Ukraine- Analysen
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NR. 137 30.09.2014 ukraine- analysen www.laender-analysen.de/ukraine ASSOZIIERUNGSABKOMMEN MIT DER EU HUMANITÄRE LAGE RELIGION IM OSTUKRAINE-KONFLIKT MILITÄRKONFLIKT IN DER OST-UKRAINE ■■ KOMMENTAR Amnesty International: Keine Amnestie für Folter Regeltransfer ohne Elitenkonsens? durch beiden Seiten des Konflikts 17 Vorschläge zur Umsetzung des Erklärung der ukrainischen und russischen Assoziierungsabkommens mit der Ukraine 2 Medienorganisationen zur Medienfreiheit 17 Von Julia Langbein, Berlin ■■ KOMMENTAR ■■ DOKUMENTATION Religion im Ukraine-Konflikt 18 Erklärung »Über die europäische Wahl der Ukraine« 4 Von Oleg Friesen, Berlin Poroschenko’s Reformplan 5 ■■ UMFRAGE ■■ UMFRAGE Glaube, Konfession und Rolle der Kirche aus Sicht Das Eurasische Integrationsbarometer 2014 6 der Ukrainer 21 ■■ KOMMENTAR ■■ KOMMENTAR Geteilt und geflüchtet in der Ukraine: zwei Gruppen Hintergründe des Ukrainekriegs 26 mit zwei unterschiedlichen Zukunftsperspektiven? 8 Von Christian Wipperfürth, Berlin Von Vsevolod Kritskiy, Genf Die internationale Dimension des Wir sind ein Volk! Reintegrations- und Ukraine-Konflikts: Worum es eigentlich geht 27 Versöhnungsstrategien für die Ukraine 10 Von Heiko Pleines, Bremen Von Dmitri Stratievski, Berlin ■■ DOKUMENTATION ■■ STATISTIK Das Minsker Memorandum vom 19. September 30 Humanitäre Lage in der Ukraine 12 ■■ UMFRAGE ■■ UMFRAGE Die Meinung der Ukrainer über die Gesetze zur Russische Meinungen über Flüchtlinge Friedenssicherung 31 aus der Ukraine 15 Russische Meinungen zum Waffenstillstand 32 ■■ DOKUMENTATION Russische Meinungen über den Tod von Zum UN-Bericht über die Lage der Fallschirmjägern aus Pskow 33 Menschenrechte in der Ukraine 16 ■■ CHRONIK 15. – 28. September 2014 35 Forschungsstelle Osteuropa ► Deutsche Gesellschaft an der Universität Bremen für Osteuropakunde e.V. Mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) UKRAINE-ANALYSEN NR. 137, 30.09.2014 2 KOMMENTAR Regeltransfer ohne Elitenkonsens? Vorschläge zur Umsetzung des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine Von Julia Langbein, Berlin as Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Für einen effektiven Normentransfer im Kontext des Dder Ukraine, das auch ein vertieftes und umfassen- Assoziierungsabkommens ist jedoch gerade die Korrup- des Freihandelsabkommmen beinhaltet, wurde am 16. tionsbekämpfung innerhalb des ukrainischen Verwal- September 2014 vom Europäischen Parlament und dem tungsapparates durch eine Überprüfung der leitenden Parlament der Ukraine ratifiziert. Ein paar Tage zuvor Beamten dringend notwendig. Der Großteil der ukrai- hatten sich die EU, die Ukraine und Russland jedoch nischen Beamten hat die Übernahme EU-konformer darauf geeinigt, die vollständige Umsetzung des Frei- Gesetze in der Vergangenheit blockiert. Insbesondere handelsabkommens bis Ende 2015 aufzuheben. Es soll die Regeln des EU-Binnenmarktes basieren auf vielfäl- lediglich die Ukraine beim Export in die EU weiterhin tigen Kooperationsformen zwischen staatlichen und von Zollbefreiungen profitieren. Bestimmungen über nicht-staatlichen Akteuren, während in der Ukraine Zollbefreiungen für Exporte aus der EU in die Ukraine staatliche Regulierungsbehörden eine Monopolstellung sowie über den Abbau nicht-tarifärer Handelshemm- einnehmen. Viele Beamte fürchten als Konsequenz des nisse werden vorerst ausgesetzt. Gleichwohl bleibt die Regeltransfers daher den Verlust ordnungspolitischer Frage nach den Bedingungen für einen erfolgreichen Macht und den damit einhergehenden Verlust von Ein- EU-Regeltransfer relevant. Der Teil des Assoziierungs- künften aus korrupten Praktiken. Die Tatsache, dass der abkommens, der bereits jetzt provisorisch gelten soll EU-Regeltransfer den Zugang zum europäischen Bin- (für ein Inkrafttreten bedarf es noch der Ratifizierung nenmarkt erleichtert, ist für die Kosten-Nutzen-Rech- durch alle EU-Mitgliedstaaten), sieht einen umfassen- nung dieser Beamten irrelevant. den EU-Regeltransfer in Bereichen wie Korruptionsbe- Des Weiteren bleibt die Verquickung von politischen kämpfung, Menschenrechtsschutz, Energieversorgung und wirtschaftlichen Eliten in der Ukraine nach wie vor und Verbraucherschutz vor. Zudem ist die Umsetzung bestehen. Ukrainische Oligarchen bekleiden weiterhin des Freihandelsabkommens nur aufgehoben. einflussreiche politische Ämter und es ist fraglich, ob Bisherige Erfahrungen mit dem EU-Regeltransfer sie tatsächlich an einer Einhaltung von EU-Regeln im zeigen, dass institutioneller Wandel nicht durch die EU Bereich des Wettbewerbsrechts, des öffentlichen Ver- allein herbeigeführt werden kann. Die EU kann die gabewesens oder im Hinblick auf die Regulierung des Zeithorizonte lokaler Politiker und den Kreis reformori- Energiesektors interessiert sind, da viele von ihnen bis- entierter Kräfte vergrößern sowie die Kosten, die sich aus her vom Status quo profitiert haben. Zudem profitieren einem fehlenden Reformwillen ergeben, erhöhen. Aber nicht alle ukrainischen Oligarchen gleichermaßen vom die Unterstützung lokaler Kräfte, insbesondere der Eli- Zugang zum EU-Binnenmarkt. Für Oligarchen, die in ten, ist für einen effektiven Regeltransfer unabdingbar. erster Linie Stahl in die EU exportieren, sind die Anreize Die gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen geringer, da Stahlexporte bereits seit dem Beitritt der Eliten der Ukraine unterstützen die durch das Assozi- Ukraine zur WTO keinen Importzöllen mehr unterlie- ierungsabkommen vorgesehene Anpassung an das EU- gen. Nahrungsmittelproduzenten profitieren hingegen Regelwerk jedoch lediglich rhetorisch und haben besten- von der Umsetzung des Freihandelsabkommens, das für falls ein Interesse an einer selektiven Implementierung. diese Produkte einen verbesserten Marktzugang bietet. Zwar hat sich die Regierung unter Arsenij Jazenjuk Angesichts eines fehlendenden Elitenkonsenses ist in den letzten Monaten darum bemüht, eine effektivere daher – unabhängig vom Ergebnis der Parlamentswah- staatliche Koordinierungsstruktur für die Implemen- len am 26. Oktober 2014 – mit erheblichen Schwierig- tierung des Assoziierungsabkommens zu schaffen, und keiten bei der Umsetzung des Assoziierungsabkommens sie hat einige Gesetzesinitiativen auf den Weg gebracht, zu rechnen. Trotzdem kann die EU den Regeltransfer welche die Korruption in der Ukraine bekämpfen sol- unterstützen, indem sie versucht, die Zahl reformori- len. Allerdings zeigt der jüngste Rücktritt der Euromai- entierter Akteure in der Ukraine zu erhöhen und sie zu dan-Aktivistin und Journalistin Tetiana Chornovol als stärken. Nur so kann sich eine neue politische Elite im Beauftragte für die Schaffung eines Anti-Korruptions- Land formieren, die sich dann auch für die Implemen- büros, wie zäh der Kampf gegen bestehende Struktu- tierung des Abkommens einsetzt und versucht, kor- ren und eine in weiten Teilen reformunwillige Büro- rupte Praktiken einzudämmen. Darüber hinaus kann kratie ist. die EU nur dann die Implementierung des Assoziie- UKRAINE-ANALYSEN NR. 137, 30.09.2014 3 rungsabkommens effizient und problemlösungsorien- menten wie SAPARD orientieren. Zum anderen tiert überwachen, wenn sie es schafft, eigene Informati- sollte die Europäische Kommission ein Netzwerk onsasymmetrien im Hinblick auf die Situation vor Ort aus staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren aus mithilfe von öffentlichen und privaten lokalen »watch- der Ukraine und den EU-Mitgliedstaaten aufbauen, dogs« zu reduzieren. Konkret könnten drei Maßnahmen auf das sie bei der Vorbereitung der Fortschritts- die Bedingungen für einen erfolgreichen Regeltransfer berichte und der Überwachung des Regeltransfers im Kontext des Assoziierungsabkommens verbessern: zurückgreifen kann. Nur so können die Probleme 1. Antikorruption und Lustration. Die Implemen- bei der Implementierung von EU-Regeln gegenüber tierung von Antikorruptionsmaßnahmen in der der Kommission rechtzeitig signalisiert und Infor- Ukraine sollte gesondert durch die Europäische mationsasymmetrien über die Lage vor Ort mög- Kommission überwacht werden. Modell könnte der lichst klein gehalten werden. Kooperations- und Überprüfungsmechanismus sein, 3. Planungskapazitäten. Nicht-staatliche Adressa- der dazu dient, Fortschritte einzelner Mitgliedstaa- ten des Regeltransfers können nur dann als Partner ten, wie beispielsweise Bulgariens, bei der Erfül- gewonnen werden, wenn die EU und die ukrainische lung ihrer Verpflichtungen in den Bereichen Justiz- Regierung potentielle negative Folgen des Regel- reform und Bekämpfung der Korruption und des transfers frühzeitig identifizieren und in entspre- organisierten Verbrechens zu überprüfen. Finan- chende Gegenmaßnahmen investieren. Die Euro- zielle Hilfen und Visaerleichterungen sollten an päische Kommission sollte Mittel für Studien zu Fortschritte gekoppelt und bei Rückschritten aus- Folgeabschätzungen bereitstellen, die nicht nur – gesetzt werden. Beamte aus den EU-Mitgliedstaaten wie bisher geschehen – die allgemeinen Auswirkun- sollten den Aufbau eines neuen Verwaltungsappara- gen des Assoziierungsabkommens auf die ukraini- tes weiterhin durch Twinning-Maßnahmen beglei- sche Wirtschaft untersuchen. Vielmehr sollte die ten. Im Bereich der Lustration sollte der Austausch Folgeabschätzung auf alle Bereiche des Abkommens zwischen ukrainischen NGOs, die sich in diesem ausgeweitet werden. Die Berichte sollten konkret Bereich engagieren, und Experten aus Deutschland aufzeigen, wer die potentiellen Verlierer des Nor- und anderen EU-Mitgliedstaaten, die aufgrund ihrer mentransfers sind, welche Maßnahmen von der eigenen Geschichte