Diplomarbeit

„Der Flow im Spiel“ in Theorie und Praxis

im Studiengang Intermedia an der Fachhochschule Vorarlberg, Österreich

eingereicht bei: Monika Schnell , Thomas Feuerstein

vorgelegt von: Michael Auer und Claudio Contini

Dornbirn, August 2006

1 Inhaltsverzeichnis Seite Seite

1. Abstrakt 6

2. Dokumentation der praktischen Arbeit

2.1 Idee 10 3.4.1.2. Die Spielewelt als Regelsystem 61 2.2 Spielkonzept 12 3.4.2. Digitale Spielewelten 62 2.3 Gestaltungskonzept 20 3.4.2.1. Grundzüge der Spielsysteme 62 2.3.1 Formsprache 22 3.4.2.1.1. Objekte 62 2.3.2 Farbklima 24 3.4.2.1.2. Inszenierung 63 2.3.3 Spielbrett 26 3.4.2.1.3. Navigation 64 2.3.4 Spielkarten 28 3.4.2.1.4. Kommunikation 65 2.3.5 Verpackung 28 3.4.2.1.5. Haptik 66 2.3.6. Spielaccesoires 28 3.5. Conclusio 68 2.5 Conclusio 30 3.6. Literaturangabe 70 3.7 Fußnotenverzeichnis 71 3. Der Flow im Spiel

4. Interviews 3.1. Einleitung 34 3.1.1. Das Spiel allgemein 34 74 3.1.1.1. Definition 34 4.1 Interview mit Wolfgang Kramer 92 3.1.1.2. Kulturelle/Soziale Aspekte im Spiel 34 4.2 Interview mit 3.1.2. Das Brettspiel 36 3.1.2.1. Definition 36 3.1.2.2. Geschichte 36 3.1.3. Das Computerspiel 39 3.1.3.1. Definition 41 3.1.3.2. Geschichte 41 3.1.4. Fragestellung und Methode 41 3.2 Der Flow-Effekt 56 3.3 Avatare 57 3.4. Das Spiel als Welt 58 3.4.1. Analoge Spielewelten 58 3.4.1.1. Grundzüge de Spielsysteme 58 3.4.1.1.1. Objekte 58 3.4.1.1.2. Inszenierung 58 3.4.1.1.3. Navigation 59 3.4.1.1.4. Kommunikation 60 3.4.1.1.5. Haptik 60 1. Abstrakt

4 5 1. Abstrakt

Unsere Diplomarbeit thematisiert die Gemeinsam- Our thesis is about the similarities and differences keiten und Unterschiede zwischen Brett- und Com- of board- and computer games, which are relevant puterspielen. Diese zeigen sich sowohl in der Ge- for the design and the rules. staltung als auch in den Regelsystemen der Spiele. In the practical part we tried to analyse the compu- Im praktischen Teil versuchten wir Computerspie- ter games, to abstract the rules and realize them in le zu analysieren, ihr Regelwerk medienkonform zu a board game. If you are designing games you have abstrahieren und dieses im Weiteren in ein Brett- to mind the differences of the two medias. For ex- spiel zu integrieren. ample itʼs not possible to provide animations with a Auch bei der Gestaltung ist auf mediale Divergen- board game. This was one of the difficulties we tried zen der Plattformen von Spielen zu achten. So sind to solve. Our focus was on the quality of our game Darstellungen, welche am Monitor durch aufwen- so we had to discard those elements, which are not dige Animationen erfolgen, auf einem Brettspiel compatible to use in board games. In our thesis we nicht möglich. Dies stellte nur eine der vielen Her- try to answer questions like “Which elements are ausforderungen dar, welche es zu lösen galt. Unser important to experience the game?”, “How is it pos- Hauptaugenmerk lag auf der Qualität des Brettspiels sible to immerse in the game?” and “What are the selbst. Damit wurden immer mehr Spielelemente, differences between the two platforms?”. welche uns anfangs noch als Basis zur Entwicklung unseres Spiels dienten, völlig aus unserem Konzept gestrichen. Welche Elemente ein Spiel zu einem Erlebnis machen, was der Spieler benötigt, um in eine digitale oder analoge Spielwelt einzutauchen, wo die Unterschiede der beiden Plattformen liegen - diesen und anderen Fragen versucht die theoreti- sche Arbeit Antwort zu geben.

6 7 2. Dokumentation der praktischen Arbeit

8 9 2.1. Die Idee

Das Spielen an sich liegt in der Natur des Menschen, sache, dass durch Brettspiele ganz andere Emoti- und einige von uns haben sich die Leidenschaft onen erweckt werden. Unser Ziel war es, Lösungen für das Spielen auch als Erwachsene noch erhalten zu erarbeiten, die einen medien-gerechten Transfer können. Waren es früher ausschließlich Brett- und eines digitalen Spielkonzeptes erlauben ohne dabei Kartenspiele, die uns in ihren Bann gezogen ha- die unverkennbaren Charakteristiken des digitalen ben, so hat sich heute der Spielemarkt mit digitalen Spiels zu vernachlässigen. Wir haben nach visuellen Computerspielen um ein Vielfaches erweitert. Viele Alternativen zur kommerziellen Spielwelt gesucht, Spiele, die wir in unserer Kindheit gespielt haben, um neben der Zielgruppe der Spielbegeisterten wurden mittlerweile auf Konsolen oder Compu- auch ein an-Kultur-interessiertes Publikum errei- tern umgesetzt (z.B. Risiko oder Monopoly). Ihren chen zu können. wahren Reiz entfalten diese Spiele allerdings erst in ausgebreiteter Form vor uns auf dem Tisch. Beide Medien bieten völlig unterschiedliche Möglichkeiten in Darstellung, Steuerung und Ablauf.

Das Brettspiel als Medium bietet nur in beschränk- tem Ausmaß die Möglichkeit zur grafischen Darstel- lung von Spieldaten. Insbesondere dabei besitzt ein digitales Spiel fast unbegrenzte Möglichkeiten. Ein Spiel wird von einer Geschichte getragen, in wel- che sich die Spieler hinein versetzen können. Die Spielumgebung ist maßgebend dafür, ob sich ein Spieler mit seiner Rolle im Spiel identifizieren kann. Das Eintauchen in die Spielwelt ist eine Grundvor- aussetzung, für ein von Zweifeln befreites Handeln des Spielers. Dies ist vor allem für die Freude am Spiel und den Aufbau der dazugehörenden Emoti- onen wichtig.

Nicht jedes Spielkonzept eignet sich für die Umset- zung in ein Brettspiel. Es gibt Spiele, die auf „Echt- zeit-Informationen“ zurückgreifen, um den Spieler zu jeder Zeit mit nötigen Informationen zu versor- gen. Somit erscheint uns ein strategisch-geprägtes Spiel besser umsetzbar. Dieses würde sich leichter aus seiner Zeitabhängigkeit lösen lassen und ist in seinen Bestandteilen auf das Nötigste reduzierbar. Die besondere Faszination für uns lag in der Tat-

10 11 2.2 Spielkonzept

Wir hatten uns zu Beginn unserer Diplomarbeit Das Online-Rollenspiel (MMRPG) „Silkroad Online“ sehr schnell auf die Umsetzung eines „Konsolen- brachte uns auf die Idee, ein Spiel zu entwickeln, bei klassikers“ festgelegt. „Bomberman“ (screenshots) welchem der Spieler als Handelsreisender mit Wa- hat uns als Kinder stundenlang gefesselt. Die Vor- ren handelt. Das variable Spielbrett sollte auch hier stellung dieses Spielerlebnis auf ein Spielbrett zu erhalten bleiben. Wir zeichneten erste Skizzen des transferieren hat uns fasziniert. Es entstanden ers- Spielbretts und machten uns grundlegende Gedan- te Skizzen und Ideen im Kopf, wie eine Umsetzung ken über Spielinhalte. Ohne es zu bemerken, ent- möglich wäre. Dabei war uns besonders wichtig, die fernten wir uns zunehmend davon, ein bestimmtes grundlegenden Handlungsmöglichkeiten des Spiels Computerspiel auf ein Spielbrett zu transformieren, in der analogen Umsetzung zu erhalten. sondern gingen ganz neue Wege. Vielmehr suchten wir nach passenden Komponenten, die transferier- Es entstand der Wunsch mit einem variablen Spiel- bar wären, also grundlegend in das Spielkonzept brett zu arbeiten, ähnlich wie beim Spiel „Das ver- passen würden, aber nicht zwingend aus nur ei- rückte Labyrinth“. Durch Auslegen von Wegekarten nem einzigen digitalen Spiel stammen müssen. Wir baut man zu Beginn das Spielbrett auf, welches so- durchlebten einen Prozess, in welchem unsere Ideen mit jedes Mal anders gestaltet werden kann. Unse- und Ansätze ständig auf die Probe gestellt wurden. rer Ansicht nach bietet dies zusätzliche taktische Viele Dinge ließen sich einfach nicht übertragen. Möglichkeiten. Wir waren begeistert von der Idee Beispielsweise lassen sich Echzeitparameter nicht ein Spielbrett zu haben, das ständigen Verände- einfach ins Analoge übersetzen, andere Elemente rungen unterzogen ist. Nach den ersten Ideen für ebenso wenig. Computerspiele können eine hohe eine Umsetzung von „Bomberman“ zogen wir in Be- Komplexität erreichen und trotzdem übersicht- tracht, auch andere Computerspiele in Brettspiele lich Informationen visualisieren. Bei der analogen zu transferieren. Bald mussten wir jedoch feststel- Übertragung mussten wir darauf achten, dass wir len, dass wir viele taktische Möglichkeiten des Kon- das Spielkonzept soweit reduzierten, dass es nicht solenklassikers nicht beibehalten konnten. In unse- zu komplex wurde und nicht zu viel Spielmateri- ren Augen sollte das Spiel aber nahezu dieselben al anfallen würde. Beides wurde zu einem immer Möglichkeiten bieten wie sein digitales Vorbild. Dies größeren Problem und das ursprüngliche Spiel- schien uns besonders wichtig, um einen eindeuti- konzept war nur noch in Grundzügen erkennbar, gen Zusammenhang zwischen den beiden Spielen hatte aber mit dem eigentlichen Spiel nicht mehr zu gewährleisten. viel gemeinsam. Auch die Größe der Spielwelt ist auf einem Spielbrett eingeschränkt und somit auch Nach vielen Ideen, noch mehr frustrierenden Er- der Aktionsraum. Schlussendlich mussten wir im- kenntnissen und der Vorahnung das „Bomberman“ mer mehr Kompromisse schließen und daraus re- sich zwar umsetzen lassen würde, dies aber nicht sultierte, dass die Entwicklung unseres Spiels eher nach unseren Vorstellungen, kamen wir zu dem dem einen „klassischen“ Brettspiel glich. Entschluss, nach neuen Konzepten zu suchen. Denn Die grundlegende Spielidee eines Handelsreisen- es erschien uns als besonders wichtig, dass der den wurde von uns beibehalten, wobei wir uns von In der klassischen Variante besteht das Spielfeld aus einer Matrix von zerstörbaren und unzerstörbaren Wänden. Durch legen von Bomben Charme eines Spiels den Medientransfer unbescha- den Fesseln eines digitalen Vorbildes völlig lösten. können immer mehr Bereiche des Spielfelds erschlossen werden. Die Explosion wird durch Feuerstrahlen in alle vier Richtungen des zweidi- det übersteht. Wir machten uns daran, das Spielkonzept konkre- mensionalen Raums dargestellt und bringt andere Bomben zur sofortigen Zündung, was gewisse Taktiken ermöglicht und erfordert.

12 13 ter werden zu lassen. Vier Städte sollte unser Spiel das Spiel mit einer größeren Testergruppe zu spie- Skizze eines Spielszenarios. Die Strassen waren hier noch in drei enthalten, die als Heimat der Spieler dienen sollten len. Ernüchterung machte sich breit: Das Auslegen Gefahrgrade unterteilt. und auf deren Stadtmärkten mit Waren gehandelt der Wegekarten dauerte fast eine dreiviertel Stunde. werden konnte. Dies funktionierte nach einem ver- Das war eindeutig zu lang. Auch im späteren Spiel- einfachten, marktwirtschaftlichen Prinzip. Je mehr verlauf entdeckten wir Mängel, die an bestimmte Waren vorhanden sind, desto billiger ist ihr Einkauf. Spielsituationen gebunden waren. Zudem kamen Umso weniger von einem Rohstoff vorhanden ist, wir zu der Erkenntnis, dass unser variables Spiel- desto teurer wird sein Erwerb. Die Städte sollten brett keinen Sinn ergab. Egal, wie man die Straßen durch Straßen miteinander verbunden sein, auf de- auch auslegte, die Variation der Weglänge betrug nen die Spieler mit ihrer Karawane - symbolisiert maximal ein Feld. Ein statisches Spielbrett hät- durch Kamele - reisen. Die Wege waren anfangs in te somit keine nachteiligen Auswirkungen auf das drei Farben kodiert. Je nach Gefahrengrad (des zu Konzept. Vielmehr konnte somit das Problem des durchschreitenden Wegabschnitts) waren diese mit Zeit-aufwendigen Auslegens der Straßen umgangen den Farben grün, gelb und rot markiert. Kommt ein werden. Spieler auf ein farbiges Feld, muss er eine Ereignis- karte ziehen. Für jede dieser Farben gibt es einen Wir führten Wasser als Voraussetzung für das Ziehen eigenen Kartenstapel. Wir haben seitenweise Ideen mit der Karawane ein. Mit jedem Spielzug (Würfeln) für die Spielkarten gesammelt (siehe Seite 13). musste eine Ration Wasser abgeben werden. Das war eine taktische Überlegung, denn bei 15 Stell- plätzen einer Karawane musste man sich nun ge- nau überlegen, wie viel Wasser man mitnimmt, um sein Ziel auch zu erreichen. Jede Ration Wasser be- Der esrte Entwurf eines Spielszenarios. Die Strassen beinhalteten legte einen Stellplatz, was bedeutete, dass weniger noch die drei Farben Rohstoff e transportiert werden konnten. Geht dem Spieler das Wasser vor der Ankunft in einer Stadt aus, muss er eine Runde aussetzen. Aber auch diese Idee verschwand nach weiteren Testspielen wieder Von diesem Konzept kamen wir jedoch ab, da wir aus unserem Konzept. erkannten, dass die Ereigniskarten zu viel Einfl uss In unserem nächsten Konzept hielt eine Oase Einzug. auf das Spiel nehmen würde. Die Oase sollte einen Ort darstellen, der den Spie- Der nächste Schritt war, dass wir die Städte in die lern zum Handeln aber auch zur Einlagerung von Ecken setzten, um jedem Spieler gleich lange Wege Rohstoff en dient. Die Einlagerung eines Rohstoff s zu gewähren. In der Mitte sollte eine Oase sein, wel- stellte eine Art Handels-Lizenz dar, welche dem che als Handelsmittelpunkt und Lagerungsstätte für Spieler - eine Runde später - den Erwerb des Roh- Rohstoff e dienen sollte. stoff s zum Produktionspreis erlaubte. Erst wenn alle Erste Testspiele zu zweit verliefen überraschend „verlangten“ Rohstoff e eingelagert wurden, konnte gut. Wir waren erfreut, dass das Spiel auf Anhieb der Spieler diese zu den Märkten zurückbringen Spaß machte und gravierende konzeptionelle Feh- und damit das Spiel beenden. Gewonnen hätte der ler fi elen uns vorerst keine auf. Es war an der Zeit, Spieler, der am Ende das meiste Geld besitzt.

14 15 Beispiele für Ereigniskarten

Grün (positiv)

Ein verwirrtes Kamel kreuzt deinen Weg und schließt sich deiner Karawane an!

Du pfl ückst ein „Vergiss mein nicht“ ! Du behältst das Verkaufsrecht auf einen Rohstoff deiner Wahl. Achtung lass Dir nicht zu viel Zeit ! Nach dem zweiten Spieler in der Stadt verwelkt das „Vergiss mein nicht“.

Du pfl ückst den falschen Pilz! Deine Vision sagt dir, dass sich in der nächsten Stadt ein Handeltreibender aufhält, der Dir für deinen billigsten Rohstoff 5000 Gold geben wird.

Gelb (positiv/negativ)

Eines deiner Kamele hegt Selbstmordgedanken. Überzeuge es, dass sein Leben noch einen Sinn hat. Würfel einmal! Bei eins, zwei oder drei: Das Kamel ist nicht überzeugt! Du verlierst die geladenen Waren + Kamel. Bei vier, fünf und sechs: Das Kamel ist überzeugt! Skizze des Spielbrettes und Spielelementen. Die Produktionsstätten werden nun zu Beginn des Eine Wüstenschönheit verführt dich! Ihre Messer- Spieles auf dem Spielplan ausgelegt. Jeder Spieler wetzenden Brüder engagieren einen Dieb. Deine besitzt sechs Zahlenchips, welche er den einzelnen Mitspieler entscheiden darüber, wo sich der Dieb Produktionsstätten zuordnen darf. Wird die Zahl auf die Lauer legt. Bei einem Kontakt mit dem Dieb gewürfelt, die auf dem Chip steht, erhält der Spieler verlierst Du eine Einheit deiner teuersten Ware. eine Rohstoff karte des dort produzierten Rohstoff s. Handeln untereinander ist grundsätzlich möglich, Dich triff t aus heiterem Himmel eine tiefe Depression, die erworbenen Rohstoff e werden allerdings nicht die du - falls vorhanden - mit deinem kompletten mehr verkauft, sondern man setzt sie zum Bau von Weinvorrat zu bekämpfen versuchst. Hast du keinen Gebäuden ein. Die Oase wurde zudem ebenfalls aus Wein, dann musst du eine Runde aussetzen. dem Spielkonzept gestrichen. So gab es fortan drei Entwicklungsstufen (siehe Seite 14ff ), die ein Spieler durchschreiten muss, um das Spiel für sich zu ent- Rot (negativ) scheiden. Dein Kamel wird vom Blitz getroff en und geht Zum Bau eines Gebäudes benötigt man je nach Ge- sofort in Rauch auf! Du musst eine Runde bäudetyp unterschiedliche Rohstoff e. So muss man aussetzten bis ein Ersatzkamel da ist. zum Beispiel für ein Gebäude der ersten Entwick- lungsstufe weniger Rohstoff e bezahlen als für ein Dein Kamel brennt durch! Es hat zwei Felder Gebäude einer Höheren. Ursprünglich sollten alle Vorsprung. Versuche es einzuholen bevor es die Bauteile eine gewisse Höhe aufweisen. Damit hät- Stadt erreicht. Ist ein Mitspieler in der Stadt so ten wir auf dem Spielbrett eine Pyramidenform der kann er das Kamel locken (würfelt für das Kamel). Bauten erreicht, was sicherlich sehr schön gewesen Erreicht das Kamel vor dir die Stadt, so wechselt es wäre. Das Problem war jedoch die Menge der Bau- den Besitzer inklusive Waren. teile. Aus Verpackungs-technischen Gründen muss- ten wir leider auch diese Idee verwerfen. Magen-Darm-Party! Lass in Zukunft die Finger von Datteln. Du brauchst sofort einen Arzt! Zahle 1000 Gold.

16 17 1.Entwicklungsstufe | Stadtmauer, Siedlung

Stadtmauern bestehend aus zwölf Bauteilen. Die Darstellungen ent- sprechen den komplett zusammengesetzten Mauern.

Um die Stadtmauer zu komplettieren muss der Spieler zwölf Kärt- Eine Siedlung besteht aus vier Bauteilen. Die Siedlung ist vollstän- chen zusammenlegen. Erst wenn die Mauer vollständig ist bietet sie dig, wenn der Spieler vier Siedlungskärtchen zusammengelegt Schutz vor möglichen Eindringlingen. hat.

Siedlunggskarten bestehend aus vier Bauteilen.

18 19 2.3 Gestaltungskonzept

Weshalb werden Brettspiele so gestaltet, wie sie ge- perimente verbieten. Da sich dies auch in den Ver- ren und ohne ein bestimmtes Farbklima zu definie- staltet werden? Wieso gibt es kaum Ausreißer aus der kaufszahlen negativ niederschlagen kann. Der erste ren. Analog zur Darstellung des Spielszenarios in gestalterischen Monotonie? Fragen, die wir zunächst Eindruck ist maßgebend. Ist die Verpackung schon realistischer Form entwickelten wir eine stark ab- nicht beantworten konnten. In uns reifte dennoch zu experimentell, greift der Kunde zu einem an- strakte Grundstruktur, welche auf die Darstellung der Entschluss, etwas Eigenständiges zu erschaffen. deren Produkt. Erste Entwürfe des Spielbretts, der von realistischen Elementen komplett verzichtet. Unser Spiel sollte seine eigene visuelle Sprache be- Kamelkarten sowie des Stadtmarkts entstanden. Wir stellten uns die Frage, ob Assoziationen mittels kommen, fernab von irgendwelchen Zwängen oder Das Ganze sollte einen antiken „Touch“ besitzen, eines Farbklimas eine ausreichende Basis für das Vorgaben, welche das Brettspieldesign prägen. Wir um dem thematischen Hintergrund zu entsprechen. Spielverständnis bilden könnten. Durch das Redu- wollten es anders machen, abstrakter, deutlicher Uns wurde schnell bewusst, dass mit dieser Heran- zieren der Gestaltungselemente auf das Wesentliche im Endeffekt „einfacher“. Unser Design sollte so- gehensweise für uns keine zufriedenstellende Visu- entfernten wir uns immer mehr von der gängigen wohl Inhalte zweck-orientiert darstellen, als auch alisierung zustande kommen kann, und wir erarbei- Spielästhetik. Die logische Folge davon war, dass wir Informationen strukturieren und organisieren, um teten einen neuen Ansatz. unsere Zielgruppe maßgeblich eingrenzten. Denn somit den Inhalt klarer kommunizieren zu können. mit der immer abstrakter werdenden Darstellung Die meisten Autorenspiele haben eine ähnliche Äs- Wir teilten das ganze Spielbrett auf ein Raster - von fällt es nicht mehr so leicht, sich in das Spiel hinein thetik. Unser erster Ansatz fand noch Anlehnung jeweils 4x4cm - auf. Zuerst ohne irgendwelche zu versetzen. Das sollte aber für uns kein Hindernis an der illustrativen Gestaltung, welche in der Regel Spielinhalte (wie zum Beispiel Straßen) zu integrie- sein, aus der Bildsprache von Brettspielen auszu- in den meisten Spielen Anwendung findet. Dies hat brechen, die einzig und allein auf kommerziellen auch einen Grund. Die illustrative Gestaltung ist viel Erfolg ausgerichtet ist. mehr in der Lage, Emotionen zu übertragen als es abstrakte Darstellungen vermögen und erlaubt dem 3.Entwicklungsstufe | Monument Die Richtung war somit festgelegt, unser Spiel soll Spieler darüber hinaus einen einfacheren Zugang zu abstrakt sein und eine eigene Farbästhetik aufwei- der Geschichte des Spieles. Das mag daran liegen, sen. Der nächste Schritt war die Suche nach einer 2. Entwicklungsstufe | Krankenhauses, Bibliothek dass detailreichere Darstellungen einen größeren Das Mounument wird über alle vorherigen Bauten ausgelegt und passenden Formsprache. Betrachtungswinkel bieten und dem Spieler eine verhilft dem Spieler zum Sieg. größere Anzahl von inhaltlichen Assoziationen of- Gebäudekarten für Die Bibliothek und das Krankenhaus. fen lassen. Offensichtlich ist das auch das, was vom Diese Spielkarten werden über die Karten der ersten Entwicklung- „Durchschnittsspieler“ gewünscht wird. Das geht stufe gelegt. deutlich aus den Verkaufszahlen der Spiele hervor, die mit abstrakter Gestaltung wesentlich geringeren Erfolg verbuchten als vergleichbare Spielkonzep- te mit illustrativem Erscheinungsbild - unabhängig von der Qualität des Spielkonzeptes (vgl. Interview, Wolfgang Kramer).

Grundsätzlich kann man sagen, dass sich auch bei der farblichen Orientierung von Brettspielen, Ex-

20 21 2.3.1 Formsprache

Die Inhalte sollen soweit wie irgend möglich ver- einfacht werden. Wir fingen an, mit einfachen geo- metrischen Formen zu arbeiten. Bei der Gestaltung orientierten wir uns an Otl Aichers Arbeiten zu Wil- helm von Ockham.

Es entstanden erste Entwürfe für die vier Städte (siehe unten). Der erste Ansatz war uns nicht abs- trakt genug. So haben wir schrittweise die Elemente reduziert. Wir haben außerdem auf jegliche pers- pektivische Darstellung verzichtet. Die große Her- ausforderung lag darin, eine einheitliche Bildspra- che zu finden, die es vermag die vielen Einzelteile in ein homogenes Gesamtbild zu setzen. Das galt na- türlich nicht nur für das Spielbrett sondern auch für alle anderen Komponenten - inklusive Verpackung.

Der erste Entwurf einer Stadt in illustrierter Dar- stellung . Im Endeffekt war die Formsprache noch nich abstrakt genug.

Istanbul Peking Nanjang Kairo

22 23 2.3.2 Farbklima

Anfangs orientierte sich das Farbklima an dem eines Wüstenbodens. Das Erscheinungsbild war eindeutig zu monoton. Wir haben uns dazu entschlossen, die Farben den örtlichen Gegebenheiten also den Regi- onen, welche die vier Städte umgeben, anzupassen. Wir haben folgende Farbklimas entwickelt, die - von der Stadt ausgehend - je ein Viertel des Spielbret- tes bedecken.

Eine homogene Farbgebung war wichtig, um die visuelle Sprache von Form und Farbe als Einheit wirken zu lassen. Dennoch mussten die vier Berei- che unterscheidbar bleiben, ohne dass ein Teil des Spielbretts optisch dominiert.

Istanbul trocken, warm, lehmig. Kairo sandig, trocken, warm

Nanjang fruchtbar, seen, meer Peking fruchtbar, wald

24 25 2.3.3 Spielbrett

Das Spielbrett (64 x 52 cm) haben wir auf ein Raster Städten als Hintergrund dient, diese mit dem Spiel- von 4 x 4cm aufgeteilt. Das entwickelte Farbklima brett und verhindert somit eine zu starke Abgren- ergab ein stimmiges Gesamtbild. (vgl. Farbklima). zung. Die Straßen hielten wir zu Beginn einheitlich in ei- nem Braunton. Dadurch wirkten sie jedoch wie ein Fremdkörper im Vergleich zur übrigen Bildsprache. Auch der unterschiedlich-starke Kontrast (der von der Hintergrundfarbe abhängig ist) stellte ein Pro- blem dar. Wir unternahmen Versuche, die Straßen angemessen in das Gesamtbild einzufügen. Einige dieser Versuche sind unten abgebildet. Letztendlich teilten wir ein Quadrat in drei gleich große Teile, um den mittleren Teil als Straße zu nutzen. Als Hinter- grund für die Straßen diente die hellste Farbe der vier Farbklimas. Damit haben wir eine Verbindung zwischen Städten und Spielbrett geschaffen. Unter- stützend dazu verbindet auch der Himmel, der den

Die Rückseite des Spielbrettes mit Kamel.

Spielbrett nach abschluss der ersten Entwicklungsstufe Ansicht des Spielbrettes vor Beginn des Spieles. Die Bauplätze sind mit einem Linienraster gekennzeichnet, welches es dem Spieler das platzieren der Baukarten erleichtert.

Spielbrett nach abschluss der zweiten Spielbrett nach abschluss der dritten Entwicklungsstufe Entwicklungsstufe

26 27 Die Rohstoffkarten nimmt der Spieler auf die Hand.

2.3.4 Spielkarten 2.3.6 Spielaccesoires

Die Spielkarten haben ein unübliches Format. Um Neben dem Spielbrett sind folgende Materialien im Raster zu bleiben haben wir diese auf sechs mal notwendig: Würfel, Holzfiguren (Kamel in abstra- sechs Zentimeter angelegt. Damit wird die einheit- hierter Form), Produktionsstätten sowie Rohstoff- liche Formsprache gewahrt und der Zusammenhang und Ereigniskarten. zwischen Produktionstätte und Rohstoffkarte bleibt erhalten. Das Kamel besteht aus Hartholz. Die einfache Form war uns auch hier wichtig. Das Kamel sollte jedoch erkennbar bleiben und durfte deshalb einen ge- wissen Abstraktionsgrad nicht überschreiten. Dies 2.3.5 Verpackung war eine Gratwanderung, denn es mussten auch die fertigungstechnischen Möglichkeiten der Tischlerei berücksichtigt werden. Ursprünglich wollten wir die Die Verpackung musste zum ganzen Erscheinungs- Kamele in den Farben der Spieler einfärben lassen. bild des Spieles passen. Ein herkömmlicher Kar- Die Figuren hätten vorbehandelt und mehrfach la- ton würde die gesamte Spielästhetik vernichten. Es ckiert werden müssen, was ein langwieriger und musste eine schlichte Verpackung sein ohne viel kostenintensiver Prozess ist. Deshalb haben wir uns Farbe. Bei einem Tischler ließen wir eine Holzkiste entschlossen, die Kamele selbst einzufärben. aus dunklem, gemasertem Hartholz anfertigen. Auf den Deckel ist ein stark abstrahiertes Kamel (0,5 Die Produktionsstätten enthalten einfache Pikto- mm abstehend, zum Ausziehen des Deckels) auf- gramme, die den Rohstoff darstellen. Die Plättchen, geklebt. Der dunkle Braunton der Holzkiste steht in die auf den Straßen ausgelegt werden, sind in die harmonischer Verbindung mit dem Farbklima und Optik des Spielbrettes eingebettet. Insbesondere lässt nach dem Öffnen die Farben des Spielbrettes greifen sie die Gestaltung der Straßen wieder auf, zur Geltung kommen. indem sie im unteren Drittel einen Balken enthalten.

Produktionstätten

Edelsteine Porzelan Seide Gewürze

28 29 Angriffskarten 2.5. Conclusio

Der Prozess, den wir durchlebt haben, hat uns viele unterschiedliche Aspekte der Spielgestaltung auf- gezeigt, die erst im Laufe der Entwicklung sichtbar wurden. Die unterschiedlichen Darstellungsformen digita- ler und analoger Spiele könnten gegensätzlicher nicht sein. Ein Brettspiel muss die Spielregeln klar kommunizieren - im Optimalfall über die grafische Darstellung. Das bedeutet, dass die Gestaltung, wo Schutzkarten immer es möglich ist, Spielregeln visuell kommu- niziert, um somit die Handhabung des Spieles zu erleichtern. Der Transfer in ein anderes Medium ist ein gewal- tiger Kraftakt und ist ohne einschneidende Kom- promisse nicht möglich. Das war der Grund von der Idee des Medientransfers abzusehen und sich der Entwicklung eines eigenständigen Brettspieles zu widmen. Doch die damit verbundenen Aufgaben wurden kei- neswegs einfacher. Durch die anfängliche Komple- xität unseres Spielkonzeptes mussten wir sehr viel Linke Abbildung die Rückseite der An- Zeit in die Vereinfachung der Regeln investieren. Grundriss des Kamels. griffskarten, rechte Abbildung die Rück- Jede Veränderung des Konzepts hatte auch eine seite der Schutzkarten. grafische Anpassung zur Folge. Das Brettspiel muss im Gesamten stimmig wirken. Das gilt sowohl für die Gestaltung als auch für das Konzept.

Abschließend wäre zu erwähnen, dass die Brett- spielentwicklung viel Erfahrung und Background- wissen abverlangt. Insofern ist unser Brettspiel als das Ergebnis von Versuchsreihen und einer prakti- schen Annäherung an das Medium Spiel zu sehen.

30 31 3. Der Flow im Spiel

32 33 1 Huizinga, Johan:HOMO LUDENS. Vom Ursprung der Kultur im Spiel. Hamburg 1987(1938) S. 37 2 Huizinga, Johan:HOMO LUDENS. Vom Ursprung der Kultur im Spiel. Hamburg 1987(1938), S.19

3.1 Einleitung

3.1.1 Das Spiel allgemein

3.1.1.1 Definition 3.1.1.2. Kulturelle und soziale Aspekte im Spiel Handlungen verbunden ist, ein essentielles Muster freuen sich über die Spielhandlungen. Die emoti- des Spiels. Die individuelle Auseinandersetzung onale Triebfeder dieses und vieler anderer Spiele des Spielers mit dem Regelkonstrukt eines Spieles stellt der Wettkampf dar. Er ist ein in sich geschlos- Wenn eine Tätigkeit erzwungen ist, d.h. unmittelbar Spielen erfüllt meist keinen materiellen Nutzen, es kann sich auch außerhalb der Spielwelt in seinem sener Prozess und hat nur selten tatsächliche Aus- der Pflichterfüllung dient, dann ist es kein Spiel. Die werden keine unmittelbaren Bedürfnisse befriedigt Verhalten im Alltag bemerkbar machen. Spielen be- wirkungen auf Alltagsprozesse. Wettkämpfe bieten besondere Qualität des Spielens wird durch kreative und dennoch besitzt das Spiel eine Fülle an kultu- deutet auch zu lernen. Das Spiel in seiner primi- eine Möglichkeit der Selbstdefinition. Die Rückmel- Aspekte erreicht. Welchen Spieltyp man bevorzugt, rellen und sozialen Funktionen. Huizinga sieht das tivsten Form kann schon in der Tierwelt beobachtet dung über die eigene Stellung erfolgt sofort - durch hängt von den eigenen Interessen ab. Diese können Spiel nicht als Kunstform an, sondern als eine kul- werden. Ein treffendes Beispiel dafür bietet das Ver- die künstlichen Strukturen von beispielsweise Toren, sich auf inhaltliche Vorlieben, strategische Veranla- turschaffende Tätigkeit, welche sich für eine be- halten von spielenden Hundewelpen. Bereits in der Spielen oder Tabellen. Diese Qualität der Ordnung gung oder abstraktes Denken beziehen, oder man stimmte Zeit in einer abgegrenzten ideellen Räum- postnatalen Phase beginnen die Welpen sich gegen- lässt sich durch Regeln erzeugen, welche im kom- überlässt seine Geschicke einfach gänzlich dem lichkeit mit einer definierten Ordnung ereignet. seitig zu attackieren. Trotz des ernsthaften Bemü- plexen Geflecht menschlichen Zusammenlebens Glück. Eines haben aber dennoch alle Spiele ge- Das Spiel ist für ihn vor allem ein soziales Phäno- hens nach den Ohren der Geschwister zu schnap- unmöglich zu bewerkstelligen wäre. Der Wettkampf meinsam: Spiele folgen einem Regelwerk, dem sich men. Als Johan Huizinga 1938 Homo Ludens ver- pen und der physischen Möglichkeit das Ohr dabei ist und war ständiger Begleiter der menschlichen alle Mitspieler unterordnen müssen. Je nachdem, öffentlicht hatte, war für ihn die Entwicklung des zu durchbeißen, gehören Verletzungen bei solchen Evolution. um welche Art des Spieles es sich handelt, stehen Spiels und dessen Bedeutung im 21. Jahrhundert Tollereien eher zur Ausnahme. Weshalb die Welpen unterschiedliche Kommunikationsebenen zur Ver- nicht absehbar. Umso eindrucksvoller wirken seine sich in ihren Spielen an gewisse Regeln zu halten Die Spannung ist ein weiteres Charakteristikum, das fügung, welche sich zu einem komplexen Kommu- grundlegenden Einsichten bezüglich der Einflüsse scheinen, liegt wohl an ihrem instinktiven Verhal- Huizinga dem Spiel zurechnet. „Spannung besagt: nikationsnetzwerk zusammensetzen können. Wer des Spiels auf Kultur und soziales Leben. ten, das dem gesamten Spiel zugrunde liegt. Die Ungewissheit, Chance“ 2 , was bedeutet, dass der spielt, begibt sich für eine begrenzte Zeit in eine Die linguistische Analyse des Wortes Spiel und des- Sinnhaftigkeit dessen liegt auf der Hand, denn die exakte Spielverlauf sowie der Ausgang des Spiels andere „Welt“. Der Spieler taucht in eine verzerrte sen Derivate dienen Huizinga als eine Grundlage heranwachsenden Hunde müssen sich später in das nicht vorherbestimmt ist und vom Spieler durch Realität ein, gewöhnliche Regeln des Lebens werden seiner Betrachtungen über die Bedeutung des Spiels Rudel integrieren und sich auch gegenüber anderen Geist, Gewandtheit oder Glück beeinflusst werden aufgebrochen, aufgehoben oder in neue Zusam- in unserem Alltag. Dabei ist im Besonderen hervor- Rudelmitgliedern ständig behaupten. Dieses „so tun kann. Spiele transportieren häufig eine abstrahierte menhänge gesetzt. Dieses „Anderssein“ ermöglicht zuheben, dass er ausführlich die etymologischen als ob“ lässt sich auch im menschlichen Verhalten Form der Realität und vermögen es dadurch kom- „ein Gefühl der Spannung und Freude“ und nicht all- Wurzeln erörtert, die der Begriff des Spiels in ver- ständig wieder finden. Gerade im Spiel kann dies plexe Zusammenhänge transparent darzustellen tägliche emotionale Erfahrungen. schiedenen Kulturen besitzt, jedoch keine Unter- als ein fundamentaler Bestandteil definiert werden. und - wenn auch in reduzierter Form - nachvoll- scheidung zwischen dem Spielen als soziale Hand- Dieses Prinzip weisen sowohl verschiedene Sport- ziehbar zu machen. Das Spiel auf ein schlichtes „Spiel ist eine interaktive Handlung oder Beschäfti- lung und dem Spiel als System aus Komponenten arten als auch Brettspiele auf. Abbild der Realität zu reduzieren, liegt uns jedoch gung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen und Regeln macht. Dies lässt sich wie folgt erklä- fern. Es ist in seinen höheren Formen als ein We- von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen, ren: Weder in der deutschen noch in der holländi- Einem Fußballspiel ist - unter rationaler Betrachtung sen anzusehen, dessen Eigenschaften vielschichtig aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, schen Sprache gibt es diese Unterscheidung – ein - kaum ein Sinn abzuringen. Dennoch ist für einige sind und in seiner Gesamtheit kaum determinierbar ihr Ziel in sich selber hat und begleitet wird von ei- Spiel wird gespielt – in anderen Sprachen jedoch Menschen Fußball wichtiger als Politik und in man- scheint. nem Gefühl der Spannung und Freude und einem ist sie vorhanden. Im Englischen bezeichnet „to chen Kulturen übertrifft er sogar den Stellenwert der Bewusstsein des ‚Andersseinsʻ als das ‚gewöhnliche play“ die spielerische Tätigkeit, jedoch wird für das Religion. Der Ausgang eines Fußballspiels ist nur für Lebenʻ. 1 System, das dem Spiel zu Grunde liegt, das Wort jene wichtig, die sich aktiv auf dem Spielfeld oder „game“ verwendet. Das Substantiv „Play“ wieder- passiv auf den Tribünen, vor den Fernsehern oder um bedeutet übersetzt „Schauspiel“. Für Huizinga Radios in diese Welt begeben und die dort vorherr- ist die Verhaltensweise des „so tun als ob“, welche schenden Regeln achten. Sie sind freiwillig in diese eng mit dem Schauspiel aber auch mit kultischen Fußball-Welt getreten und somit leiden sie mit oder

34 35 3 siehe: http://kramer-spiele.privat.t-online.de/ Vorträge, Was macht ein Spiel zu einem guten Spiel?

3.1.2 Fragestellung und Methode

Welchen Beitrag kann diese Diplomarbeit zur wis- typen. Im Rahmen einer systematischen Analyse soll Denken, dass bei vielen Spielzügen benötigt wird. Wir: senschaftlichen Aufarbeitung des Begriffes Spiel dann versucht werden, die grundlegenden Elemen- Eine Fantasiewelt kann meist nur dann in einem leisten? Es wäre vermessen, zu behaupten, dass es te analoger wie digitaler Spielwelten zu definieren. Spiel verarbeitet werden, wenn davon auszugehen Präferenzen, wie Sie die Sache angehen, haben Sie uns gelingen wird, eine umfassende „Theorie des Weiters werden die kybernetischen Möglichkeiten ist, dass die Spieler diese Welt bereits kennen. Dies nicht, oder? Spiels“ zu konzipieren. Ebenso wenig kann hier eine der Regelsysteme im Bezug auf deren medialen Un- ist vor allem bei jenen Spielen der Fall, die dem Methodik aus den klassischen Geisteswissenschaf- terschiede geklärt. Zweck des Merchandisings dienen (z.B. Herr der Kramer: ten als Zugang zur Determinierung des Spiels Erfolg Ringe, Harry Potter, Micky Mouse usw.). Mechanik versprechen. Moderne Computerspiele produzieren und Geschichte dürfen bei der Entwicklung eines Es hängt natürlich vom persönlichen Typ ab, der eine so große Anzahl an Zeichen, dass eine Dekon- 3.1.3 Das Brettspiel Spiels nicht als getrennte Elemente gesehen werden. Reinhold Gnizia kommt fast zu 100 Prozent im- struktion mittels semiotischen Analysen unmöglich Nur ein homogenes Verhältnis zwischen den beiden mer vom Mechanismus. Ich denke, dass der Klaus scheint. Andere Herangehensweisen bergen die 3.1.3.1 Definition Elementen lässt für den Spieler eine Welt entstehen, Teuber eher vom Thema her kommt. Bei mir ist es Gefahr in sich, nur einzelne Aspekte des Mediums in der er von Zweifeln gelöst agieren kann. Die Her- unterschiedlich, mal so mal so. Wenn Sie ein reines zu beleuchten, dabei aber andere ebenso wichtige angehensweise an die Entwicklung eines Brettspiels Volkswirtschaftspiel machen, kommen Sie natürlich gänzlich zu vernachlässigen. Alle Komponenten ei- Ein Spiel besteht meist aus Spielmaterial und aus ei- ist von Autor zu Autor verschieden. Dies kann man vom Thema her, wobei der Markt natürlich schon ner Theorie zum Spiel umfassend zu definieren, wird ner Spielanleitung, die das Spielziel und den Spiel- in den folgenden Ausschnitten aus den Interviews Mechanismen hat, da ist - Thema und Mechanismus uns nicht gelingen. Wir versuchen vielmehr einzelne ablauf festlegt. Das Material ist die Hardware, die mit Wolfgang Kramer und Klaus Teuber erkennen: - schon beides vorhanden. Eigenschaften des Spiels zu beleuchten und wel- Anleitung ist die Software. Beide können unabhän- chen Einfluss diese auf seine Wesensart nehmen. gig voneinander existieren, ergeben dann aber kein Wir: Klaus Teuber sagte zu diesem Thema folgendes: Solche Eigenschaften sind aber nicht ausschließlich Spiel. Das essentielle Element für ein Brettspiel ist dem Spiel vorbehalten. In dieser Arbeit versuchen das Spielbrett. Es ist der zentrale Ort, an welchem Ist bei Ihnen die Geschichte, in der Sie das Ganze Wir: wir interdisziplinäre Schnittmengen aufzuzeigen. Es alle Handlungen der Spieler für jeden sichtbar wer- einbinden, eigentlich der Startpunkt oder der Me- scheint für uns möglich, die hier gewonnen Erkennt- den. Das Brett ist in seinem Raum begrenzt, den- chanismus? - Und dann kleiden Sie den mit einer Sie gehen die Konzeption aus der Idee heraus an? nisse auf andere Medientypen anzuwenden. Der so- noch kann es eine Vielzahl unterschiedlichster In- passenden Story ein? ziokulturelle Kontext in dem sowohl Brettspiele als teraktionsmöglichkeiten bieten. 3 Teuber: auch Computerspiele als Medien gelten, lässt sich Kramer: auf die Produktionsart der medialen Infrastruktur Eine umfassende Definition von Brettspielen lässt Aus dem Wunsch. Irgendetwas erleben zu können, und der Nutzung zurückführen. Um diese Aspekte sich wegen der Vielzahl an unterschiedlichsten Ty- Beides. Ich mache beides. Manchmal komme ich das ist mein erster Ansatz. zu klären, bedarf es einer medien-geschichtlichen pen nicht durchführen. Autorenspiele bestehen vom Thema her, zum Beispiel „Auf Achse“ ist ein Analyse, welche die kulturellen und technologischen meist aus der Spielmechanik und der Geschich- typisches Themenspiel gewesen. Da war zuerst das Später: Umstände und die dadurch beeinflussten Entwick- te. Als Mechanik wird der Teil des Regelwerks be- Thema da. lungen beleuchtet. Weiters soll das Phänomen der zeichnet, der den Spielverlauf steuert, die Hand- Eine Speditionsfirma mit Lkws zu haben, beladen, Wir: Immersion in Spielen anhand des Flow-Effekts be- lungsmöglichkeiten der Spieler festlegt und einen entladen, Geld zu kriegen. - Und danach kamen schrieben werden. messbaren Spielstand produziert. Die Geschichte erst die Mechanismen. Anders herum ist es aber Sie kommen nie vom Mechanismus zur Geschichte? bildet den Rahmen, in dem das Spiel stattfindet; es auch schon oft gewesen. Bei „Heimlich und Co“, da Der Avatar - als ein in den letzten Jahren in ver- dient der Identifikation des Spielers mit der Situ- war der Mechanismus zuerst da, auch bei „Big Boss“ Teuber: schiedensten Disziplinen der Geisteswissenschaften ation, in die er sich versetzen soll. Die Geschichte war zuerst der Mechanismus da und danach habe populär gewordenes Forschungsfeld - bietet den trägt die Spielwelt, die Mechanik hält sie am Leben. ich das passende Thema gesucht. Nein niemals, immer von der Geschichte her. Ausgangspunkt für Allegorien zu anderen Medien- Eine plausible Geschichte unterstützt das rationale

36 37 4 Vgl. Huizinga, Johan: HOMO LUDENS. Vom Ursprung der Kultur im Spiel. Hamburg 1978(1938), S.20

Die Regeln 4

Neben der Mechanik gibt es häufig Regeln, die als Ein Spielplan muss nicht unbedingt statisch oder Meist finden sich komplexe Spielhandlungen auch passenden Moment seinem Gegenüber das letzte Betrugs-Profilachse verstanden werden können. zusammenhängend sein. Ein Beispiel für ein vari- in der Realität wieder. Die Regeln, die real existie- Hemd auszieht. Verhaltensweisen, welche im realen Diese Art von Regeln wirken durch ihre oft restrikti- ables Spielfeld wäre „Die Siedler von “, das ren, werden soweit abstrahiert, dass ein Regelwerk Leben häufig ins Abseits führen, können bei man- ve Anmutung auf den Spielspaß abträglich. Eine gute aus einzelnen Plättchen besteht, die vor Spielbeginn ohne vernachlässigbare Einflüsse zustande kommt. chen Brettspielen den entscheidenden Unterschied Spielmechanik kann wiederum diese Funktion über- ausgelegt werden. So entsteht jedes Mal ein an- Bei „Risiko“ zum Beispiel wird der Spieler zum Feld- zwischen Sieg und Niederlage ausmachen. nehmen, was Spielern ein Gefühl der Freiheit in ih- deres Spielfeld. „Das Verrückte Labyrinth“ bedient herrn über Armeen. Es gilt entweder eine bestimm- rem Handeln suggeriert. sich eines Spielplanes, der sich während des Spie- te Anzahl von Ländern und Kontinenten zu erobern Dennoch ist jeder Spielregel unbedingt Folge zu lens mittels verschieben von Spielplättchen ständig oder alle Gegner zu vernichten. Man versetzt sich in 3.1.3.2 Geschichte des Brettspieles leisten, sobald die Regeln verletzt werden, stürzt verändert. Sogar die Spielverpackung kann - sowie die Lage eines Staatschefs, welcher seinen „Erobe- die Spielwelt zusammen. Wer spielt, muss seine bei dem letztjährigen Spiel des Jahres „Niagara“ - rungswahn“ auslebt, Intrigen strikt, versucht seine Verhaltensweise dem Spiel unterordnen, also Re- als Teil des Spielbrettes dienen. Die Materialien, die Mitspieler hinters Licht zu führen und zu täuschen. Bereits vor Jahrtausenden haben sich Menschen mit geln befolgen. Das Regelwerk bestimmt sowohl die verwendet werden, sind oftmals von der dem Spiel Letztendlich gibt es bei Risiko nur begrenzt ein Mit- Hilfe symbolhafter Darstellungen dem Spiel gewid- Ordnung als auch die Spannung eines Spiels. Diese zugrunde liegenden Mechanik abhängig und kön- einander. Durchaus ist das Schmieden von Bündnis- met. Sie feilten um ihr Glück oder maßen ihren tak- Ordnung kann (durch Spielverderber oder Falsch- nen komplexe plastische Formen annehmen (z.B. se vorteilhaft, aber auch diese werden früher oder tischen Verstand. spieler) gestört beziehungsweise zerstört werden. Drehscheiben, Sanduhren, usw.). später gebrochen und der Partner wird hintergan- Der Spielverderber widersetzt sich den Spielregeln Die Gestaltung des Spielmaterials trägt Verantwor- gen oder gar vernichtet. Ein eigentlich verwerfliches Die Geschichte des Schachspiels und dessen Ver- und lässt sich damit nicht auf das Spiel ein. Er teilt tung für die Kommunikation der Regeln, die Insze- Spielprinzip, aber dennoch ist es sehr erfolgreich. breitung in Europa lässt die Funktion der Brettspiele dies den Mitspielern mit und reißt dadurch auch alle nierung der Spielwelt und die Navigation auf dem Auf dem Spielbrett bleiben keine Leichen zurück und als bedeutende Kulturträger erkennen. anderen aus dieser Welt. Er enthüllt die Realität und Brett. Weiters ist die Haptik - besonders bei Brett- auch keine leidende Bevölkerung. Das Spiel wird als Das indische Spiel Chaturanga wird als der Urahne hält den anderen Spielern gleichzeitig die Fragilität spielen - von höchster Bedeutung. solches anerkannt. Die Spielhandlungen tangieren des heutigen Schachs angesehen. Erste Anzeichen der Spielwelt vor Augen. Insofern ist das Brettspiel ein ideales Testfeld für nur in Ausnahmefällen die realen, sozialen Verbin- der Existenz dieses Spiels konnten auf das erste Jahr- Der Falschspieler nimmt an dem Spiel teil und ver- Mediengestalter. Besonders die Wechselwirkungen, dungen der Spielgemeinschaft. hundert n. Chr. datiert werden. Dabei standen sich sucht den Schein zu erwecken, die Regeln zu achten. die sich bei der Gestaltung eines solchen Mediums vier Parteien gegenüber, deren Züge mittels Wür- Da er den Mitspielern seine Absichten nicht mitteilt, ergeben, verlangen eine genauere Analyse. Die ge- In Zeiten der Globalisierung, der viele kritisch ge- feln bestimmt wurden. Der Name Chaturanga leitet ist für sie die Welt solange existent, bis der Betrug stalterischen Aspekte werden in einem späteren genüberstehen, gibt es immer wieder Spiele, die sich vom indischen Wort für „vier“ ab. Neben den auffällt. Ihm wird trotz allem leichter verziehen Kapitel genauer erörtert. rein nach einem kapitalistischen Prinzip funktionie- vier Spielern könnte sich der Name auch auf die vier als dem Spielverderber, der dem Spiel die Illusion ren. Obwohl man vielleicht die sozialen Begleiter- verschiedenen Einheiten (Elefant, Pferd, Wagen oder raubt. scheinungen dieser Entwicklung verteufelt, taucht Schiff und acht Fußsoldaten), die eine Armee bilden, Inhalte man in Brettspielen in diese Welt ein und „mutiert“ beziehen. Der König stellte bereits beim Chaturan- selbst zum größten Kapitalisten aller Zeiten (Bei- ga die wichtigste Figur dar. Im sechsten Jahrhundert Das Material spiel: Big Boss von Wolfgang Kramer). Stolz fängt wurde in Persien das Zweischach „Schatrang“ be- Die Inhalte, die ein Spiel verfolgen kann, sind kaum man an seine Macht zu genießen, Geld zu horten, liebt. Diese Weiterentwicklung des Chaturanga wies einzugrenzen. Ein Brettspiel kann dem Spieler Aktien zu verwalten und sein Erspartes risikofreu- mit dem Farsin (Ratgeber des Königs, heute Dame) Auf dem Spielfeld agieren die Spieler mit verschie- durchaus moralisch verwerfliche Handlungen ab- dig zu investieren, um seinen Größenwahn ausleben eine zusätzliche Spielfigur auf. Weiters wurde beim denen Materialien und Figuren. Nach einem vom verlangen. Krieg oder Kapitalismus, Intrigen, Mord zu können, welcher einen im realen Leben mit größ- „Shatrang“ kein Würfel mehr benötigt. Dieses - aus Regelwerk festgelegten Bewertungssystem werden und Totschlag, Diebstahl, fast alles, was im realen ter Wahrscheinlichkeit in den Ruin treiben würde. dem Gebiet des heutigen Iran stammende - Spiel Punkte oder anderes (beispielsweise Geld) verteilt, Leben ethisch und moralisch bedenklich scheint, Wer will nicht einmal derjenige sein, welcher andere gilt als der Vorgänger des europäischen Schachs. um Spielstände messbar zu machen. kann in Brettspielen thematisch verarbeitet werden. hinters Licht führt und durch kluges Taktieren im Von Persien gelangte das Spiel zum einen in das

38 39 5 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Schachgeschichte 7 Vgl. http://www.spiel-viel.de/holzspielzeug-geschichte/1900.htm 9 Kramer, Wolfgang: What Is a Game? In: The Games Journal. 6 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Dame_%28Spiel%29 8 Vgl. http://www.spiel-viel.de/holzspielzeug-geschichte/60.htm A boardgaming monthly [http://www.thegamesjournal.com/ articles/WhatIsaGame.shtml] 10 Kevin Maroney: My Entire Waking Life. In: The Games Journal. A boardgaming monthly [http://www.thegamesjournal.com/artic- les/MyEntireWakingLife.shtml] 11 Huizinga, Johan:HOMO LUDENS. Vom Ursprung der Kultur im Spiel. Hamburg 1978(1938) S. 58

oströmische Reich (Konstantinopel), zum anderen „Fierges“- genannten Spiel in „Dame“ zur Folge. 6 3.1.4. Das Computerspiel simulieren. Des Weiteren bieten die meisten Com- verbreitete es sich auch durch die Eroberung Per- puterspiele in ihrer Infrastruktur Möglichkeiten des siens durch die Moslems im gesamten islamischen Bis zur Weltwirtschaftskrise (1929) bestand in Mit- 3.1.4.1. Definition Vergleichs, welcher Ehrgeiz und damit auch Wett- Raum. Über Konstantinopel gelangte das Spiel mit- teleuropa eine breite Spielkultur, welche vor allem kampf erzeugt. Die simpelste Form einer solchen tels Händler nach Russland, wo es im 8. Jahrhun- von diversen Kartenspielen (Schafskopf, Gaigel, Jass Infrastruktur stellt eine Rangliste dar. Der Unter- dert bekannt wurde. Im 10. Jahrhundert brachten oder Watten) regional dominiert wurde. Gehobene- Um eine dem Computerspiel entsprechende Ein- scheidung zwischen den beiden gebräuchlichsten die Mauren das Schachspiel auf die iberische Halb- re Spiele waren dagegen Bridge und insbesondere schränkung des allgemeinen Spielbegriffs durchzu- Termini „Computerspiel“ und „Videospiel“ wird im insel. Durch sephardische Juden fand das Spiel den Schach, welches als hoch intellektuell galt. Während führen, muss hier zu Beginn nochmals kurz auf eini- heutigen Sprachgebrauch kaum noch Bedeutung Weg über Südfrankreich und Italien nach Mitteleu- des zweiten Weltkrieges und auch danach war das ge Ausführungen von Johan Huizinga eingegangen zugeschrieben. Dennoch werden wir an dieser Stel- ropa. Erste Erwähnungen in der deutschsprachigen Spielen eher den Kindern vorbehalten, weil man mit werden.Der Spieldesigner Wolfgang Kramer benutzt le die Begrifflichkeit klären, auch wenn diese keine Literatur lassen sich auf das Jahr 1050 datieren. Das „wichtigeren Dingen“ beschäftigt war und die für das den Begriff des „Regelspiels“ 9 , um Huizingas Ver- Auswirkung auf unsere Definition hat. Computer- Schachspiel wurde seit dem 13. Jahrhundert zu den Spielen aufgewendete Zeit als vergeudet ansah. 7 ständnis der „spielerischen Tätigkeit“ einzugrenzen. spiele werden auf Homecomputern gespielt, wäh- sieben ritterlichen Tugenden gezählt. So genannte Sein amerikanischer Kollege Kevin Maroney verwen- rend Videospiele auf Computergeräten (Konsolen, Schachallegorien, welche ab dem 14. Jahrhundert Mitte der 60er Jahre erlebte das Spielen seine Re- det folgende Formel, um dasselbe zu tun: „A game digitale Spielautomaten) gespielt werden, deren erschienen, weisen mittels bildhafter Vergleiche auf naissance. Langsam begann man wieder zu spielen. is a form of play with goals and structure.“ 10 Aufgabenbereich auf das Abspielen der Spielpro- verschiedenste Verhaltensweisen hin, welche so- Mit der Zeit entdeckten auch deutsche Hersteller Diese einfache Formel dient uns als Ausgangspunkt gramme reduziert ist. Auf unserer Definition wird wohl dem realen Leben als auch dem Schachspiel das Potenzial, welches das Spielen bietet und über- für unsere Definition des Computerspiels. Neben diese unterschiedliche Begrifflichkeit deshalb keine zugrunde liegen. Im 15. Jahrhundert entstanden die schwemmten den Markt mit Neuerscheinungen. Die Zielen und Regelstrukturen führt Kramer auch Wett- Auswirkung haben, da zwischen den Spieltypen kein auch heute noch üblichen Schachregeln. 5 Medien begannen von der erstaunlich gewachsenen bewerb und Chancen als definierende Elemente an. grundlegender Unterschied gefunden werden kann. Spielwelle zu sprechen. „Goals“ also Ziele können entweder erreicht oder Zu den ältesten nachweisbaren Spielen der Mensch- verfehlt werden, d.h. die Chancen können genutzt „Computer- und Videospiele sind Regelspiele, deren heitsgeschichte zählt das nach wie vor populäre Heute werden in den meisten Ländern klassi- oder vergeben werden, was die Konsequenz hat, ein Regelsystem von einem elektronischen Gerät (PC, „Go“ (3000-2000 v. Chr., China). Auch das „Spiel sche Brettspiele gespielt (Schach, Mühle usw.), im Spiel zu gewinnen oder zu verlieren. Das Gewinnen Konsole, digitale Spielautomaten) verwaltet wird von Ur“ (2.300 v. Chr., Mesopotamien, heute Irak) deutschsprachigen Raum etablierte sich eine gro- macht Huizinga vom „antithetischen Charakter“ 11 und deren errechnete Zeichen dem Spieler meist kann eine ähnlich lange Geschichte aufweisen. Auf ße Szene um Autorenspiele. Die besten Brettspiele des Spiels abhängig. Um gewinnen bzw. verlieren multimedial mittels elektronischer Ausgabegeräte einer irischen Grabstätte aus der Bronzezeit fand eines Jahrgangs werden seit 1980 von einer Spiel- zu können, benötigt man zwei oder mehrere Per- (Monitor, Fernseher, Lautsprecher) vermittelt wer- man Überreste eines rund 4000 Jahre alten Müh- journalistenjury mit dem deutschen Kritikerpreis sonen oder Parteien. Huizinga grenzt aus diesem den.“ le-Spiels. „Pachisi“ (6. Jh., Indien) ist der Vorgänger ausgezeichnet. 8 Grund Spiele wie Puzzles oder Patiencen von der des „Mensch ärgere Dich nicht!“(1910, Deutsch- Gruppe der „agonalen“ – am Wettkampf orientierten land). Domino (3. Jh., China) prägte in vielen Kul- - Spiele ab. Wie bereits erwähnt, konnte Huizinga 3.1.4.2. Geschichte turen den öffentlichen Raum. Besonders in Asien 1938 die technischen Möglichkeiten, die uns heute gehört dieses Spiel zum Alltag vieler Menschen. Das zur Verfügung stehen, nicht erahnen. Das Compu- Dame-Spiel (1100, Südfrankreich) ist eine Mischung ter- oder Videospiel, das immer noch mehrheitlich Trotz der relativ kurzen Geschichte, die Compu- aus „Alquerque, einem aus dem antiken Ägypten von der Einzelperson gespielt wird, muss dennoch terspiele aufweisen können, fällt es schwer, den bekannten und von den Mauren in Spanien etab- zu der Gruppe der agonalen Spiele gezählt werden. Erfindungszeitpunkt einem bestimmten Datum zu- lierten Taktikspiel und dem Schachbrett. Die Um- Ihre Regelprogrammierung erfolgt nach Prinzipien zuweisen. Im Gegensatz zu anderen jungen Medien benennung der „ferses“ im Schachspiel zur „Dame“ der KI-Forschung. Die Programmierung hat das Ziel, wie Film oder Fernsehen können keine Ereignisse hatte parallel dazu die Umbenennung des vormals kognitiv- und intentional-handelnde Mitspieler zu gefunden werden, die ein genaues Datum beweisen

40 41 lassen. Grund dafür ist vor allem die Tatsache, dass Steuerungseinheiten (mit denen man die Schläger spiele den öffentlichen Raum der Spielhallen zu do- stars Nintendo und Sega so eklatant, dass Ataris die Nutzung von Computern zu Beginn deren Ära justieren konnte). Die Besonderheit dieser Appara- minieren. Als zweites Standbein der noch jungen letzte Konsole (VCS 7800) beim Kunden kaum noch einem kleinen elitären Kreis von Wissenschaftlern tur war, dass sie einzig und allein dem Unterhal- Computerspielindustrie kann ab 1972 das Video- wahrgenommen wurde. vorbehalten war. Diese Personen waren meist in tungszweck diente. Des Weiteren gilt das Gerät als spiel bezeichnet werden. Der mittlerweile legendäre militärischen oder universitären Einrichtungen tätig Urahne aller elektronischen Spielgeräte, welche auf Ralph Baer brachte damals mit dem Fernseherher- Die Ankunft der Heimcomputer hatte weitreichende und hatten dadurch Zugang zu dieser - für Privat- dem Prinzip der direkten Manipulation basieren. Es steller Magnavox das Gerät „Magnavox Odyssey“ auf Konsequenzen für den Softwaremarkt im Allgemei- personen unerschwinglichen - Technologie. Die we- werden kontinuierlich repräsentierte Objekte be- den Markt. Dieses Gerät inkludierte 16 verschiede- nen, besonders aber für den Spielmarkt. Der c-64 nigen Projekte, die am Rande spielerische Aspekte stimmten Operatoren unterworfen; die Manipulation ne Spiele - unter anderem auch den Vorgänger des war wohl der bekannteste Heimcomputer, der sich beinhalteten, waren auf konkrete Forschungsvorha- dieser Objekte erfolgt über die Eingabegeräte durch später unter Atari berühmt gewordenen Tennisspiels vor allem für Computerspiele eignete. Nicht zuletzt ben beschränkt. So wurde beispielsweise versucht, physikalische Handlungen und wird ohne zeitliche „Pong“. 1977 begann die Zeit der Fairchild-Systeme, durch sein Preisleistungsverhältnis war er leistungs- Probleme aus der Ballistik und der (militärisch-öko- Verzögerung am Ausgabegerät sichtbar gemacht. welche mittels Rom-Modulen arbeiteten. Das ers- fähigeren aber teuren Computern wie dem Apple 2 nomischen) Spieltheorie mit Hilfe des Computers zu te solche System brachte Atari unter dem Namen an Marktanteilen überlegen. Aus der sich um den c- lösen und zu veranschaulichen. Das erste Computerspiel, dem weltweite Aufmerk- Atari VCS (Video Computer System) auf den Markt. 64 bildenden Subkultur entstanden hunderte klei- samkeit zuteil wurde, war „Spacewar“ aus dem Jah- Doch wie bereits während der Pong-Manie rief das ne Softwarefirmen, welche ihre Produkte meist von Die ersten Computerspiele waren Programme, die re 1962. Es wurde von einer Gruppe rund um den Erscheinen des neuen Systems eine Unzahl an Kon- zu Hause aus vermarkteten und vertrieben. Neben klassische Brettspiele simulierten. Beflügelt von den MIT-Studenten Steve Russell entwickelt. Das Spiel kurrenten auf den Plan. Durch den immer härter dem Programmieren wurde vor allem das Raubko- damals neuen Wissenschaftsdisziplinen wie der Ky- besteht aus der Repräsentation zweier Raumschiffe, werdenden Wettbewerb zwischen Atari, Magnavox pieren von Spielen ein wichtiges Betätigungsfeld der bernetik, galt das Forschungsinteresse primär der die auf Knopfdruck nach rechts oder links drehen, und Mattel wurden die Konsolen unter ihrem Her- c-64 Userschaft. Das Hauptaugenmerk der Cracker Programmierung intelligenten Spielverhaltens. 1952 beschleunigen, sowie eine Lasersalve in Flugrich- stellungspreis angeboten, um die Kunden an ein bestand aber weniger an einem finanziellen Gewinn, wurde von Arthur L. Samuels ein Computerpro- tung abfeuern können. Das Ziel des Spiels ist es, den Produkt zu binden - eine Praxis die bis heute üb- als an der Programmierung möglichst aufwen- gramm entwickelt, das Dame spielen konnte. Bald Gegner mit dem Laserstrahl zu treffen und damit zu lich ist. Der einzige Bereich, in dem noch mit hohen dig gestalteter „Intros“, welche den „Crackergrup- darauf folgten die ersten Schachprogramme von zerstören, ohne dabei mit einem (in der Spielfeld- Gewinnspannen zu rechnen war, stellte die ROM- pen“ als Visitenkarten und Kommunikationsmedien verschiedenen Forschern bzw. Gruppen. Die Kom- mitte befindlichen) schwarzen Loch zu kollidieren. Programmierung dar. Immer mehr Softwareunter- dienten. plexität des Schachspiels wurde von KI-Forschern „Spacewar“ kann als der Urvater der Schießspiele nehmen wurden gegründet und produzierten ne- in aller Welt als optimales Testbett für ihre Unter- bezeichnet werden. ben Umsetzungen bekannter Automatenspiele wie Der große Vorteil der Heimcomputer bestand in der suchungen gesehen. Ebenfalls 1952 wurde „Tic-Tac- „Space Invaders“ (1979) und „Pac-Man“ (1982) auch technischen Überlegenheit der Hardware, im Beson- Toe“ auf Rechnern simuliert, wobei auch in diesem Nolan Bushnell der bereits 1962 als Student mit erste „Tie-Ins“ zu bekannten Filmen, Serien und Co- deren der des Interfaces. Mit seiner Schreibmaschi- Fall der Computer den Gegenspieler darstellte. Spacewar in Kontakt kam, hatte die Vision, dieses mics. nentastatur bot der Heimcomputer weit komplexere Die zunehmende Verbreitung von Computern und Spiel auf einem kleineren und vor allem billigeren Möglichkeiten zur symbolischen Interaktion als die Entwicklung neuer Ein- und Ausgabegeräte ließen Gerät umzusetzen. Erst 1971 konnte er mit einem Nicht nur das Überangebot und die Mittelmäßigkeit Controller der Videospiele. Diese Eingabemöglich- in den 50er Jahren die Möglichkeit zu, Computer für Spielautomatenhersteller dieses Projekt realisieren. der Konsolenspiele, sondern vor allem der Erfolg der keiten öffneten einem neuem Spielgenre die Türen spielerische Zwecke einzusetzen. 1958 wurde von Mit nur 1.500 verkauften Automaten wurde Com- ersten Heimcomputer ließ den Markt 1984 kollabie- zu den Haushalten. William Higinbotham eine simple Tennis-Simulation puter „Space“ zum Flop. Dennoch kann mit dem ren. Trotz der großen Präsenz im Spielautomaten- entwickelt. Diese diente zur Unterhaltung der Be- Erscheinen des ersten Computer-Space- Automa- und Konsolenmarkt schienen die Tage von Atari ge- sucher eines Nuklearforschungsinstitutes. Das Ge- ten in einer Spielhöhle der Beginn des digitalen Ar- zählt. 1994 trat Warner das marode Unternehmen, rät bestand aus einem Oszilloskopen (der als Bild- cades bezeichnet werden. Mit späteren Automaten, das es 1977 übernahm ab. Spätere Eigentümer hat- schirm fungierte), einem analogen Computer (der auf denen Spiele wie „Pong“, „Space Invadors“ usw. ten nicht mehr Glück, Atari neu zu etablieren. 1996 die Flugbahn des Balles errechnete), sowie zwei abliefen, begannen nach und nach die Computer- war die technische Übermacht der neuen Branchen-

42 43 Das Textadvanture re angesehen werden. Das zentrale Spielsystem ist, Eines der bekanntesten Spiele, die ihren Ursprung pe, kann man diese einsammeln und jederzeit, auch wie bei heutigen „Exploration Adventures“, auf die der KI-Forschung zu verdanken haben, ist ADVENT. in einem anderen Raum wieder fallen lassen. Die Erforschung einer virtuellen Topologie konzentriert. ADVENT (oder Adventure) verdankt seinen Namen Taschenlampe kann ein- oder ausgeschaltet sein, Auf dem Text basierende Spiele wurden relativ früh In den 70er Jahren entstanden einige Ahnen heu- der damals restriktiven Zeichenbeschränkung im die Batterien (eigenes Objekt) der Taschenlampe auf Großrechneranlagen programmiert. Jedoch sind te populärer Spielgenres. So stellt die textbasierte Dateinamen. Das Spiel, das einem ganzen Genre sei- können leer werden und müssen dann ausgetauscht diese frühen Spiele kaum vom wissenschaftlichen Wirtschaftssimulation Sumerian durch ihre Thema- nen Namen gab, entstand zwischen 1972 und 1976 werden. Ziel des Spiels ist es, eine Reihe von Rät- Kontext zu trennen, in dem sie entstanden sind. Als tik und Ressourcenmanagement den Vorläufer von aus der Kooperation zweier Programmierer (William seln zu lösen, in dem man Objekte manipuliert und eines der bekanntesten Beispiele für einen solchen Spielen wie SimCity dar. Die ersten digitalen Um- Crowther und Don Woods). William Crowther, der im richtigen Raum verwendet. Das Lösen von einem frühen Vertreter des Textadvanturegenre wird oft- setzungen von taktischen Brett- und Kriegsspielen damals an der Entwicklung des legendären Arpa- Rätsel kann einem ein neues Objekt bescheren oder mals „Lunar Lander“ bezeichnet. Grund dafür ist dieser Zeit, in denen fiktive Schlachten ausgetragen Net mitwirkte, war ein begeisterter Höhlenklette- den Zugang zu einem neuen Raum öffnen. aber Ataris Umsetzung des Spielprinzips auf Spiel- wurden, können als die Vorläufer der Rollenspiele rer. Der damals frisch geschiedene Programmierer hallenautomaten mit grafischem Interface und der oder „Role-Playing Games“ (RPGs) gesehen werden. schrieb eine für seine Töchter bestimmte Compu- Die Popularität des Spiels wuchs beständig. So ist Möglichkeit der direkten Manipulation, welche das Der nach wie vor bekannteste Vertreter von RPGs tersimulation, der von ihm erforschten Höhlen in es auch nicht verwunderlich, dass es nicht lange Spiel - Jahre nach der ersten Version - erst bekannt ist Gary Gygax „Dungeons & Dragons“, das seit Kentucky. Crowthers Töchter gaben die textbasie- dauerte, bis das ursprünglich, nur auf einem PDP- gemacht hat. In „Lunar Lander“ muss eine Raum- 1974 in ständig neuen Versionen erscheint. Rollen- rende Höhlenexploration an ihre Freunde weiter. 10 Mainframe laufende ADVENT, auch für gängi- fähre bei begrenzten Treibstoffreserven mittels spiele verdanken ihre Popularität vor allem ihrem Das sehr einfach gehaltene Spiel verbreitete sich ge Heimcomputersysteme umgesetzt wurde. Die Steuerdüsen möglichst sanft auf der Mondoberflä- protostrukturellen Charakter. Der Spieler hat die über das damals noch kleine ArpaNet und so war zahlreichen - auch kommerziellen - Umsetzungen che abgesetzt werden. Möglichkeit seinen Charakter (Avatar) mit verschie- es auch nicht verwunderlich, dass 1976 Don Woods, führten zu einem wahren Hype des Adventuregen- densten Eigenschaften zu belegen und diese wei- ein KI-Forscher an der Stanfort University, ADVENT res. In den folgenden Jahren wurden Unmengen von Ein Textadvanture, welches sich von einem wis- ter zu entwickeln. Doch vor allem die Variationen auf einem Mainframerechner fand. Mit Crowthers Textadventures produziert und bald wurde dieses senschaftlichen Simulationsverständnis abzuheben von elaborierten Abenteuern, Auseinandersetzun- Zustimmung begann Woods mit der Überarbeitung Genre zum bedeutendsten unter den Heimcompu- vermochte, war „Hunt the Wumbus“. Das Anfang der gen und Umwelten lassen eine solche Spielwelt für des Spiels. Er fügte Gegenstände, Puzzles und eine terspielen. Grund dafür war die relativ kurze Pro- 70er Jahre von Gregory Yob entwickelte Spiel setzt den Spieler lebendig und formbar wirken. Der im- Punktezählung hinzu. Die Entwicklung der letzten duktionszeit eines Spiels. Sobald die Datenbank sich vor allem mit der mathematischen Wahrschein- mersive Charakter dieses offenen Spielsystems, in ADVENT-Versionen ist hauptsächlich zwei Kompo- zur Objektverwaltung und der „Parser“-genannte lichkeit auseinander. Es besteht aus 20 Räumen, wo- dem meist junge Spieler über längere Zeitperioden nenten zu verdanken. Kommerzielle Programme Textinterpretor auf eines der vielen – inkompatib- bei jeder Raum mit drei weiteren verbunden ist. In hinweg „virtuelle“ Identitäten annahmen, führte in stellten zu dieser Zeit die Ausnahme dar; der heu- len - Computersystemen adaptiert wurde, mussten manchen dieser Räume befinden sich tödliche Ab- den 80er Jahren zu - teils hitzig geführten - gesell- te so häufig beanspruchte „OpenSource“-Gedanke nur noch die Bezeichnungen der Objekte geändert gründe in anderen nicht weniger Furcht einflößen- schaftspolitischen Diskussionen. wurde damals in seiner reinsten Form praktiziert. werden und man hatte ein neues Spiel. Zu Beginn de Fledermäuse. Ein Raum beherbergt ein Monster, Das im entstehen begriffene ArpaNet bot ambitio- dieser Ära waren Textadventures thematisch kaum das auf den Namen Wumpus hört. Der Spieler muss Die KI-Forschung und Computerspielentwicklung nierten Programmierern die Möglichkeit der Kolla- mehr als Plagiate des originalen ADVENT. Die Vor- den Wumpus mit einem Pfeil aus einem Nebenraum stehen seit ihren Anfängen in einem symbiotischen boration über große räumliche Distanzen. ADVENT teile in der technischen Produktion ließen den Auto- erlegen. Gefahrenhinweise für jeden angrenzen- Verhältnis zueinander. So stellt das Medium Com- brachte dem Medium Computerspiel neue Tiefe, da ren mehr Raum zur Entwicklung der Story. Im Laufe den Raum helfen dem Spieler, die Räume nach dem puterspiel ein optimales Versuchsfeld für die KI- es das Explorationsprinzip von „Hunt the Wumpus“ der Jahre emanzipierten sich die Neuerscheinun- Monster zu durchsuchen ohne in tödliche Fallen zu Forschung dar. Die heutige Computerspielindustrie mit einer komplexen Datenbank verband. So konn- gen immer mehr von ihrem Vorbild. Der literarische tappen. „Hunt the Wumpus“ kommt dabei mit nur treibt die KI-Forschung aus reinem Eigeninteresse ten Objekte, deren Zustände und deren Abhängig- Anspruch der Spiele wuchs, so entstand 1984 die zwei Kommandos (m = move und s = shoot) aus und immer weiter voran, um die Berechenbarkeit com- keiten zueinander erfasst werden und ermöglichten Umsetzung des bekannten Romans „A Hitchhikerʼs lässt auch jegliche Interaktion mit Objekten vermis- putergenerierter Situationen - vor allem im Einzel- ADVENT die Linearität früherer Spiele zu durchbre- Guide to the Galaxy“ von Douglas Adams. Um der sen, dennoch kann es als prototypisches Adventu- spielermodus - zu verschleiern. chen. Findet man in einem Raum eine Taschenlam- grassierenden Softwarepiraterie Einhalt zu gebie-

44 45 ten, vertrieben die Hersteller ihre Originalprodukte gorithmen programmiert werden, welche zum Bei- stats“, was auch Auswirkungen auf die Beziehung MUD (Multi User Dungeon). Erwähnenswert ist MUD mit analogen „Goodies“ wie aufwendig gestalteten spiel die „kontextsensitive Steuerung“ ermöglichte, zwischen Spieler und Spielumgebung hat. Der Cha- vor allem wegen der damals revolutionären Multi- Karten der Spieltopologie oder humoristischen Ac- d.h. ein und derselbe Steuerungsbefehl löst je nach rakter kann zum Beispiel durch eine erhöhte An- userfähigkeit. Mehrere Spieler konnten gleichzeitig cessoires wie leeren Plastiktüten mit der Aufschrift Umgebungsbedingungen unterschiedliche Aktionen griffskraft schwierigere Gegner bekämpfen oder über ein Netzwerk im selben Spiel miteinander in- „Microscopic Space Fleet“ (A Hitchhikerʼs Guide to aus. Trotz ständiger Weiterentwicklungen blieb das durch eine bessere Resistenz den Angriffen trotzen. teragieren. In einer beständigen Welt (engl. persis- the Galaxy). Diese Beigaben erfüllten zudem den essentielle Prinzip der Datenbankstruktur, in der Weiters können durch „spezial items“ zusätzliche tent world), die auf einem Server existiert, können Zweck, das Fehlen von Grafik wettzumachen. Objekte ihre Beziehungen zueinander und ihre Zu- Fähigkeiten erworben werden, welche bei einem die Spieler durch das Aufsammeln von Gegenstän- Mitte der achtziger Jahre begannen die Spiele-Ent- stände gespeichert und verwaltet werden, erhalten. Kampf des öfteren „das Zünglein auf der Waage“ den und dem Erreichen von Erfahrungsstufen ihren wickler, die grafischen Möglichkeiten der (immer darstellen können. Solche Gegenstände können Charakter entwickeln. Durch dieses Prinzip sind die besser werdenden) Hardware auszunutzen. So Ein naher Verwandter der Adventurespiele wurde beispielsweise Schriftrollen zum Erlernen von Zau- Machtbeziehungen zwischen dem Spieler und der wandelte sich das Aussehen, der vormals auf Text durch die eben oben beschriebenen Entwicklungen bersprüchen oder Fläschchen mit diversen Elixieren Spielwelt aber besonders zwischen den einzel- basierenden Adventurespiele, schrittweise zu rein immer bedeutsamer für den digitalen Spielemarkt. sein. nen Spielern ständigen Veränderungen unterzogen. grafischen Anwendungen. Zu Beginn dieser Ent- Die frühen Computer-Rollenspiele waren zu Beginn Dadurch entstehen komplexe Microgesellschaf- wicklung wurde jeder Raum mit einer Illustration ihres Erscheinens stark von ihren analogen Vorbil- Durch die oben genannten Parameter wird eine so ten, welche eine eigene Ökonomie und Hierarchie versehen, die keine Interaktionsmöglichkeit bot und dern geprägt. Diese „Pen-And-Paper“-Rollenspie- große Varianz in den Möglichkeiten der „Charakter- aufweisen. Obwohl MUD in seiner ersten Fassung dem Spieler nur eine wage Vorstellung der Örtlich- le wie „Dungeons & Dragons“ beinhalteten einige entwicklung“ erzeugt, dass sich der Spieler selten grafisch an ein klassisches Textadventure erinnert, keit veranschaulichte. 1986 wurde „Labyrinth“ von Merkmale der Adventurespiele, doch neben der Er- in seinem Handlungsspielraum eingeschränkt fühlt. erfreute es sich weltweit an einer hohen Populari- Lucasfilm-Games (heute LucasArts) vorgestellt. Mit forschung einer Topologie und dem Sammeln von Dieses Gefühl wird zusätzlich dadurch unterstützt, tät. In den letzten 25 Jahren entstanden unzählige der Erscheinung dieses Titels ging das allmähliche Gegenständen (Icons), stand hier weniger das Lösen dass das Verhältnis zwischen Spieler und Spielwelt Abwandlungen des Originals, welche sich teilweise Verschwinden des reinen Textadventures einher. von Rätseln als vielmehr der Kampf gegen Monster nicht statisch ist, sondern während des Spielver- vom kampfbetonten Spielprinzip lösten, um gänz- Das Besondere an „Labyrinth“ war das - nun von im Vordergrund. Die Spielleitung wurde bei den di- laufs andauernden Veränderungen unterworfen ist. lich friedliche, kommunikationsorientierte Spielwel- grafischen Elementen dominierte - Interface, das gitalen Umsetzungen vom Computer übernommen, Der Spieler muss sich mit Fortdauer des Spiels im- ten zu erschaffen. Noch heute beherbergen hunder- völlig ohne Texteingabe auskam. Der Spieler konn- der die komplexen mathematischen Operationen, mer wieder zwischen diversen Möglichkeiten ent- te von MUD-Servern tausende von Spielern. So wie te aus einer Liste von Verben einen Befehl wählen, ohne den Spieler damit zu behelligen, (im Hinter- scheiden, welche die Zukunft seines Charakters im bei den meisten erfolgreichen Spielkonzepten wur- welchen er mittels Cursor aktivieren konnte, an- grund) errechnet. Die Computer Roleplaying Games Spiel beeinflussen. Dieses dynamische Prinzip der den im Zuge des Internet-Booms auch die CRPGs schließend musste der Cursor nur noch auf ein gra- (kurz CRPGs) übernahmen das Berechnungsprinzip „Charakterentwicklung“ lässt sich auch in Spielen dem kommerziellen Spielemarkt einverleibt. Durch fisch dargestelltes Objekt bewegt werden und die von „Dungeons & Dragons“, welche primär auf den finden, welche nicht dem Rollenspielgenre zuzu- Spiele wie „Ultima Online“ (Origin, 1997), „Ever- Eingabetaste gedrückt werden. Dieses „Point-and- „character stats“ beruht. Diese Statistiken beinhalten ordnen sind. Das Konzept der „Charakterentwick- quest“ (989 Studios, 1999) oder „Asheronʼs Call“ Click“-Interface wurde nach und nach zum Stan- Parameter wie Angriffskraft, Geschicklichkeit oder lung“ kann in Kombination mit anderen Elementen (Turbine, 1999) etablierte sich eines der mittlerwei- dard für dieses Spielgenre. Durch die sich immer Gesundheitspunkte (hitpoints). Die Eigenschaften den immersiven Charakter eines Spiels verstärken le populärsten Spielgenres: Die „Massive Multiplayer schneller entwickelnde Hardware konnten die Spiel- können durch das Aufsammeln von Gegenständen bzw. ausmachen. Eines der erfolgreichsten Spiele Roleplaying Games“ (kurz MMRPGs), dessen derzeit designer immer mehr Text durch Grafik ersetzen. So verbessert werden. Ähnlich wie die Punktewertung der letzten Jahre verlässt sich komplett auf dieses bekanntester Vertreter „World of Warcraft“ (kurz wurde die Liste von Verben, Dank höherem Auflö- bei Adventure, stellen die „Erfahrungspunkte“ einen Konzept. Pokemon Spiele (Nintendo) haben meist WoW) ist. sungsvermögen, durch eine Reihe von Icons ersetzt. Parameter für den Spielfortschritt dar. Man erhält nur das Ziel, die Fähigkeiten der „Pocket Monster“ Durch neue Eingabegeräte (wie beispielsweise der die so genannten „experience points“ durch ge- soweit zu entwickeln, um den nächsten Gegner im WoW (Blizzard Entertainment) stellt mit über sechs Mouse) ließ sich das Prinzip der direkten Manipu- wonnene Kämpfe, gelöste Rätsel oder das Erfüllen Spielverlauf besiegen zu können. Millionen registrierten Spielern die Konkurrenz lation auch auf Adventurespiele anwenden. Durch von Aufträgen (Teilziele). Wird eine gewisse Anzahl Einer der frühesten Vertreter der CRPGs ist das 1979 in den Schatten, obwohl diese mit teils erheblich die höhere Rechenleistung konnten komplexere Al- an Punkten erreicht, verbessern sich die „charakter von Richard Bartle und Roy Trubshaw entwickelte günstigeren Produkten um Kunden werben. Die

46 47 12 http://www.bigbrotherawards.at/2005/Preistraeger 13 Vgl. http://www.staff.uni-mainz.de/cyprao/arbeit.html, 6.4. Spielgewohnheiten: Wer spielt wie lange?

nicht zu unterschätzenden Kosten, die bei einem ten dieser Welt. Die User stimmen in Paragraf 16 der Apple mussten zusehen, wie ihr Marktanteil unter Einstieg des Unterhaltungsgiganten SONY in den solchen Spiel anfallen können, sind nur einer von Nutzungsbedingungen zu, daß das Programm „den die 10-Prozent Marke sank. Microsoft versuchte Konsolenmarkt wurde versucht, dieses Problem zu vielen Aspekten, die Kritiker weltweit zu bemän- Random Access Memory (RAM) und/oder CPU-Pro- bereits in den 80er Jahren mit ihrem lizenzierba- lösen. Mit der 1995 erschienenen PlayStation wur- geln wissen. Ähnlich wie eine Telefon-Grundge- zesse auf die Benutzung von unauthorisierten (sic!) ren Betriebssystem MSX den Heimcomputermarkt de die CD auch bei den Konsolen zum Standard. Da bühr fallen je nach Zahlungsmodalität monatliche Drittanbieter-Programmen überwachen, die gleich- zu erobern. Außer auf dem japanischen Markt war CDs heute mit denselben Standards gelesen werden Kosten von 11,99 Euro bis 26,99 Euro an. Weiters zeitig mit World of Warcraft ausgeführt werden.“ und dieses Businessmodel nur mäßig erfolgreich, Grund wie damals, können auf der PlayStation 2 auch alle muss das Spiel selbst für etwa 27,- Euro erworben „bestimmte Identifizierungsinformationen bezüglich dafür war vor allem die mangelnde Unterstützung Spiele der ersten Generation gelesen werden. Dieser werden. Um die virtuellen Gegenstände, Charaktere Ihrer Computer-Hardware und Ihres Betriebssys- der Hardware-Industrie. In den 90er Jahren bo- Umstand konnte zumindest für die Softwareher- oder Goldeinheiten entstand seit Veröffentlichung tems, einschließlich der Identifikationsnummern Ih- ten eine Unzahl von Herstellern „IBM-kompatible“ steller das Problem der zyklischen Umsatzeinbrü- des Spiels ein realer Markt, in dem Privatpersonen rer Festplatten, CPU, IP-Adressen und Betriebssys- Computer an, was MS-DOS de facto zum Standard che entschärfen. und spezialisierte Firmen ihre „Waren“ feilbieten teme zu Identifizierungszwecken zu erhalten, ohne im Heimcomputerbereich machte. Bereits zu Beginn (siehe www.ebay.com Suchwort: WoW). Der ohnehin dass Sie darüber eigens informiert werden.“ 12 des Microsoft-Aufstiegs waren die konkurrierenden Durch die stetigen Leistungssteigerungen der immersive Charakter des Spiels wird durch die un- Betriebssysteme in vielen Aspekten MS-DOS über- Heimcomputer überholten zunehmend komplexe- abhängig von der Spieldauer eingehobene Gebühr Das Suchtpotential, das Spielen zugrunde liegt, die legen. re Strategie- und Simulationsspiele die (bis zu den noch verstärkt, man will schließlich nicht umsonst mit solchen Eigenschaften wie WoW ausgestattet 90er Jahren dominierenden) Adventures in Sachen zahlen. Man kann außerdem einen Account nur für sind, wird in naher Zukunft auch zu Diskussionen Die Dominanz der microsoft-unterstützenden Sys- Verkaufszahlen. Titel wie „Civilization“ (Micropro- eine gewisse Zeit abmelden, ohne seinen Spiel- in der breiten Öffentlichkeit führen. Empirische Un- teme ließ MS-DOS und später Windows zur wich- se, 1991) oder Will Wrights „SimCity“ (Maxis, 1987) fortschritte zu verlieren. Der Verlust eines solchen tersuchungen der Spielgewohnheiten von MMORPG- tigsten Spielplattform werden. Der zweite große sind wohl die bekanntesten Vertreter von Echtzeit- Accounts kann mitunter tausend Stunden Spieldau- Spielern kamen unabhängig voneinander auf ähnli- Computerspielmarkt war und ist der Konsolenmarkt. simulationen. In SimCity findet sich der Spieler in er zu Nichte machen. Weiters sind die restriktiven che arithmetische Mittel von 20 Stunden pro Woche . Nach dem Untergang von Atari teilten sich die bei- der Rolle eines Burgermeisters wieder, der durch Vertragsklauseln, die unterzeichnet werden müssen, 13 Dabei variiert der Konsum von einzelnen Spielern den japanischen Hersteller Nintendo und Sega den Widmung von Stadtteilen - dem damit verbundenen um das Spiel zu installieren, Grund genug für den zwischen wenigen Stunden bis zu über 60 Stunden Markt auf. Die Unterschiede in der Entwicklung von Aufbau der Infrastruktur und dem Verwalten des Gewinn des „Big Brother Awards“ 2005 in der Kate- pro Woche. Eine genaue Analyse, der dadurch ent- Spielen (für die verschiedenen Plattformen) be- davon abhängigen Stadtbudgets - diesem urbanen gorie Kommunikation. stehenden psychologischen Prozesse, würde den standen vor allem in der Evolution der Hardware. Raum Leben einhauchen muss. Der protostruktu- Rahmen dieser Diplomarbeit sprengen. Der ange- Während die Heimcomputer kontinuierlich weiter- relle Charakter bestimmt in diesem Fall den gesam- Kategorie Kommunikation: Die Hersteller des be- geben Link bietet dazu einen guten Überblick. entwickelt werden, sind die Konsolen einem zykli- ten Spielablauf. Es gibt keine vom Spiel vorherbe- liebten Online-Strategie-Spiels „World of Warcraft“ schen Entwicklungsprozess unterworfen. Dies hat stimmten Ziele, keine Levelstruktur, keine Gegner für nachgerade strategisches Vorgehen - gegen die konjunkturelle Auswirkungen auf den gesamten und keine Topologie, die erforscht werden will. Es Kunden Aktuelle Entwicklungen Konsolenbereich. Sowohl die Software- als auch die stellt ein Spielzeug dar, das durch Veränderung von Hardware-Hersteller müssen, mit Bekanntgabe des Parametern im Gleichgewicht gehalten werden soll. Wer so mit seinen Kunden umgeht, wie Blizzard Erscheinungsdatums einer neuen Gerätegeneration, Entertainment mit den Gamern von „World of War- Die Differenzierung des Computermarktes auf- Umsatzeinbußen hinnehmen. Besonders in der Zeit Dank des mittlerweile knapp 20-jährigen Erfolgs craft“, soll sich nicht wundern, wenn das mit einem zulösen, gelang erst durch die in den 90er Jahren der 8-bit und 16-bit Konsolen dominierte Nintendo wurde dieser Titel in unzähligen Neuauflagen und Big Brother Award gewürdigt wird. Wenn Spyware fruchtende Kooperation zwischen IBM, Microsoft den Markt mit „NES“ (8-bit) und „SNES“ (16-bit), die Adaptionen zum echten Kult. Am Beispiel von Sim- auf dem Rechner Pflicht für Teilnahme an einem und Intel. Mit günstigen, modular aufgebauten unkompatible und zudem teure Cartridge-ROMs City und seinen Nachfolgern lässt sich eine typische Strategiespiel ist, um Schwindler zu erwischen, Komponenten konnte der Konkurrenz (wie Commo- verwendeten. Die Kunden kauften zu Ende eines Eigenschaft des heutigen Computerspielemarkts dann ist das ebenso rigoros wie die Kontrolle der dore und Atari) stark zugesetzt werden. Aber auch Gerätezyklus kaum noch Geräte oder Spiele, son- aufzeigen. Die Produktionskosten von heutigen Armee-Laptops in den moderneren Militäreinhei- die einst so erfolgreichen Business-Computer von dern warteten auf die neue Generation. Mit dem Spieltiteln können das Budget von Hollywood-

48 49 Blockbustern übersteigen. Da einem Spiel meist Zahl von Eingabemöglichkeiten unterstützt die in- Marktführer Nintendo. Der fortgeschrittene Ent- Einsatz des Mediengiganten hatte zur Folge, dass nur dann Erfolg beschieden ist, wenn mit enormem tuitive Steuerung. wicklungsstand des Playstationprojekts veranlasste die vielversprechende Konsole Saturn von Sega finanziellen Aufwand, der höchste grafische Stan- Sony zum Alleingang. Sonys Vermarktungsstrategie zum verkannten Ladenhüter wurde. Nintendo hat- dard, der derzeit auf aktuellen Computersystemen Den Unterschied zwischen den beiden Plattformen war das Öffnen einer bis dato schwach vertretenen te es durch seine Führungsposition in der klassi- möglich ist, erreicht wird, sind die Tage der expe- nur auf die technischen Eigenheiten zu reduzieren, Käuferschicht. schen Zielgruppe leichter, seinen - ein Jahr nach rimentellen Spielkonzeption Geschichte. So werden wäre allerdings zu kurz gegriffen. Die sozio-kul- der Playstation erschienenen - Nintendo 64 abzu- erfolgreiche Konzepte nur noch in ein neues Kleid turelle Stellung der Konsolen lässt sich eindeutig Sony gelang es durch unkonventionelle Marketing- setzen. Weiters führte Nintendo mit dem GameBoy gepackt und ein zumindest kostendeckender Um- von der der Heimcomputer unterscheiden. PCs sind methoden die Generation der 18- bis 25-jährigen einen wahren Umsatzgaranten im Programm. Dieser satz ist garantiert. In den vergangenen Jahren ha- meist Arbeitsgeräte, ihr Platz ist das Büro bzw. Ar- anzusprechen. Durch die ersten Spiele, die bei Er- 1989 in Japan erschienen „Handheld“ verkaufte sich ben es nur wenige neue Ideen auch zu einem lukra- beitszimmer. Konsolen hingegen sind an Fernseh- scheinen der Konsole erhältlich waren, konnte das laut Hersteller weltweit über 100 Millionen Mal und tiven Erfolg gebracht. Besonders im PC-Spielemarkt geräte gebunden und befinden sich im Wohn- oder kindliche Image, das den Konsolen anhaftete, ab- ist nach wie vor der Marktführer in seiner Nische. hat sich in jedem Marktsegment ein „Leader“ he- Kinderzimmer. Die Konsole bietet schnellstmögli- gelegt werden. Eines dieser Spiele, das maßgebli- Mit dem Erfolg der Playstation verlor die Computer- rauskristallisiert, dessen Fangemeinde nur darauf che Unterhaltung, da sie nur darauf ausgelegt wur- chen Anteil am Erfolg dieses Konzeptes hatte, ist spielkultur ihr bis dato kindliches Image, plötzlich wartet, bis eine Nachfolgeversion erscheint. Die de. Der Zwei- bzw. Mehrspielermodus, der seit den „Wipeout“ (Psygnosis, 1995). Diese rasante Renn- wurde die Spielindustrie als ein wichtiger, umsatz- Sims-Reihe, die mittlerweile von dem Spielgiganten ersten Geräten fixer Bestandteil der Konsolenidee simulation erschien zum Verkaufsstart der Play- starker Wirtschaftsfaktor gesehen. Die öffentliche EA (Electronic Arts) produziert wird, ist ein solcher war, wurde erst durch den Internetboom bei PC- station in Europa. „Wipeout“ nutzte nicht nur die Wahrnehmung wurde zum einen durch das neue „Leader“. Spielern ebenso populär. Dennoch kann ein Online- damals überlegen Hardware der Playstation zur Publikum der „Fun Generation“, zum anderen durch spiel das Nebeneinander von Konsolenspielen nicht schnellen Manipulation von 3D-Objekten, sondern den enormen Einsatz großer Konzerne wie Sony ersetzen, eine Situation ähnlich der von analogen stellte hinsichtlich der Gestaltung sowie des Sound- (1995) und später Microsoft mit seiner XBox (2001) Divergenzen Spielen, bei der auf das Verhalten des Gegenübers tracks die Weichen für Sonys erfolgreichen Einstieg geschärft. auch abseits des Spiels geachtet wird. Auch wenn in den Konsolenmarkt. Das Design der Verpackung die Zahl der mehrspielerfähigen PC-Spiele die der und der In-Game-Menüs übernahm das angesag- Die demographische Struktur des Computerspiel- Der essentiellste Grund für die Divergenz der Spiel- Konsolenspiele übersteigt, ist alleine die Örtlichkeit te Graphikbüro „Designers Republic“. Die Titellis- publikums wandelt sich seit den 90er Jahren. Das gewohnheiten von Konsolen- bzw. PC-Spielern ist (eng nebeneinander vor einem Computermonitor zu te des Soundtracks liest sich wie das „Who is Who“ stetig steigende Durchschnittsalter der Gamer lässt der Unterschied des Standardinterfaces der beiden sitzen) dem Spaß, den man dabei empfindet, ab- der damaligen Clubszene. Um diesem Umstand sich hauptsächlich auf zwei Faktoren zurückführen. Plattformen. Wie bereits erwähnt, eignen sich Key- träglich. Oft stehen am PC auch nicht für alle Spie- die gebührende Aufmerksamkeit zukommen zu Die Generation derer, die bereits in der Kindheit board und Maus vorzüglich, um auf einen bestimm- ler die gleichen zum Spiel passenden Interfaces zur lassen, warf Sony gleichzeitig die Wipeout-Audio- Kontakt mit digitalen Medien hatten, ist mittler- ten Punkt am Monitor zu deuten und dabei gleich- Verfügung, um eine Chancengleichheit zu gewähr- CD-Combilation auf den Markt. Statt wie bei der weile bis zu 35 Jahre alt. Sie sind den Umgang mit zeitig eine Vielzahl verschiedenster Steuerbefehle leisten. Konkurrenz üblich wurden Sonys Demonstrations- Computersystemen gewohnt und haben neuen Me- einzugeben. Die Joypads der Konsolen haben eine geräte nicht nur bei Fachmessen sondern auch bei dien gegenüber keine Berührungsängste. Ein zwei- weitaus geringere Anzahl an Tasten für verschiede- Diese Differenzierung der beiden Plattformen wurde Szeneevents (wie Clubbings und Raves) dem Pu- ter Grund liefern die Bemühungen der Hersteller für ne Befehle, was bei einer komplexen Steuerung zu durch die polarisierenden Vermarktungsstrategien blikum präsentiert. Aufwendige Werbeschaltungen dieses zahlungskräftige Publikum, thematisch inte- Problemen führt. Dieser Umstand kann sich bei be- zusätzlich verstärkt. Wie wichtig die Positionierung in den Printmedien wurden in Lifestyle-Magazinen ressante Spiele anzubieten. Viele aktuelle Spieltitel stimmten Steuerungsmustern allerdings auch vor- eines Produkts - in einem sich ständig verändern- anstatt in Fachpublikationen inseriert. Durch die- werden und müssen zum Schutz der Jugend einer teilhaft auswirken. Joypads eignen sich vortrefflich den Markt wie dem der Computerspiele - ist, kann ses kompromisslose Engagement gelang es Sony Indizierung unterworfen werden. Die rund um den zur direkten Steuerung von Spielfiguren, wie es bei an Hand des Beispiels von Sonys Playstation ver- bis zum Jahr 2000 weltweit über 70 Millionen Play- Jugendschutz und die Sinnhaftigkeit von beispiels- den meisten Sportsimulationen (Fussball, Basket- deutlicht werden. Die Playstation ist das Resultat stations zu verkaufen. Die Konkurrenz wurde vom weise gewaltverherrlichenden Spielen geführte ball, Rennsimulationen) der Fall ist. Die begrenzte einer geplatzten Kooperation mit dem damaligen Neueinsteiger überrumpelt, der millionenschwere Diskussion der letzten Jahre, wird leider oft genug

50 51 von Leuten geführt, denen Computerspiele nicht Das Internet und Computerspiele Erst in den letzten Jahren wird auf Seiten der Kon- vereinen. Das Konzept der „Set-top Box“ scheiterte nur fremd sind, sondern auch eine grundsätzliche solenhersteller versucht, die bei PC-Spielen übli- zum einen an der damals noch zu geringen Nach- Abneigung gegenüber diesem Medium haben. Dies che Online-Funktionalität zu integrieren. Grund für frage für die Summe der eingebauten Funktionen, erinnert stark an die Jahrzehnte zuvor geführte Dis- Durch den - in den 90er Jahren entstandenen - In- diese verzögerte Anpassung an den Markt ist die zum anderen am Preisdruck der Konkurrenz in der kussion über den negativen Einfluss des Fernsehens. ternetboom wurden den Spielen vermehrt Multi- bereits erwähnte zyklische Evolution im Konsolen- Unterhaltungselektronik. Sowohl Sony als auch Mi- Natürlich ist ein übertriebener Konsum des Medi- useroptionen zugefügt. Das diesbezüglich wohl markt. Die neuen Gerätegenerationen von Nintendo crosoft hatten und haben das Bestreben ihre Kon- ums bedenklich. Besonders bei Menschen, deren bedeutendste Spiel war der „Ego-Shooter Doom“ (wii), Sony (Playstation 3) und Microsoft (XBox 360) solen den konzernnahen Sparten anzupassen. So Persönlichkeit noch nicht gefestigt ist, wirken sich (Id-Software, 1993), dessen Erfolg sich auf zwei für bieten eine Unzahl an Onlinefeatures, die weit über bietet die „Playstation 2“ unter anderem die Funk- bestimmte Spiele negativ aus. Auch das Suchtpo- heutige Verhältnisse übliche Eigenschaften stütz- das reine Onlinespiel hinausgehen. tionalität eines DVD-Players, während die „XBox“ tenzial von diversen Spielen ist nicht von der Hand te. „Doom“ bot als erstes Spiel seiner Art im Dea- sich an einigen PC-Eigenschaften versucht. Diese zu weisen. Auf den möglicherweise schadhaften thmatch-Modus die Möglichkeit, sich mit anderen Konvergenzbestrebungen haben eine nachvollzieh- Einfluss von Spielen auf die Psyche des Konsumen- Spielern in Echtzeit zu messen. Wobei die grafische Plattformkonvergenz bare Strategie zugrunde liegen, welche jedoch nicht ten gehen wir in dieser Arbeit nicht ein. Doch soll Umgebung, in der die Multiuser-Interaktion statt- zwangsläufig zu einer plattformübergreifenden an dieser Stelle gesagt sein, dass beim Eintauchen fand, nicht mit den bereits erwähnten Online Rol- Kompatibilität führen müssen. in eine Spielwelt Chancen, aber auch Risiken für den lenspielen dieser Ära vergleichbar ist. Der zweite Trotz der erwähnten Onlinefähigkeit aller neuen Rezipienten entstehen können. Fast alle Spiele for- Grund für die Popularität von „Doom“ war die (da- Konsolen, können Spieler mit unterschiedlichen Ge- Wie bereits erwähnt steht das Medium Film mit dem dern dem Benutzer ein mehr oder weniger analyti- mals unübliche) Freizügigkeit der Entwickler bei der räten (z.B. von Nintendo und Sony) nicht an einem des Spiels in einem symbiotischen Verhältnis. Der- sches, auf das Lösen von Problemen konzentrier- Offenlegung des Quellcodes des Programms. Damit gemeinsamen Spiel teilnehmen. Grund dafür waren zeitig werden nicht nur Filme, sondern auch Comics, tes Denken ab. Meist entsteht eine Identifizierung konnten Entwickler rund um den Erdball das Spiel die einzelnen Netzwerke, die herstellerabhängige Fernsehshows und Bücher von den Spieleherstellern mit dem Spielcharakter, was zur Folge hat, dass auf modifizieren und neue Elemente hinzufügen. Es Unterschiede aufwiesen und nicht kompatibel wa- umgesetzt. Eine gängige Praxis, die vor allem auf der emotionalen Ebene eine direkte Beziehung zum entstanden Editoren, mit denen auch Laien eigene ren. Auch bei den angekündigten, noch nicht er- die Synergien in der Vermarktung zurückzuführen Spielgeschehen hergestellt wird. Spielumgebungen (maps) erzeugen und via Internet schienenen Geräten wird dieser Umstand dem Onli- ist. Das Konzept der medienübergreifenden Etab- weitergeben konnten. Aber auch komplette Überar- nespiel auf Konsolen den Stellenwert verbauen, den lierung von Symbolen und dem Transferieren die- Eines der umstrittensten Genres ist jenes der „First- beitungen des Spiels (Mods) konnten durch Erset- es bei PC-Spielen seit Jahren hat. Die Heimcomputer ser in die Populärkultur lässt sich am Beispiel von Person-Shooter“. Dieser vergleichsweise junge zen der Originaldateien installiert werden. Aus der waren nie auf eine so enge Funktionalität wie Kon- Pokemon demonstrieren. Die inhaltlichen Konver- Spieltyp wurde erst durch die (für das Spielprinzip Gruppe der einfachen Doom-Spieler und den enga- solen ausgerichtet. Der PC steht - wie kein ande- genzbestrebungen umfassen dabei Merchandising- notwendige) Repräsentation eines virtuellen Rau- gierten Enthusiasten wuchs eine Fangemeinde, die res Gerät - für den Trend zum multifunktionellen Produkte, TV-Serien und mehrere Kinofilme, ohne mes in drei Dimensionen möglich. Der Name „First- einen regen Austausch von Informationen und Da- Allzweck-Medium mit der Tendenz zur Emulierung dabei die ikonenhafte Symbolik des Videospiels Person“ bezieht sich auf die Position der „Kamera“, teien über das Internet praktizierte. Dieser Umstand aller möglichen Medien. Die dabei entstehenden beizubehalten. durch die der Spieler seine Spielumgebung wahr- brachte Doom einen so hohen Mehrwert gegenüber Standards stellen das Fundament für eine technolo- nimmt. Die Umwelt wird durch die Augen der Spiel- anderen Spielen dieses Genres, dass das Interesse gische Konvergenz dar. figur am Monitor sichtbar. Dies ermöglicht eine in- an dem Spiel jahrelang anhielt. Das soziale Phänomen Computerspiel tuitive Steuerung und das Festlegen der Schusslinie Das Bedürfnis nach multifunktionellen Geräten wird durch ein (in der Mitte des Monitors positio- Mittlerweile hat beinahe jedes PC-Spiel einen On- steigt und wurde von Sony erst mit der Playstation 2 niertes) Fadenkreuz erleichtert. Umstritten ist die- linemodus. Manche Spiele sind ausschließlich für honoriert. Die Idee des Gerätes, das „alles“ kann, ist Computerspiele nehmen mittlerweile einen be- ses Genre durch das ihm zugrunde liegende Spiel- diesen Modus konzipiert worden. Bei solchen Titeln jedoch nicht neu. Bereits 1989 versuchte Philips mit trächtlichen, in vielen Fällen bedenklichen Teil, des prinzip, welches das vorrangige Ziel des Erschießens bietet der Einzelspielermodus nur computergene- dem „CD-i“-Standard die Funktionalität von Konso- Medienkonsums in unserer Gesellschaft ein. Dies möglichst vieler Gegner beinhaltet. rierte Gegner (Bots) als Ersatz für reale Spieler an. len mit der von CD-Playern und Videorecordern zu beweisen aktuelle Studien, wie die - von der BBC

52 53 14 siehe: bbc_uk_games_research_2005.pdf (auf Datenträger) 15 Beispiel: http://www.gamestar.de 16 Beispiel: http://www.giga.de 17 Beispiel: http://www.esl.eu 18 siehe: http://www.giga.de/tv/esports/ 00132566_die_topverdiener_2006/ 19 siehe: http://www.worldcybergames.com

in Auftrag gegebene Untersuchung - der Spielge- an den WCG-Finals teilnehmen zu können, müssen nomisch sicherer Ausgangslage konkret werden, le Produktion, welche monopolistische Züge auf- wohnheiten in England 14 . Digitale Spiele werden sich die Spieler in den nationalen Vorausscheidun- unternommen. Weiters sind Konsolen an ihr Ausga- wies. Durch die preisgünstigen Heimcomputer und mittlerweile nicht nur für die klassischen Plattfor- gen beweisen. Die Anzahl aller Aktiven lag im Jahr begerät gebunden und damit von den Standards der einer aktiven Subkultur in den 80er Jahren wurde men entwickelt, sondern halten Einzug in Gerä- 2005 laut Veranstalter bei 1 250 000 Spielern. Fernsehgerätehersteller abhängig.Auch die Spiel- der - einst von wenigen Firmen dominierte - Spie- ten wie Sat-Recievern, Fernsehern, Uhren, Handys, automaten haben - trotz ihrer über hundertjährige lemarkt demokratisiert. In den 90er Jahren wurden Smartphones oder PDAs. Meist werden die Geräte Geschichte - ihre sozio-kulturelle Nische nie verlas- durch immer aufwendigere Spiele und die dadurch mit bereits vorinstallierten Spielen ausgeliefert und Schlussfolgerung sen. Die Popularität dieser Plattform schwand, als steigenden Produktionskosten diese Entwicklung bieten eine Schnittstelle zum Download von weite- die anderen Plattformen ein ähnlich hohes Niveau gestoppt. Die Produktion von professionellen Com- ren Titeln. in der grafischen Darstellung erreichten. Auch die puterspielen setzte neben arbeitsteiligen Methoden Die Entwicklung des Computerspiels wurde anhand immer aufwendiger-gestalteten Bedienapparatu- und ausdifferenzierten Berufsbildern, eine kosten- Eine Vielzahl von Fachmagazinen, 15 publizieren wö- der Evolution einzelner Plattformen, der Entste- ren von Spielautomaten konnten diesen Trend nicht intensive Vermarktung voraus. Die Arbeitsweise chentlich Informationen rund um das Thema. Fern- hung und Klassifizierung beispielhafter Spiele und umkehren. Handhelds sind tragbare Geräte, welche heutiger Spieleschmieden gleicht der von Filmstu- sehsender 16 übertragen 24 Stunden täglich alle re- der wirtschaftlichen Entwicklungen aufgezeigt. Wir mit einem integrierten Monitor ausgestattet sind dios. levanten Ereignisse in der Szene. Organisationen 17 können vier Plattformen unterscheiden, die sich in und während des Spiels in der Hand gehalten wer- betreiben für diverse Computerspiele eigene Ligen, ihrer Funktionalität, aber im Besonderen durch ihre den. Zu dieser Kategorie zählen neben Produkten welche nach dem Vorbild von Fußballverbänden soziokulturellen Positionen von einander abgrenzen: wie dem „GameBoy“ auch moderne Mobiltelefone strukturiert sind. Es werden Preisgelder 18 ausge- Spielautomaten, Computersysteme, Spielkonsolen und PDAs. schrieben, die denen des Profisports nahe kommen. und Handhelds. Die Computersysteme durchliefen Die so genannten Pro-Gamer reisen von einem Tur- seit ihrem Erscheinen, im Bezug auf die Anzahl ihrer In der Betrachtung der Spieletypen wurde auf eine nier zum nächsten. Die besten Spieler werden in Verwendungszwecke, die wohl stärkste Entwick- detaillierte Klassifizierung verzichtet. Grund dafür der Community verehrt und von Sponsoren aus der lung. Von den Großrechenanlagen, welche meist nur ist die steigende Zahl an Neuerscheinungen, wel- Computerindustrie mit Gagen gelockt, die es ihnen akademischen Kreisen vorbehalten waren, über die che sich nicht eindeutig einem gewissen Genre ermöglichen, ihr Hobby zum Beruf zu machen. In Heimcomputern der 80er Jahre und den sich immer zuordnen lassen. Die Bemühungen zur Erstellung Ländern wie Südkorea werden erfolgreiche Pro-Ga- schneller entwickelnden Desktop-PCs der 90er, bis eines Kategorieschemas, wie es bei der Literatur- mer wie Popstars gefeiert. Die E-Sportsszene wird hin zu den multifunktionellen Media-Centern des wissenschaft der Fall ist, führen zu keiner beständig von Hardware- wie Software-Herstellern für Pro- 21ten Jahrhunderts, deren Leistungssteigerungen in gültigen Aussage im Bezug auf den Typus einzel- motionzwecke genutzt und gefördert. Das öffent- einem noch nicht da gewesenen Tempo fortschrei- ner Spiele. Alleine die Variation in der Mischung von liche Interesse an den Ligen und Turnieren wächst ten. Spielelmenten, welche verschiedenen Genres zuzu- stetig. Die WCG 19 (World Cyber Games) stellen - als ordnen sind, verlangt ständig neue Definitionen. offiziell anerkante Weltmeisterschaft - die größte Die Spielkonsolen weisen bis dato kaum Verände- Veranstaltung dieser Art dar. In der erst fünfjähri- rungen hinsichtlich ihrer Verwendung auf. Trotz Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die gen Geschichte dieser Veranstaltung spiegelt sich den Konvergenzbemühungen der Hersteller lässt Spielkultur hat die Produktionsart von Computer- das globale Phänomen der Computerspiel-Kultur vor allem das Konkurrenzverhalten am Markt und spielen, die sich im Laufe der Jahre mehrmals verän- wieder. Im letzten Jahr fanden die WCG in Singapur die restriktiven Lizenzbedingungen der Branche derte. Bis in die 60er Jahre wurde in akademischen statt, an der Endrunde nahmen 679 Spieler aus 67 keine Funktionalitätserweiterung für die gesamte Kreisen vor allem auf kollaborativem Wege nicht- Nationen teil. Vorort verfolgten 55 000 Zuschauer Plattform zu. So werden nach wie vor Alleingänge kommerzielle Software programmiert. Dies änderte das Geschehen und rund 400 Medienvertreter be- von einzelnen Herstellern, welche durch ihr hohes sich schlagartig mit der Markteinführung der ersten richteten (teilweise sogar Live) von den Spielen. Um finanzielles Risiko erst bei technologisch wie öko- Spielkonsolen. Es entwickelte sich eine industriel-

54 55 20 Vgl. Csikszentmihalyi, Mihaly: Das Flow Erlebnis. Jenseits von Angst 21 Vgl. Csikszentmihalyi, Mihaly: Das Flow Erlebnis. Seite 43ff 22 Vgl. Csikszentmihalyi, Mihaly: Das Flow Erlebnis. Kapitel 5-8 und Langeweile im Tun aufgehen. 7.Auflage. 23 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Avatara Stuttgart:Klett-Cotta, 1999 24 Vgl. siehe http://www.myzel.net/biophily/ text/margarete_jahrmann_de.html 25 Vgl. siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Avatar_%28Internet%29

3.2 Der Flow-Effekt 20

In einer Welt, in der, um Grundbedürfnisse zu stil- ligkeit einen wichtigen Grundsatz in der Definition Es bleibt festzuhalten, dass diese Formel nicht den 25 Der Avatar dient dem User zur Selbstdarstellung. len, meist Geld von Nöten ist, und die Arbeit, welche von Spielen dar. Zwei Eigenschaften (Selbstzweck Anspruch einer allgemeinen Gültigkeit besitzt. Vie- Durch die Anonymität im Internet wird er zum An- einen Großteil des Lebens in unserer Gesellschaft und Freiwilligkeit), die Voraussetzung für die Freude le Menschen sind nur schwer oder gar nicht in der sprechpartner. Mit ihm kann die Identität verändert ausmacht, den primären Zweck der finanziellen Ab- an einer Tätigkeit sind und eine Umgebung schaf- Lage, ein tiefes Gefühl der Freude zu entwickeln. und soziale Grenzen überschritten werden. Er dient sicherung verfolgt, wirken die Thesen von Mihaly fen, die ein Aufgehen in Handlungs- und Denkpro- Weiters kann der Flow-Effekt auch bei ungeliebten als Repräsentant eines „Wunsch-Ichs“. Im Kontext Csikszentmihalyi auf den ersten Blick fremd. zessen erst ermöglicht. Dieses Aufgehen wird von Aktivitäten entstehen. Die oben genannten Eigen- von Spielen erweitert sich der Aufgabenbereich Der Flow-Effekt wie ihn Csikszentmihalyi versteht, Csikszentmihalyi als das Flow-Erlebnis beschrieben. schaften erhöhen nur die Wahrscheinlichkeit eines des Avatars zusätzlich. Er hat bei Onlinespielen wie wird nicht durch extrinsischen Motivationen hervor- Dabei ist die Beschaffenheit einer Tätigkeit nicht von Flow-Erlebnisses - dies bestätigen die Untersu- MMORPG oder anderen mit einer globalen Punktes- gerufen. Vielmehr steht die Freude an der Tätigkeit Bedeutung. Die subjektive Einstellung des Einzelnen chungen von Csikszentmihalyi. 22 tatistik eine Lebensgeschichte vorzuweisen. Sie sagt selbst im Vordergrund seiner Argumentationen. zu einer Tätigkeit stellt den entscheidenden Faktor aus, wie erfahren er ist, welche Fähigkeiten ihm zu Warum Menschen sich mit Dingen beschäftigen, die dar, der ein Flow-Erlebnis entstehen lässt. So kann eigen sind, oder welche Präferenzen er im Bezug auf ihnen offensichtlich keinen messbaren Nutzen ver- nicht davon ausgegangen werden, dass bestimm- 3.3 Avatare Spieltaktiken und Spieldauer hat. Der Avatar ist ein sprechen, kann auf die subjektiv wahrgenommene te Tätigkeiten grundsätzlich ein Gefühl der Freude Medium, welches es dem Spieler erlaubt, sich in die - den Handlungsmustern einer Tätigkeit zugrunde auslösen. Vielmehr kann die Bestimmung von indi- virtuelle Welt zu integrieren. Wie bereits erwähnt, liegende - intrinsische Motivation zurückgeführt viduellen Neigungen einer Person als die Basis zur Das Wort Avatar stammt aus dem Sanskrit (Avata- fungiert er als Stellvertreter, was nicht impliziert, werden. Diese zu erforschen, stellt die Geisteswis- Findung einer intrinsisch-belohnenden Betätigung ra = der Herabsteigende). Im Hinduismus stellt der dass die Wesenszüge der realen und der virtuellen senschaften vor das Problem der Nachweisbarkeit, gesehen werden. Avatara eine Gottheit dar, welche die Gestalt eines Person identisch sein müssen. Diese Freiheit des was zur Folge hat, dass die meisten Untersuchun- Menschen oder Tieres annimmt. Es werden zwei „virtuellen Andersseins“ gilt auch für das Geschlecht gen sich mit der extrinsischen Motivation beschäf- Um diese motivierende Charakteristik zu besitzen, Arten von Avatara unterschieden. Ein Avatara kann oder das Alter. Der Avatar stellt die Brücke zwischen tigen. Durch Belohnungen bzw. Bestrafungen wird muss die Aktivität einige Parameter aufweisen: Wie durch eine Frau geboren oder elternlos sein. Die der realen und der virtuellen Welt dar. Er ermöglicht das Verhalten direkt beeinflusst. Die experimen- bereits erwähnt, muss die Person sich aus freien meisten hinduistischen Gottheiten werden durch erst das tiefe Eintauchen in die künstlich geschaf- tellen Bedingungen setzen den Einsatz von exter- Stücken einer Tätigkeit widmen. Darüber hinaus mehrere Avataras verkörpert, die Gottheit Vishnu fene Gesellschaft. Er ist für den User Kind, Bruder, nen Belohnungen voraus, um eine Motivation für muss dabei Freude empfunden werden. Der psy- besitzt zehn Avataras von denen Rama und Krish- Begleiter und Selbstbild. In seine Pflege, seine Ent- ein bestimmtes Verhalten festlegen zu können. Die chologische Prozess, der dadurch entsteht, muss na wohl die bekanntesten sind. Der Begriff Avatara wicklung und Lebenserhaltung muss Zeit investiert Gründe für Handlungen in einem Labor lassen sich auf einem konkreten Feedback beruhen. Durch die bezieht sich immer auf den Gott selbst oder seine werden. Er bindet den Menschen an das Medium (schon durch die situationsabhängige Verhaltens- Abwesenheit anderer Belohnungen wird ein Flow- Kraft, die sich entweder in einem Wesen manifestiert und will Aufmerksamkeit. Der Avatar kann in an- weise der Versuchsperson) nicht eindeutig bestim- Erlebnis noch zusätzlich verstärkt. 21 Entgegen dem oder zu einer gottgeweihten Seele hinabsteigt.23 deren Umwelten (Spielen) nicht weiter existieren. Er men. Außerhalb des Laboratoriums haben die Leute “Alltagsleben“ existieren in solchen Aktivitäten we- würde dabei seine Lebensgeschichte verlieren. Er oftmals andere Gründe zum Handeln oder reagieren der Formen von Langeweile noch existentielle Sor- In den 80er Jahren standen viele Hippies auf der würde wieder zu einem unbeschriebenen Blatt, das auf eine gleichartige Situation in unterschiedlicher gen. Die Person kann seine für die Handlung not- Lohnliste von Softwareherstellern. So ist es nicht von der neuen Umwelt nicht gebührend respektiert Weise. Man sieht das Dilemma der Geisteswissen- wendigen Fähigkeiten voll ausschöpfen und erhält weiter verwunderlich, dass dieser hinduistische Be- wird. schaften, den Nachweis zu erbringen, dass intrinsi- eine klare Rückmeldung. Sie ist Teil eines Systems, griff Einzug in das Vokabular der MUD-Fans (Multi- sche Motivationen die Triebfeder für eine bestimm- welches auf dem Prinzip von Ursache und Wirkung, User-Dungeon) fand. 24 Der Avatar stellte außerdem in den letzten Jahren te Betätigung sind. in einem überschaubaren Umfeld die Möglichkeit für Medientheoretiker und Psychologen ein interes- einer realistischen Einschätzung der Konsequenzen Der Avatar im heutigen Sprachgebrauch lässt sich santes Forschungsfeld dar. So kann eine zu lange Das Spielen kann als eine Handlung angesehen wer- des eigenen Handelns bietet. als eine virtuelle Persönlichkeit oder als grafischer Dauer, in welcher Personen in ein neues Ich schlüp- den, welche aufgrund ihres Selbstzwecks durchge- Stellvertreter in diversen Kommunikationsplattfor- fen, zu einer Persönlichkeitsveränderung führen, führt wird. Wie bereits erwähnt, stellt die Freiwil- men (aber vor allem bei digitalen Spielen) definieren. welche Auswirkungen im realen Leben haben kann.

56 57 26 Vgl. Bartle, Richard: Designing Virtual Worlds, New Riders 2003, S. 154

3.4 Das Spiel als Welt

3.4.1 Analoge Spielwelten

3.4.1.1 Grundzüge der Spielsysteme

3.4.1.1.1 Objekte

In manchen Fällen ist ein Realitätsverlust bzw. eine Als Objekte in analogen Spielen können sowohl die ketten“, die dem Spiel entsprechen, auszulösen, ist 3.4.1.1.3 Navigation Realitätsflucht festgestellt worden. Das virtuelle Le- einzelnen Spielutensilien als auch die nicht-sicht- die wichtigste Aufgabe der Verpackung erfüllt. ben bietet einem den Komfort, nicht zwangswei- baren Elemente des Spielmechanismus gesehen se daran teilnehmen zu müssen. Im realen Leben werden. Spielgegenstände wie Würfel, Spielfigu- Die Inszenierung des Spielmaterials wird durch zwei Die Navigation dient uns im Zusammenhang mit hingegen sind wir mit teils unbeeinflussbaren Ge- ren, Spielbrett oder Karten haben eine definierba- Funktionen bestimmt. Sie soll durch ihre visuelle Autorenspielen nicht nur als Begriff der Standorts- gebenheiten konfrontiert, die uns bewusst machen, re Funktion sowohl im Bezug auf die - dem Spiel- Sprache die einzelnen Objekte in ein homogenes oder Richtungsbestimmung. Vielmehr soll sie für dass wir in ein Machtgefüge eingebunden sind, wel- konzept zugrunde liegende – Mechanik als auch der Gesamtbild rücken, welches in einem nachvollzieh- die Beziehung zwischen Spieler und dem Spielsys- ches uns an einer gänzlich freien Entfaltung hindert. Visualisierung der Spielthematik. Kann ein Objekt baren Kontext mit der Geschichte des Spiels stehen tem stehen. Hier können wir nicht den Stecker ziehen oder uns keine Funktion aufweisen, ist es - wie auch bei den soll. Ein weiterer Aufgabenbereich ist die visuelle Um ein Konzept spielbar zu machen, bedarf es nicht aus dieser Struktur ausklinken. Von einer virtuellen digitalen Spielen – aus dem System zu entfernen. Umsetzung des gesamten Spielsystems. Damit ist viel. Jedoch dem Spieler die Möglichkeiten zu geben, Gemeinschaft kann man sich zu jedem Zeitpunkt Objekte müssen jedoch nicht zwangsläufig eine re- unter anderem die Definition von Maßeinheiten, das ein Spiel zu erleben, ist eine wesentlich schwierige- trennen und sich mit ihr wieder verbinden. Man präsentative Ebene besitzen, so können die einzel- Verschleiern nicht direkt manipulierbarer Elemente re Aufgabe. kann manche Teilnehmer stumm schalten, nur mit nen Elemente eines Spielmechanismus dem Spieler der Spielmechanik oder die Klassifizierung von Ob- bestimmten Leuten sprechen oder sich allen Usern auch verborgen bleiben, wenn sie nicht in direkter jektgruppen gemeint. In unserem Brettspiel könnte Neben der semantischen Verknüpfung der Darstel- mitteilen. Man kann seine Identität auf eine ge- Weise von ihm gesteuert oder verändert werden man die Produktionsstätten, die einzelnen Gebäu- lungsform mit dem Regelsystem, sollten außer- wünschte soziale Interaktion anpassen. Man kann in können. An dieser Stelle wollen wir mit Hilfe einer deklassen oder die Rohstoffkarten als Objektgrup- dem die kausalen Zusammenhänge nachvollziehbar eine andere Rolle schlüpfen. Allegorie mehr Klarheit schaffen: Man stelle sich das pen definieren. Die Aufgaben können je nach Spiel sein. Sind die Beziehungen zwischen Handlung und Spiel als einen PKW vor, indem der Lenker (Spieler) unterschiedlich große Bedeutung erlangen. Sie stel- Auswirkung vom Spieler verstanden worden, kann Die Immersion (Eintauchen) in Computerspielen nur eine gewisse Anzahl an Steuer- und Kontroll- len nur Beispiele dar, denn die Vielfalt an Spielty- er eigenständige Entscheidungen treffen. Er wird wird laut Richard Bartel in vier verschiedene Ebe- elementen (Würfel, Karten, Spielbrett) vor sich hat. pen und Mechanismen stellt immer neue Anforde- Teil der Spielwelt und glaubt das System zu beherr- nen geteilt. Die erste Ebene stellt die des „players“ Die für den Betrieb des PKWs notwendigen Bauteile, rungen an die Inszenierung. Die Inszenierung dient schen. Um dies zu bewerkstelligen , benötigt er dar, welcher eine Spielfigur ist und deren Aufgabe z.B. das Getriebe (Spielmechanismus) und dessen dem Spielsystem als Kleid, sollte aber niemals zur jedoch eine Rückmeldung vom System. Also muss die Beeinflussung der Spielwelt ist. Bartel sieht den Zahnräder (einzelne Objekte des Mechanismus) sind Verkleidung werden. Eine Inszenierung zu ihrem mittels der Darstellung eine Position so festgelegt Avatar in der zweiten Ebene nur als Repräsentation für den Lenker nur symbolisch in Form des Gang- Selbstzweck nimmt dem Spieler die Illusion, sich in sein, dass zumindest ein relativer Vergleich (zu der des Spielers in der virtuellen Umgebung. Der Spie- knüppels sichtbar. einer homogenen Spielwelt zu befinden, die Ecken eigenen vorherigen Position und zu der der Mitspie- ler spricht in der dritten Person von ihm. Die dritte und Kanten einer solchen Welt werden mit Skepsis ler) gewährleistet wird. Der Spieler verfolgt das Ge- Ebene wird als „charakter“ bezeichnet. Der Spieler betrachtet. Skepsis aber führt unweigerlich zum schehen und hat die Möglichkeit zu agieren bzw. zu identifiziert sich in dieser Ebene mit der Spielfigur 3.4.1.1.2 Inszenierung Untergang einer Spielwelt. reagieren. Er überwacht bis zu seinem nächsten Zug und spricht in der ersten Person über sie. Die vierte die Veränderungen am Spielbrett und passt seine Ebene ist die der „persona“, in welcher die Spielfigur Taktik an diese an. Teil der Identität des Spielers wird. Der Spieler ist Die Gestaltung von Autorenspielen stellt eine gro- selbst Teil der Spielwelt, er ist zur Spielfigur gewor- ße Herausforderung an die Designer dar. Dies kann Um die Konzentration über die gesamte Spielzeit den. 26 bereits an der Verpackung festgestellt werden. Kun- aufrecht zu erhalten, darf der Spieler nicht durch den greifen vor allem zu jenen Spielen, welche durch schwierig zu bedienende Mechanismen abgelenkt besondere Illustrationen ihre Phantasie anregen. werden. Generell ist die Zeitspanne, in der die Spie- Gleichzeitig muss der potenzielle Käufer über den ler keine Aktionen setzen können, so kurz wie mög- tatsächlichen Spielablauf informiert werden. Wenn lich zu halten. Eine zu lange Pause zwischen den es dem Verpackungsdesign gelingt „Assoziations- Aktionen lässt keinen Spielfluss zu, die Spannung

58 59 lässt nach und der Spieler wird von der realen Um- nahe jedem Brettspiel gefunden werden.Eine dritte gelt. Besonders die Spielfiguren müssen dem Spieler Spielökonomie welt eingenommen. Das Regelsystem sollte keine Art der Kommunikation besteht zwischen dem Sys- schmeicheln. Die Materialien Holz und Kunststoff Ausnahmen zulassen. Ausnahmen wecken Skepsis, tem und dem Spieler. Durch Objekte und deren Ins- wecken beim Spieler, unabhängig von ihrer Form, der Spieler verliert das Vertrauen in das System und zenierung kann das Regelsystem Aussagen generie- unterschiedlich Empfindungen. Zudem sollte die Die Ökonomie weist bei analogen und digitalen dadurch kann das Regelwerk wie ein leicht einstür- ren (Bsp. „bis hier her und nicht weiter“, „du kannst Form der Spielfiguren mit der der restlichen Objek- Spielen eine grundsätzliche Gemeinsamkeit auf: zendes Kartenhaus wirken. es dir nicht leisten“, „du bist Führender“, usw.). Die- te in Beziehung stehen. Dabei ist die Thematik des Die Regelsysteme beider Plattformen werden von ses Repertoire des Systems erweitert sich mit der Spiels die Basis dieser Gestaltungsentscheidungen. der Beziehung und dem Potential von Ressourcen Erfahrung bzw. der Spielintelligenz des Menschen. Ist die Spielgeschichte einer Zeitspanne zuzuordnen, bestimmt. Das primäre Ziel von Brettspielen ist die 3.4.1.1.4 Kommunikation Er kann immer mehr Zeichen interpretieren. Gute in welcher gewisse Materialien (z.B. Holz) dominier- Herbeiführung eines gewissen Systemzustands, Brettspielkonzepte besitzen also eine Art „menta- ten, sollten diese auch im Spiel verwendet werden. welcher durch Akkumulation bzw. dem Verlust von les Modell“ des Spielers, welches als Grundlage für Weiters muss die Größe der Spiel-Accessoires an Ressourcen zustande kommt. So stellen die Figu- Die besondere Bedeutung der Kommunikation bei diese System-Kommunikation dient. Das Spiel wirkt deren Handhabung angepasst werden. ren des Schachspiels die Ressourcen dar. Die Bewe- Brettspielen lässt sich durch ihre soziokulturelle dadurch lebendig und weist „wesensähnliche“ Züge gungsmöglichkeiten der Figurtypen sind ihr Poten- Stellung erklären. auf. tial. Die Beziehung zwischen den Ressourcen stellt Die direkte Kommunikation wird auf den nati- 3.4.1.2 Die Spielewelt als Regelsystem sowohl die Position als auch die Anzahl, der sich ven Ebenen der Sprache, der Gestik und der Mimik Durch diese drei Arten entsteht ein komplexer noch am Spielbrett befindenden Figuren, dar. praktiziert. Dadurch muss kein Umwandlungspro- Kommunikationsprozess, der vom Spielablauf ge- Die Balance der Wertigkeiten von den Ressour- zess durchlaufen werden, es steht kein Medium prägt wird und durch das System am Leben erhalten Simulation cen ist bei der Brettspielentwicklung von höchster zwischen den Spielern. Das Bewusstsein sich zeit- wird. Gelingt es dem Spielsystem als Kommunikator Wichtigkeit für eine funktionierende Spielökonomie. weilig in einer Spielwelt zu befinden und das sich- nicht, die Spieler an seine Thematik zu binden, ist Entdeckt der Spieler ein nicht ausbalanciertes Ele- Lösen-von-Konventionen, befruchtet die Gesprä- die Spielwelt in Gefahr. Denn je weiter sich die Ge- Dem analogen Spiel stehen keine Rechenmaschi- ment im Spiel, das z.B. ein besseres Kosten/Nutzen che. So werden Hoffnungen, Freuden, Ängste oder spräche von den Spielinhalten entfernen, umso we- nen zur Verfügung, um komplexe mathematische Verhältnis aufweist, so wird er seine Ressourcen aus Bedürfnisse offen ausgesprochen. Man kann sich niger Aufmerksamkeit erhält das Spiel. Algorithmen zu kalkulieren. Daher stellen Simulati- Gründen der Effizienz ausschließlich in dieses Ele- streiten, ohne dabei die Konsequenzen in die Reali- onssysteme bei Brettspielen eine stark vereinfachte ment investieren. Ein Alptraum für jeden Spielent- tät mitzunehmen. Realität dar. Der Spielentwickler isoliert den realen wickler. 3.4.1.1.5 Haptik Prozess, setzt für die nicht direkt beeinflussbaren Weiters existiert eine zweite Form der Kommuni- Mechanismen Extrapolationen ein und führt eine kation, welche sich durch unterschiedliche Spiel- Dissimilation des Prozesses durch, so dass die An- Konkurrenz und Kooperation situationen und die Deutung von Handlungen der Die Art der physischen Manifestation einzelner Ob- zahl der Parameter überschaubar wird. Dadurch Mitspieler ergibt. Eine solche Situation kann bei- jekte mag nur bedingt eine Rolle für ihre Funktion entsteht eine Spielmechanik, welche die Anmutung spielsweise bei dem bekannten Brettspiel „Risiko“ spielen, doch sind Materialien und Form für den Ge- eines komplexen Prozesses besitzt, aber eine einfa- Wie bereits Eingangs erwähnt, ist der Wettkampf entstehen: Sichere ich meine Grenzen zu einem ver- samteindruck, also auch für die Immersion in die che Handhabung aufweist. eng mit dem Spiel verknüpft. Neben dem Regelsys- bündeten Spieler ab, so zeugt dies von nicht all zu Spielwelt von größter Wichtigkeit. Im Gegensatz zu tem sind vor allem soziale Konventionen dafür ver- hohem Vertrauen. Womit auch das Vertrauen des Computerspielen sind die Brettspiele in greifbarer antwortlich, den Kokunrrenzkampf bei Brettspielen Verbündeten sinkt. Auch er wird in seinem nächsten Form vorhanden. Beim Anfassen von Spielutensili- nicht ausarten zu lassen. Das Konkurrenzverhalten Zug seine Grenzen absichern wollen. Beide Spieler en sollte der Spieler eine Art Wertschätzung emp- wird von der Spielökonomie bestimmt. Bei Brett- beteuern aber, dass es sich dabei um reine Prophy- finden. Dies gelingt nur dann, wenn die Form als spielen wird auf Grund ihrer medialen Möglichkeiten laxe handeln würde.Solche Beispiele können in bei- Repräsentant eines Objekts ihren Wert widerspie- ein Ziel definiert, welches als Erster zu erreichen gilt.

60 61 Dies führt zu einer relativen Kategorisierung von „Licht“ eine blendende Mittagssonne, aber auch ein 3.4.2.1.2 Inszenierung Zeichen - zu einem der rechenintensivsten Prozesse Sieg und Niederlage. Auch wenn viele Brettspiele rot-blinkendes Warnlicht darstellen. Funktionalität bei Spielen geworden. Aus diesem Grund berech- die Erstellung einer Rangliste ermöglichen, ist nach und Repräsentation sind also als zwei voneinander net die Repräsentations-Engine bzw. die - für das Beendigung des Spiels nur die Frage nach dem Sie- unabhängige Teile eines Objekts zu sehen. So kann Die Inszenierung der Spielwelt übernimmt bei Com- Rendern verantwortlichen - Programmteile nur die ger von Bedeutung.Durch taktische Elemente kann beispielsweise die Repräsentation einer Pflanze mit puterspielen die Engine. Sie ist der wichtigste Teil im Blickfeld des Spielers befindlichen Objekte und das Konkurrenzverhalten stimuliert werden. Gibt es der Funktionalität eines Fahrzeugs kombiniert wer- eines Spielprogramms. Sie setzt auf der Ebene der nicht die gesamte Spielwelt. Um dieses Blickfeld die Möglichkeit einer Störung des Gegners, so wird den. Wenn Objekte ein Script besitzen, aber jegliche Objekte auf und fungiert sowohl als Simulations- zusätzlich einzuschränken, wurden diverse Me- diese meist von unterlegenen Spielern genutzt, um Repräsentationsform vermissen lassen, werden sie als auch Repräsentationsgenerator für das gesamte thoden entwickelt. Zu Beginn der 3D-Darstellung den Spielfortschritt des Führenden einzubremsen. in der Fachsprache als „Triger“ bezeichnet. Sie sind Spielsystem. Deshalb wird von einer Simulations- in Computerspielen fand sich der Spieler meist in für den Spieler nicht sichtbar, können aber durch Engine und einer Repräsentations-Engine gespro- geschlossenen Räumen wieder (Bsp.:„DOOM“, Wol- Bei Brettspielen ist durch eine Mangelökonomie und die Interaktion des Spielers mit dem System eine chen. fenstein 3D). Später wurde mit der „draw-distance“ dem damit verbundenen Kampf um Ressourcen, Aktion hervorrufen. Eine Repräsentation, welche eine Einschränkung der Sichtweite eingeführt, wel- ein hohes Potenzial für konkurrierendes Verhalten keine Funktionalität besitzt, hat hingegen keine Die Aspekte des Regelsystems werden von diversen che allerdings einen „Pop-Up“ oder „Draw-In“ Effekt zu erreichen. Ein Mangel an Ressourcen darf aller- Daseinsberechtigung in einer Spielumgebung. Ob- Programmteilen übernommen, welche der Simulati- zur Folge hatte. Das bedeutet, die Objekte werden dings nicht über einen längeren Zeitraum bestehen. jekte können komplexe Datenstrukturen und da- ons-Engine zugehörig sind. Es werden die Variablen erst ab einer bestimmten Distanz zur Kamera dar- Er würde den Spielfortschritt zu stark einschrän- rin verborgene Algorithmen aufweisen. Ein Beispiel aller Objekte abgefragt, welche für die „simulativen“ gestellt und tauchen dadurch schlagartig im Blick- ken. Kooperationen sind bei Brettspielen meist nur dafür sind die „Bods“, welche der Klasse der „mobs“ Berechnungen des Systemzustandes von Bedeu- feld des Spielers auf. In aktuellen Spielen ist die durch Effizienz und dem Selbsterhaltungstrieb zu (MobileObjects) angehören. „Bods“ stellen virtuelle tung sind. Diese ständig erfolgenden Berechnungen Distanzsicht für die Orientierung (in den oft riesi- erklären. Obwohl die Gegen- bzw. Mitspieler meist Gegner dar, deren Scripte - zumindest in neueren lassen eine kontextuelle Definition jedes einzelnen gen Umgebungen) nötig. So werden heute die visu- Sympathie füreinander empfinden, ist in der sepa- Spielen - ein überaus komplexes Set an Instrukti- Objekts im System zu. Im Falle eines User-Inputs alisierten Objekte von der Repräsentations-Engine rierten Spielwelt kaum Platz für Samariter. onen für die kognitiven Fähigkeiten der Figur bein- werden die Daten den Variablen der betroffenen Ob- in verschiedene Gruppen unterteilt, welche eine un- halten. Erst wenn die einzelnen Rohdaten wie Poly- jekte übermittelt und auf ihre Korrektheit (im Bezug terschiedliche „draw distance“ besitzen. Das Terrain gon-Modelle, Texturen oder Soundfiles zusammen auf das den Berechnungen zugrunde liegende Re- ist bis zum Horizont erkennbar, weit entfernte Ge- 3.4.2 Digitale Spielwelten in einen funktionellen Kontext geschoben werden, gelsystem) kontrolliert. Je realistischer das Spiel ist, bäude wirken wie in Nebel gekleidet und Objekte, kann von einem symbolischen Objekt gesprochen desto mehr Berechnungen fallen an. Die Spielphysik die in direkter Nähe zur Kamera stehen, weisen eine 3.4.2.1 Grundzüge der Spielsysteme werden. Der Zustand oder die Position von Objek- bei aktuellen Autorennspielen muss neben den Po- Textur auf. Um den „Pop-Up-Effekt“ zu kaschieren, ten wird durch verschiedene Variablen definiert. Die sitionen und Zuständen der einzelnen Objekte auch wird einerseits das „Fogging“(Nebelwand) verwen- 3.4.2.1.1 Objekte Gesamtheit der Zustandsdefinitionen aller Objekte Beschleunigung und Aufprallverhalten durch phy- det, zum anderen wird die Texturgenauigkeit der eines Spiels wird „game state“ genannt. Diese kön- sikalische Algorithmen bestimmen. Diese werden Distanz zwischen 3D-Objekt und Kamera schritt- nen bei vielen Spielen auf Festplatte oder Memory wiederum durch die Zustandsvariablen (Elastizität, weise angepasst. Die meisten Spiele bieten dem Objekte stellen in Computerspielen die Repräsen- Card gespeichert werden und dienen dadurch der Reibung, usw.) anderer Objekte beeinflusst. User die Möglichkeit, die grafischen Einstellungen tation des Quellcodes dar. Jedes Objekt ist einer so Konservierung und - falls notwendig - der Wieder- auf seine Hardware anzupassen, um eine „flüssi- genannten Klasse zuzuordnen. Klassen besitzen herstellung des Spielzustandes. In der Repräsentations-Engine werden die mit den ge“ Darstellung zu gewährleisten. Natürlich stellen Subprogramme, welche ihre Eigenschaften bestim- Objekten verknüpften Darstellungsanweisungen nicht nur die technologischen Aspekte hohe An- men und deren Funktionalität festlegt. Jedes Ob- angefertigt und ausgegeben. Mittels eines Monitors sprüche an die symbolische Vermittlung. Erst durch jekt verfügt weiters über ein eigenes Script, wel- werden die „gerenderten“ Anweisungen dem User den Kontext, in dem die vermittelten Zeichen zum ches seine „physische“ Repräsentation bestimmt. sichtbar gemacht. Das „Rendern“ ist - durch die sich Rezipienten stehen, wird ihnen eine Bedeutung zu- So kann in ein und derselben Klasse beispielsweise ständig steigernde Realitätsnähe der visualisierten geordnet.

62 63 27 Seeßlen, Georg; Rost, Christian: Pacman & Co. Reinbek 1984, S. 28 http://de.wikipedia.org/wiki/Computerspieler-Jargon 188

„Bedenken Sie bitte, dass das Spielgeschehen nicht weitere Interaktionen. Das Interface ist die Schnitt- 3.4.2.1.4 Kommunikation er“): das ist, was auf dem Bildschirm manifestiert wird, stelle zwischen Benutzer und Computer und stellt Wird meist dann verwendet, wenn ein Spieler durch sondern das, was zwischen dem Spieler und dem damit erst die Möglichkeit eines Inputs her. Es re- sein Geschick erahnen lässt, dass er über keine Gerät passiert. Ein Schlumpf ist ein Schlumpf (näm- präsentiert durch eine symbolische Verdichtung Mit Kommunikation ist sowohl der Austausch von Routine verfügt. Wird jedoch meist bewusst als Be- lich ein kleiner Mythos, der aus vielen Elementen seine eigene Funktionalität und nicht die Funkti- Informationen zwischen Benutzer und System als leidigung verwendet. zusammengesetzt ist), auch wenn er für die Bild- onsweise des Spiels. Es wird versucht eine semanti- auch der zwischen einzelnen Benutzern stattfin- schirmgrafik stark vereinfacht wurde. Aber indem sche Beziehung zwischen User und Computer zu er- dende Zeichentransfer gemeint. Die Kommunikati- SRY4TK(„Sorry for the Teamkill“) oder ich ihn zum Leben erwecke, erhält er die mythi- möglichen. Durch die Einschränkung der Anzahl an on zwischen dem Benutzer und dem System wurde SRY4TA((„Sorry for the Teamattack“): sche Form: ‚Ich gebiete über das Schicksal eines Symbolen wird es dem Benutzer leichter gemacht, in den vorhergehenden Kapiteln in den Analysen Wird bei Kampfspielen als Entschuldigung für einen Schlumpfs.ʻ“ 27 ein mentales Modell der Funktionsweisen des Spiels miteinbezogen. Deshalb sei an dieser Stelle unser unbeabsichtigten Beschuss der eigenen Partei ver- zu erstellen, auch wenn diese mit den tatsächlichen Augenmerk auf die Interaktion zwischen den Spie- wendet. Die Tendenz zu realitätsgetreuen Spielen auf dem oft nichts gemein haben. Auch die Simulations-En- lern gelenkt. Der kommunikative Aspekt von Com- Computerspielmarkt hat zur Folge, dass nur mehr gine kann durch das am Ziel orientierte Verhalten puterspielen erlangte durch die ersten MUDs fun- LOL („Laughing Out Loud“/„Lots Of Laughing“): selten Titel erscheinen, welche eine eigenständige des Benutzers von gewissen Input-Mustern aus- damentale Bedeutung für das Spielsystem. So stellt Wird meist in Verbindung mit skurrilen Situationen Darstellungsform aufweisen können. Ein Beispiel für gehen. Damit besitzt also auch das Programm ein die Kommunikation zwischen den Spielern bei vie- verwendet. ein innovatives Konzept mit einer homogen-wirken- mentales Modell vom Benutzer. Das Interface stellt len Online-Titeln ein essentielles Element des Spiel- den Darstellung findet man im Spiel „Katamari Da- also eine Art Input/Output Kommunikat dar. konzeptes dar. CYA(„See Ya“,„See You Again“,„See You All“): macy“. Das Design stammt vom japanischen Spiel- In der ersten Bedeutung wie „CU“, also etwa „bis entwickler Keita Takahashi, der durch den ersten Das „Sich-zurecht-finden“ in einer digitalen Welt Die meisten Computerspiele können (trotz ihrer später“. Ursprünglich eigentlich „Cover your Ass“, Teil dieses Titels schlagartig zum Shootingstar in wird nicht nur durch die Orientierung ermöglicht. meist auf eine Sprache konzentrierte Ausgabe) als ein Begriff aus dem Militärjargon (etwa „Pass auf der Spielszene wurde. Besonders japanische Spie- Viel entscheidender scheint das Erlernen der vir- multilinguale Plattformen bezeichnet werden. Die deinen Arsch auf“) le sind stärker von der Kultur ihres Herkunftslandes tuellen Motorik zu sein. Wenn Bewegungsabläufe vom System produzierten Zeichen stehen im Kon- geprägt als europäische oder nordamerikanische. verinnerlicht sind, beginnt der Spieler seine Hand- text mit dem Regelsystem und der Spielthematik WTJ („Winning Team Joiner“): Die Symbolik asiatischer Spiele verweist häufig auf lungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Aber erst das und besitzen semiotisch definierbare Aussagen. Die Wer als WTJ bezeichnet wird, steht im Verdacht, be- Mythen, Philosophien und religiöse Lehren, in deren Erkennen von kausalen Zusammenhängen lässt Benutzer können diese verdichteten Zeichen als sol- wusst der stärkeren Partei beigetreten zu sein, um Kontext die Zeichen mehr als nur die Summe der einen Spieler das System verstehen. Dies ist zwar che in ihre textorientierte Kommunikation übertra- das Ungleichgewicht zu seinen Gunsten zu nutzen. dargestellten Pixel sind. nicht nötig, um das Spiel zu spielen, aber von un- gen, die Semantik spricht in einem solchen Fall von schätzbarem Wert in einem Wettkampf. Wer stän- subkulturellen Ausdrücken. Die Userschaft ersetzt Unter dem unten angegebenen Link sind noch wei- dig verliert, weil der Gegner jeden Zug scheinbar im immer mehr Wörter durch Textzeichen und kreiert tere solcher Begriffe zu finden. 3.4.2.1.3 Navigation Voraus ahnt, verliert sehr schnell die Lust am Spiel. damit eine eigene Sprache, welche keine Grammatik besitzt und durch den globalen Austausch als über- Durch gesteigerte Hardwareleistung und dem Aus- all verständlich zu gelten scheint. Einige der Begrif- bau von Breitbandverbindungen wurde immer mehr Dem User wird in einem Computerspiel die Naviga- fe sind von der gesamten Netzkultur übernommen Usern die verbale Kommunikation ermöglicht. So tion durch zwei Komponenten ermöglicht. worden. bietet der VoIP-Standard(Voice over Internet Proto- Die Repräsentation der (vom Programm erzeugten) col) in Programmen wie Teamspeak, X-fire, Battle- Zeichen mittels eines dafür geeigneten Mediums Hierzu einige Beispiele: 28 com oder Skype die Möglichkeit der Internettelepho- (Monitor). Sie bietet dem Spieler eine Rückmeldung nie und dem Einrichten von Konferenzschaltungen. auf sein Spielverhalten, sowie die Orientierung für NOOB(„Newbie“) oder NAP(„Not A Pro“,„Not A Play- Weiters hat eine Vielzahl der aktuellen Spiele diese

64 65 29 siehe http://wii.nintendo.com/home.html 30 Vgl.Baudrillard, Jean: Agonie des Realen, Berlin 1978, S. 15

Funktion bereits eingebaut. Die Spieler nutzten die de Neuentwicklung stellte Nintendo vor kurzem vor. kommen. Die Komplexität einer solchen Berech- Der Spieler muss mit dem Abfeuern der nächsten neue Technologie und übernahmen die Textzeichen 29 Der Controller der neuen Nintendo-Konsole(„wii“) nung wird an der Allegorie des Flügelschlags eines Salve solange warten, bis die Vorherige ihr Ziel trifft in ihren Sprachgebrauch. Statt dem Aufflimmern der soll über einen eingebauten Beschleunigungssensor Schmetterlings, der weit entfernt einen Orkan aus- oder vom Bildschirm verschwindet. Akronyme in einer Textbox am, schallt nun ein von verfügen, weiters kann mittels eines anderen Sen- lösen soll, deutlich. Simulationen können reale Pro- Lachen begleitetes „LOL!“ aus den Lautsprechern. sors („Sensor Bar“) die relative Position des Control- zesse nur in abstrahierter Form darstellen. Der Aufwand, der betrieben wird, um die Spielöko- Die Vermischung des normalen Sprachgebrauchs lers in drei Dimensionen bestimmt werden. Ob diese nomie in Balance zu halten, steigt mit der Komple- mit dem Computerspieljargon wird vor allem bei Innovation Erfolg hat, bleibt abzuwarten. Skeptiker xität einer Spielwelt. Eine tatsächliche Balance zu Jugendlichen immer häufiger zur Gewohnheit. Auch bezweifeln, dass eine präzise Steuerung mit diesem Spielökonomie erreichen, stellt eine der am schwierigsten zu lö- wenn diese Entwicklung Grund zur Kritik gibt, kann Controller möglich sei. Es bleibt festzustellen, dass senden Aufgabe im Spieldesign dar. dem Computerspiel trotz allem eine kulturschaf- in absehbarer Zukunft keine Technik zur Verfügung fende Funktion zugeschrieben werden. stehen wird, die alle Aspekte der haptischen Sin- Wie bereits erwähnt, besitzen die Computerspiele neswahrnehmung abdecken kann. dieselben ökonomischen Prinzipien wie Brettspiele. Konkurrenz und Kooperation Beide Plattformen weisen ein grundlegendes Merk- 3.4.2.1.5 Haptik mal des Spiels auf. Der Spieler hat Ziele zu verfol- 3.4.1.2 Die Spielwelt als Regelsystem gen, welche entweder vom System oder von ihm Das Regelsystem wird vom Computer verwaltet. Er selbst definiert werden. Besonders Letzteres wird setzt die Regeln in restriktiver Form um und er- Seit Jahren beschäftigt sich ein ganzer Forschungs- Simulation häufig bei Computerspielen durch den Agon her- zeugt einen - durch kausale Zusammenhänge be- zweig mit der Entwicklung von Interface-Hardware. vorgerufen. Der Spieler versucht beispielsweise ei- einflussten - Systemzustand. Das Regelsystem von Dabei wird insbesondere die Simulation haptischer nen anderen in einer Rangliste zu überholen(selbst reinen Multiplayer-Spielen ist nicht aktiv am Spiel- Reize forciert. Die Entwicklungen werden jedoch Die wohl gängigste Auslegung des Begriffs stammt definiertes Ziel). verlauf beteiligt. Es stellt nur die Rahmenbedin- durch die enormen Produktionskosten nie einen aus der technischen Betrachtungsweise. Simulati- gungen zur Verfügung. In Einzelspielervarianten bedeutenden Platz im Consumermarkt einnehmen on wird dabei als eine durch mathematische Algo- Durch ein erfolgreiches Ressourcenmanagement er- hingegen simuliert der Computer sehr wohl einen können. So steht den Spielern nur eine geringe Aus- rithmen erzeugte Nachbildung von Prozessen aus langt der Spieler Macht über das System und seine meist gleichstarken bzw. schlagbaren Gegner. Eine wahl an brauchbarer Interface-Hardware zur Ver- unserem Alltag beschrieben. Einen zweiten nicht Kontrahenten. Je größer die Macht ist, desto höher andere Form von computergenerierter Konkurrenz fügung. Tastatur und Maus, Joystick und Joypad weniger aufschlussreichen Ansatz verfolgt die Phi- ist die Chance die Ziele zu erreichen. Die Anzahl und können beispielsweise Hindernisse sein, die dem als auch Lenkräder mit Pedalen stellen das Stan- losophie. Jean Baudrillard sieht die Simulation als Artenvielfalt von Ressourcen in einem Computer- Spieler die Verwendung von Ressourcen abverlangt. dardrepertoire dar. Auch wenn durch diverse Tech- gänzlich abstrahiertes, referenzloses Simulakrum, spiel ist um ein Vielfaches höher als bei Brettspielen. Kooperationen zwischen Computerspielern erge- niken wie Vibratoren(„Force Feedback“) versucht das auf keine Realität außer sich selbst verweist. 30 Bei „Taktik-Shooter Battlefield 2“ müsste erst eine ben sich zwangsläufig bei Multiplayer-Spielen, in wird haptische Reize auszulösen, ist eine tatsäch- Beide Definitionen lassen sich auf verschiedene Re- aufwendige Klassifizierung der Ressourcen durch- denen das Regelsystem die Spieler in zwei konkur- lich realitätsnahe Bedienung auch mit zukünftigen gelsysteme anwenden. Die Referenzlosigkeit von geführt werden, um ein Beziehungsgeflecht dar- rierende Parteien einteilt.Aber auch bei Spielen wie Interfaces nicht möglich. Dies wird von den meis- Simulationen stellt sich bei Computerspielen dann stellbar zu machen. Wesentlich einfacher kann dies „WoW“ werden Kooperationen zum Wohl, der sich ten Spielern auch nicht gefordert, da sich für jeden heraus, wenn diese auf Prinzipien beruhen, welche bei frühen Spielen wie „Sace Invadors“ bewerkstel- daran beteiligenden Spieler, eingegangen. Dabei Spieltyp ein Standard-Interface etabliert hat und im Alltag nicht wieder zu finden sind. Die Simulati- ligt werden. Der Spieler muss die Ressource „Leben“ muss festgehalten werden, dass die Kooperation die Programme darauf optimiert wurden. on kann immer nur eine Nachahmung niemals eine riskieren, um die Ressource „Punkte“ zu erhalten. bei Computerspielen nicht durch soziale, sondern Die Ausnahme stellt dabei der Konsolenmarkt dar. vollständige Berechnung eines Prozesses sein. Denn Weitere Ressourcen sind Schutzschild und Munition. durch rein rationale Beweggründe zustande kommt. Hier sind immer wieder neue Steuerungsgeräte vor- erst durch die Einbeziehung aller Umgebungsbe- Wobei die Verfügbarkeit der Munition nur in Zeit- gestellt worden, deren Vielfalt an Formen von Pisto- dingungen und deren Abhängigkeiten kann eine fenstern gewährleistet wird. Es kann nämlich immer len bis zu Gitarren reichte. Eine erfolgsversprechen- tatsächlich, realitätsgetreue Simulation zustande nur 1 Schuss auf dem Bildschirm dargestellt werden.

66 67 3.5 Conclusio

Die Konsequenzen, die wir aus der theoretischen kann ein nicht zu unterschätzendes Suchtverhalten Auseinandersetzung mit dem Begriff Spiel zie- provoziert werden. Eine Spielsucht hat viele Neben- hen konnten, führten uns bei der Abgrenzung der erscheinungen wie die der sozialen Abkapslung oder analogen und digitalen Spielwelten zu einer Über- einer eingeschränkten Kommunikationsbereitschaft. einstimmung der grundsätzlichen Wesensarten. Das Interesse der wissenschaftlichen Disziplinen am Die medialen Plattformen und ihre Unterschiede Forschungsfeld Spiel wird in den nächsten Jahren schränken manche dieser Eigenschaften ein, heben zunehmen. Vor allem das Computerspiel durchläuft jedoch andere hervor. Die Bemühungen der Geis- eine rasante Entwicklung und rückt immer mehr ins teswissenschaften analoge und digitale Spiele einer Blickfeld der Öffentlichkeit. tiefgehenden Klassifizierung in Genres zu unterzie- hen, scheint allein durch die Definition von Huizin- ga ein undurchführbares Unterfangen zu sein. Die Reduzierung der Kriterien einer solchen Klassifizie- rung hat unweigerlich die Folge, wichtige Aspekte gänzlich zu vernachlässigen. Alleine durch die Dar- stellung lassen sich semantische Unterschiede er- zeugen, welche neue kognitive Prozesse beim Spie- ler auslösen.

Kann der Poetik dieser beiden Medien eine entspre- chende Ästhetik gegenüber gestellt werden? Ja, denn trotz ihrer Divergenzen besitzen beide Plattformen sowohl kulturtragende als auch kulturschaffende Ei- genschaften. Sie werden von ihrem soziokulturellen Raum, in dem sie existieren, geprägt - verändern bzw. beeinflussen diesen aber auch zugleich. Dies trifft im Besonderen auf die digitalen Spiele zu. Die Erkenntnisse, die wir aus dem theoretischen als auch dem praktischen Teil dieser Diplomarbeit ge- winnen konnten, führen zur Anwendung dieser in der konzeptionellen Gestaltung anderer Medien. Das Spiel ist als ein Wesen anzusehen, welches sich in seiner Gesamtheit kaum determinieren lässt. Es dient primär dem Selbstzweck, lässt uns aber auch von ihm lernen. Es bietet durch seinen protostruk- turellen Charakter die Funktion eines - von Risiken befreiten - Versuchsfeldes für soziale Interaktionen. Durch eine übertriebene Immersion in Spielwelten

68 69 3.6 Literaturangabe 3.7 Fußnotenverzeichnis

Bartle, Richard: Designing Virtual Worlds, New Riders 2003, S. 154 Websites ohne Autorenangabe: 1 Huizinga, Johan:HOMO LUDENS. Vom Ursprung der Kultur im 15 http://www.gamestar.de Spiel. Hamburg 1987(1938) S. 37 Baudrillard, Jean: Agonie des Realen, Berlin 1978, S. 15 http://wii.nintendo.com/home.html 16 http://www.giga.de http://de.wikipedia.org/wiki/Computerspieler-Jargon 2 Huizinga, Johan:HOMO LUDENS. Vom Ursprung der Kultur im Csikszentmihalyi, Mihaly: Das Flow Erlebnis. Jenseits von Angst und http://de.wikipedia.org/wiki/Avatar_%28Internet%29 Spiel. Hamburg 1987(1938), S.19 17 http://www.esl.eu Langeweile im Tun aufgehen. 7.Auflage. http://de.wikipedia.org/wiki/Avatara Stuttgart:Klett-Cotta, 1999, Seite 34- 159 http://de.wikipedia.org/wiki/Schachgeschichte 3 http://kramer-spiele.privat.t-online.de/ Vorträge, 18 http://www.giga.de/tv/esports/ http://de.wikipedia.org/wiki/Dame_%28Spiel%29 Was macht ein Spiel zu einem guten Spiel? 00132566_die_topverdiener_2006/ Cypra, Olgierd: Warum spielen Menschen in virtuellen Welten? Eine http://www.bigbrotherawards.at/2005/Preistraeger empirische Untersuchung zu Online-Rollenspielen und ihren Nut- http://www.gamestar.de 4 Huizinga, Johan: HOMO LUDENS. Vom Ursprung der Kultur im 19 http://www.worldcybergames.com zern., [http://www.staff.uni-mainz.de/cyprao/arbeit.html], http://www.giga.de Spiel. Hamburg 1978(1938), S.20 6.4. Spielgewohnheiten: Wer spielt wie lange? http://www.giga.de/tv/esports/00132566_die_topverdiener_ 20 Csikszentmihalyi, Mihaly: Das Flow Erlebnis. Jenseits von Angst 2006/ 5 http://de.wikipedia.org/wiki/Schachgeschichte und Langeweile im Tun aufgehen. 7.Auflage. Huizinga, Johan:HOMO LUDENS. Vom Ursprung der Kultur im Spiel. http://www.esl.eu Stuttgart:Klett-Cotta, 1999 Hamburg 1987(1938) http://www.worldcybergames.com 6 http://de.wikipedia.org/wiki/Dame_%28Spiel%29 http://www.spiel-viel.de/holzspielzeug-geschichte/1900.htm 21 Csikszentmihalyi, Mihaly: Das Flow Erlebnis. Seite 43ff Jahrmann, Margarete: Only a Dead Avatar is a Good Avatar, http://www.spiel-viel.de/holzspielzeug-geschichte/60.htm 7 http://www.spiel-viel.de/holzspielzeug-geschichte/1900.htm [http://www.myzel.net/biophily/text/margarete_jahrmann_de.html] 22 Csikszentmihalyi, Mihaly: Das Flow Erlebnis. Kapitel 5-8 bbc_uk_games_research_2005.pdf (auf Datenträger) 8 http://www.spiel-viel.de/holzspielzeug-geschichte/60.htm Kramer, Wolfgang: Was macht ein Spiel zu einem guten Spiel? 23 http://de.wikipedia.org/wiki/Avatara [http://kramer-spiele.privat.t-online.de/], siehe Vorträge 9 Kramer, Wolfgang: What Is a Game? In: The Games Journal. A boardgaming monthly [http://www.thegamesjournal.com/ 24 http://www.myzel.net/biophily/ Kramer, Wolfgang: What Is a Game? In: The Games Journal. articles/WhatIsaGame.shtml] text/margarete_jahrmann_de.html A boardgaming monthly [http://www.thegamesjournal.com/ articles/WhatIsaGame.shtml] 10 Kevin Maroney: My Entire Waking Life. In: The Games Journal. 25 http://de.wikipedia.org/wiki/Avatar_%28Internet%29 A boardgaming monthly [http://www.thegamesjournal.com/artic- Maroney, Kevin: My Entire Waking Life. In: The Games Journal. les/MyEntireWakingLife.shtml] 26 Bartle, Richard: Designing Virtual Worlds, New Riders 2003, A boardgaming monthly [http://www.thegamesjournal.com/artic- S. 154 les/MyEntireWakingLife.shtml] 11 Huizinga, Johan:HOMO LUDENS. Vom Ursprung der Kultur im Spiel. Hamburg 1978(1938) S. 58 27 Seeßlen, Georg; Rost, Christian: Pacman & Co. Reinbek 1984, Seeßlen, Georg; Rost, Christian: Pacman & Co. S. 188 Reinbek 1984, S. 188 12 http://www.bigbrotherawards.at/2005/Preistraeger 28 http://de.wikipedia.org/wiki/Computerspieler-Jargon 13 http://www.staff.uni-mainz.de/cyprao/arbeit.html, 6.4. Spielgewohnheiten: Wer spielt wie lange? 29 http://wii.nintendo.com/home.html

14 bbc_uk_games_research_2005.pdf (auf Datenträger) 30 Baudrillard, Jean: Agonie des Realen, Berlin 1978, S. 15

70 71 4. Interviews

72 73 4. Interview

4.1. Interview mit Wolfgang Kramer

Kramer: vorgefertigte Blancokarten, auf denen man etwas nifestieren. Es gibt drei unterschiedliche Entwick- te auch nicht in sein eigenes Viertel legen. Da ist aufzeichnen kann. Aber man verändert ja ständig lungsstufen. Die erste Entwicklungsstufe wäre eine schon ein kleiner taktischer Aspekt drin, mit jeder Ihre Diplomarbeit geht über Spiele oder ein spezi- etwas, es ist schon besser, es im Computer zu ha- Siedlung zu bauen, bestehend aus vier Bausteinen, gelegten Produktionsstätte grenze ich die weiteren elles Spiel? ben. Wenn ich einen Test mache, benutze ich 200 rundherum kommt eine Stadtmauer. Wenn man Möglichkeiten ein. Gramm-Papier. Da muss ich nicht viel kleben. Wenn diese Entwicklungsstufe abgeschlossen hat, kann Wir: die Karten fertig sind, nehme ich besseres Papier. man mit der Zweiten beginnen. Die zweite Entwick- Kramer: lungsstufe besteht aus einer Universität und einem Die theoretische Arbeit geht über Spiel allgemein; Wir: Krankenhaus. Beide Gebäude bestehen aus zwei Kann ich die auch einsammeln? soziale, kulturelle Aspekte, die Spiel ausmachen Bausteinen. Die dritte Stufe ist nötig, um letztend- und eben auch den Vergleich zwischen analogen Wir möchten Ihnen kurz unser Spiel vorstellen. Erst- lich das Spiel zu gewinnen und dafür müsste man Wir: Spielen und Computerspielen. mal die Geschichte, die das Spiel umgibt, damit man ein Monument bauen. sich da ein bisschen rein denken kann. Als Spieler Nein, die bleiben liegen. Es gibt sechs Würfeltipps Kramer: versetzt man sich in die Lage, dass man Handelsrei- Kramer: in den Farben der Spieler, das sind diese runden sender auf der Seidenstraße ist. Es gibt vier Städte: Jetons. Zu Beginn darf man einen Würfeltipp auf Als analoge Spiele bezeichnen Sie die klassischen Kairo, Istanbul, Peking und Nanjang. Aber da steht dann schon das Krankenhaus und die eine Produktionsstätte legen. Am Anfang werde ich Brettspiele? Universität oder werden die anderen Bauwerke dann natürlich schauen, was ich zuerst bauen muss und Kramer: vom Brett genommen? dementsprechend meinen Würfeltipp platzieren. Wir: Meinen nächsten Würfeltipp kann ich erst dann an Kairo, ist das auf der Seidenstraße? Wir: einer anderen Produktionsstätte legen, wenn ich an Ja, unter analogen Spielen verstehen wir Brettspie- dieser Produktionsstätte angekommen bin. le. Unsere praktische Arbeit ist eben ein klassisches Wir: Das wird aufeinander gelegt. Da liegt zuerst die Brettspiel. Das ist ein erster Prototyp, der leider Siedlung und auf die Siedlung werden dann das Kramer: noch nicht vollständig ist - zumindestens in grafi- Ja, das war der letzte Ausläufer der Seidenstraße, Krankenhaus und die Universität gelegt. scher Hinsicht. Das hat eher produktionstechnische der arabischen...... Es kommt jetzt darauf an, zu Die Bauwerke werden mit Rohstoffen bezahlt. Wir Jeder Spieler hat praktisch alle Zahlen von eins bis Gründe, weil die Herstellung der Karten zu teuer welcher Zeit der Seidenstraße das Ganze war. In der haben uns erkundigt, welche Waren auf der Seiden- sechs ? kommen würde. Bevor wir eine endgültige grafische Hochblüte haben die Wege bis nach Kairo geführt. straße vorrangig gehandelt wurden. Das waren Tee, Lösung haben, würde das uns als Studenten zu teu- Wir haben vier Außenpunkte gebraucht und es ist Gewürze, Seide, Porzellan und Edelsteine. Wir: er kommen. zumindest dokumentiert worden. Hier sieht man, wie viel ein Gebäude kosten wür- de. Das Legen der Produktionsstätten funktioniert Genau. Wenn ich jetzt zum Beispiel bei Gewürzen Kramer: Kramer: so, dass man die Karten durchmischt und verdeckt eine sechs platziert habe und sie wurde zweimal liegen lässt. Danach würfelt jeder einmal und der, gewürfelt, dann habe ich zwei Gewürzrohstoffe ge- Es gibt auch Blancokarten, auf die man etwas auf- Ja, das ist entscheidend. mit der höchsten Augenzahl beginnt. Bei vier Spie- erntet. Die kommen dann ins Lager. Ich kann die kleben kann. Es gibt mehrere Shops im Internet, die lern und fünf Produktionsstätten hat derjenige, der Rohstoffe erst abholen, wenn ich mit meinem Kamel das anbieten, gerade Lehrerbedarf oder Autorenbe- Wir: beginnt, die Möglichkeit zwei Produktionsstätten vor Ort bin. Auf die Hand kann ich maximal 15 Kar- darf. Ich benütze das natürlich auch. Meistens ma- zu legen. Die Regel bei der Legung der Stätten ist ten aufnehmen. Es gibt nur eine Möglichkeit, mehr che ich das auch so, dass ich eine Karte am Com- Man muss im Laufe des Spieles versuchen, in sei- so, dass man mindestens fünf Schritte Abstand von als 15 Karten aufnehmen zu können. Das ist der Fall, puter entwerfe und dann auf etwas dickeres Papier ner Heimatstadt sein Handlungskönnen, in Form Städten oder anderen Produktionsstätten halten wenn ich eine passende Erweiterungskarte erwor- ausdrucke und ausschneide. Es gibt auch schon von Monumenten beziehungsweise Bauten, zu ma- muss. Des Weiteren darf man eine Produktionsstät- ben habe. Die würde es mir ermöglichen, mehr als

74 75 20 Karten aufzunehmen. Ich kann auch Entwick- hatten am Anfang vier Stadtmärkte, das Ganze hat auch schon weit weg. Ich muss bei Siedler nicht he- Wir: lungskarten erwerben, es gibt welche mit positi- nach marktwirtschaftlichen Prinzipien funktioniert. rum reisen und wie ich zu Rohstoffen komme und ven Eigenschaften und negativen Eigenschaften. Ein Je mehr Rohstoffe auf dem Markt vorhanden waren, sie nach Hause bringe, haben sie jetzt eine andere Wobei das jetzige Konzept im Vergleich mit dem Beispiel für eine positive Karte wäre die eines Eil- desto billiger wurden sie und umgekehrt. Nach ewi- Form gefunden. Wobei das mit dem darüber legen Vorgänger-Konzept schon wesentlich vereinfacht boten, das ermöglicht mir sofort zwei Karten aus ger Zeit sind wir darauf gekommen, dass das Ganze mit „Elasund“ gewisse Parallelen aufweist. wurde. dem Lager auf die Hand zu nehmen, ohne vor Ort mehr und mehr in einer qualvollen Rechnerei endet. sein zu müssen. Eine für den Mitspieler sich negativ Um diese Transporte durchzuführen, musste man Wir: Kramer: auswirkende Karte wäre zum Beispiel, „Einfallende auch Wasser mitführen. So konnte man spekulie- Horden“. Falls keine Stadtmauer vorhanden ist, wird ren, wie viel Wasser nehme ich mit, denn mit jedem Obwohl wir beide sehr gerne Brettspiele spielen, Es ist auch so, das gerade viel mit Märkten es schon ein Element der höchsten Gebäudeklasse wegge- Würfeln musste ich eine Wasserration abgeben. Ist haben wir da auch ein bisschen zu wenig Back- Wirtschaftsspiele gab. Sowohl auf Handelsbasis als nommen. Also wenn ich nur eine Siedlung besitze, mir das Wasser ausgegangen, musste ich eine Run- ground. Also „Elasund“ kennen wir jetzt nicht. Das auch auf Produktionsbasis. Zum Beispiel „Big Boss“ verliere ich eine Einheit von meiner Siedlung. Es gibt de aussetzen. Die Kehrseite war, wenn ich weniger ist absolut ungewollt. oder „Play Boss“. Wobei „Big Boss“ von der Komple- aber eben auch positive Schutzkarten, die einen vor Wasser mitgeführt habe, hatte ich mehr Platz, um xität her einfacher ist als ihr Spiel. negativen Karten schützen. Grundsätzlich ist das Rohstoffe mit zuführen. Kramer: Handeln ständig möglich, sobald man am Zug ist. Wir: Das Würfeln dient nicht nur dem Ziehen, sondern Kramer: „Elasund“, das ist das neueste Spiel von Klaus Teuber. ist gleichzeitig auch relevant für die Rohstoffernte. Bei dem ist es auch so, dass man Bauwerke überei- Das ist ja das Geniale daran, dass es so einfach ist. Mann muss auch regelmäßig seine Rohstoffe ab- Bei der Arbeit: Wie stark kommt es drauf an, wie gut nander legt, aber man schmeißt das untere heraus. holen, es ist nicht möglich endlos Rohstoffe im La- das Spiel ist? Spielt das eine große Rolle? Jetzt kann man da wieder was drauflegen, was noch Kramer: ger zu horten. Fünf Karten kann man aufbewahren, größer ist. Von daher scheint es mir für ihre Diplo- kommt danach noch ein Rohstoff hinzu, verfällt die- Wir: marbeit jetzt nicht so wichtig, dass das Spiel so gut Also „Big Boss“ ist eigentlich kein richtiges Wirt- ser. Die Bauwerke kauft man bei der Bank gegen die ist, dass sie auch einen Verlag finden. Ich würde an schaftsspiel, wenn man so will. Die Wirtschaft geht notwendigen Rohstoffe. In jeder Entwicklungsstufe Für uns spielt es eine große Rolle. Bei der Benotung Ihrer Stelle erstmal mit einem einfachen Konzept rauf und runter. Bei „Big Boss“ geht es praktisch nur gibt es andere Gebäude, die natürlich auch mit einer geht es mehr um die theoretische Arbeit und die anfangen. Das ist ein sehr anspruchsvolles Konzept, nach oben. Aber „Play Boss“ zum Beispiel, das ist anderen Zusammensetzung von Rohstoffen gebaut Gestaltung. Wir haben jetzt auch nicht die Dozen- dass sie da machen, mit sehr vielen Elementen. Und ein viel älteres Spiel. Das ist ein reines Wirtschafts- werden müssen. Somit kommt jedem Rohstoff, zu ten, welche sich mit Spielkonzepten auskennen. das dann noch in eine spielerische Form zu bringen, spiel, da ist praktisch jeder Spieler ein Unterneh- einem bestimmten Zeitpunkt des Spiels, eine wich- dass es a) spannend ist b) nicht zu langatmig und men, hat auch eine Unternehmertafel, da kann der tige Rolle zu. Kramer: die Zeitdauer im Rahmen ist. Da ist es besser, wenn Spieler Maschinen drauf stellen und Waren produ- sie mit einem Spiel anfangen, das 20-30 Minuten zieren, die dann ins Warenlager kommen und kann Kramer: Ich sag mal so, Sie werden damit keinen Verlag fin- dauert, bevor sie sich an so ein Kaliber wagen. Bei sie von dort aus verkaufen. Man kauft dann wieder den. Es ist von der Anmutung her schon sehr nah an so einer Geschichte kann man sich auch zu Tode Rohstoffe, die dann in das Rohstofflager kommen, Das Spiel ist fertig, wenn ich das Monument gebaut Siedler. Als Diplomarbeit ist es meiner Ansicht nach entwickeln. Sie wagen sich da dran und haben noch damit ist ein kompletter Markt entstanden. Wenn habe. Ist mir soweit klar. okay. Seit Siedler auf dem Markt ist, gibt es viele nicht die Erfahrung. Ich habe mich an solche Sachen der Spieler in den Markt rein verkauft, dann füllt Spiele, bei denen man Rohstoffe erwirbt und in et- auch erst herangewagt, nachdem ich 20 einfachere er sich langsam. Wenn man Rohstoffe kauft und es Wir: was anderes umändert. Da gibt es mittlerweile zehn, Spiele entwickelt hatte. sind viele Rohstoffe da, dann ist der Rohstoff recht fünfzehn Spiele dieser Art. Ich sage mal, wenn Klaus billig und je weniger vorhanden, wird es immer Das Konzept hat sich ständig gewandelt. Es hat mit Teuber das machen würde, dann wäre es okay, denn teurer. Damals hat der Entwickler es genial gelöst, der ursprünglichen Idee nicht mehr viel zu tun. Wir von ihm stammt das Spiel. Natürlich ist das Spiel indem er einfach Felder entworfen hat, auf denen

76 77 die Werte stehen. Am Anfang ist das Rohstofffeld Wir: Kramer: Es gab wohl kaum eine Karawane, die von Peking bis auf eines voll, da kostet der erste Rohstoff eins, nach Istanbul durchgereist ist - mit ihren ganzen der zweite zwei und so weiter. Immer das, was auf- Unser eigener Anspruch ist gewachsen mit den Beides. Ich mache beides. Manchmal komme ich Waren - sondern eher in Etappen. Aber das Ganze gedeckt wird, was am höchsten ist, zeigt den Wert. Spielen, die wir selber spielen. Da begnügt man sich vom Thema her, zum Beispiel „Auf Achse“ ist ein ist dann schon schwierig, wenn man Entwicklungs- Bis am Schluss vielleicht ein Rohstoff 20 kostet. Da eben nicht mehr mit einem einfachen Spiel, wenn typisches Themenspiel gewesen. Da war zuerst das stufen haben möchte. muss man dann auch mal sagen, okay ich bin damit man nur noch Freude an komplexen Spielen hat. Thema da. Eine Speditionsfirma mit LKWs zu ha- eingedeckt, ich kauf jetzt mal nicht mehr ein von ben, beladen, entladen, Geld zu kriegen. Und da- Kramer: dem Rohstoff. Die Fertigwaren kommen wieder in Kramer: nach kamen erst die Mechanismen. Anders herum das gleiche Marktsegment, sodass es sich wieder ist es aber auch schon oft gewesen. Bei „Heimlich Das stimmt. langsam füllt. Das ist schön gelöst. Wenn jetzt das Ja, aber ein einfaches Spiel ist auch nicht leicht. Eine und Co“, da war der Mechanismus zuerst da, auch Rohstofffeld relativ abgegrast ist, dann kriege ich schöne Idee zu haben für ein einfaches Spiel, ist bei „Big Boss“ war zuerst der Mechanismus da und Wir: auch für meine Fertigwaren mehr. Immer das Dop- ziemlich schwierig. Mein letztes Spiel zum Beispiel danach habe ich das passende Thema gesucht. pelte vom Aufgedruckten. Ich habe ja auch sonstige das „Verflixt“-Würfelspiel - ein Einfaches. Aber auf Dann haben wir angefangen, die Mechanismen zu Kosten, Maschinenanschaffung usw. Das sind sehr diese Idee habe ich 30 Jahre gewartet, bis mir das Wir: ändern, in etwas neuzeitlicheres Denken. Das Gan- schöne Mechanismen, die sehr gut funktionieren - eingefallen ist. Es ist nicht so, dass ich sage, ich ma- ze wurde einfach viel zu komplex. Für jedes Test- auch für ein breiteres Publikum. Da gab es vielleicht che ein einfaches Spiel und dann habe ich eins. Das Präferenzen, wie Sie die Sache angehen, haben Sie spiel konnte man nur begrenzt die Spielparameter in den letzten 30 Jahren gut 30 Spiele dieser Art. ist genauso schwierig. Nur ist es dann nachher - in nicht, oder? verändern, weil wir sonst den Durchblick verloren der Entwicklung zum fertigen Spiel - nicht so kom- hätten, was sich nun geändert hat - am Spielablauf Wir: plex. Je komplexer es ist, desto schwieriger wird es Kramer: und aufgrund mancher Änderungen. später. Wenn ich ein komplexes Spiel mache, mache Wir hatten zu Beginn ein variables Spielbrett, die Von der Thematik her ist es sehr schwierig, etwas ich immer erst einen Grundmechanismus, der rela- Es hängt natürlich vom persönlichen Typ ab, der Straßen wurden zu Beginn ausgelegt und das war komplett Neues zu machen, was noch nie da gewe- tiv einfach ist und dann kommen weitere Elemente Reinhold Gnizia kommt fast zu 100 Prozent im- schon so zäh, dass man gut eine halbe Stunde ge- sen ist. Auch von den Elementen, die vorkommen. dazu. Also, ich fange nicht gleich mit dem komple- mer vom Mechanismus. Ich denke, dass der Klaus braucht hat, bis die Straßen ausgelegt waren. Am Und wenn es nur darum geht, Karten aufzunehmen, xen Spiel an zu arbeiten. Ich arbeite zuerst an dem Teuber eher vom Thema her kommt. Bei mir ist es Ende haben wir festgestellt, dass die Entfernungen als Rohstoffe in der Hand zu halten, oder Entwick- Grundmechanismus, sprich Hauptmechanismus, unterschiedlich, mal so mal so. Wenn Sie ein rei- höchstens um ein oder zwei Plättchen variiert ha- lungskarten, alleine diese zwei Wörter bringt man bis der gut funktioniert und Spaß macht und dann nes Volkswirtschaftsspiel machen, kommen Sie na- ben. Bis wir darauf gekommen sind, dass es über- automatisch mit Siedler in Verbindung. Das Ziehen kommen weitere Elemente dazu. Ich gehe da eher türlich vom Thema her, wobei der Markt natürlich haupt keinen Sinn macht, die Straßen auszulegen. ist schon absolut anders, das Handeln auch. schrittweise vor. schon Mechanismen hat, da ist - Thema und Me- Die einzige Möglichkeit das Legen der Straßen zu chanismus - schon beides vorhanden. rechtfertigen, wäre Wegzölle einzuführen gewesen, Kramer: Wir: was es ja bei der Seidenstraße auch gab. Wir: Sie sollten bei ihrer Diplomarbeit nicht soviel Wert Ist bei Ihnen die Geschichte, in dem Sie das Ganze Das Problem wiederum war, dass es nachvollziehbar auf ein toll-funktionierendes Spiel legen, eben mehr einbinden, eigentlich der Startpunkt oder der Me- Wir haben zunächst einmal geschaut: „Wie haben bleiben muss, wer hat welches Plättchen gelegt, um auf das, was sie dort beurteilen. Klar, die Sache ist chanismus und dann kleiden Sie den mit einer pas- die Handelstreibenden überhaupt gehandelt, wie ist später sagen zu können, wem der Wegzoll zuge- die mit dem eigenen Anspruch. Mein Tipp ist, ma- senden Story ein? das abgelaufen?“ sprochen wird. Um es nicht zu einfach zu machen, chen Sie erstmal ein kleineres, einfaches Spiel und müssten drei Plättchen von einem Spieler anein- nicht gleich so ein Komplexes. ander gelegt worden sein, um einen Anspruch auf Wegzoll zu haben

78 79 Das wäre die einzige Motivation gewesen. Dann in den Städten Paläste zu bauen. Um in eine Stadt Kramer: das Reskursive, ständig wieder ganz bewusst einen hätte auch jeder sein eigenes Repertoire an Plätt- zu kommen, muss erst einmal der Weg gebaut wer- Schritt zurückgehen? chen haben müssen. den. Das sind dann diese kleinen Häuschen. Ich Ich sag mal Kreativität spielt eine wichtige Rolle. kann auch zwei bauen. Wenn ich auf diesem Weg ein Phantasievoll und geduldig zu sein, ist auch wichtig. Kramer: Haus stehen habe, kann ich von den anderen Spie- Die Eigenschaft, dass man etwas zu Ende bringt. Ich Kramer: lern Wegzoll kassieren. Stehen zwei Häuser zweier sage mal „Durchhaltevermögen“. Wenn sie zum 60- Ja, das ist Arbeitsmethodik. Ich denke mal, viele Spieler, dann kassieren auch zwei Spieler Wegzoll. sten Mal ein Spiel spielen, ist nicht unbedingt je- meiner Kollegen sind zu früh zufrieden. Wenn ein Gut, aber die Plättchen können ja eine Farbe haben. Man kann auch ein Monopol aufbauen, wenn ich die des Mal Spaß dabei. Da ist dann auch Frust. Und wie Spiel gut ist, oder auch sehr gut ist, dass man dann Straße mit zwei Häusern besetze, dann gehen zwei gehe ich mit dem Frust um, wenn es wieder nicht nicht aufhört, dass man nicht zufrieden ist, sondern Wir: Goldmünzen an mich. so hinhaut, wie es soll? Habe ich die Bereitschaft, sich fragt, „Wo kann ich es noch verbessern?“ - wei- nochmals von vorne zu beginnen, die Bereitschaft, ter am Ball bleibt. Es gibt heutzutage keine schlech- Ja klar, ob es dann überhaupt dazu kommt, dass ei- Wir: nochmal was Neues auszuprobieren? Ich denke, das ten Spiele mehr, die auf den Markt kommen. Die ner drei Plättchen am Stück legen kann. Denn wenn Wichtigste ist die Kreativität. Ich denke auch, dass es sind alle gut. ich sehe, er braucht nur noch ein drittes Plättchen Das war auch einmal Ansatzpunkt, wie könnte man sehr wichtig ist, dass man zielstrebig ist, dass man Es kann sein, dass ein Spiel nicht den persönli- zu legen, um einen Wegzoll-pflichtigen Weg zu er- weg vom Geld kommen. Bei der Marktwirtschaft hat weiß, was man will. Das man das Ziel praktisch auch chen Geschmack trifft. Jedes Spiel hat schließlich schaffen, werde ich natürlich mein Plättchen dazwi- es sich immer um Geld gehandelt und Geld ist ir- verfolgt. Vielleicht gehört auch etwas Besessen- auch seine Zielgruppe. Die Verlage testen schließ- schen hauen, um das zu verhindern. gendwie ein schlechtes Element. Wir wollten irgend- heit dazu, das möchte ich nicht ganz ausschließen. lich auch und würden nur etwas machen, was dann wie ein Punktesystem einführen und ähnlich wie bei Leidenschaft, man muss auch brennen, man muss auch wirklich Spaß macht. Manche Spiele sind eben Kramer: „Alhambra“ mit Wertungsrunden werten. Es sollte so das Gefühl haben, ich muss das machen. Nicht nur für Mädchen zwischen zwölf und 14 als Zielgruppe, geregelt sein, dass wenn eine Wertungskarte gezo- ich will, sondern ich muss. Das muss spürbar sein. manche sind für Jungs zwischen acht und elf. Da Dann muss man es halt so lösen, dass man schon gen wird, derjenige mit dem meisten Geld die meis- Dann bin ich eher bereit, mich zu quälen. Egal, was geht es um kämpfen oder sowas. Zum Beispiel „King bei einem Plättchen Wegzoll verlangen kann. Wenn ten Punkte bekommt. Das war uns dann wiederum für eine Leistung man vollbringt, es ist immer etwas Arthur“ würde uns Spielern jetzt keinen Spaß ma- zwei zusammenhängen, dann wird es teurer und zu nah an „Alhambra“. Es hat auch nicht wirklich in quälen dabei. Wer den Mount Everest zu besteigen chen, aber einem 8 jährigen macht das Spaß. Aber bei drei noch teurer. die restliche Mechanik gepasst. Es wäre dann ein al- als Ziel hat, der muss sich quälen. Wer ein Unter- so soll es ja auch sein. Diese Spiele, die ein Verlag leinstehendes Element und nicht gut argumentier- nehmen wie Daimler Benz führen will, der muss sich rausbringt, die machen das ja nicht, weil ihnen das Wir: bar gewesen. auch quälen. Das ist nicht immer nur reine Scha- selber gut gefällt, sondern weil sie Geld damit ver- denfreude. Oder ein Kanzler! Ich denke mal, der dienen wollen. Und folglich testen sie das auch und Das Legen war gar nicht unser Kernmechanis- Kramer: Schröder musste sich auch quälen, die Merkel auch. richten dann ihr Spiel auf den Markt aus. Es wird mus. Unser Hauptmechanismus war immer noch Die haben sicher auch viele unangenehme Aufga- versucht das Spiel marktgerecht auszurichten. das Handeln. Aber das Legen an sich war schon so Ihnen ging es bei dem Besuch jetzt nur darum, Ihr ben, die sie lieber nicht ausführen würden. Aber ihre Sie überlegen sich die Zielgruppe. Wer ist die Ziel- mühsam, selbst ohne den strategischen Charakter Spiel vorzustellen? Besessenheit, Machthunger, die Bereitschaft sich zu gruppe von dem Spiel? Wen wollen wir erreichen? von Wegzoll. quälen ist so gross, dass sie das in Kauf nehmen, Was gibt es für Konkurrenz in diesem Bereich? Gibt Wir: sonst würden sie es nicht machen. es bereits starke Spiele am Markt? Dann lasse ich Kramer: die Hände davon. Ich würde zum Beispiel ein Spiel, Nein, nicht nur, wir haben auch einige allgemeine Wir: dass ähnlich wie Risiko ist, nicht veröffentlichen, Das mit dem Wegzoll habe ich in „Raja“ umgesetzt. Fragen. Wenn Sie ihre Arbeit mit drei Adjektiven be- weil es Risiko bereits gibt. Die Verlage genauso we- Ich habe das folgendermaßen gelöst. Das sind die schreiben müssten, welche wären diese? Sie haben das Hinterfragen der eigenen Konzep- nig. Natürlich versuchen die Verlage auch, das eine verschiedenen Städte, da starte ich. Das Ziel ist es, te angesprochen. Ist das für Sie Arbeitsmethodik, oder andere Spiel zu kopieren. „Tabu“ zum Beispiel

80 81 ist sehr erfolgreich, also schauen wir, dass wir auch Wir: chen wir, mal ein Umweltthema. okay, warum nicht, Kreuze. Ich mache ja meine Spielanleitungen selber ein Spiel hinkriegen, das ähnliche Qualitäten wie lass uns das probieren.“ Das war ein Flop. Ich denke, und schicke sie dann ein. Der Verlag formuliert das „Tabu“ besitzt, also sehr kommunikativ, sehr einfach Also „revival-artig“, wie es auch bei der Mode häu- das muss einfach rund sein. vielleicht etwas um und dann wird die überarbeitete in den Regeln und sehr viel Spaß. Das ist mehr oder figer zu sehen ist. Spielregel an mich zurückgeschickt. Dann lese ich weniger eine Vorgabe, die sie sich selber stellen und Wir: es durch, stelle Fehler fest. Mit unter auch, dass der auch prüfen, was könnte man am ehesten für die- Kramer: Verlag dachte, dass könnte man so oder so lösen, sen Zweck nutzen. Deswegen kommt es auch häu- Die logischen Zusammenhänge, die in einem The- wo ich dann aber sagen kann, das funktioniert nicht, figer vor, dass Spiele ähnlicher Art bei einem Ver- Ja genau, die kommt auch immer wieder. ma vorkommen, in der Realität also soweit zu abs- das habe ich schon getestet. Das wird dann wie- lag erscheinen. Zum Beispiel „Trivial Pursuit“. In der trahieren, dass sie wirklich passungsgleich mit der der geändert. Und so geht das hin und her, bis das Folge gab es dann 20 Quizspiele. Als „Magic“ auf Wir: Mechanik des Spiels funktionieren, ist eigentlich der Ding endlich mal verabschiedet wird. Das wird dann den Markt kam, gab es in der Folge 20 Sammelkar- Idealzustand. schon ziemlich mühsam. Wenn die Spielregel kom- tenspiele. Jeder hat versucht ein Sammelkartenspiel Was würden Sie sagen, ist der schönste Teil ihrer plex ist und sie haben dann 10 Seiten Anleitung, die zu machen. Und was ist heute noch übrig? „Magic“. Arbeit? Und was eher nicht? Kramer: sie durcharbeiten müssen und an einer Seite etwas Derjenige, der den Trend setzt, der so gut ist, um ändern, dann hat das unter Umständen Auswirkung einen Trend setzen zu können, der bleibt dem Markt Kramer: Genau, das ist völlig richtig. Das schwierigste ist auf andere Sätze. Das ist mit das Mühsamste. erhalten. Die anderen schwimmen eine Zeitlang auf meiner Meinung nach, die Feinabstimmung, das dem Trend mit, können damit auch Geld machen. Der schönste Teil ist sicherlich an Mechanismen zu letzte Rauszuholen, da muss man sich schon quä- Wir: Wer am schnellsten am Trend dran ist, macht auch arbeiten. Für mich ist das mit das Schönste. Kommt len. Immer mal wieder einen Schritt zurück, mal Geld, wer zu spät kommt, der hat einen Flop. schon fast etwas mit Forschung gleich. Schön ist was Neues probieren, das Ausloten der verschie- Wir haben im Modul schon mal ein Spiel entwickelt Ansonsten denke ich, sollte ein Autor immer über- für mich auch die thematische Umsetzung, auch da denen Varianten ist auch sehr mühsam. Wenn sie und haben uns überlegt, weshalb es kein Fußball- legen, wo kann ich einen Trend setzen, was a) so spielt Phantasie und Kreativität eine gewisse Rolle. so ein Spiel entwickeln, haben sie immer wieder spiel gibt. neu und originell ist, dass es auffällt und b) so gut, Auch ein bisschen Gespür sollte man haben, Gefühl, neue Ideen, wie man es auch machen könnte und dass die Leute es immer wieder spielen wollen. Das was passt zueinander. Ich denke, dass erfolgreiche das muss man dann halt ausprobieren - ob sie bes- Kramer: ist dann in der Regel ein Trendsetter. Das sieht man Spiele wie „Siedler von Catan“ auch deshalb so er- ser sind. Jede einzelne Idee wieder auszuprobieren, immer wieder. „Monopoly“ war ein Trendsetter, folgreich sind, weil nicht nur der Mechanismus gut kann dann sehr mühsam sein. Aber am mühsamsten Gibt es doch, mindestens hundert Stück. „Scrabble“ war ein Trendsetter und so gibt es immer ist, sondern auch das Thema sehr gut ist und weil ist es, die Spielregeln zu schreiben. So zu schreiben, wieder neue Möglichkeiten. Aber auch bei einem es auch illustratorisch wunderschön umgesetzt ist, dass sie einfach klar, kurz und bündig sind, von je- Wir: vorhanden Trend, es ist nicht so, dass wenn der mal sehr stimmungsvoll, sehr emotional. dem verstanden werden und am besten das Ganze abgestorben ist, irgendwann kommt der mal wieder. Es gibt auch tolle Spiele, die ein abschreckendes auf zwei Seiten. Vom Mechanismus sind sie immer von anderen Es wird auch immer wieder versucht bei Wortspie- Thema haben, zum Beispiel „Müll und Money“. Ist Spielen adaptiert. Sie tragen nur mehr das Kleid des len wieder einzusteigen. Es kommt immer mal wie- ein tolles Spiel, ein gutes Spiel vom Mechanismus Wir: Fußballs. Die Mechanik, die dahinter steckt, kann der ein Neues heraus. Vor zehn Jahren hat Haspro her und so weiter, aber wen reizt das Thema? „Müll man sich aus vier Spielen zusammen stricken. ein Wortspiel kreiert, das heißt „Topwords“. Und ich und Money“. Wen reizt so ein Thema? Wer will das Keiner hat Lust ein Buch zu lesen, bevor man an- habe das Gefühl, dass es sich nicht in Deutschland, abends noch spielen? Da hat er „Hans im Glück“ fängt zu spielen. aber im Ausland durchsetzt. Es kann durchaus sein, rausgebracht und das war ein totaler Flop. Da wun- Kramer: dass ein Trend der viele Jahre weg war, neu ausge- dere ich mich als Autor, dass so ein erfahrener Ver- Kramer: löst wird durch ein wirklich gutes Produkt. leger das gemacht hat. Er war wahrscheinlich vom Wenn Sie ein Fußballspiel machen, stehen die Re- Spiel so angetan, dass er gesagt hat, „okay, das ma- Bei Spielanleitung machen die Verlage drei, vier geln immer im Vordergrund. Sie haben Stürmer,

82 83 Mittelfeld, Verteidiger und einen Torwart. Das ist hat. Der Film war nicht erfolgreich, aber es gab die Kramer: Wir: immer gleich. Also ähneln die sich zwangsläufig. Sie Filmmusik zu diesem Film. Die Filmmusik hat sich können nicht ein Fußballspiel machen wollen und auch nicht so prächtig verkauft. Dann kam Henry Das ist völlig richtig, was Sie sagen. Das ist rein Ich muss im Spiel immer eine Varianz, Spannung machen dann ein Kricket Spiel. Sie müssen halt ein Maske und hat diesen Titelsong für seine Auftrit- spielerisch strategisch betrachtet. Denken sie an drin haben, die es mir nicht erlaubt zu erahnen, wie Fußballspiel machen und haben dann 2 Torhüter. Es te verwendet. Bei jedem seiner Auftritte ist dieser „Monopoly“. Sehen sie sich die Gewichtung an. Die sich das Spiel entwickelt. gab schon sehr, sehr viele Fußballspiele jeglicher Song gespielt worden. Das war sein Marken und Er- ist „beschissen“. Parkstraße, da zahlen sie sich Machart. Also Brettspiele hoch taktisch und dann kennungszeichen. Der Song ist dann ein Riesenhit dumm und dämlich. Aber diese Diskrepanz, die- Kramer: aber auch mechanische oder mit Karten. Es gab es geworden. Alles nur wegen der ständigen Präsenz. se Disharmonie bringt die Emotionen. Komme ich alles und was ist geblieben? „Tipp Kick“! Der Song war schon gut - auch vorher - aber da- auf die Bartstraße und zahl da was, das juckt mich Wenn ich die Möglichkeit habe einen tollen Zug zu Das zeigt, dass eigentlich kein Markt dafür da ist. durch halt noch mehr. nicht, komme ich aber auf die Parkstraße und muss machen. Ich muss den Spieler diese Möglichkeit ge- Jetzt ein Fußballspiel zu machen, ist natürlich sinn- praktisch mein ganzes Geld abgeben, das zerstört ben. Das er sagen kann, Mensch das habe ich jetzt voll bei einer Weltmeisterschaft. Die, die eins ge- Ein weiteres Beispiel: „Candle in the wind“ hat ei- mich. Deshalb ist es mitunter sinnvoll in Spielen, die hingekriegt oder aufgebaut, dann hat er ein Hoch- macht haben, das einigermaßen gut ist, die werden nen schönen Verkaufshit gehabt und dann ist Char- von der Anlage her schon Glück enthalten, so etwas gefühl. auch Geld damit verdienen. Weil in Deutschland les Frau gestorben. Das Lied wurde einfach umge- reinzubringen. Ich sage mal, es wäre dumm, so ein Deshalb kann z.B. ein Spiel wie „Reverse“, das ein verkauft sich zurzeit alles, was mit Fußball zu tun schrieben, „Königin der Herzen“ oder so ähnlich, Element in einem Spiel wie Schach zu haben, das gutes Spiel ist, nie diese Emotionen entstehen las- hat. Oder wenn Charakter- oder Lizenzprodukte und das war die meistverkaufte Single überhaupt. wäre unsinnig. In ein Würfelspiel, -„Monopoly“ ist sen. Ein wunderschönes taktisches Spiel hat aber gemacht werden, bei denen man z.B. zu einem Film Da konnten alle Beatles uns so weiter einpacken. ein Würfelspiel - wiederum so ein Element reinzu- nicht diese Emotionen und ist deshalb auch nicht so wie „Die wilden Fußballkerle“ ein Fußballspiel ent- Das ging um die Welt. Da sieht man einfach, was packen, ist genial. Die Renovierungskarte - ein oder erfolgreich.„Go“ ist da anders, wenn ich da jeman- wickelt, dann wird das auch laufen. Das läuft, so- Emotionen bewirken können. Deshalb sollten auch zwei Karten sind im Spiel „Monopoly“ enthalten - da dem anderen durch Einschließen die ganze Steine lange die Serie da ist. Wenn sie dann abgesetzt wird, in Spielen Emotionen sein. Alle Spiele, die überwie- muss ich blechen, bis es nicht mehr geht. Davor hab wegnehmen kann - das erzeugt Emotionen. läuft es nicht mehr. Das ist allerdings für jeden Au- gend über das Denken gelöst werden, haben nicht ich immer Angst, ich denke immer, hoffentlich ziehe Ich hab selber schon „Go“ gespielt, habe einen tor ein Problem, denn er kriegt nicht das normale den Erfolg. Es gibt zwar Schach und auch „Go“. Das ich nicht diese Karte. Das sind die Emotionen. Freund im „Go“-Club. Der hat mir immer sechs Stei- Honorar, weil der Verlag ja für das Merchandising sind Weltspiele, aber ein neues Spiel, das sich in der In ein Strategiespiel so etwas reinzubringen, geht ne vorgegeben, dann erst durfte er seinen ersten einiges bezahlen muss. Der Autor kriegt dann in der heutigen Zeit aufbaut? Da erreichen sie kaum was natürlich auch. Aber das ist ein andere Element, das Stein setzten. In der ersten halben Stunde dachte Regel das halbe Honorar. Wenn dann der Film ab- über reine Taktik und Strategie. Man muss Emotio- sind andere Mechanismen, die man da reinbringen ich immer „Super, diesmal packe ich ihn“ und am gesetzt wird, ist es abrupt aus. Dann kann es sein, nen im Spiel drin haben. Das ist ganz wichtig. muss. Zum einen, dass ich in einem Zug sehr viel Ende war von mir nicht mehr viel da. dass es sich gar nicht lohnt. Aber mit Merchandi- machen will, aber nur sehr wenig machen kann. sing-Produkten kann man ganz schön Geld verdie- Wir: Vier, fünf gute Sachen, die ich machen kann, muss Wir: nen - auch als Autor. Der R. Gnizia hat mit „Herr mich aber für zwei entscheiden. Mist, was mache der Ringe“ sicher sehr gut und sehr viel verkauft. Da Wie bringt man Emotionen rein? Mit Wettkampf wäre ich den jetzt und vielleicht gibt es mal eine Kar- Sie haben extrem viele Spiele gemacht! ist ein Top-Charakter, es gibt auch Charaktere die eine Möglichkeit, also mit Konkurrenz, die kann sich te, die es mir erlaubt, dass ich drei Sachen machen überschritten sind, z.B Donald Duck oder Mickey allerdings auch schnell ins Negative verschieben. Wir kann. So bringt man Emotionen rein, es darf nicht Kramer: Mouse. Gerade Verlage wie Kosmos und Schmidt- haben das Problem selber mit unseren Spielkarten gewinnbringend sein, dieses Element, weil das gan- spiele sind bekannt dafür, dass sie viele Merchandi- erfahren. Eine Streuung des Risikos, dass eine Karte ze strategisch-taktisch ausgelegt ist. Aber es muss 30 Jahre! sing-Produkte machen. Mal hat man Glück und mal nicht zu große Auswirkungen hat auf den Spielab- irgendwo drinnen sein, damit ich selber Höhen und hat man Pech. Da gibt es eine Sendung im Fernse- lauf, dass man nicht plötzlich ein spielbestimmen- Tiefen erlebe. hen über die Entdeckung Amerikas „1492“, der Film. des Element hat, das man gar nicht haben wollte. Da ging es darum, wie Kolumbus Amerika entdeckt

84 85 Wir: diesen Mechanismus, dass es nichts schadet, wenn gung. Diesen Mechanismus hat er in „Euphrat und die ich zu der Zeit nicht gebrauchen kann, aber zu ich schon einen vorhandenen oder bekannten Me- Tigris“ zum ersten Mal verwendet und in „Einfach einem späteren Zeitpunkt. Dann merke ich mir den Wirklich gute Spiele, wir können es nicht wirklich chanismus verwende. Genial“ jetzt ein zweites Mal. Also er hat sich prak- Stapel und wähle ihn, wenn ich eine Karte daraus abschätzen, weil wir nicht alle Ihre Spiele kennen. tisch selber kopiert. verwenden kann. Arbeiten Sie mit einem modaleren System? Ich denke, das macht jeder Autor, dass er dann sagt, weshalb muss ich das Rad nochmals erfin- Wir: Kramer: Kramer: den. Es gibt in Spielen sehr viele Mechanismen. Es gibt einen Mechanismus, wer Startspieler ist. Schon So ein Konzept lässt sich auch gut adaptieren. Genau, oder umgekehrt. In dem Stapel ist nichts für Nein. dieser Reihenfolge-Mechanismus kann hochinte- mich dabei, dann wähle ich das nächste Mal einen ressant sein. Bei manchen Spielen ist es eben der Kramer: anderen Stapel. Das sind schöne Mechanismen, die Wir: Clou, dass ich nicht reihum spiele, sondern dass gar nicht so honoriert werden, weil viele das gar ich das von anderen Dingen abhängig mache. „El Der Mechanismus, wie kann ich ohne Geld auskom- nicht merken. Sie entwickeln jedesmal komplett neu? Grande“ hat diesen Mechanismus, bei welchem ich men. Ich habe häufig um das Spielfeld eine Leiste Kennen Sie „Tikal“? Wenn man fragen würde, welche eine Karte ausspiele und wenn sie sehr hoch ist die zur Spielstandanzeige verwendet - andere auch. Da Mechanismen sind neu in diesem Spiel, viele würden Kramer: Karte, dann darf ich als Erster spielen, kriege aber brauche ich keine Punktechips und nichts aufschrei- nicht wissen, welcher Mechanismus neu sein sollte. sehr wenig Nachschub. Das zwingt manchmal auch ben und kein Geld. So verwende ich das als Zähl- Weil die nicht wissen, was da neu ist. Dabei sind da Ja. dazu, niedrig zu spielen, weil ich Nachschub benö- mechanismus. So gibt es Mechanismen, die immer eine ganze Reihe neuer Mechanismen drinnen, die tige. Wenn ich ein Spiel habe, das wirklich sehr ori- wieder vorkommen. Ereigniskarten kommen zum es vorher nicht gab. Also hundert prozentig neu. Ich Wir: ginell ist und ich möchte nicht, dass es reihum geht, Beispiel häufiger vor, oder Würfel als Zufallsgene- schau mir fast jedes Spiel an und das seit dreißig kann ich sagen, ich mache was Ähnliches wie bei rator, Karten als Bewegungsmöglichkeit. Da werden Jahren. Ich kauf mir jedes Jahr zirka 70 Spiele. Wenn Wenn Sie z.B Rohstoffe produzieren wollen, dann ist „El Grande“. Hohe Karte, der darf als Erster, dafür Mechanismen immer wieder verwendet, sodass es ich es nicht kaufe, dann habe ich es zumindest mal das jedes mal wieder neu. Dann gibt es nicht so et- hat er aber Nachteile. Das hab ich übrigens auch mehr oder weniger zum Allgemeingut wird. gespielt. was wie, „ich habe fünf Mechanismen“...? im Spiel „Raja“ drin. Jeder Spieler kriegt am Anfang Ich erinnere mich, dass Klaus Teuber einen Mecha- eine Charakterkarte. In dem Fall ist es jemand, der nismus hatte, der mir auch sehr gut gefallen hat. Wir: Kramer: den Spieler unterstützt. Der mit der Karte „eins“ ist Wenn ich eine Karte will, kann ich nicht die Obers- der Startspieler. Diese Karte hat allerdings dann kei- te nehmen. Er hat die ganzen Karten aufgeteilt in Sind im analogen Spielbereich irgendwelche Ent- Es kommt natürlich vor, dass ich in manchen Spie- ne Zusatzfunktion. Die Karte „zwei“ ist Kaufmann sechs Stapel, ich darf mir einen Stapel nehmen und wicklungen absehbar? len einen Mechanismus wiederhole, den ich in ei- und kriegt jedes mal ein Goldstück. Bei Karte „drei“ durchsuchen. Ich suche mir eine heraus und lege nem anderen Spiel schon hatte. muss ich keinen Wegzoll bezahlen usw. den Stapel dann wieder hin. Das hat er einmal ver- Kramer: So einen Mechanismus zu finden, das kostet seine wendet und danach immer wieder. Das finde ich, Wir: Zeit und ist in der Form wahrscheinlich auch nur ist ein sehr schöner Mechanismus, da ist das Glück Wir haben im Brettspielmarkt einen stagnierenden einmal verwendbar. Vielleicht noch ein zweites Mal. deutlich eingeschränkt, weil ich immer aus fünf, Markt auf hohem Niveau. Man muss wissen, dass Nur wenn er perfekt passt. Reinhold Gnizia dreht das Ganze um, um ein Spiel sechs, sieben Karten eine raus suchen kann. wir in den 60er und 70er Jahren ungefähr ein drittel zu gewinnen. Man sagt, es gewinnt der Spieler, der oder sogar nur ein viertel von dem heutigen Um- Kramer: die wenigsten Rohstoffe von einer Sorte besitzt. Wir: satz hatten. In den 80er Jahren - bis etwa in die Habe ich zwei Holz und 20 Gold, bringt mir das Mitte der neunziger Jahre - hatten wir zweistellige Nur wenn er perfekt passt und wenn ich das Gefühl ganze Gold überhaupt nichts, weil mein schwächs- Vor allem kann es ja sein, dass bei einem Stapel, Wachstumsraten. Es geht ein bisschen hoch und ein habe, das Spiel ist bereits schon so originell - ohne ter Rohstoff gewinnt. Das ist eine tolle Siegbedin- den ich beim ersten Mal wähle, eine Karte dabei ist, wenig runter. Wobei das nur für den Gesamtmarkt

86 87 gilt. Das gilt nicht, wenn sie einzelne Produkte an- die Spielmechanik und stricken dann eine passende Wir: Der Unterschied liegt einzigst in der Gestaltung, gucken. Sehr zurückgegangen ist zum Beispiel das Story dazu? wobei die vorherige Gestaltung sehr schön war, Familienspiel. Die haben früher mal gut 60 Prozent Wird vermutlich aber nicht mehr verkauft. aber halt doch etwas anders als üblich. Und was der ausgemacht und das Erwachsenenspiel vielleicht 5 Kramer: Bauer nicht kennt, frisst er nicht. Prozent. Heutzutage haben die Erwachsenenspie- Kramer: le die Familienspiele wahrscheinlich überholt. Der Unterschiedlich, mal so mal so. Manchmal steht Wir: Markt der Erwachsenenspiele ist sehr stark ge- zuerst die Mechanik. Es gibt aber auch Spiele, bei Ja. Deshalb macht man es auch nicht mehr. Die Ver- wachsen - auch nach 1995 noch. Die Jugendlichen denen die Idee vorher da war. „Auf Achse“ zum Bei- suche sind gemacht worden. Es gab mal ein Cover, Wie stark beeinflusst Sie die Tätigkeit von anderen zwischen 9 und 12 Jahren sind uns hingegen sehr spiel ist ein Spiel, bei dem die Idee schon vorher da das hätte von Mondrian sein können. Sah toll aus. Spielentwicklern? weggebrochen. Die spielen kaum noch, also zumin- war. Ich wollte ein Transportspiel machen und habe Es war aber ein Flop. Ein anderer hat sein Spiel an dest keine Brettspiele. Die spielen Computer- und angefangen im Archiv oder in alten Spielbüchern zu Kandinsky angelehnt und hat es auch so genannt. Kramer: Videospiele, die sind - in dieser Zeitspanne - dem recherchieren . Gab es schon irgendwelche Spiele Wunderschön, diese abstrakten Arbeiten von Kan- Brettspiel verloren gegangen. Die kommen unter zum Thema Transport? Ich habe festgestellt, dass dinsky in das Spiel integriert. War aber kein Erfolg. Beeinflusst ja doch. Umständen in 20 Jahren wieder zurück zum Brett- es noch kein Spiel mit diesem Thema gab, hab mir Ich zeige Ihnen eines von diesen Covern. Das war spiel. Andere hören ganz auf. Der Elektronikmarkt dann Bücher besorgt und mich eingelesen, Zeit- auch sehr künstlerisch und ein Flop. Wir: entwickelt sich ja seit den 80er Jahren immens. Der schriften einschlägige, also Trucker-Zeitschriften, Das ist voll auf Blickfang ausgerichtet, wenn das im Computerspielmarkt hat den Brettspielmarkt be- Bildbände. Wenn sie gute Bildbände zu Ihrem Thema Schrank steht, dann fällt das auf, alleine durch die Hinsichtlich der Thematik oder von der Spielmecha- reits weit überholt. Ich denke, dass wir uns auf ei- haben, das ist ideal. Da können Sie Ihre Sachen raus Farben. Hier habe ich noch ein rein abstraktes Spiel. nik? nem hohen Niveau halten können. Ich sehe noch holen fürs Spiel. Seidenstraße? Da gibt es sicher Das Spielkonzept ist in Ordnung. Gefällt es Ihnen? immer viele Leute, die gerne spielen. Wir haben genügend Bildbände dazu. Da kann man bestimmte Kramer: ein wachsendes Klientel, das sieht man gerade auf Sachen abscannen und für Spielkarten verwenden. Wir: Spielemessen. Auf die Essener Spielemesse kom- Zunächst mal vom Grundtyp, vom Trend. Klaus Teu- men jedes Jahr rund 150.000 Leute. Wir: Ja, optisch sehr schön. ber hat gleich von Anfang an, komplexe Spiele ge- Ich sehe für die Zukunft nichts Negatives, aber auch macht. Da beobachtet man schon, wie die sich am nichts sehr Positives. Wer auf dem Spielmarkt er- Wir wollten versuchen die klassische Spielästhetik Kramer: Markt behaupten. Seine haben gute Rezensionen folgreich sein möchte, muss sich international ori- zu hinterfragen. Warum sieht das so aus und nicht bekommen, aber mengenmäßig waren sie nicht so entieren, denn die Wachstumsmärkte liegen im anders? Wir wollten das Ganze aufbrechen und et- Aber ein Flop. Ein totaler Flop. Gewünscht wird ein- erfolgreich. Das animiert dazu, ein komplexes Spiel Ausland. Amerika hat einen gigantischen Markt oder was Abstrakteres machen. Das Problem ist eben das fach was Illustratives. „Torres“ von mir - auch ein zu machen. Das wurde damals von vier oder fünf auch China. Da liegt noch viel Potenzial. Fantasie-wecken, was am besten über Illustrationen Spiel des Jahres - hat sich damals 250 000 Mal ver- Verlagen abgelehnt, weil sie gesagt haben, es sei zu Computerspiele liegen meiner Ansicht nach erst funktioniert und nicht mit abstrakten Formen. Des- kauft. Vor zwei Jahren haben wir es optisch über- komplex. Da ging es mir genauso wie Klaus Teuber am Anfang ihrer Entwicklung. Die gibtʻs jetzt erst halb ist das Cover der meisten Spiele mit Illustratio- arbeitet, weil es für ein Spiel des Jahres schlechte mit „Siedler von Catan“. Das wurde auch gleich von zwanzig Jahre, da gibt es auch mit fortschreitender nen gefüllt und nicht mit Typographie. Verkaufszahlen erreichte. Dasselbe Spiel, dieselbe mehreren Verlagen abgelehnt, weil die Komplexität Hardware immer wieder neue Möglichkeiten. Mechanik, nichts anderes als ein neuer Look. Das zu hoch sei. Kramer: macht unglaublich viel aus. Die Neuauflage hat sich Angefangen Spiele zu entwickeln habe ich 1973. Wir: bisher schon 500.000 Mal verkauft. Und 1974 kam mein erstes Spiel heraus. Ich habe Das gab es aber schon. von 1974 bis 1995 Spiele entwickelt, die nicht die Wie gehen Sie eine Spielentwicklung an? Kommen Komplexität hatten, wie zum Beispiel „El Grande“. Sie immer von der Story oder entwickeln Sie erst „El Grande“ kam 1995 im Herbst heraus, es war mein

88 89 erstes komplexeres Spiel. Ich habe bis dahin mehr Kramer: Familienspiele gemacht. Man sieht auch, dass der Markt sich gewandelt und Familienspiele nicht mehr Das stimmt. so gefragt sind. Okay, dann dachte ich mir, machst du auch mal ein komplexes Spiel. Ich habe 15 Jahre Wir: neben meinem Beruf Spiele entwickelt. Seit Anfang 1989 habe ich das Ganze dann hauptberuflich ge- Wir wären damit auch schon am Ende und bedanken macht. Dann habe ich als Erstes gesagt, okay, ich uns recht herzlich für das Gespräch. habe mehr Zeit. Ich möchte jeden Spieltyp und jede Spielgattung zumindest einmal gemacht haben. Das Kramer: war so eine Aufgabenstellung und das habe ich dann auch durchgezogen. Ich habe viele unterschiedliche Gerne, ich wünsche Ihnen viel Erfolg für ihre Diplo- Spiele gemacht z.B: kooperative, kommunikati- marbeit. ve Spiele, einfache Glücksspiele, hochtaktisch und strategische Spiele, Wortspiele, Gedächtnisspiele, Geschicklichkeitsspiele, Spiele mit Zahlen und so weiter.

Wir:

Das prägt natürlich, wenn man mit Brettspielen auf- wächst, wir spielen heute noch sehr gerne und viel, soweit es die Zeit zulässt. Mittlerweile ausschließ- lich Erwachsenenspiele.

Kramer:

Wenn sie aber jetzt eine Familie haben, dann grei- fen sie automatisch zu Familienspiele. Werden die Kinder älter, dann spielen sie wieder die Erwachse- nenspiele.

Wir:

Die demographische Entwicklung weist eher weg von Familienspielen.

90 91 4.2. Interview mit Klaus Teuber

Wir: dass sich das auf dem Spielmarkt nicht durchsetz- Wir: als digitale Form des Brettspieles. Es ist auch wahn- ten wird. Er hat schon selber schlechte Erfahrun- sinnig schwierig, solche komplexe Algorithmen, Wie Sie wohl schnell feststellen werden, ist unser gen gemacht mit „Torres“ und wie sich eine andere Das Konzept ist sehr neu. So wie jetzt ist unser Spiel welche ein besseres Computerspiel hat, halbwegs Spiel.... Darstellungsart auf die Verkaufszahlen auswirken noch nicht lange. Es gab sehr viele Variationen. Wir analog umzusetzen. Es ist nicht leicht, ein komple- kann. haben Elemente hinzugenommen andere wegge- xes Spiel zu entwickeln. Teuber: ....anders als „Catan“. lassen. Auch die Materialmenge hat uns beeinflusst. Teuber: Man hat beim Testspielen schon auch mal an den *Erklärung unseres Brettspieles, vgl. Interview mit Wir: Gesichtern gemerkt, dass sich die Mienen mit der Wolfgang Kramer. „Torres“ ist ein total verkanntes Spiel. Es ist eines Zeit verkrampften, weil es einfach zu mühsam wur- Einige Objekte sind zwar nicht bewusst, aber dann meiner Lieblingsspiele. Es hat mich sehr gewundert, de. doch irgendwie bei uns eingeflossen. Die Spiel- dass dieses Spiel als „Spiel des Jahres“ bei den Ver- Teuber: mechanik und das Grundkonzept grundsätzlich ist kaufszahlen eines der Schwächsten war. Woran es Teuber: ein anderes. Aber die Rohstoffgewinnung ist ein lag, weiß man ja jetzt. So wie es mir zurzeit erscheint, ist ihr Spiel noch ähnliches System. Das ist natürlich für uns etwas Hinter Ihnen sehen sie Entwürfe von meinem neu- Wenn man alleine spielt, gehtʻs ja noch. Irgendwann ziemlich glücksbedürftig. Längen raus zu kriegen, schwierig. Wir sind seit Februar dran, haben zuerst en Spiel, das im Herbst erscheint. Bei dem linken fängt man dann an, andere Leute damit zu nerven. ist nicht so einfach, dass jeder auch am Anfang versucht mit einem komplett variablen Spielbrett zu Entwurf ist das Wasser extrem unruhig. Die Spieler ungefähr die gleichen Möglichkeiten besitzt, zum arbeiten, das hat aber taktisch zu wenig Möglich- sind nur noch genervt und wissen nicht genau, wo Beispiel von der Rohstoffmenge, ist ein langwieriger keiten geboten. Es hatte keinen Mehrwert, Karten sie hinschauen sollen. Beim Rechten sieht das schon Wir: Prozess. auszulegen. Um darauf zu kommen, braucht man ganz anders aus. Es bringt nichts, wenn man nach eine Weile. So hat sich das Spielkonzept komplett einer halben Stunde nicht mehr hinschauen kann, Wir haben zwar eine kleine Testergruppe, aber eine Meine ersten Ideen hatte ich erst mit über 30 Jahren. gedreht. Wir hatten zuerst ein marktwirtschaftli- ob es das Handling ist oder die Haptik, viele Fak- sehr hilfreiche. Kritik ist wichtig und die haben Das hängt auch sicher mit der Lebenserfahrung zu- ches Prinzip verfolgt. Jede Stadt hat einen eigenen toren müssen passen. Ich habe 1990 mal ein Spiel wir gekriegt. Manche haben dann auch Lösungen sammen. Mehr Eindrücke und Ideen. Man hat zufäl- Markt, der auch nach marktwirtschaftlichen Aspek- gemacht, der „Fliegende Holländer“, das habe ich im Kopf, wie man es anders machen könnte. Das lig eine Idee und sucht lange die Zusammenhänge. ten funktionierte. Umso mehr Rohstoffe vorhanden nach 6 Jahren mal wieder ausgepackt. Soviel Mate- schreiben wir uns natürlich auf, um das ganze in Das Spiel wird eigenständig, wenn man nicht sagt, waren, desto billiger konnte man sie einkaufen und rial? Das ist ja viel zu viel Material. Das hat mich ja Ruhe durch zu gehen. Irgendwann hat man nicht ich will mal ein Spiel machen, sondern ich muss das, umgekehrt. Es war am Ende nur noch eine Herum- schon ermüdet, das auseinander zu sortieren. Nach mehr den Abstand zum Spiel, um vielleicht auf was ich da erlebt habe in einem Spiel erlebbar ma- rechnerei und wurde zu zäh. Jahren fällt das einem erstmal auf. Damals war das simple Lösungen zu kommen, weil man schon in so chen. Man fühlt das dann schon, wen ich das spie- ja normal und man hat sich darüber nicht den Kopf einem festgefahrenen Denkschema drinnen ist. Da len könnte, das wäre toll. Da kommt dann was ganz Teuber: Das ist jetzt eine Diplomarbeit oder Fach- zerbrochen. „Catan“ ist einfache ein Glücksfall, der sind frische unbefangene Kommentare manchmal Eigenes heraus. Mein erstes Spiel war „Barbarossa arbeit? in allen Bereichen rund ist. Ich kann nicht sagen, ich Gold wert. Unsere Diplomarbeit sollte am Anfang und die Rätselmeister“. Ich hatte ein Buch gelesen, könnte noch mal so ein Spiel machen. um Medientransfer gehen - zwischen Brettspie- das war fantastisch. „Schule der Rätselmeister“. Die Wir: len und Computerspielen. Wo sind die Unterschie- Rätselduelle, die dort beschrieben wurden... Zaube- Wir: de, wo sind Schnittmengen. Welche Konzepte kann rer haben sich gegenseitig Rätsel gestellt. Es wäre Eine Diplomarbeit. Unser Ziel war ein Spiel zu ent- man übertragen, welche nicht. Wir sind davon recht doch toll, diese Rätselduelle in einem Spiel wie- wickeln, das man später auch weiterverwenden Schade. zügig abgekommen, weil wir durch unsere Unter- der zu finden. Das war so die Initialzündung. Dann kann. Wir wollten was Neues machen. Abstraktere suchungen drauf gekommen sind, dass es nur sehr überlegt man, was brauche ich dazu? Irgendein Rät- Darstellung, weg von dem üblichen Einheitsbrei der Teuber: (lacht) Wenn ich bloß wüsste, wie es geht. wenige Spiele gibt, die wirklich tadellos am Compu- selmedium. Nehme ich ein Stück Papier, auf das ich Brettspiele. Wolfgang Kramer hat uns schon erzählt, ter eigenständig existieren können. Also nicht nur ein Wort aufschreiben kann? Meine Kinder haben

92 93 ständig mit Knete gespielt, das habe ich dann über- Teuber: Wir: muss sagen, das interessiert mich auch gar nicht so. nommen. Das Problem war, wie gelingt es, dass die Ich mache meine Spiele nicht für irgendeine Ziel- Leute, die Rätsel nicht zu schwer machen. So kam Nur zu. Was ist der mühsame Teil Ihrer Arbeit? gruppe oder irgendeinen Zeitgeist. In erster Linie es, dass auch die Rätselgestaltung der Spieler be- mache ich meine Spiele erstmal für mich. Ich bin wertet wurden. Ein Rätsel war erst dann gut, wenn Wir: Teuber: erstmal mein eigener potenzieller Kunde. Wenn man es weder zu schwierig noch zu einfach war. sagt, ich möchte was zeitgeistiges machen, dann ist Wenn man einen Wunsch hat, kommt man plötzlich Wenn Sie ihre Arbeit mit drei Adjektiven beschrei- Der mühsame Teil kommt dann am Ende. Wie schon der Zeitgeist schon wieder vorbei. Ich glaube, dass ganz eigenständig zu einem Spiel. ben müssten, welche wären diese? gesagt, das Optimieren. Manchmal gibt man es in die analogen Spiele auf jeden Fall bestehen werden Es gibt Entwickler, die kommen und sagen, ich andere Testgruppen und die sammeln plötzlich gegenüber den Computerspielen, allein schon we- möchte in der Branche Geld verdienen. Das ist kein Teuber: ganz andere Erfahrungen als man selber. Dann ist gen der direkten Kommunikation zu den Mitspie- erfolgs-versprechender Ansatz. Das geht nicht, da man erstmal bestürzt,“ wieso denn das? Bei uns war lern. Computerspiele sind ein schöner Ersatz, aber ist kein Herz dabei. Wie bringe ich Spieler dazu, Geduldig sein ist das Allerwichtigste, man muss of- das doch immer ganz anders.“ Das kommt daher, eben nicht dasselbe. dass sie das Spiel interessant finden, wie bringe ich fen sein, für das was einem täglich begegnet. Die dass man in seiner Entwicklungsgruppe immer die- sie dazu, das Material ansprechend zu finden? Wie Arbeit muss man lieben. Das sind für mich die drei selbe Art hat, zu spielen. Dann kommt eine Gruppe, Wir: schaffe ich es, dass über das Material sehr viele Re- wesentlichen Eigenschaften. Wenn ich keine Geduld die ganz anders spielt. Sie braucht viel länger, um geln erklärt werden, sodass ich über das Material hätte, wäre es nicht möglich. Wenn ich das, was zu überlegen, geht ganz andere Richtungen, sodass Wie sehen Sie Ihre persönliche Zukunft? Sie gehen selber keine oder nur sehr wenige Regelerklärun- ich tue, nicht lieben würde, wäre es nicht möglich. das Spiel viel länger dauert. Das ist so ein Punkt, nicht nach Marktbedürfnissen? gen brauche. Ein Beispiel, wenn ich eine Karte habe Wenn ich nicht jeden Tag offen wäre, würde es auch der sehr frustrierend sein kann, wenn man noch- mit einem Rohstoff, brauche ich nicht viel Erklärung. nicht funktionieren. Das sind die drei wesentlichen mals anfangen muss, zu überlegen, okay es war Teuber: Kein Text, den ich erfassen muss, ich habe ein Bild Adjektive oder besser gesagt Eigenschaften. bisher ein gutes Spiel, ich muss aber noch mal ganz und weiß genau, was es ist. Was brauche ich zum neu dran. Wie kann ich den Spielzug so verändern, Nein, ich gehe nach meinem Gefühl. Völkerwande- Bau eines Haus? Wenn es sich logisch zusammen- Wir: dass Leute, die gerne und viel überlegen, das nicht rung mit „catanischen“ Mitteln umzusetzen, reizt setzt, kann man viele Regeln erklären. mehr tun. Das ist dann frustrierend. Klar ist auch, mich ungemein. Da möchte ich auch gerne weiter- Was ist der schönste Teil Ihrer Arbeit und was dass es mühsam wird, die Regeln aufzustellen, aber machen. Wir: nicht? das macht mir auch durchaus Spaß. Wir: Das war für uns auch das Interessante an einem Teuber: Wir: Brettspiel. Die Elemente, die gutes Kommunikati- Sind Sie mit Computerspielen vertraut? onsdesign ausmachen, navigieren, kommunizieren, Der Moment, wenn ein Spielentwurf Spaß macht. Welche Entwicklungen wird der analoge Spielemarkt inszenieren von Inhalten, all das ist in einem Brett- Das ist der schönste Moment. Die Arbeit dahin, die nehmen? Teuber: spiel vorhanden. Das Kommunizieren der Spiel- Spannung, wie wird es denn werden, die frische regeln, das Erleichtern der Navigation; die Haptik Spielidee - bis zum ersten Spiel. Das Optimieren ist Teuber: Ja. stellte uns vor eine große Herausforderung. nicht mehr so schön, ist ein bisschen mehr Routi- Wir würden Ihnen gerne noch ein paar Fragen stel- ne, eher Alltag. Das Spannendste ist, das allererste Es gibt immer so Tendenzen. Im Moment geht es ein Wir: len. Schöpfen, im Prinzip erstmal aus dem Nichts heraus. wenig Richtung abstraktes Spiel. Aber nicht abstrakt Eine kleine Welt erschaffen mit ihren Regeln und all im Sinne von Schach, sondern eher hin zu strategi- Welche Computerspiele spielen Sie? ihren Dingen, die sie benötigt. schen Komponenten. Wie zum Beispiel „Einfach Ge- nial“. Ich kann nicht prophezeien, wohin es geht. Ich

94 95 Teuber: Wir: von meiner Intuition her gestimmt - vom Anfang bis mehr ist sonst nicht drin. zum Ende. Wenn ich da vorher mit Statistiken ange- Mein Blutdruck erlaubt mir keine Spiele, bei denen Die „Catan“-Onlinewelt ist ja schon eine digitale fangen hätte, das hätte mich nur verwirrt. Wir: man in Echtzeit irgendwelche Monster tot prügeln Umsetzung von Siedler von „Catan“. Haben Sie auch muss oder etwas aufbauen, weil man sonst irgend über andere Umsetzungen nachgedacht oder digi- Wir: Normalerweise haben Sie doch eine genaue Vor- einem Ansturm von Herrhorden nicht gewachsen tale Spielkonzepte in der Schublade? stellung, wie Ihr Spiel visuell aussehen soll, oder? ist. Ich mag es nicht, wenn man dauernd irgend- Machen Sie Ihre Grafiken für Ihre Spiele selber? wo etwas machen muss. Wenn schon dann eher Teuber: Teuber: rundenorientierte Spiele, wie „Civilization“. Wobei Teuber: mir „Civilization 2“ und 3 sehr gut gefallen haben, Das interessiert mich schon. Ich würde gerne ein Ja schon, aber gewöhnlich haben Sie überhaupt kei- „Civilization 4“ hingegen war eine Katastrophe, zu Rollenspiel umsetzen, aber das ist noch unkonkret. Nein. Nur die Zusammenstellung und den Prototyp. ne Chance. Sie gehen mit einem Spiel hinein, dass überladen. Man steigt nicht mehr durch, was über- Soweit wie es geht. Das übernehmen dann Grafiker das Thema Piraten hat und raus kommt die Chine- haupt noch sinnvoll ist. Rollenspiele mag ich auch, Wir: für mich. Meine Grafik geht aber schon soweit, dass sische Mauer. Dann haben sie auf die Grafik keinen „Gothic“ und „Anno 1592“. Was ich weniger mag, es recht ähnlich meiner Vorstellung ist. Einfluss mehr. Thema und Grafik bestimmt der Ver- ist so etwas wie „Ages of Empires“, das eigentlich Die Problematik im Medientransfer kommt Ihnen lag. Ich habe das Glück, dass ich in der Redaktion nichts anderes ist als Holz und Blut. Dass man dort also bekannt vor. Wir: sitze. seine Festung aufbaut, erntet irgendwelche Dinge. Und irgendwann rennen sich die Gegner die Köpfe Teuber: Sie können dann auch sagen, Sie wollen es anders? Wir: an den Mauern ein und dann fließt Blut. Es geht im- mer darum, wer mehr Gold besitzt oder irgendwie Mit Anno 1592 habe ich ja schon Eines umgesetzt. Teuber: Sie gehen die Konzeption aus der Idee heraus an? schneller ist, als der andere. Es ist allerdings stark vereinfacht. Manche mögen es, manche nicht. Ich habe wahrscheinlich mehr Macht, als jemand Teuber: Wir: der sein erstes Spiel macht, der wird nicht großen Wir: Einfluss nehmen können. Ich kann mich schon weh- Aus dem Wunsch. Irgendetwas erleben zu können, Multiplayer Rollenspiele sind auch ein Thema? ren und sagen, „das geht so nicht“, das sehen die das ist mein erster Ansatz. Inwieweit spielen mathematische Simulationen in dann auch ein. Teuber: der Entwicklung eine Rolle für Sie? Wir: Wir: Nein, eher nicht. Aber wohl auch aus Zeitgründen. Teuber: Welche Werkzeuge sind in der Entwicklung wichtig? Irgendwie würde es mich schon reizen, aber ich Kann der Verlag bei der Gestaltung mitreden? So etwas wie Testspielen ist sicher unabdingbar. sehe dort auch die Gefahr, den Bezug zum realen Fast gar nicht. Natürlich Wahrscheinlichkeitsrech- Leben zu verlieren. Das will ich mir eigentlich nicht nung. So etwas muss ich schon beherrschen. Wolf- Teuber: Teuber: zumuten. Ich mag es, wenn ein Spiel irgendwann gang Kramer führt sehr viele Statistiken. Ich mache mal zu Ende ist. so gut wie keine Statistiken. Ich habe das irgendwo Der Verlag bestimmt die Gestaltung. Bei mir ist das Ich lasse mir sehr viel Zeit bis zum ersten Test. Ich im Gefühl, da muss mehr rein, da weniger. Bei „Sied- etwas seltsam, weil ich bei TM-Spiele Redakteur bin. will weder meine Familie noch meine Kollegen bei ler von Catan“ zum Beispiel, war der erste Entwurf Von daher kann ich selber mit der Grafikerin reden. TM zu früh nerven. Gerade der erste Test muss gut der Insel derselbe wie beim fertigen Spiel. Die Insel Das ist nicht die Regel. Manchmal wird einem Autor durchdacht sein, da kann man nicht etwas halbes habe ich nicht mehr verändert. Sie hat zufällig oder erlaubt, einen Kommentar dazu abzugeben, aber spielen lassen. Wenn ein Spiel am Anfang durch

96 97 ist - gerade bei Testern - bleibt ein fader Nachge- diesen Erfolg eingebracht hätte. Ich habe vier Jahre schmack. Das ist nicht gut. gewartet und habe dann erst denn Schritt in die Un- abhängigkeit gemacht. Wir: Wir: Werden Sie von der Arbeit Ihrer Kollegen beein- Eine letzte Frage. Haben Sie ein Lieblingsspiel? flusst? Teuber: Teuber: Kann man so nicht sagen. Das kommt zum einen auf die Stimmung an und zum anderen auf die Zu- Nein. Ich spiele gerne Spiele von anderen Autoren, sammensetzung der Leute, mit denen man es spielt. käme aber nie auf die Idee, etwas ähnliches zu ma- Es gibt eine ganze Reihe an Brettspielen die fan- chen, weil das gibtʻs schließlich schon. tastisch sind. Ein Beispiel „Barbarossa“. Hängt bru- tal von den Leuten ab, mit denen man es spielt. Es Wir: kann unglaublich viel Spaß machen, aber kann auch sterbens-langweilig sein. Sie kommen nie vom Mechanismus zur Geschichte? Wir: Teuber: Danke für das Gespräch.

Nein niemals, immer von der Geschichte her. Teuber:

Wir: Bitte gerne.

Zielgruppen spielen für Sie keine Rolle?

Teuber: Wenn die Zielgruppe groß ist, freue ich mich na- türlich. Aber in erster Linie mache ich die Spiele erstmal für mich selber. Ich hab es aber auch nie professionell gemacht das Entwickeln, das lief so nebenher, neben meinem Dentallabor. Das wurde mir dann aber irgendwann zu stressig. Ich hatte sehr viel Arbeit mit dem Labor und die Ärzte haben es mir auch nicht leicht gemacht. So war das Spie- leentwickeln nach der Arbeit für mich etwas, wo ich abtauchen konnte. Ganz alleine meine Sache. Ich wäre heute noch im Dentallabor, wenn „Catan“ nicht

98 99 Eidesstattliche Erklärung Danksagung

Wir erkennen hiermit an Eides statt, dass wir die vorliegende Ar- Wir bedanken uns bei allen die es uns ermöglicht haben, diese beit selbständig und ohne Benutzung anderer als der angegebe- Diplomarbeit zu realisieren. Ein besonderer Dank geht an Monika nen Hilfsmittel angefertigt haben. Die fremden Quellen oder indi- Schnell und Thomas Feuerstein, Wolfgang Kramer, Klaus Teuber, rekt übernommenen Stellen sind als solche kenntlich gemacht. Horst-Otto Mayer, Miriam Felbar, Familie Auer und Familie Die Arbeit wurde bisher weder in gleicher noch in ähnlicher Form Contini. einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht.

Dornbirn, 6. August 2006

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