Tonkünstler Orchester Scheherazade Emmanuel Tjeknavorian Nikolai Rimski-Korsakow
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EMMANUEL TJEKNAVORIAN TONKÜNSTLER ORCHESTER NIKOLAI RIMSKI-KORSAKOW SCHEHERAZADE ORCHESTER MICHAIL GLINKA (1804–1857) Gesamtlänge 63’51 Total length 1 Ouvertüre zur Oper «Ruslan und Ludmilla» Overture to the Opera «Ruslan and Lyudmila» 04’56 EMMANUEL TJEKNAVORIAN Dirigent | Conductor NIKOLAI RIMSKI-KORSAKOW (1844–1908) NIKOLAI RIMSKY-KORSAKOV KIRILL MAXIMOV «Scheherazade» Symphonische Suite für Orchester op. 35 Solovioline | Violin «Scheherazade» Symphonic Suite for Orchestra Op. 35 2 Das Meer und Sindbads Schiff I The Sea and Sinbad‘s Ship TONKÜNSTLER-ORCHESTER Largo e maestoso – Allegro non troppo 10’47 Tonkunstler Orchestra 3 Die Geschichte vom Prinzen Kalender I The Legend of the Kalendar Prince Lento – Andantino – Allegro molto 12’40 4 Der junge Prinz und die junge Prinzessin I The Young Prince and the Young Princess Andantino quasi allegretto – Pochissimo più mosso 10’59 5 Fest in Bagdad. Das Meer. Widmung P 04 Das Schiff zerschellt an einer Klippe unter einem bronzenen Reiter Dedication P 07 Festival at Baghdad. The Sea. Ship Breaks upon a Cliff Surmounted by a Bronze Horseman Werkbeschreibungen P 08 Allegro molto – Vivo – Allegro non troppo maestoso 12’30 Descriptions of the Works P 20 ALEXANDER BORODIN (1833–1887) Biografien P 16 ALEKSANDR BORODIN Biographies P 30 6 Polowetzer Tänze aus der Oper «Fürst Igor» Impressum | Imprint P 35 Polovtsian Dances from the Opera «Prince Igor» 11’36 P 2 P 3 WIDMUNG Es war das Jahr 2000. Fünf Jahre alt muss ich gewesen sein. Oft, die Sonne war noch nicht einmal aufgegangen, sprang ich aus dem Bett. So schnell wie möglich wollte ich an den Ort meiner Sehnsucht gelangen: meine Lieblingsecke in unserer Wohnung. Dort stand der Plattenspieler, dort stand das kleine Dirigierpodest, das mein Vater mir einmal mitgebracht hatte, Und dort lag die Platte, die ich von allen am liebsten mochte – die Aufnahme der «Scheherazade» mit meinem Vater und dem London Symphony Orchestra von 1980. Rasch nahm ich die gewohnte Position ein und dirigierte so leidenschaftlich mit, bis ich mich komplett in der Musik aufgelöst zu haben glaubte. Hörte ich jemanden aufwachen, war alles verflogen, ließ ich die Hände sinken. Schien es mir zu viel Hingabe, habe ich mich geschämt für diese Gefühle? Es ist das Jahr 2020. Nach ungezählten Auftritten mit dem Gesicht zum Zuschauerraum stehe ich nun mit dem Rücken zum Saal. Blicke in die Gesichter der Musikerinnen und Musiker. Gebe in die Stille hinein den ersten Einsatz, den ich so gut kenne. Und spüre, dass es sich noch immer so anfühlt wie damals, in meiner Lieblingsecke, vor dem Plattenspieler, in diesem Moment, bevor jemand wach wurde. Dann heben wir ab. Alle. Für alle, die daran glauben, dass Träume wahr werden können. Emmanuel Tjeknavorian P 4 DEDICATION It was the year 2000, and I must have been five years old. I would jump out of bed before dawn, heart pounding, without any time to waste in reaching my desire: there, in the most sacred corner of our flat was the record player, and next to it the little conductor’s podium my father had brought home for me. And there, too, was the record I loved more than any other: «Scheherazade», recorded by my father with the London Symphony Orchestra in 1980. I quickly took up my usual position on the podium and passionately conducted along with the recording until I felt myself completely at one with the music. If anyone woke up the rapture disappeared. My hands would fall to my sides. Did I think I might seem too devoted? Was I embarrassed by my feelings? It is the year 2020. After countless performances facing the audience I’m standing now with my back to the hall. I gaze intently at the faces of the musicians. Amidst the silence I give my first cue, which I know so well. It still feels as it did in my favorite corner, in front of the record player, in that moment before anyone else was awake. And then, all together, we take off. I dedicate this to all who believe that dreams come true. Emmanuel Tjeknavorian P 7 — EN MICHAIL GLINKA von ihnen, die sich selbst «Novatoren» nannten, aber bald ironisch als «Mächtiges Häuflein» Ouvertüre zur Oper «Ruslan und Ludmilla» bezeichnet wurden, war professioneller Musiker: Mili Balakirew, das intellektuelle Zentrum der Gruppe. Die anderen, der Marinekadett Nikolai Rimski-Korsakow, der Arzt und Chemi - NIKOLAI RIMSKI-KORSAKOW ker Alexander Borodin, der Militäringenieur César Cui und der Beamte Modest Mussorgski, «Scheherazade» Symphonische Suite für Orchester op. 35 pfiffen vorerst auf eine einschlägige Ausbildung – denn sie wollten die russische ALEXANDER BORODIN Musik aus bewusst dilettantischer, dafür genuin nationaler Position aus erneuern. Ihre Werke Polowetzer Tänze aus der Oper «Fürst Igor» sollten nicht mehr westeuropäischen akademischen Regeln gehorchen, sondern auf der Basis russischer Volksmusik zu neuem Ausdruck finden. In einem Treppenwitz der Musikgeschichte mussten diese gleichsam ungebändigten Genies von eigenen Gnaden schließlich erkennen, «Alle neuen Petersburger Komponisten sind sehr begabt, aber sie zeichnen sich durch eine furcht- dass Meister nicht vom Himmel zu fallen pflegen und jeder Komponist gut beraten ist, sein bare Überheblichkeit aus und glauben auf ganz dilettantische Art, sie wären der übrigen Musikwelt Handwerk möglichst gründlich zu beherrschen. Dass ausgerechnet Rimski-Korsakow 1871 überlegen», schrieb Pjotr Iljitsch Tschaikowski einmal in sanfter Empörung an seine Mäzenin eine Professur am Petersburger Konservatorium annahm und dort zu einer Art Gralshüter von und Freundin Nadeschda von Meck. Ab den späten 1850er-Jahren, gerade zu Beginn von Tradition und Technik wurde, zeigt die Kurzlebigkeit der Einflusssphäre der «Novatoren», die Tschaikowskis Studienzeit, hatten sich im russischen Musikleben ästhetische Parteien gebil - gleichwohl maßgeblich zur russischen Musik beigetragen haben. Zwei von ihnen sind mit det, die wie so oft auch hier nationalpolitische Themen der Zeit widerspiegelten. Auf der berühmten Werken auf dieser CD vertreten, Borodin und Rimski-Korsakow. Der dritte im Bun - einen Seite standen prägende Gestalten wie etwa die Brüder Anton und Nikolaj Rubinstein, de ist der Ahnherr dieser nationalen russischen Schule: der 1857 verstorbene Michail Glinka. die mit der Gründung der Russischen Musikgesellschaft (1859) sowie der Konservatorien in St. Petersburg (1862) und Moskau (1866) das Musikleben des Zarenreichs auf internationalen Ein Prunkstück vom «Vater der russischen Musik» Rang zu heben wussten – modelliert nach westlichem Vorbild; zu ihnen sollte schließlich auch Tschaikowski gerechnet werden. Auf der anderen Seite aber formierte sich in St. Peters- Die «Novatoren» waren die ersten, die Michail Glinka in der Rückschau als den «Vater der burg auch eine Gruppe dissidenter Komponisten, deren Mitglieder sogar stolz darauf waren, russischen Musik» feierten, so wie sie diese verstanden wissen wollten – und sie sollten damit weitgehend aus anderen Disziplinen zu stammen: Einer ist ein kleiner Beamter im Verkehrs- die weitere Rezeptionsgeschichte prägen. Dabei hat Glinka erst aufgrund seiner auf mehreren und später im Landwirtschaftsministerium, ein anderer ist Marineleutnant in spe, ein dritter Auslandsreisen erworbenen, von der westeuropäischen Operntradition geprägten Bildung es unterrichtet Befestigungswesen an der Militärischen ingenieurtechnischen Universität, und verstanden, genuin russische Elemente nicht mehr bloß als exotische Zutaten zu verwenden, ein vierter bekleidet schon in jungen Jahren einen Lehrstuhl für organische Chemie. Nur einer sondern zur Grundlage großer Werke zu machen. Sein 1836 in St. Petersburg uraufgeführter P 8 P 9 Märchenhafte Klänge, Abenteuer in Tönen Opernerstling «Ein Leben für den Zaren» war die erste russische Oper, die ohne gesprochene «Der Sultan Schahriar, überzeugt von der Falschheit und Untreue der Frauen, hatte geschworen, Dialoge auskam und aus der Sicht des Volkes ein historisch basiertes, patriotisches Sujet auf jede seiner Frauen nach der ersten Nacht töten zu lassen. Aber die Sultanin Scheherazade rettete die Bühne brachte. Und trotz der langwierigen und von Verwerfungen geprägten Entstehungs - ihr Leben, indem sie sein Interesse fesselte durch die Märchen, die sie ihm währen 1001 Nächten geschichte, aus der sein Folgewerk hervorgehen sollte, «Ruslan und Ludmilla» nach einem erzählte. Unter dem Eindruck der Spannung schob der Sultan von Tag zu Tag die Vollstreckung des Poem Alexander Puschkins, uraufgeführt 1842 in St. Petersburg, konnte gerade diese Oper Todesurteils an seiner Frau auf, und endlich ließ er den grausamen Beschluß völlig fallen. Sehr modellhaft wirken: durch die Verbindung von nationalhistorischem Drama mit Märchenele - viele Wunder wurden dem Sultan Schahriar von der Sultanin Scheherazade erzählt. Für ihre menten, aber auch rein musikalisch durch den überlegten Einsatz von Leitmotivtechnik, Ganz - Erzählungen entlehnte die Sultanin den Dichtern die Verse, den Volksliedern die Worte, und sie tonleiter, Fünfvierteltakt sowie Orientalismen aus kaukasischer Volksmusik. Begonnen schob dieselben ineinander ein.» So lakonisch lautet das Vorwort der Partitur der 1888 ent - hatte Glinka bei der Komposition mit den großen Arien, das eigentliche Eröffnungsstück kam standenen symphonischen Suite «Scheherazade» aus der Feder von Nikolai Rimski-Korsakow. erst ganz am Schluss an die Reihe, zumal er darin auch auf Material zurückgreifen bzw. sie Zumindest außerhalb Russlands ist es sein wohl beliebtestes Werk geworden, in dem er seine aus Sicht des Publikums vorwegnehmen wollte: