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Band 47 • Heft 4 • Dezember 2009

DO-G

Deutsche Ornithologen-Gesellschaft e.V.

Institut für Vogelforschung Vogelwarte Hiddensee Max-Planck-Institut für Ornithologie „Vogelwarte Helgoland“ und Vogelwarte Radolfzell Beringungszentrale Hiddensee Die „Vogelwarte“ ist offen für wissenschaftliche Beiträge und Mitteilungen aus allen Bereichen der Orni­tho­ logie, einschließlich Avifaunistik und Beringungswesen.­ Zusätzlich zu Originalarbeiten werden Kurzfas- sungen von Dissertationen aus dem Be­reich der Vogelkunde, Nach­richten und Terminhinweise, Meldungen aus den Berin­gungszentralen und Medienrezensionen publiziert. Daneben ist die „Vogelwarte“ offizielles Organ der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft und veröffentlicht alle entsprechenden Berichte und Mitteilungen ihrer Gesellschaft. Herausgeber: Die Zeitschrift wird gemein­sam herausgegeben von der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft, dem Institut für Vogelforschung „Vogelwarte Helgoland“, der Vogelwarte Radolfzell am Max-Planck-Institut für Ornithologie, der Vogelwarte Hiddensee und der Beringungszentrale Hiddensee. Die Schriftleitung liegt bei einem Team von vier Schriftleitern, die von den Herausgebern benannt werden. Die „Vogelwarte“ ist die Fortsetzung der Zeitschriften „Der Vogelzug“ (1930 – 1943) und „Die Vogelwarte“ (1948 – 2004).

Redaktion / Schriftleitung: DO-G-Geschäftsstelle: Manuskripteingang: Dr. Wolfgang Fiedler, Vogelwarte Radolf- Ralf Aumüller, c/o Institut für Vogelfor- zell am Max-Planck-Institut für Ornithologie, Schlossallee 2, schung, An der Vogelwarte 21, 26386 DO-G D-78315 Radolfzell (Tel. 07732/1501-60, Fax. 07732/1501-69, ­Wilhelmshaven (Tel. 0176/78114479, Fax. [email protected]) 04421/9689-55, [email protected] http://www.do-g.de) Dr. Ommo Hüppop, Institut für Vogelforschung „Vogelwarte Hel- goland“, Inselstation Helgoland, Postfach 1220, D-27494 Helgo- Alle Mitteilungen und Wünsche, welche die Deutsche Ornitho- land (Tel. 04725/6402-0, Fax. 04725/6402-29, ommo.­hueppop@ logen-Gesellschaft betreffen (Mitgliederverwaltung, Anfragen ifv-vogelwarte.de) usw.) werden bitte direkt an die DO-G Geschäftsstelle gerichtet, ebenso die Nachbestellung von Einzelheften. Dr. Ulrich Köppen, Beringungszentrale Hiddensee, Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Meck­lenburg-Vorpommern, Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Badenstr. 18, D-18439 Stralsund (Tel. 03831/696-240, Fax. DO-G Vorstand 03831/696-249, [email protected]) Präsident: Prof. Dr. Franz Bairlein, Institut für Vogelforschung, Meldungen und Mitteilungen der DO-G: „Vogelwarte Helgoland“ An der Vogelwarte 21, 26386 Wilhelms­ Dr. Christiane Quaisser, Straße des Friedens 12, D-01738 Klin- haven, [email protected] genberg, [email protected] 1. Vizepräsident: Prof. Dr. Hans Winkler, Konrad-Lorenz-Ins­ ti­tut für Verhaltensforschung, Österreichische Akademie der Redaktionsbeirat: Wissenschaften, Savoyenstr. 1a, A-1160 Wien,H.Winkler@klivv. Hans-Günther Bauer (Radolfzell), Peter H. Becker (Wilhelms- oeaw.ac.at haven), Timothy Coppack (Zürich), Michael Exo (Wilhelms- haven), Klaus George (Badeborn), Bernd Leisler (Radolfzell), 2. Vizepräsidentin: Dr. Renate van den Elzen, Zoologisches For- Hans-Willy Ley (Radolfzell), Felix Liechti (Sempach/Schweiz), schungsinstitut und Museum Alexander Koenig, Adenauerallee Ubbo Mammen (Halle), Roland Prinzinger (Frankfurt), Joachim 160, 53115 Bonn, [email protected] Ulbricht (Neschwitz), Wolfgang Winkel (Cremlingen), Thomas Generalsekretär: Dr. Wolfgang Fiedler, Vogelwarte Radolfzell Zuna-Kratky (Tullnerbach/Österreich) am Max-Planck-Institut für Ornithologie, Schloss­allee 2, 78315 Radolfzell, [email protected] Layout: Schriftführer: Dr. Martin Kaiser, Tierpark Berlin, Am Tierpark Susanne Blomenkamp, Abraham-Lincoln-Str. 5, D-55122 Mainz, 125, 10307 Berlin, [email protected] [email protected] Schatzmeister: Joachim Seitz, Am Hexenberg 2A, 28357 Bremen, Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren verantwortlich. [email protected] V.i.S.d.P. sind die oben genannten Schriftleiter. DO-G Beirat ISSN 0049-6650 Sprecherin: Dr. Dorit Liebers-Helbig, Deutsches Meeresmuseum, Katharinenberg 14-20, 18439 Stralsund (Tel.: 03831/2650-325, Die Herausgeber freuen sich über Inserenten. Ein Mediadaten- Fax: 03831/2650-309, [email protected]). blatt ist bei der Geschäftsstelle der DO-G erhältlich, die für die Anzeigenverwaltung zuständig ist. Titelbild: „Schleiereule“ von Bernd Hanrath, Größe des Origi- nals: 80 x 100 cm, Öl auf Leinwand, 2007. Deutsche Ornithologen-Gesellschaft

Bericht über die 142. Jahresversammlung 1. – 5. Oktober 2009 in Pörtschach am Wörthersee Kärnten/Österreich

– Bericht und wissenschaftliches Programm –

Zusammengestellt von

Dr. Christiane Quaisser Schriftleiterin „Vogelwarte“

Der Tagungsbericht mit Beiträgen von

Michael Braun, Martin Kaiser, Christian Marti, Heidrun Oberg, Christiane Quaisser, Jenny Richber, Volker Salewski, Frank D. Steinheimer, Dieter Thomas Tietze, Hans Winkler 272 Deutsche Ornithologen-Gesellschaft

Tagungsstreiflicht

Von Von Hans Winkler, Wien/Österreich Ein Wiedersehen im Süden – 142. Jahresversammlung der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft in Pörtschach

Die Kontraste könnten nicht größer sein, als jene, die faunistischen Beitrag Kurt Bauers, den Vorträgen von der Tagungskarawane der DO-G zwischen der hanse- Konrad Lorenz, Otto Koenig und Jürgen Aschoff geprägt. atisch-urbanen Oase 2008 und dem ruhigen Ort im Anlässlich der Tagung (gemeinsam mit den Säugetier- Süden der österreichischen Alpen begegneten. Dort ein kundlern) in Stuttgart gab es gleich wieder eine Einladung großer Universitätscampus am Rande der Stadt, in der nach Österreich durch Eduard Paul Tratz. Und so kam Ruhe vor dem unmittelbar bevorstehenden Ansturm die um Stresemann gescharte Familie 1960 nach Salzburg. der Studenten, hier der Kern eines Kurorts, der gerade Schon 1968 sollte es wieder in südöstliche Regionen, die Jalousien heruntergelassen hatte für eine Winterru- nämlich nach Prag gehen. Der kurze politische Frühling he, aus der er erst in einigen Monaten im Geheul von dort zwang die Gesellschaft zu einem Herbsttreffen in GTI-Motoren aufwachen wird. die Alpen, nach Innsbruck, wo Heinz Sielmann durch Dem Ruf aus der südlichen Idylle wollten offenbar seine Filme, u. a. mit Szenen des Liebesspiels der Lau- nicht so viele folgen und entsprechend geringen Umfang benvögel, und Jürgen Aschoff durch seine scharfen Dis- wies das Tagungsprogramm auf. Daher gab es auch kei- kussionsbeiträge die biederen Älpler beeindruckten. ne Parallelveranstaltungen und jeder Vortrag geriet wie Wien war sieben Jahre später, 1975, zum dritten Mal in alten Zeiten zum Vortrag vor dem Plenum der DO-G Austragungsort der Jahresversammlung, deren Pro- Familie. gramm durch einen Vortrag von Konrad Lorenz, nun Die Hauptthemen spannten einen weiten Bogen und Nobelpreisträger, mit dem Titel „Die Ornithologie als waren auf Tagungsort, Aktualität und Zyklus der Vor- Mutter der vergleichenden Verhaltensforschung“ eröffnet stellungen von Projektgruppen abgestimmt. Der Plenar­ wurde. Weitere Jahresversammlungen fanden 1986 in redner für den Schwerpunkt Spechte wurde aus Nord- Innsbruck (zum zweiten Mal), 1981 und 1996 in Melk amerika eingeflogen und der Hauptvortragende des und 1989 in Klagenfurt, nicht weit vom diesjährigen Aktualitätsthemas schwang sich aufs Motorrad, um uns Standort statt. Ich hoffe, dass die vielen jungen österrei- in die Problematik der ökologischen Immunbiologie chischen Ornithologen, die sich in Pörtschach eingefun- einzuführen. Konventioneller angereiste Vortragende den hatten, ebenso wichtige Anregungen für ihre Arbeit wiesen auf die besondere Situation der Alpenvögel hin, bekommen haben wie wir damals. Hoffen kann man ja. die immer mehr von Klimawandel und touristischer Der Rückblick in die Geschichte und eigene Erinne- Erschließung der Alpen bedrängt werden. Mehr als rungen machen mich ein wenig skeptisch. Der starke sonst kamen historische Themen zur Sprache. Eindruck, den die Salzburger Tagung und jene in Inns- Auch die Geschichte der deutsch-österreichischen Be- bruck (und die dazwischen liegenden in Konstanz) auf ziehungen im Rahmen der DO-G Jahresversammlungen mich und andere junge Österreicher machten, beruhte ist lang. Die DO-G gab es schon vor dem „Ornitholo- auf der Anwesenheit praktisch der gesamten deutsch- gischen Verein in Wien“, der 1876 gegründet wurde. sprachigen Prominenz der ornithologischen Grundla- Daher wurde der spätere Ferdinand Zar von Bulgarien genforschung. Die Zeiten sind aber vorbei, in denen ein auf Anregung des Kronprinzen Rudolf von Österreich künftiger Nobelpreisträger mit seiner Frau als Kassen- 1874 Mitglied unserer Gesellschaft, zu deren Protektor prüfer tätig waren (1932), oder der Direktor eines Max- und Ehrenmitglied er später wurde und der maßgeblich Planck-Instituts (Aschoff) die Kassa führte. Wir haben an der ersten in der langen Reihe von Jahresversamm- uns in Pörtschach wieder mit vielfältigen Themen befasst lungen unserer Gesellschaft in Österreich beteiligt war. und halt den Kontakt mit der Jugend zeitgemäß von Gar- Denn 1932 war diese zu ihrer 50. Jahresversammlung tenidyllen auf Speed-datings mit Pasta verlagert. Nach nach Wien gekommen und besuchte am 2. Oktober das einem Vortrag von Lorenz (1956, Wien) brach eine Dis- nah gelegene Altenberg, wo Konrad Lorenz sich gerade kussion darüber aus, was denn die Ornithologen zu ihrer in der väterlichen Villa mit Reihern beschäftigte. Die Wissenschaft treibe. Lorenz meinte es sei die Liebe zum Gäste empfanden diesen Besuch als einen der Höhe- Objekt und die bäuerliche Tradition des Züchtens, Gustav punkte der Tagung. Fast ein Vierteljahrhundert später Kramer nannte den Drang zu forschen und Otto Koenig lud „Lorenzulus“ Otto Koenig die Gesellschaft wieder den männlichen Jagd- und weiblichen Brutpflegetrieb. zur 69. Jahrestagung 1956 nach Wien ein. Die österrei- Vielleicht gehört auch die Freude, an unseren Jahresver- chischen präsentierten stolz die Station am Wilhelmi- sammlungen dabei zu sein, dazu. Das könnten wir ja bei nenberg und die Exkursionsgebiete am Neusiedler See. unserem nächsten Wiedersehen in Österreich diskutie- Wissenschaftlich war das Programm vom tiergeografisch- ren, auf das wir uns jedenfalls schon freuen. Vogelwarte 47 (2009) 273

Die Tagung im Überblick

Die 142. Jahresversammlung der Deutschen Ornitho- logen-Gesellschaft fand vom 1. bis 5. Oktober 2009 in Pörtschach am idyllischen Wörthersee, Kärnten/Öster- reich statt. Die Ornithologen waren der Einladung von Birdlife Österreich, Landesgruppe Kärnten, und des Naturwis- senschaftlichen Vereins für Kärnten gefolgt. Vorträge und Kaffeepausen wurden im modernen Congress Cen- ter von Pörtschach abgehalten. Die Präsentation der Poster erfolgte im Wintergarten des 200 m entfernten Kongresshotels Dermuth. Ein Schwerpunktthema ergab sich aufgrund des Ta- gungsortes von selbst: „Alpenornithologie“ stand dieses Mal mit zwei Hauptvorträgen, zahlreichen Kurzrefera- ten und einem Abendvortrag im Mittelpunkt. Auch die Wahl der sich vorstellenden Projektgruppe fiel in diesem Jahr nicht schwer. Der Projektgruppe „Spechte“ war ein weiterer Teil des Tagungsprogramms mit interessanten Vorträgen gewidmet, darunter ein überaus spannendes Hauptreferat von Jeff Walters über Untersuchungen am Kokardenspecht und Konsequenzen für Populationsö- kologie und Artenschutz (siehe wissenschaftliches Pro- gramm). Vom Tagungsort unabhängig, dafür aber so aktuell wie noch nie, bildete „Ökologische Immunolo- gie“ das zweite Schwerpunktthema. Es wurde eingeleitet von einem Überblicksvortrag vom Direktor der Abtei- lung für Tierbewegung und Immunökologie am Max- Planck-Institut für Ornithologie, Vogelwarte Radolfzell, Die Posterpräsentation im Wintergarten des Tagungshotels Herrn Prof. Dr. Martin Wikelski. Dermuth. Foto: C. Quaisser Einen festen Platz im Tagungsprogramm haben mitt- lerweile die Jungreferenten, angehende Wissenschaftler tung teilnehmen. Mit neun Beiträgen war diese Sitzung und Wissenschaftlerinnen, die sich mit ihren Vorträgen auch in diesem Jahr wieder gut gefüllt und die Entschei- einer Jury stellen und im Wettbewerb um die beste Leis­ dung wurde der Jury nicht leicht gemacht (siehe wis- senschaftliches Programm und Bericht zum Gesellschaftsabend). Abgerundet wurde das Tagungsprogramm mit The- men wie Vogelzug, Vogelschutz, Tro- penornithologie, Feldornithologie und Physiologie, was einmal mehr die gan- ze Breite ornithologischer Forschung zeigt, die sich in der DO-G widerspie- gelt. Die Beschaulichkeit von Pörtschach, das herrliche warme Spätsommerwet- ter und das gute gastronomische An- gebot luden außerdem geradezu dazu ein, sich mit Freunden und Kollegen in den Pausen und am Abend zum Plausch und Gedankenaustausch zu treffen, sei es auf einer besonnten Bank an der Uferpromenade des Wörther- sees oder zum Bier oder Wein und Der Wörthersee im Abendlicht. Foto: C. Quaisser gutem Essen in einen der Gasthöfe. 274 Deutsche Ornithologen-Gesellschaft

Zur Teilnahme an der 142. Jahresversammlung der Gattermayr, Wien/Österreich; I. Geiersberger, Garmisch; S. DO-G registrierten sich insgesamt 255 Vogelkundler Geiersberger, Murnau; B. Gereben-Krenn, Wien/Österreich; aus dem In- und Ausland: J. Geyer, Oberhof Metnitz/Österreich; T. Gottschalk, Giessen; H. Ackerl, Braunau am Inn/Österreich; K. Aichhorn, Mall- M. Graf, Wien/Österreich; H. Gressel, Salzburg/Österreich; nitz/Österreich; F. Allmer, Lüneburg; R. Allmer, Lüneburg; H. Grimm, Seehausen; G. Grothe, Wiebelsheim; A. Grüll, R. Aumüller, Bremen; F. Bairlein, Wilhelmshaven; C. Barthel, Illmitz/Österreich; H. Guggenberger, Kötschach-Mauthen/ Einbeck; P.H. Barthel, Einbeck; C. Bartsch, Oberhonnefeld; Österreich; E. Günther, Hannover; H. Haar, Sinabelkirchen/ A. Bauer, Mannheim; H.-G. Bauer, Radolfzell; S. Baumung, Österreich; E. Hahlbeck, Rostock; I. Hahn, Münster; H. Ham- Hamburg; D. Becker, Halberstadt; H.-M. Berg, Wien/Öster- sch, Berlin; S. Hamsch, Berlin; B. Haubitz, Hannover; O. reich; H.H. Bergmann, Arolsen; P. Bernardy, Hitzacker; E. Häusler, Berlin; H. Heckenroth, Langenhagen; J. Hegelbach, Bezzel, Garmisch-Partenkirchen; M. Bierbaumer, Kloster- Zürich/Schweiz; A. Hegemann, Haren/Niederlande; M. Helb, neubirg/Österreich; G. Bieringer, Leobersdorf/Österreich; C. Frankfurt; J. Hering, Werdau; P. Herrmann, Greisenhausen; Böhm, Innsbruck/Österreich; N. Böhm, Trier; S. Böhm, Ulm; G. Hildebrandt, Gnetsch; S. Hille, Wien/Österreich; C. Hin- M. Braun, Heidelberg; M. Bürger, Spittal/Drau/Österreich; nerichs, Brück; M. Hoffrichter, Langenfeld; C. Hofmann, C. Buschenreiter, Villach/Österreich; K. Buschenreiter, Vil- Wien/Österreich; E. Hofmann, Dietramszell; A. Holleis, St. lach/Österreich; T. Coppack, Einbeck; J. Dähne, Frankfurt/ Johann/Österreich; R. Holz, Halberstadt; J. Hölzinger, Rem- Main; B. Deuer, Ort; W.-D. Diekmann, Sierksdorf; J. Dietl, seck; H. Hötker, Bergenhusen; K. Hüppop, Helgoland; O. Salzburg/Österreich; C. Dogs, Wadderwarden; M. Dumpel- Hüppop, Helgoland; W. Irsch, Rehlingen; H. Jaklitsch, Ga- nik, Kapfenberg/Österreich; K. Dziewiaty, Oldenburg; K. blitz/Österreich; S. Janowski, Schriesheim; W.-P. Jüttner, Edelbacher, Wien/Österreich; I. Effner, Germering; K. Egger- Waddewarden; M. Kaiser, Berlin; H.-J. Kalisch, Allerbüttel; Peitler, Wien/Österreich; O. Elle, Ortwin, Trier; W. Engländer, K. Karpf, Villach/Österreich; V. Keller, Sempach/Schweiz; R. Salzburg/Österreich; H. Engler, Köln; J. Engler, Trier; U. Falk, Kinzelbach, Rostock; S. Klaus, Jena; H. Klein, Landskron/ Rostock; A. Feigl, Mainz; J. Feldner, Villach/Österreich; L. Österreich; I. Klein, Landskron/Österreich; M. Klemun, Feldner, Villach/Österreich; A. Festetics, Göttingen; M. Fet- Wien/Österreich; J. Klinner, Meinersen; U. Knely, Klagenfurt tinger, Villach/Österreich; K. Fiedler, Offenbach; W. Fiedler, /Österreich; N. Koch, Karlsruhe; I. Kohl, Wien /Österreich; Radolfzell; S. Fink, Sulzberg/Österreich; W. Firbas, Wien/ S. Komenda-Zehnder, Sempach/Schweiz; R. Köpf, Maria Saal/ Österreich; M. Flade, Brodowin; A. Frenzel, Karlsruhe; S. Österreich; F. Korner-Nievergelt, Sempach/Schweiz; U. Frick, Erfurt; J. Fritz, Mutters/Österreich; R. Fuchs, Wien/ Kramer, Quedlinburg; B. Kranzl, Althofen/Österreich; P. Kre- Österreich; H.-J. Fünfstück, Garmisch-Partenkirchen; M. mer, Heidelberg; H. Krenn, Wien/Österreich; D. Kronbach, Fünfstück, Garmisch-Partenkirchen; S. Garthe, Büsum; M. Limbach-Oberfrohna; R. Kronbach, Limbach-Oberfrohna;

Teilnehmer an der 142. Jahresversammlung der DO-G 2009 in Pörtschach am Wörthersee/Österreich. Foto: K. Allesch Vogelwarte 47 (2009) 275

E. Krüll, Göttingen; F. Krüll, Göttingen; H. Kurz, Kefermarkt/ Bedfordshire/Großbritannien; C. Scherzinger, Bischofswiesen; Österreich; W. Laich, Stuttgart; A. Landmann, Innsbruck/ W. Scherzinger, Bischofswiesen; K. Schidelko, Bad Honnef; R. Österreich; B. Leisler, Radolfzell; R. Lentner, Innsbruck/Ös- Schläfer, Heusenstamm; M. Schlender, Korschen­broich; E. terreich; J. Leyrer, Den Burg/Niederlande; D. Liebers-Helbig, Schleucher, Frankfurt; M. Schmidt, Freiburg; T. Schneditz, Kla- Stralsund; W.D. Loetzke, Berlin; G. Loupal, Wien/Österreich; genfurt/Österreich; A. Schrimpf, Frankfurt; C. Schulze, Wien/ C. Lunczer, Schorndorf; R. Mache, Stuttgart; G. Malle, Kla- Österreich; K. Schulze-Hagen, Mönchengladbach; C. Schütz, genfurt/Österreich; R. Malle, Klagenfurt/Österreich; A. Ma- Wien/Österreich; H. Schwarthoff, Jülich; I. Schwarthoff, Jülich; negold, Frankfurt; M. Mann, Wien/Österreich; J. Martens, N. Seifert, Greifswald; J. Seitz, Bremen; K. Smolak, Villach/ Mainz; C. Marti, Sempach/Schweiz; C. Marti, Sempach/ Österreich; S. Stadler, Salzburg/Österreich; H.-C. Stamm, Düs- Schweiz; U. Mattern, Erlangen; C. Medicus, Salzburg/Öster- seldorf, C. Steiner, Piberbach/Österreich; H. Steiner, Piberbach/ reich; H. J. Menius, Eppstein; I. Menius, Eppstein; B. Metzger, Österreich; F. Steinheimer, Berlin; D. Stiefel, Giesen; D. Stiels, Wilhelmshaven; H. Meyer, Hohenstein-Ernstthal; K. Micha- Bonn; M. Stöwe, Wien/Österreich; B. Strohmaier, Wien/Öster- lek, Eisenstadt/Österreich; N. Model, Ingolstadt; W. Mohl, reich; W. Sturm, Keutschach/Österreich; C. Sudfeldt, Münster; Klagenfurt/Österreich; Y. Muraoka, Wien/Österreich; O. Ne- P. Sumasgutner, Wien/Österreich; R. Tatschl, Klagenfurt/Ös- gra, Trento /Italien; B. Nicolai, Halberstadt; I. Nöhring, Mün- terreich; J. Taubmann, Mainz; N. Teufelbauer, Wien/Österreich; chen; H. Noll, Germering; C. Nuk, Villach/Österreich; N. M. Thaler, Afritz/Österreich; M. Tiefenbach, Wien/Österreich; Oberdiek, Wilhelmshaven; H. J. Oberg, Lehre-Klein Bruns- D.-T. Tietze, Chicago/USA; S. Trautmann, Worms; R. Tuelling- rode; H. Oberg, Lehre-Klein Brunsrode; H. Oelke, Peine; A. hoff, Osnabrück; S. Twietmayer, Trier; C. Unger, Hildburghau- Ofner, Wien/Österreich; S. Olschewski, Wien/Österreich; M. sen; W. Vogl, Wien /Österreich; S. Wagner, Villach/Österreich; Päckert, Dresden; G. Pasinelli, Sempach/Schweiz; S. Pentzold, J. Walters, Derring Hall/USA; I. Wawra, Salzburg/Österreich; Leipzig; H. U. Peter, Jena; B. Petersen, Leer; G. Petersen, Leer; E. Wawrzyniak, Eberswalde; H. Wawrzyniak, Eberswalde; M. W. Petutschnig, Reifnitz/Österreich; R. Pfeifer, Bayreuth; B. Weissensteiner, Graz/Österreich; I. Wiedner, Pischeldorf/Ös- Pfleger, Klagenfurt/Österreich; F. Philipp, Dresden; R. Prin- terreich; P. Wiedner, Pischeldorf/Österreich; M. Wiedner-Fian, zinger, Frankfurt; K. Probst, Dresden; R. Probst, Feldkirchen/ Klagenfurt /Österreich; M. Wikelski, Radolfzell; G. Wilhelm, Österreich; V. Probst, Bürgstadt; L. Psotta, Frankfurt; C. Wien/Österreich; H. Winkler, Wien /Österreich; F. Woog, Stutt- Purschke, Freiburg; C. Quaisser, Klingenberg; C. Ragger, gart; H. Zacharias, Villach/Österreich; H. Zang, Goslar; N. Nussdorf/Österreich; M. Rehnus, Zürich/Schweiz; S. Renner, Zbinden, Sempach/Schweiz; L. Zechner, Admont/Österreich; Wuppertal; J. Richber, Frankfurt; M. Rössler, Ringelsdorf/ B. Zedrosser, Villach/Österreich; E. Zedrosser, Villach/Öster- Österreich; H. Rühmkorf, Hannover; V. Salewski, Radolfzell; reich; U. Zimmer, Denklingen; T. Zuna-Kratky, Wien/Öster- S. Sammler, Berlin; H. Sauer-Gürth, Mannheim; N. Schäffer, reich; H. Zwander, Köttmannsdorf/Österreich.

Teilnehmer an der 142. Jahresversammlung der DO-G 2009 in Pörtschach am Wörthersee/Österreich. Foto: K. Allesch 276 Deutsche Ornithologen-Gesellschaft

Der informelle Begrüßungsabend fand am 30. Sep- ‘Schweinegrippe’ heute, ‘Vogelgrippe’ gestern: Tiere tember im Tagungshotel Dermuth statt, einem zentra- werden mit menschlichen Krankheitserregern ver- len Ort dieser Tagung, da hier nicht nur der Begrü- knüpft und teilweise unhaltbare Szenarien generiert. ßungsabend und die Posterpräsentationen stattfanden, Unzweifelhaft ist, dass Zoonosen, also von Tieren bzw. sondern auch die Vorstands- und Beiratssitzungen, die mit tierischer Hilfe auf Menschen übertragene Krank- Statistikkurse sowie verschiedene PG Treffen. Die heiten, ein sehr wichtiges Thema sind. Doch wie wir Gaststätte des Hotels war an jedem Abend gut frequen- damit in den letzten Jahren umgegangen sind, zeugt tiert und viele Teilnehmer hatten sich auch dazu ent- nicht gerade von Souveränität, sondern eher von Hilf- schlossen, hier ihr Tagungsdomizil aufzuschlagen. losigkeit, nicht zuletzt mangels Wissens, auch auf der Doch egal ob Tagungs- oder Hotelgast, jeder war hier ornithologischen Seite. Denn was wissen wir schon zu jeder Zeit herzlich willkommen und kaum ein darüber, wie Wildvögel mit Krankheitserregern und Wunsch blieb hier unerfüllt. Ein guter Ort für eine Krankheiten umgehen - nicht nur die, die auch uns Rückkehr. betreffen können - und wie beeinflussen diese bei- Am ersten Tagungstag, dem 1. Oktober, wurden die spielsweise Paarbildung, Fortpflanzung, Zug oder Teilnehmer durch den Präsidenten der DO-G, Herrn Überleben?“ Im Weiteren unterstrich Herr Bairlein Prof. Dr. Franz Bairlein, im großen Hörsaal des Con- einmal mehr, dass neben den zentralen Schwer- gress Centers begrüßt. punktthemen gerade die Themenvielfalt der eingereich­ In seiner Eröffnungsrede untermauerte er vor allem ten Beiträge DO-G-Tagungen reizvoll und zu etwas die Wahl der beiden Themenschwerpunkte: „Was liegt Besonderem machten. in so einer Umgebung näher als sich in einem der Zum Abschluss seiner Rede sprach Herr Bairlein seinen Hauptthemen unserer diesjährigen Jahresversammlung herzlichsten Dank aus an all jene, die diese Tagung mög- mit den Vögeln der Alpen zu beschäftigen. Dies machen lich gemacht hatten: den Gastgebern vom Naturwissen- wir nicht zum ersten Mal, doch hat dieses Thema in der schaftlichen Verein für Kärnten und von BirdLife Ös- heutigen Zeit eine ganz besondere Brisanz: Gerade die terreich, Landesgruppe Kärnten, dem Generalsekretär hoch spezialisierten Arten der Felsregion sind im Zuge Dr. Wolfgang Fiedler, der das Programm zusammen- des Klimawandels hochgradig gefährdet. Während viele gestellt hat, den Rednerinnen und Rednern, die Beiträ- Arten des Flachlandes ihre Verbreitung verschieben ge angemeldet haben, und nicht zuletzt den zahlreichen können, zu Regionen, in denen sie wieder die ihnen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern hinter den zusagenden ökologischen Bedingungen vorfinden, wird Kulissen, ohne die eine solche Tagung nicht durchführ- dies für die hochalpinen Arten nicht möglich sein. Denn bar wäre. Er erklärte die 142. Jahresversammlung damit ihr Lebensraum und damit ihre Existenzgrundlage sind für eröffnet. nach oben hin begrenzt. Oberhalb der jetzt noch eisigen Im Anschluss überbrachten der Präsident von BirdLife Gipfel gibt es eben für Landvögel keinen Lebensraum Österreich, Herr Prof. Dr. Gerhard Loupal, und der mehr. Es liegt auch an uns, wie es diesen Arten in der Präsident des Naturwissenschaftlichen Vereins für Zukunft ergehen wird. Wir sollten davor die Augen Kärnten, Herr Dr. Helmut Zwander, ihre Grußworte nicht verschließen. den anwesenden Gästen. In ihren Ansprachen gaben

Pausenge

Siegfried Klaus und Christian Marti. Foto: R. Prinzinger Gilberto Pasinelli und Bernd Nicolai. Foto: C. Quaisser Vogelwarte 47 (2009) 277

schlag in zwei Publikationen zur Avi- fauna Kärntens, der derzeitig einzigen aktuellen Zusammenschau zur hei- mischen Vogelwelt eines Bundeslandes in Österreich. Die Redner wiesen außerdem auf den besonderen Wert dieser internationalen Tagung hin. In einem Bundesland, das über keine naturwissenschaftliche Fa- kultät an der Universität verfügt, ist es eine besondere Chance und ein Ver- dienst, einem breiten Publikum die aktuellsten Forschungen auf dem Ge- biete der Vogelkunde präsentieren zu können. Daneben sei der persönliche Kontakt noch immer der befruch- tendste wissenschaftliche Diskurs und aus der Erneuerung und der Vertiefung individueller Beziehungen können oft jahrzehntelange Freundschaften -er Die Preisträger 2009, Volker Salewski und Martin Päckert, zusammen mit DO-G wachsen. Beide wünschten den anwe- Präsident Franz Bairlein. Foto: C. Quaisser senden Gästen aus dem In- und Aus- land einen schönen und erinnerungs- reichen Aufenthalt in Kärnten. sie einen kurzen geschichtlichen Abriss zur Entstehung Traditionsgemäß wurde die Eröffnungsveranstal- und Werdegang beider Organisationen. Die Landes- tung mit der Preisverleihung abgeschlossen. In diesem gruppe Kärnten von Birdlife Österreich wurde als ei- Jahr konnte der Präsident der DO-G, Herr Prof. Bair- genständiger Verein 1994 gegründet. Demgegenüber lein, zwei Preise vergeben: Herr Dr. Volker Salewski kann der Naturhistorische Verein bereits auf eine fast erhielt den diesjährigen Hans Löhrl-Preis für seine 150jährige, glanzvolle Geschichte mit etablierten Zeit- Untersuchungen zur Ökologie von Zugvögeln. Der schriften und Arbeitsgruppen zurückblicken. Ungeach- Maria-­Koepcke-Preis der Projektgruppe „Ornitho­ tet des Altersunterschiedes pflegen jedoch beide Or- logische Sammlungen“ wurde in diesem Jahr an Herrn ganisationen im Bereich Ornithologie bereits über Dr. Martin Päckert übergeben für seine Verdienste um Jahre hinweg eine enge Kooperation. Von allem An- die Kombination von Museumsarbeit und Feld­ fang an wurden die Synergien beider Vereine in opti- ornithologie (ausführliche Laudationes siehe Nach­ maler Form genützt und fanden so auch ihren Nieder- rich­tenteil). spräche

Einhard Bezzel und Herwig Zang. Foto: C. Quaisser Armin Landmann und Bernd Leisler. Foto: C. Quaisser 278 Deutsche Ornithologen-Gesellschaft

Musikalisch wurde die Eröffnung untermalt vom Kärntner Chor Roland Loibnegger „Quar- tett der Stimmen aus Kärnten“. Das wissenschaftliche Programm umfasste in diesem Jahr knapp 80 Vortrags- und Poster- beiträge, die sich im Folgenden nach Themen- zugehörigkeit sortiert mit ihren Zusammen- fassungen präsentieren (siehe wissenschaft- liches Programm). Eingeschlossen sind hierbei auch die Abendveranstaltungen. Daneben gab es u.a. das Angebot zur Statistikberatung, drei R-Kurse, ein Treffen zur Wiederbelebung der Projektgruppe „Tropenornithologie“ (Bericht siehe Nachrichtenteil) - und auch wieder das „Silberrückentreffen“, mittlerweile fast legen- där (siehe nachfolgenden Bericht). Ein vielfäl- Eröffnungsveranstaltung: Chor Roland Loibnegger „Quartett der Stimmen tiges Informationsangebot. aus Kärnten“. Foto: C. Quaisser Christiane Quaisser

Das „Silberrückentreffen“

Alle Jahre wieder: „Silberrücken“ laden ein zum „Speed- war das aktuelle wissenschaftliche Forschungsprojekt des Dating“. 10 Minuten Zeit blieb nur für die Vorstellung. DO-G-Präsidenten im Vordergrund, beispielsweise das Zwei bis drei Ornithologische Größen und vier bis sechs Zugverhalten des Steinschmätzers, der – ob Alpen, Alas- „Juvenile“ saßen an einem Tisch im dicht besiedelten, ka oder Anatolien – immer in Afrika südlich der Sahara aber dennoch angenehmen Restaurant Anna W. Nach überwintert, mal die Gute-Abend-Lektüre des Münster- 10 Minuten wurde über einen Zeitgeber (Norbert Schäf- länder Jung-Landschaftsökologen über egoistische Gene. fer) das Habitat verlassen, wobei die 10 bereits etablierten Silber­rückinnen wurden übrigens während der letzten „Alphatiere“ (Franz Bairlein, Hans Winkler, Einhard IUCN-Tagung als „critically endangered“ eingestuft! Bezzel, Antal Festetics, Martin Kaiser, Johann Hegelbach, Verhaltens­ökologische Anpassungen wurden von allen Hans-Ulrich Peter, Wolfgang Fiedler, Wolfgang Scherzin- Seiten gezeigt, eine Ressourcenverknappung gab es für ger, Hans-Heiner Bergmann) ihre angestammten Reviere die Nahrungsopportunisten nicht. Sogar „Kaasnudln“ im Zentrum der Kolonie verteidigten und die ehrfürch- wurden von einem Teil der Population verzehrt. tigen Juvenilen sich nach konkurrenzstarker Auseinan- Vielen Dank an die Leitung der DO-G, besonders an dersetzung über Jugend­dispersion neue Reviere in Rand- den Generalsekretär Wolfgang Fiedler, für das interes- bereichen eroberten.­ Der Verlauf der intraspezifischen sante und lustige Sozialprojekt inklusive großzügigem Kommunikation war sehr unterschiedlich je nach Rang- Sponsoring. ordnung und ­„Emotional State“ der Silberrücken. Mal Jenny Richber, Michael Braun

Impressionen vom „Silberrücken-speed-dating“ 2009. Fotos: D. Liebers-Helbig Vogelwarte 47 (2009) 279

Der Gesellschaftsabend

Verwöhnt durch das schöne Wetter konnte das Park- hotel Pörtschach den Gesellschaftsabend mit einem Sektempfang unter freiem Himmel eröffnen. So ge- nossen wir den Sonnenuntergang über dem Wörther- see, bevor uns das Kärtner Doppelsextett in einem Spiegelsaal mit leider nur wenigen Sitzmöglichkeiten empfing. Dr. Peter Wiedner, Vizepräsident des Na- turwissenschaftlichen Vereins für Kärnten, begrüßte uns zum sozialen Höhepunkt der Tagung. Als Vor- geschmack auf die Exkursionen des Folgetages konn- ten wir zu weiteren regionalen Gesangsdarbietungen die Berg- und Flusslandschaft Kärntens aus der Vo- gelperspektive auf uns wirken lassen. Dr. Wolfgang Fiedler, Generalsekretär der DO-G, gab die Sieger des Posterwettbewerbs bekannt, die entgegen der ursprünglichen Pläne wieder durch Ab- stimmung durch die Tagungsteilnehmer bestimmt worden waren. Von insgesamt 19 angemeldeten Postern Siegerehrung (v.l.n.r.): Wolfgang Fiedler, Franz Bairlein, Bernd Nicolai, vereinten D. Becker, D. Tolkmitt & B. Nicolai („Come- Jenny Richber, Michael Braun, Anna Feigl, Philipp Herrmann, Jan back der Wendehälse – Profitiert die Art wirklich von Engler, Dorit Liebers-Helbig. Foto: R. Prinzinger der Klimaerwärmung?“) die meisten Stimmen auf ihres. Den zweiten Platz holten N. Seifert & P. Becker für Sacher, M. Gottschling, O. Elle & T. Coppack („Welche „The quest for the (g)rail. Brutvorkommen des Zwergs- Faktoren begrenzen das Dispersionsverhalten erstjäh- umpfhuhnsPorzana pusilla in NW-Senegal (Westafrika)“. riger Amseln Turdus merula auf Helgoland?“). Gleich P. Herrmann & J. H. James („The ‚inverted copulation‘ gut hatten Anna Feigl, M. Päckert & D. T. Tietze („Mo- behaviour of the Two-banded Plover Charadrius falklan- lekulare Phylogenie der Segler der Gattungen Apus und dicus“) und M. Braun, C. Czajka & M. Wink („Gibt es Tachymarptis“) und Jenny Richber & E. Schleucher eine Brutplatzkonkurrenz zwischen Star und Halsband- („Energiehaushalt und Thermoregulation beim Ruß- sittich?“) teilten sich den dritten Preis. köpfchen Agapornis nigrigenis“) sich und ihre Arbeiten Vor Bildern von Gästen aus der Vogelwelt leitete das dargestellt. Sextett musikalisch über zur Ehrung der Sieger im Jung- Die Gewinner beider Wettbewerbe erhielten als Prei- referentenwettbewerb. Dr. Dorit Liebers-Helbig, die se Büchergutscheine der Firma Christ Media Natur Sprecherin des Beirates der DO-G, hob die hohe Qua- sowie wahlweise ein Jahr kostenlose Mitgliedschaft in lität der Präsentationen hervor, die den Jurymitgliedern der DO-G oder den Erlass der Tagungsgebühr bei einer die Entscheidung wieder nicht leicht gemacht hatte. Als DO-G Jahresversammlung. besten Beitrag erachteten sie den von Jan Engler, T. Nachdem die Preisträger fotografiert, der Präsident der DO-G, Prof. Dr. Franz Bairlein, und der General­ sekretär der DO-G beschenkt und der offizielle Teil von der Gesangsgruppe beendet worden war, konnten wir im wahrsten Sinne des Wortes zum gemütlichen Teil des Abends (hin)übergehen: Ein reichhaltiges Büffet erwartete uns in gedimmten Räumen, in denen wir uns zum zwanglosen Austausch zusammensetzen konnten. Nach dem abschließenden Beitrag des Kärntner Doppelsextetts ließ Dr. Hans Winkler die Tagung humoristisch Revue passieren, die die Freundschaft zwischen Deutschen und Österreichern, diesen un- vergleichlichen Nachbarn, weiter vertieft hatte. Franz Bairlein dankte als Präsident der Gesellschaft allen örtlichen Organisatoren und Helfern und reich be- schenkt verließen wir alle nach und nach das Park- Von der Abendsonne angestrahlt: Jenny Richber, Roland Prinzinger, hotel. Laura Psotta und Elke Schleucher. Dieter Thomas Tietze 280 Deutsche Ornithologen-Gesellschaft

Die Exkursionen

Am Montag, dem 5. Oktober 2009, konnten alle Ex- kursionen wie geplant stattfinden: zur Lagune von Grado, in den Nationalpark Hohe Tauern, ins obere Drautal sowie auf den Dobratsch.

Die Lagune von Grado und das Naturschutzgebiet Isola della Cona Leitung: Josef Feldner & Karin Smolak Um 7 Uhr startet der Bus mit 38 Exkursionsteilneh- mern. Die Reiseroute führt über Villach und Tarvisio südwärts. Mehrfach sehen wir von der Autobahn aus das eindrücklich breite Flussbett der Fella und des Tagliamento. Der Exkursionsleiter erläutert Land- schaft, Geschichte und Vogelwelt erst Südkärntens, dann des italienischen Friaul. Nach einem kurzen Exkursionsteilnehmerinnen und -teilnehmer bei der Bootsfahrt auf Stopp bei Udine erreichen wir nach fast 3 Stunden die dem Isonzo. Foto: C. Marti Lagunenstadt Grado an der Nordspitze der Adria. We- nig östlich davon halten wir kurz am Rand des Ramsar- einen Deich erreichbare Halbinsel liegt in der Mündung Schutzgebiets Valle di Cavanata und beobachten aus des Isonzo, zwischen dem Flusslauf im Süden und dem dem stehenden Bus heraus verschiedene Enten- und Canale Quarantia im Nordosten. Nach einer kurzen Reiherarten, dazu einen Eisvogel. Dann fahren wir Picnic- und Kaffeepause begrüßt uns der Leiter des Ge- nach Caneo am Südufer des Isonzo. Vom Parkplatz biets, Fabio Perco, im Vortragssaal des Centro visite und beim Besuchszentrum dieses großen Schutzgebiets aus zeigt mit instruktiven Bildern, wie das sumpfige Gebiet wandern wir auf einem Strässchen, dann auf einem mehr und mehr trockengelegt und landwirtschaftlich schmalen Pfad durch ausgedehnte Schilffelder zu genutzt wurde, bis es unter Schutz gestellt und wieder einem Beobachtungsturm am Flussufer. Hin und wie- vernässt werden konnte. Seither hat es sich zu einem der fliegt ein Eisvogel über den Isonzo, ein Rohrwei- bedeutenden Vogelschutzgebiet entwickelt. hen-Weibchen gleitet über das Schilf, und immer Fabio Perco hat ein Boot organisiert, und die Grup- wieder lässt ein Seidensänger sein lautes Lied ertö- pe teilt sich nun auf: Während die erste Gruppe um nen. halb zwei zu einer fast anderthalbstündigen Bootsfahrt Nach einer knappen Stunde sind wir wieder im Bus, startet, wandert die zweite vorerst ein paar hundert der uns nach kurzer Fahrt zum Besuchszentrum des Meter nach Süden, von Hide zu Hide. Unzählige Enten, Naturschutzgebiets Isola della Cona bringt. Diese über vor allem Krick-, Stock-, Pfeif- und Löffelenten, Be- kassinen, Seiden-, Silber-, Kuh- und Graureiher sowie große Kiebitzschwärme prägen das Bild. Hin und wie- der ertönt aus den Bäumen des Auenwaldes das viel- stimmige Konzert der Laubfrösche. Im Osservatorio Marinetta kann man auf der Höhe des Wasserspiegels und vom Turm aus beobachten. In einem Graugans- trupp halten sich vier Streifengänse auf, eine Teich- huhnfamilie wagt sich aus dem Schilf hervor, und auch hier ist der Eisvogel gut zu sehen. Kurz vor drei Uhr wechseln die beiden Gruppen. Auf der Bootsfahrt flussabwärts über den Isonzo sind vorerst kaum Vögel zu sehen, dafür stehen Ca- margue-Pferde am Ufer. Im eigentlichen Mündungs- bereich ändert sich das Bild schlagartig: Zwischen den zahllosen Höckerschwänen sehen wir auf den Sand- und Schlickbänken Große Brachvögel, Alpenstrand- läufer und einzelne Vertreter anderer Limikolenarten, An die Ferngläser! - Auf dem Beobachtungsturm am Ufer des dazu Krähenscharben, eine Brandseeschwalbe und Isonzo. Foto: R. Kronbach eine Eiderente. Diese Artenliste ist bei weitem nicht Vogelwarte 47 (2009) 281

Alpen, in denen Bären vorkommen und fuhren an dem auf ca. 600 m gelegenen niedrigsten Steinadlerhorst der Ostalpen vorbei. Auf den Wiesen neben der Straße konnten wir beobachten, wie die in Pört- schach und Umgebung verbreiteten Nebel- krähen langsam durch Rabenkrähen ab- gelöst wurden. Schließlich benutzten wir noch die einzige Autobahnabfahrt Euro- pas, die nach links abzweigt, und fuhren ins Mölltal. Nach einer kurzen Pause am Speicherkraftwerk Malta-Reißeck, ging es weiter zu dem ca. 1200 m hoch gelegenen Mallnitz. Auf dem Parkplatz am Eingang des Seebachtals wurden wir von unserem Blick vom Osservatorio Marinetta über das Schutzgebiet zum Naturschutzzentrum Isola della Cona, mit Camargue-Pferden und Kuhreihern im Vordergrund. dritten Exkursionsleiter, Walter Pucher Foto: C. Marti vom Nationalpark Hohe Tauern, schon er- wartet. Nach einer kurzen Einführung in vollständig, werden doch auf der heutigen Exkursion die Geschichte des Nationalparks, der seit 1981 be- insgesamt über 70 Arten registriert. steht, begann die Wanderung bei sonnigem Wetter. Gegen 17 Uhr verlassen wir das Gebiet wieder im Zuerst führte sie zum Stappitzersee. Erwähnenswert Bus. Unser nächstes Ziel ist Aquileia, wo es uns aber war hier 1985 der Versuch einer Übersommerung nicht um die Ausgrabungen der römischen Ruinen eines Prachttauchers, der leider durch den Schuss eines geht, denn diese haben wird schon am Morgen auf der Jägers beendet wurde. Taucher beobachteten wir nicht, Durchfahrt kurz besichtigt. Wir genießen hier im Ri- dafür hielt sich aber eine Gruppe Graureiher in den storante La Colombara ein mehrgängiges reichhaltiges Bäumen in der Nähe des Sees auf. Weiter ging es, zum Abendessen, bevor wir gegen 20 Uhr die Heimfahrt Teil auf Holzstegen durch einen Grauerlenwald, zum antreten. Pünktlich um 22 Uhr erreichen wir nach Teil auf einem gewundenen Pfad über Wurzeln und einem langen, rundum gelungenen Exkursionstag Steine das Seebachtal hinauf. Unterwegs erklärte Pörtschach. Walther Pucher, immer begleitet von den Rufen der Christian Marti Tannenmeisen und gelegentlich eines Schwarzspecht, die Stationen eines Naturlehrpfades und interessierte Mallnitz – Seebachtal (Nationalpark Hohe Zuhörer erfuhren, was es mit Stelzwurzeln, dem be- Tauern) tenden Wald und dem „Kühlschrank“ auf sich hat. Als eine sehr hohe Gesangsstrophe in der Nähe zu hören Leitung: Remo Probst, Kurt Buschenreiter & Wal- war, stellte sich jedoch schnell heraus, dass nicht ein ter Pucher nahes Haselhuhn, sondern ein Teilnehmer der Exkur- In der Vorankündigung der Exkursion im Programm- sion der Ursprung war. heft war zu lesen, dass mit viel Glück Bartgeier beob­ achtet werden können. Was das betrift, erfüllte die Exkursion ins Seebachtal im Nationalpark Hohe Tau- ern die hochgesteckten Erwartungen, aber alles der Reihe nach. Pünktlich um 7 Uhr wurden wir im Bus in Pört- schach von Remo Probst und Kurt Buschenreiter von BirdLife Kärnten begrüßt. Dann ging die Fahrt los, aus dem Klagenfurter Becken entlang der Drau auf- wärts in Richtung Hohe Tauern. Unterwegs wurde uns durch die Exkursionsleiter viel Interessantes zur durch- fahrenen Gegend vermittelt. Wir erfuhren, dass die Reise durch das größte inneralpine Becken ging, in dem es zu hohen Konzentrationen von Greifvögeln während des Zuges kommt. Dies sind vor allem Wes- penbussarde, aber auch Raritäten wie Schlangen- und Walter Pucher gibt eine Einführung in die Geschichte des Zwergadler können gelegentlich gesehen werden. Wir Nationalparkes. Links Reiseleiter Kurt Buschenreiter. warfen von der Ferne einen Blick auf die Karnischen Foto: V. Salewski 282 Deutsche Ornithologen-Gesellschaft

Da der Weg auf der Schattenseite des Tales entlang schließend ging es, jetzt auch wirklich in strahlendem führte, waren die Temperaturen trotz des sonnigen Sonnenschein, den Seebach entlang zurück nach Mall- Wetters niedriger als erwartet. Dies war jedoch sofort nitz. Unterwegs gab es am Bach immer wieder Was- vergessen, als nach ca. dreiviertel der Wegstrecke der seramseln zu sehen und die beiden Bartgeier waren Ruf „Bartgeier“ ertönte. Am strahlend blauen Himmel wieder unsere Begleiter auf einem Stück des Weges. konnten auf der gegenüberliegenden Seite des Tales Nach dem Abschied von Herrn Pucher machten wir zwei kreisende Bartgeier beobachtet werden, die sich uns auf den Rückweg nach Pörtschach, wo wir nach nach den Angaben unserer Führer schon eine Weile einem ereignisreichen Tag um 16:30 Uhr wieder ein- im Gebiet aufhielten. Bei einem der Vögel hoben sich trafen. deutlich zwei weiße Handschwingen des rechten Flü- Volker Salewski

Obere Drau bei Spittal Leitung: Werner Petutschnig Die Drau durchfließt von Westen nach Osten ganz Kärnten. Von ihren 270 km werden heute rund 210 km intensiv mit Staustufen für Kraftwerke genutzt. Durch eine Bürgerinitiative wurde verhindert, dass der restliche Flussabschnitt, die Obere Drau, auch noch industriell genutzt wurde. Dadurch besitzt er noch Altarmreste und ausgedehnte Grauerlen-Auwälder, die aufgrund ihrer Größe, ihrer pflanzensoziologischen Ausprägung und ihres Strukturreichtums internatio- nale Bedeutung haben. Aus diesem Grunde wurde die Obere Drau zwischen Spittal und Oberdrauburg zum Blick ins Seebachtal. Foto: V. Salewski „Natura 2000-Gebiet“ ausgerufen. Da der Flusslauf jedoch auch reguliert und die Ufer befestigt worden sind, vertiefte sich Jahr für Jahr das gels von den sonst dunklen Federn ab. Diese Markie- Flussbett, bis es so tief war, dass die Augewässer trocken rung wies den Geier als ein im letzten Jahr bei Salzburg fielen und verlandeten. Noch vor hundert Jahren be- ausgesetzten Jungvogel aus. Nachdem sich alle satt herrschte der Fluss mit seinen jährlichen Sommer-Hoch- gesehen und den Weg vorgesetzt hatten, kam es nach wässern uneingeschränkt die Aulandschaft im Oberen wenigen Minuten zum zweiten Höhepunkt der Exkur- Drautal. Der Lauf des frei fließenden Flusses änderte sich sion. Zuerst wurde ein Steinadler entdeckt, der, eben- ständig durch die ungebändigte Hochwasserdynamik. falls auf der gegenüberliegenden Talseite, den für die Ein weit verzweigtes Fluss- und Augewässersystem, große Art typischen Girlandenflüge vorführte. Wenig später Schotterflächen, Weidenbuschwälder, Grauerlenauen, gesellte sich ein zweiter Adler hinzu und beide konn- ausgedehnte Hutweiden und Feuchtwiesen prägten den ten dicht beieinander kreisend ausgiebig beobachtet Talboden, auf welchem zu dieser Zeit nur extensive Be- werden. Der Adlertag war perfekt, als über einem be- wirtschaftungsformen möglich waren. nachbarten Gipfel vier weitere Steinadler entdeckt wurden, wohl ein Paar mit seinen beiden diesjährigen flüggen Jungen. Sechs Steinadler gleichzeitig hatte selbst unserer erfahrener Exkursionsleiter Kurt Bu- schenreiter noch nie gesehen. Zu erwähnen sei noch, dass nebenbei auch ein Kolkrabe sowie ein von einem Sperber attackierter vorbeifliegender Wanderfalke die Beobachtungen perfekt abrundeten. Nachdem vor der Felswand, an der in diesem Jahr junge Bartgeier im Seebachtal ausgesetzt wurden, auch noch Felsenschwalben beobachtet werden konnten, erreichten alle zufrieden die 1338 m hoch gelegene Schwussner Hütte, die freundlicherweise extra wegen unserer Exkursion noch einmal geöffnet hatte. Bei einem heimelig knisternden Kaminfeuer, diversen Getränken und lokalen Speisen ließen sich die Ereig- Neugebildete Schotterbank im Drautal mit Bewuchs der Deutschen nisse des Vormittags noch einmal besprechen. An- Tamariske. Foto: H. Oberg Vogelwarte 47 (2009) 283

Durch das LIFE-Programm der EU wurden Gelder zur Verfügung gestellt, die helfen sollten, einen Teil der Oberen Drau wieder zu renaturieren. Inzwischen sind ungefähr 10 km rückgebaut worden. Unsere Exkursion, unter der ausgezeichneten Füh- rung von Werner Petutschnig, sollte uns verschiedene Stufen der Renaturierung zeigen. Wir fingen mit einem Flussabschnitt bei Kleblach an, der schon vor 10 Jah- ren aufgeweitet wurde und dessen Seitenarm ausge- baggert wurde. Alle 500 m sind Gewässertümpel links und rechts angelegt. Es haben sich schon wieder große Schotterflächen gebildet, auf denen Flußregenpfeifer brüten, und Steilwände, in denen Eisvögel ihre Brut- höhlen anlegen. Im Winter sammeln sich an die 300 Wasseramseln in diesem Gebiet. Zwergrohrkolben, die nur auf neu angeschwemmten Landflächen wachsen, Exkursionsteilnehmer auf der Aussichtplattform über der Roten waren ausgestorben und wurden wieder neu ange- Wand, Dobratsch. Foto: F.D. Steinheimer pflanzt. Sie vermehren sich jetzt schon wieder selbst- ständig, wie auch die Deutsche Tamariske. Deren Flora der Schütt. Einige wenige Meter unterhalb des große Bestände konnten wir bei unserem 2. Besichti- Aussichtspunkts befand sich in diesem Sommer, wie gungshalt in der Lendorfer Au bei Rosenheim bewun- schon in den Jahren zuvor, der Brutplatz des Steinrötels, dern. Sie sind Erstbesiedler auf Schotterflächen und einige hundert Meter tiefer die der Zippammern. Wäh- brauchen viel Licht und Sonne. Wenn später die Pur- rend noch eine reelle Chancen auf die Sichtung der pur-, Mandel- und Silberweiden hoch wachsen, ist es Zippammer am unteren Ende der Schütt bestanden zu schattig und sie verschwinden, wachsen dann wie- hätte, so war der Steinrötel zur Exkursionszeit schon der auf den inzwischen neu entstandenen Kiesbänken; auf dem Weg ins Winterquartier. Unser Exkursionslei- ein natürlicher Rhythmus bei ungestörten Flüssen. Der ter Siegfried Wagner gerät aber auch auf der Wald um- letzte Besichtigungspunkt zeigte uns eine frische Bau- säumten Straße zur nächsten Station ins Schwärmen, stelle bei Unteramlach, auf der riesige Baumaschinen wenn er von seinen Kartierungen sprach: Sperlingskäu- 6.000 m³ Erdmaterial bewegten. Um der Flussvertie- ze riefen hier am Rande der Straße, ein Auerhahn bäum- fung entgegenzuwirken, wurde der Innenbogen um te sich da einmal auf, und am oberen Parkplatz balzten 20 m erweitert und ein 800 m langer Seitenarm ange- jeden Frühling die Birkhähne (wir fanden später nur legt sowie einige Stillgewässer ausgebaggert. Dazu frische Losung). mussten 100 ha Ackerfläche aufgekauft werden. Uns Den zweiten Busstopp auf der mautpflichtigen Straße wurde erschreckend klar, was für ein immenser Ar- des Dobratschs legten wir an der Roten Wand auf ca. beits- und finanzieller Aufwand (500.000 € allein die 1400 Metern ein. Dieser grandios ausgebaute Aussichts- Erdarbeiten) nötig ist, um einem kleinen Stück Natur keil über der felsigen Abbruchkante der Schütt, weit wieder ihre ursprüngliche Wirkung zu ermöglichen. hinausragend in den Luftraum, bot uns einen senkrech- Heidrun Oberg ten Blick nach unten von mehreren hundert Metern.

Dobratsch (Villacher Alpe) Leitung: Siegfried Wagner & Werner Sturm Unsere Exkursion führte unmittelbar in die Nachbar- schaft des Klagenfurter (und Villacher) Beckens, auf den Dobratsch, einen isoliert stehenden Kalksteinblock mit 2166 Metern Höhe. Der Südhang ist gekennzeichnet von einem enormen Hangrutsch, der so genannten Schütt, die durch ein Erdbeben von 1348 ausgelöst wor- den war. Diesem Hang galt unser erster Stopp. Auf 1040 Metern konnten die Exkursionsteilnehmer von der Ab- bruchkante aus hinunter ins Gailtal blicken, mit seinen Schotterinseln im Fluss, den angrenzenden Gladiolen- wiesen und hinüber auf die Karawanken. Trotz kalten Anstehen für den Steinadler: Albrecht Frenzel, Petra Bernardy, Windes strahlte der Berg hier seinen ganzen mediter- Svenja Sammler, Kathrin und Ommo Hüppop, Niklaus Zbinden ranen Charakter aus, widergespiegelt in der Fauna und und Siegfried Wagner. Foto: F.D. Steinheimer 284 Deutsche Ornithologen-Gesellschaft

Wir fühlten uns hier fast selbst wie Wanderfalke und Co. Ob diese und andere Vögel unter dem neuen Men- schenansturm an die Felskante leiden würden, wäre nicht festgestellt worden, so Wagner, was wir auf Grund der riesigen Flächen an Fels sofort verstanden: es gibt hier, anders als sonst wo, Ausweichmöglichkeiten ohne Ende für felsbrütende Arten. Die Rote Wand erfüllte uns innerhalb von 45 Minuten auch fast alle unserer frühmorgendlichen Ornithologen-Wünsche: Alpen- dohlen ließen ihre metallernen Rufe erklingen, das tiefe „Groh“ des Kolkraben kam hinzu, weit unter uns, erst ganz klein, dann aber auch um unsere Köpfe herum, huschten die Felsenschwalben. Man guckte weiter in die Tiefen, und endlich kam der Schrei, den sich man- cher schon zuvor erhofft hätte: „ein Mauerläufer“. Sven- ja Sammler hatte ein auf uns zu fliegendes Individuum Der Exkursionsleiter Siegfried Wagner füttert eine Alpendohle für entdeckt. Für einige war es der erste Mauerläufer über- ein Foto von Albrecht Frenzel an. Foto: F.D. Steinheimer haupt, ein echter Orni-Kick, oder Tick. Nur Arne He- gemann muss für seine Lebensliste auf einen Selten- heitsgast am roten Sandstein von Helgoland hoffen..., wie Niklaus Zbinden, den Flugruf des Zitronenzeisigs wir hoffen mit ihm, denn diesen mausgrauen-rubinro- zu erhaschen bzw. zu erkennen, Fränzi Korner- ten, schmetterlingshaften Bergbewohner sähen wir Nievergelt und der Autor sahen später immerhin zwei gerne bald einmal wieder. Schon fast beim Abmarsch der Zitronenzeisige über die Köpfe fliegen. Wir ra- wurden dann auch noch zwei sitzende Steinadler ge- steten bei nun angenehmen Temperaturen wiederum funden. Für den Seeadler verwöhnten Norddeutschen an der Südflanke des Bergs, aber es kamen kaum neue Ommo Hüppop dennoch ein wenig enttäuschend: sie Vogelarten hinzu. Dafür zeigten sich 15 Gemsen rela- seien ein bisschen klein geraten, was wohl vor allem an tiv nah. Später bewegte sich unsere Gruppe langsam der großen Distanz gelegen habe. bergaufwärts, bis wir gegen Mittag auch in das nörd- Auf der nur noch mit einzelnen Bäumen bestan- liche Bleiberger Hochtal blicken konnten. Ein kräftiger, denen, sehr karst- und dolinenreichen Hochalm stie- eiskalter Wind wehte hier oben über den Bergkamm. ßen wir auf die typischen alpinen Vertreter: Bergpie- Einige wenige Fitte unter uns, namentlich Albrecht per, Hausrotschwanz, Alpenbraunelle (nur von Max Frenzel, Kathrin & Ommo Hüppop, Susann Janowski Dumpelnik gesehen). Nur wenige hatten das Glück und Fränzi Korner-Nievergelt, stürmten sogar den leicht eingewölkten Gipfel des Dobratschs – allerdings ohne nennenswerte ornithologische Beobachtungen hinzufügen zu können –, einige kehrten lieber länger ein, suchten weiter nach Zitronenzeisigen oder füt- terten die Alpendohlen, manch einer schaffte sogar alles. Am Ende zählten wir 32 Vogelarten, im Vergleich zu den Spitzenreitern des BirdRace eher wenig, aber für uns, die meisten davon Flachländer, dennoch er- füllend mit einigen sehr spannenden alpinen Arten. Gelernt haben wir von Siegfried Wagner zudem, dass wir wiederkommen müssen: einmal im Frühling für die Raufußhühner, dann im Sommer für den Ziegen- melker, Steinrötel und die Zippammer und einmal mit ein wenig mehr Zeit frühmorgens und am späten Nachmittag für den Sperlingskauz. Der Dobratsch hat also seine Reize und bietet auf bequemen Weg eine Die Exkursionsgruppe auf dem Hochplateau. Vogelwelt, die ihres gleichen sucht. Foto: F. Steinheimer Frank D. Steinheimer Vogelwarte 47 (2009) 285

Mitgliederversammlung der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft e.V.

Die Mitgliederversammlung fand entsprechend der Vogelschutz Ala feierte in diesem Jahr ihr 100-jähriges Einladung am Samstag, dem 3. Oktober 2009 ab 15:30 Jubiläum. Die DO-G hat dazu herzlich gratuliert. Lei- Uhr im Großen Saal des Congress Center in Pört- der war der Vorstand verhindert, an der Festveranstal- schach statt. Zu Beginn der Versammlung hatten sich tung teilzunehmen. Unser Ehrenmitglied Dr. Einhard 96 Mitglieder in die Anwesenheitslisten eingetragen. Bezzel überbrachte jedoch dankenswerterweise Gruß- worte unserer Gesellschaft und hielt auch einen Vor- Begrüßung und Feststellung der Beschluss­ trag. Franz Bairlein beglückwünschte die Ala noch fähigkeit einmal herzlich zu ihrem Jubiläum. Dr. Gilberto Pasi- Der Präsident der DO-G, Prof. Dr. Franz Bairlein, be- nelli, Beiratsmitglied der DO-G, wurde als neuer Prä- grüßte die Teilnehmer der Versammlung und beson- sident der Ala gewählt, auch dazu herzlichen Glück- ders die Ehrenmitglieder. Vom Vorstand fehlte die wunsch (Beifall). Eine Geldspende der DO-G an die Vizepräsidentin Frau Dr. Renate van den Elzen ent- Ala wurde unter anderem für die Organisation der schuldigt, die alle Teilnehmer der Versammlung herz- EOU-Tagung verwendet, die anlässlich des Jubiläums lich grüßte. Grußworte übermittelten ebenso die nicht stattfand. Diese Tagung, an der die DO-G auch mit anwesenden Ehrenmitglieder Prof. Dr. Urs N. Glutz einem eigenen Stand vertreten war, war ein großer von Blotzheim, Prof. Dr. Walter Bock, Hans Hudde Erfolg, wofür herzlich zu danken ist. und Wolfgang Stauber. Der Verein Sächsischer Ornithologen hat seine Die Einladung erfolgte fristgerecht und satzungsge- Satzung dahingehend geändert, dass im Falle der Ver- mäß, so dass die Versammlung beschlussfähig war. Der einsauflösung das Vermögen an die DO-G gehen soll. Präsident machte darauf aufmerksam, dass die Veran- Herr Bairlein begrüßte das, brachte aber gleichzeitig staltung für Gäste offen ist, jedoch nur Mitglieder der die Hoffnung zum Ausdruck, dass dieser Fall nie ein- Gesellschaft an den Wahlen und Abstimmungen teil- tritt. nehmen dürfen. Besonders erfreulich ist, dass noch in diesem Jahr im Oktober eine Fortbildungsveranstaltung über Ha- Genehmigung der Tagesordnung bitatanalyse und Habitatmodellierung (Thomas Gott- Die Tagesordnung wurde ohne Änderungswünsche schalk und Ortwin Elle) sowie eine Nachwuchstagung einstimmig angenommen. Ornithologie (Barbara Helm und Gilberto Pasinelli) realisiert werden. Solche Weiterbildungsveranstal- Bericht des Präsidenten tungen sind außerordentlich wichtig, um junge Mit- Als erstes hatte der Präsident die traurige Mitteilung glieder zu generieren. Der Präsident dankte den Bei- zu machen, dass unser Ehrenmitglied Prof. Dr. Klaus ratsmitgliedern für ihr Engagement und brachte die Schmidt-Koenig im Februar nach schwerer Erkran- Hoffnung zum Ausdruck, dass künftig möglichst 2-3 kung verstorben ist. Er war über viele Jahre in den derartige Nachwuchsfortbildungen pro Jahr stattfin- Gremien der DO-G aktiv, zunächst als Beiratsmitglied, den werden. dann als Vizepräsident und schließlich als Präsident. Im Rahmen des ADEBAR-Projektes bekommt die Außerdem hat er der DO-G ihr farbiges Logo, das DO-G die Bildpatenschaft für das Blaukehlchen. Blaukehlchen, beschert und den Ornithologenpreis Die Initiative zur Erstellung einer Roten Liste der gestiftet. Unsere Gesellschaft hat ihm für seine Arbeit Gastvögel wird von der DO-G finanziell unterstützt. und seine Verdienste sehr zu danken. Der Präsident wies darauf hin, dass es nicht einfach Erfreulicherweise steht die neue Homepage der DO-G ist, gerade für Gastvögel eine solche Liste zu erstellen nun im Netz. Sie wurde von Franz Bairlein kurz vorge- und wünschte dem Projekt viel Erfolg. stellt. Er dankte dem Geschäftsführer Ralf Aumüller, Die Finanzsituation unserer Gesellschaft erlaubt es, der hier mit großem Engagement gearbeitet hat. Dank im kommenden Jahr den Wiehe- und den Sunkel-Preis ging aber auch an seinen Sohn Christian Bairlein, der zu vergeben. Eine entsprechende Ankündigung wird vor 8 Jahren die erste Internetseite gestaltet und ehren- auch in der „Vogelwarte“ veröffentlicht. An die Mit- amtlich die Homepage geführt hat (Beifall). glieder der Gesellschaft geht die herzliche Bitte, Vor- An die DO-G-Mitglieder ging der Wunsch, zur schläge für Preisträger unter Beachtung der Richtlinien Homepage konstruktive Optimierungsvorschläge und aus den Satzungen einzubringen. Änderungswünsche zu machen, verbunden mit der Bitte, E-Mailadressen der Mitglieder für schnelle Kon- Bericht des Generalsekretärs taktaufnahme und Information mitzuteilen. Der Generalsekretär Dr. Wolfgang Fiedler verlas zu Die Schweizerische Gesellschaft für Vogelkunde und Beginn seines Berichtes im Namen der seit der letzten 286 Deutsche Ornithologen-Gesellschaft

Jahresversammlung verstorbenen DO-G Mitglieder: Das ist eventuell noch nicht optimal, lief jedoch bis Ernst Birrer, Mellikon (Schweiz); Helmut Fraunholz, auf Ausnahmen am Anfang recht gut. Markredwitz; Dr. Derek Goodwin, Petts Wood (Groß- Insgesamt ist erkennbar, dass die Teilnahme an den britannien, korrespondierendes Mitglied); Gerhard Tagungen eher abnimmt, was sowohl die Beiträge als Husemann, Gütersloh; Helmut Klauda, Karlsbad; Paul auch die Teilnehmerzahl betrifft. Als zweiter Trend Laakmann, Wesel; Kurt Lambert, Rostock; Karl Mi- zeichnen sich die kurzfristige Entscheidung zur Ta- lenz, Greifswald; Prof. Dr. Günther Osche, Freiburg; gungsteilnahme trotz Spätbucherzulage sowie eine Heinz Ritter, Sorsum; Prof. Dr. Klaus Schmidt-Koenig, teilweise nur tageweise Teilnahme ab. Tagestickets er- Oberkirch (Ehrenmitglied); Dieter Scholl, Heikendorf; fordern jedoch einen organisatorisch hohen Aufwand Dr. David W. Snow, Bucks (Großbritannien, Ehren- und sind für die Planung sehr schwierig. Die Trends mitglied); Werner Steinigeweg, Lehrte. Die Teilnehmer lassen sich aber wahrscheinlich nicht aufhalten und der Mitgliederversammlung erhoben sich zum eh- werden zur Herausforderung für künftige Veranstalter. renden Gedenken an die Verstorbenen. Zum Abschluss stellte der Generalsekretär die Ergeb- Die Vorbereitung der diesjährigen Tagung war ins- nisse der Fragebogenaktion von der DO-G Jahresver- besondere wegen schleppender Anmeldungen für Vor- sammlung in Bremen im vergangenen Jahr vor. träge als auch zur Tagungsteilnahme schwieriger als sonst. Mit insgesamt 85 Beiträgen, davon 60 Vorträgen, Bericht des Schatzmeisters ist die Tagung damit auch ca. um 1/3 kleiner als üblich Mitgliederbewegung und es fanden fast keine Parallelveranstaltungen statt. Der Schatzmeister Joachim Seitz berichtet zu Beginn Das ist jedoch nicht von Schaden, da es trotzdem eine wie gewohnt über die Mitgliederbewegung in der schöne Tagung in fast familiärer Atmosphäre wurde. DO-G. Zum Ende des Jahres 2008 hatte die Gesell- Einziges Problem sind die Finanzen, da sich etwa 100 schaft 1868 Mitglieder, davon 1569 Ordentliche und Teilnehmer weniger anmeldeten als erwartet. Die loka- 83 Außerordentliche sowie 52 Korrespondierende und le Tagungsvorbereitung lief nicht nur sehr gut, sondern Ehrenmitglieder. Das sind insgesamt 26 weniger als sehr professionell und angenehm. Der Generalsekretär am Jahresende 2007. Der Mitgliederschwund der ver- dankte dafür den lokalen Organisatoren ganz herzlich. gangenen Jahre konnte damit nachhaltig gebremst Sein Dank ging ebenso an den Beirat, der viel für die werden, denn bereits zum Ende des Jahres 2007 waren Tagungen hinter den Kulissen agiert, unter anderen für es nur 20 weniger als im Vorjahr. Auch die Zahl der die diversen Wettbewerbe (Beifall). Austritte aus der DO-G seit der letzten Tagung ist mit Die im Vorjahr erprobten Blockvorträge mit Ge- 71 gegenüber 81 im vorangegangenen Zeitraum etwas samtdiskussion kamen nicht gut an, so dass das in geringer. Dafür nahm leider auch die Zahl der Neu- diesem Jahr wieder geändert wurde. Die Vortragszeit eintritte von 72 auf 43 ab, wobei aktuelle Neueintritte wurde dafür auf 15 Minuten fixiert und es standen ab Mitte September noch nicht berücksichtigt sind. jeweils 5 Minuten für die Diskussion zur Verfügung. Wichtigstes Ziel für die Zukunft ist, dass die Mitglie-

Jahresabschluss 2008

Erträge Euro Aufwendungen Euro Auflösung von Rückstellungen 62.242,59 Journal of Ornithology 65.943,61 Mitgliedsbeiträge 113.156,96 Vogelwarte 48.696,42 Spenden und Förderungen 17.010,00 Forschungsförderung 11.331,00 Kostenerstattungen 22.780,37 Preise & Publikationsförderung 12.835,09 Erträge aus freiem Kapital 12.662,03 Tagungen, Arbeitskreise 12.043,34 Erträge aus Kapitalfonds 8.436,32 Personalkosten 21.410,93 Erträge Zeitschriftenverkauf 69.336,58 Allgemeine Verwaltungskosten 18.760,86 Steueraufwand 28.123,33 Abschreibungen u.ä. 27.880,96 IOC-Proceedings 25.021,00 Summe Erträge 306.624,85 Summe Aufwendungen 272.046,45 Jahresüberschuss 34.587,31 Vogelwarte 47 (2009) 287 derzahl wieder in positive Richtung geht. Dabei sollten vom Schatzmeister erzielte Fördersumme von 9.000,- € die Erwartungen jedoch nicht zu hoch angesetzt wer- möglich. Hohe Erträge wurden aus dem Zeitschriften- den, da auch die finanzielle Situation der Mitglieder verkauf, einschließlich Restzahlung aus 2006, erzielt. zu berücksichtigen ist, die verstärkt auch Privatinsol- Die gute Zusammenarbeit des Präsidenten mit dem venzen zur Folge haben kann. Erfreulicherweise zeigt Springer Verlag führte unter anderem zu dieser guten die neue Homepage bereits erste positive Auswir- Bilanz. Bei den Aufwendungen sind andererseits die kungen durch zunehmende Anmeldungen über das Kosten für die Zeitschriften, die für unsere Gesellschaft Internet, die in den vorgestellten Zahlen noch nicht aber auch besonders wichtig sind, am höchsten. Vor enthalten sind. allem ist die Vogelwarte unverhältnismäßig teuer. Eine Kostenreduzierung wird durch die Änderung der Dru- Geldanlagen ckerei für die Vogelwarte angestrebt. Die Entwicklung auf den Finanzmärkten war in der Insgesamt konnte ein Jahresüberschuss von Vergangenheit außerordentlich turbulent, so dass es 34.578,31 € vor Rücklagenzuweisung erzielt werden, sehr schwierig war, eine gute Kapitalstruktur für die mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr. DO-G zu schaffen. Die Zinsen befanden und befinden sich auf sehr niedrigem Niveau. Deshalb sind gute Ausblick Erträge bei entsprechender Sicherheit schwer zu er- Auch für 2009 sieht bisher alles so aus, dass wieder ein zielen. Der Schatzmeister konnte jedoch mitteilen, dass gutes Ergebnis zu erwarten ist. Die Kapitalerwartungen trotz Finanzkrise alle Gelder unserer Gesellschaft ohne müssen allerdings reduziert werden. Bei einer hohen größere Verluste erhalten blieben. Das war nur da- Sicherheit, die angestrebt ist, werden Erträge aus Geld- durch möglich, dass die Anlagestruktur sehr variabel anlagen voraussichtlich weiter sinken. Die Höhe der gestaltet wurde. Trotz Kursverlusten bei einigen An- Ertragssteuerpflicht ist zur Zeit nur grob abschätzbar, lagen konnte so eine positive Performance über das da sie davon abhängt, was an Kosten vom Finanzamt gesamte Anlagespektrum erzielt werden. Die Hoffnung wirklich angerechnet wird. auf höhere Erträge ist jedoch nicht erfüllbar gewesen. Als wichtigste Aufgaben für die zukünftige Arbeit Auch in der Zukunft wird das Anlagegeschäft wegen sah der Schatzmeister die Intensivierung der Mitglie- der andauernden Turbulenzen an den Finanzmärkten derwerbung, eine weitere Professionalisierung der sehr schwierig sein. Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere im Internet, sowie den weiteren Ausbau des Mitgliederservice über die Bilanz zum 31.12.2008 Geschäftsstelle. Die Zahlen des Anlage- und Umlaufvermögens der Der Präsident dankte dem Schatzmeister Joachim Gesellschaft (Aktiva und Passiva) wurden vom Schatz- Seitz für seine sehr gute Arbeit und insbesondere da- meister in einer Übersicht vorgestellt und erläutert. für, dass er unter den besonderen Bedingungen am Das Gesamtvermögen unserer Gesellschaft lag zum Geldmarkt das Vermögen unserer Gesellschaft nicht 31.12.2008 bei 613.112,02 €, wobei besonders her- nur bewahrt, sondern noch vermehrt hat. Sein Dank vorzuheben ist, dass es keine Verbindlichkeiten gibt. ging auch an Ralf Aumüller, der die Mitgliederbewe- Die Rücklagen sind gegenüber dem Vorjahr sogar et- gung verwaltete. Die Ausführungen des Schatzmeisters was gestiegen. Darin enthalten sind die Fonds für wurden zur Diskussion gestellt. Preise und freie Rücklagen. Die Rückstellungen haben Prof. H.-H. Bergmann wünschte sich, dass mehr sich im Vergleich zum Vorjahr reduziert, da unter an- Werbung für die DO-G auf relevanten Veranstaltungen derem alle Verbindlichkeiten vom IOC erledigt sind. gemacht wird. Der Präsident wies darauf hin, dass es Höhere Rückstellungen für die Zeitschrift Vogelwarte professionelle Ausstellungsmodule gibt, die an Veran- ergaben sich wegen später Rechnungsstellung. Wegen staltungen mit entsprechender Thematik gehen kön- der günstigen Finanzsituation mit dem Springer Ver- nen. Außerdem können jederzeit auch Faltblätter lag wurden Rücklagen in Höhe von 15.000,- € für die angefordert werden, um sie bei Tagungen und anderen zu erwartende Gewerbe- und Kapitalertragssteuer ge- Veranstaltungen zu präsentieren. bildet, da erstmals 2008 der Freibetrag für die Ertrags- Prof. R. Prinzinger meinte, dass ein Steuerberater steuern von 35.000,- € überschritten wurde. billiger zu haben sein müsste als für 4.000,- €. Präsident und Schatzmeister erklärten dazu, dass Gewinn/Verlustrechnung hier keinesfalls leichtfertig gehandelt und Geld leicht- Die zusammengefasste Gewinn- und Verlustrechnung fertig ausgegeben wird. Es wurde nicht nur eine ein- wurde vom Schatzmeister vorgestellt (siehe Tabelle) fache Steuererklärung erstellt, sondern ein umfang- und erläutert. Größter Ertragsposten, wenn auch ge- reicher Bericht mit Bewertung der Kapitalanlagen ringfügig niedriger als im Vorjahr, sind die Mitglieds- sowie der Umsatzsteuererklärung. Außerdem werden beiträge. Die Abrechnung der 141. Jahresversammlung laufende Beratungen vom Steuerbüro in Anspruch in Bremen wurde mit finanziellem Vorteil von rund genommen, unter anderem zur Auflösung der alten 5.000 € abgeschlossen. Das war vor allem durch die Gesellschaft D.O.G., die keine zusätzlichen Kosten 288 Deutsche Ornithologen-Gesellschaft verursachen. Dennoch wird der Sparkurs im Auge be- wählen. Die Einladung zur Wahl erfolgte fristgerecht halten. uns satzungsgemäß gemeinsam mit der Einladung zur Auf die Anfrage, warum Mitglieder aus der DO-G Mitgliederversammlung. austreten, erläuterte Herr Aumüller, dass Altersgrün- Die Wahl der Kassenprüfer erfolgte offen per Hand- de und vermutlich wirtschaftliche Gründe die größte zeichen. Für den nicht wieder kandidierenden Daniel Rolle spielen. Meist werden die wirklichen Ursachen Doer wurde Herr Herwig Zang als neuer Kassenprüfer aber verklausuliert und sind nicht ersichtlich. Herr vorgeschlagen. Sabine Baumann und Herwig Zang Bairlein ergänzte, dass bei finanziellen Problemen ein- wurden bei einer Enthaltung einstimmig zu Kassen- zelner Mitglieder von der Geschäftsstelle im Einzelfall prüfern gewählt. Franz Bairlein dankte den bisherigen Lösungen gesucht werden. Kassenprüfern für ihre geleistete Arbeit. Nach Abschluss der Diskussion stellte der Präsident Als Wahlleiter für die Wahlen zum Vorstand und den Vorschlag des Vorstandes für die Mittelverwen- Beirat wurde Dr. Hans-Ulrich Peter vorgeschlagen und dung des Jahresüberschusses vor: 10.000,- € für den einstimmig von der Versammlung bestätigt. Der Wahl- Forschungsfonds, 5.000,- € für Öffentlichkeitsarbeit leiter erkundigte sich zuerst, ob alle Berechtigten und Werbung sowie bis zu 7 mal jeweils 1.000,- € Bei- Wahlzettel erhalten haben. Er informierte die Mit- hilfe für Diplomanden, Doktoranden u.a. zur Teilnah- glieder darüber, dass die auf den Wahlzetteln angege- me am IOC in Brasilien, wobei sich die Antragsteller benen Kandidaten nur durch einfaches Ankreuzen mit einem Redebeitrag oder Poster am IOC beteiligen gewählt werden können. Das Nichtankreuzen von und mindestens 1 Jahr Mitglied in der DO-G sein Kandidaten bedeutet Stimmenthaltung, Hinzufügen müssen. Die restlichen Mittel sollen in die freien Rück- oder Streichen von Namen oder Bemerkungen auf dem lagen gestellt werden. Wahlzettel machen diesen ungültig. Die Kandidaten Aus den Reihen der Mitgliederversammlung gab es wurden mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Nur auf entsprechende Nachfrage vom Präsidenten keine Mitglieder der DO-G waren wahlberechtigt. Einwände oder Widersprüche zum vorgelegten Jahres- Für die Vorstandsämter kandidierten der bisherige abschluss und der vorgeschlagenen Mittelverwendung. 1. Vizepräsident Prof. Dr. Hans Winkler sowie Dr. Ste- fan Garthe. Bericht zur Kassenprüfung, Entlastung des Auf Wunsch des Beirates waren 3 neue Mitglieder Vorstandes für die satzungsgemäß ausscheidenden Beiräte neu zu Die Kassenprüfer Dr. Sabine Baumann und Dr. Dani- wählen. Es stellten sich 5 Kandidaten zur Wahl, die el Doer konnten beide leider nicht an der Mitglieder- auf dem Wahlzettel in der Reihenfolge des Eingangs versammlung teilnehmen. Der Bericht von D. Doer der Vorschläge aufgelistet waren: Matthias Helb, Arne wurde deshalb von Franz Bairlein verlesen. Die Kas- Hegemann, Wolfgang Mädlow, Swen Renner und senprüfung wurde ordnungsgemäß durchgeführt und Christoph Unger. Der Wahlleiter wies darauf hin, dass alle gewünschten Informationen wurden plausibel der Wahlzettel ungültig ist, wenn mehr als 3 Kandi- gegeben. Die Prüfung ergab keine Beanstandungen, daten angekreuzt werden. Die Abstimmung erfolgte die einer ordnungs- und satzungsgemäßen Verwen- geheim per Wahlzettel. Herr Peter gab das Wahlergeb- dung der Mittel widersprachen. Der vom Steuerbera- nis bekannt. Es wurden jeweils 96 Stimmzettel abge- tungsbüro Ulrich Schwanemann, Bremen, erstellte geben von denen je 95 gültig waren. Die Kandidaten Jahresabschluss wurde von den Mitgliedern einstim- wurden mit folgender Stimmenverteilung gewählt: mig genehmigt. 1. Vizepräsident Hans Winkler 90 Ja und 2. Vizeprä- Herr Prinzinger beantragte die Entlastung des Vor- sident Stefan Garthe 88 Ja. Als neue Beiratsmitglieder standes, die ohne Gegenstimmen bei 5 Enthaltungen wurden mit folgender Stimmenverteilung gewählt: erfolgte. Wolfgang Mädlow 67 Ja, Matthias Helb 57 Ja und Chri- stoph Unger 53 Ja. Die Kandidaten Swen Renner (50 Ja) Wahlen von Vorstandsmitgliedern, Beiräten und und Arne Hegemann (44 Ja) erhielten keine ausrei- Kassenprüfern chende Stimmenzahl. Die gewählten Kandidaten nah- Der Präsident informierte zunächst darüber, dass die men die Wahl an. 2. Vizepräsidentin Frau Dr. Renate van den Elzen aus Der Präsident gratulierte den Gewählten und dank- beruflichen Gründen um Entbindung von ihrem Amt te den ausscheidenden Beiräten für ihre Arbeit, ins- bittet. Er bedankte sich für ihre insgesamt 14-jährige, besondere Oliver Conz, der in den letzten 7 Jahren engagierte und konstruktive Arbeit im Vorstand, u.a. Beiratssprecher war und mit dem der Vorstand kon- von 1990 -1995 als Schriftführerin (Beifall). struktiv zusammen arbeitete. Herr Bairlein informierte Neben dem/der 2. Vizepräsidenten / Vizepräsiden- außerdem darüber, dass Prof. Dr. Thomas Lubjuhn aus tin waren von der Mitgliederversammlung in Pört- beruflichen Gründen seine Beiratsmitgliedschaft und schach auch der/die 1. Vizepräsident / Vizepräsidentin, Funktion als Sprecher der Forschungskommission die Kassenprüfer sowie drei neue Beiratsmitglieder zu niedergelegt hat. Vogelwarte 47 (2009) 289

Bericht der Schriftleiter „Journal of Ornithology“ ornithologische Reihe weltweit, die es gibt. Franz Bair- und „Vogelwarte“ lein gab einen kurzen historischen Rückblick auf die Dr. Christiane Quaisser berichtete für die „Vogelwarte“: bisherigen Herausgeber Jean Cabanis (1853-1893), Der Jahrgang 2008, Band 46 der Vogelwarte hatte einen Anton Reichenow (1894-1921), Erwin Stresemann Umfang von knapp 400 Seiten inklusive 150 Seiten (1922-1961), Günther Niethammer (1956-1970) und Tagungsband, der bei den Mitgliedern wiederum sehr Einhard Bezzel (1971-1997). gut ankam. Insgesamt wurden 19 Originalbeiträge Der Jubiläumsjahrgang ist mit 934 Seiten und 102 eingereicht, von denen 14 bisher erschienen sind. Kei- Beiträgen so umfangreich wie nie zuvor und sprengt ner der eingereichten Beiträge musste abgelehnt wer- damit alles Bisherige. Gegenüber dem vorangegangen den. Thematische Schwerpunkte waren Bestandser- Jahr war das nochmals eine Steigerung um 270 Seiten. fassungen und -veränderungen und Statistik. Als be- Unter den 18 weltweit gelisteten ornithologischen Zeit- sonders umfangreiche Arbeiten erschienen der „Atlas schriften rangiert das Journal auch aktuell wieder auf zur Vogelberingung auf Helgoland“ (Kathrin & Ommo Platz 3. Der Impactfactor ist zwar geringfügig auf 1,456 Hüppop), der mit Teil 5 abgeschlossen wurde und zurückgegangen, was jedoch daran liegt, dass das Ok- „Dokumentation neuer Vogeltaxa“ (Jochen Martens toberheft zu dick war. Es wurde nur in der Anzahl der & Norbert Bahr), die weiter geführt werden. Im ge- Beiträge gezählt, die aber nicht mehr im selben Jahr samten Band konnten leider nur 2 Dissertationen vor- zitiert werden konnten. Für die Zukunft ist es diesbe- gestellt werden, da nicht mehr eingereicht wurde. Das züglich also besser, die ersten Hefte im Jahr umfang- ist extrem wenig, denn es ist kaum vorstellbar, dass in reicher zu machen. Auch bei dem inzwischen als noch Deutschland im letzten Jahr wirklich nur mit 2 orni- wichtiger angesehenen Downloadfaktor hat sich das thologischen Themen promoviert wurde. Hier ging die Journal weiter verbessert und steht ausgezeichnet da. dringende Bitte an alle Mitglieder, besser zuzuarbeiten, Die Zahl der herunter geladenen Volltexte stieg von was auch für die Nachrichten allgemein gilt. Nur das, 300-500 monatlich im Jahr 2005 auf derzeitig 5.000- was an Informationen bei der Redaktion eintrifft, kann 6.000 pro Monat bzw. über 69.000 pro Jahr. Es gibt kein auch gedruckt werden. besseres Kriterium, wie wir als DO-G wahrgenommen Vom Jahrgang 2009, Band 47 sind bisher 270 Seiten werden. Die online-Subskriptionen stiegen ebenfalls erschienen. Als neue Rubriken erschienen 8 Beiträge von 4.400 auf 5.338 in 2008. Alle 150 Jahrgänge des „Spannendes im Journal of Ornithology“ von Verena Journals sind online verfügbar, das ist weltweit einma- Dietrich-Bischoff, die sehr gut sind, sowie Veranstal- lig. Die Mitglieder unserer Gesellschaft haben das Pri- tungshinweise im Nachrichtenteil, die einen schnellen vileg, dass ihnen das alles zur Verfügung steht. Überblick über Termine mit ornithologischen Bezügen Der Manuskripteingang war mit einer erneuten Stei- geben. Zu beiden Rubriken, die fortgesetzt werden sol- gerung um 19 % gegenüber 2007 so erdrückend gut, len, sind Rückmeldungen von den Mitgliedern sehr dass es inzwischen ein arbeitstechnisches Problem erwünscht. Für den Jahrgang 2009 der Vogelwarte wa- bedeutet. Im Jahr 2008 wurden 262 Manuskripte ein- ren insgesamt 9 Gutachter tätig, davon aus dem Beirat gereicht, von denen 253 entschieden sind. Davon wie- der Zeitschrift Hans-Günther Bauer, Tim Coppack, derum wurden 97 (38 %) angenommen. Das Heft 1 Bernd Leisler, Felix Liechti und Joachim Ulbricht sowie des Jahrgangs 151 (2010) ist bereits voll. Auch zukünf- extern Markus Döpfner, Volker Dierschke, Christoph tig werden 4 dickere Hefte jährlich erscheinen und Hermann und Joachim Seitz. Ihnen allen galt, ebenso keine Erweiterungen auf mehr Hefte erfolgen. In den wie Susanne Blomenkamp für das Layout, Ute Kieb für Jahren 2010/2011 sind allerdings 2 Sonderhefte gep- redaktionelle Hilfe, Tim Coppack für die Überarbeitung lant. Es werden Proceedingsbände von der EURING- englischer Texte sowie dem Redaktionsbeirat herzlicher Tagung sowie vom Symposium zum 100. Jubiläum des Dank für ihre Arbeit. Instituts für Vogelforschung Wilhelmshaven sein. Di- Zum Abschluss informierte Frau Quaisser über die ese Sonderhefte werden nicht gedruckt an die DO-G Richtlinien für den Tagungsband 2009, für den die Mitglieder ausgeliefert, stehen ihnen aber online zur Zusammenfassungen der Tagungsbeiträge bis zum 18. Verfügung. Oktober 2009 eingereicht werden müssen. Zum Schluss dankte Franz Bairlein dem gesamten Franz Bairlein dankte Christiane Quaisser und dem Team der am Journal beteiligten Mitarbeiter, insbe- gesamten Team der Vogelwarte für die ausgezeichne- sondere allen Subject Editors, dem gesamten Team te Arbeit. vom Springer-Verlag sowie den Bearbeitern der deut- Dr. Johann Hegelbach dankte für den hervorra- schen Zusammenfassungen. genden Tagungsband, der jetzt auch so schnell er- schien. Bericht der Forschungskommission Prof. Franz Bairlein berichtete für das „Journal of Or- Der bisherige Sprecher der Forschungskommission nithology“: Prof. Dr. Thomas Lubjuhn ließ sich entschuldigen und Mit dem aktuellen Jahrgang 2009 begeht das Journal kann aus beruflichen Gründen dieses Amt nicht mehr sein 150-jähriges Jubiläum und ist damit die längste ausführen. 290 Deutsche Ornithologen-Gesellschaft

Franz Bairlein stellte den Bericht der Forschungs- bei. Für den alljährlichen Jungreferentenwettbewerb kommission vor. Seit der 141. Jahresversammlung übernehmen Beiräte und Ex-Beiräte die nicht einfache wurden 6 Anträge gestellt, von denen die folgenden 3 Aufgabe der Juryarbeit und die Prämierung der Preis- bewilligt wurden: träger. Unterstützung und Zuarbeit erfolgt auch für 1. Herr Hegemann, Groningen: Adaptations to a chan- den Tagungsbericht in der Vogelwarte. Dafür werden ging environment: in search of bottlenecks in the unter anderem Fotos benötigt. Zur Zeit gibt es aber annual cycle of Skylarks (Alauda arvensis) keinen Vereinsfotografen in der DO-G. Es ging deshalb 2. Prof. Dr. Schuphan, Aachen: Populationsgenetische die Bitte an alle Tagungsteilnehmer, entsprechende Untersuchungen an der Zippammer: Genaustausch Fotos einzureichen, um den Bericht auch von dieser zwischen stark fragmentierten Subpopulationen in Seite ansprechend gestalten zu können. Deutschland und angrenzenden Gebieten (3) Weiterbildungsveranstaltungen 3. Dr. Gedeon, Wettin: Untersuchungen zum Areal des Insbesondere auch um neue Mitglieder zu binden, hat Akazienhähers Zavattariornis stresemanni in Süd- der Beirat Weiterbildungsveranstaltungen ins Leben ge- äthiopien. rufen. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten finden in Die Gesamtfördersumme für diese Anträge beträgt diesem Jahr die beiden ersten Veranstaltungen statt: 5.270,- €. Ein weiterer Antrag befindet sich derzeit 1. Von der Projektgruppe Habitatanalyse – Thomas noch in der Begutachtung. Gottschalk, Ortwin Elle & Fränzi Korner-Nievergelt Durch den Tod von Klaus Schmidt-Koenig und das vom 14.-16.10.2009 „GIS-basierte Habitatanalyse Ausscheiden von Thomas Lubjuhn waren neue Kan- und Habitatmodellierung“ an der Universität Trier, didaten für die Forschungskommission nötig. In Ab- Abteilung Biogeographie. Die Veranstaltung, an der stimmung mit dem Beirat wurde die Kommission um DO-G Mitglieder zum Preis von 35,- € wesentlich eine Person erweitert. Neue Mitglieder sind Barbara günstiger teilnehmen können als Nichtmitglieder Helm, Hans-Ulrich Peter und Tim Schmoll, wobei (100,- €), ist erfreulicherweise bereits ausgebucht. Herr Peter das Amt des Sprechers übernehmen wird. 2. Die „1. Nachwuchstagung Ornithologie“ wurde von Barbara Helm und Gilberto Pasinelli organisiert und Bericht der Sprecherin des Beirats findet vom 30.10.-01.11.2009 am Max-Planck-Insti- Die neue Sprecherin des Beirates Frau Dr. Dorit Lie- tut für Ornithologie Seewiesen statt. Für DO-G bers-Helbig stellte zu Beginn ihrer Ausführungen zu- Mitglieder kann dafür ein Reisekostenzuschuss ge- nächst den aktuellen Stand der Mitglieder des Beirates, währt werden. Diese Nachwuchstagung soll auch einschließlich der ausgeschiedenen und auf dieser fortgesetzt werden. Jahresversammlung neu gewählten vor. Als stellver- Für 2010 sind bereits folgende Weiterbildungsveran- tretende Sprecherin wird zukünftig Christiane Quaisser staltungen geplant: fungieren. 1. „Limikolenbestimmung an der Nordsee“ im Früh- Frau Liebers-Helbig erläuterte dann die Aufgaben jahr und Herbst 2010 in der Biologischen Station und Aktivitäten des Beirates: Westerhever Leuchtturm, organisiert von Sabine (1) Zusammenarbeit mit dem Vorstand Baumann & Dorit Liebers-Helbig. Näheres dazu Wichtigste Aufgabe des Beirates ist die Zusammenar- wird auf der Internetseite der DO-G bzw. in der Vo- beit mit dem Vorstand, für die er vor allem eine bera- gelwarte bekannt gegeben. tende Funktion hat. Die Sprecherin des Beirates bzw. 2. „Flugrufe schwieriger Arten“ ist während der 143. ihre Vertreterin nehmen dazu an den Vorstandssit- Jahresversammlung der DO-G auf Helgoland von zungen teil und der Beirat bespricht alle anliegenden Stefan Garthe geplant. Diese Veranstaltung muss noch Probleme in gemeinsamen Sitzungen mit dem Vor- mit den lokalen Organisatoren geprüft und abgespro- stand, die zweimal jährlich stattfinden. Im letzten Jahr chen werden. Über Details wird ebenfalls auf der war der Beirat vor allem zum Internetauftritt der Internet­seite und in der Vogelwarte informiert. DO-G, der erweiterten Nutzung eines E-Mailverteilers Weiterhin hat sich der Beirat vorgenommen, die Zu- sowie bei der textlichen Gestaltung von Petitionen und sammenarbeit mit den Projektgruppen zu verbessern. Resolutionen beratend tätig und unterbreitete diverse Dazu ist für die nächste Jahresversammlung ein Tref- Vorschläge für zukünftige Jahresversammlungen. fen zwischen Beirat, Vorstand und Sprechern der Pro- (2) Vorbereitung der Jahrestagungen jektgruppen geplant. Auch das muss jedoch noch mit Während der Jahrestagungen übernehmen Beiratsmit- den lokalen Organisatoren abgestimmt werden. glieder diverse Sitzungsleitungen (Chairs). Nach einer Zum Abschluss wies Frau Liebers-Helbig darauf hin, Idee von Norbert Schäffer wurde auf Initiative des dass sich die Mitglieder jederzeit mit Wünschen, Ideen, Beirates das Treffen für Ersttagungsteilnehmer, das so Kritik und sonstigem an den Beirat wenden können genannte „Silberrückentreffen“ ins Leben gerufen, das und sollen und dankte dem Vorstand für die gute Zu- während dieser Tagung zum 3. Mal stattfand und vom sammenarbeit. Beirat organisiert wurde. Dieses Treffen wird sehr gut Der Präsident Franz Bairlein dankte ebenso für die angenommen und trägt zum lebendigen Vereinsleben konstruktive Zusammenarbeit mit dem Beirat und Vogelwarte 47 (2009) 291 wies ausdrücklich darauf hin, dass diese gute Zusam- entschuldigt ist und teilte mit, dass ihm keine Anträge menarbeit der Gremien eine vernünftig funktionie- auf Kurzberichte vorlagen. rende, lebendige Gesellschaft ausmacht. Einschließlich der gerade auf dieser Jahresversamm- lung wieder neu aufgelebten Gruppe Tropenornithologie Beschluss über eine Satzungsänderung bestehen zurzeit folgende Projektgruppen der DO-G: Der Präsident wies darauf hin, dass für die vorgeschla- • Gänseökologie – Dr. H. Kruckenberg, Prof. Dr. genen Satzungsänderungen ¾ der abgegebenen Ja/ H.-H. Bergmann Nein-Stimmen nötig sind und Stimmenthaltungen • Spechte – Dr. P. Pechacek nicht dazu zählen. • Rabenvögel – H.-U. Stuiber, Prof. Dr. D. Wallschlä- Er erläuterte, dass der Beirat ursprünglich den ger Wunsch nach einem stimmberechtigten Mitglied, dem • Ornithologie der Polargebiete; Antarktis – Dr. H.-U. Beiratssprecher, im Vorstand geäußert hatte. Das ist Peter; Arktis – C. Zöckler jedoch nicht satzungskonform und damit nicht mög- • Neozoen und Exoten – Dr. H.-G. Bauer, O. Geiter lich, weil der Beiratssprecher nicht von der Mitglie- • Habitatwahl & Habitatnutzung – Dr. T. Gottschalk derversammlung gewählt wird. • Ornithologische Sammlungen – Dr. R. Van den El- Der Satzungstext mit den zu ändernden Passagen zen wurde für alle lesbar projiziert und vom Präsidenten • Vögel der Agrarlandschaft – P. Bernardy, Dr. K. Dzie- verlesen und erläutert. Änderungen zum Text, der im wiaty Tagungsband gedruckt vorlag, wurden mit dem Beirat • Ornithologie der Tropen – Dr. S. Renner abgestimmt. Der Präsident bat die Projektgruppen um aktuelle Die Satzungsänderungen (Nachrichten S. 374) wurden Mitteilungen, worauf die meisten Gruppen darüber per Handzeichen ohne Gegenstimme angenommen. informierten, dass ihre Treffen im Frühjahr 2010 statt- finden sollen und die konkreten Termine rechtzeitig Jahresversammlung 2010 bekannt gegeben werden. Die 143. Jahresversammlung wird vom 29.09.­- 03.10.2010 auf Helgoland stattfinden. Ommo Hüppop Resolutionen stellte in heiterer Weise den Tagungsort vor, der sich Es lag der Wunsch von BirdLife Österreich nach Ver- unter anderem durch 20.000 Brutvögel und einem ei- abschiedung einer Petition für die Rücknahme der Nie- genen Hausberg auszeichnet. Helgoland ist eine Insel derösterreichischen Beutegreiferverordnung vor. Diese mit langer Tradition in der ornithologischen For- Verordnung, die seit letztem Dezember in Kraft ist, lässt schung, ca. 800.000 Vögel wurden hier beringt. Anlass die Bejagung von Mäusebussard und Habicht zu. Be- für die Durchführung der Tagung ist der 100-jährige sonders bemerkenswert und kritikwürdig ist die Argu- Geburtstag des Instituts für Vogelforschung, deshalb mentation, dass die Jagd als Freizeitbeschäftigung eine erfolgte die Einladung an den Gründungsort. Als ein- vernünftige Nutzung von Greifvögeln darstellen soll. ziger Veranstaltungsort steht die Nordseehalle zur Franz Bairlein verlas den Text der Petition (siehe Sei- Verfügung, die jedoch nur über ca. 430 Plätze verfügt. te 376)und schlug die Annahme durch die Mitglieder- Die Übernachtungen der Tagungsteilnehmer machen versammlung vor. Sie wurde per Handzeichen einstim- dagegen keine Probleme, von privaten Unterkünften mig ohne Enthaltungen angenommen. bis zum 4-Sterne Hotel sind etwa 2400 Betten vorhan- den. Der ungewöhnliche Tagungsort macht vor allem Verschiedenes wegen der Schiffsanreise eine veränderte Programm- Herr Prinzinger teilte mit, dass Frau Dr. Roswitha und gestaltung nötig. So wird die Jahresversammlung be- Herr Prof. Dr. Wolfgang Wiltschko in die Royal Society reits am Nachmittag des Anreisetages 29.9. mit einem of Navigation aufgenommen wurden. Plenarvortrag und Vortragssitzungen eröffnet und am Von einem Mitglied kommt der Hinweis nach einer Sonntag, dem 3.10. nachmittags rechtzeitig vor Schiffs- besseren Zeitplanung für den Gesellschaftsabend, da abfahrt mit einem Schlussplenar beendet. Es wird wie der Zeitraum zu kurz sei, um sich nach der Mitglie- hier in Pörtschach wieder keine Parallelsitzungen ge- derversammlung umziehen zu können. ben. Ein eigener Exkursionstag ist nicht sinnvoll, so Der Präsident Prof. Dr. Franz Bairlein dankte zum dass Kurzexkursionen während der Tagung z.B. in Schluss allen Teilnehmern der Mitgliederversammlung Fanggarten, Düne, Ökolabor und Aquarium des AWI und wünschte für den kommenden Tag eine span- angeboten werden. nendes Tagungsprogramm, schönes Wetter für die Exkursionen, eine gute Heimreise und ein Wiederse- Kurzberichte aus den Projektgruppen hen auf Helgoland. Die Sitzung war damit um 17:25 Uhr Franz Bairlein informierte noch einmal darüber, dass beendet. Frau Renate van den Elzen aus beruflichen Gründen Martin Kaiser (Schriftführer der DO-G)

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Inhalt

Bauer A, Sauer-Gürth H, Pürckhauer C, Hoh E, Krüger R & Wink M (Heidelberg): Genetische Analysen der mainfränkischen Wiesenweihen 360 Bauer A, Studer-Thiersch A & Wink M (Heidelberg, Basel/Schweiz, Heidelberg): Isolation von polymorphen Mikrosatelliten bei Flamingos 317 Bauer HG, Woog F (Radolfzell, Stuttgart) Nichtheimische Vogelarten in Deutschland - Ökologie, Brutbiologie und Verhalten 360 Becker J, Tolkmitt D & Nicolai B (Halberstadt, Leipzig): Comeback der Wendehälse – profitieren sie wirklich von der Klimaerwärmung? 346 Bierbaumer M (Klosterneuburg-Weidling): Die Rückkehr des Kaiseradlers - eine Erfolgsgeschichte des europäischen Naturschutzes 359 Bieringer G (Leobersdorf/Österreich): Auswirkungen von Straßenlärm auf die Brutvögel eines Auwaldes 356 Böhm SM, Wells K & Kalko EKV (Ulm): Herbivorie in den Baumkronen: Vögel und Fledermäuse kontrollieren pflanzenfressende Arthropoden und damit den Verlust an Phytomasse 321 Braun M, Czajka C, Wink M (Heidelberg): Gibt es eine Brutplatzkonkurrenz zwischen Star und Halsbandsittich? 361 Dähne J, Kasperek G, Rexhepi J & Dugall B (Frankfurt am Main): Virtuelle Fachbibliothek Biologie – Nachweis ornithologischer Fachliteratur und Internetquellen. 313 Edelbacher K (Wien/Österreich): Altersbestimmung beim Kaiseradler Aquila heliaca 368 Elle O, Twietmeyer S, Lemke H, Engler J & Roderus D (Trier): Gibt es eine spezifisch periphere Arealdynamik? Konzeption und erste Ergebnisse einer Studie an südwestdeutschen Orpheusspöttern Hippolais polyglotta 312 Engler J, Sacher T, Gottschling M, Elle O & Coppack T (Trier, Reichelsheim, Bremen, Zürich/CH) Welche Faktoren begrenzen das Dispersionsverhalten erstjähriger Amseln Turdus merula auf Helgoland? 333 Feigl A, Päckert M & Tietze DT (Dresden): Molekulare Phylogenie der Segler (Gattungen Apus und Tachymarptis) 336 Fink S, Böhm C & Landmann A (Innsbruck/Österreich): Kleingewässer in der Agrarwüste: Bedeutung für Vögel im Tages- und Jahresablauf 369 Fritz J & Dietl J (Mutters, Salzburg/Österreich): Internationaler Artenschutz am Beispiel des Waldrapp Geronticus eremita: Das Projekt Waldrappteam 304 Gattermayr M & Hille SM (Wien/Österreich, St. Andrä-Wördern/Österreich): Evaluierung der Vergrämung von Saatkrähen Corvus frugilegus mit Hilfe von Beizvögeln 319 Gottschalk TK & Spiegel M (Gießen): Liefert Distance Sampling genauere Abundanzwerte? – Ergebnisse aus einer Vergleichsstudie 366 Graf M, Reiter K & Schulze CH (Wien/Österreich): Vorhersage von Effekten der globalen Klimaerwärmung auf die Verbreitung des Schneefinken Montifringilla nivalis in den Ostalpen 337 Günther E (Halberstadt): Spechte und Privatisierung - Ein Beispiel aus dem Harz 342 Hegemann A, de Graaf M, Versteegh M, Matson KD & Tieleman BI (Groningen/Niederlande): Saisonale Muster einer spezifischen Immunreaktion bei der Feldlerche Alauda arvensis 322 294 Wissenschaftliches Programm

Hegemann A, Verhelst B & Trierweiler C (Groningen/Niederlande, Brugge/Belgien): Südwest-Georgien als der bedeutendste Konzentrationspunkt von Greifvögeln während des Herbstzuges in der Westpaläarktis 308 Helb M & Prinzinger R (Frankfurt): Leistungsparameter des Vogelherzens – vergleichende Untersuchungen an Ringeltaube Columba palumbus und Mäusebussard Buteo buteo 329 Hering J, Fuchs E & Brehme St (Limbach-Oberfrohna, Oelsnitz, Berlin): Weißstörche Ciconia ciconia in der Zentralsahara - abseits bekannter Brut- und Rastplätze 309 Herrmann P & James JH (St. Clair/Großbritannien): The ‘inverted copulation’ behaviour of the Two-banded Plover Charadrius falklandicus 317 Holleis A, Böhm C & Landmann A (Innsbruck/Österreich): Treu sein oder nicht? - Partnerwahl und Partnertreue beim Waldrapp Geronticus eremita 316 Hölzinger J & Prinzinger R (Remseck, Frankfurt/Main): Erste experimentelle Gasstoffwechsel-Messungen an Tieren: Die Apparatur des Schweizers Carl Ludwig von Erlach aus dem Jahre 1846 331 Hötker H, Helmecke A, Jeromin H, Melter J & Roodbergen M (Bergenhusen, Osnabrück, Beek-Ubbergen): Wiesenvögel in Not – Rückgangsursachen, ungeklärte Phänomene, Hoffnungsschimmer? 356 Klemun M (Wien/Österreich): Alpen - Blick, kognitive Erschließung und Wissen im 18. Jahrhundert 371 Keller V (Sempach/Schweiz): Der Gänsesäger Mergus merganser in den Alpen und seine Beziehungen zu Europa 300 Kinzelbach, R (Rostock): Die Vögel im Falkenbuch von Kaiser Friedrich II. (1194-1250) 372 Klaus S & Wiesner J (Jena): Sorgenfall Mittelspecht Dendrocopos medius um Jena/Thüringen 345 Komenda-Zehnder S, Liechti F & Jenni L (Sempach/Schweiz): Stellen die Fangergebnisse von Col de Bretolet den effektive Zugablauf in den Schweizer Alpen dar? –Vergleich mit Radardaten 303 Kurz H & Spitzer G (Kefermarkt, Wien/Österreich): Chronoökologische Analysen an fütternden Hausrotschwänzen Phoenicurus ochruros 327 Leyrer J, Shamoun-Baranes J, Bocher P, van Loon E & Piersma T (De Burg/Texel, Amsterdam/Niederlande, La Rochelle/Frankreich, Groningen/Niederlande): Der Wind, der Wind… – Über die Bedeutung von Rückenwind für Langstreckenzieher 307 Lunczer C (Schorndorf): 2500 Jahre Alpenornithologie? 301 Maas B, Dwi Putra D, Waltert M, Clough Y, Tscharntke T & Schulze CH (Göttingen, Palu/Indonesien, Wien/Österreich): Habitatveränderungen in der Waldrandzone des Lore-Lindu-Nationalparks (Zentralsulawesi) über einen Zeitraum von sechs Jahren: keine Auswirkungen auf Vogeldiversität, aber auf endemische Waldarten 350 Manegold A (Frankfurt/Main): Die Bedeutung von Vogelfossilien für paläoökologische Rekonstruktionen am Beispiel der Avifauna von Langebaanweg (Unteres Pliozän, Südafrika) 314 Metzger B, Bairlein F, Becker S & Eickmann M (Wilhelmshaven, Marburg): Transport von Hyalomma-Zecken – den Vektoren von Krim-Kongo Hämorrhagischem Fieber (CCHF) – mit Zugvögeln im Frühjahr nach Mitteleuropa 324 Metzger B & Bairlein F (Wilhelmshaven): „Pharm-Ökologie“ bei Vögeln – Parasiten, Karotine, Nahrungswahl und Immunantwort bei der Gartengrasmücke Sylvia borin 323 Vogelwarte 47 (2009) 295

Michalek K G & Krištín A (Eisenstadt/Österreich, Zvolen/Slowakei): Nahrung von Buntspecht Dendrocopos major, Mittelspecht Dendrocopos medius und Baumläufern Certhia sp. im Wienerwald 343 Negra O, Pedrini P & Spina F (Trento, Ozzano Emilia/Italien): Das ALPEN-Projekt, eine mehrjährige Untersuchung über die Strategien des Herbstzuges der Singvögel durch die Südseite der Alpen 298 Oberdiek N, Dierschke J, Schröder M, Feldt T & Stahl J (Oldenburg, Wilhelmshaven): Greifvögel an der Küste in Bedrängnis? - Kornweihen Circus cyaneus im Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ 362 Pasinelli G, Bühlmann J (Sempach, Zürich/Schweiz): Welche Rolle spielen Ausdehnung, Qualität und Fragmentierung des Habitats für den Bestandsrückgang des Mittelspechts Dendrocopos medius im Kanton Zürich, Schweiz, zwischen 1978 und 2002? 344 Philipp F (Dresden): Lebensweise und Raumnutzung des Nandus Rhea americana ssp. in der Landschaft Nordwestmecklenburgs 332 Prinzinger R & Misovic A (Frankfurt/Main): Altersabhängigkeit von Blutparametern bei der Felsentaube Columba livia 327 Probst R (Feldkirchen/Österreich): Die Ernährung des Mäusebussards Buteo buteo in Offenlandgebieten Kärntens – Erste Ergebnisse 299 Probst R, Malle G, Muraoka Y & Derbuch G (Feldkirchen, Klagenfurt, Wien, Graz/Österreich): Artenschutzprojekt Zwergohreule 2007-2013 369 Psotta L & Schleucher, E. (Frankfurt am Main): Was kommt aufs Tablett? – „Cafeteria“-Experimente zur Nahrungswahl und -ausnutzung beim Rußköpfchen Agapornis nigrigenis 320 Rehnus M, Sorg J-P, Winkler H & Pasinelli G (Zürich/Schweiz, Wien/Österreich, Sempach/Schweiz): Habitatnutzung und Höhlenaktivität des Weissflügelspechts Dendrocopos leucopterus in den Walnuss-Fruchtwäldern Kirgistans 342 Renner SC & Rappole JH (Ulm, Front Royal/USA): Diskussion taxonomischer Änderungsvorschläge des tropischen Asiens 349 Richber J & Schleucher E (Frankfurt am Main): Energiehaushalt und Thermoregulation beim Rußköpfchen Agapornis nigrigenis 334 Riemer S, Frank G & Schulze CH (Wien/Österreich): Bestandsdichten und Habitatnutzung von Spechten im Nationalpark Donauauen (Niederösterreich) 347 Rössler M, Brandstätter L, Laube W & Nemeth E (Hohenau, Wien/Österreich): Vogelanprall an Glasscheiben. Experimentelle Untersuchungen zur Entschärfung unsichtbarer Vogelfallen 357 Rössler M & Schauer C (Wien, Gablitz/Österreich): Flugrichtungen und Intensität des nächtlichen Vogelzuges über den Ostalpen. Moon-Watching Survey 2005-2007 des Netzwerks Nächtlicher Vogelzug Ostalpen 306 Salewski V, Hochachka W & Fiedler W (Radolfzell, Ithaca/USA): Welche klimatischen Parameter beeinflussen die jährliche Rückkehrwahrscheinlichkeit von Singvögeln? 304 Sammler S & Tiedemann R (Potsdam): Struktur des mitochondrialen Genoms zweier philippinischer Hornvogelarten 336 Schrimpf A, Leyrer J, Brugge M, Dekinga A, Piersma T (Den Burg/Texel, Groningen/Niederlande): Rastplatzökologie eines Langstreckenziehers - Habitatnutzung des afro-sibirischen Knutts Calidris canutus canutus im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer zur Zeit des Frühjahrszugs 340 296 Wissenschaftliches Programm

Schröder M, Oberdiek N, Dierschke J, Feldt T & Stahl J (Oldenburg, Wilhelmshaven): Jagdhabitatwahl von Kornweihen Circus cyaneus und Rohrweihen Circus aeruginosus auf den Ostfriesischen Inseln, Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ 363 Schulze CH & Tiefenbach M (Wien/Österreich): Die naturschutzfachliche Bedeutung von Sekundärhabitaten für Waldvögel im Malaiischen Archipel 358 Schütz C & Schulze CH (Wien/Österreich): Sicherungs- und Nahrungsaufnahmeverhalten von Kampfläufern Philomachus pugnax im Seewinkel während des Frühjahrszuges 367 Seifert N & Becker P (Greifswald, Diekholzen): The quest for the (g)rail. Brutvorkommen des Zwergsumpfhuhns Porzana pusilla in NW-Senegal und Gambia (Westafrika) 364 Stanclova G, Scope A, Schwendenwein I, Fritz J, Dittami J & Bairlein F(Wien/Österreich, Wilhelmshaven): Flugphysiologische Untersuchungen an Waldrappen Geronticus eremita während eines „geführten“ Zuges 326 Steiner H & Jiresch W (Piberbach, Wels/Österreich): Langzeitökologie einer Wanderfalken-Population in einer alpinen Landschaft 302 Steiner H (Piberbach/Österreich): Experimentelle Hinweise auf die allgemeingültige Relevanz der „predation risk landscape“ bei der Habitatwahl von Vögeln am Beispiel des Systems Habicht-Sperber-Baumfalke-Kiebitz 311 Stöwe M, Drent P & Möstl E (Wien/Österreich, Heteren/Niederlande): Kohlmeisennestlinge Parus major unterscheiden sich im Glukokortikoidmetabolitenmuster von Adulten 330 Strohmaier B, Zuna-Kratky T & Schulze CH (Wien/Österreich): Wasservögel und Röhrichtbrüter als Bioindikatoren für den Zustand von Augewässern 354 Sumasgutner P, Zuna-Kratky T & Krenn HW (Wien/Österreich): Einflüsse der Waldstruktur auf die Habitatwahl von Greifvögeln in den Marchauen/Niederösterreich 353 Teufelbauer N (Wien/Österreich): Bestandsveränderungen häufiger Vogelarten – das Brutvogel-Monitoring von BirdLife Österreich 352 Tiefenbach M, Sackl P & Schulze CH (Graz, Wien/Österreich): Habitatwahl jagender Blauracken (Coracias garrulus) in Östösterreich 333 Tietze DT, Trautmann S, Hanauer M & Taubmann J (Mainz): Integriertes Singvogelmonitoring am Eich-Gimbsheimer Altrhein (ISMEGA) 318 Trautmann S, Böhning-Gaese K, Laube I, Badeck F & Schwager M (Mainz, Potsdam): Auswirkungen von Klima- und Landnutzungswandel auf den Artenreichtum der Vögel in Deutschland 339 Vogl W (Wien/Österreich): Sexueller Konflikt und elterliche Investition bei Mehlschwalben Delichon urbica 314 Walters J (Derring Hall/USA): Untersuchungen am Kokardenspecht (Picoides borealis): ein seltener Specht liefert Antworten zu verbreiteten Fragen in Populationsökologie und Artenschutz 341 Wikelski M (Radolfzell): Ökologische Immunologie - welche ornithologischen Probleme hilft sie uns zu verstehen? 322 Winkler H (Wien/Österreich): Ein Streifzug durch die österreichische Ornithologie 371 Zbinden N (Sempach/Schweiz): Alpenvögel - Vögel der Alpen 297 Zechner L, Hirschenhauser K, Pfeifer M & Grünschachner-Berger V (Admont, Großreifling, Afritz, Dürradmer/Österreich): Erfassung und Monitoring von Vogelarten zur Abstimmung von Managementmaßnahmen im Nationalpark Gesäuse, Österreich 300 Vogelwarte 47 (2009) 297

Themenbereich „Alpenornithologie“

• Plenarvorträge

Zbinden N (Sempach/Schweiz): Alpenvögel - Vögel der Alpen

Niklaus Zbinden, Schweizerische Vogelwarte, 6204 Sempach, Schweiz; E-Mail: [email protected]

Die Avifauna der Alpen setzt sich aus Brutvögeln mit die Nestisolation sind Anpassungen, die eine für die verschiedensten Ansprüchen zusammen. Aus europä- Bestandserhaltung ausreichende Jungenproduktion er- ischer Sicht ist keine einzige Vogelart gänzlich auf dieses möglichen. Gebirgsmassiv beschränkt. In der Schweiz brüten 14 Die Bestände der Brutvögel der Alpen haben sich seit Arten ausschließlich in den Alpen. Zehn Arten kommen je dem Wirken unterschiedlichster Prozesse entspre- nur in der alpinen Höhenstufe oder in der Übergangs- chend entwickelt. Lokal oder alpenweit in gewissen zone zur subalpinen Stufe vor. Für eine ganze Reihe von Zeiträumen am wichtigsten waren direkte Verfolgung, Arten haben die Bestände in höheren Lagen in den letz- Nutzungsintensivierung (Land- und Forstwirtschaft, ten Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung gewonnen, Erholung), Nutzungsaufgabe und Fragmentierung der weil für sie die ursprünglichen Lebensräume im Flach- Lebensräume. Wegen der direkten Verfolgung ver­ land zerstört wurden oder doch stark an Wert eingebüßt schwand der Bartgeier vollständig aus den Alpen. Er ist haben. heute wieder ein - hoffentlich dauerhaftes - Element der Die Artenzahl nimmt mit zunehmender Meereshöhe Avifauna der Alpen. ab (bis auf etwa 1600 m ü. NN. um etwa 0,4 Arten/100 Die Umwandlung eines großen Teils der erschlos- m, oberhalb um 3 Arten/100 m). Der Knick fällt in ers­ senen Trockenwiesen in höheren Lagen durch Düngung ter Linie mit der Verminderung des Vorkommens von zu intensiv genutzten mehrschürigen Wiesen führt für großen Bäumen und damit mit dem Wegfall eines für bodenbrütende Arten wie das Braunkehlchen Saxicola die Vögel wichtigen Lebensraums zusammen. Als Al- rubetra zu einer prekären Situation. Störungsempfind- penland beherbergt die Schweiz bei Schneesperling lich Arten wie Auer- und Birkhuhn (Tetrao urogallus, Montifringilla nivalis, Alpenbraunelle Prunella collaris, T. tetrix) geraten verstärkt unter Druck, weil die Zahl Bergpieper Anthus spinoletta, Alpendohle Pyrrhocorax im Gebirge Erholung Suchender stark wächst und Ge- pyrrhocorax, Ringdrossel Turdus torquatus und Tannen- ländekammern, die nicht durch Straßen oder andere häher Nucifraga caryocatactes mehr als 10 % des euro- Infrastrukturanlagen zerschnitten sind, seltener werden. päischen Bestandes. Sie hat damit eine sehr große Ver- Nicht erschlossene Landwirtschaftsflächen im Bergge- antwortung für diese Arten. Für das Überleben in großer Höhe sind morpholo- gische, anatomische, physiologische und verhaltensö- kologische Anpassungen an die harschen Bedingungen nötig, dies gilt in besonderem Maße für diejenigen Ar- ten, die ganzjährig im engeren Brutgebiet ausharren. Das Alpenschneehuhn besitzt ein gut isolierendes Ge- fieder und einen leistungsfähigen Verdauungstrakt. Auch kälteste Nächte im Hochgebirge übersteht es, weil es in Schneehöhlen übernachtet. Während der Bebrü- tung haben Vögel zwei energetische Anforderungen zu meistern. Auf der einen Seite verkürzen die Sitzphasen die zur Verfügung stehende Zeit für die Nahrungssuche und limitieren damit den Energiegewinn. Andererseits benötigt das Erwärmen der Eier zusätzliche Energie. Eine gegenüber anderen Singvögeln niedrigere Bebrü- tungstemperatur, hohe Kältetoleranz der Embryonen während Brutpausen und eine vermehrte Investition in Birkhahn Foto: M. Barelli 298 Themenbereich „Alpenornithologie“ • Plenarvorträge biet werden zunehmend von Wald zurückerobert und Vegetation reagieren Vögel auf unterschiedliche Weise. bieten Kulturlandarten keine geeigneten Lebensräume Bereits zeigen sich bei verschiedenen Arten Auswir- mehr. Im Gegenzug profitieren weit verbreitete und kungen der Klimaerwärmung. Beispielsweise geht der häufige Waldarten. Die Nutzungsaufgabe in schlecht Bestand des Alpenschneehuhns Lagopus mutus deutlich erschlossenen Waldgebieten bietet Arten, für die Tot- zurück, und es verschwindet aus den tiefer gelegenen holz wichtig ist, bessere Lebensbedingungen. Gebieten seines Areals. Die Avifauna wird sich auch Abhängig von der Landnutzung werden sich die Le- künftig dynamisch entwickeln, und wegen des Klima- bensbedingungen auch künftig für einen Teil der Arten wandels werden Prozesse wohl nicht immer so ablaufen positiv, für andere negativ entwickeln. Eine Nutzungs- wie wir uns das vorstellen. Diese Situation ist für die intensivierung wird eher häufige Generalisten begüns­ Ornithologengemeinschaft eine große Herausforde- tigen, während die Habitatspezialisten unter der Frag- rung. Nur wenn wir dokumentieren, wie es um die mentierung ihres Areals oder sogar unter dem völligen Avifauna steht, lässt sich beurteilen, ob die menschliche Arealverlust leiden werden. Als neuer Faktor, der die Gesellschaft die Hausaufgaben nach der Ratifizierung Bestandsentwicklung zunehmend beeinflusst, kommt des Übereinkommens über die biologische Vielfalt die Klimaveränderung dazu. Je nach Entwicklung der macht.

Negra O, Pedrini P & Spina F (Trento, Ozzano Emilia/Italien): Das ALPEN-Projekt, eine mehrjährige Untersuchung über die Strategien des Herbstzuges der Singvögel durch die Südseite der Alpen

O. Negra; E-Mail: [email protected]

Verschiedene Faktoren, von der Verteilung der Land- oder rastender Vögeln bekannt sind; Talboden-Fang- massen über Temperaturgradienten bis hin zur Vege- plätze, die überwiegend in Schilfzonen oder Gebüsch- tationsstruktur beeinflussen die nachbrutzeitliche Wan- bereichen liegen, die von Durchzüglern als bevorzugte derung bei Singvögeln und anderen Vogelwarten in der Rastplätze genutzt werden. westlichen Paläarktis (insbesondere bei Arten, die nörd- Das Projekt war ursprünglich für eine Fünfjahrespe- lich der Sahara überwintern), die entsprechend der riode geplant und basierte auf zeitgleichen Aktivitäten kontinentalen Strukturen zu einer südwestlichen Rich- aller Fangplätze während zuvor ausgesuchter Pentaden tung tendieren. Durch ihre longitudinale und latitudi- mit dem Ziel, einen signifikanten Anteil der Durch- nale Ausrichtung stellen die Alpen aus dieser Blickrich- zugszeit abzudecken, um das Phänomen sowohl in tung eines der ersten Hindernisse dar, das von Norden seiner „longitudinalen“ wie seiner „altitudinalen“ Va- kommende Zugvögel überwinden müssen, um in ihre riabilität zu untersuchen. In einer Folgephase bis 2007 Überwinterungsgebiete zu gelangen. Die Gebirgskette haben die Vogelberinger das bestehende Netzwerk auf- stellt eine relativ kleine Barriere für Transsaharazieher rechterhalten und einige spezifische Fragestellungen dar, ist aber bedeutend für die Arten, die im Mittelmeer- untersucht. 2008 begann ein dritter, neuer Schritt des gebiet überwintern möchten. Projektes, der im Wesentlichen darauf abzielt, ein Lang- Das ALPS Projekt (ein langfristiges Monitoring mit- zeitmonitoring an ausgewählten Fangplätzen zu ent- tels standardisierter Beringungsaktivitäten innerhalb wickeln. Einige Daten hinsichtlich der Zusammenset- eines Netzwerkes von Feldstationen, die nach denselben zung der durchziehenden oder rastenden Vogelgemein- Methoden arbeiten) wurde zur Verbesserung der Kennt- schaften wurden mit der Absicht analysiert, Arten- nis der Zugstrategien durch den italienischen Teil der Zusammensetzung mit Ökologischen, biologischen Alpenkette geplant. Die Beringungsorte wurden wie und geografischen Variablen in Zusammenhang zu folgt ausgewählt und unterteilt: Pass-Fangplätze, nor- bringen. malerweise Alpenpässe, die sich für ein Monitoring des Bisher wurden über 313.000 Vögel beringt, die zu 170 aktiven Tag- und Nachtzuges eignen; Bergflanken- Arten gehörten; die Menge und Zusammensetzung der Fangplätze, die oft an alten Fanggärten (Roccoli) oder Fänge repräsentiert den Reichtum und die Komplexität an Bergflanken liegen, die für hohe Dichten ziehender der Vogelwelt, die im Herbst durch die Alpen zieht. Vogelwarte 47 (2009) 299

• Vorträge

Probst R (Feldkirchen/Österreich): Die Ernährung des Mäusebussards Buteo buteo in Offenlandgebieten Kärntens – Erste Ergebnisse

Remo Probst, Dr. G. H. Neckheim-Straße 18/3, 9560 Feldkirchen, Österreich; E-Mail: [email protected]

Der Mäusebussard ist in Kärnten ein häufiger Brutvogel Nicht-Brüter. Brutvögel transportieren fast nur Wirbel- (800–1.600 Paare), Angaben zur Ernährung liegen aber tiere zum Horst, fressen abseits davon aber selbst oft kaum vor. Ohne Berücksichtigung der Erhebungsme- Wirbellose. Zusätzliche Horstabsammlungen (n = 8 thodik (Zufallsdaten plus Ergebnisse dieser Erhebung Nester) im Jahr 2009 erbrachten 17 Vögel als Beutetiere, kombiniert) ist ganz generell eine große Ähnlichkeit zu unter ihnen vor allem (juvenile) Eichelhäher, Tauben Ernährungsgewohnheiten in (Mittel-)Europa gegeben und Drosseln; es wurden also vor allem Waldbewoh- (vgl. Kostrzewa 2008). Nach Anzahl (n = 382 für nende Arten geschlagen (die daher bei den Direktbeob­ Kärnten) dominieren Säugetiere (Europa 47,6 % vs. achtungen nicht nachweisbar waren). Für eine umfas- Kärnten 40,1 %) und Wirbellose (44,2 % vs. 39,3 %), sende Darstellung der Beute des Mäusebussards in gefolgt von Amphibien (3,2 % vs. 8,1 %), Vögeln (2,8 % Kärnten sollten verschiedene Methoden (Gewölle- und vs. 6,5 %), Reptilien (2,1 % vs. 5,7 %) und schließlich Rupfungsanalysen, Nest- und Offenlandbeobach- Fischen (0,1 % vs. 0,3 %). Im Zuge dieser Studie wurden tungen), am besten kombiniert mit telemetrischen Un- Mäusebussarde (n > 50) aus dem Auto mittels Spektiv tersuchungen, kombiniert werden. Des Weiteren besteht in Offenlandschaften (> 50 % Freifläche) der Tieflagen zeitlich (z. B. sehr schneereiche Winter), räumlich (z. B. Kärntens (< 1.000 m über NN) ganzjährig beobachtet Montanbereich) wie auch in Hinblick auf weiterführen- (n > 500 Std.) und auch eine Unterscheidung von Brut- de Fragestellungen (z. B. Beuteabundanzen vs. Nah- vögeln bzw. Nicht-Brütern (überwiegend Einjährige) rungswahl) ein beträchtlicher Forschungsbedarf. vorgenommen (Tab. 1). Wegen der noch zu geringen Dank. Diese Studie von BirdLife Österreich, Landes- Stichprobe sind die absoluten Werte als vorläufig zu gruppe Kärnten, wurde finanziell von der Naturschutz- betrachten, tendenziell lassen sich aber folgende Aus- abteilung des Landes Kärnten, der Kärntner Jägerschaft sagen machen: Die Beute ist vielfältig, in den Offen- und der Zentralstelle österreichischer Falknervereine landgebieten überwiegen aber nach der Biomasse wie unterstützt. auch nach der Frequenz deutlich Feldmäuse Microtus Literatur arvalis und auch viele Wirbellose (Regenwürmer, In- Kostrzewa A 2008: Nahrungswahl von Mäusebussard Buteo sekten) werden gefangen. Gegenüber dem Winterhalb- buteo und Habicht Accipiter gentilis – eine Metaanalyse jahr steigt im Sommer der Anteil der Wirbellosen. rheinischer und europäischer Daten der letzten hundert Brut-/Altvögel fressen mehr Wirbeltiere als Jungvögel/ Jahre. Charadrius 44: 1-18.

Status Phänologie N Wirbellose Säugetiere Reptilien Ampibien Vögel Brutzeit Brutvogel 155 45,8 42 10,9 1,3 0 Brutzeit Nicht-Brüter 68 88,2 7,4 2,9 0 1,5

Brutvogel - Eigenernäh- Brutzeit rung 77 87 11,7 0 1,3 0

Brutvogel - Transport Brutzeit Horst 78 5,1 71,8 21,8 1,3 0 Brutvogel & Nicht- Brutzeit Brüter 222 59 31,5 8,6 0,9 0 Brutvogel & Nicht- Winter Brüter 55 25,4 71 0 0 3,6 Tab. 1: Ernährung des Mäusebussards (Buteo buteo) in Tieflagen Kärntens nach Befunden aus Direktbeobachtungen (Pro- zentwerte). Dargestellt werden vergleichende Daten aus dem Sommer- bzw. Winterhalbjahr, die Ernährung von Brutvögeln bzw. Nicht-Brütern sowie Nahrungsentscheidungen bei Brutvögeln (Eigenernährung vs. Transport zum Horst). 300 Themenbereich „Alpenornithologie“ • Vorträge

Zechner L, Hirschenhauser K, Pfeifer M & Grünschachner-Berger V (Admont, Großreifling, Afritz, Dürradmer/Österreich): Erfassung und Monitoring von Vogelarten zur Abstimmung von Managementmaßnahmen im Nationalpark Gesäuse, Österreich

Lisbeth Zechner; E-Mail: [email protected]

Das Gesäuse (Steiermark, Österreich) ist einerseits als Indikatoren für die Naturnähe der Wälder dienen. Dazu Nationalpark der IUCN-Kategorie II mit einer Fläche zählen regelmäßige Bruterfolgskontrollen des Flussufer- von 110 km², andererseits als Natura 2000-Gebiet nach läufers im Zusammenhang mit Rafting, Bestandserfas- der Vogelschutz- und FFH-Richtlinie ausgewiesen. Die sungen und Horstkontrollen des Steinadlers im Kontext beiden Schutzgebietskategorien verfolgen unterschied- zu Kletteraktivitäten sowie Erhebungen zur Habitatquali­ liche Ziele und Prioritäten im Artenschutz, im Lebens- tät für Raufußhühner, Erfassung indirekter Nachweise raummanagement und in der Freizeitnutzung. Während und Balzplatzzählungen dieser Arten zur Beurteilung der im Natura 2000-Gebiet der Schutz von Zielarten und Auswirkungen des Wintertourismus. Für das Auerhuhn -lebensräumen im Vordergrund steht, soll der National- Tetrao urogallus wurden auch erste genetische sowie park neben dem Naturschutz auch der Forschung, Erho- Stresshormon-Untersuchungen durchgeführt. Erhebun­ lung und Bildung der Besucher dienen. Damit ergeben gen im Wald inkludieren Spechtarten mit Weißrücken- sich teilweise bislang ungelöste Probleme. Einerseits ist und Dreizehenspecht (Dendrocopos leucotos, Picoides das Naturerlebnis der Menschen erwünscht, andererseits tridactylus), Eulen mit Raufuß- und Sperlingskauz (Ae- entsteht dadurch zunehmender Druck auf sensible Arten golius funereus, Glaucidium passerinum) sowie die Zwerg- und Lebensräume. Daher sind Daten zur Verbreitung, schnäppervorkommen (Ficedula parva). Weitere Aspekte zur Bestandsdichte und zu Lebensraum­ansprüchen von umfassen die Angleichung der Erhebungsmethodik an Indikatorarten für die Planung und Umsetzung von Ma- Natura 2000-Monitoringvorgaben sowie die Kooperati- nagementmaßnahmen wichtige Voraussetzungen. on mit anderen Schutzgebieten in der Region, um die Im Jahr 2004 hat die Nationalparkverwaltung mit Be- Ergebnisse großräumig vergleichen und interpretieren standserhebungen mehrerer Vogelarten begonnen, einer- zu können. Der Nationalpark ist Projektpartner im der- seits von Indikatorarten, um Besuchermanagementmaß- zeit laufenden, alpenweiten Projekt „Econnect“ zur För- nahmen zu optimieren, andererseits von Arten, die alte derung des ökologischen Verbundes und strebt auch in totholzreiche Waldbestände benötigen und langfristig als diesem Rahmen eine verstärkte Kooperation an.

Keller V (Sempach/Schweiz): Der Gänsesäger Mergus merganser in den Alpen und seine Beziehungen zu Europa

Verena Keller, Schweizerische Vogelwarte, 6204 Sempach, Schweiz; E-Mail: [email protected]

Das Hauptverbreitungsgebiet des Gänsesägers Mergus der Brutbestand ist angestiegen. In den letzten Jahren merganser in Europa erstreckt sich von Norwegen bis wurden vermehrt auch Bruten auf der Alpensüdseite nach Russland. Daneben existieren Brutpopulationen in beobachtet, so in Kärnten (A) ab 1983, in Norditalien ab Island, Großbritannien, im Balkan und im Alpenraum. 1996. Im Winter kommen zu den Brutvögeln Wintergä- Hier stelle ich das derzeitige Wissen aus verschiedenen ste aus Nordeuropa hinzu. Dies ist durch Ringfunde be- Disziplinen zusammen, um die Stellung der Alpenpopu- legt. Ringfunde und Beobachtungen deuten auch darauf lation innerhalb Europas besser verstehen zu können hin, dass die Weibchen das ganze Jahr im Alpenraum (ausführlichere Darstellung in Keller 2009). bleiben und hier auch ihre Schwingen mausern. Bekann- Die Brutpopulation des Gänsesägers im Alpenraum te Mauserplätze befinden sich an den großen Seen, z. B. wurde 1998 auf 1000-1400 Brutpaare geschätzt (Keller & Bodensee, Neuenburgersee und Genfersee. Zählungen Gremaud 2003). Sie konzentriert sich auf die Schweiz zeigen, dass die Männchen ab Ende Mai den Alpenraum (620-870 BP inkl. französischer Teile des Genfersees), verlassen. Ob sie wie die Männchen aus Nordeuropa und Bayern (250-290 BP) und das angrenzende Oberöster- Großbritannien einen Mauserzug nach Nordskandina- reich (140-200 BP). Die publizierten Erstnachweise lassen vien durchführen, bleibt zu vermuten, es fehlen aber eine Besiedlung der Seen in der Westschweiz ab ca. 1850, Ringfunde, die das bestätigen würden. Genetische Un- in Bayern ab ca. 1880 erkennen. Der Gänsesäger hat sein tersuchungen an Gänsesägern aus den Brutpopulationen Brutgebiet in den letzten Jahrzehnten ausgedehnt und Islands, Nordeuropas (Proben aus Norwegen, Schweden, Vogelwarte 47 (2009) 301

Finnland, Dänemark, Polen terbestands aus Individuen der und Estland) und des Alpen- alpinen Brutpopulation besteht, raums (Proben aus der was wiederum mit den Ergebnis- Schweiz, Bayern und Nordita- sen der winterlichen Wasservo- lien) zeigten eine klare Isolati- gelzählungen in der Schweiz zu- on der isländischen Populati- sammenpasst. Der Bestand Mitte on. Innerhalb der Proben aus November, wenn vermutlich Nordeuropa ergaben sich kei- kaum noch nordische Vögel an- ne Unterschiede. Zwischen wesend sind, beträgt im Mittel ca. den Brutpopulationen in Nor- 68 % des Januarbestands. deuropa und den Alpen erga- Wegen der Unterschiede in der ben sich Unterschiede in der Genetik und im Verhalten ist die über die Weibchen vererbten alpine Population des Gänsesä- mitochondrialen DNA, nicht gers als eigenständige Population aber in nuklearen DNA-Mar- zu betrachten, für welche die Al- kern (Hefti-Gautschi et al. Abb. 1: Gänsesägerweibchen am Bielersee (Schweiz), penländer eine besondere Verant- 2009). Nicht untersucht wurde 3. April 2007. Foto: V. Keller wortung tragen. Dieser Status das Ausmaß des Austauschs wurde der alpinen Population (als zwischen den Populationen. Die Unterschiede lassen sich „Central-West European population“) bereits bei der durch das Paarungs- und Zugverhalten des Gänsesägers letzten Aktualisierung der globalen Bestandsschätzungen erklären. Ringfunde belegen eine hohe Brutortstreue der von Wasservögeln zuerkannt (Wetlands International Weibchen. Dies wohl im Unterschied zu den Männchen, 2006). die nach der Verpaarung im Winterquartier zusammen mit den Weibchen in deren Brutgebiete ziehen. Die Ana- Literatur lyse der mitochondrialen DNA ergab zudem für die Pro- Hefti-Gautschi B, Pfunder M, Jenni L, Keller V & Ellegren H ben aus der Schweiz und Bayern nur je zwei (unterschied- 2009: Identification of conservation units in the European liche) Haplotypen. Die kleine Anzahl und die Unter- Mergus merganser based on nuclear and mitochondrial schiede zwischen den Proben aus der Schweiz und aus DNA markers. Cons. Genetics 10: 87-99. Bayern deuten darauf hin, dass die Besiedlung des Al- Keller V 2009: The GoosanderMergus merganser population breeding in the Alps and its connections to the rest of Eu- penraumes von separaten kleinen Gründerpopulationen rope. Wildfowl Special Issue 2: 60-73. ausging. Die Probenzahl aus Bayern war aber klein. Pro- Keller V & Gremaud J 2003: Der Brutbestand des Gänsesägers ben von in der Schweiz im Winter geschossenen Gänse- Mergus merganser in der Schweiz 1998. Ornithol. Beob. sägern enthielten neben den für die Schweizer Brutpo- 100: 227-246. pulation typischen Haplotypen auch solche nordischer Wetlands International 2006. Waterbird Population Estimates Vögel. Die anteilsmäßige Zusammensetzung der Haplo- – Fourth Edition. Wetlands International, Wageningen, The typen deutet darauf hin, dass über die Hälfte des Win- Netherlands.

Lunczer C (Schorndorf): 2500 Jahre Alpenornithologie?

Clemens Lunczer, Fuchshofweg 43, 73614 Schorndorf; E-Mail: [email protected]

Der Ursprung der Ornithologie wird gemeinhin auf 1. Ansätze zu einer Ornithologie von Gebirgs­egionen Aristoteles zurückgeführt. Dass der alt-griechische Phi- Wegen seiner Geographie und Topographie wäre das losoph nicht jedoch gleichzeitig den Beginn einer Al- antike Griechenland grundsätzlich für Studien an der penornithologie markiert, ist offensichtlich, zumal er Avifauna gebirgiger Regionen geeignet. den griechischen Kulturraum niemals verlassen hat und Insofern verwundert es nicht, dass wir in Aristoteles von den Alpen nur durch Berichte und Erzählungen Schriften BartgeierGypaetus barbatus, Steinrötel Mon- Kenntnis haben konnte. ticola saxatilis und Blaumerle Monticola solitarius be- Die antiken Quellen zeigen uns, dass die Alpen selbst, gegnen, um nur einige „Gebirgsvögel“ (mit den gebo- wie auch charakteristische Gebirgsvögel, bereits vor tenen Einschränkungen) zu nennen. 2500 Jahren wohlbekannt, keineswegs aber wohl er- Eine Besonderheit ist das Steinhuhn Alectoris graeca. forscht waren. Dies wird im Folgenden anhand dreier Für Alpenornithologen ein faszinierender Vogel der Schwerpunkte gezeigt. höheren und höchsten Alpenregionen, war und ist das 302 Themenbereich „Alpenornithologie“ • Vorträge

Steinhuhn in Südosteuropa eher ein Faunenelement einerseits bekannt war, dass diese Vögel hoch im Ge- auch bereits montaner, das Chukarhuhn Alectoris birge nisten, dass andererseits aber kaum jemand in jene chukar sogar colliner Stufen. Beide wurden in der An- Höhen vordrang und somit auch die Horste der Geier tike aufgrund ihrer ähnlichen Färbung gewiss nicht als nahezu unbekannt waren. eigenständige Formen voneinander getrennt, die Un- 3. Zum Begriffsverständnis terschiede in den Lautäußerungen waren aber bekannt; Im vorliegenden Kontext dürfen Begriffe wie „Art“ oder doch dürfen wir diesen als perdix bezeichneten (und „Ornithologie“ nicht aus moderner Sicht verstanden wer- oft falsch mit „Rebhuhn“ übersetzten) Vogel nicht in den. Was etwa die Unterscheidung von verschiedenar- die Liste der Gebirgsvögel aufnehmen, da die Menschen tigen Vögeln angeht, so wurden vielmehr Formen er- der Antike ihn nicht als solchen wahrnahmen. kannt, die sich von anderen Formen beispielsweise durch Die genannten Arten geben keine vollständige Liste Größe oder Färbung abgrenzen. Vor diesem Hintergrund wieder; sie dienen lediglich als Beispiele, um nachvoll- ist es schließlich auch falsch, die Ornithologie mit Ari- ziehen zu können, welche Vögel in der Antike als Ele- stoteles beginnen lassen zu wollen. mente des Gebirges wahrgenommen wurden. Wenn man den Philosophen als Ansatzpunkt nimmt, 2. Begegnung mit den Gebirgsvögeln so lässt sich feststellen, dass bereits zu seiner Zeit eine Am Beispiel des Mauerläufers Tichodroma muraria, Menge Wissen über die Vögel seiner Heimat wie auch in den antiken griechischen Quellen kyanos genannt über einige besonders auffällige exotische Arten vor- (der „Blaue“, so die gängige Übersetzung), wird un- handen war. Daneben konnte Aristoteles aus einer wei- tersucht, welche Kenntnisse von Gebirgsvögeln vor- teren reichhaltigen Quelle schöpfen: den Zeugnissen handen waren. Da dieser Vogel vor allem in unzugäng- und Berichten, welche in Folge des Alexanderzuges ins licheren, felsigen Regionen anzutreffen ist, war dessen griechisch-makedonische Mutterland gelangten. Bekanntheit sicherlich begrenzt. So spielt sein Name Was fehlt, sind systematische Untersuchungen, die auch nicht auf ein herausragendes Merkmal an, son- sich ausschließlich auf Vögel beziehen (vielleicht wäre dern ist sogar irreführend. Dass eine Identifizierung in den verlorengegangenen Quellen ein solcher Ansatz dennoch möglich ist, liegt an den weiteren beschrie- zu finden gewesen); die Vögel werden zumeist im Zu- benen Merkmalen wie Lebensraum, Größe, Form des sammenhang mit anderen Lebewesen betrachtet. Solche Schnabels etc. vergleichenden Studien sind mithin das Herzstück von Das Vordringen in die höchsten Gebirgsregionen, also Aristoteles „Historia animalium“. Man sollte also eher die subalpinen und alpinen Bereiche, ist in den Quellen vom Beginn der zoologischen Wissenschaft sprechen nicht nachweisbar; entsprechend dürftig fallen die Er- als jenem der ornithologischen – dies gilt für die Al- wähnungen von und Kenntnisse über typische Gebirgs- penornithologie entsprechend: ein Ursprung oder An- vögel aus; am Beispiel der Geier lässt sich zeigen, dass fangspunkt lässt sich nicht festlegen.

Steiner H & Jiresch W (Piberbach, Wels/Österreich): Langzeitökologie einer Wanderfalken-Population in einer alpinen Landschaft

Helmut Steiner, Mühlbachgasse 5, 4533 Piberbach, Österreich; E-Mail: [email protected]

Mittelgebirgs-Populationen des Wanderfalken sind gut Rupfungen wurden aufgesammelt (Großteil von untersucht, Hochgebirgs-Vorkommen dagegen wenig. N. Pühringer) und mit über 500 außeralpinen Rupfungen Konkurrenten sind Uhu Bubo bubo und Steinadler Aqui- verglichen (Böhmische Masse). Nur teilweise wurde die la chrysaetos. Prädation durch beide Arten ist aus der Anzahl flügger Junger festgestellt (schwieriges Terrain). Literatur bekannt (Fielding et al. 2003; Sergio et al. 2003, Der Bestand war im Betrachtungszeitraum weitgehend 2004; Brambilla et al. 2006; Sergio & Hiraldo 2008). Das stabil. Am nördlichen Alpenrand betrug die Siedlungs- Klima ist sehr rau, die Nahrung spärlich. Welche Fak- dichte auf 1200 km² 2,83 Paare/100 km². Auf einem ge- toren beeinflussen die Besetzung der Brutfelsen? winkelten Band von 136 km am Nordalpenrand betrug Von 1990 bis 2009 wurde eine rund 700 km² große die „mean nearest neighbour distance“ 4,86 km. In den Kernprobefläche in den nördlichen Kalkalpen von Ober­ nahrungsärmeren inneren Kalkalpen betrug die Dichte österreich flächig untersucht (ca. 500-3000 m über NN; auf 1300 km² 1,4 P./100 km². Brutplätze lagen zwischen Jiresch & Steiner 2007; Steiner et al. 2006). Um 2005 wur- etwa 600 m und 1400 m. Die Höhenlage beeinflusste den de eine 2500 km² große Erweiterungsfläche untersucht. Bruterfolg nicht. Wanderfalken vermieden die Nähe von Auch die Reviere von Uhu und Steinadler wurden mit Adler- und Uhu-Brutplätzen auf etwa 1,5 bis 2 km hori- Hilfe zahlreicher Mitarbeiter lokalisiert. Mehr als 500 zontale Distanz (3 Ausnahmen in anderen Gebieten, vgl. Vogelwarte 47 (2009) 303

Abb. 1). Allerdings konnte eine vertikale Separierung ab Überlegungen zur Zukunft der Greifvogelfauna Mitteleu- etwa 500 m Höhe erfolgen. Schwankungen des Uhu- ropas. Öko. L 29(3): 3-13. Bestands induzierten gegenläufige Schwankungen des Sergio F & Hiraldo F 2008: Intraguild predation in raptor Wanderfalken-Bestandes. Brutplätze lagen infolge der assemblages: a review. Ibis 150, Suppl. 1: 132-145. Uhu-Meidung meist nicht an talnahen Felsen, sondern Sergio F, Marchesi L & Pedrini P 2003: Spatial refugia and the coexistence of a diurnal raptor with its intraguild owl pre- etwas abseits in waldreichen mittleren Höhen. Die Beu- dator. J. Anim. Ecol. 72: 232–245. te bestand rund zur Hälfte aus Drosseln, Finken und Sergio F, Rizzolli F, Marchesi L & Pedrini P 2004: The impor- Meisen, im Vergleich zu außeralpinen Plätzen aber we- tance of interspecific interactions for breeding-site selection: niger aus Staren und Wacholderdrosseln. Auf Nahrungs- Peregrine Falcons seek proximity to raven nests. Ecography suche wurden zur Brutzeit bis 20 km weite Flüge auf 27: 818–826. Kiebitze ins Alpenvorland unternommen. Der Wander- Steiner H, Haslinger G, Jiresch W, Pühringer N & Stadler S falke ist folglich eine konkurrenzschwache Art. Die Wie- 2006: Ökologische Nische und Naturschutz: Das Beispiel derausbreitung in die ehemaligen außeralpinen Brutge- Greifvögel und Eulen in Wald und Gebirge. Vogelkdl. biete wird vom Uhu weitgehend vereitelt, gegenwärtig Nachr. Oberösterr. Naturschutz aktuell 14(1): 1–30. gibt es hier nur 4 reproduzierende Paare. Dank. Wir danken der Naturschutzabteilung des Oberösterreichische Kalkalpen Landes Oberösterreich für Unterstützungen, außerdem 1995 – 2005, 1800 km2 M. Brader, C. Deschka, G. Haslinger, P. Hochrathner, J. Plass, N. Pühringer, S. Stadler, H. Uhl, W. Weißmair, U. Wiesinger und vielen weiteren Ornithologen für Beobachtungsdaten. Literatur Brambilla M, Rubolini D & Guidali F 2006: Eagle Owl Bubo bubo proximity can lower productivity of cliff-nesting Peregrines Falco peregrinus. Ornis Fennica 83: 20-26. Brutplätze Fielding A H, Haworth P F, Morgan D H, Thompson D B A Wanderfalke (o en: unregelmäßig) n = 35 & Whitfield D P 2003: The Impact of Golden Eagles (Aqui- Uhu n = 13 la chrysaetos) on a diverse of prey assemblage. In: Steinadler n = 12 Thompson D B A, Redpath S M, Fielding A H, Marquiss M & Galbraith C A (eds): of prey in a changing en- vironment: 221-243. Scottish Natural Heritage, Edinburgh. Abb. 1: Räumliche Anordnung der Territorien von Wander- Jiresch W & Steiner H 2007: Der Wanderfalke – ein Charak- falke, Uhu und Steinadler in einem Abschnitt der oberöster- tervogel der Kalkalpen unter besonderem Schutz der EU. reichischen Kalkalpen (verschiedene Jahre überlagert).

Komenda-Zehnder S, Liechti F & Jenni L (Sempach/Schweiz): Stellen die Fangergebnisse von Col de Bretolet den effektive Zugablauf in den Schweizer Alpen dar? –Vergleich mit Radardaten

Susanne Komenda-Zehnder; E-Mail: [email protected]

Seit Jahrzehnten werden auf dem Col de Bretolet, einem quote sank bei zunehmender lokaler Windstärke, da Alpenpass in der Südwest-Schweiz, Vögel beringt. Die Vögel im vom Wind aufgeblähten Netzen weniger gut spezielle topographische Lage lässt vermuten, dass dort hängen bleiben. In der Nacht nahm die Fangquote zu- fast ausschließlich Vögel aus dem aktiven Tag- und dem bei guten Rückenwinden ab, weil die Vögel höher Nachtzug herausgefangen werden. Bisher war aber un- flogen. Die Anzahl Nachtzieher, die während des Tages bekannt, in welchem Masse die Fangdaten tatsächlich gefangen wurden, ließen sich gut mit den Zugintensi- dem quantitativen Ablauf des Zuges entsprechen. Des- täten der Vornacht erklären. Der Vergleich des tages- halb führten wir im Herbst 2007 zeitgleich zum Fang zeitlichen Ablaufes zeigte aber klare Unterschiede: Die Vergleichsmessungen des Zugvolumens mit Radar Zugmaxima wurden am Radar stets um Mitternacht durch. Die Resultate zeigten, dass die Fangzahlen rela- gemessen, während die höchsten Fangzahlen in der Mor- tiv gut mit den am Radar gemessenen Zugintensitäten gen- und Abenddämmerung erreicht wurden oder, wenn korrelierten, sowohl am Tag wie in der Nacht. Die Fang- in den Vormittagstunden Schwärme unterwegs waren. 304 Themenbereich „Vogelzug“ • Vorträge

Themenbereich „Vogelzug“

• Vorträge

Fritz J & Dietl J (Mutters, Salzburg/Österreich): Internationaler Artenschutz am Beispiel des Waldrapp Geronticus eremita: Das Projekt Waldrappteam

Johannes Fritz; E-Mail: [email protected]

Der Waldrapp ist ein gleichwohl charakteristischer wie ein Altvogel erstmals zwei Jungtiere in das Winterge- tragischer Repräsentant des modernen Artenschutzes. biet in der Toskana, ganz ohne menschlichen Einfluss. Im Freiland sind diese Ibisvögel hochgradig gefähr- Dennoch, das Projekt befindet sich noch im experi- dete, während in Zooinstitutionen die Haltung dieser mentellen Stadium. Von der Gründung einer stabilen, eigenartigen und exotischen Vögel boomt und die ho- wandernden Waldrappkolonie kann (noch) keine Rede hen Reproduktionsraten vielerorts Haltungsprobleme sein. Aber die Gründung solcher Kolonien ist nicht verursachen. Die Ressource an Jungvögeln aus Zoo- mehr die einzige und vielleicht auch nicht mehr die kolonien bildet die Grundlage für Forschungs- und primäre Zielsetzung des Projektes. Aufgrund der Er- Artenschutzprojekte, die sich insbesondere in Öster- fahrungen der vergangenen Jahre ist das Waldrapp- reich etabliert haben. Die ersten Handaufzuchten fan- team inzwischen in verschiedene internationale Art­ den im Alpenzoo Innsbruck statt. Basierend auf diesen erhaltungsprojekte eingebunden. Zudem bietet das Erfahrungen wurde 1997 die erste sedentäre Freiflug- Projekt Rahmenbedingungen für grundlagenwissen- kolonie an der Konrad-Lorenz Forschungsstelle Grü- schaftliche Fragestellungen. Insbesondere soll die men- nau gegründet, gefolgt von einer zweiten sedentären schengeleitete Migration als Methodik für physiolo- Kolonie im Tierpark Rosegg. 2002 wurde das Projekt gische Untersuchungen zur Vogelmigration etabliert Waldrappteam gegründet, um die menschengeleitete werden. Aber trotz Engagements und Erfolge zeigt sich Migration als Methodik für die Etablierung wan- am Beispiel des Waldrapps auch, wie eingeschränkt dernder Waldrapp-Kolonien zu prüfen. Inzwischen die Möglichkeiten des Artenschutzes trotz moderner gibt es eine Gruppe migrierender Waldrappe in Europa, wissenschaftlicher und technischer Möglichkeiten oft- erste Bruterfolge haben sich eingestellt und 2008 führte mals sind.

Salewski V, Hochachka W & Fiedler W (Radolfzell, Ithaca/USA): Welche klimatischen Parameter beeinflussen die jährliche Rückkehrwahrscheinlichkeit von Singvögeln?

Volker Salewski, Max-Planck-Institut für Ornithologie, Vogelwarte Radolfzell, Schlossallee 2, 72315 Radolfzell, E-Mail: [email protected]

Viele europäische Vogelarten weisen abnehmende Das Untersuchungsgebiet dieser Studie war die Halb- Bestandstrends auf (BirdLife-International 2004). Da dies insel Mettnau am Bodensee (Berthold & Fiedler 2005). vor allem Langstreckenzieher betrifft (Sanderson et al. Es wurden nur diesjährige, lokale Erstfänge (Salewski 2006), stellt sich die Frage, welche Faktoren außerhalb et al. 2009) von sieben Singvogelarten (Tab. 1) gegen der Brutgebiete, z. B. Niederschlags- oder Temperatur- Ende der Brutzeit und deren Wiederfänge in den Fol- schwankungen, eine erhöhte Sterblichkeit bedingen. Für gejahren berücksichtigt. Mit multi-state Fang-Wieder- das Verständnis der Populationsdynamik von Kurzstre- fang-Modellen wurden die Rückkehrwahrscheinlich- ckenziehern und residenten Arten ist es jedoch ebenfalls keiten erstjähriger und älterer Vögel in Abhängigkeit von Bedeutung, welche Faktoren sich auf die Sterblichkeit von verschiedenen Klimavariablen (lokale durchschnitt- zur Nichtbrutzeit auswirken. liche Wintertemperatur, durchschnittliche Niederschlä- Vogelwarte 47 (2009) 305

Tab. 1: Variablen, die die Rückkehrwahrscheinlichkeiten von sieben Singvogelarten von allen berücksichtigten Variablen am besten getrennt nach erstem und späterem Winter erklären. Angezeigt werden die Variablen deren Summe der AIC- Gewichte aller Modelle oder nur bei Berücksichtung der Klimamodelle am höchsten sind. Zu beachten ist, dass für jede Art und Altersklasse jeweils acht Modelle von einer konstanten Rückkehrwahrscheinlichkeit ausgehen, während nur jeweils zwei Modelle eine der berücksichtigten Klimavariablen beinhalten. (+) und (-) zeigen eine positive bzw. negative Korrelation mit der jeweiligen Klimavariablen an. N: Anzahl der berücksichtigten Erstfänge; % Wiederfänge: prozentualer Anteil der Erstfänge, die in späteren Jahren wieder gefangen wurden.

Art N % Wiederfänge Winter Alle Modelle Nur Klimavariablen Heckenbraunelle erster konstant Lokale Wintertemperatur (-) 599 8,2 Prunella modularis folgende konstant Lokale Wintertemperatur (+) Amsel erster Lokale Wintertemperatur (-) Lokale Wintertemperatur (+) 1211 4,7 Turdus merula folgende konstant Lokale Wintertemperatur (+) Teichrohrsänger erster konstant Niederschläge in Spanien (-) 1976 6,6 Acrocephalus scirpaceus folgende konstant Niederschläge in Spanien (-) Mönchgrasmücke erster konstant Niederschläge in Spanien (-) 4742 2,5 Sylvia atricapilla folgende konstant Niederschläge in Spanien (+) Zilpzalp erster konstant Lokale Wintertemperatur (+) 9639 2,9 Phylloscopus collybita folgende konstant Lokale Wintertemperatur (+) Fitis erster konstant Niederschläge zur Brutzeit (-) 1742 7,6 Phylloscopus trochilus folgende konstant Lokale Wintertemperatur (+) Rohrammer erster konstant Niederschläge in Spanien (-) 4500 7,1 Emberiza schoeniclus folgende Niederschläge in Spanien (-) Niederschläge in Spanien (-) ge in Spanien, der afrikanischen Sahel- und Guineazo- Wurden nur Klimavariablen berücksichtigt, fällt auf, ne, Niederschläge zur Brutzeit im Brutgebiet) mit dem dass im Gegensatz zu früheren Studien (Peach et al. Programm MARK (White & Burnham 1999) geschätzt. 1991; Szép 1995; Boano et al. 2004; Robinson et al. 2008) Im Folgenden werden die Summen der AIC-weights klimatische Bedingungen in den afrikanischen Über- (Burnham & Anderson 2002) für alle Modelle (22 je winterungsgebieten die Rückkehrwahrscheinlichkeit Art), die eine bestimmte Variable berücksichtigen, dar- der Langstreckenzieher Teichrohrsänger und Fitis kaum gestellt. Details zu den Klimavariablen und den Model- erklären, die Niederschläge in Spanien bei den Kurz- len können beim Erstautor erfragt werden. streckenziehern aber eine Rolle spielen. Bei hohen Nie- Bei den meisten Arten erklärten die Modelle, die eine derschlägen ist die Rückkehrwahrscheinlichkeit der konstante Rückkehrrate annehmen, die Daten am Besten. Kurzstreckenzieher in der Regel niedrig, was mit einem Ausnahmen waren die Amsel, bei der die Rückkehr nach reduzierten Nahrungsangebot im Überwinterungsge- dem ersten Winter durch eine positive Korrelation mit biet zusammenhängen könnte. Bei den Standvögeln der lokalen Wintertemperatur erklärt wurde, und die bzw. Kurzstrecken- oder Teilziehern Amsel und He- Rohrammer, bei der die Rückkehrrate älterer Vögel ne- ckenbraunelle ist die Rückkehrwahrscheinlichkeit nach gativ mit Niederschlägen in Spanien korreliert war (Tab. relativ wärmeren Wintern hoch, was sich durch ein 1). Die Klimavariablen, die die Rückkehrwahrscheinlich- besseres Überleben zur Nichtbrutzeit erklären ließe. keit am Besten erklärten, waren lokale Wintertemperatur Eine Ausnahme sind jedoch junge Heckenbraunellen, (Heckenbraunelle, Amsel, Zilpzalp) oder Niederschläge bei denen sich die Verhältnisse umgekehrt darstellen. in Spanien (Teichrohrsänger, Mönchgrasmücke, Rohr- Unter Umständen neigen junge Heckenbraunellen ver- ammer). Beim Fitis war die Rückkehrwahrscheinlichkeit stärkt zum Wegzug, wie dies bei Amseln nachgewiesen nach dem ersten bzw. den folgenden Wintern mit unter- wurde (Schwabl 1983). Das vorliegende Ergebnis könnte schiedlichen Klimavariablen am Besten korreliert (Tab. darauf hinweisen, dass junge Heckenbraunellen stärker 1). Korrelationen mit der lokalen Wintertemperatur wa- dispergieren als Altvögel, auch weil bei hoher Rück- ren in der Regel positiv mit Ausnahme von erstjährigen kehrwahrscheinlichkeit von diesen viele Territorien Heckenbraunellen. Die Korrelationen mit den Nieder- nicht von erstjährigen Vögeln besetzt werden können. schlägen in Spanien waren immer negativ, wie auch die Bei den Kurz- bzw. Langstreckenziehern Zilpzalp und Korrelation der Rückkehrwahrscheinlichkeit erstjähriger Fitis sind die lokalen Wintertemperaturen positiv mit der Fitisse mit der Brutzeittemperatur. Rückkehrwahrscheinlichkeit korreliert (siehe auch Flade 306 Themenbereich „Vogelzug“ • Vorträge

& Schwarz 2004 für den Langstreckenzieher Waldlaub- Burnham KP & Anderson DR 2002: Model selection and sänger Phylloscopus sibilatrix). Dies kann bedeuten, dass multimodel inference: a practical information-theoretic sich eine reduzierte Nahrungsverfügbarkeit nach einem approach. Springer, New York. kalten Winter negativ auf das Überleben der ankom- Flade M & Schwarz J 2004: Ergebnisse des DDA-Monitoring- menden Vögel auswirkt oder, dass bei reduzierter Nah- programms, Teil II: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989-2003. Vogelwelt 125: 177-213. rungsverfügbarkeit diese Arten stärker dispergieren. Peach WJ, Baillie S & Underhill LG 1991: Survival of British Wir haben gezeigt, dass Klimabedingungen mit den sedge warblers Acrocephalus schoenobaenus in relation to Rückkehrwahrscheinlichkeiten korreliert sein können. west African rainfall. Ibis 133: 300-305. Da alle Korrelationen jedoch schwach ausgeprägt sind, Robinson RA, Balmer DE, & Marchant JH 2008: Survival rates ist eine Interpretation schwierig. Es ist in einer komple- of hirundines in relation to British and African rainfall. xen Umwelt auch nicht immer davon auszugehen, dass Ringing & Migration 24: 1-6. einzelne Variablen alleine die Populationsdynamik von Salewski V, Hochachka W & Fiedler W 2009: Global warming Vogelarten erklären können. and Bergmann’s rule: do central European passerines adjust their body size to rising temperatures. Oecologia DOI 10.1007/s00442-009-1446-2. Sanderson FJ, Donald PF, Pain DJ, Burfield IJ & van Bommel Literatur FPJ 2006: Long-term population declines in Afro-Palearc- Berthold P & Fiedler W 2005: 32-jährige Untersuchung der tic migrant birds. Biological Conservation 131: 93-105. Bestandsentwicklung mitteleuropäischer Kleinvögel mit Schwabl H 1983: Ausprägung und Bedeutung des Teilzugver- Hilfe von Fangzahlen: überwiegend Bestandsabnahmen. haltens einer südwestdeutschen Population der Amsel Tur- Vogelwarte 43: 97-102. dus merula. J. Ornithol. 124: 101-116. BirdLife-International 2004: Birds in Europe: population es- Szép T 1995: Relationship between west African rainfall and timates, trends and conservations status. BirdLife-Interna- the survival of central European Sand Martins Riparia tional, Cambridge, UK. riparia. Ibis 137: 162-168. Boano G, Bonardi A, & Sivano F 2004: Nightingale Luscinia White G & Burnham KP 1999: Programm MARK: survival megarhynchos survival rates in relation to Sahel rainfall. estimation from populations of marked . Bird Stu- Avocetta 28: 77-85. dy 46: S120-S139.

Rössler M & Schauer C (Wien, Gablitz/Österreich): Flugrichtungen und Intensität des nächtlichen Vogelzuges über den Ostalpen. Moon-Watching Survey 2005-2007 des Netzwerks Nächtlicher Vogelzug Ostalpen

Martin Rössler, Matznergasse 8/28, 1140 Wien, Österreich; E-Mail: [email protected]

Das Wissen über den Vogelzug in den Ostalpen ist un- wurden zusammengefasst und mittlere Flugrichtungen vollständig. Insbesondere über den nächtlichen Vogelzug, und Zugintensitäten (MTR – Migration Traffic Rate) für darüber, wie und wie viele Vögel die Ostalpen queren fünf Regionen (1) Donauraum und Alpenvorland, (2) und ob dieser Raum im paläarktischen Zuggeschehen Wien und Alpen-Karpathen-Fenster, (3) Alpenostrand, eine geografische Barriere darstellt, besteht Unklarheit. Pannonisches Becken, Oststeiermark, (4) Grazer Becken, Beruhend auf Radarstudien in Süddeutschland wurde Weststeiermark, Südsteiermark und (5) Alpen (Kärnten postuliert, dass sich der nächtliche Breitfrontzug im Nah- und Teile Salzburgs, Oberösterreichs, Niederösterreichs bereich der Alpen in eine südwestliche und eine südöst- und der Steiermark) errechnet. liche Kohorte teilt, um die vergleichsweise schmale aber Die im Herbst beobachteten mittleren Flugrich- vertikal hoch aufragende Gebirgsbarriere zu vermeiden. tungen weisen nach SSW und SW (210-220°). Diese Westsüdwestliche Zugströme am nördlichen Alpenrand Richtungen weichen unerwarteter Weise nicht von den im Schweizer Mittelland untermauern diese Annahme. in früheren Untersuchungen gefundenen mittleren Über einen komplementären südöstlichen Zugstrom gibt Richtungen des Breitfrontzuges über Süddeutschland es aber keine Informationen. Daher wurden im Zeitraum ab. Die Flugrichtungen innerhalb des Berglandes (Hohe 2005-2007 simultane Beobachtungen des nächtlichen Tauern bis Rax) unterscheiden sich nicht von jenen Vogelzuges mittels der Moon-Watching-Methode orga- über dem Flachland in Ostösterreich. Die mittlere Zug­ nisiert. Der Schwerpunkt der Untersuchung lag in den intensität im Bergland ist nur um 10 % geringer als über Regionen östlich 13° Ost. 19 Beobachtungsnächte im dem Rest Österreichs. Dem postulierten SO-gerichte- Herbst und 25 Beobachtungsnächte im Frühling brach- ten Strom entsprechende Flugrichtungen konnten nur ten 6.888 Einzelbeobachtungen von insgesamt 93 Stati- in untergeordnetem Ausmaß gefunden werden. Es onen. Alle Frühlings- und alle Herbstbeobachtungen konnte aber im Bereich nördlich der Alpen im Herbst Vogelwarte 47 (2009) 307 ein im Gegensatz zu den Erwartungen stehender Ost- für die vielen nächtlichen Arbeitsstunden, Bruno Bru- West gerichteter Strom beobachtet werden, der etwa derer und Felix Liechti für Inspiration und Mentoring 15 % des SW-Stromes beträgt. Im Frühling zeigten sich und BirdLife Österreich für die Unterstützung beim im Vergleich zu den Herbstrichtungen komplementäre Aufbau des Beobachternetzwerkes. Die Studie wurde Richtungen, nur im Raum Wien und Alpen-Karpathen- vom Österreichischen Lebensministerium finanziell Fenster wurde eine signifikant nördlichere mittlere gefördert. Richtung beobachtet als auf Grund der Herbstrich- tungen zu erwarten war. Die mittleren Richtungen öst- Literatur Bruderer B 1981: Radar data on the orientation of migratory lich der Alpen (Alpenostrand, Pannonische Tiefebene, birds in Europe. Proc. Int. Ornithol. Cong., Berlin 1978: Alpen-Karpathen-Fenster) weisen mit 20-30° nach 547-552. NNO und sind signifikant nördlicher als in der Region Bruderer B 1982: Do migrating birds fly along straight lines? Alpen und nördlich davon (40-50°, NO). In: Papi F & Wallraff HG (Hrsg). Avian Navigation. Int. Die beobachteten mittleren Richtungen entsprechen Symp. on Avian Navigation. Springer Berlin, Heidelberg, auch im untersuchten Alpenraum den mittleren Rich- New York: 314. tungen ungestörten Breitfrontzuges. Starke Ausweich- Bruderer B & Liechti F 1990: Richtungsverhalten nachtzie- bewegungen zur Umgehung der Ostalpen können für hender Vögel in Süddeutschland und der Schweiz unter das Untersuchungsgebiet ausgeschlossen werden. Der besonderer Berücksichtigung des Windeinflusses. Ornithol. herbstliche westwärts gerichtete Zugstrom nördlich der Beob. 87: 271-293. Liechti F 2001: Calibrating the moon-watching method – Alpen passt sehr gut zu den Beobachtungen ausgespro- chances and limits. Avian Ecol. Behav. 7: 27–40. chen hoher Zugintensität im Schweizer Mittelland, führt Liechti F, Peter D, Lardelli R & Bruderer B 1996: Die Alpen, aber zu einer Neuinterpretation des Phänomens. Es ein Hindernis im nächtlichen Breitfrontzug – eine groß- erscheint logischer, diese hohen Zugintensitäten nicht räumige Übersicht nach Mondbeobachtungen. J. Ornithol. als regionales Ereignis (Richtungsänderungen eines 137: 337–356. hohen Anteils der aus Nordosten kommenden Vögel) Trösch B, Lardelli R, Liechti F, Peter D & Bruderer B 2005: zu interpretieren sondern als einen überregional (bereits Spatial and seasonal variation in nocturnal autumn and im Osten Österreichs) entstehenden kumulierenden spring migration patterns in the western Mediterranean Strom eines eher geringen Anteils von Vögeln, deren area: a moon-watching survey. Avocetta 29: 63-73- Richtungen durch den Verlauf des Alpenbogens beein- Zehtindjiev P & Liechti F 2003: A quantitative estimate of the spatial and temporal distribution of nocturnal bird migra- flusst werden, zu deuten. tion in south-eastern Europe - a coordinated moon-watch- ing study. Avian Science 3: 37-45. Dank. Unser Dank gilt vor allem den 127 Mitarbeite- Zink G. 1973-1985: Der Zug europäischer Singvögel. Vogel- rInnen des Netzwerkes Nächtlicher Vogelzug Ostalpen zug-Verlag, Möggingen.

Leyrer J, Shamoun-Baranes J, Bocher P, van Loon E & Piersma T (De Burg/Texel/Niederlande, Amsterdam/Niederlande, La Rochelle/Frankreich, Groningen/Niederlande): Der Wind, der Wind … – Über die Bedeutung von Rückenwind für Langstreckenzieher

Jutta Leyrer; E-Mail: [email protected]

Langstreckenzieher müssen auf dem Zug viele Heraus- der Energiereserven) auch die Wetterumstände zur Zeit forderungen meistern. Zum Beispiel müssen sie geeig- des Flugs – und hier insbesondere Windbedingungen nete Habitate zur Rast finden, die es ihnen ermöglichen, – eine große Rolle spielen. Windbedingungen während ihre Energiereserven aufzufüllen. Für viele Vogelarten des Flugs haben einen entscheidenden Einfluss darauf, liegen diese Rastplätze viele tausend Kilometer vonein­ ob ein Vogel mit den ihm zur Verfügung stehenden ander entfernt, und oftmals müssen diese Distanzen in Energiereserven (und der Zeitspanne) den nächsten einzelnen nonstop Flügen gemeistert werden. Ebenfalls Rastplatz oder das Brutgebiet erreichen kann. Ein zu- entscheidend für die Vögel ist das Timing des Zugs. Dies sätzlicher Stopp kostet zusätzliche Energie und Zeit und gilt insbesondere für Brutvogel der Arktis, da die Som- hat Fitness-Konsequenzen. So war der Bruterfolg von mer dort sehr kurz sind und dementsprechend der Ringelgänsen Branta bernicla in Jahren, in denen wäh- Zeitraum, der für die Jungenaufzucht und den Zug zu- rend des Zugs viel Gegenwind vorherrschte, geringer rück in die Wintergebiete zur Verfügung steht, sehr (Ebbinge 1989). Und erst vor kurzer Zeit wurde gezeigt, begrenzt ist. Es wird jedoch mehr und mehr deutlich, dass Pfuhlschnepfen Limosa lapponica, die von Alaska dass neben der Qualität der Rastgebiete (zum Auffüllen nach Neuseeland in einem 11.000 km langen nonstop 308 Themenbereich „Vogelzug“ • Vorträge

Flug ziehen, ihren Abflug mit dem Durchzug von Tief- Jahren hingegen (Gegenwind) legen mehr Knutts eine druckgebieten abstimmen, die ihnen zuverlässig unter- extra Rast in Frankreich ein. Anders als Pfuhlschnepfen stützende Winde bringen. Knutts Calidris canutus haben Knutts in Mauretanien keine Möglichkeit, vorher- canutus, die im Westafrikanischen Mauretanien über- sagbare Wettersysteme in ihren Abzug mit einzukalku- wintern und in ihre sibirischen Brutgebiete ziehen, lieren. Wir zeigen anhand von Wind- und Zähldaten dass fliegen im Frühjahr in zwei nonstop Flügen nach Nor- die große Variabilität in Frankreich tatsächlich mit Wind- den und nutzen das Schleswig-Holsteinische Watten- bedingungen während des Flugs zu erklären ist. meer als zentralen Rastplatz. Jedes Jahr stoppt eine vari- able Anzahl Knutts auch an der französischen Atlantik- Literatur küste. Vor 20 Jahren wurde die Hypothese formuliert, Ebbinge BS 1989: A multifactorial explanation for variation dass in ‘guten’ Jahren (mit Rückenwinden) der Großteil in breeding performance of Brent Geese Branta bernicla. der Knutts direkt ins Wattenmeer fliegt. In ‘schlechten’ Ibis 131: 196-204.

Hegemann A, Verhelst B & Trierweiler C (Groningen/Niederlande, Brugge/Belgien): Südwest-Georgien als der bedeutendste Konzentrationspunkt von Greifvögeln während des Herbstzuges in der Westpaläarktis

Arne Hegemann, Ecology Group, Centre for Ecological and Evolutionary Studies, University of Groningen, P.O. Box 14, 9750 AA Haren, Niederlande; E-Mail: [email protected]

Greifvögel sammeln sich während des Zugs in großen Am zahlreichsten waren Wespenbussarde Pernis api- Anzahlen an geographischen Engpässen, um Barrieren vorus (> 390.000 Individuen), Mäusebussarde Buteo wie z. B. Gebirge und Meere zu umfliegen und Ge- buteo vulpinus (> 275.000) und Schwarzmilane Milvus birgspässe oder Meeresengen zur Überquerung zu nut- migrans (> 58.000). Weitere Arten wurden in bedeu- zen. Die bekanntesten europäischen Zugkonzentrati- tenden Anzahlen festgestellt: Zwergadler Aquila penna- onspunkte für Greifvögel sind in Falsterbo, bei Gibral- ta, Wiesenweihe Circus pygargus, Steppenweihe Circus tar und am Bosporus zu finden. Es gab jedoch auch macrourus, Schreiadler Aquila pomarina, Schelladler Hinweise, dass sich ein bedeutender Konzentrations- Aquila clanga, Kurzfangsperber Accipiter brevipes und punkt für Greifvögel im Südwesten von Georgien be- Schlangenadler Circaetus gallicus. Ein Vergleich mit findet, da der Greifvogelzug dort durch das Kaukasus- Literaturdaten zeigt, dass bisher an keinem anderen Ort gebirge sowie das Schwarze und Kaspische Meer gelei- in Europa zur Herbstzugzeit so hohe Greifvogelkonzen- tet wird. Systematische Zählungen gab es aus diesem trationen festgestellt wurden. Selbst in Israel liegen die Raum bisher aber nicht. Maximalzahlen nach mehr als zehnjährigen Erfassungen Im Jahr 2008 wurden bei Batumi in SW-Georgien noch deutlich unter den Ergebnissen aus SW-Georgien. erstmals systematische Zugzählungen zwischen dem 21. Lediglich während des Frühjahrszugs wurden in Eilat (Is- August und dem 14. Oktober durchgeführt. Gezählt rael) im Rahmen von mehr als 20-jährigen Erfassungen wurde täglich von ca. 7:00 – 17:00 Uhr an zwei Zähl- teilweise höhere Durchzugssummen festgestellt. stationen. Die Zählstationen lagen 400 m bzw. 5000 m von der Schwarzmeerküste landeinwärts. Das Ergebnis übertraf alle Erwartungen. Es wur- den insgesamt wurden mehr als 810.000 Greifvö- gel von 32 Arten gezählt. An den beiden Spitzen- zugtagen (4. Sept. und 29. Sept.) zogen knapp 100.000 bzw. knapp 90.000 Greifvögel durch. An insgesamt 3 Tagen waren es mehr als 50.000 Greif- vögel, an 8 Tagen mehr als 30.000 Greifvögel und an 22 Tagen (entspricht 40 % aller 55 Beobach- tungstage) wurden mehr als 10.000 Greifvögel erfasst.

Abb. 1: Ein Trupp Greifvögel (hier Wespenbussarde und Schwarzmilane) wie er in Batumi zur Wegzugzeit fast täglich zu sehen ist. Foto: A. Hegemann Vogelwarte 47 (2009) 309

Obwohl erst eine einzige Herbstzugperiode in Batumi Vögel werden trotz Verbotes bejagt, vor allem Bienen- erfasst wurde, sind die Anzahlen für viele Arten höher, fresser, Pirole und Turteltauben. als sie an anderen Konzentrationspunkten bei jahrzehn- Um das Zuggeschehen auf dieser sehr bedeutenden telangen Erfassungen festgestellt wurden. Dies betrifft Zugroute besser zu verstehen, aber auch um Populati- Schwarzmilan, Wiesenweihe, Steppenweihe, Rohrweihe onsveränderungen zu beschreiben, werden die Zäh- Circus aeruginosus und Baumfalke Falco subbuteo. Für lungen in den kommenden Jahren fortgesetzt. Dabei Wespenbussard, Mäusebussard, Zwergadler, Adlerbus- werden lokale Ornithologen einbezogen und ausgebil- sard und Schelladler gehören die Anzahlen in Batumi zu det. Im Jahr 2009 zeigte sich bereits, dass etliche Arten den höchsten je in Europa und Israel während einer Zug- (z. B. Zwergadler, Schreiadler) in noch wesentlich hö- periode festgestellten. Daraus lässt sich schließen, dass heren Anzahlen durchziehen können, als 2008 festge- SW-Georgien der wichtigste Konzentrationspunkt für stellt wurde. Greifvögel während des Herbstzuges in der gesamten Für die Zählungen in den folgenden Jahren werden West-Paläarktis sein muss. noch Helfer und Helferinnen gesucht. Wer Lust und Eine Gefährdung der Greifvögel besteht an diesem Zeit hat, ist herzlich willkommen an der Erfassung Konzentrationspunkt durch illegale Jagd. Je nach Wet- dieses spektakulären Greifvogelzuges teilzunehmen. terlage und damit Flughöhe der Greifvögel konnten Nähere Informationen zur Teilnahme, aber auch weitere Abschüsse von nahezu allen Arten, vor allem aber von Hintergrundinformationen sowie aktuelle Entwick- Wespenbussarden, Mäusebussarden, Wiesenweihen lungen können sind im Internet unter www.batumirap- und Adlern täglich beobachtet werden. Auch kleinere torcount.org zu finden.

• Poster

Hering J, Fuchs E & Brehme St (Limbach-Oberfrohna, Oelsnitz, Berlin): Weißstörche Ciconia ciconia in der Zentralsahara - abseits bekannter Brut- und Rastplätze

Jens Hering, Wolkenburger Straße 11, 09212 Limbach-Oberfrohna, E-Mail: [email protected]

Bis heute ist nur wenig über das Brut- und Rastvorkom- Winternachweis. Interessant ist auch, dass es aus den men des Weißstorches Ciconia ciconia in Libyen be- Nachbarländern Algerien und Tunesien aus dieser Jah- kannt. So lagen auch nach dem Abschluss des VI. In- reszeit nur wenige Beobachtungen, oft von Einzelvögeln ternationalen Weißstorchzensus 2004/05 keine Daten oder nur kleinen Gruppen gibt (Isenmann & Moali 2000; für das viertgrößte Land Afrikas vor. Laut einschlägiger Isenmann et al. 2005). Auf den Bewässerungsfeldern im Literatur wurden in den letzten Jahren lediglich drei Fezzan waren Weißstörche auch im März 2009 in groß- Brutansiedlungen in den nördlichen Landesteilen ge- er Anzahl nachweisbar. Die größte Ansammlung mit 68 funden (Gaskell 2005; Azafzaf et al. 2006). Auch Beob- Ind. wurde dabei wieder in Maknusa festgestellt. Einzel- achtungen auf dem Heim- und Wegzug haben Selten- ne Vögel zeigten sich auf den Landwirtschaftsflächen in heitswert und Winternachweise fehlen ganz (vgl. Bun- den Wadis Berdjuj und Ash Shati. Beringte Störche be- dy 1976; Brehme et al. 2002). In der „Checklist of the fanden sich nicht darunter. birds of Libya“ (African Bird Club 2007) wird der Weiß- Nach der überraschenden Entdeckung des Überwin- storch sogar nur als Durchzügler geführt. Aktuelle Un- terungsgebietes inmitten der libyschen Sahara stellte tersuchungen in der Zentralsahara zur Jahreswende sich die Frage, ob Weißstörche auch zur Brutzeit auf 2007/2008, im Mai 2008 und im März 2009 führten nun den ganzjährig bewirtschafteten Flächen in dieser Ex- zu überraschenden Ergebnissen (Hering 2008, 2009; tremwüste anzutreffen sind. Für die Suche im Frühsom- Hering, Brehme & Fuchs i. Vorb.). mer 2008 wurden die im Südosten Libyens gelegenen Im Gebiet der Radialoasen bei Maknusa im Fezzan Radialoasen nahe der Saharaoase Al Kufra und die konnten am 3. und 4.1.2008 auf zwei abgeernteten, be- nördlich davon gelegenen Bewässerungsfelder im As wässerten Maisfeldern ca. 650-700 Ind. beobachtet wer- Sarir ausgewählt. Der Erfolg blieb nicht aus. In beiden den. Die Störche waren auf Nahrungssuche oder zeigten Gebieten wurden jeweils fast 100 übersommernde Stör- Komfortverhalten. Beregnungsanlagen wurden dabei zur che gezählt. Eine weitere Überraschung war der Fund Wasseraufnahme und als „Dusche“ genutzt. Eine derar- eines Brutnestes am 24.5. im As Sarir. Auf einem ca. 25 tig große Ansammlung wurde vorher noch nicht in Li- m hohen Gittermast fütterten zwei Altvögel ihre beiden byen festgestellt. Zudem handelte es sich um den ersten Jungen, ein dritter lag verendet auf dem Wüstenboden. 310 Themenbereich „Vogelzug“ • Poster

Abb. 1: Überwinternde Weißstörche auf einem Bewässerungsfeld bei Maknusa/Fezzan, Januar 2008. Foto: J. Hering

Nach Angaben eines Ortsansässigen sollen hier schon Literatur seit Jahren Weißstörche brüten. Atkinson P & Caddick J 2007: Checklist of the birds of Libya; Die aktuellen Funde zeigen, dass der Weißstorch auf siehe: www.africanbirdclub.org. dem Frühjahrsdurchzug, im Winter und auch zur Brut- Azafzaf H, Baccetti N, Defos du Rau P, Dlensi H, Essghaier zeit in der Zentralsahara präsent ist. Ausschlaggebend MF, Etayeb K, Hamza A & Smart M 2006: Report on an Ornithological Survey in Libya from 19 to 31 January 2006. ist zweifelsohne der seit Jahrzehnten großflächig betrie- United Nations Environment Programme, the Mediterra- bene Bewässerungsfeldbau im Fezzan und in der Liby- nean Action Plan, Regional Activity Centre for Specially schen Wüste. Allein die Landwirtschaftsflächen bei Al Protected Areas, Tunis-Tripolis. Kufra haben eine Ausdehnung von ca. 10.000 ha. Da Brehme St, Thiede W & Borges, E 2002: Beiträge zur Vogelwelt die Felder auch in den Sommermonaten bewirtschaftet Libyens, II: Podicipedidae bis Anatidae. Ornithol. Mitt. 54: werden, sind Nahrung und Süßwasser permanent vor- 202 – 212. handen. Trotz allem ist es ein Rätsel, wie Weißstörche Bundy G 1976: The birds of Libya. An annotated check-list. an einem der heißesten Orte der Erde, bei Extremhitze B.O.U. Check-List No. 1. London. und verheerenden Sandstürmen mit Erfolg ihre Jungen Gaskell J 2005: Recent changes in the status and distribution großziehen. Forschungsbedarf ist hier angezeigt, vor of birds in Libya. Sandgrouse 27: 126-138. Hering J 2008: Duschende Störche und Jungenfütterung bei allem aber auch hinsichtlich der Bedeutung als Durch- 50 °C: Weißstörche in der Zentralsahara entdeckt! Falke 55, zugs- und Überwinterungsgebiet. Es bedarf der Beant- 390-394. wortung vieler Fragen, so z. B. zur Nutzung des neu Hering J 2009: Beitrag zur Wintervogelwelt Libyens. Vogel- geschaffenen Lebensraumes im Jahreszyklus, zur Nah- warte 47: 5-22. rungsverfügbarkeit und zu möglichen Beeinträchti- Isenmann P & Moali A 2000: Birds of Algeria. SEOF, Paris. gungen durch Schädlingsbekämpfung. Aktuell wäre ein Isenmann P, Gaultier T, El Hili A, Azafzaf H, Dlensi H & Smart Forschungsprojekt möglich, da sich das viertgrößte M 2005: Birds of Tunisia. SEOF, Paris. Land Afrikas der Welt wieder geöffnet hat.

Dank. Für die Unterstützung bei der Feldarbeit danken wir Heidi Hering. Des Weiteren gilt unser Dank für anderwei- tige Hilfe Jens Edelmann, Thomas Kraft und Michael Rolke.

Abb. 2: Übersommernde Weißstörche nahe der Oase Al Kufra/Libysche Wüste, Mai 2008. Foto: J. Hering Vogelwarte 47 (2009) 311

Themenbereich „Freie Themen“

• Vorträge

Steiner H (Piberbach/Österreich): Experimentelle Hinweise auf die allgemeingültige Relevanz der „predation risk landscape“ bei der Habitatwahl von Vögeln am Beispiel des Systems Habicht-Sperber-Baumfalke-Kiebitz

Helmut Steiner, Mühlbachgasse 5,4533 Piberbach, Österreich; E-Mail: [email protected].

Für die Wahl von Brutplätzen spielen unter anderem periment gleich. Beim Baumfalken wurden 25 Brutplät- Nahrungsfaktoren und Feindvermeidung eine Rolle. ze auf ihre Lage zu Habichtrevieren untersucht, zudem Üblich ist korrelative Evidenz, großräumige Freiland- 350 Beutereste. experimente wurden bisher kaum durchgeführt (Hak- Bei Sperbern korrelierten Revierbesetzung, Brutgrö- karainen et al. 2004; Mönkkönen et al. 2007; Cresswell ße und Alter der Brutvögel positiv mit der Größe der 2008; Heithaus et al. 2009). Eine Entfernung von über- Waldinsel, in der der Horst lag (p < 0,05). Die Gilden geordneten Prädatoren sollte zeigen, ob dadurch ein der Wald- und Siedlungsvögel wurden als Beute bevor- Wechsel in der Besetzung von Brutplätzen herbeige- zugt, während Feldbewohner keine Rolle spielten (p < führt wird. Offen ist, ob nicht nur bei Felsbrütern, 0,001). Folgende Nahrungsparameter hatten signifi- sondern auch bei Baumbrütern eine deutliche Struk- kante Effekte auf die Revierbesetzung und Brutgröße: turierung von Gilden auf dem Wege von top-down- Breite des Beutespektrums nach Levin (p < 0,01), relative Regulierung erfolgt. Anteile der Laubwald-Beutegilde (p < 0,05). Keinen Ef- Von 1990 bis 2009 wurden auf 100 bis zu 1000 km² fekt hatte die Beutemasse. Außerdem nahm im Laufe großen Probeflächen alle Reviere von HabichtAccipiter der Brutzeit die Gilde der Siedlungsvögel (Sperlinge gentilis, Sperber Accipiter nisus, Baumfalke Falco sub- Passer sp. u. a.) signifikant auf Kosten der Waldvögel zu buteo und Kiebitz Vanellus vanellus lokalisiert. Das Un- (p < 0,001). Die Entfernung von Habicht-Paaren führte tersuchungsgebiet war zu 10 % bewaldet, vor allem mit zu signifikanten Neuansiedlungen in Umkreisen von Fichten. Es lag im oberösterreichischen Alpenvorland 0,5, 1 und 1,5 km (p < 0,01). In Habicht-Nähe brüteten (Steiner & Deschka 2006). Für jedes Accipiter-Revier vor allem vorjährige, subdominante Sperber-Indivi- wurden das Alter der Brutvögel anhand der Mauserfe- duen. Bei stärkerer Waldfragmentierung waren die dern, die Beute, der Bruterfolg und teilweise die Brut- Verdrängungseffekte ausgeprägter. größe ermittelt. Beim Sperber kamen > 400 Bruterfolge, Baumfalken ernährten sich zu > 40 % von Rauch- > 150 Brutgrößen und ca. 13.000 Beutereste zur engeren schwalben Hirundo rustica. Die nearest neighbour di- Auswertung. Beim Habicht waren es ca. 3000 Beutereste. stances waren signifikant mit dem Grünlandanteil im Aufgrund jagdlicher Eingriffe wurden 20 Habicht-Brut- 1,5 km-Umkreis verknüpft (p < 0,01). In grünland- paare entfernt, ohne dass eine Veränderung der Vege- reicheren Gebieten gab es mehr Schwalben. Die Dauer tationsstruktur stattfand. Dies kam einem Freilandex- der Revierbesetzung hing von der Entfernung zum nächsten Habichtbrutplatz ab (p < 0,01). Entfernungen von Habich- 10 ten führten in allen Fällen zu Neu- 9 ansiedlungen von Baumfalken- 8 Paaren im Folgejahr. 7

s Baumfalken- 6 d e

t 5 1 9 2 - 1999 i s k e e 4 r g e 3 u v i e r 2 s h ä u t r

B 1 u n g z

t 0 Abb. 1: Revierbesetzung des Baum-

s e falken in Abhängigkeit vom Abstand e 0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 B zum nächsten Habichthorst (rs = 0,76, Minimale Distanz zu Habicht - Brutrevier [km] p = 0,006, n = 11, zweiseitig). 312 Themenbereich „Freie Themen“ • Vorträge

Der Anteil der Kiebitze in den Beutelisten von 30 Literatur Habicht-Paaren hing nicht mit dem Waldanteil, den er- Cresswell W 2008: Non-lethal effects of predation in birds. beuteten Fasanen Phasianus colchicus oder der Kiebitz- Ibis 150: 3-17. Dichte zusammen (p jeweils > 0,05), sondern mit dem Hakkarainen H, Mykrä S, Kurki S, Tornberg R & Jungell S Grad der Ausräumung der Landschaft (p < 0,01). Basie- 2004: Competitive interactions among raptors in boreal forests. Oecologia 141: 420-424. rend auf dem Nahrungsbedarf der Brutpaare, entnahmen Heithaus M R, Wirsing A J, Burkholder D, Thomson J & Dill Sperber und Habicht in einem 100 km² großen Gebiet L M 2009: Towards a predictive framework for predator jährlich rund 30 % der Altvögel (Steiner 2007, 2009). risk effects: the interaction of landscape features and prey Prädationsrisiko ist ein allgegenwärtiger, kryptischer escape tactics. J. Anim. Ecol. 78: 556-562. Faktor. Kleinstpopulationen sind nur scheinbar stabil. Mönkkönen M, Husby M, Tornberg R, Helle P & Thomson R Änderungen im Konkurrentenspektrum können auch L 2007: Predation as a landscape effect: the trading off by ohne strukturelle Veränderungen der Gebiete zum prey between predation risks and protection ben- Verschwinden von Arten führen. Dies hat Auswir- efits. J. Anim. Ecol. 76: 619-629. kungen auf Managementpläne für Zielarten in Natura Steiner H 2007: Absolute Entnahmen in einer Kiebitz-Brut- 2000-Gebieten oder Nationalparks. Die Eignung von population (Vanellus vanellus) durch Greifvögel (Accipiter gentilis, A. nisus, Falco peregrinus). Vogelkdl. Nachr. Obe- Habitaten, etwa bei GIS-Studien, kann nicht einfach rösterr.. Naturschutz aktuell 15(2): 171-191. anhand der Vegetationsstruktur ermittelt werden. Die Steiner H 2009: Bestandseinbruch des Kiebitz (Vanellus va- weit verbreiteten Dezimierungen von Top-Prädatoren nellus) im Alpenvorland, großräumige Dichte und vorläu- führen zur jagdlich unerwünschten Zunahme von fige Faktoren für Habicht- und Wanderfalken-Prädation. Kleinprädatoren. Vogelkdl. Nachr. Oberösterr.. Naturschutz aktuell 17(1-2): 45-71. Dank. Ich danke der Naturschutzabteilung des Landes Steiner H & Deschka C 2006: Integriertes Greifvogel-Moni- Oberösterreich für Unterstützungen, außerdem C. toring 1990-2003 in Oberösterreich. In: Gamauf A & Berg Deschka. H-M (Hrsg) Greifvögel & Eulen in Österreich: 113-142. Naturhistorisches Museum, Wien.

Elle O, Twietmeyer S, Lemke H, Engler J & Roderus D (Trier): Gibt es eine spezifisch periphere Arealdynamik? Konzeption und erste Ergebnisse einer Studie an südwestdeutschen Orpheusspöttern Hippolais polyglotta

Ortwin Elle, Universität Trier, Abt. Biogeographie, Am Wissenschaftspark 25-27, 54286 Trier, E-Mail: [email protected]

Gerade bei südeuropäischen Faunenelementen ist man Dispersal), sich überhaupt prinzipiell von den areal- leicht geneigt, den globalen Klimawandel monokausal dynamischen Mechanismen im Arealzentrum unter- für die Verschiebung von Arealgrenzen nach Norden scheiden. Ein wesentlicher Unterschied könnte vor verantwortlich zu machen. Tatsächlich wird eine Vo- allem in der unterschiedlichen Etablierungswahr- gelart bei einer Arealerweiterung mit neuen Lebensräu- scheinlichkeit dismigrierender Vogelindividuen in men und den dort etablierten Lebensgemeinschaften bereits von Artgenossen besiedelten bzw. zuvor unbe- und deshalb mit unterschiedlichen Formen von inter- siedelten Gebieten begründet sein. Im letzteren Fall spezifischer Konkurrenz konfrontiert. Neben der not- ist anzunehmen, dass die Zahl der Etablierungs-Fehl- wendigen Fähigkeit, neue entfernte Standorte überhaupt schläge sehr viel höher ist. erreichen zu können und der genetisch fixierten und von Ein 2008 im Saar-Mosel-Raum gestartetes Langzeit- äußeren Faktoren beeinflussten Motivation von Indivi- Farbberingungsprogramm am Orpheusspötter soll ers­ duen einer Population, diese Fähigkeiten auch tatsächlich te Erkenntnisse über die Dispersionsdynamik dieser „einzusetzen“, spielt daher die Anpassungsfähigkeit und expansiven Vogelart an ihrem Arealrand liefern. Im Konkurrenzstärke der Vogelart eine entscheidende Rol- Untersuchungsraum ist der Orpheusspötter als Brutvo- le für eine Etablierung an neuen Standorten. gel seit Mitte der 1980er Jahre bekannt (Hayo & Zan- Dabei stellt sich die grundsätzliche Frage, ob die nini 1986; Heyne 1987). Im ersten Untersuchungsjahr Mechanismen, die zu einem Arealgewinn am Areal- unseres Projekts konnten bereits 87 Orpheusspötter rand einer Art führen (Ausbreitung einzelner Indivi- individuell markiert werden (Twietmeyer et al. 2008). duen einer Subpopulation über kurze, mittlere und Weitere 31 Individuen wurden im zweiten Untersu- weite Distanzen durch Diffusion und Long-Distance- chungsjahr beringt. Vogelwarte 47 (2009) 313

In 42 untersuchten Revieren im Raum Trier konnten genetischen Austausch durch räumliche Diffusion zwi- 2009 für 22 Männchen (52,4 %) Wiederfunde erbracht schen den vom Orpheusspötter besiedelten Flächen werden. Für weibliche Orpheusspötter und Jungvögel spricht, würde der zweite Befund eher dagegen spre- sind aufgrund einer zu geringen Stichprobe keine Aus- chen. Aufgrund der geringen Stichprobengröße bei den sagen möglich. Irsch (1994) verzeichnete in der Initial- genetischen Untersuchungen sind verlässliche Aussagen phase der Arealexpansion im Saarland in den Jahren – insbesondere auch zur Bedeutung des Long-Distance- 1986 bis 1990 bei mindestens 87 farbberingten Indivi- Dispersals – aber derzeit noch nicht möglich. duen lediglich 10 Wiederfunde (11,5 %), was auf eine Für die Folgejahre wird - neben einer Erhöhung der wesentlich stärkere Arealdynamik in den ersten Jahren untersuchten Mikrosatellitenloci und einer Vergröße- der Expansion hindeutet. Die Rückkehr der Männchen rung der Stichprobe - angestrebt, die genetische Struk- erfolgte in unserer Untersuchung meist direkt in das tur auch großräumig für das süd- und westeuropäische vorjährige Territorium. Die Entfernung zum vorjäh- Areal des Orpheusspötters zu analysieren. Dieses er- rigen Fangort betrug im Raum Trier in einem Fall nur möglicht eine Identifizierung der Herkunftsgebiete der ca. 500 m. Ein Vogel aus dem weiter nördlich gelegenen Population am Arealrand und darüber hinaus Rück- Raum Mayen siedelte sich in einer Entfernung von 5,2 schlüsse über großräumige Austauschprozesse im km wieder an. Kernareal. Nischenuntersuchungen zeigten an den Trierer Stand- orten eine starke Präferenz von dynamischen Extrem- Dank. Wir danken allen, die uns durch ihr regionales standorten (Weinbergsbrachen, Sandgruben, Indus- Wissen über den Orpheusspötter und bei der Arbeit triegebiete) und einen hohen Grad an Selektivität bei im Feld unterstützt haben, namentlich: Karl-Heinz der Habitatwahl, was unter anderem für den Faktor Heyne (Bitburg), Rolf Klein (Saarlouis), Martin Becker „Exposition“ auf Weinbergsbrachen gezeigt werden (Wittlich), Hans-Georg Folz (Bingen), Malte Bickel konnte. Hier wurden insbesondere südwest-exponierte (Bingen), Mathias Jönck (Mayen), Andrea Maier (Tri- Standorte gegenüber anderweitig exponierten Mikro- er) und Niklas Böhm (Trier). Finanziell wurde das habitaten auf den Weinbergsbrachen überproportional Projekt durch den Forschungsfonds der Universität häufig besiedelt. Trier unterstützt. Erste Analysen zur genetischen Struktur der Or- pheusspötterpopulation mit Hilfe von vier polymor- Literatur phen Mikrosatelliten deuten auf eine eher geringe räum- Hayo L. & Zannini G. 1986: Orpheusspötter, Hippolais poly- liche Strukturierung am Arealrand hin. Untersucht glotta, im Saarland. J. Ornithol. 127: 244. wurden 68 Tiere aus verschiedenen Subpopulationen Heyne K.H. 1987: Der Orpheusspötter Hippolais polyglotta am Arealrand (Trier, Saarlouis, Wittlich, Mayen, Bin- als Brutvogel in Rheinland-Pfalz. Dendrocopos 14: 38-43. Irsch W. 1994: Zur Biologie des Orpheusspötters (Hippolais gen), wobei die komplette Bandbreite an Allelen aller polyglotta Viell., 1817) unter besonderer Berücksichtigung Loci durch die Trierer Standorte abgedeckt wurde. An der Arealausweitung an der nord-östlichen Verbreitungs- den Vorposten des Areals waren also keine zusätzlichen grenze. Abh. Delattinia 21: 5-57. Allele zu verzeichnen. Andererseits wurden recht hohe Twietmeyer S., Lemke H., Engler J., Roderus D. & Elle O. 2008: Inzuchtwerte für alle Sub-Populationen außer „Mayen“ Gelb! Dynamisch! Expansiv! Den südwestdeutschen Or- deutlich. Während der erste Befund für einen regen pheusspöttern dicht auf den Fersen. Vogelwarte 46: 355.

Dähne J, Kasperek G, Rexhepi J & Dugall B (Frankfurt am Main): Virtuelle Fachbibliothek Biologie – Nachweis ornithologischer Fachliteratur und Internetquellen.

Judith Dähne, Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Bockenheimer Landstraße 134-138, 60325 Frankfurt am Main, E-Mail: [email protected] vifabio - das biologische Fachportal unter www.vifabio. tionallizenz bis 2007 bzw. 2004) und der Internetquel- de - macht ornithologische Informationen aus Biblio- len-Führer von vifabio parallel durchsucht. Verlinkungen theken, Aufsatzdatenbanken und dem Internet an einem zur Elektronischen Zeitschriftenbibliothek und zu Lie- Ort gebündelt zugänglich. Mit einer Suchanfrage im ferdiensten erleichtern den Zugang zum Volltext. Virtuellen Katalog werden die Fachkataloge mehrerer Das Fachportal vifabio und die unterschiedlichen Bibliotheken, die Biodiversity Heritage Library, die Auf- Einstiegs- und Suchmöglichkeiten auch für den Inter- satzdatenbanken Online Contents, PubMed, BioLIS netquellen-Führer werden demnächst in der „Vogelwar- sowie Zoological Record und Biological Abstracts (Na- te“ ausführlich mit Abbildungen vorgestellt. 314 Themenbereich „Freie Themen“ • Vorträge

Vogl W (Wien/Österreich): Sexueller Konflikt und elterliche Investition bei Mehlschwalben Delichon urbica

Wolfgang Vogl; E-Mail: [email protected]

Wie in zahlreichen Studien an Singvögeln nachgewie- einschränken. Dies wirft zwei Fragen auf: Können Väter sen, decken sich auch bei Mehlschwalben soziale und erkennen, ob ihre Partnerinnen „untreu“ waren, und genetische Vaterschaft nicht immer. Dies führt zu einem schränken sie dementsprechend ihre Investition ein? Konflikt zwischen den Geschlechtern, der über unter- Oder ist „Fremdgehen“ eine Reaktion der Weibchen auf schiedliche Investition in die Nachkommenschaft aus- die schlechte Qualität ihres sozialen Partners, die sich getragen werden kann. Der Anteil an Jungen bei Mehl- u. a. auch in dessen geringem Engagement bei der Part- schwalben, die nicht vom sozialen Vater stammen, nerbewachung und Brutpflege manifestiert? Diese Fra- reicht von 20-30 % (11-19 % der Jungen) der Bruten in gen wurden von uns experimentell mittels genetischer verschiedenen Populationen. In einer vorangegangenen Vaterschaftsanalysen bearbeitet, wobei Qualitätsmerk- Untersuchung konnte gezeigt werden, dass Väter, die male wie Kondition und Immunkompetenz der Schwal- „fremde“ Junge aufziehen müssen, ihre Fütterungsraten ben mit berücksichtigt wurden.

Manegold A (Frankfurt/Main): Die Bedeutung von Vogelfossilien für paläoökologische Rekonstruktionen am Beispiel der Avifauna von Langebaanweg (Unteres Pliozän, Südafrika)

Albrecht Manegold, Forschungsinstitut Senckenberg, Sektion Ornithologie, Senckenberganlage 25, 60325 Frankfurt/ Main, E-Mail: [email protected].

Die Fossilfundstelle Langebaanweg (Western Cape, wie ihre heutigen Verwandten, lässt sich annehmen, Südafrika), ca. 100 km NW von Kapstadt gelegen, da- dass dieser Teil Südafrikas vor 5 Millionen Jahren aus- tiert aus dem Unteren Pliozän und damit aus einer Zeit, reichend mit Bäumen bestanden war, die geeignete in der das Klima global im Vergleich zum Miozän deut- Brutplätze für höhlenbrütende Papageien boten. Diese lich kühler und trockener wurde. Verglichen mit heu- Hypothese deckt sich mit Lebensraumrekonstrukti- tigen Bedingungen war es allerdings durchschnittlich onen, die auf fossilen Säugetieren sowie Pollenanalysen um etwa 3,5 °C wärmer (Christensen et al. 2002). In beruhen, und nach denen es im Bereich der Fossil- dieser Zeit begann in vielen Teilen der Erde die Aus- fundstelle sowohl Galeriewälder entlang eines Flusses breitung von Gräsern auf Kosten tropischer und sub- als auch ausgedehnte Baumsavannen gab (Hendey tropischer Wälder (Cerling et al. 1997). 1981). Dagegen fehlen solche Taxa im Fossilbericht, Langebaanweg gilt als eine der weltweit reichhal- die heute für subtropische und tropische Wälder cha- tigsten vorpleistozänen Fundstellen für Vogelknochen rakteristisch sind, neben Primaten unter den Säuge- (Rich 1980). Über 60 Vogelarten sind im Fossilmate- tieren sind dies z. B. Eurylaimidae, Pittidae oder Tro- rial repräsentiert, deren Bedeutung für paläoökolo- gonidae. gische Rekonstruktionen bisher erst in Ansätzen Rech- Besonders auffallend im Fossilbericht von Langeba- nung getragen wurde (Olson 1983, 1985a, b). Beson- anweg ist die hohe Diversität der Seevögel: Vier Pin- ders bemerkenswert ist der Nachweis von mindestens guin- (Spheniscidae) und acht Röhrennasen-Arten drei Papageienarten (Psittacidae; Rich 1980; Stidham (Procellariiformes) wurden beschrieben, von denen 2006), denn diese Vogelgruppe kommt heute in weiten die meisten zu den Brutvögeln gehörten (Simpson Teilen des südlichen Afrikas nicht mehr vor. Die der 1979; Olson 1983, 1985a). Gegenwärtig sind Pinguine Fossilfundstelle nächstgelegenen Vorkommen liegen und Röhrennasen in einer vergleichbaren Vielfalt nur mehrere hundert Kilometer weiter nördlich (Agapor- in der Subantarktis zu finden (Olson 1983; Shirihai nis roseicollis) bzw. südöstlich (Poicephalus robustus). 2008). Allein der Brillenpinguin Spheniscus demersus Vorausgesetzt, dass die fossilen Papageien ähnliche brütet im südlichen Afrika, während kein einziger Nischendimensionen und Habitatpräferenzen hatten Vertreter der Procellariiformes zu den Brutvögeln Vogelwarte 47 (2009) 315

Abb. 1: Fossile Überreste dreier Pinguinarten aus dem un- teren Pliozän von Langebaanweg (Südafrika): (a) SAM PQ- L55005, linker Humerus in Dorsalansicht von Dege hendeyi, (b) SAM PQ-L 23010, rechter Humerus von Inguza prede- mersus, (c) SAM PQ-L 55078, rechter Tarsometatarsus in Dorsalansicht von ?Palaeospheniscus huxleyorum, (d) SAM PQ-L 28246, linker Tarsometatarsus von Inguza predemer- sus und (e) SAM PQ-L 28455, linker Tarsometatarsus in Dorsalansicht von Dege hendeyi (Holotyp).

Literatur Cerling TE, Harris JM, MacFadden BJ, Leakey MG, Quadek J, Eisenmann V & Ehleringer JR 1997: Global vegetation change through the Miocene/ boundary. Nature 389: 153-158. Christensen BA, Kalbas JL, Maslin M & Murray RW 2002: Afrikas südlich der Sahara zählt. Darüber hinaus sind Paleoclimatic changes in southern Africa during the inten- mit fossilen Vertretern der Enten- (Pachyptila) und sification of Northern Hemisphere glaciation: evidence Lummensturmvögel Pelecanoides gerade solche Taxa from ODP Leg 175 Site 1085. Mar. Geol. 180: 117-131. nachgewiesen, die heute charakteristisch für höhere Diester-Haass L, Meyers PA & Vidal L 2002: The late Miocene südliche Breiten sind (Olson 1983, 1985a). Olson onset of high productivity in the Benguela Current upwell- (1983) nahm daher an, dass die Seevogeldiversität in ing system as part of a global pattern. Mar. Geol. 180: 87- Langebaanweg ein Hinweis darauf sei, dass während 103. des unteren Pliozäns vor der Westküste Südafrikas Hendey QB 1981: Palaeoecology of the Late Tertiary fossil ähnliche Bedingungen herrschten wie sie heute in sub- occurrences in the ‘E’ Quarry, Langebaanweg, South Af- rica, and a reinterpretation of their geological context. Ann. antarktischen Gewässern gegeben sind, und dass die S. Afr. Mus. 84: 1-104. Wassertemperatur niedriger, die Produktivität aber Lazarus D, Bittniok B, Diester-Haass L, Meyers P & Billups K höher war als heute. Zwar ist es erwiesen, dass der 2006: Comparison of radiolarian and sedimentologic pa- nährstoffreiche Benguela Strom bereits im oberen Mi- leoproductivity proxies in the latest Miocene–Recent Ben- ozän entlang der Westküste des südlichen Afrikas guela Upwelling System. Mar. Micropaleontol. 60: 269- verlief (Diester-Haass et al. 2002; Uenzelmann-Neben 294. et al. 2007), nach Bohrkernanalysen kam es aber erst Marlow JR, Lange CB, Wefer G & Rosell-Mele A 2000: Upwell- vor 3,2 Millionen Jahren zu einer deutlichen Abnahme ing intensification as part of the Pliocene-Pleistocene cli- der Wassertemperaturen und einer drastischen Erhö- mate transition. Science 290: 2288-2291. hung der Produktivität (Marlow et al. 2000; Christen- Olson SL 1983: Fossil seabirds and changing marine environ- ments in the late Tertiary of South Africa. S. Afr. J. Sci. 79: sen et al. 2002; Lazarus et al. 2006). Mit anderen Wor- 399-402. ten: Die Ansammlung von fossilen Pinguinen und Olson SL 1985a: Early Pliocene Procellariiformes (Aves) from Röhrennasen stammen aus einer Zeit, in der die Was- Langebaanweg, south-western Province, South Africa. Ann. sertemperatur deutlich höher und der Nährstoffgehalt S. Afr. Mus. 95: 123-145. niedriger war als heute. Die im Vergleich zu heute be- Olson SL 1985b: Early Pliocene ibises (Aves, Plataleidae) from merkenswerte Seevogeldiversität im frühen Pliozän south-western Cape Province, South Africa. Ann. S. Afr. scheint eher dem deutlich erhöhten Meeresspiegel (20 Mus. 97: 57-69. bis 60 m über heutigem Niveau) geschuldet (Hendey Rich PV 1980: Preliminary report on the fossil avian remains 1981; Olson 1983), durch den bestimmte Küstenbe- from late Tertiary sediments at Langebaanweg (Cape Prov- reiche als Inseln vom Festland abtrennt wurden, die ince), South Africa. S. Afr. J. Sci. 76: 166-170. Shirihai H 2008: The Complete Guide to Antarctic Wildlife. dann als Brutplätze für verschiedenste Seevögel in 2. Aufl. Princeton University Press, Princeton & Oxford. Frage kamen. Heute fehlen dagegen vergleichbare Simpson GG 1979: A new genus of Late Tertiary from Brutmöglichkeiten fast vollkommen. Langebaanweg, South Africa. Ann. S. Afr. Mus. 78: 1-9. Stidham TA 2006: Parrots (Aves: Psittaciformes) from the Miocene [sic] Varswater Formation, Langebaanweg, South Dank. Die Bearbeitung fossiler Vögel aus Langebaanweg Africa. Afr. Nat. Hist. 2: 198-199. wird von der Deutschen Akademie der Naturforscher Uenzelmann-Neben G, Schlüter P & Weigelt E 2007: Ceno- Leopoldina (BMBF-LPD 9901/8-183, LPDR-2009-1) zoic oceanic circulation within the South African gateway: und durch die African Origins Platform/West Coast indications from seismic stratigraphy. S. Afr. J. Geol. 110: Fossil Park Initiative gefördert. 275-294. 316 Themenbereich „Freie Themen“ • Poster

• Poster

Holleis A, Böhm C & Landmann A (Innsbruck/Österreich): Treu sein oder nicht? - Partnerwahl und Partnertreue beim Waldrapp Geronticus eremita

Christiane Böhm, Weiherburggasse 37a, 6020 Innsbruck, Österreich; E-Mail: [email protected]

Trotz einer Vielzahl von Untersu- 3,0 3,5 vor dem Wechsel chungen über Paarungssysteme sozial nach dem Wechsel 2,5 monogamer langlebiger Vögel sind die 3,0 **** Ursachen für Partnerwechsel bzw. Ko- sten und Nutzen von Scheidungen strit- 2,5 2,0 tig und im Detail wenig untersucht 2,0 (Übersicht z. B. Choudhury 1995). 1,5

Vom Waldrapp, der im Freiland akut 1,5 vom Aussterben bedroht ist (Weltbe- 1,0

stand derzeit etwa 200 Paare; El Bekkay 1,0 n ügge Jungvögel/Brut & Oubrou 2007) gibt es inzwischen n ügge Jungvögel/Brut 0,5 große Zoobestände (aktueller Bestand: 0,5 950+ Vögel; Böhm 2006). In Zoos lebt diese langlebige (Lebens- Männchen Weibchen treu untreu erwartung im Zoo etwa 30-35 Jahre; (n = 25) (n = 25) (n = 15 ) (n = 28 ) Böhm 2006) und primär monogame Abb.1: Beziehungen zwischen Bruterfolg und Partnertreue in Zookolonien des Art meist in Kolonien von zehn bis 40 Waldrapp Geronticus eremita: a) Bruterfolg ”treuer” (aller mindestens zweimal Individuen, die einander gut kennen miteinander brütender) und „untreuer“ (im Jahr nach einer Scheidung) Waldrapp- und bis ins hohe Alter erfolgreich brü- Paare im Alpenzoo Innsbruck zwischen 1998 und 2009. b) Bruterfolg bruterfah- ten können. rener Waldrappe im Jahr unmittelbar nach einem Partnerwechsel (Daten aus dem Alpenzoo, ergänzt durch Material der Zoos Jersey & Nürnberg) Ein vertieftes Verständnis von Paa- rungsstrategien und Faktoren, die den nern haben. Mischpaare aus einem erfahrenen und einem Bruterfolg beeinflussen, ist bei dieser global bedrohten unerfahrenen Partner sind aber nur unwesentlich weni- Art auch aus der Sicht des Artenschutzes wichtig (z. B. ger erfolgreich. Ausbürgerungsprojekte, Supplementation bestehender Freilandpopulationen durch Zoovögel). Inwieweit Brut- 2. Bruterfolg und Vertrautheit mit dem Partner: erfolg und Partnertreue bei diesem Kolonienbrüter mit- Unabhängig von ihren Vorerfahrungen haben Vögel, einander verknüpft sind, haben wir daher in Zookolonien die nur ein einziges Mal gemeinsam brüten, einen ge- untersucht. Wir fragen: ringeren Bruterfolg als aneinander gewöhnte Partner („treue“ Paare bei ihren zweiten bis wiederholten Bru- 1. Haben erfahrene Vögel einen höheren Bruterfolg? ten). Der Bruterfolg beim erstmaligen gemeinsamen 2. Zahlt sich Treue (über erhöhten Bruterfolg) aus? Brutversuch ist bei diesen „treuen Paaren“ zwar nicht 3. Kann ein Partnerwechsel den Bruterfolg erhöhen? wesentlich höher als bei einmalig miteinander brü- 4. Beeinflusst die Häufigkeit des Partnerwechsels den tenden Kurzzeitpaaren, aber tendenziell geringer als bei individuellen Reproduktionserfolg? späteren gemeinsamen Bruten. Wir verfügen über langjährige Aufzeichnungen (1962- 2009) der Paarbeziehungen und des Bruterfolges in der 3. Bruterfolg und Partnertreue: Kolonie des Alpenzoo Innsbruck (farbberingte Tiere; Vögel, die ihrem Partner treu sind, haben tendenziell 32 Vögel in 44 Paarkombinationen). Dieses Material höheren Bruterfolg als solche, die sich einen neuen Part- wird ergänzt durch Daten aus den Zoos von Jersey (48 ner suchen (Abb.1 a). Im Jahr unmittelbar nach einem Vögel, 44 Paare) und Nürnberg (30 Vögel, 25 Paare). Partnerwechsel haben beide Geschlechter einen gerin- geren Bruterfolg als im Jahr zuvor (Abb. 1 b). Ergebnisse: 4. Bruterfolg und Zahl der Partner: 1. Bruterfolg und Bruterfahrung: In ihrer Partnerwahl „flexible“ Waldrappe beiderlei Unsere Ergebnisse zeigen grundsätzlich, dass Paare, die Geschlechts haben insgesamt einen höheren individu- aus zwei erfahrenen Brütern bestehen, einen signifikant ellen Reproduktionserfolg als „konservative“ Vögel, die höheren Bruterfolg als Paare mit zwei unerfahrenen Part- nur selten ihre Partner wechseln (oder wechseln kön- Vogelwarte 47 (2009) 317 nen). Weibchen profitieren dabei offenbar stärker von nicht kurz- sondern eher langfristig eine Steigerung sei- Wechseln als Männchen. nes Bruterfolges. Unsere Befunde deuten an, dass auch beim Waldrapp Literatur Bruterfahrung und die Vertrautheit zwischen den Part- Böhm, C 2006: Northern Bald Ibis Geronticus eremita. nern den Fortpflanzungserfolg positiv beeinflussen und 3rd studbook. Alpenzoo Innsbruck, 63 pp. dass sich Partnertreue kurzfristig positiv auf den Fort- Choudhury, S 1995: Divorce in birds: a review of the hypoth- pflanzungserfolg auswirkt. Bei längerfristiger Betrach- eses. Anim. Behav. 50: 413–429. tung zeigt sich aber auch, dass der Bruterfolg allein of- El Bekkay M & Oubrou W 2007: Northern Bald Ibis Conser- fenbar nicht generell ausschlaggebend für einen Partner- vation Project in Souss Massa Region. In: Boehm, C., Bow- den CGR., Jordan, M., King, C. (Eds.): Northern Bald Ibis wechsel bzw. für Partnertreue ist. Die erfolgreichsten Conservation and Reintroduction workshop. Proceedings Brüter sind jene Vögel, die zwar zwei oder mehrere Jah- 2nd IAGNBI Meeting, RSPB, Sandy: 32-35. re mit einem Partner brüten, aber flexibel (oder attraktiv) Ens B, Safriel UN & Harris MP 1993: Divorce in the long-lived genug sind, diesen gegebenenfalls nach ein paar Brutsai- and monogamous Oystercatcher, Haematopus ostra­legus: sonen zu wechseln (better option hypothesis; Ens et al. incompatibility or choosing the better option? Anim. Behav. 1993). Durch einen Partnerwechsel erlangt ein Vogel also 45: 1199–1217.

Herrmann P & James JH (St. Clair/Großbritannien): The ‘inverted copulation’ behaviour of the Two-banded Plover Charadrius falklandicus

Philipp Herrmann; E-Mail: [email protected]

Der Falkland-Regenpfeifer Charadrius falklandicus ist Island“ auf den Falkland Inseln im Südatlantik. Wir ein verbreiteter Watvogel der Süd-Neotropis, dessen fanden heraus, dass der Falkland-Regenpfeifer ein aus- Brutökologie bisher wenig erforscht ist. In den Jahren drucksvolles Kopulationsverhalten zeigt, welches wir 2005 bis 2009 erforschten wir diese Art auf „Sea Lion detailliert beschreiben.

Bauer A, Studer-Thiersch A & Wink M (Heidelberg, Basel/Schweiz, Heidelberg): Isolation von polymorphen Mikrosatelliten bei Flamingos

Andreas Bauer, Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie (IPMB), Im Neuenheimer Feld 364, 69120 Hei- delberg; E-Mail: [email protected]

Mikrosatelliten sind tandemwiederholte, kurze, bis 100 dukte konnte ein eventuell angeschnittener Bereich eines bp lange Sequenzmotive, die oft hoch polymorph sind. Mikrosatellits erkannt werden. Nach einem virtuellen Aus diesem Grund sowie ihrer Lage in oft Nicht-kodie- Verdau mit Sau3A I konnten Primer zwischen Sau3A I- renden Bereichen des Genoms sind Mikrosatelliten aus- Schnittstelle und angeschnittenem Mikrosatellit entwor- gezeichnete Marker für genetische Analysen, Vater- fen werden. Diese wurden bei den nach der Selbstligati- schaftsnachweise und phylogenetische Untersuchun­ on entstandenen zirkulären Fragmenten in einer Inversen gen. PCR eingesetzt. Nach der Sequenzierung des Inversen Die Isolation solcher Marker ist nicht immer einfach. PCR-Produktes sollten Primer für einen Mikrosatelliten- Zur Isolation von Mikrosatelliten bei Flamingos wurden locus entworfen werden können. hier zwei neue Methoden verwendet: die eine auf In- Bei der Enrichment-Methode wurde zuerst geno- verser PCR, die andere auf Enrichment über selektive mische DNA von Phoenicopterus roseus mit der Restrik- Hybridisierung basierend. tionsenonuklease Mse I komplett verdaut. Danach Bei der Methode über Inverser PCR wurde zunächst konnten an die entstandenen Fragmente Adapter be- genomische DNA von Phoenicopterus roseus mit der Re- kannter Sequenz ligiert werden, um diese über PCR zu striktionsendonuklease Sau3A I vollständig verdaut und amplifizieren. Mit der Anlagerung von Biotin-gelabelten die dabei entstandenen Fragmente selbst ligiert. Daneben Mikrosatellitenprimern und deren späterem Binden an wurde mit Hilfe einer Mikrosatelliten-PCR ein Mikro- Streptavidin-gebundene „magnetic beads“ konnten satellit angeschnitten. Nach der Sequenzierung der Pro- Mikrosatelliten enthaltende Fragmente durch Einsatz 318 Themenbereich „Freie Themen“ • Poster eines Magneten extrahiert werden, während unspezi- Zoovögel, darunter 50 Phoenicopterus ruber aus dem fisch gebundene Fragmente in mehreren Waschschrit- Zoo Kopenhagen) analysiert. ten entfernt wurden. Fragmente konnten nun über eine Anschließend wurden mit der Software STRUCTURE Adapter-PCR amplifiziert und später sequenziert wer- Assignment-Tests durchgeführt, die einzelne Indivi- den. Für die nun sichtbaren Mikrosatelliten konnten duen der verschiedenen Arten hinsichtlich ihrer gene- Primer entworfen werden. tischen Ähnlichkeit in Cluster zusammenfassten. Mit Hilfe der Methode über Inverse PCR konnten Die Ergebnisse dieser Tests zeigten, daß die fünf Mi- keine Loci, mit der Enrichment Methode dagegen 14 krosatellitenloci zwar nicht die Gattung Phoenicopterus Mikrosatellitenloci isoliert werden. auftrennen konnte, aber eine genetische Struktur inner- Diese 14 Mikrosatellitenloci wurden zuerst an meh- halb dieser Gruppe zeigte, die sich nicht mit den syste- reren Individuen von P. ruber und P. roseus verschie- matischen Gegebenheiten deckt. dener Herkünfte auf Polymorphie untersucht. Es konn- Phoeniconaias minor, Phoenicoparrus andinus und P. ten letztendlich 5 polymorphe Mikrosatellitenloci für jamesi clusterten jeweils einzeln, so dass insgesamt vier weitere Untersuchungen ausgewählt werden. Gruppen innerhalb der 6 bekannten Flamingoarten Mit diesen 5 Loci wurden nun insgesamt 106 DNA- angezeigt wurden. Proben von Flamingos (Phoenicopterus ruber, P. roseus, Diese Phylogenie wird mit einem molekularen Stamm- P. chilensis, Phoeniconaias minor, Phoenicoparrus andi- baum verglichen, den wir über DNA Sequenzen des nus und P. jamesi) verschiedener Herkünfte (Wild- und mitochondrialen Cytochrom-b Gens ermittelt haben.

Tietze DT, Trautmann S, Hanauer M & Taubmann J (Mainz): Integriertes Singvogelmonitoring am Eich-Gimbsheimer Altrhein (ISMEGA)

Dieter Thomas Tietze, Sven Trautmann, Michaela Hanauer & Julia Taubmann, Institut für Zoologie, Johannes Guten- berg-Universität, 55099 Mainz, E-Mail: [email protected] ; www.ismega.de

Mit 274 ha stellt der Eich-Gimbsheimer Altrhein das Jahre verschwanden diese Arten weitgehend. Nach fünf größte zusammenhängende Schilfgebiet in Rheinland- Jahren intensiven Monitorings fragen wir, ob unsere Da- Pfalz dar. In den 1980er Jahren brütete dort eine Reihe ten landesweite Bestandsentwicklungstrends stützen oder seltener Arten wie Purpurreiher Ardea purpurea, Dros- eher die landschaftlichen Veränderungen in diesem über- selrohrsänger Acrocephalus arundinaceus und Schilf- regional bedeutsamen Schutzgebiet widerspiegeln. rohrsänger Acrocephalus schoenobaenus. Nach zuneh- Wir folgen – wie auch die vier zum Vergleich heran- mender Austrocknung des Gebietes im Laufe der 1990er gezogenen Stationen – den bundesweiten Standards des 0 0 0 . 2

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Integrierten Monitorings von Singvogelpopulationen Die Frage nach einer Sonderrolle unseres Eicher Un- (Bairlein et al. 2000): je ein sechsstündiger Fangtag in tersuchungsgebietes lässt sich noch nicht eindeutig den zwölf Dekaden von Mai bis August. Wir setzen 40 beantworten. Die Populationsgröße könnte (wie in Rox- je 6 m lange Japannetze in Schilfrand, Erlenbruchwald heim?) weiter sinken oder aber auch – wie langjährige und buschiger Übergangszone ein (Tietze et al. 2007). Studien in der Nähe, aber auch in anderen Landesteilen IMS-Stationen in und nahe Rheinland-Pfalz erfassen zeigen – wieder zunehmen und so im langfristigen Mit- jährlich zwischen 135 (Roxheim 2008) und 1181 Indi- tel stabil bleiben. Die Bedeutung des Gebietes rechtfer- viduen (Biebesheim 2002) aus 14 (Roxheim 2008) bis tigt auch bei entkoppelten Trends eine jahrzehntelange 38 Singvogelarten (Biebesheim 2002 und 2008). Unse- Fortsetzung des Projektes. Es ermöglicht überdies Stu- re Station bei Eich liegt mit durchschnittlich 532 Tieren denten eine Ausbildung in Artenkenntnis, Methodik aus 29 Arten im guten Mittelfeld. Sowohl die Anzahl und gemeinschaftlicher Freilandarbeit, die ihnen sonst der Individuen als auch die Diversität unterliegen er- kaum noch geboten wird. heblichen Schwankungen (Abb. 1). Nach nur 2 bis 5 Dank. Bislang 59 Studenten und Kollegen haben mit Jahren Untersuchungszeitraum (Eich und Roxheim) uns z. T. hoch engagiert diese Daten erhoben; Prof. J. sind diese Schwankungen noch nicht erkennbar. Beide Martens (2005–2008) und Prof. G. Eisenbeis (2009) linksrheinischen Stationen zeigen einen auffälligen Ab- haben dafür die Verantwortung übernommen. H. Diry wärtstrend. Außerdem korrelieren unsere jährlichen (Biebelsheim), O. Elle (Trier), H.-D. Kästner (Roxheim) Fangzahlen nur signifikant positiv mit denen von Drei- und A. Kunz (Dreifelden) haben uns ihre Daten zur felden, während sich die Fangzahlen der nächstgele- Auswertung überlassen. Die Vogelwarte Radolfzell am genen Station (Biebesheim) gegenläufig entwickeln. Max-Planck-Institut für Ornithologie hat uns Ausrüs­ Schilfbruch im Winter 2007 und höherer Wasserstand tung zur Verfügung gestellt. Das Ministerium für Um- seitdem könnten den Eicher Zahlen eine eher indivi- welt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz duelle Dynamik verliehen haben. Ob die Entwicklung hat das Projekt 2009 finanziell gefördert. Wir danken in Roxheim weiter parallel verläuft, bleibt daher abzu- all diesen Personen und Institutionen sehr herzlich. warten. Dass über einige Jahre hinweg enorme Popula- tionsschwankungen auftreten können, zeigt das Beispiel Literatur Biebesheim; dagegen steht ein stabileres Dreifelden. Bairlein F, Bauer H-G & Dorsch H 2000: Integriertes Moni- Sowohl für die Betrachtung einzelner Gebiete als auch toring von Singvogelpopulationen. Vogelwelt 121: 217– für die Zusammenschau auf überregionaler Ebene ist 220. eine kontinuierliche Datenerfassung wesentlich. Den Tietze DT, Neu A, Ellrich H & Martens J 2007: Zwei Jahre In- dafür sinnvollen gegenseitigen Austausch haben wir mit tegriertes Singvogelmonitoring am Eich-Gimbsheimer unserem Beitrag angeregt. Altrhein. Fauna und Flora in Rheinland-Pfalz 11: 151–174.

Gattermayr M & Hille SM (Wien/Österreich, St. Andrä-Wördern/Österreich): Evaluierung der Vergrämung von Saatkrähen Corvus frugilegus mit Hilfe von Beizvögeln

Matthias Gattermayr; E-Mail: [email protected]

Saatkrähen Corvus frugilegus sind als Kulturfolger zwar megenehmigung der burgenländischen Landesregie- über die ganze Paläarktis verbreitet, beschränken sich rung), den Schaden durch Vergrämung der Saatkrähen in Österreich aber auf die Agrarlandschaften des Ostens mithilfe von Beizvögeln zu minimieren. Ziel der Unter- und Südostens. Mit geschätzten 1500 bis 2000 Brutpaa- suchung war es, den Erfolg dieser „ökologischen Ver- ren zählen sie außerdem zu den seltensten Vertretern grämungsmethode“ zu evaluieren. Dazu wurden aus 25 der Gruppe der Corviden in Österreich. mit Beizvögeln (5 Habichte, 2 Wanderfalken, 3 Saker- Durch äußerst variantenreiche Techniken zum Er- falken) beflogenen Biomaisfeldern acht für Verhaltens- werb von Nahrung unterschiedlichster Art kann es beobachtungen ausgewählt. Diese wurden regelmäßig lokal zu Nutzungsinteressen zwischen Menschen und zu allen Tageszeiten durchgeführt, um sowohl auf die Saatkrähen kommen. Im Großraum Siegendorf (Bur- Nutzungsfrequenz als auch auf die Nutzungsdauer der genland, Österreich) fressen die dort ansässigen Saat- Felder durch Saatkrähen während der Vergrämungs- krähen unter anderem das Saatgut von Biomais, was phase schließen zu können. Zu Vergleichszwecken wur- teilweise zu kompletten Ernteverlusten führt. Aus die- de auch ein Biomaisfeld in diesem Gebiet beobachtet, sem Grund wird seit 4 Jahren versucht (mit Ausnah- auf welchem nicht mit Beizvögeln vergrämt wurde. Zu- 320 Themenbereich „Freie Themen“ • Poster sätzlich wurde auch noch die Richtung an-, ab- sowie teln, wurde nach Ende der Vergrämungsphase die An- überfliegender Saatkrähen protokolliert. Die Beobach- zahl der Maispflanzen pro Feld stichprobenartig ausge- tungsdauer pro Feld lag insgesamt bei durchschnittlich zählt und auf die einzelnen Felder hochgerechnet. Die 30 Stunden. Ergebnisse zeigen, dass die Vergrämung mithilfe von Eine erfolgreiche Vergrämungsmethode sollte bewir- Beizvögeln verglichen mit anderen Methoden aus der ken, dass sich Saatkrähen jeweils nur in geringer Anzahl Literatur sehr erfolgreich ist und die Schäden auf den und nur für kurze Zeit auf den einzelnen Feldern auf- Biomaisfeldern dementsprechend gering ausfallen. Auf halten. Je weniger Saatkrähen für umso kürzere Zeit auf der Hälfte der Felder beträgt der Schaden weniger als den jeweiligen Feldern anwesend waren, desto geringer 10 %, bei 82 % der Felder beträgt er weniger als 20 %. sollte der Schaden (in Form von ausgefressenen Mais- Der Verlust auf der nicht vergrämten Fläche beträgt im körnern) sein. Um den potenziellen Schaden zu ermit- Vergleich dazu 37 %.

Psotta L & Schleucher E (Frankfurt am Main): Was kommt aufs Tablett? – „Cafeteria“-Experimente zur Nahrungswahl und -ausnutzung beim Rußköpfchen Agapornis nigrigenis

Laura Psotta, Institut für Ökologie, Evolution und Diversität, AK Stoffwechselphysiologie, Goethe-Universität, Sies- mayerstrasse 70, 60323 Frankfurt/Main, E-Mail: [email protected]

In Gefangenschaft gehaltene granivore Papageien wer- stoffe und Brennwerte des Futters. Auch die Stoffwech- den in der Regel mit einem reichhaltigen Mischfutter, selendprodukte der Papageien wurden auf diese Be- bestehend aus verschiedenen Sämereien, gefüttert. Da standteile untersucht, um eine Aussage über die Nah- ihre Nahrungswahl in freier Wildbahn meist kaum be- rungsausnutzung dieser Tiere treffen zu können. kannt ist, können die tatsächlichen Nahrungsansprüche Rußköpfchen verzehren durchschnittlich pro Tag 3,4 dieser Vögel nur abgeschätzt werden. Um die Lebens- ± 0,6 g des gebotenen Futters (N=4; n=48), entsprechend bedingungen dieser Tiere in Gefangenschaft und Frei- einer aufgenommenen Energiemenge von 65,9 ± land zu optimieren, muss das Nahrungsverhalten und 12,9 kJ/d. Die ausgeschiedene Kotmenge betrug 0,4 ± die Nahrungsausnutzung erfasst werden. Um die Er- 0,1 g/d (Trockenmasse; N=5; n=60), entsprechend 5,3 nährung in Gefangenschaft gehaltener Psittaciden zu ± 1,2 kJ/d. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass sich untersuchen, wurden Versuche zur Nahrungswahl und das Nahrungsverhalten der Individuen untereinander -ausnutzung am Rußköpfchen Agapornis nigrigenis zwar unterscheidet, generell aber eine deutliche Präfe- durchgeführt. Die Erforschung des Nahrungsverhaltens renz zu ölhaltigen bzw. fetthaltigen Sämereien wie Hanf dieser Papageienart ist physiologisch wie auch ökolo- und Sonnenblumenkernen besteht. Die auch im natür- gisch von großem Interesse, da die Art aufgrund ihres lichen Lebensraum bevorzugte Hirse wird im Experi- kleinen und eng begrenzten Verbreitungsgebietes 2 (ca. 4.450 km ) in Afrika stark bedroht ist. Durch Bevor- zugung einzelner Nahrungspflanzen wie Hirse stellen Gelbhirse diese Papageien in freier Wildbahn lokal eine Bedrohung Weizen 1 % 0 % Hafer für die Ernten dar, weswegen sie oft gejagt und getötet Sonnenblumen- 1 % werden. Auch durch die zunehmende Austrocknung des kerne natürlichen Habitats des Rußköpfchens vermindert sich 23 % die Populationsgröße (derzeit etwa 10.000 Tiere) zusätz- lich, da die Tiere als Granivore auf täglichen Zugang zu Hanf 39 % Wasser angewiesen sind. Silberhirse Im Rahmen der Experimente wurden den Vögeln 5 % (N=5; Körpermasse: 42,4 ± 3,5 g) in Einzelhaltung 10 der Komponenten des gewohnten Mischfutters einzeln in standardisierter Art und Weise angeboten („Cafe­ Kanariensaat teria-Experiment“). Die gefressenen Futteranteile und Rote Hirse 4 % 23 % Mais der abgegebene Kot jedes Vogels wurden täglich quan- Paddy 3 % tifiziert. Mit Hilfe standardisierter futtermittelanaly- 1 % tischer Methoden (Weender-Analyse, Bombenkalori- Abb. 1: Anteil der gefressenen Einzelkomponenten (N=5, metrie) er­folgte eine parallele Bestimmung der Inhalts- n=432) Vogelwarte 47 (2009) 321

Abb. 2: Metabolisierte Energie. Berechnung erfolgt aus der über 100 die Nahrung aufgenommenen und über den Kot abgegebenen ] Energie. Vergleich: über O2-Verbrauch bestimmter Ruhestoff- % [

z 80 wechsel (RMR) t a m s u

e 60 gekräftige Ergebnisse hinsichtlich des Gesamt-Energie- i 66,9 kJ/d 5,3 kJ/d 64,4 kJ/d

g 61,6 kJ/d r umsatzes einer Tierart erzielt werden können (Abb. 2). e n E

40 Nach unseren Ergebnissen könnten Futterkompo- r ve

i nenten wie Hafer oder Weizen aus kommerziellen t

a N = 5 N = 5 N = 5 N = 3 l 20 n = 60 n = 60 n = 60 n = 36 Futtermischungen weggelassen werden, um über- R e schüssigen Abfall zu vermeiden, da diese Sämereien 0 von den Tieren kaum beachtet werden. Futter Faeces metabolisiert RMR über O2-Verbrauch Als Vorschlag zum Schutz dieser Papageienart in ih- rem Lebensraum in Afrika könnte auf der Basis unserer ment ebenfalls gut angenommen (Abb. 1). Hierbei wer- Daten versucht werden, auf einzelnen Feldern Saaten den die aufgenommenen Samen mit bis zu über 90 % wie z. B. Hanf anzubauen. Hierbei könnten die Samen ausgenutzt. Im Vergleich zu anderen granivoren Tieren den Vögeln als sehr gut nutzbare Nahrungsquelle dienen, wie z. B. der Feldmaus, die eine Ausnutzungsrate von die gut angenommen wird. Weitere Produkte des Anbaus etwa 88 % erreicht, nutzt das Rußköpfchen die aufge- wie Fasern können als wertvoller Rohstoff für eine Viel- nommene Nahrung effizienter. zahl von Produkten genutzt werden, wie z. B. Kosmeti- Der Vergleich der Stoffwechselrate (gemessen über den ka und Textilien. Hierdurch könnte es möglich sein, die

O2 - Verbrauch) mit dem in dieser Arbeit ermittelten En- Akzeptanz der Bevölkerung für eine derartige Arten- ergiebedarf zeigt, dass mit verschiedenen Methoden der schutzmaßnahme zu steigern und die Art nachhaltig in indirekten Kalorimetrie übereinstimmende und aussa- ihrem Bestand zu stabilisieren.

Böhm SM, Wells K & Kalko EKV (Ulm): Herbivorie in den Baumkronen: Vögel und Fledermäuse kontrollieren pflanzenfressende Arthropoden und damit den Verlust an Phytomasse

Stefan Böhm; E-Mail: [email protected]

Da sich insektivore Vögel und Fledermäuse von einer sierten das Ausmaß des Blattfraßes anhand der von den Vielzahl von Arthropoden ernähren, die zum größten Arthropoden verursachten Blattflächenverluste und Teil herbivor sind, können sie potenziell als Prädatoren verglichen Blätter von eingenetzten und nicht einge- Einfluss auf die durch die Arthropoden verursachte netzten, für Vögel und Fledermäuse frei zugänglichen Herbivorie haben. Inwieweit Vögel und Fledermäuse Baumkronen, zu festgelegten Intervallen, um den jah- lokal die Abundanz von herbivoren Arthropoden so reszeitlichen Verlauf abzubilden. stark beeinflussen, dass dies einen messbaren Effekt auf Innerhalb der eingenetzten Kronenbereiche konnten die Herbivorie-Raten in diesem Nahrungsgefüge be- wir in beiden Untersuchungsgebieten im Vergleich zu wirkt, ist insbesondere in der temperaten Zone mit den nicht eingenetzten Kontrollbäumen einen signifi- relativ geringer Pflanzendiversität und dadurch hoher kant höheren Blattfraß feststellen. Da Fledermäuse, die Dichte an einzelnen Baumarten weitgehend unbe- ihre Nahrung direkt vom Substrat absammeln (glea- kannt. ning) im Vergleich zu Vögeln wesentlich weniger häu- Wir untersuchten den Einfluss von insektivoren Wir- fig sind, lässt sich vermuten, dass vor allem Vögel einen beltierprädatoren (Vögel und Fledermäuse) auf den entscheidenden Einfluss auf die Abundanz herbivorer Blattfraß im Kronenraum von Stieleichen Quercus robur Arthropoden haben. Dieses Ergebnis stellt den ersten in den Biodiversitäts-Exploratorien Hainich-Dün und quantitativen Nachweis dar, dass Vögel in der tempera- Schwäbische Alb. Während die Eiche im Hainich in ten Zone eine wichtige Rolle als Regulatoren von her- Bestandsformationen der Laub- und Mischwälder in bivoren Insekten spielen und indirekt den Biomassen- größeren Beständen vorkommt, ist sie auf der Schwä- verlust an Laubbäumen, der durch Blattfraß verursacht bischen Alb lediglich vereinzelt anzutreffen. Zum Aus- wird, reduzieren. Dies verdeutlicht, dass die Abundanz schluss von Vögeln und Fledermäusen wurden ausge- und Diversität heimischer Singvögel aufgrund ihrer wählte Eichenkronen über die Vegetationsperiode 2008 ökosystemaren Funktion als Beutegreifer eine sehr hinweg mit Vogelschutznetzen eingehüllt. Wir analy- wichtige Bedeutung für die Wälder haben. 322 Themenbereich „Ökologische Immunologie“ • Plenarvortrag

Themenbereich „Ökologische Immunologie“

• Plenarvortrag

Wikelski M (Radolfzell): Ökologische Immunologie - welche ornithologischen Probleme hilft sie uns zu verstehen?

Martin Wikelski; E-Mail: [email protected]

Die ökologische Immunologie hat im letzten Jahrzehnt onen gelungen. Allerdings besteht in all diesen Be- ein starkes Wachstum erlebt und wir konnten viel über reichen immer noch eine starke Trennung zwischen die Kosten und die Variation in den Immunantworten dem Studium der Mechanismen und dem genauen wilder Tiere lernen. Immunökologische Studien haben Verständnis der Auswirkungen immunoökologischer neue, wichtige Einsichten zur Evolution der Lebensge- Unterschiede auf Individuen in ihren natürlichen Po- schichten beigetragen, ebenso zu Selektionsereignissen pulationen. die durch Parasiten bedingt sind. Weiterhin haben im- In diesem Vortrag sollten exemplarisch Fortschritte munökologische Erkenntnisse das Wissen um Fort- aufgezeigt werden, aber auch kritisch die bisherigen pflanzungspräferenzen verbessert und zu einem bes- Probleme im Ansatz und der Durchführung immunö- seren Verständnis von Populationsveränderungen kologischer Studien beleuchtet werden. Abschließend beigetragen. Die wohl wichtigsten Einsichten der Im- wurde gezeigt, wie wichtig ein neuer methodischer An- munökologie sind im Bereich der biologischen Invasi- satz in der Feldornithologie als ganzes ist.

• Vorträge

Hegemann A, de Graaf M, Versteegh M, Matson KD & Tieleman BI (Groningen/Niederlande): Saisonale Muster einer spezifischen Immunreaktion bei der Feldlerche Alauda arvensis

Arne Hegemann, Animal Ecology Group, Centre for Ecological and Evolutionary Studies, University of Groningen, P.O. Box 14, 9750 AA Haren, Niederlande; E-Mail: [email protected]

Das Immunsystem ist ein essentiell wichtiger Bestand- diese Hypothesen unterstützen. Wir haben daher die teil des Körpers, da es ihn u. a. gegen Bakterien und Akute Phase Reaktionen (APR) von Feldlerchen Alau- Viren schützt. Ohne ein funktionierendes Immunsy- da arvensis über den gesamten Jahresverlauf gemessen. stem kann kein Organismus überleben. Veränderungen Die APR ist ein sehr wichtiger Bestandteil der angebo- innerhalb des Immunsystems können daher die Mor- renen Immunität und besteht aus einer Mischung aus talitätsraten von Vögeln beeinflussen. Theoretisch sollte physiologischen, verhaltensbiologischen, hormonellen daher jedes Individuum möglichst ein perfekt funktio- und metabolischen Änderungen. Zwei Gründe machen nierendes Immunsystem haben. Das Immunsystem diesen Bestandteil des Immunsystem besonders inte- konkurriert aber mit anderen Aspekten des Lebens (z. B. ressant: 1.) Es ist der erste und ein sehr wichtiger Reak- Mauser, Brut, Zug) um Ressourcen, die zudem auch tionsablauf bei einer Infektion und 2.) es ist der kost- noch jahreszeitlich in veränderter Quantität und Qua- spieligste Teil des Immunsystems. Diese beiden Punkte lität vorliegen. Daher existieren in der Literatur ver- machen die APR relevant für das Verstehen von Öko- schiedene Hypothesen, nach denen sich die Ausgestal- logie und Evolution. tung des Immunsystems im Jahresverlauf verändern Die APR ist experimentell auslösbar, indem man soll. Bisher gibt es aber noch keine Studien an freile- einem Vogel ein Lipopolysaccharid injiziert. Der Vogel benden Vögeln über den gesamten Jahresverlauf, die zeigt dann die typischen Folgen einer APR ohne das die Vogelwarte 47 (2009) 323

Injektion eine tatsächliche Infektion auslöst. Wir haben über Nacht einen bis zu 12,6 % höheren Stoffwechsel. folgende Parameter als Variablen der APR gemessen: Dies geht einher mit einem höheren Gewichtsverlust, Stoffwechselrate, Körpertemperatur, Gewichtsverände- einer höheren Körpertemperatur (Fieber), höheren Ke- rungen, Haptoglobin (Akute Phase Protein), Blutzu- tonwerten und Veränderungen in der Konzentration ckerspiegel (Glukose), Stoffwechselprodukte (Ketone), des APR-Proteins Haptoglobin. Dabei reagieren die Konstitutive Immunität und Stresslevel. Dazu wurden Geschlechter in manchen Parametern unterschiedlich Vögel während der fünf Saisons Heimzug, Brutzeit, (Ketone, Stoffwechsel, Haptoglobin), in anderen sind Mauser, Wegzug und Winter gefangen und für eine die Reaktionen ähnlich (Gewichtsverlust, Körpertem- Nacht in Gefangenschaft genommen. Experimentelle peratur). Außerdem lassen sich bei den Kontrollvögeln Vögel erhielten eine LPS-Injektion, Vögel der Kontroll- saisonale Muster in den Grundwerten erkennen. Das gruppe erhielten keine Injektion. Anschließend wurde wichtigste Ergebnis ist aber, dass wir in keinem der die Stoffwechselrate über Nacht gemessen. Am fol- gemessenen Parameter eine Wechselwirkung zwischen genden Morgen wurde den Vögeln vor der Freilassung der Immunantwort und der jeweiligen Saison finden eine Blutprobe entnommen sowie Gewicht und Kör- konnten. Die Kosten der Akute Phase Reaktion sind pertemperatur gemessen. Es zeigte sich, dass die Akute also in allen Zeiten des Jahres gleich hoch, und wir Phase Reaktion kostspielig ist: sie ist energetisch teuer, konnten keinen Hinweis auf eine saisonale Modulation denn Vögel, die eine Immunantwort produzieren, haben finden.

Metzger B & Bairlein F (Wilhelmshaven): „Pharm-Ökologie“ bei Vögeln – Parasiten, Karotine, Nahrungswahl und Immunantwort bei der Gartengrasmücke Sylvia borin

Benjamin Metzger, An der Vogelwarte 21, 26386 Wilhelmshaven, E-Mail: [email protected]

Vögel sind Wirte einer Vielzahl von protozoischen Pa- schiedlichen Dosen oder Kontrollfutter. Nach zwei rasiten (Valkiūnas 2005), und Infektionsintensitäten mit Wochen wurden die Vögel mit Kokzidien (Isospora spp.) Vogelmalaria (Haemoproteus, Plasmodium) oder Kok- infiziert und 3 Tage später die Infektionsintensität durch zidien (Isospora) können hoch sein. Von negativen Ef- Auszählen der Isospora-Oozysten in Kotproben ermit- fekten dieser Parasitosen im subletalen Bereich, wie telt. Wir bestimmten außerdem wiederholt den Plasma- energetischen Kosten, Zerstörung von Wirtszellen und Karotingehalt mittels HPLC, fotospektrometrisch die Aktivierung einer Immunabwehr verbunden mit oxi- Farbe des subkutanen Depotfetts, den Hämatokritwert dativem Stress wird ausgegangen (Davison et al. 2008). sowie den Ruhestoffwechsel (BMR), jeweils vor und Parasiten führen zu Änderungen im Verhalten, einer nach Infektion mit Kokzidien. Aus Blutausstrichen zähl- Reduzierung der Fitness (Møller et al.1990) und haben ten wir wiederholt die Anzahl Gesamt-Leukozyten und Auswirkungen auf „Life-History-Traits“ (Tella et al. Granulozyten je 10.000 Erythrozyten (Immunantwort). 2002). Gerade während kräftezehrender Perioden wie In einem Nahrungswahlexperiment untersuchten wir der Zugzeit erscheint dieser negative Einfluss proble- die Fähigkeit der Gartengrasmücken zur Selbstmedi- matisch. Begegnen könnten Vögel ihm durch gezielte kation. Um herauszufinden ob Vögel nach Infektion mit Aufnahme von Karotinen (Chew 1993). Als natürlicher Kokzidien eine stärkere Präferenz für karotinreiche Bestandteil der Nahrung vieler Vogelarten können sie Nahrung zeigen, bestimmten wir mit künstlichem Fut- freie Radikale binden, die bei oxidativem Stress wie ter definierter Komposition und Farbe durch Rückwaa- unter Parasitenbelastung oder beim Langstreckenflug ge den Anteil karotinreicher Nahrung gegenüber Kon- entstehen (Dunlap et al. 2006). Außerdem könnten Ka- trollfutter. rotine direkt die Immunantwort verbessern, indem sie Nach zwei Wochen im Exklusivexperiment hatten die die Proliferation von Leukozyten beschleunigen. Wir Versuchsvögel signifikant höhere Plasmakarotinwerte, untersuchten experimentell, wie die Aufnahme karo- als Vögel der Kontrollgruppe mit stark positiver Korre- tinreicher Nahrung Gartengrasmücken dabei helfen lation von verfüttertem Karotin und Plasmakarotin- kann, besser mit einer Kokzidiose zurechtzukommen. werten. Ebenfalls positiv korreliert waren Plasmakaro- Um den Einfluss von Karotinen auf das Immunsystem tingehalt und Farbe des subkutanen Depotfetts. Die und auf eine akute Parasitose zu untersuchen, führten Hämatokritwerte lagen nach Infektion mit Kokzidien wir ein Exklusiv-Nahrungsexperiment durch. Diesjäh- niedriger und die BMR-Werte signifikant höher als vor- rige Gartengrasmücken Sylvia borin, bekamen entweder her, aber es ließ sich kein Einfluss der Karotinsupple- mit Karotinen angereicherte Nahrung in zwei unter- mentierung feststellen. Im Zuge der Infektion mit Kok- 324 Themenbereich „Ökologische Immunologie“ • Poster zidien zeigten Vögel einen Anstieg der Gesamtleuko- Kokzidiose. Im Nahrungswahlexperiment zeigte sich, zytenzahl, die nach Abklingen der akuten Phase wieder dass Gartengrasmücken unter akuter Kokzidiose karo- zurückging. In den Versuchsgruppen stieg der Anteil tinreiche Nahrung bevorzugten und sich selbst medi- an Granulozyten nach Infektion stärker an als bei Vö- kamentieren können. geln der Kontrollgruppe. Die Anzahl ausgeschiedener Isospora-Oozysten lag in den supplementierten Grup- Dank. Für die Mithilfe unterschiedlicher Art danken pen deutlich niedriger, als in der Kontrollgruppe und wir C. Catoni, O. Dolnik, D. Hasselquist, T. Klinner, M. nur Vögel aus letzterer entwickelten eine hohe Infekti- Martinez Benito, U. Pianowska, J. von Rönn, U. Strauß, onsintensität. Im Nahrungswahl-Experiment stieg der S. Verhulst, A. Völk. Das Projekt wurde finanziert von Anteil an aufgenommener karotinreicher Nahrung be- der Deutsche Forschungsgemeinschaft – DFG. reits am ersten Tag nach Infektion signifikant an und lag während der akuten Infektion deutlich höher als die Tage Literatur Chew BP 1993: Role of carotenoids in the immune response. zuvor. Am höchsten war der Anteil am vierten Tag nach J. Dairy Sci. 76: 2804-2811. Infektion, dem Höhepunkt der akuten Kokzidiose. Ein Davison F, Kaspers B & Schat KA (Hrsg.) 2008: Avian Im- hoch signifikanter, negativer Zusammenhang bestand munology. Academic Press, London. zwischen dem Anteil an karotinreicher Nahrung, den die Dunlap KL, Reynolds AJ & Duffy LK 2006: Total antioxidant Vögel morgens gefressen hatten, und der Anzahl ausge- power in sled dogs supplemented with blueberries and the schiedener Kokzidien am Abend desselben Tages. comparison of blood parameters associated with exercise. Supplementierung mit Karotin erhöhte bei Garten- Comp. Biochem. Physiol. A 143: 429-434. grasmücken den Plasmakarotinspiegel und färbte das Møller AP, Allander K & Dufva R 1990: Fitness effects of subkutane Depotfett, was einen Hinweis auf die Spei- parasites on passerine birds: a review. In: Blondel J, Gosler cherkapazität von Karotin im Fettgewebe darstellt. Ne- A, Lebreton J-D & McCleery R (Hrsg): Population biology of passerine birds: an integrated approach: 269- 280. Spring- gative Auswirkungen der Kokzidiose zeigten sich in er, Berlin. einer Verringerung des Hämatokritwerts, einer Erhö- Tella JT, Scheuerlein A & Ricklefs RE 2002: Is cell-mediated hung des Ruhestoffwechsels, sowie einer Erhöhung der immunity related to the evolution of life-history strategies Gesamtleukozytenzahl. Supplementierung mit Karotin in birds? Proc. Royal Soc. B 269: 1059-1066. verbesserte bei Infektion die Immunantwort (Granulo- Valkiūnas G 2005: Avian Malaria Parasites and other Haemos- zytenzahl) und bewahrte die Vögel vor einer stärkeren poridia. CRC Press, Boca Raton.

• Poster

Metzger B, Bairlein F, Becker S & Eickmann M (Wilhelmshaven, Marburg): Transport von Hyalomma-Zecken – den Vektoren von Krim-Kongo Hämorrhagischem Fieber (CCHF) – mit Zugvögeln im Frühjahr nach Mitteleuropa

Benjamin Metzger, An der Vogelwarte 21, 26386 Wilhelmshaven, E-Mail: [email protected]

Viele Zoonosen mit humanpathogener Relevanz breiten längert. Dadurch können Langstreckenzieher die Ze- sich derzeit aus. Ein Grund ist der Klimawandel, durch cken auf dem Heimzug über weite Distanzen aus ihren den sich Häufigkeit und Verbreitung der natürlichen afrikanischen Winterquartieren und Rastgebieten nach Reservoire und Vektoren verändern (Bairlein & Metzger Europa transportieren. In einer Pilotstudie zur Risiko- 2008). Das Krim-Kongo Hämorrhagische Fieber abschätzung untersuchten wir im Frühjahr 2009 den (CCHF-)Virus ist eine solche Zoonose. Aufgrund hoher Eintrag von H. marginatum bei Langstreckenziehern Mortalitätsraten beim Menschen und vermehrten Epi- nach Mitteleuropa. demien in jüngerer Zeit z. B. in der Türkei (Vatansever Auf Fangstationen in Deutschland (Greifswalder Oie, et al. 2007) ist die Zoonose von steigendem humanme- Helgoland), Italien (Ventotene, Ponza), Bulgarien (Ka- dizinischem Interesse. Hauptvektor von CCHF ist die limoq) und Spanien (Ebro-Delta) und von privaten Schildzecke Hyalomma marginatum (Ixodidae). Zahl- Beringern wurden auf dem Frühjahrszug Vögel auf Ze- reiche Vogelarten sind Wirte der immaturen Stadien. cken untersucht. Alle Zecken wurden abgesammelt und Als sogenannte Zweiwirte-Zecke bleibt die Larve bei in RNAlater (Puffer) bzw. Ethanol überführt. Im Labor der Häutung zur Nymphe auf demselben Wirt festge- wurden alle Zecken auf Artniveau, Altersstadium und heftet, wodurch sich die Zeit auf dem ersten Wirt ver- Infestationsstatus bestimmt. Unter BSL-4 Bedingungen Vogelwarte 47 (2009) 325 werden alle Hyalomma-Zecken mit- tels Reverser Transkriptase PCR auf CCHF-Viren hin untersucht. Bei po- sitivem Befund folgt dann die Virus- Isolation in Zellkultur und Sequen- zierung der CCHF-Virus-RNA zur Bestimmung des Genotyps (Institut für Virologie der Universität Mar- burg, Ergebnisse stehen noch aus). Prävalenz [%]

Erste Ergebnisse. Die mittlere Prä- valenz, das heißt der Prozentsatz be- fallener von untersuchten Individuen, bei Langstreckenziehern, die in Mit- 106 22 34 9 138 156 197 125 198 28 teleuropa heimisch sind, betrug 5,7% auf Ventotene (n = 1713; 30 Arten) und 4,9% auf der Greifswalder Oie (n=123; 18 Arten). Die Befallsinten- sität lag bei 1,9 Zecken pro infe- stiertem Vogel auf Ventotene und bei Vogelart 3,7 auf der Greifswalder Oie. Baum- pieper Anthus trivialis und Garten- Abb. 1: Infestationsprävalenzen von 10 Langstreckenziehern auf Ventotene, Ita- rotschwanz Ph. phoenicurus hatten lien, mit immaturen Zecken der Art Hyalomma marginatum. Die Zahlen an der mit je 16 % auf Ventotene besonders Säulenbasis repräsentieren jeweils die Anzahl untersuchter Vögel. hohe Prävalenzen. Braunkehlchen Saxicola rubetra und Gelbspötter Hippolais icterina waren mit je 11 %, sowie Schafstelze fortschreitender Klimaerwärmung möglich erscheinen Motacilla flava und Schilfrohrsänger Acrocephalus scho- lässt. Inwiefern in den Hyalomma-Zecken das CCHF- enobaenus mit je 9 % häufig infestiert (Abb. 1).H. mar- Virus nach Deutschland gelangt, wird derzeit unter- ginatum (n=359) bei Langstreckenziehern auf Ventote- sucht. ne waren zu 32 % Larven und zu 44 % leicht gesogene Dank. Für die Mithilfe beim Fang der Vögel, das Ab- Nymphen. sammeln der Zecken, bzw. für logistische und organi- Auch in der Vergangenheit gelangen in Mitteleuropa satorische Unterstützung auf den Stationen danken wir immer wieder einzelne Nachweise von immaturen H. M. Brantner, M. Cardinale, H. Diry, A. Ferri, O. Hüppop, marginatum auf Zugvögeln (Hillyard 1996). Wir konn- A. Kaiser, M. Leton Fernandez, I. Maggini, M. Mähler, ten allerdings zeigen, dass die Zecke im Frühjahr sehr J. von Rönn, F. Spina, R. Vohwinkel, S. Wischnewski viel häufiger und in viel größerer Zahl mit Zugvögeln und P. Zehtindjiev. Das Projekt wurde finanziell unter- nach Mitteleuropa gelangt, als bisher angenommen. stützt durch das Hessische Landesamt für Umwelt und Gerade am Boden oder in Bodennähe nach Nahrung Geologie. suchende Vogelarten zeichneten sich durch hohe Prä- valenzen aus (Abb. 1). Der hohe Anteil an Larven und Literatur unvollständig gesogenen Nymphen auf Ventotene (Ita- Bairlein F & Metzger B 2008: Klimawandel und Zugvögel und lien) lässt den Schluss zu, dass die Mehrzahl der Zecken ihre Rolle bei der Verbreitung von Infektionskrankheiten bis nach Mitteleuropa weiter transportiert wird. Für – zunehmende „Gefahr“ in Zeiten klimatischer Verände- einige Standorte ist die Anzahl untersuchter Vögel zu rung? In: Lozan JL, Graßl H, Jendritzky G, Karbe L, Reise gering, als dass verlässliche Angaben zu Infestations- K (Hrsg) Warnsignal Klima – Gesundheitsrisiken: 198-205. prävalenz und -intensität getroffen werden könnten. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg Deshalb sollen die Untersuchungen fortgeführt werden. Ergonul O & Whitehouse CA (Hrsg) 2007: Crimean-Congo In Zukunft gilt es herauszufinden, ob die eingeschlepp- Hemorrhagic Fever – A Global Perspective. Springer, Dor- ten Zecken aufgrund der Klimaerwärmung in Deutsch- drecht, The Netherlands Hillyard PD 1996: Ticks of North-West Europe. Synopses of land heimisch werden und feste Bestände etablieren. the British Fauna (New Series) No.52. The Natural History Im Gegensatz zu Ixodes ricinus ist H. marginatum eine Museum, London. xenotherme Zeckenart. In Osteuropa liegt ihre nörd- Vatansever Z, Ramazan U, Estrada-Pena A & Ergonul O 2007: liche Verbreitungsgrenze jedoch bereits bei 50° nörd- Crimean-Congo haemorrhagic fever in Turkey. In: Ergonul licher Breite (Ergonul & Whitehouse 2007), was eine O & Whitehouse CA (Hrsg), Crimean-Congo Hemorrhagic Etablierung auch in Mitteleuropa in naher Zukunft mit Fever, 167-186. Springer, Dordrecht, The Netherlands 326 Themenbereich „Physiologie“ • Vorträge

Themenbereich „Physiologie“

• Vorträge

Stanclova G, Scope A, Schwendenwein I, Fritz J, Dittami J & Bairlein F(Wien/Österreich, Wilhelmshaven): Flugphysiologische Untersuchungen an Waldrappen Geronticus eremita während eines „geführten“ Zuges

Franz Bairlein, Institut für Vogelforschung, An der Vogelwarte 21, 26386 Wilhelmshaven, E-Mail: franz.bairlein@ifv- vogelwarte.de

Eine der großen Unbekannten im Verständnis des Vo- Erste Ergebnisse. Aus der Herbstmigration 2008 liegen gelzuges ist die Frage, wie Vögel Flugleistungen von bis erste Daten vor. Dabei werden für insgesamt zwölf Vögel zu über 100 Stunden Flugdauer bewerkstelligen. Bisher sechs kurze (durchschnittliche Flugdauer 81 min bei war man dazu im Wesentlichen auf Untersuchungen an durchschnittlich 48 km Flugdistanz) mit sieben langen frisch gelandeten Vögeln in Rastgebieten angewiesen. (178 min; 131 km) Flügen verglichen mit insgesamt 1.162 Dabei bleibt aber unbekannt, welche Strecke diese Vö- km Zugweg. In Vorbereitung auf den Zug erhöhten die gel vorher gezogen sind, wie sie geflogen sind oder wie Vögel ihre durchschnittliche Körpermasse um etwa 13 %, lange sie bereits vor dem Fang im Rastgebiet waren. im Wesentlichen durch Akkumulation von Fett. Am Ende Zudem fehlen Messungen an denselben Vögeln vor dem der Migration war davon etwa die Hälfte verbraucht. Der Flug. Eine neue Möglichkeit der Erforschung der Lei- mittels DLW bestimmte Energieverbrauch war im Flug stungsphysiologie ziehender Vögel bietet die Methode gegenüber Rast 6 bis 8 mal höher mit geringerem Ver- des menschengeleiteten Zuges, mit der unerfahrenen brauch je Stunde bei langen Flügen. Nach dem Flug wa- Jungvögeln ein Zugweg zum Erlernen gezeigt wird. ren die Konzentrationen von Triglyceriden und Zucker Ein solch menschengeleiteter Zug erfolgt im Rahmen im Blut niedriger als zu Beginn, die von Ketonkörpern, eines Artenschutzprojektes für den Waldrapp. In die- Harnsäure und Lactat dagegen erhöht. Zudem war die sem Projekt soll bei Jungvögeln, die aus Zoos stammen, Aktivität der Lactatdehydrogenase im Blut erhöht. Nach ein Zugverhalten etabliert und eine frei lebende zie- einem Tag Rast entsprachen die Werte wieder denen vor hende Population aufgebaut werden. Dieser men- dem Flug, mit Ausnahme der Freien Fettsäuren und des schengeleitete Zug erlaubt eine erste Annäherung an Blutzuckers, die beide höher als vorher waren. die Frage der Leistungsphysiologie frei fliegender Vö- gel während des Zuges. Fazit. Junge Walrappe machen vor dem Zug eine spon- Von diesen handzahmen Vögeln wird unmittelbar vor tane Fettdeposition durch. Lange Flüge scheinen ener- und unmittelbar nach einem Flug Blut entnommen. Die getisch „preiswerter“ zu sein als kurze Flüge. Die Energie Proben wurden auf leistungsdiagnostische blutche- für den Flug ist eine „Gemisch“ aus Fetten, Kohlenhydra- mische Parameter (Blutgase, Substrate, Enzyme) ana- ten und Proteinen. Muskelazidose (Lactatbildung) scheint lysiert. Zusätzlich wurden mittels der Methode des durch Lactatdehydrogenaseaktivierung kompensiert und „Doppelt Schweren Wassers“ (Doubly Labeled Water; nach dem Flug erholen sich die Vögel rasch. DLW) die energetischen Kosten des Fluges ermittelt. Zudem wurden die Vögeln auch noch jeweils einen Tag Dank. Das Vorhaben wird in Zusammenarbeit mit dem nach den Flügen beprobt, so dass auch Daten zu wei- Waldrappteam durchgeführt und unter anderen vom teren Auswirkungen des Zuges bzw. zu Erholungsvor- Österreichischen Wissenschaftsfond (P20633), der gängen nach einem Flug vorliegen. Denn Vogelzug ist Heinz Sielmann Stiftung, dem Verein für Tier- und Na- vielfach eine Abfolge von Flug und Rast (etwa 75% der turschutz in Österreich, der H.I.T. Umwelt- und Natur- Zugzeit eines durchschnittlichen Singvogels wird mit schutzstiftung GmbH, dem Lebensministerium, Bun- Rasten verbracht) und letzteres kann auch aus der Not- desministerium für Wissenschaft und Forschung, der wendigkeit zur Erholung resultieren und nicht, wie Österreichischen Zooorganisation sowie Frau Maria meist angenommen, ausschließlich wegen der notwen- Schram und der Stadt Burghausen unterstützt. Zudem digen Fettakkumulation als Treibstoff für die nächste gilt großer Dank den vielen Beteiligten während der Flugetappe. Migration. Vogelwarte 47 (2009) 327

Kurz H & Spitzer G (Kefermarkt, Wien/Österreich): Chronoökologische Analysen an fütternden Hausrotschwänzen Phoenicurus ochruros

Heidelinde Kurz; E-Mail: [email protected]

An einem Standort im oberösterreichischen Mühlvier- • Alter der Jungen (in Tagen d), · tel wurden die Anteile der beiden Elternteile an den • Dauer des Lichttages (dargestellt durch sin Jah- Fütterungen bei vier Bruten des Hausrotschwanz un- reswinkel), tersucht. Mit Hilfe einer Fourier-Zerlegung konnten der • momentane Fütterungsleistung des anderen Ge- zeitlichen Verteilung der Futteranflüge während des schlechts und · Lichttages vier Sinus-Schwingungen über jeweils 24 • Differenz zu dessen momentanen Fütterungsleis­ Stunden zu Grunde gelegt werden: tungen, · • eine einphasige Schwingung mit dem Gipfel um • Umgebungstemperatur (als Dummy codierte Sprung- 12.00 RLT (=wahre Ortszeit) entsprechend dem funktion bei 14° C) und Sonnengang, • besondere Situation der Dummy codierten einzelnen • eine zweiphasige Schwingung mit einem Gipfel eben- Bruten. falls um 12.00 RLT, die die Wirkung des Sonnen- Die gemeinsame Fütterungsleistung beider Altvögel ganges und des Temperaturverlaufes um die Mittags- sowie die Einzelleistung des Weibchens sind durch die zeit verstärkt, Wirkung der dargestellten Faktoren vollständig erklärt • eine dreiphasige Schwingung mit zwei Gipfeln wäh- (jeweils R-Square=1,00). Nur auf die Leistungen des rend des Lichttages: einen am Vormittag und einen Männchens bezogen sind die Wirksamkeit der vier am Nachmittag, die die Wirkung Sinus-Schwingungen sowie von Alter der Jungen, • einer vierphasigen Schwingung verstärken, mit einem Lichttageslänge und der Umgebungstemperatur we- Gipfel um 9.00 RLT und um 15.00 RLT während des niger deutlich, was auf tageszeitlich und temperaturab- Lichttages. hängige Änderungen im Suchverhalten und der Beu- Der Ausschluss der Wirkung dieser modulierenden tewahl hinweisen könnte. Die starke Wirkung der Oszillationen über die Aktivitätsperiode der Vögel las- Fütterungsleistung des Partners weist offensichtlich sen andere auf die Fütterungsfrequenzen wirksame auf einen sich tageszeitlich sich ändernden Nahrungs- Faktoren darstellen wie · bedarf der Jungen hin.

Prinzinger R & Misovic A (Frankfurt/Main): Altersabhängigkeit von Blutparametern bei der Felsentaube Columba livia

Roland Prinzinger, Institut BIO I, Siesmayerstraße 70, 60054 Frankfurt/Main; E-Mail: [email protected]

Über die Altersabhängigkeit (gesamte Lebenszeit) der ernährten Ratten und Menschen vorkommt (Kohlen- aviären Blutbestandteile gibt es bisher keine Untersu- hydrat-Überschuss) und wäre damit zum ersten Mal chungen. Lediglich von Larus cachinnans gibt es Daten bei Vögeln nachgewiesen. von Alonso-Alvarez (2005) der ersten fünf Lebensjahre Hämatokrit-Wert und Hämoglobin-Konzentration (nur 10 % der Lebensspanne). Wir haben an Felsentau- fallen mit dem Alter ab. Damit nimmt auch die Hb- ben (Columba livia) über die gesamte Lebensdauer (18 Beladung des Erythrozyten ab. Diese Effekte lassen sich Jahre) 75 Exemplare beiderlei Geschlechts (38, 37) un- mit abnehmender Leistungsanforderung im höheren ter Ausschluss anderer Faktoren (Jahreszeit, Tageszeit, Alter begründen. Ernährung, Aktivität) auf 30 Blutparameter unter- LDH baut Milchsäure ab, die beim anaeroben Muskel- sucht. Stoffwechsel entsteht. In den ersten vier Lebensjahren 25 Parameter zeigen keinerlei Altersabhängigkeit, aber (Tauben werden auf Leistungsflug trainiert) sinkt der z.T. eine hohe Variabilität (Tab. 1). LDH-Wert um rund 40 % und bleibt dann rund zehn Sechs Faktoren zeigen eine Altersabhängigkeit (Abb. 1): Jahre lang stabil, um dann wieder anzusteigen. Dies lässt Chlorid (Cl) zeigt eine Zunahme um rund 3 %. Gluko- sich mit einer veränderten Brustmuskel-Zusammenset- se (Gl) zeigt einen Anstieg von 12-15 %, der mit einer zung erklären: Rote, aerobe Typ-I-Muskelfasern (auch Typ-2-Diabetes zu erklären ist, wie sie auch bei optimal ST-Fasern genannt) und weiße, anaerobe (Gärungs-) 328 Themenbereich „Physiologie“ • Vorträge

Tab. 1: Untersuchte Blutparameter der Felsentaube Columba livia: Mittelwert und Variationsbereich.

Parameter x ± s Bereich Parameter x ± s Bereich Körpermasse [g] 437 ± 36 373 - 569 Harnstoff [mg/dL] 1.4 ± 0.6 1.0 - 4.2 Erythrozyten-Zahl [106/mm3] 3.85 ± 0.53 2.10 - 4.91 Harnsäure [mg/dL] 5.8 ± 1.8 2.1 - 14.0 Erythrozyten-Länge [µm] 12.7 ± 0.6 11.1 - 15.6 Kalzium [mg/dL] 8.6 ± 2.8 3.4 - 15.9 Erythrozyten-Breite [µm] 7.3 ± 0.5 5.4 - 9.1 Natrium [mEq/dL] 12.2 ± 0.8 9.5 - 15.2 Erythrozyten-Volumen MCV [µm3] 162 ± 25 117 - 260 Kalium [mEq/dL] 0.2 ± 0.04 0.1 - 0.4 Zellkern-Länge [µm] 7.0 ± 1.0 4.0 - 9.4 Chlorid [mEq/dL] 9.7 ± 0.7 8.1 - 12.8 Zellkern-Breite [µm] 2.6 ± 0.4 1.3 - 4.6 Magnesium [mg/dL] 2.2 ± 0.4 1.1 - 3.8 Hämoglobin Hb [g/dL] 20.7 ± 2.1 13.3 - 24.1 Phosphat [mg/dL] 2.4 ± 1.2 0.5 - 7.0 Hämatokrit Hk [%] 61.1 ± 4.0 50.7 - 68.8 Eisen [µg/dL] 163 ± 134 46.7 - 530 Hb-Gehalt MCH [pg] 54 ± 7 39 - 83 Alkali-Phosphatase AP [U/L] 315 ± 172 75.1 - 1234 Hb-Konzentration MCHC [%] 34 ± 3 23 - 41 Kreatin-Kinase CK [U/L] 89 ± 40 19 - 306 Glukose [mg/dL] 331 ± 36 210 - 445 Aspartat-Transferase AST [U/L] 49 ± 20 15 - 134 Protein-Konzentration [g/dL] 3.1 ± 0.6 2.1 - 5.9 Alanin-Transferase ALT [U/L] 4.2 ± 2.9 2.0 - 20 Cholesterin [mg/dL] 271 ± 65 89.4 - 455 Laktat-Dehydrogenase LDH [U/L] 99 ± 51 42.7 - 329 Triglyzeride [mg/dL] 219 ± 93 94.7 - 424 Cholin-Esterase CHE [U/mL] 1.7 ± 0.4 0.95 - 3.0

Typ-II-(FT)-Fasern haben im ersten Lebensjahr einen Literatur Anteil von rund 50:50 %, der sich im Laufe der vier Trai- Alonso-Alvarez C 2005: Age-dependent changes in plasma ningsjahre zugunsten der ST-Fraktion auf 75:50 % ver- biochemistry of yellow-legged gulls (Larus cachinnans). schiebt, wodurch weniger LDH notwendig ist. Im hö- CBP 140: 512-518. heren Alter wieder Rückbildung!? Prinzinger R & Misovic A 2010: Age-correlation of blood val- ues in the Rock Pigeon (Columba livia). CBP A: i.p. Für detaillierte Ergebnis-Darstellung siehe Compara- tive Biochemistry & Physiologie i.p.

120

Glu 110

Cl 100

90 Hk Hb 80 relative values [%] values relative 70 LDH

60

50 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 age [years] Abb. 1: Relativer Verlauf (Alter 1 = 100 %) der altersabhängigen Blutparameter (p ≤ 0.01). bei der Felsentaube (Columba livia). Vogelwarte 47 (2009) 329

Helb M & Prinzinger R (Frankfurt): Leistungsparameter des Vogelherzens – vergleichende Untersuchungen an Ringeltaube Columba palumbus und Mäusebussard Buteo buteo

Matthias Helb, Institut f. Ökologie, Evolution & Diversität, Goethe-Universität Frankfurt/Main, Siesmayerstr. 70, 60323 Frankfurt/Main, E-Mail: [email protected].

Die voneinander abhängigen Parameter Herzfrequenz, Angaben zu der verwendeten Messtechnik und den Körpertemperatur und Stoffwechsel bieten tierischen Versuchsparametern finden sich in Helb & Prinzinger Organismen grundlegende physiologische Mechanis- 2008. men ökologischer Anpassungsstrategien. Im Rahmen Die Stoffwechselrate weist für die Ringeltaube in von vergleichenden Untersuchungen zu dieser Thema- einem Temperaturbereich von +14 - +36 °C eine weite tik wurde der diurnale Verlauf dieser Parameter an einer und für den Mäusebussard in einem Temperaturbereich rein granivoren (Ringeltaube) und einer rein carnivoren von +5 - +37°C eine sehr weite Thermoneutralzone Art (Mäusebussard) mit ähnlichem Verbreitungsgebiet (TNZ) auf. Bei der Ringeltaube ist ein für die meisten untersucht. Vögel typischer diurnaler Rhythmus im Tagesverlauf Die Ringeltaube stellt in Mitteleuropa die häufigste der Körpertemperatur zu verzeichnen (Abb. 1). Die und am weitesten verbreitete Taubenart dar. Trotzdem Durchschnittswerte liegen in der TNZ bei 41,9 °C (Ak- liegen bisher nur physiologische Daten von einem ein- tivphase) und 40,2 °C (Ruhephase). zigen Individuum vor, bei dem Messungen zum Ener- Die Körpertemperatur des Mäusebussards ist entge- gie-Stoffwechsel und zur Thermoneutralzone vorge- gen bisheriger Untersuchungen sehr variabel und um- nommen wurden (Gavrilov & Dolnik 1985). Die Da- fasst einen Bereich von mehr als 8 °C (KTmin = 36,27 °C, tenlage für den Mäusebussard ist nur unwesentlich KTmax = 44,54 °C). Die Durchschnittswerte liegen in der besser und beschränkt sich auf Messungen an einem TNZ bei 40,5 °C (Aktivphase) und 38,8 °C (Ruhephase) Jungvogel und drei adulten Tieren (Keskpaik & Horma und damit hoch signifikant (t-Test, p < 0,001) unter den 1973, Jud & Kulzer 1975). Werten der Ringeltaube. Bei Umgebungstemperaturen Es wurden an sieben Ringeltauben (Columba palum- zwischen +3 - +7 °C konnte darüber hinaus mehrfach bus, 2 W, 1 M, 4 undet., Ø Körpermasse 425 g) 99 Ganz- Hypothermie nachgewiesen werden. tages-Messungen (24-h-Messung) und an fünf Mäuse- Der Verlauf der Herzfrequenz weist für beide unter- bussarden (Buteo buteo, 3 W, 2 M, Ø Körpermasse 900 suchten Arten ganz unterschiedliche Muster auf. So ist g) 121 Ganztages-Messungen (24-h-Messung) der Stoff- die Herzfrequenz der Ringeltaube über einen Tempe- wechselrate, der Herzfrequenz und der Körpertempe- raturbereich von 0 - +35 °C annähernd konstant und ratur in einem Temperaturbereich von 0 - +40 °C durch- beträgt in der TNZ im Durchschnitt 103 bpm (Aktiv- geführt. phase) bzw. 87 bpm (Ruhephase). Höhere Umgebungs-

T b [°C] 44

43

42

41

40 Abb. 1: Tagesgänge der durch- schnittlichen Körpertemperatu-

39 ren (Tb ± SD) von 7 Ringeltauben (obere Kurve) und 5 Mäusebussar- den (untere Kurve) bei Umge- 38 bungstemperaturen von +5 bis 10 22 10 +35 °C. Der schwarze Balken mar- Zeit [h] kiert die Dunkelphase (20 - 7 h). 330 Themenbereich „Physiologie“ • Poster temperaturen führen infolge zunehmenden Hitzestres- Dank. Die Versuchstiere wurden dankenswerterweise ses zu stark ansteigenden Werten. Die Herzfrequenz vom NABU Artenschutzzentrum Leiferde zur Verfü- des Mäusebussards fällt über den gesamten untersuchten gung gestellt. M. Helb wird für einen Teilbereich dieser Temperaturbereich hinweg kontinuierlich ab und weist Untersuchungen durch die Erwin-Stresemann-Förde- in der TNZ durchschnittlich 158 bpm (Aktivphase) bzw. rung der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft (DO-G) 123 bpm (Ruhephase) auf. Die niedrigsten Herzfre- unterstützt. quenzwerte wurden bei Umgebungstemperaturen von 7 °C bzw. 18 °C aufgezeichnet und betragen 62,6 bpm Literatur bzw. 61,8 bpm. In Phasen starker Erregung kann die García-Rodríguez T, Ferrer M, Carrillo CJ & Castroviejo J Herzfrequenz innerhalb sehr kurzer Zeit auf Werte von 1987: Metabolic responses of Buteo buteo to long-term fa- bis zu 435 bpm ansteigen. sting and refeeding. J. Comp. Biochem. Physiol. 87A: 381- Sowohl die Ringeltaube als auch der Mäusebussard 386. weisen eine breite bis sehr breite TNZ auf, die ihnen die Helb M & Prinzinger R 2008: „Give me the beat“ – Was liefern Besiedlung klimatisch sehr unterschiedlicher Habitate implantierte, miniaturisierte Telemetrie-Sender zur Lang- ermöglicht und das sehr große Verbreitungsgebiet be- zeit-Erfassung des EKG beim Mäusebussard (Buteo buteo) dingt. Die Herzfrequenz des Mäusebussards ist sehr für Daten? Vogelwarte 46: 319-320. variabel und während der Ruhezeiten stark verringert. Jud E & Kulzer E 1975: Ontogenese der Temperaturregulati- Die enorme Variabilität der Körpertemperatur sowie on beim Mäusebussard Buteo b. buteo (Linné, 1758). Anz. orn. Ges. Bayern 14: 261-272. die Fähigkeit zur Hypothermie erklären die auch bei Keskpaik J & Horma P 1973: Body temperature and heart rate vielen anderen Greifvögeln vorhandene Fähigkeit, län- during flight in common buzzard (Buteo buteo). Academy gere Schlechtwetterphasen und Hungerperioden durch of Sciences of the Estonian SSR, Institute of Zoology and physiologische Anpassungen zu überdauern (z. B. Gar- Botany. Vol. 4: 309-315. cía-Rodriguez et al. 1987).

• Poster

Stöwe M, Drent P & Möstl E (Wien/Österreich, Heteren/Niederlande): Kohlmeisennestlinge Parus major unterscheiden sich im Glukokortikoidmetabolitenmuster von Adulten

Mareike Stöwe; E-Mail: [email protected]

Stressreaktionen nicht-invasiv über die Ausscheidung reversed-phase Hochdruckflüssigkeitschomatographie von Glukokortikoidmetaboliten (GKM) im Kot zu be- (HPLC: linearer Wasser/Methanolgradient 20%-100%) stimmen (Messung immunreaktiver GKM) ist inzwi- getrennt. Anschließend wurden die immunreaktiven schen weit verbreitet. Die verwendeten Assays müssen GKM in den HPLC Eluaten mit einem Kortison Immu- für jede Spezies validiert werden, was meist mit adulten noassay charakterisiert. In den Proben der Nestlinge Tieren geschieht (ACTH test, definierte Stressoren). waren drei dominierende immunreaktive Substanzen Einmal validiert, wird die Methode dann meist für sämt- nachweisbar, von denen zwei zwischen den Fraktionen liche Individuen unabhängig von deren Alter (juvenil- 28 und 36 aus der Säule eluierten (konjugierte Metabo- adult) eingesetzt. Ziel unserer Studie ist es, GKM Aus- liten) und die dritte in den Fraktionen 65-68 (unkon- scheidungsmuster von Kohlmeisennestlingen, Parus jugierte GKM: Kortisol eluiert in Fraktion 62, Kortiko- major, mit denen von Adulttieren zu vergleichen, um steron in 69). Im Gegensatz dazu zeigten die Proben zu ermitteln, ob man bei zukünftigen Validierungen das der Adulttiere zwei Spitzen zwischen den Fraktionen Alter der zu untersuchenden Individuen berücksichti- 57 und 68. Nach unseren Ergebnissen differieren Nest- gen muss. Wir poolten Kotproben von adulten Männ- linge und Adulttiere deutlich im GKM-Ausscheidungs- chen/Weibchen und von Nestlingen (im Alter von 13 muster. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern bzw. 14 Tagen), die alle an einem Stresstest (manuelle sind weniger prägnant und könnten mit Unterschieden Fixation) teilgenommen hatten (Mai, Juni 2007 am im Metabolismus zusammenhängen. Die Ergebnisse NIOO-KNAW, Heteren, Holland, Stöwe et al. in Vor- unserer Studie unterstreichen die Notwendigkeit, Im- bereitung). Die Kotprobenpools wurden extrahiert, mit munoassays für die jeweiligen Altersklassen separat zu β-Glucuonidase-aryl-sulfatase gespalten und mittels validieren. Vogelwarte 47 (2009) 331

Hölzinger J & Prinzinger R (Remseck, Frankfurt/Main): Erste experimentelle Gasstoffwechsel-Messungen an Tieren: Die Apparatur des Schweizers Carl Ludwig von Erlach aus dem Jahre 1846

Roland Prinzinger, Inst. f. Biologie I, JWG- Universität, Siesmayerstraße 70, 60054 Frankfurt am Main, Deutschland; E-Mail: [email protected]

Gasstoffwechsel-Untersuchungen an Tieren sind ab nungen der Apparatur mit den original Funktions- dem 20. Jh. sehr häufig durchgeführt worden. Wann die Beschriftungen und -Erklärungen. ersten derartigen Untersuchungen stattfanden, war bis- Die Messungen selbst bestehen aus zahlreichen kom- her unklar. Dies gilt besonders dann, wenn sie in nicht plizierten Einzelschritten und sind sehr arbeits- und allgemein zugänglichen Dissertationen beschrieben zeitaufwändig. Sie können deshalb hier nicht im Detail wurden. Die folgend beschriebene Dissertation von dargestellt werden. Eine (noch) genaue(re) Beschrei- Erlach ist bisher unbekannt geblieben. Sie gehört zudem bung (auch des Apparates) ist im “Ornithologischen zu den ersten, die in Deutsch abgefasst wurden. Sicher Beobachter” im Druck. Das Messprinzip der Appara- ist es die erste mit nachvollziehbaren experimentellen tur beruht auf der Analyse der Luft im Mess-System Ergebnissen überhaupt. vor und nach dem Experiment über zwei Eudiometer. Das Phosphor-Eudiometer bestimmt den Sauerstoff- Aufbau der von Erlach´schen Apparatur. Gehalt und das Kalk-Eudiometer den Kohlendioxid- In der Abb. 1 ist der Aufbau der von Erlach´schen Gehalt der untersuchten Luft durch Wägung von Re- Versuchseinrichtung dargestellt. Es sind Nachzeich- aktionsprodukten, die bei der Bindung der entsprechen

Abb. 1: Aufbau der Versuchseinrichtung:„Recipient“: a/b: Recipient = Tiergefäß mit Deckel; c-f :Glashähne mit jeweiligem Ansatz; g: Ansatz Hahn-Röhre für „l“ (Heber für Salz-Lsg.); h: Wasser-Röhre; i: hölzerner Boden; k: schräge Brettchen, leiten Salz-Lsg. an Glasrand; l: Heber für Salz-Lösung; m: Schale mit gesättigter Kochsalz-Lösung; l: mit langem Schenkel, reicht knapp auf Schalenboden; n: Holzkasten; o: Kugel; enthält Asbest und konz. H2SO4; trocknet das Gas aus dem Reci- pienten; p: Kugel; enthält nur Asbest, reinigt das Gas von konz. H2SO4; ζ: rechtwinklig gebogene Entbindungsröhre; σ, π, φ: Stative; pd: Phosphor-Eudiometer; kd: Kalk-Eudiometer. „Aspirator“: η: Aspirator (ca. 1,6 Liter; Glasballon mit Ø ca. 130 mm); ι: Quecksilber-Thermometer; χ: Messing-Ablauf-Hahn; υ: Schemel, 30-32 cm hoch mit Loch in der Mitte; λ: “Litre”- Flasche, nimmt abfließendes Öl aus Glasballon “η” auf; μ: Markierungszeichen für 959,655 cm³; δ: Öl-Füllung; bz: Bleizap- fen mit zwei Löchern, einfacher Fensterkitt dichtet ab 332 Themenbereich „Physiologie“ • Vorträge von Jungreferenten

Versuchstier Masse [g] Mess-Werte Erwartungs-Wert (1) Frosch Rana spec.; 24 Tiere 40-59 0,08-0,18 0,06-0,20 (2) Taube Columba palumbus 336 0,80 – 2,6 1,10 (3) Huhn Gallus domesticus; 2-3 Monate alt 515 1,67 0,95 (4) Huhn Gallus domesticus; 1-1½ Monate alt 315 2,47 1,08 (5) Katze Felis silvestris f. catus; juvenil 792 0,86-0,90 0,74 (6) Maus Mus musculus; adult 10,6 1,14 u. 1,29 2,29 (7) Kaninchen Oryctolagus domesticus; jung 342 0,90 1,00 (8) Meerschweinchen Cavia porcellus; adult M 566 0,96 0,85 (9) Meerschweinchen Cavia porcellus; trächtig 481 0,52-1,35 0,64 (10) Meerschweinchen C. p.; neu geboren 61 2,2-4,2 1,28 (11) Eichhörnchen Sciurus vulgaris; M juvenil 292 2,3 u. 2,7 1,06 (12) Hund Canis familiaris; 8-10 Tage alt, M 943 0,99 u. 0,985 0,44

Gase mit Phosphor und gelöschtem Kalk entstehen. Neuweiler & Heldmaier (2004), Bezzel & Prinzinger Es handelt sich also um eine gravimetrische Bestim- (1990), Withers (1992). mung der Gaskomponenten.Die untersuchten Tierar- Die Ergebnisse bilden für die damals verwendete Me- ten (Zahl, Alter) sowie die Mess- und Erwartungswerte thode erstaunlich gut die Realität ab. [mL O /(g∙h)] gibt die Tabelle wieder. Die Erwartungs- 2 Literatur werte beruhen auf folgenden Korrelationen: Lagomor- -0.320 Bezzel E & Prinzinger R 1990: Ornithologie. Ulmer, Stuttgart. pha (Hasenartige): 6,97∙M ; Rodentia (Nagetiere): Neuweiler G & Heldmaier G 2004: Vergleichende Tierphysi- -0.331 -0.262 4,98∙M ; Carnivora (Raubtiere): 4,27∙M ; Non- ologie. Bd. 2. Springer, Berlin, Heidelberg. passeres (Nichtsperlinge): 5,14∙M-0.271; Amphibia (Am- Withers PC 1992: Comparative Animal Physiology. Saunders, phibien): 0,16∙M-0.150; (nach verschiedenen Autoren aus Philadelphia.

• Vorträge von Jungreferenten

Philipp F (Dresden): Lebensweise und Raumnutzung des Nandus Rhea americana ssp. in der Landschaft Nordwestmecklenburgs

Frank Philipp; E-Mail: [email protected]

Im Rahmen einer Diplomarbeit fand von Februar bis Angaben zu Populationen ursprünglicher Lebensräume Oktober 2008 eine wildbiologische Untersuchung der verglichen. Ein individuelles Raumverhalten in Abhän- freilebenden Nandupopulation in Nordwestmecklen- gigkeit von sozialen Aspekten und Nahrungsressourcen burg statt. Die Vögel, welche im Jahr 2000 einem Halter konnte durch Beringung und Besenderung einzelner im schleswig-holsteinischen Groß Grönau entflohen Tiere nachgewiesen werden. Kontrollen der Gelege sowie sind, leben seither in einem lokalen Gebiet etwa 10 km Zählungen im Verbreitungsgebiet ermöglichten konkrete südlich der Stadt Lübeck. Die bisherige Ausbreitung und Aussagen über die aktuelle Populationsgröße und die die Populationsentwicklung werden vorgestellt. Die Brutentwicklung. Beobachtungen zur Nahrungsaufnah- Ergebnisse der Untersuchungen zur Nahrungs- und me und Kotanalysen zeigten ein breites Nahrungsspek- Brutbiologie sowie zum Raumverhalten werden mit trum mit Präferenzen für krautige Stauden. Vogelwarte 47 (2009) 333

Engler J, Sacher T, Gottschling M, Elle O & Coppack T (Trier, Reichelsheim, Bremen, Zürich/CH) Welche Faktoren begrenzen das Dispersionsverhalten erstjähriger Amseln Turdus merula auf Helgoland?

Jan Engler, Universität Trier, Biogeographie, Am Wissenschaftspark 25-27, 54296 Trier, E-Mail: [email protected]

Dispersionsmuster sind schwer objektiv und populati- te und einem erhöhten Inzuchtrisiko, das Ausmaß der onsübergreifend zu erfassen, da die mobilsten Popula- Jugendstreuung bei Amseln auf Helgoland stark einge- tionsmitglieder sich meist für immer unserem Blickfeld schränkt blieb. Individuelle Dispersionsdistanzen auf entziehen. Vor dem Hintergrund der rasant fortschrei- der Insel wurden maßgeblich durch die räumliche tenden Zersiedlung unserer Landschaft, stellt sich zu- Struktur der Insel sowie durch die Habitatqualität be- nehmend die Frage, in wie weit Dispersionsprozesse stimmt. Es gab keine geschlechtsspezifischen Unter- dem lokalen Populationswachstum entgegenwirken. schiede im Dispersionsverhalten auf der Insel, und Kleine, isolierte Populationen mit klar definierter Sied- vereinzelt abwandernde Individuen waren, entgegen der lungsfläche sind geeignete Plattformen, um individuelle theoretischen Erwartung, männlichen Geschlechts. Dispersionsentscheidungen in Abhängigkeit von demo- Dieses von der Norm abweichende Dispersionsmuster graphischen Variablen umfassend zu untersuchen. Auf verdeutlicht, dass dichteabhängige, soziale Dominanz­ der etwa 1,5 km² großen Nordseeinsel Helgoland wur- interaktionen zwischen Alters- und Geschlechtsklassen de über einen Zeitraum von vier Jahren (2004 bis 2007) als unmittelbar auslösender Faktor der Dismigration der dort ansässige Amselbestand von bis zu 80 Brutpaa- eine untergeordnete Rolle spielen können. Das stark ren detailliert untersucht. Annähernd alle Nestlinge eingeschränkte Dispersionsverhalten von Amseln auf konnten jährlich mit Farbringen individuell markiert Helgoland könnte phänotypisch plastische (Insel als werden. Durch regelmäßiges Ablesen der markierten Verhaltensbarriere) und/oder genetische (Insel als Se- Vögel wurden kleinräumige Bewegungen nachvollzogen lektionsfaktor) Ursachen haben. Unsere Ergebnisse und Erstansiedlungsdistanzen für die gesamte Popula- stehen im Einklang mit andernorts ermittelten Disper- tion bestimmt. Gestützt durch radio-telemetrische Stu- sionsmustern von nicht-inselendemischen Singvögeln dien, zeigte sich, dass trotz der hohen Populationsdich- auf Inseln.

Tiefenbach M, Sackl P & Schulze CH (Graz, Wien/Österreich): Habitatwahl jagender Blauracken Coracias garrulus in Östösterreich

Michael Tiefenbach, Department für Populationsökologie, Universität Wien, Rennweg 14, 1030 Wien, Österreich, E-Mail: [email protected]

Die Bestände der Blauracke in Nord- und Mitteleuropa warten berücksichtigt, die nicht weiter als 1,2 km vom erlitten im Laufe des späten 20. Jahrhunderts einen dra- nächstgelegenen Brutplatz entfernt waren. Für alle An- stischen Einbruch. Dieser Rückgang wird im Wesent- sitzwarten (50 m lange Abschnitte der Niederspan- lichen schwerwiegenden Veränderungen in der Land- nungsleitungen und Sitzkrücken) wurden als wichtig nutzung zugeschrieben, welche sich maßgeblich durch für die Habitatselektion der Blauracke beschriebene Verschlechterungen der Jagdhabitate negativ auf den Habitatparameter für einen Aktionsradius von 25 m Bruterfolg auswirkten (Glutz von Blotzheim & Bauer quantifiziert und ihre Bedeutung mithilfe Allgemeiner 1980; Samwald & Štumberger 1997). Jedoch existierten Linearer Modelle analysiert. Innerhalb dieses Aktions- bislang keine empirischen Studien, die eine quantitative radius konnten ca. 85 % aller von Ansitzwarten durch- Bewertung der Habitatqualität im Zusammenhang mit geführten Jagdflüge beobachtet werden. Vor allem wäh- dem Furagierverhalten der Blauracke ermöglichen. In rend der Brutzeit stieg die Nutzungshäufigkeit von unserer Studie untersuchten wir die Habitatwahl ja- Niederspannungsleitungen und Sitzkrücken für die gender Blauracken in Ostösterreich in den Jahren 2002 Ansitzjagd mit zunehmender Nähe zum nächstgele- und 2004 anhand der Nutzungshäufigkeiten der zwei genen Brutplatz signifikant an. Unabhängig von Sitz- meistgenutzten Ansitzwartentypen, Niederspannungs- wartentyp und Jahreszeit (Brutzeit vs. Nachbrutzeit) leitungen (beide Jahre; n = 153) und Sitzkrücken (nur nahm die Anzahl der von Warten aus jagenden Blau­ 2002; n = 100). Dabei wurden nur potenzielle Ansitz- racken mit zunehmender Siedlungsnähe deutlich ab. 334 Themenbereich „Physiologie“ • Vorträge von Jungreferenten

Abb. 1: Die Beziehung zwischen der durchschnittlichen 5 Anzahl (± Standardfehler) beobachteter Blauracken pro Sitzkrücke (n = 154) und der Habitatdiversität (Shannon- Wiener-Index) während der Nachbrutzeit. 4

3 Während der Brutzeit wurden Abschnitte von Nieder- spannungsleitungen mit einem hohen Anteil an Wie- senflächen deutlich häufiger zur Ansitzjagd genutzt als 2 Bereiche mit anderer Vegetationsbedeckung. Dies lässt sich mit großer Wahrscheinlichkeit auf die relativ hohen 1 Abundanzen geeigneter Beutetiere (mit Körpergröße

>10 mm) in diesem Vegetationstyp zurückführen. Für SitzkrückeBeobachtungen pro 0 die Nachbrutzeit zeigte sich, dass sich die Habitatqua- 0-0,35 >0,35-0,7 >0,7-1,05 >1,05-1,4 >1,4 lität für jagende Blauracken durch einen zunehmenden Habitatdiversität (Shannon-Wiener) Anteil an Maisflächen deutlich verschlechterte, da ei- nerseits Maisäcker die geringsten Dichten an poten- ziellen Beutetieren aufwiesen, und andererseits auf- Abnahme der Habitatheterogenität durch Flurneuord- grund der außerordentlichen Vegetationshöhe in dieser nung und Intensivierung der Landwirtschaft zu brem- Zeit ein Auffinden geeigneter Beute praktisch unmög- sen, sowie mögliche negative Auswirkungen einer un- lich ist. Eine zunehmende Habitatdiversität und/oder kontrollierten ländlichen Entwicklung (z. B. durch Habitatrandliniendichte erhöhte die Attraktivität von Zersiedlung) zu minimieren. Nur durch die Berück- Ansitzwarten für Blauracken während der Brutzeit sichtigung solcher wichtiger Gefährdungsursachen wird (Sitzkrücken) und Nachbrutzeit (Niederspannungslei- ein langfristiger Schutz dieser hochgradig gefährdeten tungen: beide Untersuchungsjahre; Sitzkrücken) maß- Vogelart möglich sein. geblich, offensichtlich wirkt sich eine gesteigerte Hete- rogenität der Landschaft, einerseits durch höhere Dich- Literatur ten von Beutetieren, andererseits durch offene Struk- Glutz von Blotzheim UN & Bauer KM 1980: Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Band 8: 832 – 851. Akademische Ver- turen (verbunden mit einem besseren Zugang zu Nah- lagsgesellschaft, Wiesbaden. rung) förderlich auf die Beuteverfügbarkeit aus. Samwald O & Štumberger B 1997: Roller (Coracias garrulus). Entsprechend unserer Ergebnisse müssen zukünftige In: Hagemeijer WJM & Schutzkonzepte zur Sicherung der letzten Populationen Blair MJ (Hrsg) The EBCC atlas of European breeding birds: der Blauracke in Mitteleuropa versuchen, den fort- Their distribution and abundance: 436-437. T & AD Poyser, schreitenden Rückgang von Grünlandflächen und die London.

Richber J & Schleucher E (Frankfurt am Main): Energiehaushalt und Thermoregulation beim Rußköpfchen Agapornis nigrigenis

Jenny Richber, Institut für Ökologie, Evolution und Diversität, AK Stoffwechselphysiologie, Goethe-Universität, Sies- mayerstrasse 70, 60323 Frankfurt/Main, E-Mail: [email protected]

Die Ordnung der Papageien (Psittaciformes) ist hin- Viele Vögel weisen ein besonderes thermoregulato- sichtlich ihrer Biologie eine vielfältige Vogelordnung. risches Sozialverhalten auf, indem sie gemeinsam ruhen, Dies betrifft z. B. ihre Ernährung, Flugfähigkeit und sogenannte Cluster bilden. Das bedeutet, dass sich meh- klimatischen Ansprüche. Ihr breites Massenspektrum rere Individuen in größeren Ansammlungen mit engem ist für allometrische Vergleiche hinsichtlich ökolo- Körperkontakt zusammenfinden, um die Wärmeabga- gischer Einflüsse geeignet und interessant für physio- be zu verringern und Energie zu sparen. Wir unter- logische Betrachtungen. Es stellt sich die Frage, ob sich suchten den Einfluss der Umgebungstemperatur (Ta) unterschiedliche Lebensweisen in der Physiologie wi- auf den Energiehaushalt, auf die Thermoregulation und derspiegeln. Ebenfalls interessant ist das ausgeprägte auf die Clusterbildung. Wir bestimmten die Ther- Sozialverhalten der Psittaciformes, die oft in großen moneutralzone, den Ruheumsatz, die Körpertempera- Schwärmen und langen Partnerschaften leben. Welche tur und das Isolationsvermögen (Wärmedurchgangs- Auswirkungen hat dieses Sozialverhalten auf den Ener­ zahl) beim Rußköpfchen Agapornis nigrigenis (Körper- giestoffwechsel? masse: 38 ± 1,6 g) und stellen die Daten in Zusammen- Vogelwarte 47 (2009) 335

3500 Abb. 1: Darstellung des Gesamt­ RMR [J/h] ruhestoffwechsels (19:00 – 7:00 Uhr) eines Einzeltieres in einem Zweier- 3000 Cluster (Dreieck), Fünfer-Cluster (Viereck)und isoliert (Kreis); ge- I messen in Abhängigkeit von der 2500 Umgebungstemperatur. Jedes Sym- II bol stellt den Mittelwert für alle Messungen dar (Zweier-Cluster 2000 N = 4, n = 20; Fünfer-Cluster N = 5, III n = 25; Einzelmessung N = 19, n = 142). Ebenfalls sind die dazuge- 1500 hörigen Regressionsgeraden mit folgenden Gleichungen dargestellt: I: RMR = 4495 – 110,3 T ( n=80) 1000 a II: RMR = 3663 – 83,53 Ta (n=4), 10 15 20 25 30 35 III: RMR = 2261 – 30,08 T (n=5). Ta[ C] a

hang mit ökologischen Einflussfaktoren. Diese Vögel der Thermoneutralzone ist schlechter als erwartet. Dies leben in großen Schwärmen und in Partnerschaften. hat für tropische Papageien, die in der Trockenzeit tags- Die Art steht seit dem Jahr 2000 als stark gefährdet auf über Umgebungstemperaturen von bis zu 35 °C (War- der Roten Liste des IUCN. Ihr Verbreitungsgebiet ist burton & Perrin 2005) ausgesetzt sind, den Vorteil, mehr auf 4.550 km2 in Zambia mit 10.000 Individuen ge- Wärme über ihre Oberfläche abführen zu können und schrumpft (Bird Life International 2000). Hitzestress zu entgehen. Bei Umgebungstemperaturen Die Stoffwechselrate ist bei einer Umgebungstempe- von bis zu 5 °C (Regenzeit) ist die erhöhte Wärmedurch- ratur über 28 °C minimal (Thermoneutralzone) und gangszahl von Nachteil. Dieser Tatsache begegnen die liegt bei einem Basalstoffwechsel von 1.452,13 ± Tiere durch thermoregulatorisches Verhalten (Cluster- 94,73 J h-1. Die minimale Wärmedurchgangszahl eines bildung). Dabei bilden sie eine größere thermoregula- -1 Einzelvogels (119,04 ± 15,36 J h ×°C, Ta-Spektrum von torische Einheit und erzielen ein günstigeres Oberflä- 15-25 °C) ist nachts bei einem Einzeltier 28 % höher als chen-Volumen-Verhältnis. Hiermit verlieren sie weni- erwartet (berechnet nach Schleucher & Withers 2001). ger Wärme an ihre Umgebung. Clusterbildung ist für Die Clustermessungen zeigten, dass die Vögel in einem diese Art eine wesentliche „Energiesparmaßnahme“ Zweier-Cluster bei 15 °C 20,9 % (2.410,75 ± 81,67 J und die Höhe der Reduktion des Energieverbrauches h-1×°C) und in einem Fünfer-Cluster 40,6 % (1.810,59 ist abhängig von der Individuenanzahl des Clusters. ± 61,83 J h-1×°C) weniger Energie benötigen als ein Unsere Daten weisen darauf hin, dass es einem ein- Einzelvogel (Abb. 1). zelnen Vogel in der Regenzeit bei diesem hohen Ener- Vergleiche innerhalb der Ordnung der Papageien gieverbrauch nicht möglich sein wird, Nahrungseng- deuten mit dem jetzigen Datenpool, der nur ein Zehn- pässe zu überleben. Die Vögel ruhen zwar durchaus zu tel aller Papageienarten enthält, darauf hin, dass Er- zweit in Nesthöhlen, jedoch ruhen nicht brütende Vö- nährung, Fortbewegung und ökologische Einflüsse gel zusammen auf Ästen. Wir postulieren daher, dass keinen Einfluss auf die Basalstoffwechselrate haben. diese Verhaltensweise Voraussetzung für das Überleben Hierzu erstellten wir eine Allometrie für den Basal- dieser Art ist. Daher ist die Sicherung eines ausreichend stoffwechsel von 37 Papageienarten, die bisher in der großen Verbreitungsgebietes zur Erhaltung einer Min- Literatur verfügbar sind. In dieser Allometrie wurden dest-Populationsgröße vor dem Hintergrund physiolo- die verschiedenen Papageienarten in die Kategorien gischer Daten erforderlich. Ernährungsweise (Körnerernährung vs. Körner/Früch- teernährung vs. Nektarernährung), Fortbewegungsart (flugaktiv vs. laufend), Klimazone (temperiert vs. tro- Literatur pisch) und Habitateigenschaften (arid vs. semiarid vs. Bird Life International 2000: Threatened Birds of the World. Lynx Edicions and Bird Life International. Barcelona, Cam- gemäßigt) klassifiziert. Abschließend wurde geprüft, bridge. ob zwischen den verschiedenen Klassen Unterschiede Schleucher E & Withers PC 2001: Review: Re-evaluation of in der Basalstoffwechselrate der Papageien existieren the allometry of wet thermal conductance for birds. Comp. und dieses statistisch getestet (ANCOVA). Biochem. Physiol. A 129: 821-827. Das Rußköpfchen zeigte keine Auffälligkeiten in Kör- Warburton LS & Perrin MR 2005: Foraging behaviour and pertemperatur und Energiehaushalt im Vergleich zu feeding ecology of the Black-cheeked Lovebird Agapornis anderen Papageien. Das Isolationsvermögen außerhalb nigrigenis in Zambia. Ostrich. 76 (3&4): 118-129. 336 Themenbereich „Physiologie“ • Vorträge von Jungreferenten

Feigl A, Päckert M & Tietze DT (Dresden): Molekulare Phylogenie der Segler (Gattungen Apus und Tachymarptis)

Anna Feigl, Agrippastrasse 15, 55131 Mainz, E-Mail: [email protected].

Die Segler der Gattungen Apus und Tachymarptis ha- Die bisherigen Ergebnisse haben gezeigt, dass Tachy- ben ihr Hauptverbreitungsgebiet in Eurasien, dem marptis und Apus zwei Monophyla bilden. Die Gattung Mittelmeerraum und Afrika (Chantler 1999). Nach Apus ist in drei Hauptäste geteilt, wobei zwei von diesen Möglichkeit sollen in dieser Studie alle 17 Arten beider eine interne Aufspaltung zwischen paläarktischen und Gattungen und deren phylogenetische Beziehungen afrotropischen Arten aufweisen. Der dritte Hauptast zueinander molekulargenetisch untersucht werden, da umfasst dagegen ausschließlich Populationen des Pazi- die Eigenständigkeit der Gattung Tachymarptis bislang fikseglers A. pacificus. Die teilweise sehr geringe zwi- fragwürdig ist. In eine kürzlich veröffentlichte inter- schenartliche Differenzierung zwischen vielen (z. B. generische molekulare Phylogenie (Thomassen et al. westpaläarktischen) Apus-Arten erschwert die Tren- 2005) flossen nur Sequenzen von drei dieser 17 Arten nung einzelner Taxa auf Artniveau. ein (T. melba, A. apus, A. affinis). Die anhand dieser Ergebnisse empfohlene Eingliederung des Alpenseg- Dank. Das Projekt wird vom Sächsischen Staatsmini- lers in die Gattung Apus beruht dadurch auf unsicherer sterium für Wissenschaft und Kunst finanziert. Unser Datenbasis. Stammbaumrekonstruktionen sollen an- Dank gilt des Weiteren folgenden Leihgebern von Pro- hand von zwei mitochondrialen Genen (Cytochrom benmaterial: Jochen Martens; Matthias Schmidt; Zoo- b, 12S rRNA) und zwei Kerngenen (β-Fibronogen, logisches Forschungsinstitut und Museum Alexander GAPDH) erstellt werden. Koenig, Bonn; Museum für Naturkunde, Berlin; Museo Die meisten Seglerarten verbringen einen Großteil de Ciencias Naturales, Madrid; Estación Biologica de ihres Lebens in der Luft, daher sind Frischproben dieser Doñana, Sevilla; Burke Museum of Natural History and Vögel nur schwer zu bekommen. Für molekulargene- Culture, Washington, USA. tische Untersuchungen insbesondere an seltenen Seg- lerarten bietet sich deswegen Material aus Museums- bälgen an. Dabei wird vor allem mit alt-DNA gearbeitet Literatur die aus Gewebeproben, der Senkenberg Naturhisto- Thomassen HA, den Tex R-J, de Bakker MAG & Povel GDE rischen Sammlungen Dresden im Museum für Tier- 2005: Phylogenetic relationships amongst swifts and swift- lets: A multi locus approach, Molecular Phylogenetics and kunde Dresden, entnommen werden. Anhand gattungs- Evolution 37.1:264-277. spezifischer, für dieses Projekt designter Primer werden Chantler P 1999: Family APODIDAE (SWIFTS). In: Del Hoyo aus den Museums-DNA-Proben kurze Genfragmente J, Elliot A & Sargatal J (Hrsg): Handbook of the Birds of the amplifiziert und sequenziert, die schließlich zu einer World 5 Barn-owls to Hummingbirds: 388-417. Lynx Edi- vollständigen Gensequenz zusammengefügt werden. cions, Barcelona.

Sammler S & Tiedemann R (Potsdam): Struktur des mitochondrialen Genoms zweier philippinischer Hornvogelarten

Svenja Sammler, Universität Potsdam, Institut für Biochemie und Biologie, AG Evolutionsbiologie/Spezielle Zoologie, Karl-Liebknecht-Str. 24-25, Haus 26, 14476 Potsdam; E-Mail: [email protected]

Die Familie der Bucerotidae ist in der Genbank NCBI integriert. Um die genetische Vielfalt bzw. potenzielle zurzeit noch deutlich unterrepräsentiert. Den größten Inzucht dieser bedrohten und auf den westlichen Visa- Anteil stellen dabei Nucleotidsequenzen der afrika- yas endemischen Hornvögel zu quantifizieren, sollen nischen Tockus-Arten. Unter den asiatischen Hornvö- verschiedene genetische Marker untersucht werden. geln gelten die philippinischen als die am schlechtesten Hierzu analysierten wir zunächst die Struktur des mi- untersuchten. Der Korallenschnabel-Hornvogel Aceros tochondrialen Genoms, um die Entwicklung artspezi- waldeni und der Visayas-Tariktik-Hornvogel Penelopi- fischer Marker zu ermöglichen. Das mitochondriale des panini sind in das Artenschutzmanagement des Genom der beiden Hornvogelarten zeigt einen äußerst „Philippine Endemic Species Conservation Projekt“ komplexen Aufbau mit Duplikationsereignissen im Be- Vogelwarte 47 (2009) 337 reich der Kontrollregion und benachbarter Abschnitte. Dank. Mit finanzieller Förderung durch die Studien- Neben der Verdopplung eines mehrere Gene umfas- stiftung des Deutschen Volkes und die Universität Pots- senden Bereichs konnten zwei verschiedene heteroplas- dam und organisatorischer Unterstützung beim Pro- mische Tandemwiederholungen mit langen Einzelmo- bensammeln durch Prof. Eberhard Curio. tiven nachgewiesen werden. Aufgrund dieser Beson- derheiten überragen die mitochondrialen Genome der Literatur beiden Hornvögel in der Gesamtlänge nicht nur das Abbott CL, Double MC, Trueman JW, Robinson A & Cock- Genom des Modelorganismus Haushuhn Gallus gallus burn A 2005: An unusual source of apparent mitochon- (Desjardins & Morais 1990), sondern auch das bisher drial heteroplasmy: duplicate mitochondrial control regions als das längste unter den Vögeln geltende mitochond- in Thalassarche albatrosses. Mol. Ecol. 14(11): 3605-3613. Desjardins P & Morais R 1990: Sequence and gene organisa- riale Genom des Schwarzbrauen-Albatrosses Diomedea tion of the chicken mitochondrial genome. A novel gene melanophris (Abbott et al. 2005, Gibb et al. 2007). Durch order in higher vertebrates. J. Mol. Biol. 212: 599-634. den Vergleich von mitochondrialer DNA-Sequenzen Gibb GC, Kardailsky O, Kimball RT, Braun EL & Penny D einzelner Individuen konnte des Weiteren gezeigt wer- 2007: Mitochondrial genomes and avian phylogeny: com- den, dass weite Abschnitte im verdoppelten Bereich der plex characters and resolvability without explosive radia- Rekombination unterliegen, und diese damit weit häu- tions. Mol. Biol. Evol. 24(1): 269-280. figer stattfinden muss, als bisher angenommen.

Graf M, Reiter K & Schulze CH (Wien/Österreich): Vorhersage von Effekten der globalen Klimaerwärmung auf die Verbreitung des Schneefinken Montifringilla n ivalis in den Ostalpen

Marc Graf, Endresstrasse 65/8/4, 1230 Wien, Österreich; E-Mail: [email protected]

Der globale Klimawandel und dessen Auswirkungen niederschlag, mittlere Jahrestemperatur) wurden einem auf die Artenvielfalt und die geografische Verbreitung A2a-Klimamodell, das von einer Temperaturerhöhung von Tier- und Pflanzenarten haben in den letzten Jahren von 3,2°C bis 2080 ausgeht, entnommen. Weiterhin in zunehmendem Maße in die moderne Naturschutz- wurden GIS-Rasterdatensätze zur Landbedeckung und forschung Einzug gehalten. Effektives Werkzeug, um ein Höhenmodell der Ostalpen zur Berechnung des mögliche Auswirkungen abschätzen zu können, ist das Modells miteinbezogen. Modellieren des potenziellen Verbreitungsgebiets, ba- Die vier Prädiktoren (Jahresniederschlag, mittlere sierend auf Datensätzen zur aktuellen, bekannten Ver- Jahrestemperatur, Landbedeckung und das Höhenmo- breitung und für die Art relevante Klimadaten und dell) wurden in allen Kombinationen auf ihre Eignung andere Umweltfaktoren. zur Modellberechnung getestet, sowohl über die Zeit- In dieser Arbeit wurde der Modelltyp GARP (Genetic spanne eines ganzen Jahres als auch nur für die Brut- Algorithm for Rule-set Prediction) verwendet, um die saison. Hierfür wurden einzelne GARP-Modelle im mögliche Verbreitung des Schneefinks Montifringilla ‚Best Subset’-Modus gemäß Anderson et al. (2003) er- nivalis in den östlichen Alpen (Österreich, Deutschland, rechnet. Sowohl das GARP-interne Testverfahren als Italien und Slowenien) zu modellieren. Hierfür wurden auch sogenannte AUC-Werte (Fawcett 2006) lieferten bekannte Sichtungen der Tiere (Punktdaten) in den Al- Information über die Qualität der Modelle. Modelle mit pen aus verschiedenen Quellen (BirdLife, Landesmuseen, einer hohen Aussagekraft wurden außerdem noch mit Privatpersonen, etc) gemeinsam mit Klimadaten (www. einem GIS-Datensatz verschnitten, der das niedrigste worldclim.com) und mehreren GIS-Rasterlayern im Pro- bekannte Brutvorkommen (1700 m.ü.M.) zeigte. Jene gramm openModeller verrechnet und die mögliche ak- Modelle, die bei diesem grafischen Test ein potentielles tuelle Verbreitung der Spezies modelliert. Vorkommen außerhalb der 1700 m Höheninseln In weiterer Folge wurde das mögliche Vorkommen zeigten, wurden verworfen. des Vogels für die Jahre 2020, 2050 und 2080 ermittelt, Die besten Modelle wurden mit den vier oben genann- um abschätzen zu können, ob und wie sehr die Art ten Prädiktorvariablen für den ganzen Jahresverlauf er- durch den Klimawandel beeinflusst sein könnte. zielt und somit zur eigentlichen Modellbildung der mög- Aus allen bekannten Nachweisen der Vögel wurden lichen Verbreitung der Schneefinken verwendet. nur jene zur Brutzeit, Mai bis August (Bezzel 1993), für Zur Ermittlung der zukünftigen Verbreitung für die die Modellierung verwendet. Die Klimadaten (Jahres- Jahre 2020, 2050 und 2080 war keine weitere Modell- 338 Themenbereich „Physiologie“ • Vorträge von Jungreferenten berechnung notwendig. Identische Umweltfaktoren, Verbreitung verschiedenster Arten beeinflusst. Vor welche die derzeitige Verbreitung der Vögel beschrei- allem Pflanzen und Tiere wie der Schneefink, deren ben, mussten hierfür lediglich in den zukünftigen Kli- Verbreitung auf Gebiete oberhalb der Baumgrenze be- maszenarien ‚gesucht’ werden (Peterson et al. 2001). schränkt ist, könnten unter wärmeren Temperaturen Da GARP-Modelle in jedem Durchlauf aufgrund des (Anstieg von rund 3 °C bis 2080) und der damit einher- internen Algorithmus unterschiedliche Ergebnisse liefern gehenden Verschiebung der Waldgrenze leiden. (Stockwell et al. 2006), wurden insgesamt 60 Modelle gerechnet. Die besten zehn, gemäß dem oben genannten Literatur Testverfahren, wurden in ArcMap aufsummiert. Anderson RP, Lew D & Peterson AT 2003: Evaluating predic- tive models of species’ distributions: criteria for selecting Das Modell zur derzeitigen Verbreitung zeigt ein groß- 2 optimal models. Ecological Modelling 162: 211–232. flächiges Vorkommen der Vögel (45.670 km ) im gesam- Araújo MB, Pearson RG, Thuiller W & Erhard M 2005: Vali- ten Untersuchungsraum. Am Nordrand der Alpen liegt dation of species-climate impact models under climate die Untergrenze des Vorkommens der Vögel bei rund change. Global Change Biology 11: 1504-1513. 1.750 Metern, wohingegen in den südlichen Teilen der Bezzel E 1993: Kompendium der Vögel Mitteleuropas. AULA- Alpen ein Vorkommen erst in größeren Höhen, gemäß Verlag GmbH, Wiesbaden. der Lage der Waldgrenze zu erwarten ist. Fawcett T 2006: An introduction to ROC analysis. Pattern Für die zukünftige Verbreitung bis zum Jahr 2050 Recognition Letters 27: 861–874. zeigen sich noch wenig Lebensraumverluste (2020: Peterson AT, Sanchez-Cordero V, Soberon J, Bartley J, Bud- 0,02 %; 2050: 1,68 %). Für das Jahr 2080 kann allerdings demeier RW & Navarro-Sigüenza AG 2001: Effects of glo- bal climate change on geographic distributions of Mexican mit einem Verlust von rund 15 % gerechnet werden Cracidae. Ecological Modelling 144: 21–30. (Abb. 1). Dies wird hauptsächlich durch eine Verschie- Stockwell DRB, Beach JH, Stewart A, Vorontsov G, Vieglais bung der Waldgrenze und somit der optimalen Lebens- D & Scachetti Pereira R 2006: The use of the GARP ge- bedingungen der Tiere in höhere Lagen verursacht. netic algorithm and internet grid computing in the Lifemap- Die Ergebnisse dieser Arbeit unterstützen einmal per world atlas of species biodiversity. Ecological Modelling mehr die Vermutung, dass der globale Klimawandel die 195: 139–145.

Abb. 1: Zukünftige Verbreitung vonMontifringilla nivalis in den Ostalpen im Jahr 2080 (in grau). Rote Bereiche zeigen den durch den Klimawandel bedingten Lebensraumverlust. Vogelwarte 47 (2009) 339

Trautmann S, Böhning-Gaese K, Laube I, Badeck F & Schwager M (Mainz, Potsdam): Auswirkungen von Klima- und Landnutzungswandel auf den Artenreichtum der Vögel in Deutschland

Sven Trautmann, Institut für Zoologie, Johannes Gutenberg-Universität, 55099 Mainz, E-Mail: sven.trautmann@uni- mainz.de

In Artverbreitungsmodellen (species distribution mo- einer im Vergleich mit dem Kalibrierungszeitraum dels) wurden bisher v.a. klimatische Variablen als Ein- (1961-1990) gleichbleibenden Landnutzung ausgeht. flussvariablen auf die Verbreitung einer Art beschrie- Das zweite Modell bildet eine Landnutzung ab, die ben. Nur in wenigen Studien wurden Landnutzungs- direkt an das Klima angepasst wird, muster als zusätzliche Variablen integriert, obwohl sie 2. zweier Klimaszenarien, ein im Vergleich „kühl- wichtige Faktoren sind, die das Vorkommen einer Art feuchtes“ (+2,4°C) und ein warm-trockenes bestimmen. (+2,7°C), Die Ziele dieser Arbeit waren: 3. zweier Ausbreitungsszenarien, wobei entweder von 1. zu testen, ob kombinierte Modelle mit Klima- und unbegrenzter oder von gänzlicher fehlender Ausbrei- Landnutzungsvariablen die Verbreitung der Arten in tungsfähigkeit ausgegangen wird. Europa besser beschreiben als Modelle, die nur Klima- In einem neuen Ansatz selektierten wir artspezifisch variablen beinhalten und wichtige Landnutzungsvariablen, um biologisch sinn- 2. zu testen, ob kombinierte Artverbreitungsmodelle vollere Modelle für die Verbreitung von Vögeln in Europa andere Vorhersagen über die Veränderungen im Ver- zu kalibrieren. Mit Hilfe einer Artdatenbank, die 17 Land- breitungsgebiet der Arten unter Klimawandel machen nutzungsvariablen bezüglich ihrer potenziellen Bedeu- als reine Klimamodelle. tung für einzelne Arten bewertet, wurde eine Vorselek- Dazu wurden neben dem Modelltyp (Klima- vs. Klima- tion der Landnutzungsvariablen vorgenommen und mit Landnutzungsmodell) Einflüsse verschiedener Faktoren Hilfe einer automatisierten Selektion (Lasso-Ridge-Re- auf die Vorhersage des potenziellen zukünftigen Arten- gression Hybrid-Algorithmus, Owen 2006) das endgül- reichtums in Deutschland getestet. Konkret ging es tige Variablenset ausgewählt. Die so erstellten model- hierbei um die Auswirkungen lierten Verbreitungen wurden mit Hilfe von Klimasze- 1. zwei verschiedener Landnutzungsmodelle für den narien für Deutschland in die Zukunft projiziert und auf Projektionszeitraum (2045-2055), wobei eines von die Einflüsse der zuvor erwähnten Faktoren getestet.

Emberiza cia (Zippammer) Emberiza cia (Zippammer)

richtig= blau richtig= blau falsch negativ = gelb falsch negativ = gelb falsch positiv = rot falsch positiv = rot AUC = 0,816 AUC = 0,921 Kappa = 0,425 Kappa = 0,658

Klimavariablen Klima- und Landnutzungsvariablen

Abb. 1: Einbeziehung von Landnutzung verbessert Nur-Klima-Modelle, hier dargestellt bei der Zippammer; blau die rich- tigen Vorhersagen des Vorkommens durch das Modell, rot falsch positive und gelb falsch negative Vorhersagen. 340 Themenbereich „Physiologie“ • Vorträge von Jungreferenten

Eine Schwierigkeit bei der Vorhersage zukünftiger sich dabei nur geringfügig voneinander, aber sehr Verbreitungen der Arten war, dass bisher zwar in Form stark vom reinen Klimaszenario. des europäischen CORINE land cover 2000-Datensatzes Die dargestellten Ergebnisse verdeutlichen, dass Land- Landnutzungsdaten für die Gegenwart vorlagen, nicht nutzungsvariablen Artverbreitungsmodelle nicht nur jedoch qualitativ vergleichbare Zukunftsprojektionen, verbessern, sondern auch zu stark veränderten Zu- wie sie für klimatische Variablen bereits existierten. kunftsprognosen führen und somit Empfehlungen aus Daher verwendeten wir stattdessen o.a. Landnutzungss- reinen Klimamodellen (z. B. Huntley et al. 2008) kritisch zenarien, die den Wertebereich zwischen keiner und überprüft werden sollten. einer komplett klimaangepassten Änderung der Land- Der starke Einfluss der Ausbreitungsfähigkeit - er nutzung aufspannen und die Effekte dieser Verände- scheint bei Vögeln zunächst wenig relevant. Allerdings rungen den Klimamodellen gegenüberstellen. unterscheiden sich die hier betrachteten Vogelarten in Die Ergebnisse zeigen Zugmodus, Morphometrie und Habitatspezialisierung 1. eine Verbesserung der Modellqualität durch Hinzu- z.T. beträchtlich, so dass davon ausgegangen werden nahme von Landnutzungsvariablen (Abb.1), kann, dass sich manche Arten nur schlecht ausbreiten 2. eine starke Abnahme des Artenreichtums in der Flä- können. che über alle Modelle hinweg, Vor diesem Hintergrund sollte eine Vernetzung von 3. starke Effekte der Ausbreitungsfähigkeit auf die Mo- Habitaten noch vor der Anpassung von Management- dellergebnisse, welche die Einflüsse von Klimaszena- maßnahmen (z. B. in Schutzgebieten) an den Klima- rio und Modelltyp (Klima- bzw. Landnutzungsmo- wandel gewährleistet werden. delle) überlagern. Während das Klimaszenario ins- gesamt einen positiven Effekt zeigt, führt die Einbe- Literatur Huntley B, Green RE, Collingham YC & Willis SG 2008: A ziehung von Landnutzung zwar zu einem geringeren climatic atlas of European Breeding Birds. Lynx Edicions, Artenreichtum, aber insgesamt zu einem geringeren Barcelona. Artumsatz. Das bedeutet, es wandern zwar weniger Owen AB 2006: A robust hybrid of lasso and ridge regression. Arten ein, es sterben aber auch weniger Arten aus. In: Verducci J S, Shen X & Lafferty J (eds) : Contemporary Die beiden Landnutzungsszenarien unterscheiden Mathematics 443: Prediction and Discovery.

Schrimpf A, Leyrer J, Brugge M, Dekinga A, Piersma T (Den Burg/Texel, Groningen/Niederlande): Rastplatzökologie eines Langstreckenziehers - Habitatnutzung des afro-sibirischen Knutts Calidris canutus canutus im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer zur Zeit des Frühjahrszugs

Anne Schrimpf; E-Mail: [email protected]

Das Schleswig-Holsteinische Wattenmeer besitzt eine doppeln müssen, um genügend Energiereserven für große Bedeutung als Frühjahrsrastgebiet für in ihre den Weiterflug in die Brutgebiete anzusammeln. arktischen Brutgebiete wandernde Wat- und Wasser- Knutts ernähren sich außerhalb der Brutzeit aus- vogelarten. Zur Zeit des Frühjahrszugs befinden sich schließlich von Mollusken. Im Wattenmeer ist die die Zugvögel unter einem enormen Zeitdruck, da sie bevorzugte Beute die Rote Bohne Macoma baltica. zum optimalen Zeitpunkt in den Brutgebieten anzu- Es handelt sich hierbei um eine dünnschalige Musche- kommen müssen, um dort zum einen nicht durch lart, die für den Knutt, der seine Beute ganz schluckt Schnee und Eis überrascht zu werden und zum anderen und in seinem Muskelmagen zerkleinert, das beste optimale Bedingungen zur Aufzucht ihrer Jungen zu Fleisch/Schale Verhältnis besitzt. Um in der kurzen haben. Es ist bekannt, dass die Bedingungen in den Zeit die nötigen Energiereserven ansammeln zu kön- letzten Rastgebieten vor den Brutgebieten einen ent- nen ist der Knutt auf ein entsprechendes Angebot scheidenden Einfluss auf den Bruterfolg, und auch auf dieser qualtitativ hochwertigen Beute angewiesen. die Überlebenschancen der Vögel haben. Untersuchungen in den vergangenen Jahren haben Die Afro-Sibirische Population des Knutts überwin- gezeigt, dass das Vorkommen von Macoma jährlichen tert größtenteils in Mauretanien an der Westafrika- Schwankungen unterliegt. Wir dokumentieren hier die nischen Atlantikküste und zieht in zwei tausende Ki- Ergebnisse einer vierjährigen Untersuchung zur Qual- lometer langen Non-Stop- Flügen in die sibirischen tität des Rastplatzes Schleswig-Holsteinisches Watten- Brutgebiete auf Taymyr. Der zentrale Rastplatz ist das meer für die Afro-Sibirischen Knutts, mit besonderem Schleswig-Holsteinische Wattenmeer, in dem die Tiere Augenmerk auf das Nahrungsangebot zur Zeit des innerhalb von zwei bis drei Wochen ihr Gewicht ver- Frühjahrszugs. Vogelwarte 47 (2009) 341

Themenbereich „Spechte“

• Plenarvortrag

Walters J (Derring Hall/USA): Untersuchungen am Kokardenspecht (Picoides borealis): ein seltener Specht liefert Antworten zu verbreiteten Fragen in Populationsökologie und Artenschutz

Jeff Walters; E-Mail: [email protected]

Der Kokardenspecht Picoides borealis ist ein ungewöhn- nen effektiven Weg darstellt, über den sie um Brutmög- licher Specht. Er stellt die einzige Spechtart dar, die ihre lichkeiten in existierenden Territorien mit Höhlenbäu- Höhlen in lebende Nadelbäume schlägt und er gehört men konkurrieren können. Dies unterstützt die gene- zu den wenigen kooperativ brütenden Spechtarten. Au- relle Annahme, dass die Varianz in Territorienqualität ßerdem ist er selten – die Art ist die einzige bedrohte kooperatives Brüten fördert. Spechtart Nordamerikas (oder eine von zweien, sofern Unsere Ergebnisse weisen außerdem darauf hin, dass der Elfenbeinspecht Campephilus principalis noch exi- die Anlage künstlicher Höhlen in unbesetztem Habitat stiert). Es ist daher überraschend, dass er zudem noch eine effektive Methode zur Erhöhung von Populations- einer der am einfachsten zu untersuchenden Spechte größen sein kann – eine wichtige Anregung für den ist. Seine Höhlenbäume sind sehr auffällig und werden Artenschutz, wenn man bedenkt, dass zu diesem Zeit- über viele Jahre benutzt und jede Gruppe besitzt ein punkt keine der Populationen in Zunahme begriffen ganzes Cluster davon, so dass es sehr einfach ist, jedes war. Dies hat sich bestätigt und heute sind zwei unserer Jahr alle aktiven Territorien und jedes Nest in einer Po- drei Studienpopulationen mittels dieser Management- pulation zu finden. Die Bildung neuer Territorien Strategie so stark angewachsen, dass sie als erholt ein- kommt selten vor, was das Monitoring ganzer Popula- gestuft werden. tionen sogar noch weiter erleichtert. In den vergangenen Vor kurzem haben wir Zerstreuungswanderungen 30 Jahren hat meine Arbeitsgruppe dies genutzt, um (Dispersal) untersucht. Die typische rechtsschiefe Ver- Langzeit-Populationsstudien durchzuführen, in denen teilungskurve der Dispersal- Entfernungen des Kokar- wir in der Lage waren, jedes Individuum unserer Stu- denspechts ergibt sich aus einer komplizierten Vermen- dienpopulationen während seines gesamten Lebens zu gung verschiedener Strategien. Da Helfer nur benach- verfolgen. Wir haben die demografischen Daten aus barte Territorien besuchen, dispergieren sie nur über diesen Studien dazu verwendet, generelle Fragen zur sehr kurze Entfernungen, üblicherweise über ein oder Biologie von Vögeln ebenso zu bearbeiten wie spezi- zwei Territorien vom Brutplatz entfernt. Dies scheint fische Fragen zu dieser bedrohten Vogelart. Die Ergeb- die beste Dispersalstrategie zu sein, die bei dominanten nisse zeigen die Bedeutung von Grundlagenforschung Vögeln beobachtet wurde. Andere Vögel wandern in für das Management. ihrem ersten Jahr ab, entweder während des Sommers Eine Frage, die wir bearbeitet haben, beschäftigt sich innerhalb weniger Monate nach dem Flüggewerden mit der Evolution des kooperativen Brütens. Bei dieser oder im nächsten Frühjahr, nachdem sie den Winter Art werden die meisten Helfer von Männchen gestellt, mit ihrer angestammten Gruppe verbracht haben. Sol- die in ihren Geburtsterritorien bleiben. Wir haben che Vögel besuchen Territorien in Entfernungen bis durch Anlage künstlicher Höhlen in unbesetzten Ha- sechs oder sieben km vom Heimatort und bleiben dann bitaten die Hypothese überprüft, wonach sich koope- meist auch innerhalb dieses Bereiches. Einige Vögel ratives Brüten als Antwort auf eine hohe Variabilität in „springen“ jedoch von ihren Geburtsorten zu neuen, der Qualität von Territorien entwickelt hat. Dabei wären weit entfernten Orten und beginnen dann, in dieser Territorien mit bestehenden Höhlenbäumen diejenigen neuen Nachbarschaft Territorien zu besuchen. Diese mit hoher Qualität und potentielle Territorien ohne Vögel sind für das lange rechte Ende im Verteilungs- Höhlenbäume diejenigen mit geringer Qualität. Neun- muster von Dispersionsdistanzen verantwortlich. zehn von 20 Flächen wurden von neuen Spechtgruppen Zersttreuungswanderungen beinhalten wichtige As- besetzt, während keine der Kontrollflächen besetzt wur- pekte für den Schutz: erstens, weil aufgrund der kurzen de. Dieses und andere Resultate weisen darauf hin, dass Dispersionsentfernungen der Helfer Populationen mit der Verbleib im Geburtsterritorium für Männchen ei- geklumpten Territorien stabiler sind als solche, bei de- 342 Themenbereich „Spechte“ • Vorträge nen die Territorien weit verteilt sind. Und zweitens, weil gen. Das Dispersionsverhalten des Kokardenspechtes sie die Sensitivität der Art hinsichtlich Habitatfragmen- kann eine generelle Erklärung rechtsschiefer Vertei- tierung aufzeigen, da Vögel im ersten Jahr und „Sprin- lungsmuster bei Dispersal-Distanzen wie auch bzgl. der ger“ es vermeiden, größere Offenbereiche zu überflie- Sensitivität gegenüber Habitatfragmentierung liefern.

• Vorträge

Rehnus M, Sorg J-P, Winkler H & Pasinelli G (Zürich/Schweiz, Wien/Österreich, Sempach/Schweiz): Habitatnutzung und Höhlenaktivität des Weissflügelspechts Dendrocopos leucopterus in den Walnuss-Fruchtwäldern Kirgistans

Maik Rehnus, ETH Zürich, Institut für Terrestrische Ökosysteme, CHN F 75.3, Universitätstrasse 16, 8092 Zürich, Schweiz; E-Mail: [email protected]

Der WeissflügelspechtDendrocopos leucopterus ist eine flächen (r=20m) erfolgte die Kartierung des Weissflü- endemische Spechtart mit einem vergleichsweise klei- gelspechtes akustisch und optisch; zudem wurden struk- nen Verbreitungsgebiet in den Ländern Zentralasiens. turelle Merkmale des Habitats und der Höhlen aufge- In Kirgistan, einem der waldärmsten Länder Asiens, nommen. Der Weissflügelspecht wurde auf 40% der wird der Weissflügelspecht im so genannten „Roten Probeflächen nachgewiesen, wobei dessen Antreffwahr- Buch“ gelistet und kommt als einzige Spechtart in den scheinlichkeit bei 84% lag. Die Resultate zeigten, dass natürlichen Walnuss-Fruchtwäldern im Süden des der Walnusswaldtyp ein wichtiges Habitat für den Weis- Landes vor. Der Weissflügelspecht ist eine kaum unter- sflügelspecht ist. Gegenüber anderen Waldtypen wurde suchte Spechtart, und die wenigen bisherigen Studien der Walnusswald sowohl bei der Habitatwahl als auch weisen auf dessen Indikatorwert für die Artendiversität bezüglich des Höhlenangebotes präferiert. Dabei kor- der lokalen Avifauna hin. In unserer Studie haben wir relierten die Anwesenheit des Spechtes und dessen die Habitatnutzung und das Höhlenangebot als Hinweis Höhlen jeweils positiv mit dem mittleren Brusthöhen- auf die Wahl potenziell geeigneter Brutbäume durch durchmesser der Walnuss. Diese Beziehungen sollen den Weissflügelspecht in verschiedenen Waldtypen der nun bei der Entwicklung zukünftiger Bewirtschaftungs- Walnuss-Fruchtwälder Kirgistans untersucht. Auf den konzepte der Walnuss-Fruchtwälder berücksichtigt insgesamt 64 zufällig verteilten kreisförmigen Probe- werden, um den Weissflügelspecht aktiv zu fördern.

Günther E (Halberstadt): Spechte und Privatisierung - Ein Beispiel aus dem Harz

Egbert Günther; E-Mail:[email protected]

Über die Privatisierung von Waldflächen hat sich eine brachten Argumente sind allerdings nur Theorien, be- heftige Kontroverse entwickelt. Auslöser waren die Ver- lastbares Datenmaterial, welches diese untermauern käufe von Waldflächen in Ostdeutschland durch die könnten, fehlt zumeist. In einem 130 ha großen Eichen- BVVG. Dem folgten Veräußerungen von Staatswald, wald im Ostharz (Landkreis Harz, Sachsen-Anhalt) meist im Zuge von Forstreformen. Die Gegner verwei- werden seit 1977 in unregelmäßigen Abständen die sen auf die Gemeinwohlfunktion des Waldes, vor allem Bestände des Mittelspechts und der anderen Spechtar- auf seine Bedeutung für den Artenschutz und meinen, ten erfasst. In dem Wald wurden alle sechs im mittel- dass der „Bürgerwald“ in staatlicher Hand bleiben muss. deutschen Raum vorkommenden Spechtarten festge- Die Befürworter sind der Auffassung, dass sich Privat- stellt (Grau-, Grün-, Schwarz-, Bunt-, Mittel- und wald genauso effektiv und ökologisch bewirtschaften Kleinspecht). Diesen Wald übernahm 2005 ein privater lässt wie der Staatswald. Die von beiden Seiten vorge- Eigentümer. Dadurch war es möglich, die Auswirkungen Vogelwarte 47 (2009) 343 der Nutzungsintensität auf die Brutbestände der Spechte Höhlenbaus, führten zur Meidung dieser Flächen durch direkt zu prüfen. 1988 setzte das Eichensterben ein, das die Großspechte. Bunt- und Mittelspecht zeigten 2009, bis heute fast unvermindert grassiert. In den ersten Jah- also vier Jahre nach dem Eigentümerwechsel, erstmals ren wurden die toten Eichen nur sporadisch auf den im Laufe von 32 Jahren negative Bestandstrends. Die Plateaus entnommen, an den Hängen, die seit jeher die forstlichen Maßnahmen erschienen zunächst ursächlich Rückzugsflächen für die Spechte waren, blieben sie dafür verantwortlich. Ein Monitoringprogramm im meist stehen.. Der neue Eigentümer forcierte den Ein- Nationalpark Harz zeigte allerdings, dass 2009 fast alle schlag der Eichenruinen, verstärkt auch in den zuvor Standvögel im Vergleich zu den Vorjahren deutlich ge- kaum genutzten Hangwäldern. Durch die Einschläge ringere Bestände aufwiesen. Der Buntspecht sogar um lichtete sich der Wald und es entstanden vereinzelt kahl- 50 %. Es ist denkbar, dass dies die Auswirkungen des schlagartige Blößen. Mit den toten Eichen erschien vorangegangenen strengen Winters sind. Eine Beurtei- zunächst der Schwarzspecht als Brutvogel. Der Bunt- lung, welche Eigentumsform die ökologisch besser wirt- specht reagierte mit einem deutlichen Bestandsanstieg, schaftende ist, kann nach nur wenigen Jahren nicht während der Mittelspecht davon unbeeinflusst blieb. In abschließend beurteilt werden. Dem Naturschutz vor den lichter gewordenen Wald zog auch der Grünspecht Ort ist zu empfehlen, unter Einbeziehung der Behörden, ein, der zuvor nur die Randbereiche besiedelt hatte. Die mit den neuen Eigentümern Kontakt aufzunehmen und intensiveren Holzeinschläge, in manchen Jahren teil- gemeinsam nach naturschutzfachlich sinnvollen und weise bis in die Phase der Reviergründung und des wirtschaftlich vertretbaren Lösungen zu suchen.

Michalek KG & Krištín A (Eisenstadt/Österreich, Zvolen/Slowakei): Nahrung von Buntspecht Dendrocopos major, Mittelspecht Dendrocopos medius und Baumläufern Certhia sp. im Wienerwald

Klaus Michalek, Naturschutzbund Burgenland, Esterhazystr. 15, 7000 Eisenstadt, Österreich, E-Mail: klaus.micha- [email protected]

In einem Alteichenbestand und einem Eichen-Buchen- den eudominanten Beutetieren des Buntspechts im mischbestand wurden zwischen 1995–1997 ganzjährig Winter (22 Proben, 102 Beutetiere) gehören die Amei- Kotproben von Buntspecht, Mittelspecht und Baum- sen (n%=60, n=61 Beutetiere), zu den dominanten Kä- läufern genommen und hinsichtlich ihrer Zusammen- fer (n%=14,7; n=15), Spinnen (n%=9,8; n=10) und setzung analysiert. Das Untersuchungsgebiet von rund Käferlarven (n%=9,8; n=10). Die vegetabilische Nah- 60 ha liegt am Ostrand des Flyschwienerwaldes zwi- rungskomponente spielt in seiner Gesamtnahrung im schen Gallitzinberg und Heuberg am Westrand von Winter mit 70 % (Mittelspecht 22,5 % und Baumläufer Wien in einer Seehöhe von 320 bis 420 m. Waldbaum- 12,5 %) die größte Rolle. Im Sommer beträgt der pflanz- läufer Certhia familiaris und Gartenbaumläufer Certhia liche Anteil seiner Nahrung nur 15,7 % und die Amei- brachydactyla wurden aufgrund ihrer schwierigen Be- sen (n%=92,9!; n=125) gehören wie im Winter zu den stimmbarkeit als eine Gruppe zusammengefasst. eudominanten Beutetieren (7 Proben / 135 Beutetiere) Es wurden 53 Kotproben mit 569 Beutetieren und der animalischen Nahrungskomponente. Die restlichen eine unbestimmte Anzahl an Samen und Pflanzenma- 7,1 % (n=10) sind Spinnen, Käfer, Schmetterlingslarven, terial, welche von den Tieren beim Fangen mit Japannet- Mücken und Schnaken. Flügge junge Buntspechte (7 zen oder beim aus der Höhle Angeln der Nestlinge Proben, 164 Beutetiere) ernähren sich im Sommer zu abgegeben wurden, gesammelt und ausgewertet. Die 98,8 % (n=162) von Ameisen und 1,2 % (n=2) von Spin- Kotproben (Buntspecht 43 Proben / 496 Beutetiere, nen. Dies weist auf die geringe Flexibilität und Unbe- Mittelspecht 6/47, Baumläufer 4/26) wurden im Labor holfenheit der Jungspechte beim Nahrungserwerb hin. unter dem Binokular untersucht und die Indivi- Die wichtigste Rolle bei der Nahrung des Mittelspechts duenzahlen der Beutetiere und das Volumen der einzel- im Winter (4 Proben, 23 Beutetiere) spielen Käfer nen Nahrungskomponenten festgestellt. Die Nahrungs- (n%=30, n=7), Ameisen (n%=30, n=7) und Spinnen zusammensetzung wurde mit Hilfe der absoluten und (n%=17, n=4), bei den Baumläufern (4 Proben, 26 Beu- relativen Werte der Abundanz (n, n %) und Frequenz (f, tetieren) Käfer (n%=35,5; n=9), Ameisen (n%=30,7; f %), dem relativen Volumen des Pflanzenmaterials (V %) n=8), Wanzen (n%=15!; n=4) und Spinnen (n%=12; und dem Bedeutungsindex (I %) bewertet. n=3). Beim Vergleich von Buntspechtweibchen (11 Pro- Der Buntspecht hat im Vergleich zum Mittelspecht ben, 58 Beutetiere) und Buntspechtmännchen (10 Pro- und den Baumläufern die höchste Nahrungsvielfalt. Zu ben, 41 Beutetiere) im Winter zeigt sich, dass die Weib- 344 Themenbereich „Spechte“ • Vorträge chen mehr Ameisen und weniger Spinnen und Käfer- Fliegen (n%=19,1; n=13), beim Mittelspecht Käferlar- larven als die Männchen fressen. Dieser Unterschied ven und Mücken (n%=8,4; n=2). Da beim Mittelspecht ist aber nicht signifikant, sondern nur ein Trend. Beim nur zwei Kotproben ausgewertet werden konnten, be- Vergleich der Nestlingsnahrung von Buntspechten (7 darf die Analyse des Nahrungsspektrums beim Mittel- Proben, 68 Beutetiere) und Mittelspechten (2 Proben, specht zur Brutzeit im Vergleich zum Buntspecht noch 24 Beutetiere) zeigt sich wie im Winter ein breiteres weiterer Untersuchungen. Nahrungsspektrum beim Buntspecht als beim Mittel- specht. Beide Arten zeigen zur Brutzeit eine hohe Nah- Literatur rungsflexibilität. Die dominanten Nahrungsgruppen Grübler M & Pasinelli G 1999: Nahrungsökologie von rin- beim Buntspecht sind Ameisen (n%=36,5; n=25), Käfer denabsuchenden Vogelarten im Winter in einem Eichen- (n%=18,9; n=13), Schmetterlingslarven (n%=13; n=9) Hagebuchenwald der Nordostschweiz. Tichodroma 12, und Spinnen (n%=12, n=8), beim Mittelspecht Schmet- Supplementum 1: 164 – 190. Michalek KG & Miettinen J 2003: Great Spotted Woodpeck- terlingslarven (n%=25, n=6), Ameisen (n%=21, n=5), er BWP UPDATE. The Journal of the Birds of the Western Käfer (n%=17,2, n=4), Spinnen (n%=17, n=4) und Flie- Palaearctic, Vol. 5, No. 2, 101-184. Oxford University gen (n%13, n=3). Die restlichen Beutegruppen in der Press. Nestlingsnahrung von Buntspechten sind Weber- Pechacek P & Krištín A 1993: Nahrung der Spechte im Nati- knechte, Wanzen, Käferlarven, Mücken, Schnaken und onalpark Berchtesgaden.

Pasinelli G, Bühlmann J (Sempach, Zürich/Schweiz): Welche Rolle spielen Ausdehnung, Qualität und Fragmentierung des Habitats für den Bestandsrückgang des Mittelspechts Dendrocopos medius im Kanton Zürich, Schweiz, zwischen 1978 und 2002?

Gilberto Pasinelli, Schweizerische Vogelwarte, 6204 Sempach, Schweiz; E-Mail: [email protected]

Um die Einflüsse sich längerfristig ändernder Habitat- mente sowie, in geringerem Ausmaß, hinsichtlich der bedingungen auf Vogelpopulationen zu untersuchen, Ausdehnung der Alteichenfläche und der Stärke der sind Bestandserfassungen über die entsprechenden internen Fragmentierung fest. Die Bestandsabnahmen Zeiträume notwendig. Für europäische Spechte liegen von 1978-2002 gingen auch mit einer Zunahme der solche Bestands- und Habitataufnahmen über längere Isolation und zusätzlich mit der Abnahme der Altei- Zeiträume kaum vor. In den Jahren 1978, 1988 und 2002 chenfläche (nur 1988-2002) einher; die prozentuale wurden im Kanton Zürich, Schweiz, die Bestände des Änderung der internen Fragmentierung zeigte in beiden Mittelspechts Dendrocopos medius kartiert. Zwischen Perioden einen tendenziell negativen Zusammenhang 1978 und 2002 gingen sowohl der Bestand als auch die mit der prozentualen Änderung des Mittelspechtbe- besiedelte Fläche um gut 30% zurück (Bühlmann et al. stands. Keine Beziehungen fanden wir zwischen Ver- 2003). Wir untersuchten, ob sich die Bestandsverluste änderungen im Bestand und der Habitatqualität (Al- des Mittelspechts mit Änderungen der Alteichenwald- teichenvolumen/ha). Diese vorläufigen Resultate deuten fläche, der Habitatqualität (Eichenvolumen pro ha Ei- darauf hin, dass sich zunehmende Isolation besiedelter chenwald), der Fragmentierung innerhalb der besiedel- Eichenwaldfragmente negativ auf die dortigen Bestän- ten Eichenwälder und der Isolation der Eichenwälder de des Mittelspechts auswirken kann. Darüber hinaus erklären lassen. Als Grundlagen für diese Habitatvari- scheint die Abnahme der Alteichenwaldfläche ein wei- ablen dienten die Wirtschaftspläne des kantonalen terer wichtiger Faktor zur Erklärung der von Bühlmann Forstamts und Luftbildauswertungen der Wälder. Die et al. (2003) festgestellten Bestandsveränderungen beim interne Fragmentierung wurde über das Verhältnis von Mittelspecht im Kanton Zürich zu sein. Randlinienlänge zu Alteichen-Fläche abgeschätzt. Ver- änderungen im Isolationsgrad ermittelten wir mit Hil- Literatur fe des Proximity-Index (McGarigal & Marks 1995), Bühlmann J, Müller W, Pasinelli G & Weggler M 2003: Ent- welcher in der vorliegenden Arbeit für jedes besiedelte wicklung von Bestand und Verbreitung des Mittelspechts Eichenwaldfragment die Distanz und die Fläche wei- Dendrocopos medius 1978-2002 im Kanton Zürich: Analy- terer besiedelter Eichenfragmente im Umkreis von drei se der Veränderungen und Folgerungen für den Arten- schutz. Der Ornithologische Beobachter 100:343–355. km berücksichtigt. Die stärksten Habitatveränderungen McGarigal K & Marks BJ 1995: FRAGSTATS: spatial pattern stellten wir sowohl von 1978-1988 als auch von 1988- analysis program for quantifying landscape structure. 2002 hinsichtlich der Isolation der besiedelten Frag- USDA For. Serv. Gen. Tech. Rep. PNW-351. Vogelwarte 47 (2009) 345

Klaus S & Wiesner J (Jena): Sorgenfall Mittelspecht Dendrocopos medius um Jena/Thüringen

Siegfried Klaus, Lindenhöhe 5, 07749 Jena, E-Mail: [email protected]

Von 2001 bis 2009 wurden im Naturraum „Ilm-Saale- Dank. Wir danken P. Lauser für ergänzende Daten, E.D. Ohrdrufer Platte“ mittels Klangattrappe Mittelspecht- Schulze für fördernde Kritik und C. Roscher für Hilfe vorkommen auf 15 Probeflächen kartiert. Außerdem bei der Statistik. wurden die vom Mittelspecht bewohnten artenreichen Laubmischwälder auf dem Muschelkalkplateau bzw. Literatur an Hängen des Saaletals und seiner Nebentäler bezüg- Klaus S 2010: Vogelschutz im Laubwald –was bringt die Bio- lich Baumartenverteilung, Holzvorrat und Totholzvor- diversitätsstrategie? Der Falke-Taschenkalender für Vogel- kommen charakterisiert. Ein Teil der Kontrollflächen beobachter. Aula, Wiebelsheim. Pp. 169-175. befindet sich im Europäischen Vogelschutzgebiet Nr. Klaus S & Wiesner J 2008: Mittelspecht Dendrocopus medius um Jena/Thüringen-Lebensräume und Abundanz. Vo- 33 „Muschelkalkhänge des westlichen Saaleplatte“ bei gelkdl. Ber. Niedersachs. 40: 233-240. Jena. Die Stieleiche ist mit Stammzahlen von rund 260/ ha dominant, gefolgt von der Winterlinde und Hain- buche mit 161, bzw. 155, Rotbuche 123, Ahornarten (Berg-, Feld- und Spitzahorn) 95, Hasel 70, Esche 57. Seltener sind Elsbeere (30/ha), Birke (12/ha) und Wild- kirsche (3/ha). Die Werte für Totholz sind für Wirt- schaftswälder ungewöhnlich hoch: 43 Stämme /ha (stehend) und 66/ha (lie- Tab.1: Mittelspechtreviere pro 100 ha gend). Die Abundanz des Mittelspechts betrug in der Erfassungszeitraum Periode geringer Holznut- Flächen- zung (2001-2005) im Mittel Probefläche [Nr.] 5,0 Reviere/100 ha, in der größe [ha] 2006-2009 Vergleichsperiode 2006-2008 2001-2005 4,9 Reviere/100 ha in den ohne Einschlag mit Einschlag forstlich wenig genutzten Flä- 104 2,2 1,6 chen und nur noch 3,1 1 Reviere/100 ha in den stärker 2 130 2,7 3,3 genutzen Flächen, die Diffe- 3 160 2,9 3,3 renz ist signifikant: t=2,63; p=0,047; t-Test für verbun- 4 66 4,5 2,5 dene Stichproben). Das ent- 5 97 5,6 5,2 spricht einem Rückgang von 54 6 4,6 38% in neun Jahren. Die Vor- 6 schläge für die künftige forst- 7 54 8,3 6,8 liche Behandlung betreffen: 8 59 11 11 Einzelstammweise Nutzung, Erhaltung der Baumarten- 9 90 --- 5,6 und Durchmesservielfalt un- 10 106 2,6 0,9 ter besonderer Berücksichti- 70 3,6 3,8 gung von Eichen- und Lin- 11 denarten, Sicherung hoher 12 122 3,8 2,2 Vorräte an lebender und toter 13 64 4,7 4,2 Holzmasse, Schutz aktueller und potenzieller Höhlenbäu- 14 140 5,7 2,1 me, Einschlagsruhe in der 15 50 6 5,3 Balz- und Reproduktionszeit Wald bewohnender Vögel. Mittelwerte 91,1 5 4,9 3,1 346 Themenbereich „Spechte“ • Poster

• Poster

Becker J, Tolkmitt D & Nicolai B (Halberstadt, Leipzig): Comeback der Wendehälse – profitieren sie wirklich von der Klimaerwärmung?

Detlef Becker, Museum Heineanum, Domplatz 36, D-38820 Halberstadt, E-Mail: [email protected]

Als Ursache für die Bestandsverluste des Wendehalses • ein zu feuchter Mai und Jynx torquilla in weiten Teilen Europas werden immer • ein ausgesprochen kühler, in der ersten Hälfte auch wieder auch klimatische Veränderungen im Brutgebiet feuchter Juni. vermutet (Bauer et al. 2005; Scherner 1994). Danach Ersteres sollte als Ausdruck des allgemeinen Trends der habe die zunehmende atlantische Tönung des Klimas Klimaerwärmung einen eher positiven Einfluss auf die seit den 1950er Jahren die Brutbedingungen für die Art Brutergebnisse haben, insbesondere auf die Größe der in Mitteleuropa verschlechtert. Folgerichtig wird aus überwiegend in der ersten Maidekade begonnenen Erst- prognostizierter Klimaerwärmung auf positive Auswir- gelege. Die Witterung im Juni würde man hingegen eher kungen für die Art geschlossen. Neben einer Ausdeh- mit negativen Effekten in Verbindung bringen, da in nung des Verbreitungsgebietes in nördliche Richtungen diese Zeit Schlupf und Aufzucht der Jungen der Erst- (Huntley et al. 2007) lassen sich Bestandszunahmen an bruten sowie der Beginn von Zweitbruten fallen. dessen derzeitigen Nordwestrand, zu dem das Bundes- Beide Erwartungen wurden durch das tatsächliche gebiet gehört, vermuten. Tatsächlich ist hier mit einem Geschehen nicht bestätigt: Der ungewöhnlich milde Trend zu wärmeren und trockneren Sommern zu rech- Frühling hatte weder auf die Anzahl an Brutpaaren nen (Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Auswirkungen, die gegenüber dem Vorjahr konstant Landwirtschaft 2008). Dass die Dinge aber nicht so ein- blieb (n=25), noch auf die Größe der Erstgelege, die mit fach liegen, soll am Brutgeschehen einer Population 9,9 ± 1,2 dem langjährigen Mittel (n=212) von 9,9 ± 1,5 Mitteldeutschlands im Jahr 2009 gezeigt werden. Eiern entsprachen. Dafür überraschte der weitere Brut- Seit 1999 werden in mehreren Nistkastengebieten verlauf mit den besten Ergebnissen, die wir bislang in von zusammen 600 ha im Halberstädter Raum (Sach- unserer Studie beobachten konnten: 92 % der Erstbrut- sen-Anhalt) brutbiologische Untersuchungen am versuche erbrachten mindestens einen flüggen Jungvo- Wendehals durchgeführt. Die ehemals als Truppenü- gel, und je begonnener Erstbrut flogen im Durchschnitt bungsgebiet genutzten Flächen werden weitgehend mit 6,4 ± 3,0 Junge (n=26), je erfolgreicher Erstbrut sogar Schafen und Ziegen beweidet (Näheres bei Tolkmitt 6,9 ± 2,4 Junge (n=24) aus. Zudem lag die Quote an et al. 2008). Jährlich finden hier zwischen 30 und 60 Zweitbruten mit 58 % so hoch, wie nur in einem der Bruten der Art statt. vorhergehenden Untersuchungsjahre. Mit 3,6 ± 2,6 Jun- Die Brutsaison 2009 zeichnete sich durch klimatische ge je begonnener Zweitbrut (n=15) und 4,5 ± 2,1 Junge Extreme aus: je erfolgreicher Zweitbrut (n=12) flogen auch unge- • Auf den wärmsten und trockensten April seit Beginn wöhnlich viele Jungvögel aus. der Wetteraufzeichnungen, folgten Erklären lassen sich diese eher unerwarteten Ergeb-

70 12 60

10 50

8 40

6 30

4 20 Gelegegröße 2 Anzahl Zweitbruten [%] Zweitbruten Anzahl 10

0 0 1999 2001 2003 2005 2007 2009 1999 2001 2003 2005 2007 2009

Abb. 1: Durchschnittliche Größe der Erstgelege (x ± s) in den einzelnen Untersuchungsjahren [oben] und %-Anteil von Zweitbruten (¶ ± VB) [unten]; gestrichelte Linien: langjähriges Mittel. Vogelwarte 47 (2009) 347 nisse mit der Nahrung des Wendehalses, die nahezu Dank. Für die Bereitstellung der Wetterdaten danken ausschließlich aus („Wiesen“-)Ameisen besteht wir Ralph Lautenschläger (Halberstädter Stadtwerke) (Scherner 1994, Seifert 2009). Trotz des viel zu feuchten und für die Erstellung der Abbildung Dr. Michael Mai und dem gemäßigt feucht-kühlen Wetter im Juni Schaub (Universität Bern). gab es zur Zeit der Jungenaufzucht offensichtlich ein gutes Nahrungsangebot, worauf die hohe Reprodukti- Literatur onsrate zurückzuführen sein dürfte. Dagegen wirkten Bauer H-G, Bezzel E & Fiedler W 2005: Das Kompendium sich die hohen Temperaturen im April nicht so positiv der Vögel Mitteleuropas. 2. Aufl., Aula Wiesbaden. wie erwartet auf die Legephase und Gelegegröße aus. Geiser S, Arlettanz R & Schaub M 2008: Impact of weather Ein strikter Zusammenhang zwischen hohen Bruter- variation on feeding behaviour, nestling growth and brood folgen der Art und trocken-warmen Jahren erscheint survival in Wrynecks Jynx torquilla. J. Ornithol. 149: 597- damit wenig wahrscheinlich, zumal sich das Verbrei- 606. tungsgebiet des Wendehalses noch über den nörd- Huntley B, Green R E, Collingham Y C & Willis S G 2007: A lichen Polarkreis hinaus nach Norden erstreckt (vgl. Climatic Atlas of European Breeding Birds. Lynx Edicions Vogel 1997). Einen eher geringen Einfluss der Witte- Barcelona. Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirt- rung auf den Bruterfolg weisen auch Geiser et al. schaft 2008: Sachsen im Klimawandel – Eine Analyse. Dres- (2008) nach. den. Die Brutergebnisse des Jahres 2009 legen die Ver- Scherner E R (1994): Wendehals Jynx torquilla. in: Glutz von mutung nahe, dass das zukünftige Schicksal des Wen- Blotzheim U N & Bauer K M (Hrsg.): Handbuch der Vö- dehalses maßgeblich von den Anpassungen der Amei- gel Mitteleuropas, Bd. 9 Columbiformes-Piciformes. 2. senfauna an die sich verändernden Bedingungen ab- Aufl., Aula Wiesbaden. hängig sein wird. Daneben dürfte über die Nahrungs- Tolkmitt D, Becker D, Schaub M & Reichlin T S 2008: Varia- erreichbarkeit auch die langfristige Klima bedingte tion der Gelegegrößen des Wendehalses Jynx torquilla in Entwicklung von Dichte und Höhe der Bodenvegeta- Untersuchungsgebieten Deutschlands und der Schweiz. in: tion eine wichtige Rolle spielen. Insgesamt haben je- Nationalparkverwaltung Harz (Hrsg.): Aktuelle Beiträge zur Spechtforschung – Tagungsband 2008 zur Jahrestagung der doch derzeit und in naher Zukunft sozio-ökonomisch Projektgruppe Spechte der Deutschen Ornithologen-Ge- und politisch bedingte Veränderungen der Landschaft sellschaft. Schriftenreihe Nationalpark Harz Bd. 3: 69-77. einen bedeutend größeren Einfluss auf die Bestände Vogel R 1997: Jynx torquilla – Wryneck. In: Hagemeijer W J der Offenlandameisen als die Klimaänderung (Seifert M & Blair M J (ed.): The EBCC Atlas of European Breeding 2007). Birds. Poyser, London.

Riemer S, Frank G & Schulze CH (Wien/Österreich): Bestandsdichten und Habitatnutzung von Spechten im Nationalpark Donauauen (Niederösterreich)

Stefanie Riemer, Rosengasse 9, 2102 Bisamberg, Österreich, E-Mail: [email protected]

Für einen Großteil der europäischen Spechtarten re- tischen und akustischen Feststellungen von Spechten präsentieren Auwälder, möglicherweise aufgrund ihres wurden mit GPS verortet. Anhand der in ArcMap über- oftmals relativ hohen Totholzanteils, einen wichtigen tragenen Daten wurden Papierreviere abgegrenzt und Lebensraum. Eines der letzten großen naturnahen Spechtpositionen mit Habitatdaten verschnitten. Die Auwald-Systeme Mitteleuropas befindet sich im Na- Einflüsse verschiedener Habitatparameter auf die Dich- tionalpark Donauauen, der sich zwischen Wien und ten von Buntspecht Dendrocopos major, Mittelspecht D. Bratislava erstreckt. Das Ziel der vorliegenden Studie medius und Kleinspecht D. minor bzw. das Vorkommen war eine Bestandsaufnahme sowie eine Untersuchung (Inzidenzdaten) von Grünspecht Picus viridis und der Habitatnutzung der in einem elf km2 großen Un- Schwarzspecht Dryocopus martius in 400 x 400 m groß- tersuchungsgebiet im Nationalpark Donauauen vor- en Rastern wurden mittels Allgemeiner Linearer Mo- kommenden Spechtarten. Das Untersuchungsgebiet delle (ALM) analy­siert. Zur Feststellung univariater umfasst sowohl häufig überflutete „Weiche Au“-Be- Effekte wurden Wald-Statistiken berechnet. Für die reiche, als auch die selten bis nie überschwemmte Dendrocopos-Arten und D. martius wurde weiterhin die „Harte Au“. Totholzverfügbarkeit zwischen Spechtstandorten und Das 1.170 ha große Untersuchungsgebiet wurde ins- 119 Referenzpunkten mit einer Kruskal-Wallis-ANOVA gesamt drei Mal flächendeckend begangen. Alle op- verglichen. Zum Vergleich der Vitalität der von Spech- 348 Themenbereich „Spechte“ • Poster

Tab. 1: Populationsdichten und Ergebnisse der ALMs zu Effekten von Habitatvariablen auf Dichten (Dendrocopos-Arten) bzw. Vorkommen (P. viridis und D. martius) von Spechten. Signifikante positive oder negative Effekte sind durch + bzw. – gekennzeichnet.

Spechtart Anzahl Reviere/ Bestands- Grenzlinien- Seiten- Ahorn Eiche Esche Erle Hybrid- Weide Silber- 10 ha Wald alter 60+ anteil arm pappel pappel D. major 5,98 + D. medius 0,28 + + + + D. minor 0,20-0,24 + + + + + + P. viridis 0,06 + – – D. martius 0,14-0,15 + + +

ten genutzten Bäume und von Bäumen an Referenz- neben Eschen (p < 0,001) oftmals Altwasserarme beglei- punkten wurden Chi2-Tests verwendet. tende Weichhölzer (Erle: p < 0,001; Weide: p < 0,001; Der Spechtartenreichtum war mit bis zu fünf synto- Silberpappel: p < 0,001; Hybridpappel: p = 0,004), was pisch vorkommenden Spechtarten (durchschnittlich 3 die räumliche Konzentration im Uferbereich (p < 0,001) Arten/16 ha) außergewöhnlich hoch, was auf eine hohe zu erklären scheint. Das Vorkommen des Grünspechts Habitatdiversität und -qualität hinweist (Mikusiński konnte am besten durch den Grenzlinienanteil (Wald- und Angelstam 1997). Die Dichte des Buntspechts er- randbereiche, p = 0,003) erklärt werden. Alle Reviere reichte mit 5,98 Revieren/10 ha einen Maximalwert (vgl. lagen im Hartholzauwald. Hybridpappeln (p < 0,001) Glutz von Blotzheim and Bauer 1994). Auch die Dich- und Weiden (p = 0,039) wurden signifikant gemieden, te des Kleinspechts war mit 0,20-0,24 Revieren/10 ha möglicherweise aufgrund eines geringeren Nahrungs­ sehr hoch. Der Grünspecht (0,14-0,15 Reviere/10 ha) angebots (Ameisen) an feuchteren Standorten (T. Fellner und der Schwarzspecht Dryocopus martius (0,06 & M. Tista, pers. Mitteilung). Landwirtschaftlich ge- Reviere/10 ha) waren ebenfalls vergleichsweise häufig nutzte Flächen scheinen den Offenlandansprüchen des vertreten; hingegen wurden für den Mittelspecht Den- Grünspechts im Untersuchungsgebiet zu genügen. Der drocopos medius geringere Dichten (0,28 Reviere/10 ha) Schwarzspecht selektierte sowohl Harthölzer (Eiche: als in vielen anderen Tieflandwäldern festgestellt (vgl. p = 0,035; Ahorn: p = 0,031), als auch Weichhölzer (Hy- Pasinelli 2003). Dies ist vermutlich weniger auf Kon- bridpappel: p = 0,024; Silberpappel: p = 0,047) und kurrenz mit dem Buntspecht als auf das geringe Baumal- wurde häufig im Bereich von Altwasserarmen festge- ter (durchschnittlich 54 Jahre) sowie den relativ gerin- stellt (p = 0,032). gen Eichenanteil (10 %) im Untersuchungsgebiet zu- Alle vier untersuchten Arten zeigten eine signifikante rückzuführen. Während Reviere des Buntspechts mit Präferenz für tote und absterbende Bäume (Vergleich jenen von Mittel- und Kleinspecht überlapptn, gab es Beobachtungspunkte vs. Referenzpunkte; Chi2-Tests für kaum Überlappungen zwischen Mittel- und Klein- alle Arten: p < 0,001). Dennoch wurden totholzreichere specht, was einen möglichen Mechanismus zur Kon- Standorte nicht bevorzugt aufgesucht (Kruskal-Wallis- kurrenzvermeidung darstellen könnte. Ähnliche Habi- ANOVA: p = 0,144), möglicherweise, weil das hohe tatpräferenzen zeigten Schwarz- und Kleinspecht, die Totholzvolumen von 27 m3 pro ha keine limitierende auf Mikrohabitat-Ebene aber wohl kaum miteinander Habitatvariable darstellte. konkurrieren. Der generalistische Buntspecht zeigte keine ausge- Literatur prägten Habitatpräferenzen, lediglich Bestände mit Glutz von Blotzheim U & Bauer UK (Hrsg) 1994: Handbuch einem höheren Bestandesalter wurden signifikant be- der Vögel Mitteleuropas, Band 9. AULA-Verlag, Wiesba- den. vorzugt (Wald-Statistik: p < 0,001). Die Abundanz des Mikusiński G & Angelstam P 1997: European woodpeckers Mittelspechts konnte am besten durch das Bestandes­ and anthropogenic habitat change: a review. Die Vogelwelt al­ter (p < 0,001), den Anteil an Eichen (p < 0,001) und 118: 277-283. Eschen (p < 0,001) sowie die Nähe zu Seitenarmen Pasinelli G 2003: Dendrocopos medius – Middle Spotted (p = 0,049) erklärt werden. Der Kleinspecht selektierte Woodpecker. BWP Update 5: 49-99. Vogelwarte 47 (2009) 349

Themenbereich „Tropenornithologie“

• Vorträge

Renner SC & Rappole JH (Ulm, Front Royal/USA): Diskussion taxonomischer Änderungsvorschläge des tropischen Asiens

Swen C. Renner, Institut für Experimentelle Ökologie, Universität Ulm, Albert-Einstein Allee 11, 89069 Ulm, E-Mail: [email protected]

Während der letzten Jahre haben sich zwei Zentren der Art eindeutig abzugrenzen und in den größeren Kon- Neubeschreibungen von Vogeltaxa herausgebildet, die text der Familie zu stellen). Anden und der Himalaja mit angrenzenden Gebirgszü- gen. Zurzeit werden von verschiedenen Arbeitsgruppen Auf- oder Abwerten? Anstrengungen unternommen, um die Phylogenie, Sy- Im Gegensatz zu den meisten Neubeschreibungen von stematik und Taxonomie zumindest der artenreicheren Vogeltaxa werden einige taxonomische Revisionen und Gruppen Süd- und Südostasiens zu revidieren. Dabei sind Änderungsvorschläge lebhaft diskutiert (z. B. ist Art- oder bisher höchst umstrittene Ergebnisse herausgekommen nur Unterartstatus angemessen?). Collar (2006) hat eine und einige Änderungsvorschläge sind fraglich. Nichts- teilweise Revision der Timaliidae gestartet, allerdings destotrotz ist eine umfassende Revision der südostasia- unglücklicherweise die meisten Änderungen nur auf das tischen Vögel dringend nötig. Dies zeigt sich schon daran, einziges Kriterium „Birding-Fähigkeit“ gesetzt und nicht dass seit dem Jahr 2001 acht neue Taxa in Süd- und Süd- unbedingt auf biologische oder phyolgentisch-systema- ostasien sowie dem südlichen China hinzugekommen tische Zusammenhänge. So wurde oft die Gefiederfär- sind, weltweit nach den Anden die Region mit dem größ- bung als alleiniges Merkmal herangezogen, alle anderen ten prozentualen Zuwachs (Abb. 1): Merkmale wurden weitgehend ignoriert. Collar und Rob- • Jabouilleia naungmungensis Rappole et al. 2005 (Ge- son (2007) und Robson (2008) folgen den eigenen Vor- fieder, DNS, Gesang und Morphometrie deuten nach schlägen, während diese von Peterson und Moyle (2008) wie vor eindeutig auf Artniveau hin); und Martens und Bahr (2007) in Frage gestellt werden. • Liocichlia bugunorum Athreya 2006 (Ohne Beleg­ Weitere Änderungsvorschläge benötigen entweder exemplar beschrieben, da kleine Population postu- weitere Daten (Belegexemplare), es wurden die Änderung liert, jedoch ist letztere Annahme fragwürdig); in Büchern vorgeschlagen (Robson 2008), oder es wurde • Parus ater eckodedicatus Martens et al. 2006 (Abgren- lediglich ein Teil der generell zur Verfügung stehenden zung zu aemodius reflektiert Größe, Gefiederfärbung Methoden verwendet. Allgemein ist eine verbesserte Lage und Unterschiede in Cytochrom b); an Belegexemplaren für Analysen in Zukunft wünschens- • Tesia olivea chiangmaiensis Renner et al. 2008 (Gefieder wert und bei verbesserter Datengrundlage sind mit ge- leicht unterschiedlich; DNS nicht verschieden; Gesang wisser Wahrscheinlichkeit weitere Änderungen zu er- ergibt geringe Unterschiede; Morphometrie signifikant warten. Z. B. sind bei Parus xanthogenys beide derzeit unterschiedlich und rechtfertigt Unterartstatus); bekannten Unterarten zu Arten aufgewertet worden • Stachyris nonggangensis Zhou und Jiang 2008 (basiert (Rasmussen & Anderton 2005). Dieser „Split“ beruht auf Gefieder; bisher nur extrem kleine Verbreitung bisher nur auf Vokalisation und Gefiederfärbung und bekannt, allerdings ist Vorkommen im Norden Viet- Eck & Martens (2006) bemängeln dies als nicht ausrei- nams wahrscheinlich; molekularbiologische Metho- chend und erwarten durch Aufarbeiten der Morphome- den sollten herangezogen werden, um die Art ein- trie und Genetik ggf. abweichende Ergebnisse. deutig abzugrenzen und in den größeren Kontext der Bei den Parus major-, Phylloscopus reguloides- und Familie zu stellen); Ph. davisoni-Taxa ist derzeit wahrscheinlich der Stand • Phylloscopus occisinensis Martens et al. 2008 (Taxon der Dinge erreicht, auch wenn die Diskussion zwischen wird durch Phylogenie und Vokalisation unterstützt; den einzelnen Arbeitsgruppen weitergeht. Einige Merk- Gefieder ist leicht unterschiedlich zu anderen Taxa male sind nicht besonders klar und neue Daten werden der Gruppe); wohl neue Bewegung in die derzeitige Systematik bzw. • Pycnonotus hualon Woxvold et al. 2009 (Bülbül, ziem- Taxonomie der drei Gruppen bringen. Uneingeschränkt lich unterschiedlich im Gefieder; molekularbiolo- gültig ist, dass mehr Proben nötig sind, um eine umfas- gische Methoden sollten herangezogen werden, um sende und gut aufgelöste Analyse durchzuführen. 350 Themenbereich „Tropenornithologie“ • Poster

Neotropis Europa, Abb. 1: Prozentualer Anteil der Großregionen aller Neube- 63 % Nordamerika schreibungen von Vögeln (exklusive „kryptischer“ Arten und und andere solcher, die auf- oder abgewertete wurden) seit 2002. 0 % Martens J, Tietze DT & Sun YH 2006: Molecular phylogeny of Parus (Periparus), a Eurasian radiation of tits (Aves: Passeri­ formes: Paridae). Zoologische Abhandlungen 55:103-120. Martens, Sun YH & Päckert M 2008: Intraspecific differenti- ation of Sino-Himalyan bush-dwelling bush warblers, with description of two new taxa. Vertebrate Zoology 58:233- Afrika 265. 6 % Peterson AT & Moyle RG 2008: A reappraisal of recent taxo- nomic reappraisals based on character scoring systems. en Forktail 24:110-112. 28% Renner SC, Rappole JH, Rasmussen PC, Shwe NM, Dumba- Pazi sche Tropisches Asien, cher JP & Fleischer RC 2008: A new subspecies of Tesia Inseln Ozeanien 3 % olivea (Sylviidae) from the Chiang Mai province in N Thai- 28 % land. Journal of Ornithology 149:439-450. Rappole JH, Renner SC, Shwe NM & Sweet PR 2005: A new Literatur species of scimitar-babbler (Timaliidae: Jabouilleia) from Athreya R 2006: A new species of Liocichla (Aves: Timaliidae) the sub-Himalayan region of Myanmar. Auk 122: 1064- from Eaglenest Wildlife Sanctuary, Arunachal Pradesh, 1069. India. Indian Birds 2:82-94. Rasmussen PC & Anderton JT 2005: Birds of South Asia. The Collar NJ 2006: A partial revision of the Asian babblers (Ti- Ripley Guide. 2 volumes. Lynx Ediciones, Barcelona, maliidae). Forktail 22:85-112. Spain. Collar NJ & Robson C 2007: Family Timaliidae (babblers). Robson C 2008: A field guide to the birds of Thailand and Pages 70-291 in Handbook of the birds of the world. Volu- South-East Asia. Asia Books, New Holland Publishers, me 12 (J. del Hoyo, A. Elliott and D. A. Christie, Eds.). Bangkok, Thailand Barcelona, Lynx Edicions. Woxvold IA, Duckworth JW & Timmins RJ 2009: An unusu- Eck S & Martens J 2006: Systematic notes on Asian birds. 49. al new bulbul (Passeriformes: Pycnonotidae) from the A preliminary review of the Aegithalidae, Remizidae and limestone karst of Lao PDR. Forktail 25:1-12. Paridae. Zool. Meded., Leiden 80-5:1-63. Zhou Fang & Jiang Aiwu 2008: A new species of babbler (Ti- Martens J, Bahr N. 2007: Documentation of new bird taxa. maliidae: Stachyris) from the Sino-Vietnamese border re- Report for 2005. Vogelwarte 45:119-134. gion of China. Auk 125:420-424.

• Poster

Maas B, Dwi Putra D, Waltert M, Clough Y, Tscharntke T & Schulze CH (Göttingen, Palu/Indonesien, Wien/ Österreich): Habitatveränderungen in der Waldrandzone des Lore-Lindu-Nationalparks (Zentralsulawesi) über einen Zeitraum von sechs Jahren: keine Auswirkungen auf Vogeldiversität, aber auf endemische Waldarten

Bea Maas, Georg-August-Universität, Agrarökologie, Waldweg 26, 37073 Göttingen, E-Mail: [email protected]

Untersuchungen zu zeitlichen Veränderungen tro- orten erfasst. Diese repräsentierten relativ ungestörte pischer Vogelgemeinschaften als Antwort auf Habitat- Waldstandorte, Sekundärwälder, Kakaoplantagen und veränderungen sind selten. Um die Nachhaltigkeit Offenlandstandorte. Die Vogelerfassungen wurden in gängiger Landnutzungspraktiken einzuschätzen, unter- beiden Jahren unter Verwendung derselben Methodik suchten wir Vogelgemeinschaften in der Waldrandzone (Waltert et al. 2004, Maas et al. 2009) und, um saisona- des Lore-Lindu Nationalparks (Zentralsulawesi, In- le Effekte zu minimieren, in einem ähnlichen Zeitraum donesien) über einen Zeitraum von sechs Jahren. (Januar-März) durchgeführt. Vögel wurden mittels standardisierter Punktzäh- Insgesamt wurden 69 Brutvogelarten aus 35 Familien lungen in den Jahren 2001/2002 und 2008 an 15 Stand- beobachtet. Die Anzahl beobachteter Arten (2001/2002: Vogelwarte 47 (2009) 351

54 Arten; 2008: 56 Arten) war in beiden Studien ähnlich. tenreichtums messbar war. Biotische Homogenisierung Auch der fast identische Verlauf der Artenakkumulati- in Folge von Habitatumwandlungen ist ein globales onskurven sowie die sehr ähnlichen Schätzungen Phänomen (Olden 2006; Clough et al. 2009). Die „Ge- (Chao2-Verfahren) des Gesamtartenreichtums für bei- winner“ sind, so wie auch in unserer Studie, meist weit de Erfassungszeiträume weisen auf einen praktisch verbreitete, an anthropogene Störungen angepasste Of- unveränderten Vogelartenreichtum hin (Abb. 1). fenlandarten. Im Gegensatz dazu ist die Gruppe der Einzelne Vogelgruppen reagierten allerdings sehr „Verlierer“ überwiegend durch endemische Waldarten unterschiedlich auf Habitatveränderungen im Bereich gekennzeichnet. Tropische Waldrandzonen sind stark der Waldrandzone im Zeitraum 2001/2002 bis 2008. von anthropogenen Störungen betroffen. Aufnahmen Von allen nachgewiesenen Vogelarten kamen 28 der zeitlichen Veränderungen von Biodiversität in die- (21,7%) in nur einer Erfassungsperiode vor. Acht Wald- sen empfindlichen Übergangsbereichen sind eine un- vogelarten konnten im Jahr 2008 nicht mehr festgestellt abdingbare Voraussetzung, um die Auswirkungen werden. Im Gegensatz wurden 2008 nur zwei Waldvo- menschlicher Aktivitäten auf die betroffenen Artenge- gelarten neu nachgewiesen. Die Anzahl an Vogelarten, meinschaften adäquat beurteilen zu können. die in der Lage sind, stark gestörte Habitate zu nutzen, nahm von fünf Arten (Zeitraum 2001/2002) auf 13 Ar- Dank. Wir bedanken uns bei allen die uns diese Arbeit ten (Jahr 2008) zu. ermöglicht und unterstützt haben. Besonderer Dank Die überwiegend endemischen Waldarten nahmen gilt Wolfram Lorenz und Damayanti Buchori für ihre auch in ihrer Häufigkeit ab (72,0 % der Waldarten) und hilfreiche Unterstützung. Wir möchten uns außerdem wurden im Jahr 2008 an weniger Standorten nachge- bei den ansässigen Kleinbauern unseres Untersu- wiesen (56,0 %). Im Gegensatz dazu wurden 81,8 % der chungsgebietes für ihre Einwilligung bedanken, unse- ausschließlich weit verbreiteten Offenlandarten häu- re Forschung auf ihrem Land durchführen zu dürfen. figer, und 63,6% an mehr Standorten festgestellt. Zudem danken wir den Verantwortlichen des Lore- Zudem stieg die durchschnittliche Ähnlichkeit der Lindu-Nationalparks, die uns alle notwendigen Ge- Artenzusammensetzung zwischen den einzelnen nehmigungen zur Durchführung unserer Feldarbeiten Standor­ten deutlich an (Chao’s Sørensen Raw Abun- zur Verfügung stellten. Die Forschung wurde durch dance-Based Similarity Index: 0,36 in 2001/2002, 0,55 Mittel der Universität Wien und der Deutschen For- in 2008). schungsgemeinschaft (DFG) finanziert. Das Verständnis artspezifischer Reaktionen auf Ha- bitatstörung ist in Anbetracht des dramatischen Rück- Literatur gangs tropischer Regenwälder und dem damit verbun- Clough Y, Dwi Putra D, Ramadhanil P & Tscharntke T 2009: denem Verlust vorhandener Artenvielfalt unbedingt Local and landscape notwendig (Hill & Hamer 2004). Die Ergebnisse unserer factors determine functional bird diversity in Indonesian ca- Studie (Maas et al. 2009) zeigen, dass bereits innerhalb cao agroforestry. Biological Conservation 142: 1032-1041. relativ kurzer Zeiträume (6 Jahre) eine Veränderung Colwell RK 2006: EstimateS: Statistical Estimation of Species Richness and Shared bzw. Intensivierung der Landnutzung innerhalb der Species from Samples. Version 8. http://www.purl.oclc.org/ Waldrandzone des Lore-Lindu-Nationalparks zu einem estimates (accessed 01.10.07). selektiven Rückgang naturschutzfachlich relevanter Maas B, Dwi Putra D, Waltert M, Clough Y, Tscharntke T & Vogelarten (v.a. endemische Waldarten) führen kann, Schulze CH 2009: Six years of habitat modification in a obwohl keine signifikante Veränderung des Gesamtar- tropical rainforest margin of Indonesia do not affect bird diversity but endemic forest species. Biological 100 Conservation 142: 2665-2671. recorded species (2001/2002) estimated species (2001/2002) Olden JD 2006: Biotic homogenization: a new recorded species (2008) estimated species (2008) research agenda for conservation biogeogra- 95% CI Upper/Lower Bound 80 phy. Journal of Biogeography 33: 2027-2039. Waltert M, Mardiastuti A & Mühlenberg M 2004: Effects of land use on bird species rich- 60 ness in Sulawesi, Indonesia. Conservation Biology 18: 1339-1346.

40 Anzahl Arten Abb.1: Artenakkumulationskurven (± 95% Konfidenzintervalle) für die Anzahl beobach- 20 teter Vogelarten (Kreise) in den Jahren 2001/2002 (hellrot) und 2008 (rot) sowie der 0 vom Schätzverfahren Chao2 (Colwell, 2006) 0 5 10 15 für die beiden Erfassungszeiträume vorherge- Anzahl Standorte sagte Gesamtartenreichtum (Dreiecke). 352 Themenbereich „Vogelschutz“ • Vorträge

Themenbereich „Vogelschutz“

• Vorträge

Teufelbauer N (Wien/Österreich): Bestandsveränderungen häufiger Vogelarten – das Brutvogel-Monitoring von BirdLife Österreich

Norbert Teufelbauer, BirdLife Österreich, Musuemsplatz 1/10/8, 1070 Wien, Österreich, E-Mail: norbert.teufelbauer@ birdlife.at

Im Jahr 1998 startete BirdLife Österreich das „Monito- raum 1990-2006 ein ähnliches Bild: bei 23 Arten Ab- ring der Brutvögel Österreichs“, ein Langzeitprogramm nahmen (35,9 %), bei 12 Arten Zunahmen (18,8 %) zur Dokumentation der Bestandsentwicklung häufiger und bei 29 Arten einen schwankenden Bestand ohne und weit verbreiteter Brutvogelarten. Gezählt wird mit- Trend (45,3 %; Mitschke et al. 2008). tels der Punkt-Stopp-Methode. An jedem Zählpunkt Die Verwendungsmöglichkeiten der Daten des Brut- wird jährlich an jeweils zwei Zählterminen (Mitte-Ende vogel-Monitoring sind vielfältig. Eine davon ist die April, Ende Mai-Anfang Juni) für fünf Minuten gezählt. Kombination der Trends mehrerer Arten zu Summen- Die Untersuchungseinheiten für die Auswertung sind Indikatoren. Aktuell wurde in Österreich der sog. Zählstrecken, die aus i. d. R. 10-15 räumlich nah beiei- „Farm­land Bird Index“ errechnet. Dieser setzt sich aus nander liegenden Zählpunkten bestehen. Im Durch- den Bestandstrends charakteristischer Vogelarten der schnitt werden pro Jahr von 140 Mitarbeiter und Mit- Kulturlandschaft zusammen und dient zur Begleitung arbeiterinnen 175 Zählstrecken bearbeitet, mit Zähl- und Bewertung des Programms zur Förderung der Ent- daten zu 164 Arten und insgesamt etwa 44.000 Vogelin- wicklung des Ländlichen Raums (LE 2007-2013). Für dividuen. Bestandstrends werden mit der Software TRIM den Indikator wurden die Bestandsentwicklungen von berechnet (Pannekoek & van Strien 2001); für Details Turmfalke Falco tinnunculus, Rebhuhn Perdix perdix, zur Analyse s. Teufelbauer (2009a, 2009b). Aufgrund der Kiebitz Vanellus vanellus, Turteltaube Streptopelia tur- derzeitigen Datenlage können für den Zeitraum 1998- tur, Wendehals Jynx torquilla, Feldlerche Alauda arven- 2008 Bestandstrends für 79 Vogelarten berechnet wer- sis, Baumpieper Anthus trivialis, Braunkehlchen Saxi- den. Entsprechend dem Einstufungssystem von van cola rubetra, Schwarzkehlchen Saxicola torquata, Wa- Strien et al. (2001) sind davon 22 Arten als abnehmend cholderdrossel Turdus pilaris, Sumpfrohrsänger Acro- zu bezeichnen (27,8 %), 35 Arten als stabil (44,3 %), 13 cephalus palustris, Dorngrasmücke Sylvia communis, Arten nehmen in ihrem Bestand zu (16,5 %) und bei 9 Neuntöter Lanius collurio, Star Sturnus vulgaris, Feld- Arten ist die errechnete Bestandsentwicklung als unsi- sperling Passer montanus, Girlitz Serinus serinus, Stieg- cher einzustufen (11,4 %). Für Deutschland zeigt eine litz Carduelis carduelis, BluthänflingCarduelis cannabi- Aufstellung für 64 häufige Brutvogelarten und den Zeit- na, Goldammer Emberiza citrinella und Grauammer Miliaria calandra verwendet. Für den Zeitraum 1998-2008 zeigt der Indikator eine Abnahme von etwa 100 20 % (Abb. 1). Bei der Interpretati- ) %

( on des österreichischen Farmland

x 80 e Bird Index sind die folgenden d n

I Punkte zu beachten: (a) aufgrund

d

r 60

i der Datenlage konnten nur Trends B

d von 20 der insgesamt 24 Indika- n 40 a l torarten zur Berechnung verwendet m r

a werden (Frühauf & Teufelbauer F 20 2008) und (b) von landwirtschaft- lich genutzten Flächen in großen 0 Seehöhen (Almen und Bergmäh- 8 9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 9 0 0 0 0 0 0 0 0 0

9 9 0 0 0 0 0 0 0 0 0 der) waren für den dargestellten 1 1 2 2 2 2 2 2 2 2 2 Zeitraum nur wenige Daten vor- Abb. 1: Verlauf der Farmland Bird Index für Österreich 1998-2008; Details s. Text. handen. Vogelwarte 47 (2009) 353

Dank. Dank gebührt insbesondere den vielen Mitar- Pannekoek J & van Strien A 2001: TRIM 3 Manual. Trends beitern und Mitarbeiterinnen des Brutvogel-Monito- and Indices in Monitoring Data. Statistics Netherlands, ring, die – größtenteils in ihrer Freizeit – die Daten für Voorburg. 48 pp.+Anhang. die Berechnung von Bestandstrends sammeln. Teufelbauer N 2009a: Bereitstellung des Farmland Bird Index für Österreich: Datenerhebung und -aufbereitung 2008. Im Literatur Auftrag des Lebensministeriums, Zahl: BMLFUW- Frühauf J & Teufelbauer N 2008: Bereitstellung des Farmland LE.1.3.7/0013-II/5/2008. BirdLife Österreich, Wien. 31pp. Bird Index für Österreich. Vorstudie. Im Auftrag des Bun- Teufelbauer N 2009b: Monitoring der Brutvögel Österreichs. desministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt Bericht über die Saisonen 2007 und 2008. BirdLife Öster- und Wasserwirtschaft. BirdLife Österreich, Wien, 141 pp. reich, Wien. 11 pp. Mitschke A, Flade M & Schwarz J 2008: Häufige Brutvögel. van Strien A, Pannekoek J & Gibbons DW 2001: Indexing In: Sudfeldt C, Dröschmeister R, Grüneberg C, Jaehne S, European bird population trends using results of national Mitschke A & Wahl J (Hrsg.): Vögel in Deutschland – 2008. monitoring schemes: a trial of a new method. Bird Study DDA, BfN, LAG VSW, Münster. p. 4-7. 48: 200-213.

Sumasgutner P, Zuna-Kratky T & Krenn HW (Wien/Österreich): Einflüsse der Waldstruktur auf die Habitatwahl von Greifvögeln in den Marchauen/ Niederösterreich

Petra Sumasgutner, Volkergasse 4/15, 1150 Wien, Österreich, E-Mail: [email protected]

Im Jahr 2008 wurde im österreichischen Teil der March­ vögel in den Marchauen beeinflussen. Um einen reprä- auen eine Untersuchung über Diversität und Häufigkeit sentativen Querschnitt des vorhandenen Strukturange- sowie die Habitatwahl der brütenden Greifvogelarten bots zu erhalten, wurden die Erhebungen in gleicher Art durchgeführt. Das Untersuchungsgebiet an der March auf 50 zufällig bestimmten Flächen wiederholt. (19,7 km2) wurde aufgrund der Grenzlage zwischen Ös- Insgesamt wurden 167 Horste kartiert, davon waren terreich, Tschechien und der Slowakei, sowie der ausge- 57 von Greifvögeln besetzt. Die häufigste Art ist der prägten Hochwasserdynamik erst vor 15 Jahren orni- Mäusebussard Buteo buteo mit 34 besetzten Horsten, thologisch erfasst. Ziel der Studie war ein Vergleich der gefolgt von der Rohrweihe Circus aeroginosus mit 5-6 aktuellen Greifvogelbestände mit den Ergebnissen dieser Brutpaaren in Bodennestern in Schilf- und Ackerflä- Kartierungen (Zuna-Kratky 1995a, 1995b). Die Unter- chen. Der Rotmilanbestand Milvus milvus von 3 Brut- suchung der Waldstruktur unter Berücksichtigung der paaren ist von nationaler Bedeutung. Schwarzmilan Forstwirtschaftsform sowie der landschaftlichen Glie- Milvus migrans, Wespenbussard Pernis apivorus und derung lässt Schlussfolgerungen auf die Habitatwahl der Habicht Accipiter gentilis sind mit je 3 Brutpaaren, Greifvögel zu, die als Argumente für eine Vertragsver- Turmfalke Falco tinnunculus und Baumfalke Falco sub- längerung und Erweiterung der 1999 eingerichteten buteo mit je 2 Brutpaaren vertreten. Seit 2002 brütet Horstschutzgebiete genutzt werden können. auch ein Seeadlerpaar Haliaeetus albicilla erfolgreich Zwischen Januar und Juli 2008 wurden im Auwald im Untersuchungsgebiet (Probst 2002). Zusätzlich brü- zwischen Hohenau und Drösing in Niederösterreich sys­ ten Sperber Accipiter nisus, Sakerfalke Falco cherrug und tematisch Horste kartiert, und auf Besetzung und Brut- Kaiseradler Aquila heliaca in den umliegenden Flächen. erfolg kontrolliert. Im weitgehend geschlossenen Wald- Die Habitatanalyse zeigte, dass Greifvögel hohe Stielei- gebiet sind unterschiedliche Forstwirtschaftsformen chen Quercus robur und zusammenhängende Kulturen vorherrschend. Der nördliche Teil wird als Hochwald alter Pappeln Populus sp. als Horstbäume bevorzugen. geführt (960 ha), der südliche Teil als Mittel- und Nie- Solche Bäume sind im Mittelwald häufiger als im Hoch- derwald (1010 ha). Rund um den Horstplatz (Mikroha- wald. Auch sind im Mittelwald mehr Großhorste zu fin- bitat, r= 15 m, 706,5 m2) wurden Parameter zur Beschrei- den, die wertvoll für Seeadler und Kaiseradler, sowie den bung der Waldstruktur erhoben (Kronenschluss, Durch- Schwarzstorch sind. Im Vergleich mit den Zufallspunkten messer und Höhe der Bäume, Dichte der Ober-, Unter- stellte sich heraus, dass Greifvögel strukturierte Altholz- und Strauchschicht sowie der Totholzanteil als Indikator bestände mit einer ausgeprägten vertikalen Schichtung für eine geringe forstliche Nutzung). Der Anteil verschie- und einem hohen Totholzanteil bevorzugen. Diese Kri- dener Biotoptypen im Kernbereich der Greifvogelreviere terien erfüllen insbesondere eingerichtete Horstschutz- (Makrohabitat, r= 250 m, 19,6 ha) sowie Abstände zu gebiete, die frei von forstlicher Nutzung sind. offenen Flächen, Gewässern und dem Wegenetz geben Die Greifvogelbestände sind seit den 90er Jahren weit- Aufschluss, welche Faktoren die Verbreitung der Greif- gehend stabil. Allein beim Mäusebussard ist eine Be- 354 Themenbereich „Vogelschutz“ • Vorträge standszunahme zu verzeichnen, die auf natürliche Verfügung gestellt hat. Die zur Auswertung erforder- Schwankungen entsprechend der Mäusegradation und lichen Orthofotos wurden von der Landesverwaltung auf eine Entdynamisierung der Au zurückzuführen ist. Niederösterreich (Abteilung für Vermessung und Ge- Die vorgefundenen Siedlungsdichten sind auch in einem oinformation) bereitgestellt. Österreich weiten Kontext als hoch einzustufen (Thoby 2006, Zuna-Kratky & Thoby 2008). Die Habitatanalyse Literatur skizziert erste Überlegungen zu den Einflüssen der Forst- Gamauf A & Herb B 1993: Situation der Greifvogelfauna im wirtschaft auf Greifvögel. Empfehlungen für einen nach- geplanten Nationalpark Donau-Auen. Endbericht. Betriebs- haltigen Schutz beinhalten zumeist die Einstellung der gesellschaft Marchfeldkanal Nationalpark Donau-Auen, Bewirtschaftung (Gamauf & Herb 1993), doch reicht die Wolkersdorf, 72 S. Probst R 2002: Bestandsentwicklung und Schutz des Seeadlers beschränkte Fläche an Schutzgebieten und nutzungs- (Haliaeetus albicilla) in Österreich. Corax 19, Sonderheft freien Waldgebieten für die Bestandssicherung sensibler 1: 92-95. oder spezialisierter Vogelarten keineswegs aus. Das Über- Scherzinger W & Schuhmacher H 2004: Der Einfluss forst- leben von Vögeln mit einem hohen Raumbedarf wird licher Bewirtschaftungsmaßnahmen auf die Vogelwelt. Eine viel mehr im Wirtschaftswald entschieden (Scherzinger Übersicht. Vogelwelt 125: 215-250. & Schuhmacher 2004). Die Marchauen stellen sich als Thoby A 2006: Veränderungen der Greifvogelfauna in den attraktiv für Greifvögel heraus, insbesondere dank der Donau-Auen östlich von Wien, am Beispiel der Wälder im abwechslungsreichen Waldstruktur in Mittelwaldgebie- Gebiet des Nationalpark Donau-Auen. Wien, Diplomarbeit ten. Die Ausdehnung der Altholzbestände, die Reduzie- der Universität Wien, 82 S. rung von Störungen durch den Menschen sowie die Zuna-Kratky T 1995a: Der Bestand von Schreit- und Greif- vögeln im „Fürstenwald“ in den oberen Marchauen im Jahr Dynamisierung der Au durch Revitalisierungsprojekte 1995. Distelverein, Orth/Donau, 21 S. sind wichtige Schritte für einen langfristigen Erhalt der Zuna-Kratky T 1995b: Ergebnisse der Horstkartierung im vielfältigen Greifvogelfauna der Marchauen. „Drösinger Wald“ in den oberen Marchauen zwischen der Zaya und Sierndorf im Jahr 1995. Distelverein, Orth/Donau, Dank. Besonderer Dank gilt Anita Gamauf für die wert- 36 S. volle Hilfe bei der Literatursuche, Hans Jörg Damm, Zuna-Kratky T & Thoby A 2008: Brutvorkommen von Schreit- Christian Kellner und Karl Gass für die Einsicht in die vögeln und Greifvögeln im Naturreservat Marchauen an Forstkarten, sowie dem Verein AURING, der die Be- der unteren March zwischen Zwerndorf und Marchegg. Im ringungsstation Hohenau-Ringelsdorf als Quartier zur Auftrag des WWF Österreich, Wien, 35 S.

Strohmaier B, Zuna-Kratky T & Schulze CH (Wien/Österreich): Wasservögel und Röhrichtbrüter als Bioindikatoren für den Zustand von Augewässern

Bernadette Strohmaier, WWF Österreich, Ottakringer Str. 114-116, 1160 Wien, Österreich, E-Mail: bernadette.stroh- [email protected]

Die March-Thaya-Auen an der Nordostgrenze Öster- etwaigen Trend hinsichtlich der zunehmenden Verlan- reichs stellen eine der bedeutendsten Flusslandschaften dung ableiten zu können. Mitteleuropas dar. Vor der Umsetzung flussregulie- Im Rahmen der Erhebung wurden die beiden Gruppen render Maßnahmen entstanden durch Laufverände- Wasservögel (alle Vertreter der Lappentaucher und En- rungen, Mäandersprünge und Sedimentationsprozesse tenvögel sowie Blässhuhn Fulica atra und Teichhuhn zahlreiche Augewässer. Seit der Regulierung von March Gallinula chloropus) und Schilfvögel (Zwergrohrdommel und Thaya (1936-1984) wird die Neubildung von Au- Ixobrychus minutus, Wasserralle Rallus aquaticus, Rohr- gewässern durch fehlende strukturelle und hydrolo- weihe Circus aeruginosus, Rohrsänger Acrocephalus sp, gische Dynamik unterbunden, bestehende Gewässer Rohrschwirl Locustella luscinioides) mittels rationalisier- verlanden. Im Jahr 2008 wurden Wasservögel und Röh- ter Revierkartierung (nach Bibby et al. 1995) erfasst. richtbrüter an 42 Augewässern in den Marchauen er- Dabei wurde jedes Gewässer dreimal begangen. Die Zu- hoben, um den Zusammenhang zwischen Verlandungs- ordnung der Registrierungen zu Revieren erfolgte mit- grad und Artenzusammensetzung sowie Artenvielfalt hilfe der Methodenstandards von Südbeck et al. (2005), zu untersuchen. Weiters wurden die Daten mit Erhe- welche – entsprechend der standörtlichen Gegebenheiten bungen aus den Jahren 1986 (Zwicker 1986), 1991 (Dvo- an der March – angepasst wurden. Die Schilf- und Was- rak et al. 1991), 1995 (Zuna-Kratky & Frühauf 1996) serflächen wurden durch Luftbildanalyse mithilfe eines und 1996 (Zuna-Kratky 1996) verglichen, um einen Geographischen Informationssystems bestimmt. Vogelwarte 47 (2009) 355

Abb. 1: Zusammenhang zwischen Ar- y = 0,62 + 1,68 x - 14,61 (x - 1,40) (x > 1,40) tenzahl an brütenden Wasser- und 3 r = 0,66, Anteil erklärter Varianz = 44 % Schilfvögeln und dem Schilfanteil ein- zelner Augewässer (N = 39) in den March-Auen. Mit zunehmendem Schilf­ anteil nimmt die Artenvielfalt in den

Augewässern zu. Ab einem Schilfanteil ) 2 von 99% sinkt die Artenvielfalt. Ange- geben ist die nichtlineare Struktur- z ahl en bruchgleichung, sowie der Regressions- (Ar t koeffizient r.

log 1

99 % Schil äche 0 0,0 0,5 1,0 1,5 arcsin (Anteil Schil äche)

Die Artenvielfalt nahm mit zunehmenden Verlan- gelgemeinschaften in den March-Thaya-Auen erst ab dungsgrad (Prozentanteil Schilffläche an der Gesamt- dem Jahr 1986 vorliegen, deuten unsere Auswertungen fläche des Gewässers) bis zu einem Schilfflächenanteil keine Veränderung der Artenzusammensetzung an. von 99 % zu. Danach konnte eine schnelle Abnahme Vielmehr zeigt die Artenzusammensetzung starke jähr- der Artenzahlen festgestellt werden (Abb. 1). liche Schwankungen, die auf eine unterschiedlich starke Mittels einer Spearman-Matrix-Rangkorrelation wur- Überflutung der Auwaldbereiche zu Beginn oder wäh- den die Artenzahlen der Jahre 1986, 1991, 1995, 1996 rend der Brutzeit zurückzuführen sind. und 2008 paarweise verglichen, um den Arten-Turn­over Auch wenn aktuell noch keine generelle Verschlech- in diesem Zeitraum zu ermitteln. Eine gerichtete Ver- terung der Habitatqualität der Augewässer in den Mar- änderung der Artenzusammensetzung lies sich nicht ch-Auen für Wasservögel und Röhrichtbrüter infolge feststellen (Rho = 0,22, p = 0,248). Die Ähnlichkeit der der Regulierungen feststellbar ist, ist die Prognose für Artenzusammensetzung zwischen einzelnen Gewässern viele momentan noch artenreiche Gewässer eher und Untersuchungsjahren (1991, 1995, 1996 und 2008) schlecht. In den kommenden Jahren müssen dringend wurde mit Bray-Curtis-Indizes (quadratwurzel-trans- Maßnahmen zur Verbesserung der Dynamik in den formierte Abundanzdaten) quantifiziert. Ein signifi- March-Thaya-Auen ergriffen werden, wenn die Vielfalt kanter Unterschied in der Artenzusammensetzung der Augewässer und der begleitenden Avifauna mittel- konnte nur zwischen den Jahren 1991 und 1996 (ein- und langfristig erhalten werden soll. faktorielle ANOSIM: r = 0,19, p < 0,05) sowie 1991 und 2008 (r = 0, 23, p < 0,05) festgestellt werden. Literatur Die Geschichte der „Bändigung“ der Flüsse March Bibby CJ, Burgess ND & Hill DA 1995: Methoden der Feld- und Thaya ist relativ jung. Dies dürfte auch den Um- ornithologie: Bestandserfassung in der Praxis. Neumann stand erklären, dass die Verlandung vieler Augewässer Verlag. Radebeul. Dvorak M, Frühauf J & Nemeth E 1991: Untersuchung zum in den March-Auen noch nicht weit fortgeschritten ist. Wasservogel-Brutbestand der Oberen Marchauen zwischen Es scheint, dass sich der Verlandungszustand vieler Au- Sierndorf und Hohenau (Mai/Juni 1991). Unpubliziert. gewässer in einer für die Artenvielfalt der Wasservögel Südbeck P, Andretzke H, Fischer S, Gedeon K, Schikore T, und Röhrichtbrüter optimalen Phase befindet, in wel- Schröder K, Sudfeldt C (Hrsg) 2005: Methodenstandards cher die Verteilung der Anteile von Schilf- und Wasser- zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. Radolfzell. flächen günstig ist. Allerdings deuten unsere Daten Zwicker E 1986: Brutvögel auf Flächen der Wasserstraßendi- daraufhin, dass es nach Überschreiten dieser Optimal- rektion an der March. Gutachten im Auftrag der Wasser- phase zu einem schnellen massiven Rückgang der Ar- straßendirektion. Unpubliziert. tenvielfalt kommt. Ab diesem Verlandungsgrad werden Zuna-Kratky T & Frühauf J 1996: Brutzeitbericht für die Mar- die Bedingungen für viele Arten ungünstig. Jedoch kann ch/Thaya-Auen im Jahr 1995. Ramsar-Gebietsbetreuung für die March/Thaya-Auen im Auftrag des Distelvereins. man davon ausgehen, dass der Strukturbruch (aktuell Unpubliziert. bei 99 % Schilffläche) eventuell schon vorher anzusetzen Zuna-Kratky T 1996: Brutzeitbericht für die March/Thaya- ist, da für Gewässer im kritischen Bereich mit Schilfan- Auen im Jahr 1996. Vorbericht zur Erstellung einer Bilate- teilen zwischen 83 % und 99 % keine Daten vorliegen. ralen Vogelstudie im Auftrag des Distelvereins.Unpubli- Möglicherweise, da detaillierte Daten zu Wasservo- ziert. 356 Themenbereich „Vogelschutz“ • Vorträge

Hötker H, Helmecke A, Jeromin H, Melter J & Roodbergen M (Bergenhusen, Osnabrück, Beek-Ubbergen): Wiesenvögel in Not – Rückgangsursachen, ungeklärte Phänomene, Hoffnungsschimmer?

Hermann Hötker; E-Mail: [email protected]

Kaum eine andere Vogelgruppe zeigt in Mitteleuropa vergleichsweise niedrig sind. Allerdings gibt es noch seit einigen Jahrzehnten so konstante und hohe Rück- ungeklärte Phänomene, die auf großräumig wirksame gangsraten wie die Wiesen-Limikolen (Kiebitz Vanellus Faktoren hinweisen. Der Bruterfolg hingegen ist bei fast vanellus, Kampfläufer Philomachus pugnax, Bekassine allen Arten deutlich gesunken, so dass die wesentlichen Gallinago gallinago, Uferschnepfe Limosa limosa, Gro- Gründe für die weiter zurückgehenden Bestände in den ßer Brachvogel Numenius arquata, Rotschenkel Tringa Brutgebieten zu suchen sind. Bisher ist es trotz erheb- totanus, auch Alpenstrandläufer Chalidris alpina und licher Anstrengungen noch nicht gelungen, auf breiter AusternfischerHaematopus ostralegus). Literaturüber- Front für eine Besserung der Situation zu sorgen. Eini- sichten und neuere Untersuchungen, die im Vortrag ge Beispiele gelungener Schutzmaßnahmen spenden vorgestellt werden, geben Hinweise darauf, dass sich die jedoch wenigsten etwas Licht für die ansonsten düsteren Mortalitätsraten nicht erhöht haben, sondern sogar Aussichten für die Wiesenvögel in Mitteleuropa.

Bieringer G (Leobersdorf/Österreich): Auswirkungen von Straßenlärm auf die Brutvögel eines Auwaldes

Georg Bieringer, Umlauffgasse 29/4, 2544 Leobersdorf, Österreich, E-Mail: [email protected]

Im Rahmen eines Forschungsprojektes zum Einfluss Gibt es einen Einfluss der aktuellen Bestandsentwick- von Straßenlärm auf Brutvögel wurden folgende Fra- lung einer Art auf die Besiedlung der Bereiche nahe gestellungen untersucht: (1) Sind Brutvogeldichten der Straße? nahe einer Straße gegenüber unbeeinflussten Bereichen Im Jahr 2006 wurden in den Donau-Auen oberhalb vermindert? (2) Reagieren Arten, deren Gesangsfre- Wiens die Aktivitätsdichten der Brutvögel auf einer quenz im Bereich des Frequenzspektrums von Ver- Zufallsstichprobe von 45 jeweils 4 ha großen Probeflä- kehrslärm liegt, empfindlicher als andere Arten? (3) chen erhoben und mit Kennwerten für den möglichen Einfluss einer nahe gelegenen Autobahn 60 (ca. 54.000 Kfz/24 h) verglichen. Be- rücksichtigt wurden die mittlere Entfer- nung von der Straße und die mittlere 50 Lärmbelastung jeder Probefläche, wobei

die Lärmbelastung (LA,eq 1,5 m über Bo- 40 den für den Zeitraum Tag) anhand des in Österreich für die Verkehrsplanung vorgeschriebenen Rechenmodells für 30 die Ausbreitung von Verkehrslärm in einem 25-Meter-Raster ermittelt wurde. Zur Charakterisierung diente das geo- 20 metrische Mittel aus sämtlichen inner- Aktivitätsdichte [Ind./4 ha] Aktivitätsdichte halb einer Probefläche gelegenen Raster- 10 punkten. Die Zuteilung der Probeflächen zu verschiedenen Kartierern, die Rei- henfolge ihrer Bearbeitung und die Er- 0 0 500 1000 1500 2000 fassung an Wochenenden bzw. Wochen- Entfernung von der Straße [m] tagen wurden randomisiert, um Einflüs- se dieser Faktoren auf die Ergebnisse Abb. 1: Aktivitätsdichte der Brutvögel in Abhängigkeit von der Entfernung von der Autobahn (y = 6,37437 + 0,085579 x – 0,08442 (x – 286,859) auszuschließen. Überdies wurden auf (x > 286,859); p < 0,01, R = 0,499). jeder Probefläche 30 Habitatvariablen Vogelwarte 47 (2009) 357 gemessen, mit dem Ziel, etwaige Unterschiede in der Verkehrslärm die akustische Kommunikation im Frei- Lebensraumstruktur kontrollieren zu können. land tatsächlich beeinflusst, indem Lautäußerungen in Die Ergebnisse zeigten eine verminderte Gesamt- einem bestimmten Frequenzbereich überdeckt werden. Aktivitätsdichte der Brutvogelgemeinschaft bis zu einer Dieser Befund steht in Übereinstimmung mit verschie- Entfernung von ca. 290 m von der Autobahn. Für ein- denen experimentellen Untersuchungen (Brumm & Slab- zelne besonders sensible Arten lagen die Effektdistanzen bekoorn 2005). Dass die Aktivitätsdichten von Arten mit in einem Bereich von bis zu 500–700 m. Vogelarten mit positivem Bestandstrend nahe der Straße nicht vermin- einer relativ tiefen Gesangsfrequenz (<2,5 kHz), also dert waren, deutet darauf hin, dass bei hohem Populati- im Energiemaximum des Verkehrslärms, waren signi- onsdruck auch suboptimale Bereiche genutzt werden. fikant stärker betroffen als Arten mit Gesängen in mitt- leren oder hohen (> 5 kHz) Tonlagen. Während Arten Dank. Die Studie wurde vom Bundesministerium für mit aktuellen Bestandszunahmen straßennahe oder Verkehr, Innovation und Technologie sowie von der verlärmte Probeflächen in gleicher Dichte nutzten wie Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-AG ungestörte Probeflächen weiter von der Autobahn ent- beauftragt. Die ornithologischen Freilandarbeiten und fernt, waren die Aktivitätsdichten von Vogelarten mit die Erhebung der Habitatvariablen wurden von R. aktuell negativem oder konstantem Bestandstrend mit Kinnl, J. Oberwalder und M. Pollheimer durchgeführt. der Lärmbelastung negativ und mit der Entfernung von Die Berechnung der Lärmbelastung erfolgte durch G. der Straße positiv korreliert. Strohmayr, TAS Sachverständigenbüro für Technische Da andere mögliche Einflussgrößen durch die umfas- Akustik SV GmbH. sende Berücksichtigung von Habitatvariablen weitgehend ausgeschlossen werden können, ist anzunehmen, dass Literatur zwischen den verminderten Aktivitätsdichten und der Brumm H & Slabbekoorn H 2005: Acoustic communication Nähe zur Straße ein kausaler Zusammenhang besteht. in noise. Advances in the Study of Behavior 35: 151-209. Allerdings liegen die ermittelten Effektdistanzen deutlich Reijnen R, Foppen R, Ter Braak C & Thissen J 1995: The effects unter manchen früheren Angaben (z. B. Reijnen et al. of car traffic on breeding bird populations in woodland. III. 1995). Die stärkere Beeinflussung von Arten mit relativ Reduction of density in relation to the proximity of main tiefen Gesangsfrequenzen legt den Schluss nahe, dass der roads. Journal of Applied Ecology 32: 187-202.

Rössler M, Brandstätter L, Laube W & Nemeth E (Hohenau, Wien/Österreich): Vogelanprall an Glasscheiben. Experimentelle Untersuchungen zur Entschärfung unsichtbarer Vogelfallen

Martin Rössler, Biologische Station Hohenau-Ringelsdorf, Weststraße 7, 2273 Hohenau/March, Österreich; E-Mail: [email protected]

Durchsichtiges oder spiegelndes Glas ist für Vögel nicht Seit 2004 arbeitet die Biologische Station Hohenau- erkennbar. An verglasten Lärmschutzwänden, Eisen- Ringelsdorf (Niederösterreich) an einer empirisch ab- bahnstationen, Wintergärten, Freizeit- und Touris- gesicherten Entwicklung von geeigneten Markierungen museinrichtungen wird dieses zunehmend als Baustoff und konkreten Empfehlungen für Bauträger, Archi- eingesetzte Material zu einer omnipräsenten Vogelfalle. tekten und Designer. Vogelanprall wird meist als bedauerlicher Einzelfall Vorgestellt werden Ergebnisse von 3.355 Wahlversu- bewertet. In der Summe dieser Einzelfälle übertrifft Glas chen aus drei Jahren (2006 – 2008). Die Experimente aber als unmittelbarer, anthropogener Mortalitätsfaktor wurden in einem speziellen 9m langen Flugtunnel für Vögel die Verluste durch Jagd, Hauskatzen, Straßen- durchgeführt, markierte Scheibe und Referenzscheibe verkehr etc. Für die USA wurden bis zu 1 Milliarde befinden sich in 30cm Abstand vor dem Tunnel. Um Kollisionsopfer pro Jahr geschätzt, neuere Untersu- die Untersuchungen mit natürlichem Licht durchführen chungen stützen diese Zahl. Zur Lösung des Problems zu können, ist der Tunnel drehbar gelagert und kann sind aufgeklebte Greifvogelsilhouetten immer noch dem Stand der Sonne nachgeführt werden. Über zwei beliebt, sie sind aber nachgewiesenermaßen unwirksam. Spiegel werden die Testscheiben mit natürlichem Son- Sichtbare Markierungen von Glasscheiben können die nenlicht parallel, symmetrisch und gleichmäßig be- Risiken wirksam entschärfen, die Wahrnehmbarkeit leuchtet. Messwerte von Photovoltaik-Sensoren lassen und Effektivität hängt aber von vielerlei Parametern ab. ex post Differenzierungen der Beurteilung nach Be- 358 Themenbereich „Vogelschutz“ • Vorträge leuchtungsstärken des Umgebungslichtes zu. Die Vögel Ley HW 2004: Experimentelle Überprüfung der Wahrnehm- in den Versuchen sind Wildvögel, die im Rahmen der barkeit patentierter Vogelschutzgläser durch eine Stichpro- wissenschaftlichen Vogelberingung der Biologischen be mitteleuropäischer Gartenvögel. Radolfzell. 12 pp. Station mit Japannetzen gefangen werden. Die Ver- Richarz K 2001: Glasscheiben als Vogelfallen. In: Richarz K, suchsvögel werden nach einmaligem Versuchsflug, der Bezzel E & Hormann M (Hrsg): Taschenbuch für Vogel- schutz. Wiebelsheim, Aula-Verl. 630 pp. mit Video aufgezeichnet wird, freigelassen. Die Sicher- Rössler M & Zuna-Kratky T 2004: Vermeidung von Vogelan- heit der Vögel wird durch ein Japannetz gewährleistet, prall an Glasflächen. Experimentelle Versuche zur Wirk- das vor den Versuchsscheiben montiert ist. Unsere Er- samkeit verschiedener Glasmarkierungen bei Wildvögeln. gebnisse zeigen, 1) dass der Flächenanteil der Markie- Wiener Umweltanwaltschaft, Wien. 40 pp. Online: www. rung von geringerer Bedeutung ist als die Form der wien.gv.at/wua/pdf/studie-roessler-zuna.pdf Markierung, 2) dass lineare Strukturen effektiver sind Rössler M 2005: Vermeidung von Vogelanprall an Glasflächen. als regelmäßig angeordnete Einzelelemente, 3) dass Weitere Experimente mit 9 Markierungstypen im unbe- vertikale Ausrichtung der Markierungen effektiver ist leuchteten Versuchstunnel. Wiener Umweltanwaltschaft, als horizontale Ausrichtung und daher größere Abstän- Wien. 27 pp. Online: www.wien.gv.at/ wua/pdf/studie- de erlaubt, 4) dass achromatische Kontraste wesentlich roessler.pdf Rössler M, Laube W & Weihs P 2007: Vermeidung von Vo- sind, 5) dass derzeit beste Ergebnisse im langwelligen gelanprall an Glasflächen. Experimentelle Untersuchungen Spektralbereich des sichtbaren Lichtes erzielt werden, zur Wirksamkeit von Glas-Markierungen unter natürlichen 6) dass Wirkung und Wirkungsweise „unsichtbarer“ UV Lichtbedingungen im Flugtunnel II. Wiener Umweltanwalt- Markierungen ungeklärt sind und die Effektivität nicht schaft, Wien. 57 pp. Online: https://www.wien.gv.at/wua/ ausreichend ist 7) dass räumliche Effekte und Bewe- pdf/studie-roessler-2007.pdf gungsparallaxen die Wirkung verstärken können. Der- Rössler M & Laube W 2008: Vermeidung von Vogelanprall zeit wird an einer Österreichischen Norm zur Beurtei- an Glasflächen. Farben, Glasdekorfolie, getöntes Plexiglas: lung von Vogelschutzglas gearbeitet. 12 weitere Experimente im Flugtunnel II. Wiener Umwel- tanwaltschaft, Wien. 36 pp. Online: www.windowcollisions. Literatur info/public/roessler-laube_2008.pdf Endler JA 1993: The color of light in forests and its implica- Schäfer HM, Levey DJ, Schaefer V & Avery ML 2006: The role tions. Ecol. Monographs 63 (1): 1-27. of chromatic and achromatic signals for fruit detection by Hart NS 2001: Variation in cone photoreceptor abundance birds. Behav. Ecol. 17: 784 – 789. and the visual ecology of birds. J. Comp. Physiol. A 187: Seewagen CL 2008: Bird collisions with windows: An anno- 685 – 697. tated bibliography. New York Audubon and the Wildlife Klem D 1990: Collisions between birds and windows: Mortal- Conservation Society, New York, USA. 15pp. ity and prevention. J. Field Ornithol. 61: 120 – 128. Schmid H & Sierro A 2000: Untersuchungen zur Verhütung Klem D, Farmer CJ, Delacretaz N, Gelb Y & Saenger PG 2009: von Vogelkollisionen an transparenten Lärmschutzwänden. Architectural amd Landscape Risk Factors Associated with Natur und Landschaft. 11:426 – 430. Bird-Glass Collisions in an Urban Environment. Wilson Vorobyev M & Osorio D 1998: Receptor noise as a determinant Journ. Orn. 121(1):126–134 of colour thresholds. Proc. R. Soc. Lond. B 265: 351 – 358.

Schulze CH & Tiefenbach M (Wien/Österreich): Die naturschutzfachliche Bedeutung von Sekundärhabitaten für Waldvögel im Malaiischen Archipel

Christian H. Schulze, Department für Populationsökologie, Universität Wien, Rennweg 14, 1030 Wien, Österreich, E- Mail: [email protected]

Eine Vielzahl von Vogelarten, deren primärer Lebens- höchsten Abholzungsraten auf (Sodhi et al. 2006). Ba- raum tropische Regenwälder sind, ist durch die global sierend auf einer umfangreichen Literaturrecherche rasch voranschreitende Abholzung stark gefährdet. In wurde eine avifaunistische Datenbank für das Malai- vielen Fällen ist allerdings unklar, welcher Anteil der ische Archipel erstellt, die für alle Waldvogelarten unter Waldarten in der Lage ist, auch Sekundärhabitate, wie anderem folgende Informationen enthält: besiedelte Agroforstsysteme und Baumplantagen zu nutzen. Das Inseln, geografische Verbreitung und genutzte Habitate. Malaiische Archipel, ein Endemismuszentrum von be- Die Datenbank berücksichtigt nur rezente Vorkommen sonderer Naturschutzrelevanz, unterliegt aufgrund der von Arten auf einzelnen Inseln, nicht jedoch Nachweise enorm hohen menschlichen Siedlungsdichte einem bereits ausgestorbener Vogelarten (historische Auf- erheblichen Landnutzungsdruck und weist die weltweit zeichnungen oder Fossilfunde). Basierend auf diesen Vogelwarte 47 (2009) 359

80 auf intakte Wälder beschränkt ist, zu haben als die In- selgröße. Als Konsequenz ist ein höherer Anteil der 70 Waldarten kleinerer, artenärmerer Inseln (wie z. B. San-

n gihe, Salayar, Morotai, Obi) in der Lage auch Sekun- i 60 därhabitate (wie Agroforstsysteme und Baumplantagen) t en n r a l zu nutzen (Abb. 1). Eine erste Analyse für Singvögel t eme

oge 50 s

v Große Sunda-Inseln zeigt allerdings, dass für Inselendemiten (N = 71) Agro- d t sy l r = -0,93, p < 0,001 s a

r forstsysteme und Baumplantagen von deutlich gerin-

f o 40 o

r gerer Bedeutung sind als für weiter verbreitete Arten g [%] W il A (N = 269). Der Anteil auf intakte Wälder beschränkte t e

n 30

A Arten (im Vergleich zu Arten, die auch in Agroforstsys­ temen und Baumplantagen vorkommen) ist bei Insel ­ 20 Wallacea r = -0,78, p < 0,012 endemiten signifikant höher als bei weiter verbreiteten Waldarten (Chi2-Test: χ2 = 9,02, p = 0,003). Obwohl die 10 3,5 4,0 4,5 5,0 5,5 6,0 Bedeutung von Agroforstsystemen für Waldvögel von der Nutzungsintensität abhängt (Abrahamczyk et al. log (Gesamtartenzahl) 2009), konnte bereits durch andere Studien aus der Abb. 1: Beziehung zwischen Gesamtartenzahl von Waldvögeln Untersuchungsregion gezeigt werden, dass Endemiten einzelner Inseln und dem Anteil der Arten, der in der Lage ist, besonders empfindlich auf die Umwandlung von Re- Agroforstsysteme als Habitat zu nutzen. Zusätzlich angegeben genwäldern zu Landnutzungssystemen reagieren (z. B. sind die statistischen Kenngrößen für lineare Regressionsmo- Sulawesi: Maas et al. 2009). delle, welche den Zusammenhang getrennt für Inseln im Be- Weitere Untersuchungen an Waldarten, die in der reich der biogeografischen Regionen Wallacea und Große Lage sind auch Landnutzungssysteme zu nutzen, müs- Sunda-Inseln beschreiben. sen zeigen, ob sich der Reproduktionserfolg zwischen intakten Regenwäldern und Agroforstsystemen unter- Daten wurde versucht, folgende Fragen zu beantworten: scheidet bzw. ob bestimmte Sekundärhabitate nur zur (1.) Besetzen Waldvögel kleinerer Inseln aufgrund ver- Nahrungsaufnahme aufgesucht werden oder eventuell ringerter interspezifischer Konkurrenz (durch gerin- sogar als ecological traps fungieren (z. B. durch stärkere geren Artenreichtum) breitere Habitatnischen und sind Bejagung, Vogelfang in Sekundärhabitaten). dadurch eher in der Lage Sekundärhabitate wie Agro- forstsysteme zu nutzen? (2.) Welches Potential haben Literatur Sekundärhabitate für den Schutz von Inselendemiten? Abrahamczyk S, Kessler M, Dadang DP, Waltert M & Tscharn- Eine erste Analyse unter Berücksichtigung von 586 tke T 2008: The value of differently managed cacao planta- Waldarten und 18 Inseln zeigt, dass die Nischenbreite tions for forest bird conservation in Sulawesi, Indonesia. von Waldvögeln im Malaiischen Archipel mit abneh- Bird Conservation International 18: 349-362. mender Inselgröße deutlich zunimmt. Dies trifft auf Maas B, Putra DD, Waltert M, Tscharntke T & Schulze CH 2009: Six years of habitat modification in a tropical rainfor- Inseln östlich und westlich der Wallace-Linie zu. Der est margin of Indonesia do not affect bird diversity but relative Anteil von Waldarten, deren Vorkommen auf endemic forest species. Biological Conservation 142: 2665- weitgehend intakte Wälder beschränkt ist, steigt mit 2671. zunehmender Inselgröße (Große Sunda-Inseln: r = 0,88, Sodhi NS, Brooks TM, Koh LP, Acciaioli G, Erb M, Tan AKJ, N = 9, p = 0,002; Wallacea: r = 0,75, N = 9, p = 0,020). Curran LM, Brosius P, Lee TM, Patlis JM, Gumal M & Lee Allerdings scheint die Gesamtartenzahl einen stärkeren RJ 2006: Biodiversity and human livelihood crises in the Einfluss auf den Anteil der Arten, deren Vorkommen Malay Archipelago. Conservation Biology 20: 1811-1813.

Bierbaumer M (Klosterneuburg-Weidling): Die Rückkehr des Kaiseradlers - eine Erfolgsgeschichte des europäischen Naturschutzes

Michael Bierbaumer; E-Mail: [email protected]

Kaum ein anderes Ereignis hat in den letzten Jahren bei nach fast 200 Jahren Abwesenheit durch Ausrottung. Der Vogelenthusiasten für mehr Aufmerksamkeit gesorgt als Vortrag beleuchtet Lebensraumansprüche und rezente die Wiederbesiedelung der pannonisch geprägten Kul- Verbreitung der Art sowie die Entwicklung des Kaiser- turlandschaft Süd-Osteuropas durch den Kaiseradler adlerbestandes in seiner wiedergefundenen Heimat. 360 Themenbereich „Vogelschutz“ • Poster

• Poster

Bauer HG, Woog F (Radolfzell, Stuttgart) Nichtheimische Vogelarten in Deutschland - Ökologie, Brutbiologie und Verhalten

Hans-Günther Bauer; E-Mail: [email protected]

Im Anschluss an den kürzlich veröffentlichten ersten aus Brutgebieten, direkte Prädation (Nester, Jungvögel, Bericht über Auftreten, Bestände und Status nichthei- Altvögel), Hybridisierung mit verwandten heimischen mischer Vogelarten in Deutschland plant die Projekt- Arten, Einschleppung/Verbreitung von Krankheiten, gruppe Neozoen der Deutschen Ornithologen-Gesell- Zerstörung oder starke Beeinträchtigung des Lebens- schaft Grundlagendaten für eine zweite Veröffentlichung raumes, Beeinträchtigung der menschlichen Lebensge- zu sammeln und auszuwerten. Neben der Weiterfüh- meinschaften durch Lärm, Kot oder der Zerstörung von rung der Datenbank zu Bestandzahlen, Trends und Bauwerken usw. Um bewerten zu können, ob ein Neo- Brutstatus soll nun der Fokus auch auf Studien zu Öko- zoon als invasiv oder harmlos eingestuft werden kann, logie, Brutbiologie und Verhalten nichtheimischer Ar- hat die Projektgruppe Neozoen der DO-G einen Fra- ten gelegt werden. Dabei geht es insbesondere um eine gebogen entwickelt. Um rege Teilnahme an dieser Fra- Abschätzung möglicher negativer Auswirkungen der gebogenaktion wird gebeten! Es ist geplant, die ge- Neozoen auf heimische Vogelarten, d.h. ihrer „Invasi- sammelten Ergebnisse unter Nennung aller Beitra- vität“. Hierzu zählen u.a. Konkurrenz um Nistplätze genden in einem zweiten Neozoen-Bericht zeitnah zu oder um Nahrung, auch die beobachtete Verdrängung veröffentlichen.

Bauer A, Sauer-Gürth H, Pürckhauer C, Hoh E, Krüger R & Wink M (Heidelberg): Genetische Analysen der mainfränkischen Wiesenweihen

Andreas Bauer, Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie (IPMB), Im Neuenheimer Feld 364, 69120 Hei- delberg; E-Mail: [email protected]

Die Brutpopulation der Wiesenweihe Circus pygargus (Adler, Geier, Bussarde) isoliert wurden und dort bereits in Mainfranken ist die größte dieser durch Lebensraum- bei genetischen Analysen etabliert waren. zerstörung bedrohten Art in Deutschland. Zum Schutz Insgesamt erwiesen sich sechs Mikrosatellitenloci bei dieser, heute vor allem auf Kulturflächen brütenden, Circus pygargus als verwendbar, d.h. sie ließen sich aus- Greifvogelpopulation ist es wichtig, mehr über die ge- wertbar über PCR amplifizieren und waren polymorph: netische Variabilität sowie das Brutverhalten der Wie- Gf3H38 (von Gyps fulvus) , BV20 (von Gypaetus bar- senweihe in Mainfranken zu erfahren. batus), Aa35 (von Aquila adalberti), HfC1E8, HfC1D10, So wurde in den Jahren 2000 - 2007 insgesamt 1027 HfC5D4 (von Hieraaetus fasciatus); Blutproben von Nestlingen durch das LBV-Arten- Mit diesen sechs Loci wurden anschließend alle 1027 hilfsprogramm Wiesenweihe genommen. DNA-Proben der mainfränkischen Brutpopulation un- Aus diesen Blutproben wurde DNA isoliert, um danach tersucht sowie 20 Proben von Wiesenweihen aus den mit Hilfe von Mikrosatellitenmarkern mehr über die Ver­ Niederlanden, 11 Proben aus Spanien und 3 Kontroll- wandtschaftsverhältnisse zwischen den einzelnen Teil- proben von Rohrweihen (Circus aeruginosus), ebenfalls populationen herauszufinden und mit anderen Wiesen- aus Spanien. Insgesamt wurden also 1061 DNA-Proben weihen Westeuropas (Spanien, Niederlande) zu verglei- verschiedener Herkunft bearbeitet. chen, um die mainfränkische Population in den europä- Als Untersuchungsmethode wurde die radioaktive ischen Gesamtbestand genetisch einordnen zu können. PCR-Methode gewählt mit anschließender hochauf- Dazu mußten zuerst für eine Analyse geeignete po- lösender PAGE. Dazu wurde [α-33P] dATP, ein radio- lymorphe Mikrosatellitenloci gefunden werden. Es aktives Phosphorisotop, dem PCR- Mix zugesetzt. wurde entschieden, Primer für Mikrosatellitenloci zu Dieses wurde während der einzelnen PCR-Zyklen in benutzen, die bei anderen Vertretern der Falconiformes den amplifizierten PCR-Produkten eingebaut und Vogelwarte 47 (2009) 361 konnte nach dem anschließenden Auftrennen über ein und Spanien abgrenzen, was auf keine tiefergehende Polyacrylamid-Gel (PAGE) mit Hilfe eines Röntgen- Divergenz dieser westeuropäischen Gruppen schließen films (Autoradiographie), die Allele der einzelnen Loci läßt, sondern auf eine rezente Vermischung dieser mo- sichtbar machen. bilen Vogelart hindeutet. Anschließend wurden die einzelnen Allele ermittelt Es wurden genetische Strukturen innerhalb der Po- und dann mit Hilfe der Software STRUCTURE Assi- pulation in Mainfranken entdeckt, die sich allerdings gnment-Tests durchgeführt, welche die einzelnen Indi- nicht mit der geographischen Verbreitung oder der viduen nach Verwandtschaft in einzelne Cluster zusam- Wahl des Bruthabitats erklären ließen. menfasste. In der Regel clusterten Individuen eines Nestes. Aus- Die Kontrollproben der spanischen Rohrweihen wur- nahmen hiervon könnten auf Halbgeschwister hindeu- den dabei stets als eigene Art erkannt und von der Wie- ten. senweihengesamtgruppe als separates Cluster abge- Parallel zur Mikrosatellitenuntersuchung wurde das trennt. mitochondriale Cytochrom b-Gen ausgewählter Wie- Die Wiesenweihenpopulation aus Mainfranken ließ senweihen sequenziert; auch die Sequenzanalyse kann sich nicht klar von den Tieren aus den Niederlanden keine geographische Strukturierung erkennen.

Braun M, Czajka C, Wink M (Heidelberg): Gibt es eine Brutplatzkonkurrenz zwischen Star und Halsbandsittich?

Michael Braun, Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie, Abteilung Biologie, Im Neuenheimer Feld 364, 4. OG, 69120 Heidelberg; E-Mail: [email protected]

Seit 1974 brüten Halsbandsittiche Psittacula krameri im und sind seit 15 bis 35 Jahren von diesen besiedelt. Alle Bereich des Rhein-Neckar-Gebietes zwischen Worms vorhandenen potenziellen Bruthöhlen (mind. 4 cm und Heidelberg, seit 1975 auch in Wiesbaden-Biebrich. Durchmesser) wurden kartiert, der entsprechende Die Population hat sich in den letzten Jahren deutlich Brusthöhendurchmesser (BHD) der Brutbäume be- ausgebreitet. In der Diskussion über einen möglichen stimmt und der Besatz mit Halsbandsittich und Star Schaden durch Neozoen wird regelmäßig das Argument erfasst. vorgebracht, dass Halsbandsittiche andere Höhlenbrü- Star (71 BP) und Halsbandsittich (98 BP) waren mit ter verdrängen könnten. Im Frühjahr 2008 wurden die Abstand die beiden häufigsten Höhlenbrüter in den Parkanlagen in Schwetzingen, Mannheim, Edingen- untersuchten Höhlen. Die Ergebnisse sind zum Teil Neckarhausen und Wiesbaden daraufhin untersucht, überraschend, denn es gibt weitaus mehr unbesetzte (n ob es zwischen Halsbandsittich und Star Sturnus vul- = 449) als besetzte (n = 188) Nisthöhlen, d. h. ein Nist- garis Konkurrenz um Bruthöhlen gibt. Diese Brutge- höhlenmangel konnte trotz Halsbandsittich-Besiedlung biete liegen im Zentrum der Verbreitung der Sittiche nicht nachgewiesen werden. Stare brüteten in Höhlen

200 158 144 150 n e l h

ö 100 89 h m u

a 43 48 B 50 28 36 17 20 15 2 3 10 3 2 0 0 -0,4 0,4 -0,8 0,8 -1,2 1,2 -1,6 1,6 -2,0 Abb. 1: Besatz der unter- Brusthöhendurchmesser Stamm [m] suchten Höhlen in Relati- on zum Brusthöhendurch- Psittacula krameri Sturnus vulgaris Freie Höhlen messer des Stamms. 362 Themenbereich „Vogelschutz“ • Poster von Bäumen, deren durchschnittlicher Stammdurch- teiligt. Während der Anwesenheit der Sittiche in Wies- messer mit 0,76 m geringer war als derjenige unbebrü- baden stieg die Zahl der Höhlen von 80-100 im Jahr teter Bäume mit 1,00 m oder gar derjenige von Hals- 1990 (Zingel 1990) auf 264 in unserer Untersuchung, bandsittich-Bruthöhlen mit 1,16 m. Die Unterschiede was sicherlich auch auf die Nagetätigkeit der Sittiche waren signifikant (p < 0,001). Es bestanden auch Unter- zurückzuführen ist. schiede in der Bevorzugung von Baumarten. Die Pla- Fazit: Eine starke Brutplatzkonkurrenz zwischen Star tane Platanus x hispanica war für den Halsbandsittich und Halsbandsittich konnte nicht nachgewiesen wer- mit 57 % aller Bruten der bevorzugte Brutbaum, wäh- den, hingegen eher eine Einnischung bezüglich Baum- rend beim Star 25 % aller Paare in Eichen Quercus spec., größe und Baumart. 19 % in Bergahorn Acer pseudoplatanus und nur 4 % in Platanen brüteten. Trotz 60 vorhandener Höhlen in Bergahorn brütete dort kein einziger Halsbandsittich, Literatur was dem Star einen Vorteil verschafft. Eine Einnischung Rösner H-U 1984: Untersuchung der Brutplatzwahl, Dichte bezüglich der Baumart und der Baumgröße reduziert und interspezifische Konkurrenz höhlenbrütender Vogel- die Konkurrenz um Bruthöhlen zwischen Star und Hals- arten in einem rheinischen Auwald. Diskussion evolutiver bandsittich beträchtlich. Im Schlosspark Biebrich in und ökologischer Anpassungen. Diplomarbeit, Goethe- Universität, Frankfurt/Main. Wiesbaden hat sich die Siedlungsdichte von Halsband- Zingel D 1990: Zum Vorkommen des Halsbandsittichs (Psit- sittichen von 1996 bis 2008 von 60 auf 30 Brutpaare hal- tacula krameri) im Schloßpark von Wiesbaden-Biebrich. biert (vgl. Zingel 1997), die Zahl der Stare ist im gleichen Jahrb d Nass Ver f Natkd 112:7-23. Park von 1984 bis 2008 von 121 (Rösner 1984) auf Zingel D 1997: Halsbandsittich Psittacula krameri (SCOPOLI 17 Brutpaare (14 %) zusammengebrochen. Am Rück­gang 1769). In: HGON (ed) Avifauna von Hessen. Hessische der Stare waren die Sittiche sicher nicht ursächlich be- Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz, pp 1-6.

Oberdiek N, Dierschke J, Schröder M, Feldt T & Stahl J (Oldenburg, Wilhelmshaven): Greifvögel an der Küste in Bedrängnis? - Kornweihen Circus cyaneus im Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“

Nadine Oberdiek, Carl-von-Ossietzky Universität Oldenburg, AG Landschaftsökologie, Institut für Biologie und Um- weltwissenschaften IBU, 26111 Oldenburg, E-Mail: [email protected]

Die Kornweihe Circus cyaneus gehört in Deutschland 26 Paare auf den Ostfriesischen Inseln und 7 Paare in zu den am stärksten bedrohten Brutvogelarten. Nahezu den Salzwiesen am Festland. Von diesen 33 Paaren wur- das gesamte deutsche Brutvorkommen befindet sich auf den 23 Gelege gefunden. 55 Küken schlüpften, was den Ostfriesischen Inseln im Nationalpark „Niedersäch- einem Mindestschlupferfolg von 67% (n = 82), bezogen sisches Wattenmeer“. Während der Brutbestand von auf die maximale Eizahl, entspricht. Von diesen wurden Kornweihen auf den Westfriesischen Inseln in den Nie- 42 Jungvögel flügge. Damit erzielten die Kornweihen derlanden, stark zurückgeht, ist das Vorkommen auf einen maximalen Bruterfolg von 2,1 Jungvögeln pro den Ostfriesischen Inseln bisher nur leicht rückläufig. brütendem Weibchen (n = 23). Darüber hinaus wurden Die Rückgangsursachen sind jedoch weitgehend unbe- Detailuntersuchungen zur Nistplatz- und Jagdhabitat- kannt. Aufgrund der herausragenden Bedeutung des wahl durchgeführt. Nationalparks „Niedersächsisches Wattenmeer“ für Seit 2007 werden im Rahmen dieses Projektes außer- brütende Kornweihen sowie vor dem Hintergrund der dem nestjunge Kornweihen mit Farbringen markiert, aktuellen Bestandssituation, wurde nach einer Pilotpha- um Informationen über Wanderungen und Überwin- se in den Jahren 2007 und 2008, ein mehrjähriges For- terungsgebiete sowie über Mortalitäts-, Rückkehr- und schungsprojekt initiiert. Ziel dieses Vorhabens ist es, Ansiedlungsraten zu sammeln. Die Jungvögel werden Erkenntnislücken zur Brutbiologie der Kornweihe im mit einem blauen Farbring mit einem zweistelligen Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ zu Buchstaben-Zahlen-Code beringt. Zusätzlich erhalten schließen, die limitierenden Faktoren für die Populati- die Vögel über dem Metallring einen Inselkennring on zu identifizieren, um dann ein effektives Schutzkon- ohne Aufschrift (entweder orange, schwarz, gelb, grün, zept zu erarbeiten. rot, blau oder weiß). Dieser Ring kennzeichnet die Insel, Erste Ergebnisse aus der Brutsaison 2009 im Natio- auf der der Vogel erbrütet wurde. Um die Codes und nalpark liegen nun vor. Insgesamt konnten 33 Kornwe- Ringkombinationen sicher ablesen zu können, hat es ihen-Revierpaare festgestellt werden. Davon brüteten sich bewährt, den meist fliegenden oder frei sitzenden Vogelwarte 47 (2009) 363

Vogel digital zu fotografieren. Die Fotos werden dann mit einem Foto des beringten Vogels, an die oben ge- am PC ausgewertet. nannte Kontaktadresse. Hierbei ist dieses Projekt auf die Mithilfe von Vogel- Das Kornweihen-Projekt im Nationalpark „Nieder- beobachtern sowohl im Brutgebiet als auch außerhalb sächsisches Wattenmeer“ ist auf eine Gesamtlaufzeit im Hinblick auf die Beobachtung und Rückmeldung von vier Jahren angelegt (bis 2012). Neben der weiter- farbberingter Kornweihen angewiesen. Selbst wenn der hin standardmäßigen Erfassung brutbiologischer Pa- Farbringcode nur unvollständig abgelesen werden kann, rameter (Anzahl der Brutpaare, Schlupf- und Bruter- der Inselkennring jedoch sicher zu erkennen ist, liefert folg) und der Farbberingung der Jungvögel, werden die Rückmeldung solcher Beobachtungen dennoch Fragestellungen zur Habitat- und Nistplatzwahl, wichtige Daten zur Herkunft des Vogels. Im Falle von Homerange, Nahrungsangebot, Nahrungswahl sowie Beobachtungen farbberingter Kornweihen freuen wir zu Mortalität, Rückkehrraten und Brutortstreue ver- uns sehr über eine Rückmeldung per Mail, am besten tiefender bearbeitet.

Schröder M, Oberdiek N, Dierschke J, Feldt T & Stahl J (Oldenburg, Wilhelmshaven): Jagdhabitatwahl von Kornweihen Circus cyaneus und Rohrweihen Circus aeruginosus auf den Ostfriesischen Inseln, Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“

Manuela Schröder, Carl-von-Ossietzky Universität Oldenburg, AG Landschaftsökologie, Institut für Biologie und Umweltwissenschaften IBU, 26111 Oldenburg, E-Mail: [email protected]

Nahezu der gesamte deutsche Brutbestand der Korn- jagender Kornweihen- und Rohrweihenmännchen auf weihe Circus cyaneus brütet auf den Ostfriesischen In- Borkum und Norderney wurde mit Hilfe des Selektivi- seln im Nationalpark “Niedersächsisches Wattenmeer“. tätsindexes nach Jacobs (1974) ermittelt. In den letzten Jahren sind die Brutbestandszahlen der Die Auswertung der Beobachtungsdaten hat ergeben, Kornweihe rückgängig, wobei die Gründe hierfür weit- dass Kornweihenmännchen auf Borkum bevorzugt über gehend unbekannt sind. Grünlandflächen jagen. Auf Norderney hingegen Neben der Wahl des Nistplatzes können die Wahl nutzten sie überwiegend Dünengebiete mit niedriger der Nahrungsflächen sowie deren Qualität einen ent- Vegetation zur Jagd. Die Habitatpräferenz jagender scheidenden Einfluss auf den Bruterfolg haben. Korn- Rohrweihenmännchen lag auf Borkum auf Röhricht- weihen und auch verstärkt Rohrweihen Circus aeru- flächen und Dünen. Auf Norderney nutzten die Rohr- ginosus brüten auf den Ostfriesischen Inseln Norder- weihen deutlich stärker Röhrichtbereiche als Jagdhabi- ney und Borkum. Es wird vermutet, dass eine Kon- tate. Gebüschvegetation wurde von beiden Arten in kurrenzsituation zwischen den beiden Arten durch geringem Maße genutzt, insbesondere in den Übergän- eine überlappende Wahl der Jagdhabitate besteht, wo- gen ihrer präferierten Jagdhabitate. durch es zu einer Verdrängung von Kornweihen durch Die Ergebnisse zeigen, dass Unterschiede in der Wahl Rohrweihen kommen könnte. Im Rahmen dieser Un- der Jagdhabitate beider Weihenarten bestehen. Eine tersuchung wurden Habitatpräferenzen jagender potentielle, interspezifische Konkurrenz durch Über- Korn- und Rohrweihen ermittelt. Die Untersuchung schneidung der Jagdhabitate kann als Rückgangsursache ist Teil des Projektes „Kornweihen im Nationalpark des Kornweihenbestandes damit weitgehend ausge- Niedersächsisches Wattenmeer“. schlossen werden. Die Gründe hierfür scheinen viel- In der Brutsaison 2009 wurden von Mai bis Juni Korn- mehr in den fortschreitenden Sukzessionsprozessen auf und Rohrweihen täglich in 3 zweistündigen Beobach- den Inseln aufgrund fehlender Dynamik zu liegen. Dies tungsblöcken (Sonnenaufgang, Tagesmitte, Sonnenun- könnte zu einem geringeren Angebot potentieller Jagd-, tergang) von erhöht liegenden Punkten auf Borkum (5 aber auch Nisthabitate für Kornweihen auf den Ostfrie- Standorte) und Norderney (3 Standorte) beobachtet. sischen Inseln im Nationalpark „Niedersächsisches Dabei wurden die Parameter Datum/Uhrzeit, Art/Alter/ Wattenmeer“ führen. Geschlecht, Habitattyp, über dem der Vogel fliegt sowie die Flugart (jagend, balzend, hochfliegend, kreisend, Literatur Jacobs J 1974. Quantitative measurement of food selection, Streckenflug) aufgenommen. Hinsichtlich der Habitat- Oecologia, 14, 413-417 nutzung der Weihen wurden acht verschiedene Küsten- Common Wadden Sea Secretariat (CWSS) 2008. TMAP habitattypen unterschieden (vgl. TMAP-Vegetations- handbook-TMAP guidelines for an integrated Wadden Sea kartierung 2004 in CWSS 2008). Die Habitatpräferenz Monitoring, version 1.0 364 Themenbereich „Vogelschutz“ • Poster

Seifert N & Becker P (Greifswald, Diekholzen): The quest for the (g)rail. Brutvorkommen des Zwergsumpfhuhns Porzana pusilla in NW-Senegal und Gambia (Westafrika)

Nina Seifert, Vogelwarte Hiddensee, Zoologisches Institut und Museum, Universität Greifswald, Soldmannstrasse 23, 17489 Greifswald; E-Mail: [email protected]

Durch seine heimliche Lebensweise und schwer zu- päischen Langstreckenzieher sind bis heute jedoch gänglichen Habitate gehört das ZwergsumpfhuhnPor - immer noch vollkommen unbekannt. zana pusilla zu den am wenigsten erforschten Brutvö- Im Frühjahr 2007 konnte im “Parc National des Ois­ geln der westlichen Paläarktis. Untergliedert in wenig- eaux du Djoudj” (PNOD) am unteren Senegal eine be- stens 6 Unterarten ist P. pusilla von Europa über Afri- merkenswert große Zahl Zwergsumpfhühner festgestellt ka, Zentral- und Ostasien bis nach Australien verbrei- werden (Flade 2008). Die Art besiedelt dort weitläufige, tet (Taylor 1998). Das Verbreitungsgebiet der Unterart im Verlauf des Winters allmählich austrocknende Gras- P. p. intermedia umfasst vereinzelte Brutvorkommen sümpfe. Die bestandsbildende Vegetation setzt sich zu- in Mittel- und Südeuropa (inkl. Marokko) und er- sammen aus Scirpus, Sporobolus und Eleocharis. streckt sich von Spanien bis nach Ungarn. Zwergsumpf­ Seit Januar 2009 wird dieses Vorkommen im Rahmen hühner im äthiopischen bis ins südliche Afrika werden eines Promotionsprojektes gezielt untersucht. Haupt- als Standvögel angesehen, mittlerweile aber auch P. p. augenmerk liegt u. A. auf der Ermittlung des Status der intermedia zugeordnet (vormals P. p. obscura, Taylor Zwergsumpfhühner im PNOD. 1998, Clements 2007). Die seltenen Nachweise für Von Januar bis März 2009 wurden auf 4 Untersu- W-Afrika südlich der Sahara gelten als überwinternde chungsflächen im PNOD sowie im Rahmen einer Ex- oder durchziehende europäische Brutvögel (Senegal kursion nach Gambia (“Pakali Ba”) Zwergsumpfhühner N=2,16, Mauretanien N=1, Sudan N=2; Roux & Morel mit Prielfallen systematisch gefangen. Die Tiere wurden 1964, Nicolaus 1981, Dowsett & Forbes-Watson 1993, anhand ihres Gefieders in adulte und juvenile Indivi- Flade 2008). Haupt-Überwinterungsgebiete der euro- duen unterschieden (Abb. 1). Das Alter der Jungvögel wurde im Feld grob geschätzt. Eine Alters-Klassifizierung in 10-Tage-Intervalle wurde nachträglich anhand von Photos vorgenommen. Dabei wurden Fortschritt des Handschwingen-Wachstums, Stadien der Kleingefieder-Mauser (Jugend- ins 1. Adult- kleid), Iris-Färbung und Vorhandensein des orangenen Lidring als Kriterien herangezogen. Im gambischen Pakali Ba wurden insgesamt minde- stens 13 Individuen nachgewiesen (inkl. Rufer), darun- ter 2 Familien mit 5 bzw. 3 Jungvögeln mit einem Alter von 4 - 20 Tagen. Im PNOD konnten insgesamt 85 Zwergsumpfhühner gefangen, bzw. > 100 Individuen nachgewiesen (inkl. Rufer). Davon wurden 20 Tiere als adult eingestuft. Mindestens 60 Tiere konnten sicher als “Diesjährige” mit einem Alter zwischen 28 und 83 Tagen angesprochen werden (Abb. 1). Die berechneten Schlupf-Intervalle liegen innerhalb eines Zeitraums von ca. 100 Tagen von Ende Oktober ‘08 bis Anfang Febru- ar ‘09 (Abb. 2). Der Großteil der Individuen schlüpfte vermutlich zwischen dem 26.10 und 25.11.08 (N= 32). Zwei weitere Peaks treten Anfang - Mitte Dezember und Mitte Januar auf. Dies sind die ersten Nachweise für ein Brutvorkom- men des Zwergsumpfhuhns in W-Afrika südlich der Sahara. Brutnachweise (bzw. -verdächte) für P. pusilla lagen bislang nur für Zentral- und Südafrika vor. In weiten Teilen seines afrikanischen Verbreitungsgebiets Abb. 1: Noch nicht flügges Zwergsumpfhuhn, Alter < 40 ist der Status des Zwergsumpfhuhns noch unbekannt Tage. (Urban et al. 1986). Vogelwarte 47 (2009) 365

Erstbrut Zweitbrut

14

12

10

8

6 Individuen 4

2

0 26.10. - 5.11. 6.11 - 15.11. 16.11. - 25.11. 26.11. - 5.12. 6.12. - 15.12. 16.12. - 25.12. 26.12. - 4.1. 5.1. - 14.1. 15.1.- 24.1. 25.1. - 3.2. Schlupf-Intervall

Abb. 2: Anzahl nachgewiesener Individuen des Zwergsumpfhuhns pro zugeordnetem Schlupf-Intervall (10 Tage) zwischen dem 26.10 2008 bis 3.2.2009

Jungvögel sind nach max. 45 Tagen selbstständig Dank. Das Projekt wird von der Erwin-Stresemann- (Taylor 1998). Eine erfolgreiche zweite Brut ist für Förderung der DO-G unterstützt. N. Seifert wird durch P. pusilla in Senegambia demnach möglich. Die mehr- ein Promotions-Stipendium des Evangelischen Studi- gipflige Verteilung der Altersklassen unterstützt diese enwerks Villigst e.V. gefördert. Annahme. Die ausgesprochen große Zahl an Nachweisen deutet Literatur darauf hin, dass P. pusilla im westlichen Afrika häufiger Clements J 2007: The Clements Checklist of Birds of the World. 6th Edition, Cornell University Press, Ithaca sein könnte als bisher vermutet. Feuchtgebiete ähnlicher Cramp, S & KEL Simmons (eds) 1980: The birds of the Western Ausprägung finden sich z.B. im inneren Niger-Delta, Palaearctic, Vol. 2 Mali. Beobachtungen von P. pusilla liegen für weitere Dowsett RJ & A Forbes-Watson 1993: Checklist of the Birds Gebiete im Sahel, bzw. W-Afrika jedoch noch nicht, of the Afrotropical and the Malagasy regions, Vol. 1, Liège, bzw. in sehr geringer Zahl vor. Tauraco Press Eine deutliche Abnutzung des Gefieders (> 6 Monate Flade, M 2008: Searching for wintering sites of the Aquatic alt) konnte bei 10 adulten bzw. subadulten Individuen Warbler Acrocephalus paludicola in Senegal, 17th January beobachtet werden. Die große Variation innerhalb to 10th February 2007. Final Report (unveröff. Bericht). gemessener Körpermaße und Färbung des Gefieders Nikolaus G 1981: Birds of South Sudan. Scopus Special Sup- könnte ebenfalls darauf hindeuten, dass die Populati- plement No.3 Roux F & G Morel 1964: Le Sénegal, région privilegée pour on im PNOD neben afrikanischen Brutvögeln auch les migrateurs paléarctiques. Ostrich 6 (Suppl.). 249-254 eine kleine Zahl europäischer Wintergäste umfasst. Taylor, B & B van Perlo (1998): Rails. A guide to the Rails, Um eine sichere Aussage über die Herkunft der Zwerg- Crakes, Gallinules and Coots of the World. Pica Press, Sus- sumpfhühner treffen zu können, werden Methoden sex wie die Analyse Stabiler Isotopen und Mikrosatelliten Urban, E, Fry, CH & Stuart K (1986) The Birds of Africa. Vol. angewandt werden. 2, Academic Press, London 366 Themenbereich „Feldornithologie“ • Vorträge

Themenbereich „Feldornithologie“

• Vorträge

Gottschalk TK & Spiegel M (Gießen): Liefert Distance Sampling genauere Abundanzwerte? – Ergebnisse aus einer Vergleichsstudie

Thomas Gottschalk, Justus-Liebig-Universität Gießen, Institut für Tierökologie, Heinrich-Buff-Ring 26-32, 35392 Giessen, E-Mail: Email: [email protected]

Distance Sampling (DS) stellt eine vergleichsweise neue denen einer Revierkartierung vergleichen. Bisherige Ver- Erfassungsmethode zur Ermittlung von Siedlungsdich- gleichsuntersuchungen beschränken sich auf wenige ten dar (Buckland et al. 2001). Die Methode spielt in- Gebiete und Arten (Buckland 2006, Gillings et al. 1998, ternational eine zunehmende Rolle, wurde aber im Raman 2003). Ziel der im Jahr 2006 und 2008 durchge- Gegensatz zur Revierkartierung bisher selten in führten Untersuchung war es deshalb, jeweils die Abun- Deutschland eingesetzt. Die Grundidee bei DS ist, die danzen sowohl mit DS als auch der Revierkartierung in unterschiedliche Erfassbarkeit der verschiedenen Vo- verschiedenen Habitaten standardisiert zu erfassen und gelarten durch die Berücksichtigung der Entdeckungs- zu vergleichen. Aus diesem Grund wurden mit beiden wahrscheinlichkeit jeder Art auszugleichen. Hierbei Methoden während acht Begehungen die Brutvögel auf wird deshalb die Entfernung zwischen Beobachter und vier 25 ha großen Untersuchungsgebieten (Offenland, dem zu erfassenden Vogel geschätzt oder gemessen mit Halboffenland, Laubwald und Nadelwald) im Hohen deren Hilfe eine artspezifische Entdeckungswahrschein- Vogelsberg (Mittelhessen) erfasst. Bei der Revierkartie- lichkeitskurve (detection curve) berechnet wird und die rung wurde ein Revier nur dann als solches gezählt, wenn dazu dient, die Abundanzwerte zu korrigieren. Bisher mindestens zwei Registrierungen der Art erfolgten. gibt es kaum Vergleichsstudien, die Ergebnisse von DS Die Erfassungswahrscheinlichkeit von Vögeln unter- basierend auf einer Punkt-Stopp Erfassung und mit schied sich deutlich zwischen den vier untersuchten

1,0 Ringeltaube 0,9 Amsel Zilpzalp 0,8 Buch nk Rotkehlchen 0,7 Kohlmeise Wintergoldhähnchen 0,6 Sommergoldhähnchen 0,5

0,4

0,3 Erfassungswahrscheinlichkeit

0,2

0,1

0 0 12,5 25 37,5 50 62,5 75 87,5 100 112,5 125 137,5 150 Distanz [m] Abb.1: Erfassungswahrscheinlichkeit von acht ausgewählten Vogelarten im Nadelwald in Abhängigkeit von der Distanz zum Beobachter (Hoherodskopf, Hessen). Vogelwarte 47 (2009) 367

Lebensräumen und zwischen den einzelnen Arten (Abb. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass die 1). So betrug der effektive Erfassungsradius (EDR) bei willkürliche Festlegung der Mindestanzahl von zwei dem Individuen einer Art mit einer fünfzigprozentigen Registrierungen bei acht Begehungen bei der Revierkar- Wahrscheinlichkeit erfasst werden beispielsweise im tierung nicht gerechtfertig ist. Eher empfiehlt sich ein Laubwald im Mittel 83m und im Halboffenland im Mit- artspezifisches Vorgehen unter Berücksichtigung der tel 137m. Bei den Vögeln schwankte die Erfassungs- Erfassungswahrscheinlichkeit. DS bietet den klaren wahrscheinlichkeit von leicht erfassbaren Arten wie Vorteil Unterschiede in der Erfassbarkeit den Arten zu dem Baumpieper Anthus trivialis (EDR = 150m) bis berücksichtigen und zudem zu jeder berechneten Ab- zum schwerer erfassbaren Sommergoldhähnchen Re- undanz Konfidenzintervalle und den jeweiligen Fehler gulus ignicapillus (DER = 29m). Der Vergleich von 22 zu liefern. Ein weiterer Vorteil von DS ist der geringere ermittelten Abundanzwerten von 15 Vogelarten zeigte, Zeitaufwand gegenüber der Revierkartierung. Die Nut- dass die mit DS berechneten Werte im Durchschnitt zung von DS bleibt allerdings für seltenere Arten ein- 21% kleiner waren. Arten mit einer geringen Erfas- geschränkt, da ca. 60 Registrierungen je Art notwendig sungswahrscheinlichkeit (Sommer- und Wintergold- sind, um die jeweilige Erfassungswahrscheinlichkeiten hähnchen Regulus regulus) wurden dagegen mit Hilfe und die Abundanzen berechen zu können. der Revierkartierung deutlich unterschätzt. Eine beson- dere Rolle für diesen Unterschied kommt der Mindestan- Literatur zahl notwendiger Registrierungen zur Zählung eines Buckland ST 2006: Point transect surveys for songbirds: robust Reviers bei der Revierkartierung zu. So wurde festgestellt, methodologies. Auk 123: 345-357. dass sich die ermittelte Abundanz in Durchschnitt von Buckland ST, Anderson DR, Burnham, KP, Laake J-L, Boch- 8,8 Revieren/10 ha bei zwei notwendigen Registrierungen ers DL & Thomas L 2001: Introduction to Distance Sam- zur Zählung eines Reviers auf 5,1 Revieren/10 ha bei fünf pling: estimating abundance of biological populations. Oxford University Press, New York. Registrierungen reduziert. Abundanzen, die mit Hilfe der Gillings S, Fuller RJ & Henderson ACB 1998: Avian com- Revierkartierung ermittelt wurden und auf zwei oder drei munity composition and patterns of bird distribution Mindestregistrierungen für ein Revier basieren, unter- within birch-heath mosaics in north-east Scotland. Ornis schieden sich signifikant von den mit DS ermittelten Fennica 75: 27-37. Abundanzen. Bei vier oder fünf notwendigen Registrie- Raman TRS 2003: Assessment of census techniques for inter- rungen zur Zählung eines Reviers waren die Unterschiede specific comparisons of tropical rainforest bird densities: a nicht mehr signifikant. field evaluation in the Western Ghats, India. Ibis 145:9-21.

Schütz C & Schulze CH (Wien/Österreich): Sicherungs- und Nahrungsaufnahmeverhalten von Kampfläufern Philomachus pugnax im Seewinkel während des Frühjahrszuges

Claudia Schütz, Pezzlgasse 47, 1170 Wien, Österreich, E-Mail: [email protected]

Eine Vielzahl von Studien konnte zeigen, dass sich so- und Darscho) in den Monaten April und Mai 2008 do- wohl die Aufmerksamkeit als auch die Effizienz der kumentiert. Insgesamt wurden 681 Filmsequenzen (je Nahrungsaufnahme bei sozial furagierenden Vögeln in 30 Sekunden) ausgewertet. Die beiden Verhaltenspara- Abhängigkeit von der Truppgröße ändert. Häufig fan- meter Sicherungs- und Pickrate waren nicht korreliert. den dabei jedoch andere potentiell wichtige Faktoren, Um Effekte der einzelnen Prädiktorvariablen auf die die einzelne Komponenten des Furagierverhaltens be- beiden Verhaltenskomponenten zu analysieren, wurden einflussen können, keine Berücksichtigung. Die vorlie- Verallgemeinerte Lineare Modelle (VLMs) für alle Va- gende Studie testete, inwieweit – neben der Truppgröße riablen und alle möglichen Kombinationen davon be- – die Variablen Standort, Nahrungshabitat, Vegetati- rechnet. Die Modelle wurden anhand ihrer über Akai- onsbedeckung, Windstärke, Bewölkung, Datum und kes Informationskriterium quantifizierten Anpassungs- Tageszeit Auswirkungen auf Sicherungs- und Nah- güte gereiht. Dabei zeigte sich ein deutlicher Effekt der rungsaufnahmerate furagierender Kampfläufer Philo- Variablen Standort, Nahrungshabitat und Truppgröße machus pugnax während des Frühjahrszuges im See- auf die Sicherungsrate. Alle drei Variablen waren in den winkel, einem wichtigen Rastplatz für Limikolen in 12 besten VLMs enthalten und hatten einen signifi- Ostösterreich, haben. Das Verhalten der Kampfläufer kanten Einfluss (Wald-Statistik) auf die Sicherungsrate wurde mit Hilfe von Videoaufnahmen an vier Lacken von Kampfläufern. Neben lackenspezifischen Unter- (Oberer Stinkersee, Illmitzer Zicklacke, Neubruchlacke schieden in der Sicherungsrate, zeigten an Land fura- 368 Themenbereich „Feldornithologie“ • Vorträge

1,6 cherungsrate beeinflussen. An stark frequentierten La- cken wie dem Darscho, direkt an einer Hauptstraße und 1,4 einem Radweg gelegen, waren Kampfläufer aufmerk- samer als zum Beispiel an der vergleichsweise abgele-

) genen Neubruchlacke. t e 1,2 a

r Unterschiede zwischen den Lacken hinsichtlich Nah- s rungsverfügbarkeit sowie Intensität und Häufigkeit ung r 1,0 anthropogener Störungen können zu Änderungen im he c

i Furagierverhalten der Kampfläufer führen. Damit wird S

( 0,8

n die Notwendigkeit an Inlandrastplätzen wie dem See- l winkel ein möglichst umfangreiches Netzwerk an Nah- 0,6 rungshabitaten zu erhalten unterstrichen. Nur dann sind Kampfläufer in der Lage auf tages- und jahreszeit- 0,4 liche Veränderungen der Qualität der Nahrungshabitate 1-5 >5-10 >10-15 >15-20 >20-25 >25 adäquat zu reagieren und die Effizienz der Nahrungs- Truppgröße [Individuenzahl] aufnahme zu optimieren. Dies ist eine wichtige Voraus- setzung für ein schnelles Auffüllen der für den Weiter- Abb. 1: Mittlere Sicherungsrate (ln-transformiert) pro 30 zug wichtigen Fettreserven. Sekunden ± 95 % Vertrauensbereich furagierender Kampf- Obwohl mit dieser Studie die Bedeutung extrinsischer läufer bei unterschiedlicher Truppgröße. Faktoren wie Standort oder Windstärke auf das Fura- gierverhalten unterstrichen wird, zeigen unsere multi- variaten Analysen erneut die wichtige Bedeutung der gierende Kampfläufer eine höhere Sicherungsrate als Truppgröße zur Erklärung von Unterschieden im Si- im Wasser Nahrung suchende Vögel. Truppgröße hatte cherungsverhalten von Vögeln auf. Einzeln oder in einen negativen Effekt auf die Sicherungsrate. Unter- kleinen Trupps (bis 5 Individuen) furagierende Kampf- schiede in Pickraten waren am besten durch die Variab­ läufer mussten deutlich mehr in Sichern investieren als len Standort, Windstärke und Datum erklärbar. Neben Vögel in größeren Trupps (Abb. 1). Die Nahrungssuche lackenspezifischen Unterschieden in der Pickrate zeigte in Gruppen scheint also auch bei Kampfläufern an Bin- sich ein Anstieg der Pickrate mit zunehmender Wind- nenlandrastplätzen auf dem Frühjahrszug mit direkten stärke und fortschreitender Saison. Vorteilen für das Einzelindividuum verbunden zu sein, Unsere Studie belegt, dass das Verhalten von Kampf- eventuell durch ein schnelleres Erkennen von Präda- läufern während der Nahrungssuche maßgeblich von toren durch die größere Anzahl an wachsamen Augen den Variablen Standort, Nahrungshabitat, Datum und („many eyes hypothesis“, Pulliam 1973). Witterung beeinflusst wird. Sowohl Pickrate als auch Sicherungsrate zeigten deutliche Unterschiede zwischen Literatur den einzelnen Standorten. Pickraten-Unterschiede zwi- Pulliam HR 1973: On the advantages of flocking. Journal of schen Standorten könnten auf räumliche und/oder Theoretical Biology 38: 419-422. zeitliche lackenspezifische Unterschiede in der Nah- Wolfram G, Donabaum K, Schagerl M & Kowarc VA 1999: The zoobenthic community of salt pans in Austria – pre- rungsverfügbarkeit hinweisen (Wolfram et al. 1999). liminary results on phenology and the impact of salinity Auch dass die einzelnen Lacken verschieden stark on benthic invertebrates. Hydrobiologia 408/409: 193- menschlichen Störungen ausgesetzt sind, kann die Si- 202.

Edelbacher K (Wien/Österreich): Altersbestimmung beim Kaiseradler Aquila heliaca

Konrad Edelbacher; E-Mail: [email protected]

Der Kaiseradler als langsam mausernde, große Adler- Immaturkleider nicht klar gegeneinander abgrenzen art benötigt sechs Jahre, bis die Umfärbung vom lassen, hat sich dank verbesserter Kenntnis der Mau- „semmelfarbenen“ Juvenilkleid bis zum fast gänzlich sersequenzen gezeigt, dass es bis zu einem gewissen schwarzen ad. Kleid vollzogen ist. War man noch vor Grad doch möglich ist, das Alter der Vögel zu bestim- etwa 20 Jahren der Meinung, dass sich die diversen men. Vogelwarte 47 (2009) 369

Probst R, Malle G, Muraoka Y & Derbuch G (Feldkirchen, Klagenfurt, Wien, Graz/Österreich): Artenschutzprojekt Zwergohreule 2007-2013

Remo Probst, Dr. G. H. Neckheim-Straße 18/3, 9560 Feldkirchen, Österreich, E-Mail: [email protected]

Die Zwergohreule Otus scops hat in Kärnten mit rund gierten Vereinen, Firmen und öffentlichen Dienststellen 20 Brutpaaren ihr einzig verbliebenes Restvorkommen aus den verschiedensten Fachbereichen ein ausgezeich- innerhalb der österreichischen Alpen. Seit der Mitte des netes Beispiel für vernetzten Naturschutz darstellt. Die vergangenen Jahrhunderts, als die Art noch ein regel- Basis bilden ein Artmonitoring im erweiterten Brutge- mäßig verbreiteter Brutvogel der Tieflagen Kärntens mit biet und die Beringung der Vögel. Durch das Ausbrin- Vorkommen im Klagenfurter Becken, Gurktal, Lavant- gen von Nistkästen einerseits und das Pflanzen auto- tal, Gail- und Drautal war, erfolgte ein dramatischer chthoner Hochstamm-Obstbäume andererseits soll das Bestandsrückgang bis auf diese kleine Restpopulation. Brutplatzangebot kurz- bis langfristig gesichert werden. Die Art ist daher akut vom Aussterben bedroht, ver- Die umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit inkludiert etwa bunden mit einem zunehmenden Verlust extensiv be- die Betreuung des „Naturlehrpfades Zwergohreule“ wirtschafteter Kulturlandschaftsformen wie Streuobst- sowie zahlreiche Veranstaltungen, die zu einer guten wiesen, Trockenrasen, Hecken- und Saumbereiche. Da Akzeptanz der Art in der Bevölkerung geführt haben. die Lebensraumumwandlung bzw. -zerstörung weiter Erste Forschungsschwerpunkte beinhalten Abundanz- voranschreitet, müssen zum besseren Schutz der Art vergleiche wichtiger Beutetiere (insbesondere von Laub- fundierte Kenntnisse zur Biologie vorliegen. Im Vortrag heuschrecken) in Zwergohreulen-Lebensräumen und werden Forschungsansätze und erste Erkenntnisse zu auf Kontrollflächen sowie Nahrungsanalysen anhand dieser Thematik aus Kärnten vorgestellt. Diese sind von von Infrarot-Videoaufnahmen aus Nistkästen. Ein aus- mehreren Projektpartnern gewonnen und integrativ führlicherer Beitrag zu diesem Thema erwartet Sie in ausgewertet worden, wobei die Teilnahme von enga- einer der nächsten Ausgaben der Vogelwarte.

• Poster

Fink S, Böhm C & Landmann A (Innsbruck/Österreich): Kleingewässer in der Agrarwüste: Bedeutung für Vögel im Tages- und Jahresablauf

Armin Landmann, Institut für Naturkunde & Ökologie, Karl Kapfererstr. 3, 6020 Innsbruck, Österreich, E-Mail: ar- [email protected]

Langjährige Beobachtungsreihen in Teich- & Feucht- hölze). Dabei wollen wir v.a. folgende Fragen klären: gebieten der Tiroler Inntals (Gstader & Myrbach 1986, 1. Unterscheiden sich verschiedene Kleingewässer und Gstader 1991) haben die grundsätzliche Bedeutung Extensivstrukturen in der Feldlandschaft in ihrer At- derartiger Extensivflächen in der dort heute durchge- traktivität für Vögel? hend intensiv genutzten Kulturlandschaft v.a. als Rast- 2. Differiert die Nutzung der Kleingewässer durch Vö- plätze für Zugvögel gezeigt. gel im Tages- und Jahresverlauf? Derartige Inselstrukturen sollten aber wegen ihres 3. Welche Strukturen (Straten) an den Gewässern wer- Kleinklimas, ihrer Produktivität und Ressourcenvielfalt den von welchen Arten wie genutzt? auch für lokale Vögel ganzjährig besonders attraktiv Seit Mitte März 2009 werden an fünf Kleingewässern sein. In der von Ackerbau, Intensivgründlandwirtschaft und drei „trockenen“ Kontrollstandorten in 14-tägigem und Zersiedlung dominierten Agrarlandschaft östlich Abstand am Morgen bis frühen Vormittag Punktaxie- von Innsbruck gibt es kaum mehr naturnahe Flächen rungen (r = 50 m; Dauer: 15 min) und unmittelbar an und Kleingewässer. In einer noch laufenden Untersu- den fünf Teichen jeweils einstündige Planbeobach- chung prüfen wir dort die Vogelnutzung unterschiedlich tungen am frühen Morgen, Mittag und Abend durch- strukturierter Kleingewässer sowie angrenzender, ex- geführt. Zusätzlich haben wir im Bereich von drei tensiv genutzter „Trockenflächen“ (Böschungen, Ge- Teichen und einem Trockenstandort von April bis Juni 370 Themenbereich „Feldornithologie“ • Poster

3,0 Abb.1: Tageszeitliche Unterschiede in der Nut- zung von Kleingewässern (ohne Ufergehölze) n = 205 187 226 durch Kleinvögel in der Agrarlandschaft bei 2,5 ** * Thaur östlich von Innsbruck, Tirol. a) Schwerpunkte des Besuchs der Gewässer durch Vertreter verschiedener Gilden (Mehl- & Rauch- 2,0 schwalbe; Granivore: Buchfink, Grünfink, Stieg- litz, Feld- & Hausspatz, Goldammer). 1,5

1,0 Aufenthaltsdauer (Klassen) 0,5

Morgen Mittag Abend

Amsel (n = 53) 50 Wacholderdrossel (n = 55) b) Aufenthaltsdauer direkt im Wasserbereich Schwalben (n =124) (Mittelwerte aus n Beobachtungen aller Arten an Granivore, 6 spp. (n = 92) 5 Teichen). Die Aufenthaltsdauer wurde in 4 Zeit- 40 klassen abgeschätzt: 0.5 = < 15 sec, 1 = 15-30 sec, 2 = 30-60 sec, 3 = > 60 sec.

30

20

10 Beobachtungen am Wasser (%)

Morgen Mittag Abend den lokalen Brutvogelbestand mittels Revierkartierung Vögel relativ attraktiver als im März und April und erhoben. Die nachstehenden, vorläufigen Befunde be- sind im Juni und Juli abends stärker frequentiert als ziehen sich auf den Frühjahrszug und die Brutsaison am Morgen und Mittag. (Mitte März bis Mitte Juli). 3. Diurnalität: Intensität, Dauer und Art der Nutzung der Kleingewässer durch Vögel variieren tageszeit- Ergebnisse lich. Unterschiede zwischen Arten & Gilden (Abb. 1. Vogelvielfalt: Um die Standorte brüteten 2009 etwa 1a) dürften u.a. mit Konkurrenzbeziehungen, der 25 Arten; 50 Vogelarten wurden bisher insgesamt Nahrungsökologie und lokalen Besonderheiten festgestellt. Die Attraktivität für Vögel wird dabei (z. B. Störungen, Status) zusammenhängen. Die fest- nicht einfach nur vom Wasserangebot bestimmt, gestellten generellen tageszeitlichen (und saisona- denn Bereiche um stärker anthropogen genutzte len) Schwankungen der Aufenthaltsdauer (Abb. 1b) bzw. gestörte Teiche weisen geringere Artenzahlen, und der Stratennutzung dürften u.a. vom Kleinkli- Vogeldichten und weniger Arten die regelmäßig ma, den Aktivitätsrhythmen von Beutetieren und auftreten (Frequenz > 25%) auf, als strukturreiche, von den Anforderungen des lokalen Brutgeschehens „trockene“ Kontrollstandorte. mit bestimmt werden. 2. Saisonalität: Die Vogeldichten und Artenzahlen schwanken an den Teichen saisonal nur mäßig, wa- Literatur ren also zur Zeit des Frühjahrszuges nur unwesent- Gstader W & Myrbach H 1986: Die Vogelwelt eines Teiches lich höher als während der späteren Brutzeit. Die bei Inzing/Tirol. Monticola 5, 101-212. Gewässer und Uferzonen sind aber im späteren Gstader W 1991: Zur Vogelwelt des Arzler Kalvarienbergs - Frühjahr (ab Ende Mai) offenbar v.a. am Abend für Innsbruck/Tirol. Monticola 6 (Sh.), 1-90. Vogelwarte 47 (2009) 371

• Abendvorträge

Klemun M (Wien/Österreich): Alpen - Blick, kognitive Erschließung und Wissen im 18. Jahrhundert

Marianne Klemun; E-Mail: [email protected]

Von den Felsen der Alpen hallt das Echo wider und turlandschaft interessant. Wie dieser Prozess im Herzen dieses hat sich in den letzten drei Jahrhunderten deut- der „Alpen“ durch reisende Eliten und Naturforscher lich gewandelt. Mit den Alpen wird heute vieles asso- gestaltet wurde, war Gegenstand des Vortrages. Die Sucht ziiert, neben Edelweiß und Loden eine unverwechsel- der reisenden Botaniker, Ornithologen und Mineralogen bare Natur, deren Konturen allerdings erst im 18. Jahr- nach Entdeckungen im Naturreich ging einher mit der hundert in jene Richtung gezeichnet wurden, wie wir Erschließung der Alpen und ihrer Definition. 181.489 sie uns heute denken. Deshalb war dieser Vortrag vor- Quadratkilometer umfasst heute jene Entität, deren Be- nehmlich dem 18. Jahrhundert gewidmet, in dem ent- stimmung zunächst über moralische Kriterien als Zu- scheidende Stereotype und Wissensbestände geprägt schreibung einer genügsamen und glücklichen Alpen- wurden. Der Blick auf die Alpen ist immer durch kul- bevölkerung begann und mit den ersten Gipfelerstür- turelle Dispositionen bestimmt, und die Wildnis wird mungen im Dienste der Wissenschaft endete. Mit den im 18. Jahrhundert nicht mehr als bedrohlich empfun- Großglocknerbesteigungen erlebte diese von Naturfor- den, sondern zunehmend als Gegenentwurf zur dome- schern geprägte Phase ihren ersten Höhepunkt, der Tou- stizierten Natur und zivilisatorisch überformten Kul- rismus folgte diesen ersten Schritten auf dem Fuß.

Winkler H (Wien/Österreich): Ein Streifzug durch die österreichische Ornithologie

Hans Winkler; E-Mail: [email protected]

Die Entwicklung der österreichischen Ornithologie ver- Nach seinem Tod verlor die österreichische Ornithologie lief ebenso turbulent und bunt wie die Geschichte des an Schwung und versank Anfang des 20. Jahrhunderts Landes. Die erste Phase dieser Entwicklung war von der zunächst in Bedeutungslosigkeit. Das war allerdings Beschäftigung mit gekäfigten Vögeln bestimmt und -er gleichzeitig das Goldene Zeitalter der österreichischen brachte frühe Erkenntnisse zur Fortpflanzungsbiologie Wissenschaft, geprägt von Persönlichkeiten wie Wittgen- und Verhaltensentwicklung. In der Zeit der Entdeckungs- stein, Schrödinger und nicht zuletzt Konrad Lorenz. reisen im 19. Jahrhundert schwärmten auch Österreicher Seine Beziehungen zur deutschen Ornithologie und den und Österreicherinnen in alle Welt aus, um Vögel zu Ornithologen der Nachkriegsgeneration schließen den sammeln. Diese Periode war mit Namen wie J. Natterer historischen Teil dieses Vortrags ab. Anschließend gab (Brasilien), A. Reischek (Neuseeland) und I. Pfeiffer (Ma- ich einen Überblick über die Forschungsthemen, die dagaskar) verbunden. Gegen Ende dieses Jahrhunderts heute von Ornithologen in Österreich an verschiedenen bahnten sich nicht nur tiefgreifende politische Umwäl- Institutionen bearbeitet werden. Danach sprach ich kurz zungen an, sondern auch ein Umdenken bei den Orni- Probleme des Vogelschutzes an und erläutere einige dies- thologen, die begannen, sich mehr und mehr vom Sam- bezügliche österreichische Eigenheiten. Die besondere meln auf das Beobachten zu verlegen. Der schillernde Vielfalt an Landschaftstypen und ihre Vogelfauna sollte Repräsentant dieser Entwicklung war Kronprinz Rudolf. abschließend gewürdigt werden. 372 Themenbereich „Feldornithologie“ • Abendvorträge

Kinzelbach R (Rostock): Die Vögel im Falkenbuch von Kaiser Friedrich II. (1194-1250)

Ragnar Kinzelbach, A&S Zoologie, Universitätsplatz 2, 18055 Rostock; E-Mail: [email protected]

Das berühmte Falkenbuch des Kaisers Friedrich II. von ortskundigen Konkurrenten Darwins, werden die Aru- Hohenstaufen (1194-1250) „De arte venandi cum avibus“ Inseln, die legendären „Wakwak“-Inseln, als Herkunfts- („Von der Kunst mit Vögeln zu jagen“) blieb nur als Ko- gebiet dieser Information identifiziert, durch Erklärung pie für seinen Sohn, König Manfred, fragmentarisch ihres bei arabischen Händlern (Kampfer, Gold, Vögel) erhalten (Cod. Vat. Ms. Pal. Lat. 1071). Es ist in der um- im 12. und 13. Jahrhundert geläufigen Namens: Sie waren fangreichen Sekundärliteratur hinsichtlich seines orni- benannt nach dem charakteristischen, lauten und häufig thologischen Inhalts noch nicht zusammenfassend und vorgetragenen Ruf des Großen Paradiesvogels, der nur konsequent wissenschaftlich ausgewertet worden. Der dort und in einem Teilgebiet Neuguineas vorkommt. Ihre Kodex erlaubt, obwohl er sich ganz überwiegend mit genaue Lage wurde aus handelstaktischen Gründen nicht allgemeinen Themen der Ornithologie und mit der Falk- preisgegeben, doch tritt der Namen in der richtigen ge- nerei befasst, die Identifikation von über 120 Vogelarten ographischen Position bereits auf der Weltkarte des al- für das südliche Italien in der ersten Hälfte des 13. Jahr- Idrisi von 1154 am sizilianischen Hof auf. hunderts. Die Beizvögel und ihre vielfältige Beute werden Die Bestimmung der Vögel des Falkenbuchs wird in gleichartiger Weise vorgestellt. Es lassen sich, wie für ermöglicht durch die von Friedrich angestrebte Eigen- das Hochmittelalter an keiner anderen Stelle, faunistische ständigkeit, die ausdrücklich (zumindest weitgehend) Datensätze gewinnen, in denen jeweils einer biologischen auf den Gebrauch früherer Werke verzichtet. Die Ab- Art ein Ort (das nördliche Apulien um Lucera) und eine bildungen sind unter der Aufsicht des Autors entstanden Zeit (1212-1240 bzw. 1248) zugeordnet werden können. und daher weder den zeitgenössischen stilistischen Ei- Zu den kolorierten Zeichnungen, Marginalien, kann zu- genarten unterworfen noch an den zeitgenössischen sätzliche Information treten. Der Text und die ebenfalls Artenkanon gebunden (z. B. Physiologus, Bestiarien, oft eigenständige Nomenklatur stützen erheblich die Altarbilder). Sie stellen durch eigene Sichtung („Autop- Artbestimmung nach den Bildern. sie“) gewonnene Dokumente dar. Sie stehen am Anfang Hinzu kommen Angaben aus Mittel- und Nordeur- der hoch entwickelten Vogelmalerei der Renaissance. opa. In Text und z. T. Bild Raufußhühner und Eideren- Die Daten können in Zeitreihen oder historischen te, als lebende Stücke in der Menagerie Bartkauz und Arealkarten mit Material aus anderen Zeiten und Re- Gerfalke. Eine besondere Gruppe bilden die Arten, die gionen abgeglichen werden. Dabei ergeben sich für etwa entweder materiell oder als Information aus Ägypten 20 Arten signifikante Unterschiede zur bisherigen über den ayubidischen Sultan Malik al-Kâmil (1190- Kenntnis. Unter dem modernen Aspekt der Umweltge- 1238) in Kairo bzw. seinen mit Friedrich befreundeten schichte gewinnt das Falkenbuch somit einen neuen Gesandten Emir Fakhr ed-Din (1172-1250) zwischen1225 Wert als Quelle. Dieser geht über den kulturgeschicht- und 1228 an den Hof in Palermo gelangten. In Parkhal- lichen Gehalt des Werks und über die zwar erstaunlich tung treten Halsbandsittich, Rosapelikan und Strauß aus richtigen, für die moderne Wissenschaft jedoch nicht Ägypten auf. Information als Bild oder knappe Beschrei- mehr originellen Aussagen zur allgemeinen Biologie bung liegt vor über den Sekretär, den Heiligen Ibis, und Ökologie der Vögel weit hinaus. Schneekranich, Nilgans, Perlhuhn und über den Großen Literatur Paradiesvogel. Der Halsbandfrankolin wurde in Apulien, Kinzelbach R 2008a: Kaiser Friedrich II. De arte venandi cum früher schon in Sizilien ausgewildert. avibus. Die Arten der Vögel. - S. 268-299. In: Mamoun Fan- Den Höhepunkt der Exoten bildet ein lebender Gelb- sa und Karen Ermete (Herausgeber). Kaiser Friedrich II. haubenkadaku Cacatua galerita aus der australischen (1194-1250). Welt und Kultur des Mittelmeerraumes. Be- Region (Aru oder Australien), der viermal abgebildet und gleitband zur Sonderausstellung im Landesmuseum Natur im Text mehrfach kommentiert ist. Zweifel an der Be- und Mensch Oldenburg. 544 S., Mainz. stimmung wurden ausgeräumt durch eine neu entdeckte, Kinzelbach R 2008b: Modi auium – Die Vogelarten im Fal- vorzügliche Abbildung aus dem 16. Jahrhundert, die nach kenbuch des Kaisers Friedrich II. - S. 62-135. In: Mamoun einer zeitgenössischen Notiz auf das völlig verloren ge- Fansa & Carsten Ritzau (Herausgeber). Von der Kunst mit Vögeln zu jagen. Das Falkenbuch Friedrichs II. - Kulturge- glaubte Original Friedrichs zurückgeht. Sie wird in die- schichte und Ornithologie. Begleitband zur Sonderausstel- sem Kontext hier erstmals öffentlich vorgestellt. lung im Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg. Aus dem gleichen biogeographischen Gebiet stam- 160 S., Mainz. men Angaben über den Großen Paradiesvogel Paradi- Walz D & Willemsen CA 2000: Das Falkenbuch Friedrichs II saea apoda, über die fast gleichzeitig auch Albertus Cod. Lat. Pal. der Bibliotheca Apostolica Vaticana mit Kom- Magnus verfügte. Mit A. R. Wallace (1823-1913), dem mentar. Graz. Vogelwarte Aktuell Nachrichten aus der Ornithologie

Aus der DO-G

■■Preise 2009

Die Deutsche Ornithologen-Gesellschaft hat anläss- Da heute Vogelschutz immer mehr die Verhältnisse lich ihrer 142. Jahresversammlung 2009 in Pörtschach/ in den Überwinterungsgebieten einbezieht, konnte er Österreich zwei Preise verliehen: sich auch hier, wie etwa bei den Bemühungen um den Herr Dr. Volker Salewski erhielt den diesjährigen Hans Seggenrohrsänger, wesentlich einbringen. Löhrl-Preis für seine Untersuchungen zur Ökologie Herr Dr. Martin Päckert erhielt den Maria-Koepcke- von Zugvögeln. Preis für seine Verdienste um die Kombination von Herr Dr. Salewski lieferte sowohl mit Arbeiten zu spezi- Museumsarbeit und Feldornithologie. Unter dem Motto fischen Problemen, als auch durch Übersichten, wichtige „Aus der Sammlung ins Labor“ erweitert er das klassische Beiträge zum besseren Verständnis des paläarktisch-afri- morphologische Methodenspektrum in der Museumsor- kanischen Vogelzugsystems. Seine feldornithologischen nithologie um moleku- Untersuchungen im Überwinterungsgebiet und entlang lare Analysen und er- der Wanderrouten paläarktischer Zugvögel trugen we- gänzt diese mit feldor- sentlich zur kritischen Bewertung von Theorien über die nithologischer Arbeit. Habitatnutzung von Langstreckenziehern im Überwinte- Mit diesem modernen rungsgebiet bei. Sie enthalten außerdem erste detaillierte Ansatz knüpft er an Angaben über die Nischenaufteilung zwischen Zugvö- die Arbeiten seines geln und tropischen Lehrers, Prof. Jochen Standvögeln. Seine Be- Martens, an, den er obachtungen zeigten ausbaut und um neue z.B., dass Fitisse und statistische Verfahren Trauerschnäpper dabei erweitert. Dr. Martin ganz unterschiedliche Päckert beweist mit Strategien verfolgen. dieser Methodenviel- Seine reiche Erfah- falt, dass Molekularge- rung erlaubte es ihm netik, Feldornithologie schließlich metho- und Museumsorni- denkritische Arbeiten thologie in wechselseitigem Nutzen zu einander stehen. zu verfassen und auf Durch die Kombination von genetischem Material aus Lücken in unserem Sammlungen und modernen Methoden eröffnen sich Wissen über die Öko- neue Möglichkeiten und Wege, evolutionäre Verände- logie von Zugvögeln rungen direkt zu untersuchen. Dieser Einsatz verschie- im Winterquartier dener unabhängiger Merkmalskomplexe hat sich in der hinzuweisen. Speziell ornithologischen Systematik bereits bewährt. So konnte warnte er vor übereilten Verallgemeinerungen und wies die „Mainzer Arbeitsgruppe“ zu der auch Herr Päckert auf die Notwendigkeit hin, zunächst die wichtigen As- gehörte, durch dieses Verfahren einige kryptische Arten pekte wie Habitatnutzung und Mauser jeder Art einzeln aufdecken und neu beschreiben. Seine Kenntnisse und zu untersuchen. die Methodenvielfalt wendet Herr Päckert auch an seiner Er setzte sich außerdem kritisch mit theoretischen neuen Arbeitsstelle am Museum für Tierkunde an und Problemen auseinander und entwickelte neue Vorstel- wird so zum Multiplikator einer bewährten Tradition. lungen über die Evolution des Vogelzugs. Prof. Dr. Franz Bairlein, Präsident 374 Aus der DO-G

Satzung der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft e. V.*

§ 1 Name und Sitz Der Verein führt den Namen „Deutsche Ornithologen-Gesellschaft, eingetragener Verein“. Er hat seinen Sitz in D-78302 Radolfzell. § 2 Zweck Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung. Zweck des Vereins ist ausschließlich die Förderung der Vogelkunde nach allen Richtungen. Der Verein erstrebt dieses Ziel auf wissenschaftlicher Grundlage, insbesondere durch Herausgabe von mindestens einer wissenschaftlichen Zeitschrift, durch Förderung der Vogelforschung und durch gegenseitigen Austausch der gesammelten Erfahrungen und Beobachtungen in regelmäßig wiederkehrenden Versammlungen. § 3 Mitgliedschaft Ordentliche und Außerordentliche Mitgliedschaft werden beim Vorstand beantragt. Familienangehörige von Ordentlichen Mitgliedern können als Außerordentliche Mitglieder aufgenommen werden. Der Vorstand hat das Recht, in besonderen Fällen Korrespondierende Mitglieder und Ehrenmitglieder zu ernennen. Die Mitgliedschaft erlischt durch den Tod oder durch Austritt. Der Austritt kann nur auf den Schluss eines Geschäftsjahres erklärt werden. Die Erklärung hat schriftlich unter Einhaltung einer Frist von zwei Monaten zu erfolgen. Mitglieder, die den Bestrebungen des Vereins zuwiderhandeln oder sein Ansehen schädigen, können durch Vorstandsbeschluss aus dem Verein ausgeschlossen werden. Das auszuschließende Mitglied hat das Recht, innerhalb von vier Wochen nach Zustel- lung des Beschlusses Berufung einzulegen, über die der Beirat endgültig entscheidet. Dem auszuschließenden Mitglied ist Gelegenheit zu geben, sich vor dem Vorstandsbeschluss oder während des Berufungsverfahrens zu rechtfertigen. Der Ausschluss kann auch dann erfolgen, wenn ein Mitglied seinen Beitragsverpflichtungen nicht innerhalb von vier Wochen nach schriftlicher Mahnung nachkommt. § 4 Geschäftsjahr Das Geschäftsjahr des Vereins ist das Kalenderjahr. § 5 Beitrag Der Jahresbeitrag wird von der Mitgliederversammlung festgesetzt. Ehrenmitglieder und Korrespondierende Mitglieder sind von der Beitragspflicht befreit. Der Beitrag wird am 1. Januar jedes Jahres fällig. § 6 Leitung Der Verein wird von einem Vorstand geleitet, dem ein Beirat von mindestens 15, höchstens 20 Mitgliedern zur Seite steht. Der Beirat ist vom Vorstand in allen wichtigen Vereinsangelegenheiten beratend zuzuziehen. Der Vorstand besteht aus dem/der Präsidenten/-in, einem/-r 1. und 2. Vizepräsidenten/-in, dem/der Generalsekretär/-in, dem/der Schriftführer/-in und dem/der Schatzmeister/-in. Vorstand im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches ist der/die Präsident/-in. Er/sie wird im Behinderungsfalle oder durch Delegierung von den anderen Vorstandsmitgliedern in der im Satz 1 genannten Reihenfolge vertreten. Der Verein kann zur Verwaltung der Geschäfte und zur Unterstützung des Vorstandes eine Geschäftsstelle einrichten. Die Vorstandsmitglieder werden in der Mitgliederversammlung einzeln mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Bei allen Personalwahlen wird mit Stimmzetteln abgestimmt (Ausnahme: Wahl des/der Rechnungsprüfers/-in). Die Amtszeit des/der Präsidenten/-in und des/der 1. und 2. Vizepräsidenten/-in beträgt drei Jahre, die der übrigen Vorstandsmitglieder zwei Jahre. Sofortige Wiederwahl ist zulässig. Die Neuwahl ist rechtzeitig vor Ablauf des letzten Amtsjahres vorzunehmen und wirkt von Beginn des folgenden Geschäftsjahres an; ist der zu besetzende Vorstandssitz jedoch vakant, beginnt die Amtszeit sogleich mit der Wahl. Die Beiratsmitglieder werden in der Mitgliederversammlung gewählt. Der Vorstand setzt die Anzahl der zu wählenden Beiratsmitglieder im Rahmen des Abs. 1 fest und gibt die Anzahl von Mitgliedern spätestens ein Vierteljahr vor der Mit- gliederversammlung bekannt (Hinweis im Vereinsorgan genügt). Die Bestimmung in Abs. 6, Satz 5, bleibt unberührt. Für das Wahlverfahren gilt im übrigen Abs. 4 sinngemäß. Die Zugehörigkeit zum Beirat endet sowohl durch Erlöschen der Mitgliedschaft im Verein als auch durch Eintritt in den Vorstand, durch Ernennung zum Ehrenmitglied, durch Erklärung gegenüber dem Vorstand, dass das Amt niedergelegt wer- de oder spätestens nach 10-jähriger Zugehörigkeit. Sofortige Wiederwahl ist unzulässig. Die turnusmäßig ausscheidenden Mitglieder sind bei der folgenden Mitgliederversammlung durch Neuwahl zu ersetzen. Die Ehrenmitglieder können an den Sitzungen des Beirats mit Stimmrecht teilnehmen, Sprecher/Sprecherinnen der Projektgruppen beratend hinzugezogen werden. Vorschläge für die Wahl der Vorstands- und Beiratsmitglieder müssen spätestens sechs Wochen vor der Mitgliederver- sammlung beim/bei der Sprecher/-in des Beirats bzw. beim/bei der Generalsekretär/-in eingegangen sein. Erklären sich die Vorgeschlagenen schriftlich zur Kandidatur bereit, müssen sie zur Wahl gestellt werden. Nach Ablauf der genannten Frist sollen Vorstand und Beirat eigene Vorschläge erarbeiten. Der Beirat wählt aus seiner Mitte einen Sprecher/eine Sprecherin und einen Vertreter/eine Vertreterin. Der Sprecher/die Sprecherin des Beirates oder seine/ihre Stellvertretung können an den Sitzungen des Vorstandes beratend teilnehmen. Vogelwarte 47 (2009) 375

Der Vorstand kann einzelne Mitglieder des Vereins mit besonderen Aufgaben betrauen und sie zu Sitzungen des Vor- standes oder des Beirats beiziehen. Vorstand und Beirat können ihre Angelegenheiten im Rahmen dieser Satzung und der Vorschriften des § 32 BGB durch eine Geschäftsordnung regeln. § 7 Mitgliederversammlung Alljährlich findet eine Mitgliederversammlung statt. Der Vorstand bestimmt Zeit, Ort und Tagesordnung. Der/die Präsident/-in lädt die Mitglieder spätestens drei Wochen vor dem Termin schriftlich oder durch Bekanntgabe im Vereins- organ ein und leitet die Versammlung. Bei besonderem Anlass oder wenn mindestens ein Viertel der Mitglieder schriftlich unter Angabe des Grundes es verlangt, muss der/die Präsident/-in eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen. Die Einladung erfolgt in derselben Weise wie zur Jahresversammlung. Der Vorstand ist verpflichtet, Anträge, die von mindestens zehn Mitgliedern oder vom Beirat eingebracht werden, auf die Tagesordnung der nächsten Mitgliederversammlung zu setzen. Der Vorstand erstattet der Jahresversammlung einen Tätigkeitsbericht und einen Bericht über die Finanzlage mit Rech- nungsabschluss, jeweils über das abgelaufene Geschäftsjahr. Nach Bekanntgabe des Berichts des/der Rechnungsprüfers/-in beschließt die Versammlung über die Entlastung des Vorstandes. Sie wählt einen/-e Rechnungsprüfer/-in für das laufende Geschäftsjahr. Beschlüsse der Mitgliederversammlung werden mit einfacher Stimmenmehrheit der anwesenden Mitglieder (Ehren- mitglieder, Korrespondierende, Ordentliche und Außerordentliche Mitglieder) gefasst, sofern die Satzung nichts anderes bestimmt. § 8 Zeitschriften Organe des Vereins sind das „Journal of Ornithology“ und die „Vogelwarte“. Die „Vogelwarte“ wird gemeinsam von der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft e.V., dem Institut für Vogelforschung „Vogelwarte Helgoland“, Wilhelmshaven, dem Max-Planck-Institut für Ornithologie, „Vogelwarte Radolfzell“, Radolfzell, der „Vogelwarte Hiddensee“ an der Universität Greifswald und der „Beringungszentrale Hiddensee“ herausgegeben. Die Ordentlichen Mitglieder, die Ehrenmitglieder und die Korrespondierenden Mitglieder erhalten die Zeitschriften un- entgeltlich. § 9 Verwaltung der Mittel Der Verein ist selbstlos tätig; er verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Mittel des Vereins dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Der Vorstand hat die Einnahmen und das Vermögen des Vereins dem- entsprechend zu verwalten und zu verwenden. Sie dienen in erster Linie der Herausgabe der Zeitschriften, der Förderung der Vogelforschung sowie zur Deckung notwendiger Verwaltungskosten. Andere Verwendungen müssen im Sinne der Zweckbestimmungen von § 2 liegen und bedürfen der Zustimmung des Beirats. Die Mitglieder erhalten keine Zuwendungen aus Mitteln des Vereins. Keine Person darf durch Ausgaben, die dem satzungsmäßigen Zweck fremd sind, oder durch un- verhältnismäßige Vergütung begünstigt werden. § 10 Satzungsänderungen Änderungen oder Ergänzungen der Satzung können nur mit einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen einer Mitgliederversammlung beschlossen werden. Änderungen oder Ergänzungen der Satzung, die durch ein Gesetz, eine Verordnung oder eine behördliche Anordnung notwendig werden, können vom Vorstand beschlossen werden. § 11 Auflösung Der Verein kann nur durch Beschluss einer außerordentlichen Mitgliederversammlung, die unter Ankündigung des Zweckes mindestens vier Wochen vorher einberufen werden muss, aufgelöst werden. Der Auflösungsbeschluss bedarf einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Abwesende Mitglieder können ihre Stimme schriftlich abgeben. Das bei der Auflösung des Vereins und nach Abdeckung der bestehenden Verpflichtungen noch vorhandene Vermögen fällt der Deutschen Forschungsgemeinschaft, zur Zeit Bonn, mit der Auflage zu, es unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige Zwecke und gemäß § 2 dieser Satzung zu verwenden.

Errichtet: Freiburg i. Br., 14. Dezember 1949. Änderungen: Frankfurt a. M., 1. August 1955; Wien, 21. Mai 1956; Kiel, 12. September 1958; Gießen, 10. Oktober 1962; Bonn, 8. Oktober 1971; Bonn, 1. Oktober 1988; Melk (A), 19. September 1996; Schwyz (CH), 6. Oktober 2001; Kiel, 2. Oktober 2004; Stuttgart, 2. Oktober 2005; Pörtschach (A), 3. Oktober 2009. Frühere Fassungen der Satzung: Die Vogelwarte 15, 1950: 137-139; J. Ornithol. 96, 1955: 464-466; 100, 1959: 260-262; 104, 1963: 300-302; 113, 1972: 352-354; 129, 1988, Sonderheft: 79-81; 134, 1993: 220-222; 139, 1998, Sonderheft: 45-48; Vogel- warte 43, 2005: 95-96; 44, 2006: 73. * Fassung nach den bei der 142. Mitgliederversammlung am 3. Oktober 2009 in Pörtschach (Österreich) beschlossenen Änderungen. 376 Aus der DO-G

■■Petition

Auf der Mitgliederversammlung der 142. Jahresversammlung der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft vom 1. bis 5. Oktober 2009 in Pörtschach/Österreich wurde folgende Petition verabschiedet: Petition der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft e.V. für eine Rücknahme der Nieder­ österreichischen Beutegreiferverordnung

Im Dezember 2008 trat die neue „Beutegreiferverord- diese Behauptung fehlt hier aber vollkommen. 14 der nung“ der Niederösterreichischen Landesregierung in genannten Arten sind nicht einmal als Beute nachgewie- Kraft. Für eine Dauer von sechs Jahren sind nun insge- sen worden. In der Liste der angeblich bedrohten Tiere samt 1200 Mäusebussarde und 240 Habichte zum Ab- befinden sich zudem so absurde Beispiele wie die seit 30 schuss freigegeben. Schon vor einigen Jahren gab es eine Jahren nicht mehr in Niederösterreich nachgewiesene ähnliche Verordnung, die aufgrund einer von BirdLife Wiesenotter. Österreich und dem WWF bei der EU-Kommission Die Verordnung bedient nur ein überholtes Jagd- eingereichten Beschwerde von der Landesregierung verständnis, das Beutegreifer nicht als Teil des Öko- zurückgezogen werden musste. Die jetzige Verordnung systems sondern als vermeintliche Konkurrenten um bezieht sich auf die in der EU-Vogelschutzrichtlinie dieselbe Beute sieht. Die Jägerschaft scheint nach wie angeführte Ausnahmemöglichkeit der „vernünftigen“ vor zu glauben, dass Niederwild allein durch Greifvö- Nutzung. Es wird argumentiert, dass die Jagd als Frei- gel gefährdet ist – eine wissenschaftlich nicht nachvoll- zeitbeschäftigung eine vernünftige Nutzung von Greif- ziehbare Behauptung. vögeln darstellt. Weiterhin sollen Jäger durch Abschüsse Die Deutsche Ornithologen-Gesellschaft e.V. als Ver- motiviert werden, mehr in den Naturschutz zu inves­ treterin zahlreicher Ornithologinnen und Ornithologen tieren. Dies ist eine EU-weit beispiellose, inakzeptable Mitteleuropas verurteilt diese Verordnung zur Verfol- Verordnung zur Verfolgung von Greifvögeln. gung von Greifvögeln und fordert Landesrat Dr. Pern- Durch den Abschuss sollen laut einer Studie des Insti- kopf auf, sie umgehend zurückzunehmen. tuts für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärme- Verabschiedet von der Mitgliederversammlung der dizinischen Universität Wien auch 25 gefährdete Tierar- Deutschen Ornithologen-Gesellschaft e.V, anlässlich ten profitieren, die potentiell zum Beutespektrum beider ihrer 142. Jahresversammlung am 3. Oktober 2009 in Greifvögel zählen. Ein wissenschaftlicher Nachweis für Pörtschach.

■■Ankündigung der 143. Jahresversammlung 2010 auf Helgoland

Die 143. Jahresversammlung der Deutschen Ornitho- Auf Helgoland gibt es ausreichend Übernachtungs- logen-Gesellschaft findet anlässlich des 100. Geburts- möglichkeiten, vom Haus der Jugend über einfache Pri- tages der „Vogelwarte Helgoland“ auf Einladung des vatquartiere bis hin zum 4-Sterne-Hotel. Informationen Instituts für Vogelforschung „Vogelwarte Helgoland“ zu Buchungen werden mit der Einladung im Mai 2010 in der Zeit von Mittwoch, 29. September (Anreise- bekannt gemacht. tag) bis Sonntag, 3. Oktober 2010 in der Nordseehalle Der Gesellschaftsabend findet am 2. Oktober 2010 auf der Insel Helgoland statt. Die lokale Organisati- voraussichtlich in der Nordseehalle statt. Da die tra- on der Tagung liegt in den Händen eines Teams um ditionellen Tagesexkursionen von Helgoland aus nicht Dr. Ommo Hüppop. Das Schwerpunktthema des Ta- durchführbar sind, entfällt der Montag als ausgewie- gungsprogramms wird „Vogelzug“ sein. Neben einem sener Exkursionstag. Es werden während der Tagung wieder vorgesehenen Symposium in Kooperation mit geführte Besuche verschiedener Stellen auf der Insel dem Dachverband Deutscher Avifaunisten ist auch die angeboten werden. Durchführung weiterer, selbst organisierter Symposien Folgende Programmstruktur ist vorgesehen: mit bis zu 6 Vorträgen zu je 15 Minuten (+ 5 Min • Mittwoch, 29. September: Anreise bis ca. 13:00 Uhr, Diskussion) möglich. Interessierte Organisatoren sol- Eröffnung und wissenschaftliches Programm ab ca. cher Symposien setzen sich bitte bis 31.1.2010 mit dem 14:30 Uhr. Generalsekretär in Verbindung. In der Nordseehalle • Donnerstag, 30. September: wissenschaftliches Pro- sind keine Parallelsitzungen möglich. gramm Vogelwarte 47 (2009) 377

• Freitag, 1. Oktober: wissenschaftliches Programm dungen von Beiträgen – ausdrücklich auch eng- • Samstag, 2. Oktober: wissenschaftliches Programm, lischsprachige Beiträge - müssen aber eine deutsch- nachmittags Mitgliederversammlung, Gesellschafts- sprachige Zusammenfassung von maximal 400 abend Wörtern enthalten. Sind Vorträge oder Poster über • Sonntag, 3. Oktober: wissenschaftliches Programm noch laufende Untersuchungen geplant, so genügt es, bis ca. 12:00, nachmittags Abreise in der Kurzfassung den Problemkreis zu umreißen, der behandelt werden soll. Die Kurzfassungen wer- Die Einladung mit dem vorläufigen Tagungsprogramm den im Tagungsheft abgedruckt. Bei Anmeldung des und den Anmeldungsunterlagen wird an die Mitglieder Beitrages über die Homepage der DO-G kann dieser der DO-G etwa Mitte Mai 2010 verschickt. Die Anmel- Text dort direkt eingegeben werden. Alle weiteren dung zur Tagung wird postalisch oder über die Inter- erforderlichen Informationen werden im Formular netseite der DO-G möglich sein. Anmeldeschluss für abgefragt. die Teilnahme an der Jahresversammlung ist der 1. • Es ist wieder vorgesehen, diesen Zusammenfassungen August 2010. Da die Kapazität der Nordseehalle auf im Anschluss an die Tagung in der Zeitschrift „Vogel- etwa 430 Teilnehmer begrenzt ist, können spätere warte“ in Form eines eigenen „Proceedings“-Bandes“ Anmeldungen möglicherweise nicht mehr zugelassen einen größeren Umfang zu geben. Dazu wird den werden. Rechtzeitige Anmeldung ist daher unbedingt Autoren von Vorträgen und Postern die Gelegenheit empfehlenswert. gegeben, innerhalb von 14 Tagen nach der Jahresver- Aktuelle Informationen zur Jahresversammlung auf sammlung eine erweiterte Zusammenfassung ihrer Helgoland und zur DO-G insgesamt sind auch im In- Beiträge einzureichen. Letzter Annahmetag hierfür ternet unter http://www.do-g.de zu finden. Dort werden ist der 17. Oktober 2010. Diese erweiterten Zusam- auch die Ankündigung, die Einladung und das Tagungs- menfassungen können dann bis zu 600 Wörter, eine programm zusätzlich zu den gedruckten Versionen zu- Graphik und ein Literaturverzeichnis enthalten. Der gänglich gemacht. zusätzliche Platz sollte vor allem zur Darstellung kon- kreter Ergebnisse sowie für die Diskussion genutzt Anreise werden. Helgoland kann mit dem Schiff (ab Cuxhaven), mit dem • Beiträge können zum Schwerpunktthema „Vogelzug“ Hochgeschwindigkeits-Katamaran (ab Hamburg und oder zu anderen Themen als Vorträge mit 15 Minu- Cuxhaven) oder mit dem Flugzeug (ab Bremerhaven ten Redezeit oder als Poster angemeldet werden. Die oder Heide/Büsum) erreicht werden (Details unter Beiträge sollen Ergebnisse zum Schwerpunkt haben, www.helgoline.de, www.helgolandreisen.de und www. die bis zur Tagung noch nicht publiziert sind oder sie olt.de). sollen eine aktuelle Übersicht und Zusammenschau über ornithologische Themenbereiche geben. Der Re- Anmeldung von Beiträgen ferent eines Vortrags oder Posters muss Mitglied der Mündliche Vorträge und Posterpräsentationen aus den DO-G sein. Bei mehreren Autoren muss mindestens Reihen der Tagungsteilnehmer sind sehr erwünscht. einer DO-G-Mitglied sein. Anmeldungen für mündliche Vorträge können bis • Es ist gute Tradition, dass sich auf den Jahresversamm- spätestens 15. März 2010, Anmeldungen für Pos­ lungen der DO-G ein breites Spektrum an Teilneh- terbeiträge bis spätestens 1. August 2010 erfolgen. merinnen und Teilnehmern – vom Hobbyornitholo- Dieser späte Anmeldeschluss für Posterbeiträge soll gen bis zum Hochschullehrer – trifft und austauscht. ermöglichen, auch sehr aktuelle Ergebnisse aus lau- Daher sollen Thema, Zusammenfassung und die Bei- fenden Untersuchungen vorzustellen, wozu wir hier- träge selbst allgemein verständlich und ohne unnötige mit ausdrücklich ermuntern möchten. Bitte beachten Fremdwörter abgefasst werden. Vorträge oder Poster Sie bei der Anmeldung von Beiträgen unbedingt fol- können – wenn nicht anders möglich – auch in Eng- gende Punkte: lisch präsentiert werden, die Zusammenfassungstexte • Alle Anmeldungen von Beiträgen (Vorträge, Poster müssen immer auf Deutsch eingereicht werden. Über u.a.) können nur über die Internetseite der DO-G die Annahme oder Bitte um Modifikation von Beiträ- erfolgen (http://www.do-g.de). Mitglieder, die keinen gen entscheidet der Generalsekretär nach Beratung Zugang zum Internet haben, können die Anmeldung mit einem Programmkomitee. eines Beitrages direkt beim Generalsekretär der • Die Zuordnung der Beiträge zu einem bestimmten DO-G einreichen (Dr. Wolfgang Fiedler, Vogelwarte Themenkreis kann bei der Anmeldung vorgeschlagen Radolfzell am Max-Planck-Institut für Ornithologie, werden, liegt aber letztlich im Ermessen des Gene- Schlossallee 2, D-78315 Radolfzell; E-Mail fiedler@ ralsekretärs. Es wird um Verständnis dafür gebeten, orn.mpg.de, Tel. ++49 / (0)7732 / 150160). dass organisatorische Zwänge es in der Regel unmög- • Beiträge (Poster und Vorträge) können in deutscher lich machen, den Referenten Terminzusagen für be- oder englischer Sprache abgefasst sein. Alle Anmel- stimmte Tage zu geben. 378 Aus der DO-G

• Der Beirat der DO-G wird voraussichtlich wie bei bare Gliederung und Lesbarkeit. Die Poster werden vorherigen Tagungen eine Prämierung von Jungre- voraussichtlich direkt im Vortragssaal präsentiert. ferenten durchführen. Teilnahmevoraussetzung ist, dass bisher höchstens ein Vortrag bei einer DO-G- Mitgliederversammlung und Wahlen Jahresversammlung gehalten wurde und der Refe- Die Mitgliederversammlung findet am Samstag, dem rent oder die Referentin nicht älter als 30 Jahre ist. 2. Oktober 2010 nachmittags statt (Einladung mit wei- Wird eine Teilnahme bei diesem Wettbewerb durch teren Details erfolgt separat). eine vom Beirat benannte Jury gewünscht, muss die Vortragsanmeldung einen entsprechenden Hinweis Wahlen: Während der Mitgliederversammlung auf enthalten. Die Jungreferentenbeiträge werden wie Helgoland sind turnusmäßig der Präsident, der Gene- in den Vorjahren voraussichtlich zu einem eigenen ralsekretär, der Schatzmeister und der Schriftführer zu Sitzungsblock zusammengefasst. wählen. Vorschläge für Kandidatinnen und Kandidaten • Der Einsatz von Videoprojektionen mit der Software für den Vorstand sind schriftlich bis spätestens sechs Powerpoint hat in den letzten Jahren die Qualität der Wochen vor Beginn der Jahresversammlung (d.h. bis Darbietungen angenehm gesteigert. Selbstverständ- zum 18. August 2010) an die Sprecherin des Beirates lich wird dieses Medium auch bei der kommenden (Frau Dr. Dorit Liebers-Helbig, Deutsches Meeres- Tagung allen Referenten zur Verfügung stehen. Al- museum, Katharinenberg 14-20, D-18439 Stralsund; lerdings wird es aufgrund des Zeitverlustes beim [email protected]) einzureichen. Umbau in der Regel nicht möglich sein, den eigenen tragbaren Computer zu benutzen. Datenträger mit Resolutionen, die der Mitgliederversammlung zur den entsprechenden Dateien sind am Tagungsort Diskussion und Abstimmung vorgelegt werden sollen, einer zuständigen Kontaktperson zu übergeben, sind spätestens sechs Wochen vor Tagungsbeginn beim die sich um die Einspielung in die lokale Anlage Präsidenten einzureichen. kümmert. Bitte beachten Sie bei der Gestaltung Ih- rer Abbildungen, dass die Projektionsfläche in der Preise 2010 Nordseehalle deutlich kleiner als zum Beispiel in Anlässlich der 143. Jahresversammlung können der Wi- einem Hörsaal ist. ehe-Preis und der Sunkel-Preis der DO-G verliehen wer- • Posterbeiträge dürfen das Format DIN A 0 (hochkant) den. Weiterhin werden wiederum der Hans-Löhrl-Preis nicht überschreiten. Folgende Richtlinien haben sich und der Maria-Koepcke-Preis vergeben. Informationen bewährt: Titel in Schriftgröße 100 Pt (z.B. ein H ist zu Voraussetzungen sowie Vorschlags- und Bewerbungs- dann 2,5 cm hoch), Text nicht unter Schriftgröße 22 Pt modalitäten sind auf der Internetseite der DO-G (www. (knapp 6 mm Höhe für einen Großbuchstaben); Name, do-g.de) verfügbar. Mitglieder ohne Internetzugang Anschrift und zur Erleichterung der Kontaktaufnahme können diese Informationen bei der Geschäftsstelle der möglichst ein Foto der Autoren im oberen Bereich des DO-G erhalten (Adresse siehe Umschlagseite 2). Posters; auch aus 1,5 m Entfernung noch gut erkenn- Wolfgang Fiedler, Generalsekretär der DO-G

■■Kurzbericht DO-G Nachwuchstagung

Die Deutsche Ornithologen-Gesellschaft DO-G setzt plante Forschungsvorhaben und Resultate laufender sich für die Förderung der wissenschaftlichen Orni- oder abgeschlossener Arbeiten. Die Themen reichten thologie ein. Zu diesem Zweck fand am Max-Planck- von Kognition und Intelligenz bei Rabenvögeln, Funk- Institut für Ornithologie in Seewiesen vom 30.10.- tionsmorphologie, Vogelzug, Ökologie, Reproduktion, 01.11.2009 die erste Nachwuchstagung der DO-G statt. kooperativem Brüten, Dispersionsverhalten, Arealaus- Diese neue, von den DO-G-Beiräten Barbara Helm dehnung und Naturschutzbiologie bis hin zu Metapo- und Gilberto Pasinelli organisierte Veranstaltung pulationsmodellierung. Die Qualität der Vorträge war möchte junge OrnithologInnen aus dem deutschspra- dabei durchwegs hoch, die zahlreich daran anschlie- chigen Raum vernetzen, ihnen eine Plattform für den ßenden Fragen führten zu lebhaften und interessanten Austausch von Ideen bieten und sie in Kontakt mit Diskussionen. Daneben präsentierten vier fortgeschrit- professioneller Forschung bringen. Das Teilnehmer- tene Forscherinnen und Forscher aus Deutschland, Ös- feld war erfreulich heterogen zusammengesetzt und terreich und der Schweiz Überblicksvorträge über ihre umfasste Studierende in Ausbildung, Diplom- oder langjährigen Forschungsarbeiten. Informationen zu Gra- Masterstudenten sowie Dissertanten. Fünfzehn der 19 duiertenprogrammen in Deutschland und der Schweiz Teilnehmerinnen und Teilnehmer präsentierten ge- sowie Hinweise auf aktuelle Stellenangebote ergänzten Vogelwarte 47 (2009) 379 das wissenschaftliche Programm. Mindestens genauso lage ihren Höhepunkt fand. Die sehr gute Infrastruktur wichtig war die ungezwungene Atmosphäre, zu der wohl und die logistische und finanzielle Unterstützung durch auch das „Birkenhaus“, der Tagungsort mit prasselndem die DO-G, das MPI und die Schweizerische Vogelwarte Kaminfeuer, beitrug, und in der sich Diskussionen bis Sempach trugen wesentlich dazu bei, dass die Tagung von in die tiefe Nacht entfalteten. Aufgelockert wurde die Teilnehmenden und Organissatoren gleichermaßen als Tagung auch durch eine Besichtigung des MPI für Or- sehr anregend und erfolgreich bewertet wurde. Wieder- nithologie, die in einer Vorführung der Windkanalan- holung sehr erwünscht! Barbara Helm & Gilberto Pasinelli

■■Neues aus den Projektgruppen

PG Gänseökologie unterladen. Es ist von Vorteil, eigene Daten mitzubrin- Nächstes Treffen der DO-G Projektgruppe Gänseöko- gen, insbesondere Beringungsdaten bzw. Nestkarten. logie 5.2.-7.2.2010 in Wingst (Landkreis Stade) Der Referent Dr. Jochen Bellebaum ist Biologe mit Die seit 1994 bestehende Projektgruppe Gänseökolo- Schwerpunkt Ornithologie und Naturschutz und hat gie der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft trifft sich mehrjährige Erfahrung in der Anwendung von MARK in regelmäßigen Abständen zu Fachtagungen, auf denen zur Modellierung von Überlebensraten und Brut­ Ergebnisse laufender Projekte vorgestellt werden und erfolg. die darüber hinaus dem Erfahrungsaustausch und der Die Veranstaltung kostet 150 € (Seminargebühr, Über- Entwicklung gemeinsamer Projekte ehrenamtlicher und nachtung und Verpflegung) und findet vom 5.-7.3.2010 professioneller Wasservogelforscher dienen sollen. auf Gut Sunder statt. Laptop ist selbst mitzubringen. An- Das 13. Projektgruppentreffen wird Anfang Februar meldung und weitere Informationen erteilt NABU Gut 2010 in der Jugendherberge in Wingst stattfinden. Die Sunder, Tel.: 05056 – 970111, email: info@gut-sunder. Tagungsexkursion wird mit dem Vogelkiekerbus in das de, Internet: http://www.nabu-gutsunder.de/ benachbarte Nordkehdinger Land führen. Im Zentrum Helmut Kruckenberg der Vorträge sollen auf diesem Treffen Untersuchungen zu bei uns brütenden Gänsearten stehen. Ein weiteres Thema wird die Weißwangengans und deren Bestands- PG Habitatanalyse entwicklung sein, die eine hochinteressante Diskussion DO-G Fortbildung zu GIS und Modellierung an der verspricht. Uni in Trier war ein voller Erfolg! Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite Die Projektgruppe Habitatanalyse hatte vom 14. bis 16. der Projektgruppe www.anser.de oder bei Dr. Helmut Oktober 2009 zur Fortbildung GIS-basierte Habitat­ Kruckenberg, Am Steigbügel 3, 27283 Verden (Aller). analyse und Habitatmodellierung nach Trier eingela- den. Gastgeber war die Abteilung Biogeographie der Workshop von ProRing und DO-G: Einführung in Universität Trier. 16 hoch motivierte Teilnehmerinnen die Auswertung von Fang-Wiederfang-Daten mit und Teilnehmer aus ganz Deutschland - von Stralsund MARK über Bergenhusen bis Freiburg, von Aachen bis Leipzig Für die Auswertung von Fang-Wiederfang-Daten, u. a. und Landshut - sind hierfür nach Trier gereist. Es war zur von Überlebensraten und Populationsgrößen, wurde eine praxisorientierte Fortbildungsveranstaltung, die in den 1990er Jahren das Programm MARK entwickelt. vor allem das Ziel hatte, den Teilnehmern den Einstieg Seine aktuelle Version berücksichtigt alle wesentlichen in moderne, computergestützte Analysemethoden für statistischen Modelle für unterschiedliche Ausgangsdaten. räumliche Fragestellungen und Habitatmodellierungen Das Programm ist heute Standard für wissenschaftliche zu ermöglichen. Hierfür wurden praxisnahe avifauni- Untersuchungen, erfordert aber gewisse Grundkennt- stische Daten herangezogen. nisse und eine bestimmte Struktur der Eingangsdaten. Am ersten Kurstag erfolgte unter der Anleitung von Der Kurs vermittelt eine Einführung in die Philoso- Ortwin Elle (Universität Trier) eine Einführung in die phie und die Arbeit mit MARK in deutscher Sprache. Arbeit mit Geographischen Informationssystemen Er richtet sich an alle, die selbst solche Auswertungen (GIS). Hierbei standen insbesondere der unterschied- durchführen wollen und im Umgang mit Computern liche Umgang mit Vektordaten und Rasterdaten sowie vertraut sind. Das Programm selbst ist frei erhältlich, deren Potenzial für die Bearbeitung ornithologischer aber nur in englischer Sprache verfügbar. Teilnehmer Fragestellungen im Vordergrund. Am zweiten Kurstag sollten einen eigenen Computer (Laptop) mitbringen bekamen die Kursteilnehmer von Fränzi Korner (Vo- und nach Möglichkeit bereits Programm und Doku- gelwarte Sempach, Oikostat) nach einer allgemeinen mentation unter www.phidot.org/software/mark/ her- Einführung in das Statistikpaket R Einblicke in Lineare 380 Aus der DO-G

Modelle, Generalisierte Lineare Modelle und in die so PG Ornithologische Sammlungen genannten Spatial Models. Der dritte Kurstag, der von Bericht über das 9. Frühjahrstreffen der Projektgrup- Thomas Gottschalk (Universität Gießen) gestaltet wur- pe „Ornithologische Sammlungen“ de, stand ganz im Zeichen der Habitatmodellierung mit Das Frühjahrstreffen der Projektgruppe „Ornitholo- dem an der Universität Gießen entwickelten Programm gische Sammlungen“ der Deutschen Ornithologen-Ge- GEPARD. sellschaft findet seit 1999 jährlich statt. Erstmals trafen Für alle Beteiligten - die drei Kursleiter eingeschlos- sich die KuratorInnen der ornithologischen Samm- sen - war die Fortbildungsveranstaltung in Trier ein lungen erstmals an einem ausländischen Museum. Das großer Gewinn. Dieser Eindruck wird auch durch eine Treffen fand vom 6. bis 8. März 2009 in NATURALIS Umfrage unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Leiden (http://www.naturalis.nl/) statt. Das Haus hat bestätigt. Die Auswertung der eingegangenen Antwor- sowohl sehr umfangreiche Sammlungen als auch eine ten ergab, dass die im Kurs vermittelten Inhalte künftig exzellente Ausstellung. – Beide sind unbedingt einen für die eigenen ornithologischen Fragestellungen und Besuch wert! Arbeiten gut bis sehr gut verwendet werden können. Zum Begrüßungsabend trafen wir uns am Freitag- Bezüglich der Gewichtung der drei inhaltlichen Blöcke abend in einer Szene-Kneipe in der Altstadt von Lei- gab es - fast erwartungsgemäß - je nach persönlichen den. Am Samstagmorgen begann das wissenschaftliche Vorlieben der Teilnehmer unterschiedliche Auffas- Programm. Zuerst berichtete Christiane Quaisser über ihre Aktivitäten im EDIT-Projekt, dem European Dis- tributed Institute of . Dieses EU-Projekt verbindet 28 europäische Museen, die auf eine bessere Vernetzung und Integration von wissenschaftlicher Ar- beit und Sammlungsmanagement hinarbeiten. Von den deutschen Museen nehmen das Naturkundemuseum Berlin, der Botanische Garten Berlin sowie das Staat- liche Museum für Naturkunde in Stuttgart am EDIT- Projekt teil. Für weitere Informationen siehe auch http:// www.e-taxonomy.eu/. Bezogen auf Sammlungsmanage- ment gehören zu den Zielen u.a. die Erarbeitung von einheitlichen Richtlinien für den wissenschaftlichen Leihverkehr, die Stärkung der Position von Sammlungs- managern und ihrer Entwicklungsmöglichkeiten sowie die Definition von Zuständigkeiten und Entscheidungs- hilfen im Falle plötzlich ‚verwaisender’ Sammlungen (sei es durch Unfälle oder Abgabe durch den Eigentümer). Fundierte theoretische Grundlagen und praktisches Arbeiten an den Computern - beide Komponenten ergänzten sich sehr gut bei EDIT wurde wie das SYNTESYS-Projekt von der Dach- der dreitägigen DO-G Fortbildung der Projektgruppe Habitat­ organisation der großen europäischen Museen initiiert, analyse in Trier. Foto: O. Elle dem Consortium of European Taxonomic Facilities (CETAF, siehe http://www.cetaf.org/aims.php). ImWeiteren berichtete Renate van den Elzen vom Zoo- sungen darüber, ob bestimmte Teile auch kürzer oder logischen Froschungsmuseum Koenig in Bonn über den länger hätten sein können. Die Dauer der Fortbildung zweifachen Umzug der ornithologischen Sammlungen von drei Tagen wurde jedoch von der großen Mehrheit des Museums. Die Sanierung betraf vor allem die Villa der Befragten als „genau richtig“ eingestuft. Interessan- Koenig, die komplett leer geräumt werden musste. Die terweise hat ein großer Teil der Teilnehmer nicht direkt wichtigsten Einzelsammlungen sind (neben den von durch Bekanntmachung auf der DO-G Webseite, in der Alexander Koenig selbst gesammelten Stücken) die von „Vogelwarte“ oder durch Aushänge auf Tagungen von Otto Kleinschmidt und Christian Ludwig Brehm, die von dieser Fortbildungsveranstaltung erfahren, sondern allen anderen Sammlungen getrennt verpackt, gelagert indirekt durch Freunde und Bekannte. und wieder aufbewahrt werden mussten. Die Kuratoren Die Projektgruppe Habitatanalyse hat durch die Dis- des Museums Bonn erklärten sich bereit, zur Senkung kussionen und die praktischen Arbeiten an den Com- der Gesamtkosten die Verpackung und den Transport putern mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Objekte teilweise selber vorzunehmen, bzw. die viele neue Impulse für die eigene Arbeit bekommen Umzugslogistik selbst zu organisieren. Allerdings stellte und einige neue Mitstreiter bei zukünftigen Aktivitäten sich heraus, dass dieses Vorgehen nicht zum Nachahmen der Projektgruppe gewinnen können. einlädt, da für insgesamt drei Jahre die Kuratoren organi- Ortwin Elle, Thomas Gottschalk, Fränzi Korner-Nievergelt satorische Arbeiten erledigen und alle anderen Arbeiten Vogelwarte 47 (2009) 381 liegen bleiben bzw. nicht mit der meinsame Abendessen run- gewünschten Qualität erledigt dete diesen sehr informativen werden können. Tag in geselliger Runde ab. Durch die Sammlungen von Am Sonntag besuchten NATURALIS führte uns Dr. René wir die umfangreichen Aus- Dekker, Sammlungsdirektor von stellungen im NATURALIS. NATURALIS. Bei der Vielzahl In den Dauerausstellungen an Objekten mussten wir uns spielt das Thema „Evolution entscheiden, welche Sektionen – Entwicklung des Lebens“ wir anschauen wollten. In den eine zentrale Rolle. Es zieht ornithologischen Sammlungen sich wie ein roter Faden durch ist insbesondere die Sammlung die gesamte Ausstellungspla- von Typen und ausgestorbenen Renate van den Elzen auf der Suche in der Vogel- nung und Gestaltung. Des Vögeln von großer Bedeutung. sammlung von NATURALIS, Leiden. Weiteren konnten wir zwei Foto: R. Winkler Dort konnten wir uns für einige Sonderausstellungen besu- Zeit umschauen. Abschließend zeigte uns Dr. Dekker chen. Zum einen die Jubiläumsschau „Expedition Darwin auch seine „Lieblingsstücke“ – die Mammutfunde aus – Evolution auf Inseln“. Diese Sonderausstellung ist im den Niederlanden. „Inselformat“ aufgebaut. Auf mehreren kleinen „Inseln“ Allein für die Sammlungen im NATURALIS sind 20 (Vitrinen oder freistehenden Ausstellungseinheiten) wird Wissenschaftler sowie 60 Sammlungspfleger, Präpara- das Thema „Evolution“ vorgestellt. Dazu zählen natür- toren und andere technische Mitarbeiter angestellt. Die lich die Galapagos-Finken der Galapagos-Inseln, wobei Organisation erfolgt nicht mehr nach taxonomischen NATUARLIS originale Exponate der Beagle-Expedition Fachgebieten, sondern nach Aufgabenbereichen, d.h. zeigt, die von Darwin selbst gesammelt und etikettiert Wissenschaftler und Sammlungsbetreuung sind in je- wurden! Weitere Themen stammen aus der aktuellen For- weils eigenen Abteilungen organisiert. schung von NATUARLIS, z.B. die Dodos von Mauritius, In der Zukunft wird sich noch mehr ändern. Mit dem die Thermometer-Hühner im Indo-Australischen Archi- Beginn des jahres 2010 werden sich die fünf großen pel und auf den Pazifischen Inseln, die Paradiesvögel von naturkundlichen Sammlungen der Niederlande zu Südost-Asien sowie die Zwerg-Elefanten der Mittelmeer- einem gemeinsamen Niederländischen Zentrum für Inseln. Die zweite Sonderausstellung widmete sich den Biodiversität (NCB) zusammenschließen. Zu diesen „Wildebeesten“ – den afrikanischen Gnu-Antilopen. Der Sammlungen gehören Untertitel der Ausstellung lau- NATURALIS Leiden, das tet „In voller Fahrt durch Afri- Zoologische Museum ka mit einer Millionen Gnus“ Amsterdam sowie die und entspricht auch voll und drei nationalen Herbari- ganz dem, was den Besucher en in Leiden, Wageningen und insbesondere die jungen und Utrecht. Der Zusam- Gäste erwartet. menschluss wird dabei Am Sonntagnachmittag en- schrittweise vollzogen, dete das Treffen der Projekt- mit zunächst zusätzlichen gruppe. Für die Beteiligten 5 Millionen Euro struktu- ermöglichte der Besuch in reller Unterstützung zur den Sammlungen und Aus- Projektentwicklung und stellungen von NATURALIS Vorbereitung der Fusi- Dr. René Dekker führte die kleine Gruppe durch die Samm- viele spannende und neue lungen (v.l.n.r. Renate van den Elzen, Dorit Liebers-Helbig, on und einem abschlie- René Dekker, Christiane Quaisser). Foto: R. Winkler Einblicke in die Trends eu- ßenden zentralen Neubau ropäischer Sammlungen und in der Nachbarschaft des Ausstellungen. Unser Dank heutigen NATURALIS zur Unterbringung der um- geht insbesondere an Christiane Quaisser! Sie organi- fangreichen Sammlungen und neuen Arbeits- und La- sierte dieses Treffen für uns und hat keine Wünsche borräumlichkeiten. Auch der Ausstellungsbereich wird unerfüllt gelassen! eine komplette Erneuerung erfahren. Das 10. Treffen der Projektgruppe findet vom 16. bis Abschließend verbrachten wir einige Zeit in der um- 18. April 2010 am Deutschen Meeresmuseum in Stral- fangreichen Bibliothek bzw. studierten einige Teilneh- sund und am Zoologischen Institut der Universität mer Vogelobjekte oder historische Schriften. Damit aber Greifswald statt. Weitere Informationen finden Sie auf nicht genug – am Abend folgte noch ein Stadtrundgang der Webseite der DO-G. durch Leidens historische Straßen und Gassen. Das ge- Dorit Liebers-Helbig 382 Persönliches

PG Tropenornithologie Protokoll der Gründungssitzung Am 03.10.2009 haben sich in Pört- schach 13 Ornithologen zusammen- gefunden, um die Wiederbelebung der Projektgruppe Tropenornithologie zu erörtern. Nach intensiver Diskussion einigte man sich darauf, die Projekt- gruppe zu gründen. Hauptaktivitäten und Ziele der Projektgruppe in nächster Zeit werden sein: • Erfassung der Institute und Organisa- tionen, die sich im deutschsprachigen Raum noch mit der Ornithologie der Tropen befassen: Bitte alle Kontakte mit Adressen, Emails und thema- tische Schwerpunkte an den Sprecher der Projektgruppe senden. Diese Liste wird dynamisch und regelmäßig auf den neusten Stand gebracht werden. Teilnehmer am Treffen zur Wiedergründung der PG Tropenornithologie (v.l.n.r.): Bei Einverständnis der Organisati- Ingo Hahn, Dieter Thomas Tietze, Martin Päckert, Stefan Pentzold, Sven Renner, Jochen Martens, Robert Pfeifer, Friederike Woog und Corinna Bartsch. onen soll die Liste auf den Seiten der Foto: F. Steinheimer DO-G veröffentlicht werden. • Erfahrungsaustausch: Errichten einer Plattform für Hauptaufgabe ist allerdings, zunächst weitere Interessier- vor allem Diplomanden und Doktoranden, um spe- te für die Projektgruppe zu gewinnen. Ab sofort steht –als zifische logistische und rechtliche Probleme adäquat Start der Aktivitäten der Projektgruppe– eine Emailliste erörtern zu können. für PG-spezifische Informationen zur Verfügung. In- • Regelmäßige Treffen teressierte können sich über [email protected] Diese sollen vor allem dazu dienen junge Leute und oder an den Sprecher der Projektgruppe wenden, um Nachwuchs für die Tropenornithologie zu begeistern, sich registrieren zu lassen. Die Emailliste wird vor allem den Austausch zwischen Profis und Laien, sowie Er- für die Organisation der Projektgruppe dienen. fahrenen und Unerfahrenen zu ermöglichen. Diese Als Sprecher der Projektgruppe Tropenornithologie Treffen werden zunächst informell an bestehende wurde Swen Renner gewählt. Kontakt: Swen Renner, Strukturen der DO-G und Gesellschaft für Tropen- Institut für Experimentelle Ökologie, Universität Ulm, ornithologie (z. B. während der Jahrestreffen) gebun- Albert-Einstein Allee 11, 89069 Ulm, E-Mail: swen. den und dienen somit auch als geeignete Verbindung [email protected] zwischen beiden Organisationen. Swen Renner

Persönliches

Klaus Schmidt-Koenig (1930 - 2009) - Von seinen Schülern aus dem Kupferhammer -

Am 18. Februar 2009 verstarb Klaus Schmidt-Koenig wechselte dann aber zur Biologie nach Heidelberg. im Alter von 79 Jahren. 1958 wurde er an der Universität Freiburg mit summa Klaus Schmidt-Koenig wurde am 21. Januar 1930 in cum laude promoviert. Im Anschluss daran ging er als Heidelberg geboren. Bereits als Schüler war er von der Post-Doc an die Duke University in Durham, North Ornithologie begeistert. Vom ersten Geld, das er sich Carolina, USA. Nach einer kurzen Unterbrechung als als Schüler mit Holzhacken verdiente, kaufte er sich ein Vogelwart auf Wangerooge, wobei er private und beruf- Fernglas, um Vögel und insbesondere Blaukehlchen bei liche Interessen gekonnt (und wahrscheinlich lange vo- Waghäusel zu beobachten. Nach dem Abitur in Hei- rausschauend geplant) verknüpfte, kehrte er mit seiner delberg begann er ein Chemiestudium in München, Frau Inka zurück in die USA. Es ist in der Retrospektive Vogelwarte 47 (2009) 383 schwer zu sagen, aber die dort gemachten Erfahrungen sein Werk durch seine Ernennung zum Honorary Fel- scheinen seinen Lebensstil bestimmt und sein weiteres low entsprechend gewürdigt. Leben nachhaltig beeinflusst zu haben. Vor allem die Neben der Ornithologie war Klaus Schmidt-Koenig Freundschaft zwischen Inka und Klaus Schmidt-Koenig ein ausgewiesener und völlig begeisterter Dendrologe. und Martha und Peter Klopfer, geprägt durch deren Er hat von seinen Reisen vor allem aus Nordamerika Lebensphilosophie als Quäker und bedingungslose immer wieder Bäume und Sträucher mitgebracht, die er Verlässlichkeit, hat ein Leben lang gehalten. Von 1963 in seinem Arboretum in Oberkirch pflanzte, das auch bis 1975 war Klaus Schmidt-Koenig an der Universität Fachleute in Erstaunen versetzte. Göttingen tätig, bevor er dann 1975 dem Ruf an die Klaus Schmidt-Koenig war ein Querdenker und Universität Tübingen folgte. Dort leitete er bis zu seiner Mann der Gegensätze, in der Wissenschaft ebenso wie Pensionierung 1996 die Abteilung und den Lehrstuhl im Privatleben. Er schätzte Qualität und verachtete für Verhaltensphysiologie. Seit 1971 war er Professor of Verschwendung: ihm sträubten sich die Haare, wenn Zoology an der Duke University. jemand wissenschaftliche Ressourcen oder Essen ver- Klaus Schmidt-Koenig hat mit seiner Dissertation geudete – am gleichen Tag fuhr er gerne auch weite bei Gustav Kramer die Grundlagen für den Nachweis Strecken mit uns zu Gasthöfen, die bekannt für ihr der Verwendung des Sonnenkompasses durch Tauben ausgesucht gutes Essen waren. Seine Gastfreundschaft gelegt. Dieser Forschungsrichtung blieb er treu und fo- war legendär. Seine Bescheidenheit gegenüber sich kussierte sein Interesse schon selbst zeichnete ihn aus und stand sehr früh – seiner Zeit voraus in krassem Gegensatz zu dem, was – auf ganz andere Taxa wie er bereit war, anderen zu geben. den Monarchfalter, dessen Durch eigene Leistung erreichte Zugverhalten er über viele Obrigkeit und deren Erfolg hat er – Jahre hinweg jeden Sommer ganz den amerikanischen Tugenden an der Ostküste der USA stu- verpflichtet – geschätzt. Obrigkeits- dierte. Er würde sich freuen zu denken und Dünkel waren ihm ein sehen, mit welchem Interesse Gräuel und er kommentierte dies seine damaligen Fragen heute bei jeder Gelegenheit entsprechend - 30 Jahre später - wieder auf- mit Sprachwitz, Ironie und immer gegriffen werden. Neben rein begleitet von einem spöttischen Lä- fachlichen Aspekten hat er vor cheln. Roswitha Wiltschko nannte allem den Einsatz belastbarer ihn einmal den konservativsten An- statistischer Verfahren in der archisten, den sie kenne. Die Bemer- Verhaltensforschung, und kung empfand er als Auszeichnung. hier besonders zur Auswer- Er legte Wert auf Zuverlässig- tung kreisverteilter Daten, we- keit und war in der Erwartung der sentlich vorangetrieben. Dies Einlösung gemachter Zusagen sich begann mit einem Kapitel zur Klaus Schmidt-Koenig. Foto: U. Metz selbst und anderen gegenüber kom- Kreisstatistik in seinem 1975 promisslos. Bei aller Rigorosität hat erschienen Buch „Migration and Homing in Animals“ er seinen Schülern und Mitarbeitern mehr Freiheiten (Springer Verlag) und endete mit dem Einsatz von Boot- gegeben als gemeinhin an deutschen Universitäten üb- strap Verfahren (Cabrera J, Schmidt-Koenig K, Watson lich ist. Er hat das damals praktizierte deutsche Cur- GS 1991: The statistical analysis of circular data. In Per- riculum des Diplomstudiengangs erweitert durch ein spectives in Ethology. PPG Bateson, PH Klopfer, eds. ur-amerikanisches Konzept der „graduate education“ Plenum Press New York and London). – selbständiges Denken und Arbeiten, regelmäßige Für seine Arbeiten zum Sonnenkompass wurde kritische Reflexion in der peer group durch eigene Klaus Schmidt-Koenig 1995 der Ornithologen-Preis Vorträge, Seminare und Projekte, die gemeinsame der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft verliehen. Verpflichtung auf und Verantwortung für die Qua- Neben seiner eigenen Arbeit wurde damit und durch lität im „eigenen Stall’ und frühe wissenschaftliche die spätere Ernennung zum „Ehrenmitglied“ auch sein Eigenständigkeit. Diplomanden und Doktoranden lebenslanges Engagement für die Gesellschaft honoriert, konnten bei ihm stets ihre Themen selbst entwickeln. der er als Präsident von 1986 bis 1991 vorstand. Das Seine Maxime war: Es ist nicht so wichtig, was man Kapital für diesen periodisch vergebenen Preis hatte macht, sondern wie man vorgeht. Dabei hat er häufig er mehrere Jahre zuvor anonym gestiftet. Es war ihm Rat gegeben, den wir allzu oft leider erst nach Jahren ein Vergnügen, den bis dato anonymen Stifter mit der als richtig erkannt haben. Bemerkung preiszugeben: „Den habe ich heute schon Zusammen mit Peter Klopfer und mit Hilfe exzellenter rasiert“. Auch die American Ornithologists‘ Union hat Förderung durch verschiedene Förderorganisationen, 384 Nachrichten insbesondere durch den DAAD, hat er schon in den 70er zu entwickeln. Er legte großen Wert auf unsere Ge- Jahren ein ausgesprochen erfolgreiches und seiner Zeit meinschaft – diese hat die Schließung des Institutes weit voraus konzipiertes bilaterales Austauschprogramm bis heute überdauert.“ mit der Duke University organisiert. Die Teilnahme Nach einer schweren Operation im Sommer 2008 an diesem Programm war für viel Studierende in Tü- schöpfte Klaus Schmidt-Koenig im Herbst neuen Le- bingen und an der Duke University der Beginn einer bensmut und glaubte sich zum Jahresende über dem sehr intensiven, produktiven und mit viel Spaß verbun- Berg. Umso vernichtender muss die finale Diagnose denen Studenten-, Doktoranden- und Berufslaufbahn. zu Jahresbeginn gewesen sein. Klaus Schmidt-Koenig Einige seiner Schüler schrieben in der Todesanzeige im hat sie akzeptiert. Er hat das Schicksal nicht verdrängt, Tübinger Tagblatt: „Klaus Schmidt-Koenig war für uns sondern das Haus mit der ihm nach wie vor eigenen ein wegweisender Lehrer. Er schuf in seinem Institut Energie in Ordnung gebracht. Er starb nach einem für Verhaltensphysiologie „Beim Kupferhammer“ eine gemeinsamen Abend mit seinen Kindern in seinem Atmosphäre des gegenseitigen Vertrauens, in der wir Haus in Oberkirch. die Freiheit hatten, unser wissenschaftliches Denken Jörg Ganzhorn & Rolf Hoffmann

Forschungspreis 2009 der Deutschen Wildtier Stiftung an Jungwissenschaftlerin des Instituts für Vogelforschung

Der Forschungspreis 2009 „Mit unserer Förderung legen wir die Grundlagen, der Deutschen Wildtier damit endlich ein umfassendes Schutzprogramm Stiftung geht an die Ex- für die Wiesenweihe entwickelt werden kann, das pertin für Wiesenweihen auch den Vogelzug und die Überwinterungspha- Christiane Trierweiler se berücksich­tigt“, erläutert Hilmar Freiherr von Die Wiesenweihe Münchhausen, Geschäftsführer der Deutschen ist selten geworden. Wildtier Stiftung. „Diese Erkenntnisse können Nur noch rund 400 bis dann auch auf andere Greifvögel mit ähnlichen 450 Brutpaare leben in Zugrouten übertragen werden.“ Deutschland. Auf der Als Bodenbrüter und Langstreckenzieher ist die Roten Liste der Brutvö- Wiesenweihe gleich mehrfachen Gefährdungen gel Deutschlands wird die ausgesetzt: Der ursprüngliche Lebensraum der Wiesenweihe als „stark Wiesenweihe im Brutgebiet, Moore und Heiden, gefährdet“ klassifiziert. wurden ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhun- Um den Schutz des stark derts zunehmend zerstört. Annähernd 90 % der gefährdeten Greifvogels deutschen Wiesenweihen brüten mittlerweile in Christiane Trierweiler. Foto: privat zu verbessern, unter- Ackerland, wo Gelege und Jungtiere beispielsweise stützt die Deutsche Wild- durch Ausmähen gefährdet sind. Eine erfolgreiche tier Stiftung das Forschungsvorhaben der in Kürze pro- Brut kann vielfach nur durch Nestschutzmaßnahmen ge- movierten Diplom-Biologin Christiane Trierweiler mit währleistet werden. Zusätzlich ist die Wiesenweihe auf ihrem diesjährigen Forschungspreis. 50.000 Euro stehen ihren Zugwegen und in den Überwinterungsgebieten der jungen Wissenschaftlerin zur Verfügung, um vom durch großflächige Habitatzerstörungen und auch heute Institut für Vogelforschung „Vogelwarte Helgoland“ in noch immer wieder durch Wilderei gefährdet. Wilhelmshaven aus umfassende Untersuchungen zur Be- Mit ihrem Forschungspreis fördert die Deutsche deutung der afrikanischen Rast- und Überwinterungs- Wildtier Stiftung innovative Forschungsvorhaben jun- gebiete für den Schutz der Wiesenweihe zu realisieren. ger Wissenschaftler rund um einheimische Wildtiere. In den Vorjahren von Frau Trierweiler durchgeführte sa- „Ohne wildbiologische Erkenntnisse ist kein zielfüh- tellitentelemetrische Studien belegen, dass ein alleiniger render Artenschutz möglich“, begründet Hilmar Frei- Schutz in den Brutgebieten bei Weitem nicht ausreicht, herr von Münchhausen die Forschungsförderung. In vielmehr müssen die Jahreslebensräume geschützt wer- den vergangenen Jahren ging der Forschungspreis an den, im Falle unserer Wiesenweihen insbesondere die Arbeiten zu ebenso bedrohten Wildtieren wie dem Birk- neu entdeckten Rastgebiete in Nordafrika. Die Ergebnisse huhn, dem Siebenschläfer oder dem Kleinspecht. werden das Wissen rund um die Situation in den mittel- Pressemitteilung der Deutschen Wildtierstiftung europäischen Brutgebieten der Wiesenweihe ergänzen. und des Institutes für Vogelforschung Vogelwarte 47 (2009) 385

Nachrichten

Die Ala - 100 Jahre Einsatz für die Vögel Schweiz: In Basel feierte die Ala, Schweizerische Gesell- schaft für Vogelkunde und Vogelschutz ihr 100-jähriges Bestehen. Seit einem Jahrhundert setzt sich die Ala als größte ornithologische Fachgesellschaft der Deutsch- schweiz unermüdlich für die Vogelwelt ein. Sie engagiert sich in der ornitho- logischen Weiter- bildung, gibt eine wissenschaftliche Zeitschrift heraus ALA-Vorstand in Zürich Foto:N. Zbinden und leistet bis heu- te Pionierarbeit bei Zeitschrift „Der Ornithologische Beobachter“ ist eine der der Schutzgebiets- wichtigsten ornithologischen Zeitschriften im deutsch- betreuung. sprachigen Raum. Es waren Ama- Das Jubiläumsprogramm am Wochenende des 2./3. Mai teur-Ornithologen stieß auf großes Interesse. In einem wissenschaftlichen und Wissenschaft- Symposium stellten Forscher der Universitäten Bern, ler, die sich 1909 in Basel und Zürich sowie der Schweizerischen Vogelwarte Basel zusammen- Sempach aktuelle Themen in der ornithologischen For- schlossen, um sich schung vor. Auf verschiedenen Exkursionen ließen sich gemeinsam für die die Teilnehmenden über die Vogelwelt in und um Basel Erforschung und informieren. Der bekannte Ornithologe Einhard Bezzel Julie Schinz (1891-1980) verkörperte in den Schutz der Vögel aus Bayern wies in seinem Festvortrag auf die wichtige herausragendem Mass die verschie- einzusetzen. Die Er- Rolle hin, die Gesellschaften wie die Ala auch heute noch denen Standpfeiler der Ala. Als enga- gierte Amateur-Ornithologin doku- forschung des Vogel- spielen, wenn es darum geht, die Interessen des Natur- mentierte sie die Vogelwelt im zugs mit der damals und Vogelschutzes zu vertreten. Im geschäftlichen Teil Ala-Reservat Neeracherried und setzte neuen Methode der der Mitgliederversammlung standen Wahlen im Vorder- sich für den Schutz dieses wich­tigen Vogelberingung grund. Als Nachfolgerin der zurücktretenden Präsidentin Feuchtgebietes ein. Foto: Archiv Ala stand am Anfang Verena Keller wurde Gilberto Pasinelli gewählt. im Zentrum der wis- Im Jubiläumsjahr stehen weitere Veranstaltungen auf senschaftlichen Tätigkeit der Ala. Um diese Arbeiten zu dem Programm, insbesondere Exkursionen in die Re- koordinieren, gründete die Ala 1924 die Schweizerische servate der Ala. Auf Einladung der Ala trafen sich im Vogelwarte Sempach, die sich heute zu einem unabhän- August die europäischen Ornithologen in Zürich zum gigen, international tätigen Institut entwickelt hat. Kongress der European Ornithologists‘ Union (s.o.). Die Ala leistete auch Pionierarbeit im Vogelschutz und Stichworte zur Ala begründete eine ganze Reihe von Vogelschutzgebieten, so das Reservat Fanel am Neuenburgersee, das heute als • Die Ala wurde 1909 in Basel gegründet. international bedeutendes Wasservogelreservat aner- • Die Ala zählt 1300 Mitglieder, sowohl Amateuror- kannt ist. Weiterhin arbeitet die Ala in ihren Reservaten nithologinnen und -ornithologen wie auch Wissen- zusammen mit den verantwortlichen Kantonen an inno- schaftler. vativen Methoden bezüglich der Pflege von Riedgebieten. • Die Ala ist Herausgeberin der wissenschaftlichen Zusammen mit anderen im Vogelschutz tätigen Orga- Zeitschrift „Der Ornithologische Beobachter“ nisationen gründete sie bereits 1922 das Schweizerische • Die Ala betreut 16 Reservate. Darunter sind einige Landeskomitee für Vogelschutz, aus dem der Schweizer der wichtigsten Feuchtgebiete der Schweiz. Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz hervorging. • Die Ala gründete 1924 die Schweizerische Vogelwarte „Die Zusammenarbeit von Amateuren und professio- Sempach. nellen Ornithologen ist auch heute noch eine Stärke der • Die Ala ist als Landesorganisation Mitglied des Ala“ betonte die abtretende Präsidentin Verena Keller Schweizer Vogelschutzes SVS/BirdLife Schweiz. an der Jubiläums-Mitgliederversammlung. Mit Kursen, Für weitere Informationen und Auskünfte siehe Tagungen und Exkursionen fördert die Ala die Weiterbil- www.ala-schweiz.ch dung ihrer Mitglieder. Die von der Ala herausgegebene Verena Keller 386 Nachrichten

Die EOU 2009 in Zürich Trends bei Zugvogelarten im Wattenmeer Das Jubiläumsjahr 2009 war für die Ala, Schweize- Trends of Migratory and Wintering Waterbirds in the rische Gesellschaft für Vogelkunde und Vogelschutz Wadden Sea 1987/88 -2006/07 (6.2.2009) (http://www.ala-schweiz.ch/) Anlass, die European Zum zweiten Mal hat die Arbeitsgruppe „Joint Moni- Ornithologists‘ Union EOU für ihre alle zwei Jahre toring of Migratory Birds“ (JMMB) die Trends von 34 stattfindende Tagung in die Schweiz einzuladen. Vom Wasservogelarten veröffentlicht, die das Wattenmeer 21.-26. August 2009 trafen sich rund 380 Personen aus mit einem Großteil der Population als Überwinte- 38 Ländern an der Universität Zürich. Die Tagung wur- rungsstation oder während ihres Vogelzugs als Rast- de von der Ala gemeinsam mit der Schweizerischen platz nutzen. Die Daten bis 2006/2007 wurden nach Vogelwarte (http://www.vogelwarte.ch), dem SVS/ dem JMMB-Programm erhoben, das im Rahmen BirdLife Schweiz (http://www.birdlife.ch/) und der des „Trilateral Monitoring and Assessment Program“ Universität Zürich (http://www.uzh.ch/) durchgeführt. (TMAP) als international koordiniertes Langzeit Mo- In 180 Vorträgen und 110 Postern wurde über eine nitoring Programm durchgeführt wird. Die Darstellung große Vielzahl von Themen berichtet, die von Klima- erfolgt sowohl als Langzeittrend über 20 Jahre (1987/88 wandel, Habitatwahl, Verhalten, Vogelzug, Physiolo- bis 2006/07) als auch als Kurzzeittrend über 10 Jahre gy, Endokrinologie, Genetik, Hybridisation, Prädati- (1997/98 bis 2006/07). on, Telemetrie, Modellierung bis hin zu Naturschutz Der vollständige Bericht mit einer Übersicht über die reichten. Sieben bei strahlendem Wetter durchgeführte Trends, Zählorte und Methoden des Zugvogelmonito- Exkursionen rundeten die Konferenz ab. rings findet sich auf der Internetseite: http://www.wad- Gilberto Pasinelli densea-secretariat.org/TMAP/Migratory_birds.html Quelle: http://www.bsh.de/de/Meeresdaten/Beobach- Vogelkiller Glas - Tipps zum Vogelschutz tungen/MURSYS-Umweltreportsystem/Mursys_031/ seiten/seevoegel.jsp#august2009 Der Tod an Scheiben ist in der zivilisierten Welt eines der größten Vogelschutzprobleme überhaupt. Hun- Das Wattenmeer wird Weltnaturerbe derttausende von Vögeln kommen allein jedes Jahr um, weil sie mit Glas kollidieren. Viele Gebäude könnten Die UNESCO, die Organisation der Vereinten Nationen vogelfreundlicher gebaut, viele Fallen entschärft wer- für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikati- den. Die Schweizerische Vogelwarte Sempach hat on, hat das Wattenmeer Ende Juni 2009 in die Liste des kürzlich in Zusammenarbeit mit dem „Schweizer Welterbes aufgenommen. Damit steht das Wattenmeer Vogelschutz/SVS“ den ersten umfassenden Leitfaden auf einer Stufe mit anderen weltberühmten Naturwun- zum Thema Vögel, Glas und Licht im deutschspra- dern wie dem Grand Canyon in den USA und dem Great chigen Raum herausgegeben. Die Broschüre zeigt auf Barrier Reef in Australien, die ebenfalls zum Weltnaturer- 52 Seiten, wo die möglichen Gefahrenstellen liegen be gehören. Als UNESCO-Welterbe werden einzigartige und illustriert mit einer Fülle von Beispielen, wie kri- Naturphänomene und einzigartige menschliche Kultur- tische Bereiche vogelfreundlich geplant und mit wel- leistungen ausgezeichnet, die von außergewöhnlicher Be- chen Maßnahmen Fallen nachträglich noch entschärft deutung sind und als Welterbe der gesamten Menschheit werden können. erhalten werden müssen. Das Weltnaturerbe Wattenmeer Die Broschüre kann, ebenso wie ein Faltblatt bestellt erstreckt sich über den deutschen und niederländischen werden bei der Schweizerischen Vogelwarte, CH-6204 Teil des Wattenmeeres. Es handelt sich dabei um ein Ge- Sempach, [email protected]. Beide sind auch online biet von fast 10.000 Quadratkilometern entlang der Küste verfügbar: www.vogelglas.info mit einer Länge von rund 400 Kilometern. Vogelwarte Sempach Quelle: http://www.waddensea-worldheritage.org

Veröffentlichungen von Mitgliedern Doer, D., H.-H. Bergmann & S. Klaus (Hrsg., 2009): Der FALKE-Taschenkalender für Vogelbeobachter 2010. 272 S., brosch., zahlr. Abb. ISBN 978-3-89104-731-6. 7.90 € Vogelwarte 47 (2009) 387

Literaturbesprechungen

Elizabeth J. Rosenthal: sogar über die eine oder andere Erfolgsstory des Naturschutzes Birdwatcher - The Life of Roger Tory Peterson freuen, wenn sie über die Schilderungen der Artenkrisen, The Lyons Press, Guilford Connecticut 2008. Gebunden, 16 x 23,5 etwa der Bedrohungen von Fischadler, Wanderfalke und Co. cm, 437 S. mit 13 farbigen und 13 S/W Abb. ISBN 978-1-59921-294-4. noch einmal vor ihrem geistigen Auge Revue passieren lassen. US $ 29,95 „Summa summarum“ ein hervorragendes Werk, das durch Er gilt als Pionier der modernen Feldführer und ist Orni- sein Erscheinen zum hundertjährigen Geburtstag gerade thologen aller Altersstufen kein Unbekannter. Schließlich rechtzeitig quasi „just in time“ auf den bedeutenden „Bird- vermittelte er nicht nur den Amerikanern die Freude an der watcher“ aufmerksam machte. Vogelbeobachtung. Geboren am 28. August 1908 in James­ Wilhelm Irsch town, New York, als Sohn schwedischer (Vater) und deutscher Immigranten genoss er frühzeitig ein für amerikanische Ver- Deutscher Rat für Vogelschutz und Naturschutzbund hältnisse nicht ungewöhnliches Umfeld. Sein Vater Charles Deutschland (Hrsg.): kam 1873 im Alter von 2 Jahren nach Jamestown. Nach Ab- Berichte zum Vogelschutz schluss der High School ging Roger Tory Peterson nach New Band 45, 2008. 140 S., Paperback, 16,5 x 23,5 cm, mehr als 60 überwie- York City, wo er die Art Students League 1927-28 und die gend farbige Fotos und Abbildungen. ISSN 0944-5730. Abonnement National Academy of Design 1929-1931 besuchte. Danach € 11,00, Einzelverkauf € 15,00. Bezug: Landesbund für Vogelschutz (LBV), Artenschutz-Referat, Eisvogelweg 1, 91161 Hilpoltstein. E- lehrte er Naturwissenschaften und Kunst an der Rivers School Mail: [email protected]. in Brookline Massachusetts. Im Jahre 1934 erschien sein fun- damentaler „Guide to the Birds“, der erste moderne Feldfüh- Vor dem Hintergrund einer zukünftig steigenden Nachfrage rer, dessen Erstauflage von 2000 Exemplaren innerhalb einer nach Holz und dem zunehmenden wirtschaftlichen Druck auf Woche über die Ladentische ging, und von dem weitere fünf Forstbetriebe hat die Projektgruppe Seeadlerschutz Schleswig- Ausgaben folgten. Als Co-Autor arbeitete er gemeinsam mit Holstein e.V. am 28. September 2007 die Fachtagung „Großvo- James Fisher an „Wild America“ mit und war Herausgeber bzw. gelschutz im Spannungsfeld von Ökologie und Ökonomie der Autor vieler Bände in Petersons Feldführer Reihe zu Themen Waldbewirtschaftung“ veranstaltet. Die schriftlichen Abfas- die von Gesteinen und Mineralien bis hin zu Käfern und Rep- sungen der neun dort gehaltenen Vorträge sind im aktuellen tilien reichten. Er entwickelte das Petersonsche Bestimmungs- Band 45 der Berichte zum Vogelschutz zusammengestellt. system und wurde bekannt für die Deutlichkeit sowohl der Der Leser wird zunächst in die Thematik eingeführt. Status Bebilderung der Feldführer als auch der Betonung relevanter und Lebensraumansprüche von Schwarzstorch, Kranich, See-, Bestimmungsmerkmale. Nach Abschluss der High School im Fisch- und Schreiadler als Zielarten des Waldnaturschutzes so- Jahre 1925 arbeitete Roger Tory Peterson zunächst bei der Uni- wie die Aufgaben, Rahmenbedingungen und aktuelle Situation on Furniture Company in Jamestown als Kunstmaler in der des Waldnaturschutzes werden vorgestellt. Auch die Forst- Möbelindustrie. Im November hatte der 17jährige Junge genü- wirtschaft schildert ihre Sicht der Waldbewirtschaftung und gend Geld für seinen ersten Trip nach New York City und nahm macht auf Nachteile durch Rücksichtnahme auf Großvögel dort an einem Treffen der American Ornithologists’ Union im aufmerksam, die sich in eingeschränkter Handlungsfreiheit, American Museum of Natural History teil. Seine Arbeit war erhöhtem Organisationsaufwand und teilweise verminderten immer sehr eng mit praktischer Naturschutzarbeit verbunden. Einnahmen niederschlagen. In den folgenden Beiträgen aus So war er beispielsweise dabei, als in SW-Spanien in der heu- verschiedenen Bundesländern werden eingangs vorgestellte tigen Coto de Doñana die erste internationale Zusammenkunft Aspekte aufgegriffen und vertieft. Die Lebensraumansprü- des WWF stattfand, zu einer Zeit, als man noch zwei Meilen che einzelner Arten, Gefährdungen und Schutzmaßnahmen zu Fuß laufen musste, weil sich zu diesem abgeschiedenen Ort werden dargelegt, die rechtlichen und organisatorischen Rah- kein Auto durch den Sumpf vorwagte. Die 67.000 Hektar große menbedingungen erläutert. Bisherige Maßnahmen des Groß- Coto war im Eigentum der Familie von Mauricio Gonzalez, dem vogelschutzes haben für die meisten Arten zu positiven Be- spanischen Adligen, der bald darauf als Autor der spanischen standsentwicklungen geführt. Gerade für die anspruchsvollen Übersetzung des Peterson-Mountfort-Hollom Feldführers in Arten Schreiadler und Schwarzstorch wird aber deutlich, dass Erscheinung trat. Die Coto diente auch als Kurzwort für eine die Bestände langfristig nur gesichert werden können, wenn Region der Biodiversität, die ein weiteres Gebiet aus Sümpfen, der Großvogelschutz in die Waldbewirtschaftung integriert bekannt als Las Marismas, umfasste. Nach einem Schlaganfall wird. Konkrete Einzelbeispiele mit starkem Praxisbezug zeigen im Winter 1995 starb er am 28. Juli 1996. Forstleuten mögliche und nötige Maßnahmen auf, wie dies In der Biographie zeichnet Rosenthal den Lebensweg aber erfolgen kann. auch die Persönlichkeitsentwicklung des großen Meisters über Neben den Arbeiten über Großvogelschutz gibt der Prä- die gesamte Zeitspanne sehr detailliert und einfühlsam mit sident des DRV, Hans-Günther Bauer, den jährlichen Über- Höhen und Tiefen nach - aufgelockert durch lebendige Zitate blick über die Aktivitäten des Vereins, der auch Berichte aus und Fotodokumente. Dabei richtet sie den Blick nicht nur aufs den Mitgliedsverbänden des DRV enthält. Das Review über Private, sondern schlägt immer wieder auch die Brücke zur das von BirdLife International herausgegebene Heft „World Öffentlichkeitswirkung seiner Arbeit. Manch einer mag sich Birdwatch“ aus dem Jahr 2007 liefert Informationen über wundern, wenn er auf den einen oder anderen bekannten weltweite Entwicklungen im Vogel- und Naturschutz. Zum Namen stößt, der als Protagonist durch seine „Schule“ ging, dritten und vorerst letzten Mal stellt Hans-Günther Bauer wie etwa Edward O. Wilson. Und ältere Semester dürfen sich im „Orniduden“ Vogelarten wie die Riesterente (Anas pen- 388 Literaturbesprechungen sionullus) vor. Zwei vom DRV formulierte Positionspapiere Jahr will der ehemalige Student der Universität Connecticut, zur EU-Vogelschutzrichtlinie und zur FFH-Richtlinie sind der heute für das Rote Kreuz arbeitet, in einer Sanitätsein- ebenfalls in diesem Heft abgedruckt. heit in den Irak zurückkehren - der Flamingos wegen, die Das Themenheft bietet mit den Artikeln von Vertretern dort beobachtet wurden. In der Joint Base Balad, einem der aus unterschiedlichen Bundesländern einen umfangreichen Camps, in denen er war, gibt es inzwischen sogar eine Vogel- und praxisorientierten Überblick über die aktuelle Situation beobachtungsgruppe. des Großvogelschutzes in Wäldern. In diesem Bereich tä- Das schlicht aber nicht zuletzt durch die eingestreuten tigen Forstleuten werden wertvolle Hinweise gegeben. Das schwarz-weiß Abbildungen geschmackvoll aufgemachte Heft ist jedoch nicht nur für Fachleute interessant. Die reich Taschenbuch sticht nicht nur durch seine besondere Form bebilderten und gut verständlichen Texte sind lehrreich für der „Biodokumentation“ hervor, sondern ist auch ein Stück eine breite Leserschaft aus Vogel- und Naturschutz. Zeitgeschichte. Das kleine Kompendium ist nicht nur Plädo- Katrin Hill yer und Beleg für die völkerverbindende Kraft einer soliden wissenschaftlich begründeten Naturbeobachtung, sondern führt auch den „Reichtum“ an Naturschätzen der Region um Jonathan Trouern-Trend: Euphrat und Tigris vor Augen. Last but not least ist es ein Birding Babylon - Tagebuch eines Soldaten im Irak Stück „Lebensschutz“ in jeglicher Beziehung. Berliner Taschenbuchverlag, Berlin 2009. Gebunden, 12 x 9 cm, 96 S. mit einigen S/W-Abb. ISBN978-3-833-0616-7. € 8,95. Wilhelm Irsch Der Irak ist wie ein Kreuzungspunkt, an dem Vögel aus Europa, Asien und Afrika zusammentreffen und rasten - eine Dreh- Olivia Gentile: scheibe des Vogelzugs. Ein Jahr lang verbrachte der Autor, Life List ein 41jähriger Biologe aus Connecticut als amerikanischer Bloomsbury USA, New York 2009- 345 Seiten, 8 Farb-, 5 S/W-Fo- Soldat in der von Kriegswirren gezeichneten Region. Er kam tos, 6 farbige und 10 S/W Abbildungen. Hardcover 14,6 x 21,8 cm. 1986 als Sanitäter zur US-Armee und 2004 in den Einsatz, ISBN 978-1-59691-169-7. US $ 26.00. wo er im 118. Medizinischen Feldversorgungsbataillon als Phoebe Snetsinger wollte eigentlich Naturwissenschaftlerin Nationalgardist und First Class Sergeant die Zeit auch zur werden. Sie heiratete wie die meisten Frauen in den Fünfziger Vogelbeobachtung nutzte. Er führte Tagebuch über seine Na- Jahren und endete schließlich als Hausfrau mit vier Kindern turbeobachtungen und stellte sie zunächst als Blog anonym in den Vorstädten der USA als Mitdreißigerin. Verstockt und ins Netz. Nahe Bagdad, in Mosul, am Tigris und in den Rui- isoliert wendete sie sie sich der Vogelbeobachtung zu, war nen von Babylon traf er auf Palmtauben und Purpurhühner, jedoch schnell der Vögel ihrer Umgebung überdrüssig und Steinkäuze auf Betonbunkern, Bienenfresser, bunt gefiederte entschloss sich schließlich, um die Welt zu reisen. Plötzlich Eisvögel, Schakale und Sandfüchse. Über hundert Arten, die nimmt ihr Leben eine entscheidende Wende. Mit 49 Jahren er während seines Einsatzes beobachten konnte, werden mehr wird sie mit der Diagnose Krebs konfrontiert - mit der Prog­ oder weniger kommentierend erwähnt. nose höchstens noch ein Jahr zu leben. Niedergeschlagen Der große Wäschereiteich im Camp Anaconda, das 20.000 beginnt sie kreuz und quer über den Globus zu reisen, findet Menschen beherbergte, war voller Enten, Reiher, Schwalben seltene und spektakuläre Vögel, die sie regelrecht in geistige und wirkte auf ihn wie eine Oase im Krieg. Eine der stärksten Ekstase versetzen. Aber allen Unkenrufen zum Trotz wird sie Eindrücke hinterließ die Schlacht um die Stadt Falludscha. Die eigentlich nicht richtig krank. Sie macht hunderte von Rei- Schrecken des Krieges und die z. T. akribisch mit Örtlichkeit, sen in alle Kontinente, setzt dabei nicht selten an extremen Wetterverhältnissen, Datum und Tageszeit vom Autor fas- Orten ihr Leben aufs Spiel und wird quasi zum Helden in zinierend dokumentierte Vogelwelt mögen manchem Leser der Welt der Vogelbeobachtung - die erste Person, die 8 000 vielleicht als ein seltsamer oder gar bizarrer Kontrast erschei- Arten zu Gesicht bekam, wobei sie weder Kosten und Mühen nen. Für den Kriegsteilnehmer, der seit dem 12. Lebensjahr gescheut hat und Belastungen ihrer Familie, Gesundheit und Vögel beobachtet, war es eine Methode, mit dem ständigen ihrer eigenen Sicherheit in Kauf genommen hat. Olivia Gentile inneren Alarmzustand des Kriegseinsatzes umzugehen. Statt hat lebendig und mit vielen Fakten gespickt die interessante sich Computerspielen zu widmen oder den Stress durch sport- Biographie eines Lebensentwurfs nachvollzogen, der sich liche Betätigung abzubauen, zog es ihn zum Wäschereiteich spannend liest und den Leser ein Stück gelebte Biodiversität der Vögel wegen, um sich in der feindlichen Umgebung zu nachvollziehen lässt, nach dem Motto „nur was man kennt, entspannen und innere Ruhe zu finden. Hier fand er Vögel, kann man schützen“. die ihn auch zu Hause in Connecticut umschwärmten. Dort Wilhelm Irsch schilpten die Spatzen vor „Mc Donalds“, im Irak vor „Burger King“. Das Gespräch vor Ort über Vögel hat ihm geholfen, Kontakte zu Einheimischen zu knüpfen. Viele der Iraker, die Arno Surminski: im Camp arbeiteten, waren Bauern der Umgebung, die die Die Vogelwelt von Auschwitz. Eine Novelle. Natur sehr gut kannten. Die Verständigung über Vögel war LangenMüller Verlag, München 2008. Gebunden, 19 x 12,5 cm. 188 wie eine universale Sprache, die Brücken schlug und Barrieren S., mit einem „Nachwort eines Biologen“ [= M. Bilio] auf S. 189-191. ISBN 978-3-7844-3126-0. € 17.90. überwinden half. Das Buch basiert auf einem anonymen Blog, das der Autor Der durch mehrere Ostpreußen-Romane bekannte Schriftstel- vor fünf Jahren im Krieg geschrieben hat und umfasst die ler Arno Surminski hat die unerhörte, aber wahre Begebenheit berührendsten Einträge aufgelockert durch schwarz-weiß Ab- der zeitweisen Tätigkeit des Ornithologen Dr. Günther Niet- bildungen einzelner Arten. Dass sein Internet-Tagebuch ein hammer (1908-1974) als Wachmann im Konzentrationslager so großes Echo fand, überraschte ihn völlig. Noch in diesem Auschwitz während des Zweiten Weltkrieges zu einer histo- Vogelwarte 47 (2009) 389 rischen Novelle verarbeitet. G. Niethammer heißt darin Hans und in Südosteuropa nehmen die Seeadlerbestände wieder Grote, ist aber sonst kaum verfremdet. Die Gedanken und zu, doch trifft die Art hier nach wie vor auf Probleme und Träume der handelnden Personen sind frei erfunden, aber Widerstände, die im Norden längst überwunden sind. Illegaler die Rahmenhandlung mit den genannten Zeiträumen und Abschuss, Fang in Schlagfallen und Tötung mittels Giftköder den Zitaten von Niethammers Veröffentlichungen über die sind hier nach wie vor ein Thema, zum Teil in bestandsgefähr- Vogelwelt von Auschwitz (1942) und anderer Gebiete sind dendem Umfang. Zu diesen ‹alten› Gefahrenquellen treten so wirklichkeitsnahe, dass sich der Leser fragt, ob die Novelle im südlichen Europa aber zunehmend auch die neuen, die dem historischen Ornithologen einigermaßen gerecht wird. aktuell den wiedererstarkten Seeadlerpopulationen im Norden Das ist leider nicht der Fall. zu schaffen machen: Vergiftung durch bleihaltige Munition, In der Novelle wird Hans Grote (= G. Niethammer) recht Kollision mit Windkraftanlagen und Hochgeschwindigkeits- naiv als lachender Familienvater dargestellt, der „keinem zügen, vermehrte Inanspruchnahme bislang ruhiger Land- Vogel etwas zu Leide tun“ kann, aber das Leid der Häftlinge schaftsteile durch den Menschen usw. Es ist also hoch an der hört und sieht er nicht. Er spürt weder Reue noch Schuld, Zeit, sich beim Seeadlerschutz auch im Süden Mitteleuro- rechtfertigt sein Handeln und gewährt so Einblicke in seine pas stärker abzustimmen, Erfahrungen auszutauschen, das Täterseele. Die Gedanken und Gefühle, die Niethammer in Monitoring zu vereinheitlichen und Schutzbemühungen zu seinen Briefen an Prof. Stresemann in Berlin zum Ausdruck koordinieren …“. gebracht hat (vgl. E. Nowak, J. Ornithol. 139: 338-343, 1998, Das angestrebte Ziel hat die am 17.-18. November 2007 in E. Nowak, Wissenschaftler in turbulenten Zeiten, S. 74-88, Illmitz durchgeführte Tagung aufgrund der erhaltenen Echos Stock & Stein, Schwerin, 2005, und J. Haffer, E. Rutschke & K. ohne Zweifel erreicht. Der Tagungsband gibt aber auch allen, Wunderlich, Acta Historica Leopoldina 34: 128, 2000), wur- die an der Tagung nicht teilnehmen konnten oder in deren den in der Novelle ebenso wenig zur Charakterisierung der Tätigkeitsfeld nicht der Seeadler höchste Priorität genießt, Figur Grotes benutzt wie die Bemühungen von Niethammers einen guten Überblick über Verbreitung, Bestandsentwick- Freunden um seine Versetzung. Die Figur des Hans Grote lung und aktuellen Bestand in Deutschland, Österreich, Tsche- (G. Niethammer) ist in der Novelle psychologisch sehr ver- chien, Slowakei, Ungarn und in den Nachfolgestaaten des einfacht und klischee-artig dargestellt, ohne dass seine innere ehem. Jugoslawien. Sie und alle im Naturschutz engagierten Zerrissenheit zum Ausdruck kommt, die er (G. Niethammer) Personen und Institutionen erhalten durch die Lektüre viel- damals verspürte. fältige Anregungen und werden auch konkret über Gefahren Jürgen Haffer und Schutzanforderungen informiert. Alle Feldornithologen finden überdies interessante Details über Mauser und Kleider des Seeadlers. Remo Probst (Hrsg.): Ohne anderen der insgesamt 27 verdienten Autoren Unrecht Der Seeadler im Herzen Europas zu tun, darf hier der Beitrag von Peter Hauff „Zur Geschichte Tagungsband der WWF Österreich Seeadler Konferenz 2007. De- des Seeadlers in Deutschland“ (S. 7-18) wegen der seit 1900 nisia 27, 2009, 172 S., Paperback, 27 x 21 cm, zahlreiche Farb- und nachgezeichneten Bestandsentwicklung, wegen der großen Schwarzweißfotos, Verbreitungskarten, Grafiken. Bestellung: www. Zahl der erfassten Brutpaare (2007: 575), wegen der Angaben biologiezentrum.at/biophp/de/denisia.php oder bio.buch@landes- museum.at. ISSN: 1608-8700. € 20,00 (zzgl. Porto). über den Anteil erfolgreicher Bruten (auch in Abhängigkeit von der Siedlungsdichte) und über die Nachwuchsrate sowie Die Besprechung dieses textlich und bildmäßig informativen wegen der besonderen Bedeutung Nordostdeutschlands für und grafisch sehr ansprechend gestalteten Tagungsbandes die aktuelle und künftige Wiederbesiedlung Mitteleuropas kann kaum besser eingeleitet werden als mit dem leicht ge- hervorgehoben werden. kürzten und unbedeutend abgeänderten Vorwort von Bern- Auch wenn die Tagung den Seeadlern „im Herzen Euro- hard Kohler, dem Leiter des Seeadlerprojekts im WWF Ös- pas“ gewidmet war, wäre es für den Leser hilfreich gewesen, terreich. „Die jüngere Geschichte des Seeadlers gehört zu den wenigstens eine knappe Übersicht über die auch gut bekannte großen Erfolgsstorys des europäischen Naturschutzes. Dass Situation in Fennoskandien, den Baltischen Staaten und Polen dieser eindrucksvolle Greifvogel zumindest in der nördlichen zu erhalten. Auch hätte dieser Tagungsband der Anlass für und östlichen Hälfte Europas heute wieder zu den regelmä- eine Übersichtskarte für ganz Mittel- und Südosteuropa sein ßigen Erscheinungen gehört, ist dem unermüdlichen und und damit Impulse für die Beobachtung und den Schutz des begeisterten Engagement zahlreicher Personen und Natur- Seeadlers in erst dünn oder noch nicht besiedelten Räumen schutzorganisationen zu verdanken. Sie haben sich über Jahr- geben können. Schließlich sind ein paar Schönheitsfehler zehnte und ohne jede Gewissheit über die Erfolgsaussichten stehen geblieben. So gibt es keine Winternester (Abb. 6b, auf eine Fülle von scheinbar unlösbaren Problemen eingelas- S. 37) und – auch wenn es sich um Winterzahlen oder um sen, die vom Kampf gegen bioakkumulative Umweltgifte, wie von der Brutsaison etwas abweichende räumliche Verteilung DDT, bis hin zur zähen Auseinandersetzung mit überholten handelt – keine (mehrmals genannte) Winterpopulationen. Jagdpraktiken und -sichtweisen reichten. Ihre Bemühungen Schwarzstörche bauen ihren Horst nicht im obersten Kro- haben in vielen Bereichen Erfolg gehabt und bewirkt, dass nenbereich (Fig. 12, S. 72), und freistehende Bäume mit be- die Seeadlerbestände heute wieder rapide ansteigen und dass setztem Seeadlerhorst sind u. a. schon 1950 von Makatsch das im Lauf des 19. und 20. Jahrhunderts verloren gegangene (Vogelwelt Macedoniens) und 1959 von Schüz (Vogelwelt des Terrain nach und nach wieder besiedelt wird. Der Erfolg ist vor Südkaspischen Tieflandes) beschrieben und/oder mit Fotos allem in Skandinavien, im Baltikum und in der norddeutsch- belegt worden. Einmal Gedrucktes wird erfahrungsgemäß oft polnischen Tiefebene ‚zu Hause› und beruht nicht zuletzt auf unbedacht übernommen, weshalb auch bei einem insgesamt der Tatsache, dass sich die SeeadlerschützerInnen dieser Re- ausgezeichneten Eindruck des Tagungsbandes auf scheinbare gionen frühzeitig auf eine grenzüberschreitende Zusammen- Kleinigkeiten hingewiesen werden muss. arbeit verständigt haben. Auch im südöstlichen Mitteleuropa Urs N. Glutz von Blotzheim 390 Literaturbesprechungen

Craig Robson: sollte Lophura nycthemera x L. edwardsi heißen, da „hybridi- A field guide to the birds of Thailand and South-East Asia. sation between Edwards‘s and Silver Pheasants“. Asia Books, New Holland Publishers, Bangkok, Thailand, 2008. Hard- Insgesamt ist dies ein wichtiger Beitrag für Feldbestimmung back 23,8 x 15,6 x 3,6 cm, 544 S., zahlreiche Farbtafeln, ISBN 978- und Birdwatching in der Region, leider mit einigen Fehlern 1847733412. Ab ca. € 33,00. In Europa wird das gleiche Buch unter behaftet. Allerdings ist dieses Buch derzeit konkurrenzlos und dem Titel „A field guide to the birds of South-East Asia“ von New somit die einzige Empfehlung. In einer weiteren Neuauflage Holland, London, UK, herausgegeben (bis auf den Einband keine sichtbaren Unterschiede). würde ich mir vor allem eine Überarbeitung der noch ausste- henden Farbtafeln, Verbreitungskarten und ein verbessertes, Über taxonomische Albträume. Endlich! Das bisher so ziem- taxonomisches Verständnis wünschen. lich einzig brauchbare Feldbestimmungsbuch für kontinental International Commission on Zoological Nomenclature 2009: The Südostasien „A field guide to the birds of South-East Asia“ international code of zoological nomenclature. 4th ed. Internatio- wurde überarbeitet (im Vergleich zu den Ausgaben von 2000 nal Commission on Zoological Nomenclature, The International und 2005) und in neuer Form herausgegeben. Während des Trust for Zoological Nomenclature, The Natural History Museum. letzten Jahrzehnts haben sich sehr viele neue Informationen London. Rasmussen P.C. & Anderton J. C. 2005: Birds of South Asia. The Ripley angehäuft, die es wirklich nötig machten, eine überarbeitete Guide. 2 volumes. Lynx Ediciones, Barcelona. Version zu erstellen. Robson C 2000: A field guide to the birds of South-East Asia. New In der neuen Ausgabe deckt Craig Robson fast 1330 Vo- Holland Publishers, London. (leicht überarbeiteter Nachdruck gelarten ab, die bisher in irgendeiner Art und Weise für My- 2005). anmar (Birma/Burma), Thailand, Laos, Kambodscha, Viet- Swen C. Renner nam, Malaysia oder Singapur nachgewiesen wurden. Die meisten Arten und zumindest ein Teil der Unterarten bzw. geschlechtspezifischen Unterschiede wurden auch diesmal Katrin Wollny-Goerke & Kai Eskildsen (Hrsg.): wieder abgebildet oder zumindest im Text erwähnt. Durch Marine mammals and seabirds in front of offshore wind die allgemein mäßige Datengrundlage für Südostasien (im energy. MINOS – Marine warm-blooded animals in Vergleich zu Amerika oder Europa) ist allerdings ein geo- North and Baltic Seas. graphischer Qualitätsunterschied der Informationen gegeben: Teubner Verlag, Wiesbaden 2008. Hardcover, 24 x 17,6 cm, 171 S., Für Laos und Myanmar ist das Wissen nach wie vor deutlich zahlreiche S/W- und Farbfotos, -grafiken und -karten. ISBN 978-3- 8351-0235-4. € 44,90. geringer als beispielsweise für Thailand, vor allem was die Verteilung und Unterartenabgrenzung angeht. Hier ist das Das vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Re- Bestimmungsbuch den Umständen entsprechend gut, und re- aktorsicherheit geförderte MINOS-Projekt sollte untersuchen, flektiert weitgehend den derzeitigen Wissensstand in weiten ob die in großem Umfang geplanten Offshore-Windkraftanlagen Teilen des behandelten Gebietes. in den deutschen Teilen von Nord- und Ostsee Schweinswale, Seit Bestehen der ersten Ausgabe erntet das Werk Kritik, Robben oder Seevögel negativ beeinflussen oder gar gefährden teilweise sicherlich berechtigt. Folgendes hat sich auf jeden können. Aus dem Projekt entstandene Forschungsergebnisse Fall verbessert: Einige Farbtafeln wurden erneuert und/oder verschiedener Institutionen wurden in diesem Buch zusam- erscheinen weniger überladen. Auch wurden die Texte über- mengetragen. Die acht Kapitel informieren umfassend über arbeitet und besser gegliedert. Das Buch wiegt immer noch die Verbreitung der betroffenen Arten, über Erfassungsmetho- zu viel (geschätzte 2 kg), aber deckt dafür umfassend nahezu den aber auch über Problemfelder wie Schallemissionen oder alle Taxa ab. Andere stilistische Punkte sind diskussionswür- Scheucheffekte. Zwischen die Kapitel sind jeweils als „Excursus“ dig und beruhen auf persönlichen Vorlieben: Zum Beispiel kurze Artensteckbriefe und Methodendiskussionen eingestreut finde ich Verbreitungskarten verständlicher als ellenlange (Vögel: Kormoran, Möwen und Alken). Textwürmer (wobei die Genauigkeit in beiden Fällen gleich Der Schwerpunkt des Buches liegt eindeutig auf den schlecht oder gut ist, da die bekannte Verbreitung der meisten Meeressäugern. Aus ornithologischer Sicht sind die Kapitel Vogelarten in Südostasien eher als Trend denn als gesichertes „Small-scale temporal variability of seabird distribution pat- Wissen zu gelten hat). terns in the south-eastern North Sea“ (N. Markones, S. Garthe, Leider gibt es aber auch einige sträfliche Fehler oder Dinge, V. Dierschke & S. Adler) und „Spatio-temporal patterns of die aus meiner Sicht eindeutig anders gemacht werden sollten. inshore and offshore foraging in Great Cormorants in the Während Robson den Bedarf an taxonomischen Änderungen southwestern Baltic Sea“ (S. Garthe, N. Guse & N. Sonntag) in der Einleitung gut begründet (sic!), ist deren generelle Um- zu erwähnen. In einem Buch zum Abschluss eines Großfor- setzung im Buch allerdings ziemlich misslungen und teilweise schungsprojektes hätte man sicher eher Übersichtsartikel als sogar falsch. Während ein Buch per Definition nicht für taxo- solch thematisch begrenzte Beiträge erwartet. Vieles wurde nomische Modifikationen herhalten sollte (International Com- aber erfreulicherweise bereits während der Projektlaufzeit an- mission on Zoological Nomenclature 2009), gibt es eine Reihe dernorts publiziert (u. a. Vogelwarte 44: 81-112; 2006), wie von Möglichkeiten auf nötige Änderungen hinzuweisen, wie ein Blick in das abschließende umfassende Publikationsver- es z. B. in Rasmussen & Anderton (2005) getan wurde. Trotz- zeichnis zeigt. Ob das Buch seinen Weg in die Bibliothek vieler dem sollten alle Änderungen in „peer-reviewed“ Zeitschriften „reiner Vogelkundler“ finden wird, darf bezweifelt werden. erfolgen (dazu ist sicher nicht „BirdingASIA“ geeignet, da eine Wer aber generell an Meeressäugern und -vögeln interessiert unabhängige Begutachtung nach eigenen Angaben komplett ist, erfährt viel Neues über deren spannende Biologie und fehlt). Auch und gerade in einem Bestimmungsbuch sollten über die möglichen Probleme, die mit der „Industrialisierung“ die Taxonomie- und Nomenklaturregeln strickt angewandt eines nur scheinbar unbegrenzten Lebensraumes auf sie zu- werden. „Lophura x imperialis“ ist somit nicht gültig und wäre kommen mögen. in einem Gutachterprozess sicher herausgefiltert worden und Ommo Hüppop Jetzt erschienen!

Fünfstück/Ebert/Weiß: Taschenlexikon der Vögel Deutschlands Hier ndet der Vogelbeobachter alle wissenswerten Informationen über unsere heimische Vogelwelt in kompakter Form. Alle Vögel Deutschlands sind farbig abgebildet. Es folgen Angaben über Verbreitung, Status, Verhalten, Fortp anzung – und all das, was Sie in Bestimmungsbüchern meist vergeblich suchen. 1. Au . 2010. 684 S., 630 farbige Abb., geb. Quelle & Meyer. Best.-Nr.: 6008660 € 24,95

Moning/Griesohn-P ieger/Horn: Grundkurs Vogelbestimmung Eine Einführung in die Beoachtung und Bestimmung unserer heimischen Vögel Wie lerne ich es, einen Vogel von einem anderen zu unterscheiden? Auf welche Merkmale muss ich achten und wie erkenne ich diese am schnellsten? Welche Hilfsmittel und »Brücken« bieten sich an? Wer bisher orientierungslos in einem »Bilderbuch« blätterte, ndet hier den richtigen Einstieg – und sein schnelles Erfolgserlebnis. 1. Au . 2010. 430 S., 640 farbige Abb., geb. Quelle & Meyer. Best.-Nr.: 6008659 € 19,95

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Inhalt – Contents

Bericht über die 142. Jahresversammlung vom 1. – 5. Oktober 2009 in Pörtschach am Wörthersee ����������������������271

Inhaltsverzeichnis Wissenschaftliches Programm �������������������������������������������������������������������������������������������������������293

Wissenschaftliches Programm ���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������297

Aus der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft ������������������������������������������������������������������������������������������������������������373

Persönliches ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������382

Nachrichten ���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������385

Literaturbesprechungen �������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������387