NADINE TAHA

Die Wolkenphotographie in der Wettermanipulation Zu Räumen militärisch-industrieller Unsicherheit

1. Industriell-militärische Wettermanipulation°

Die Unberechenbarkeit von Wetterbedingungen wurde schon immer als eine überaus wirkmächtige Variable in militärischen Operationen angesehen. Win- ter, Stürme oder Schlamm galten als Verbündete oder Kontrahenten und konn- ten den Ausgang von militärischen Kon£¹ikten entscheidend beein£¹ussen. Die Absicht, den Unberechenbarkeiten atmosphärischer Gewalten entgegenzuwir- ken, mobilisierte insbesondere im 20. Jahrhundert eine Investitions- und Inno- vationsbereitschaft, die in diverse Institutionalisierungen von Militär, Naturwis- senschaften und Ingenieurswissenschaften mündete. Die Entwicklung einer solchen Institutionalisierung soll im Folgenden anhand einer Fallstudie über die Zusammenarbeit zwischen und diversen US-amerikani- schen Militärorganisationen untersucht werden. Bereits während des Zweiten Weltkrieges befasste sich die Industrieforschung von General Electric mit Technologien, die Wetterphänomene erzeugten. So be- auftragte etwa das US-amerikanische Militär im Jahre 1941 das Unternehmen mit der Konstruktion eines Nebelgenerators. Vorbildfunktion besaß dabei eine Apparatur, welche das Schlachtschi”f Bismarck der deutschen Kriegsmarine in künstlichem Nebel verschwinden ließ und damit für gegnerische Kamp”£¹ug- zeuge unlokalisierbar machte. Die Industrieforscher nahmen sich der Aufgabe an, einen ähnlich e”fektvollen Generator zu entwickeln, mit dem man ganze Städte und Truppen in Nebelbanken einhüllen konnte.´ Für den National De- fense Reasearch Council, Chemical Warfare Service und die U.S. Air Force unter- suchten sie in der Kriegszeit zudem Nebelschleier, die Vereisung von Flugzeugen und den elektrostatischen Niederschlag bei Stürmen, welcher den Funkkontakt von Flugzeugen störte.µ

° Einige der in diesem Aufsatz verwendeten historischen Materialien stammen aus Archiven, die Sammlungen des US-amerikanischen Unternehmens General Electric besitzen: Library of Congress, Washington, D.C., Manuscript Division; Museum of Innovation and Science, Schenectady; University at Albany, Albany, M.E. Grenander Department of Special Collec- tions and Archives. ´ Vgl. Vincent Schaefer, Final Report Project Cirrus. Part I. Laboratory, Field, and Flight Experi- ments. RL-785, General Electric Research Laboratory, Schenectady, 1953, S. 1, University at Al- bany, Albany, M.E. Grenander Department of Special Collections and Archives, Vincent J. Schaefer Papers (UA902.010), 1891-1993, Serie 2, General Electric – Project Cirrus, 1943-1954, 1981, Undated, Unterserie 2.1, Flight Data and Research, 1946-1953, Undated, Box 11, Mappe 39-40. µ Vgl. Havens, History of Project Cirrus, S. 3f.

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Von diesen Aktivitäten beein£¹usst, intensivierten die Industrieforscher , Vincent Schaefer und im Jahre 1946 die Forschung im Bereich der WettermodižŸkation. Aus den anfänglichen Experimenten, die in einer Gefriertruhe durchgeführt wurden, entwickelten sie unter Verwendung von Trockeneis und Silberjodid¸ die Methode des , des Wolkenimpfens. Nach eigenen Aussagen gelang es ihnen bei den ersten Feldstudien, die natürliche Atmosphäre zu manipulieren und Phänomene wie Regen, Schnee und Stürme zu produzieren.º Aufgrund des einsetzenden Kalten Krieges hatte die US-amerika- nische Regierung erneut ein immenses Interesse an Verfahren der Wettermanipu- lation. Beeindruckt durch die Erfolge von General Electric, versprach man sich hiervon, artižŸziellen Niederschlag als geheime Wa”fe der Kriegführung nutzbar machen zu können. Mögliche Eingri”fe in das Wetter, wie etwa das Freisetzen at- mosphärischer Gewalte