POP & JAZZ

Jeffes (Mitte vorn), Band Penguin Café Orchestra: Ein Kauz aus der gehobenen britischen Mittelklasse Der Pinguin-Mann Wiederentdeckung eines Abenteurers: die Tagtraum-Lieder von Simon Jeffes. Schuld an allem war wohl ein verrotteter Fisch, auf jeden Fall erwischte den jungen britischen Dandy Simon Jeffes 1972 in Südfrankreich eine schwere Le- bensmittelvergiftung, die ihn allerlei merkwürdige Dinge halluzinieren ließ. Halbwegs genesen überkam ihn einen Tag später am Strand die Vision des „Penguin Cafés“, eines surrealen, faszinierenden Ortes, an dem der Vorstel- lungskraft keine Grenzen gesetzt sind. Um den entsprechend versponnenen Soundtrack für das Café zu schaffen, startete der Komponist und Multi-In- strumentalist Jeffes dann das Penguin Café Orchestra. Die ersten fünf Alben der Gruppe aus den siebziger und achtziger Jahren wer- den nun digital aufpoliert wieder veröffentlicht. Herrlich kombinierte der Ex- zentriker Jeffes wohlklingende Avantgarde- und Kaffeehausmusik mit afrika- nischer, asiatischer oder südamerikanischer Folklore. Dazu gab er Schnipsel von Soul, Jazz und Pop oder das Freizeichen eines Telefons. Seine Tagtraum-Lieder passen gut zu den Plattenhüllen, die Zauberwesen mit Pinguinköpfen zieren. Der pinguinvernarrte Jeffes – seine Wohnung war voll von Pinguin-Gemälden, -Skulpturen und -Aschenbechern – war ein Kauz aus der gehobenen britischen Mittelklasse, der die Welt bereiste, insbesondere Japan liebte, bevor er in Lon- don als Musiker loslegte. Ein musikalischer Abenteurer, der Sex-Pistols-Mann das Streicherarrangement für seine legendäre Version von „“ schrieb und Adam Ant den Burundi Beat beibrachte. Regisseure von Tom Tykwer bis Oliver Stone nutzten seine Songs; Kekse, Zeitungen und Telefontarife wurden damit beworben. Jeffes starb 1997 im Alter von 48 Jahren an Krebs und hat hoffentlich sein wahres Penguin Café gefunden. CHRISTOPH DALLACH

Penguin Café Orchestra: „Music From the Penguin Café“, „Penguin Café Orche-

stra“, „“, „Signs of Life“, „When in Rome“ (Virgin). EMIFOTO:

38 9/2008 KulturSPIEGEL