch kommt einige Minuten Zeit, sie in Ruhe zu be- nur konstruktives Feedback bringt uns trachten. Dazu bekommt Ihr Klebesticker. Immer, weiter. Deswegen nutzen wir das Format wenn Euch ein Aspekt besonders gut gefällt, klebt I like, I wish, I wonder. Ihr einen Sticker dazu. Ihr könnt so viele Sticker kleben, wie Ihr wollt. Das Ergebnis ist eine Heat- „Ich mag den Ansatz, Schüler*innen zu map von Ideen, die herausragen. begeistern.“ Wenn Ihr eine Frage habt, schreibt sie auf ein „Ich wünsche mir, dass sich das auch im Post-It und klebt sie unter den Steckbrief. Erscheinungsbild widerspiegelt.“ Im Anschluss werden wir die Steckbriefe bespre- „Ich frage mich, ob ihr vielleicht auch die chen. Die Autorinnen oder Autoren bleiben dabei Sprache anpassen solltet.“ vorerst ungenannt und melden sich erst zum Schluss. Ziel ist es, immer eine positiv formulierte Am Ende habt Ihr einen Steckbrief und Feedback Lösung anzubieten und negative, un- dazu. Reflektiert dieses Feedback, passt gegebe- konstruktive Kritik zu vermeiden. nenfalls Euren Steckbrief an. Das ist jetzt Euer Startpunkt für den nächsten Schritt: Wir bauen einen Prototypen für Euer Format.
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Weitere Evaluation Weil wir Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nung und soll Anstöße liefern, den Steckbrief zu sind und weil wir Daten und Zahlen mögen, be- optimieren. Es ist keine qualitative Bewertung, die werten wir jetzt unseren eigenen Steckbrief noch viel darüber aussagt, wie gut Euer Format funktio- einmal nach den folgenden Kriterien. Die Bewer- nieren wird. tung dient nur der Selbstreflektion und Einord-
schlecht (1) sehr gut (5) mögliche Verbesserungen Teilbarkeit
Konversation
Interaktivität
Konsistenz
Zielrichtung
Nachhaltigkeit
Entdeckbarkeit
Zugänglichkeit
Kollaborationen
Inspiration
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Tag 2 Von der Idee zum Drehtag
Am ersten Tag haben wir ein grundsätzliches Kon- Das ganze tun wir am konkreten Beispiel: Ihr zept entwickelt. Diese Betrachtungen dienen als arbeitet Euer Format aus zu einem Prototypen. Grundlagen für den Prototypen, den wir im Rah- Nutzt dabei die Überlegungen, die Ihr gestern men dieses Workshops produzieren werden. angestellt habt, um heute einen repräsentativen Heute geht es darum, praktisch auszuprobieren, Beitrag zu Eurem Format zu entwerfen und zu wie man von einer Formatidee zu einem kon planen. Das Video werden wir am Ende einigen kreten Inhalt kommt. Dazu beschäftigen wir uns Menschen zum Test vorführen und Ihr könnt ler- heute mit der Ideenfindung für einen Beitrag, dem nen, was an Eurem Format besonders gut funktio- Schreiben eines Skripts und eines Storyboards niert - und was nicht. und schließen mit der Planung eines Drehtages. 6. Ideenfindung
Halt, Stop. Hatten wir das nicht schon gestern? Ja In der Vorbereitung zu Eurer nächsten Folge stellt und Nein. Jetzt geht es um die konkrete Idee für Ihr Euch gegenseitig Eure Ideen vor und diskutiert diesen einen Beitrag. Bei der Erstellung von Inhal- aus, welche Euch am besten gefällt. Nicht genom- ten steht vor jeder Iteration, vor jeder neuen Folge mene Ideen wandern auf den Stapel für spätere immer eine Idee. Worum soll es gehen? Wie soll Folgen oder werden komplett verworfen. das aussehen? Wer kann mitmachen? Insgesamt ist der Prozess ziemlich frei. Am besten Der Ideenfindungsprozess kann ganz unterschied- Ihr findet eine Methode, die für Euch funktioniert. lich verlaufen. Jede(r) aus Eurem Team sollte Zusammen brainstormen oder alleine entwickeln immer ein Notizbuch mit sich führen, denn Ideen und dann pitchen? Immer reihum, bis jede(r) mal kommen in den unerwartetsten Moment. Glückli- eine Idee umgesetzt hat? Es ist an Euch, das ideale cherweise habt Ihr mit Eurem Smartphone immer Vorgehen zu finden. ein Notizbuch in der Tasche.
Praxisaufgabe 1: Wie sieht ein Prototyp zu Eurem Format aus? Überlegt Euch zwei beispielhafte Leitideen, anhand derer Ihr möglichst viel zu Eurem Format ausprobieren könnt. Wählt dann eine von beiden aus (alleine oder im Team). Es ist absolut ok, Requisiten aus Pappe und Schauspieler*innen als Expert*innen einzusetzen.
Leitideen für das erste Video:
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7. Storytelling
(Fast) jeder Inhalt braucht eine Geschichte. Warum Zum Warmwerden werden wir zwei unterschied sonst sollte man ihn sich ansehen? Von Ausnah- liche Übungen einsetzen. Die erste hilft dabei, men wie Tutorialvideos und ähnlichem mal ab- spontan kreativ zu sein, die zweite trainiert das gesehen, erzählen Videos immer eine Geschichte. visuelle Erzählen. Selbst dokumentarische Formate nutzen Storytel- Denkt dran: Es gibt kein richtig und falsch. Es gibt ling, um nicht nur eine trockene Nacherzählung nur gute Geschichten, und solche, die noch gut von Ereignissen darzustellen. werden können. Tobt Euch also ein bisschen aus. Storytelling kennt Ihr vielleicht sogar schon von Eurer Arbeit. Eine gute Präsentation folgt einer Geschichte, selbst wenn es nicht offensichtlich ist.
Übung 1: DING aus: workshop-spiele.de/storytelling-spiel/ Beispiel: Ein Paar steht vorne. Person A erzählt eine Ge- A: Es war einmal ein Schloss schichte. Person B hat eine Glocke o.ä. und wenn B: DING! ihr ein Detail nicht gefällt, klingelt sie. A ersetzt A: ...Haus... daraufhin das zuletzt genannte Detail durch ein B: DING! anderes, bis B nicht mehr klingelt. Nach einer aus- A: ...Pferd, das liebte Hafer erzählten Geschichte oder 3 Minuten wechseln B: DING! sich beide ab. A: ...einen Fuchs und verabredete sich jede Das trainiert, schnell auf neue Ideen zu kommen. Nacht...
Übung 2: 3-Blatt-Geschichte Jede(r) bekommt 3 leere Blatt Papier. Ziel ist es, Diese Übung trainiert, visuelle Elemente für die eine kurze Geschichte zu erzählen, ohne Worte Erzählung zu benutzen. Am Ende werden alle aufzuschreiben. Jedes Blatt steht für ein Bild. Ihr Geschichten aufgehängt und begutachtet. Jemand könnt Eure Leitidee illustrieren oder etwas ganz anderes erklärt die Geschichte, die auf den Bildern anderes erzählen. Sonst gibt es keine weiteren zu sehen ist. Einschränkungen.
Übung 3: Erzählerzoom (nur wenn wir genug Zeit haben, ansonsten gerne raus“ wird der Detailgrad reduziert, ähnlich einer auch mal außerhalb des Workshops ausprobieren) Kamera, die näher an das Geschehen fährt oder Wie viel Detail braucht eine Geschichte? Ab wann es aus der Vogelperspektive beobachtet. verliert man sich im Detail und kommt nicht wei Mit dieser Übung sollt Ihr ein Gefühl für den ter? Das wollen wir mit dieser Übung herausfin Detailgrad einer Erzählung erhalten. Wie fühlt sich den. eine Geschichte aus der Vogelperspektive an? A erzählt die Geschichte des ersten Experiments, Oder von ganz nah dran? das A je durchgeführt hat. B hört sich die Ge- schichte an und sagt nach Belieben „Zoom rein“ oder „Zoom raus“. Bei „Zoom rein“ erhöht A den Detailgrad der Geschichte schrittweise, bei „Zoom
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Ein bisschen Theorie zum Storytelling Wie Ihr hoffentlich gerade selber erfahren habt, besteht darin, die Grenzen zu verschleiern und die gibt es 1001 Möglichkeit, Geschichten zu erzäh- Schlüsselelemente nicht einfach nur stumpf abzu- len. Wir können uns nicht jede Variante im Detail bilden, sondern spannend zu erzählen. anschauen, sondern nur einen Prototypen vor- Die Heldengeschichte ist eine von vielen Varian stellen. Zu den gängigsten Formen gehört ein ten, bei der sich die Geschichte durch den Gegen- Dreiakter: Akt 1 stellt die Zustände dar und die satz aus dem Bekannten (für die Heldenfigur) und Figuren vor, Akt 2 erzeugt einen Konflikt und Akt 3 dem Unbekannten ergibt. So wird Frodo aus dem löst diesen Konflikt auf. Angewandt auf einen Vlog bekannten Auenland auf eine Reise ins Unbekann- könnte das zum Beispiel so aussehen: te geschickt und kehrt nach drei Büchern und vier Filmen zurück ins Bekannte, wobei sich vor allem Akt 1 (Setup): Frodo selbst verändert hat. “Ich bin im Labor und versuche heute, einen Proteinkomplex aus Tabak zu visualisieren, denn Was bedeutet das für uns? In kurzen Formaten, genau der interessiert mich.” gerade in nur drei Minuten, sind die Möglichkeiten Akt 2 (Konflikt): zum ausführlichen Erzählen sehr eingeschränkt. “Puh, so eine BN-PAGE aufzubauen dauert echt Das heißt nicht, dass es vollkommen unmöglich ewig. Außerdem habe ich da eine Luftblase in der ist. Kanäle wie 5-Second Films haben die Not zur einen Tasche. Ob das über Nacht gut geht?” Tugend gemacht und erzählen Geschichten, die Nach Feierabend steigt das Powerpack aus und nie länger als fünf Sekunden sind. der Lauf stoppt. Für unsere drei Minuten bietet es sich an, den Akt 3 (Auflösung): Drei-Akter ein bisschen anders aufzufassen. Ein Kollege guckt abends noch mal ins Labor und Akt 1: Wer sind wir und was ist unsere Motivation? schaltet das Powerpack wieder ein. Akt 2: Wie wollen wir das angehen? “Glück gehabt! Nach dem Lauf über Nacht habe Akt 3: Wie könnt Ihr mehr erfahren? ich eine tolle Auftrennung und da kann ich auch Auch das ist nur eine von vielen Möglichkeiten. Es meinen Komplex sehen!” steht Euch absolut frei, selber einen Storybogen zu entwerfen, den Ihr für spannend haltet. Das ist natürlich eine sehr einfache Geschichte. Im Grunde findet sich dieses Konstrukt, oder Va- rianten davon, in einer Vielzahl von Erzählungen, von YouTube-Video bis Hollywoodfilm. Die Kunst