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Juli | 07-16

08. Juli, Jahrgang 58

www.musikmarkt.de 57 Jahre musikmarkt Das Branchenmagazin

Servus und Tschüss U1_U4_07_typo_Z.qxd 05.07.16 16:50 Seite

IHR HABT 57 JAHRE MUSIK GELEBT. IHR HABT DIE CHARTS NACH DEUTSCHLAND GEHOLT.

LIEBER MUSIKMARKT,

WIR MÖCHTEN UNS FÜR DIE SPANNENDE, KREATIVE UND IMMER PARTNERSCHAFTLICHE ZUSAMMENARBEIT MIT EUCH BEDANKEN UND WÜNSCHEN ALLEN KOLLEGEN DAS BESTE FÜR DIE ZUKUNFT. IHR WERDET DEM DEUTSCHEN MUSIKMARKT UND UNS FEHLEN.

KEEP ON ROCKIN‘!

EUER GFK ENTERTAINMENT TEAM 01_editorial_Z 05.07.16 18:15 Seite 1 07|16 editorial musikmarkt musikmarkt Schluss, Aus, Vorbei

Sicher, es hätten sich auch andere Formulierungen für die fi- nale Headline finden lassen: Die letzte Ausfahrt, Ende und Aus, Ruhe in Frieden oder, wie Andy Zahradnik, unser Kor- respondent in Wien, getitelt hat: Der letzte Walzer (S. 46-49). Egal, schließlich weiß mittlerweile jeder worum es geht: „musikmarkt“ wird es nach dieser Ausgabe, nach ziemlich genau 57 Jahren, nicht mehr geben. Und zu behaupten, dass mir diese Zeilen nicht extrem schwer fallen würden, wäre eine glatte Lüge.

Aber wie haben wir es in der Redaktionskonferenz beschlos- sen? Trauer ist erlaubt, gerne auch ein wenig Sentimentalität, | Stefan Zarges, Chefredakteur ein bisschen Wehmut hier und da, bitte sehr, aber bestimmt kein triefendes Pathos. Und auch kein Blick zurück im Zorn.

Das letzte Heft. Wir haben es etwas anders komponiert: „business as usual“, Bestandsaufnahmen und Zukunfsthemen, ein emotionaler Rückblick und auch die eine oder andere durchaus persönli- che Erinnerung.

Stichwort Erinnerung: Als wir 2009 ein rundes Jubiläum gefeiert haben, hieß unser Motto: „50 Jahre mittendrin“. Und natürlich hätte ich, hätten wir alle liebend gerne den sechzigsten noch mitgenom- men, womöglich doch noch einmal ein rauschendes Fest gefeiert. Mit der Branche und für die Bran- che. Schön wär’s gewesen. Stopp: jetzt bin ich dort angekommen, wo ich nicht hin wollte, mittendrin im berüchtigten Konjunktiv: hätte, hätte, Fahradkette, wie ein Kanzlerkandidat der SPD vor ein paar Jahren gedichtet hat. Genau die ist uns jetzt, um im Bild zu bleiben, gerissen, nicht kurz vor dem Ziel, aber kurz vor der Zielgeraden des nächsten runden Geburtstags. Das allerdings klingt fast schon mehr nach Komödie als nach Tragödie.

Warum es soweit gekommen ist? Dafür gibt es nicht den einen Grund, sondern eine ganze Reihe von Gründen. Die lang andauernde Krise einer Branche, die, jedenfalls im Moment, Vergangenheit zu sein scheint, ist vielen, auch uns, an die Substanz gegangen. Das ist das eine. Das andere ist die Wucht, mit der die Digitalisierung jede Branche herausfordert. Und solange die meistens noch print- dominierten Verlage kein digitales Geschäftsmodell gefunden haben, mit dem sie tatsächlich und nicht nur scheinbar Geld verdienen, wird der digitale Durchbruch auf sich warten lassen.

Trotz allem, das Leben geht weiter, irgendwie und sowieso. Und wenn nur ein Körnchen Wahrheit darin steckt, dass mit jedem Ende auch etwas Neues beginnt, hoffen wir einfach alle auf eine span- nende Zukunft.

Bevor ich mich jetzt von Ihnen verabschiede, möchte ich mich ausdrücklich bedanken: bei meinem Team für Leidenschaft und Engagement über all die Jahre, bei unseren Kollegen des Keller Verlages für ihre Unterstützung und bei unseren Freunden und Partnern für ihre kritische Solidarität.

Behalten Sie uns in guter Erinnerung!

Herzlichst Ihr

ePaper jetzt online lesen www.musikmarkt.de/ePaper0716

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overover && outout

over & out All Things Must Pass

Enthüllung nach 57 Jahren: Warum uns selbst Musiker in Baumwollsäcken stets mehr interes- sierten als tiefgefrorener Kabeljau. Und zu guter Letzt: Warum wir die Apokalypse dann doch ganz bewusst abgesagt haben. „musikmarkt“- Autoren sagen Tschüss ab Seite 32

recorded music Label Love

Seit fast 20 Jahren betreibt Gregor Samsa in Ei- genregie sein Label Sounds Of Subterrania – entgegen allen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Bei seinen Produkten stimmt bis zum letzten De- tail alles. Die Artworks sind nicht bloß Produkt- verpackung, sondern Teil des Gesamtkunst- werks. Gut, dass es noch solche Musikliebhaber gibt ab Seite 36

live entertainment Hungry Heart

Darauf werden die Menschen immer Hunger ha- ben: Weit über 30 Millionen Menschen besuchen jährlich Konzert- und Showveranstaltungen in Deutschland. Innerhalb von wenigen Jahrzehn- ten ist aus einer überschaubaren Branche ein wichtiger Teil der Unterhaltungsindustrie ge- worden ab Seite 34

2 02_03_inhalt_Z 05.07.1618:38Seite3 29 26 12 11 20 18 14 24 23 8 22 21 6 4 branche 10 Retro-Style mit modernerAufnahmetechnik Vintage plusHightech schen Schlagers bei den Öffentlich-Rechtlichen Der Schlager ist zurück imRadio gangenen sechs Monate auf Trab die Urheberrechtler inderMusikindustrie diever- „Hätte mir1000Besucher mehrgewünscht“ britischen Branche vor demReferendum. Undnun? Brexit: whatnext? für dieeuropäische Musikbranche Zwischen Unwetter undShitstorm Herausforderungenauf künftige fürVenues Zukunft gestalten Juni im südfranzösischen Cannes zur MIDEM Panels, Preise, Palmen zufrieden zeigten sichmitdenBesucherzahlen nichtganz Der Vorhang zu undvieleFragen offen? mit 10000Euro dotierten Musikpreis VDKD-Musikpreis geht an Alexej Gerassimez „never ending story“ burg, gerätnachsechs Jahren immermehrzu einer Vorhang auf! www.musikmarkt.de von 2010 bis2016 Ein juristisches Trauerspiel ting-Geschäfts Hanns-Wolfgang Trippe überdieZukunft des Ticke- The Next Big Thing stalter undFans vor Herausforderungen Most Wanted CoverBoys Girls & EU-Mission Euro-Pop „musikmarkt“-Ausgabe von 1959 unter dieLupe genen sechs Jahrzehnte und kürte diepersönlichen Lieblingscover dervergan- tonstudios radio &records wirtschaft event event ticketing festivals event event event wirtschaft wirtschaft war was? online rewind | DieKonferenz MEXCON lieferte Einblicke | Zum 50. Mal traf sich die Branche Anfang | DieVeranstalter derHipHopConvention | Der 30-jährirge Percussionist erhält den | Die „Loveparade“, das Desaster von Duis- | Die meistgeklickten News auf | Die Redaktion durchforstete das mm-Archiv | Wetterkapriolen stellen Festivalveran- | Print-At-Home oderaufs Smartphone: | Uwe Schleifenbaum nimmtdieerste | Zwei Gerichtsentscheidungen hielten | „Vote remain“ lautete dasMotto der | Eineigenständiges Förderprogramm | DasMaarwegstudio 2vereint | ÜberdieRückkehr des Deut- 46 40 36 58 45 38 34 50 42 44 41 32 over &out 52 charts Der letzte Walzer „musikmarkt“-Redaktion so etwas wiedashumanoideBetriebssystem der Das Aus für den „musikmarkt“ reißt eine Lücke Plattensammler nichtinteressierten dieCharts „musikmarkt“ keine Ahnunghatten unduns Neueinsteiger imJuni Die Hoffnung stirbt zuletzt Freizeitspektakel sind undbleibenbeimPublikum zum beliebten Alben vergangener Musik-Epochen GfK dieerfolgreichsten präsentiert Singles und …ich habesienienachFritzchen gefragt Zukunft derMusikbranche Der Musikmarkt in der DDR hatteDer Musikmarkt inderDDR eigeneRegeln Schwierigkeitenentgegen allenwirtschaftlichen in Eigenregie sein LabelSounds OfSubterrania – Darauf werden dieMenschen Hungerhaben bewusst abgesagt haben Letzt: Warum wirdieApokalypse danndochganz ressierten alstiefgefrorener Kabeljau. Undzu guter selbst Musiker in Baumwollsäcken stets mehr inte- Her mitderZukunft! „musikmarkt“-Zeit zurück Musiker Deutschland alsKarrierestandort fürklassische Zukunft des Journalismus Ein Ausblick zum Ende in Sachen klassischer Musikso gefragt Never waste agoodcrisis rige Partnerschaft mit „musikmarkt“ All ThingsAll Must Pass? The Beat Goes On! andernorts nicht leicht. Aber bestimmt nicht schwerer als klassik medien hörbuch ost labels live kolumne charts of best schweiz rewind zukunft | Warum wirzu Mauerzeiten imOsten vom | Konzert- undShowveranstaltungen waren, 60 59 1 | Seit fast 20 Jahren betreibt Gregor Samsa | DieAufsteiger, dieAbsteiger unddie | Autor AndyZahradnik überSabina Sauter, | DasBeste aussechs Jahrzehnten: | Nochniewar derdeutschsprachige Raum | „Unser ManninWien“ blickt aufseine | Autor Manfred Tari wagt einen Blick in die | Einletztet Blick indieGlaskugel: die | Als Künstler hat man es in der Schweiz | Autor SimonColin überseine langjäh- | Enthüllungnach57 Jahren: Warum uns Anzeigenmarkt Impressum Editorial titel cken werden. noch einiges Lesenswertes entde- gendwann „historischen“Heft auch indiesemvermutlichir- entschieden undhoffen,dassSie haben wirunsfürdieseVariante dann mal weg“ im Gespräch. Nun den Titel warnoch„Wir sind für musikmarkt. AlsAlternative Dies ist sie, die letzte Ausgabe von in eigenersache juli |16

3 inhalt 04_05_TEAM_Z 05.07.16 18:07 Seite 4

rewind branche musikmarkt 07|16 musikmarkt Best Of: Die Cover-Favoriten der Redaktion

2010 war mir „musikmarkt“ noch kein Ich kann nicht ernsthaft behaup- Begriff. Das „Summer Breeze“ besuchte ten, ein Fan von Placebo zu sein. ich dafür schon zum dritten Mal. Neben Diese Wahl hat einen ziemlich der räumlichen Nähe lockte mich stets banalen, nämlich eitlen Grund: das Line-up, das fast jedem Rock- und Die Woche, in der diese Ausgabe Metal-Fan gerecht wird. Wolkenbruch- erschienen ist, war gleichzeitig Headbangen zu Machine Head, Teen- meine erste Arbeitswoche. Nein, diese Titelseite glänzt nicht durch agerzeiten-Flashback mit Children Of | Stefan Zarges künstlerische Originalität und ist nicht Bodom und nächtliche Traumtänze bei „top top top“, wie Ex-FCB-Trainer Guar- Long Distance Cal- diola sagen würde. Ich war auch nie ein ling waren beson- Schlagerfan, aber mit Lena Valaitis auf dere Erlebnisse. dem Titel begann am 1. April 1981 meine Auch heuer steht Das erste Musikvideo, die erste CD 35-jährige Laufbahn bei „musikmarkt“. wieder massig und das prägende Teenie-Album. Mi- | Sabina Sauter Metal auf dem chael Jackson habe ich zwar nie live Programm – gesehen, doch seine Musik begleitete mein Nacken mich bis zu seinem Tod im Jahr 2009, wird’s mir das auch zu meinem Umbruchsjahr danken. wurde, als ich nach München zog und | Andreas beim „musikmarkt” landete. Es war Potzel eine großartige Zeit mit tollen Part- nern, Projekten und wunderbaren Kol- legen. It was a great „HISTORY”! | Ivana Dragila

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rewind branche musikmarkt 07|16 musikmarkt

Im Sommer 1990 Ursprünglich wollte ich ein „klassi- Angus Young mit Schnute, Hörnern und war ich zwölf, sches“ „musikmarkt“-Cover für die- Teufelsschwanz in der rechten Hand auf der „musik- sen Rückblick auswählen – etwas mit dem Cover des „musikmarkt“: groß- markt“ ein den Beatles oder oder artig! Das war 1979, als der frühere Thirtysome- sowas. Aber dann lief mir das Tag Sänger Bon Scott noch lebte, meine Ge- thing. Mein Team mit diesem großartigen In- burt allerdings noch in weiter Ferne lag. Kinderzimmer Your-Face-Titel über den Weg und es Trotzdem: AC/DC machten mich in Teen- war damals war um mich geschehen! Schließlich agerzeiten zum Rockfan. Ich kaufte mir von oben bis weiß doch jeder zwischen 20 und 50, alle, ja wirklich alle Alben inklusive unten mit dass auf „Whoomp!“ ein „There It Is“ Bonusboxes und DVDs. Und 2009 stand Postern der folgt – und das wird auch immer so ich im Münchner Olympiastadion in der New Kids On The Block zuge- bleiben. Gab es das Wort „Whoomp“ ersten Reihe. Angus Young zog seine klebt. Jahre später, 2008, feierte die Boy- überhaupt vor diesem famosen One- Schnute keine drei Meter entfernt direkt band ein Comeback. Im Münchner Sofitel Hit-Wonder von 1994? Egal. Vor 15 Jahren veröffentlichten Depeche in meine Richtung. Letztes Jahr hatte gab es dazu eine Pressekonferenz. Auf der „Whoomp“ gehört für mich für alle Mode ihr zehntes Studioalbum „Exci- ich noch einmal das Glück, die austra- Toilette kam es zu einer Begegnung mit Ewigkeit zum „There It Is“ wie der ter“. Zwei Jahre später erschien Martin lischen Rocker live zu sehen – presse- meinem damaligen NKOTB-Liebling Joey. Radetzky-Marsch zu Bonduelle. Gores „Counterfeit2“ und kurz darauf akkreditiert für den „musikmarkt“. I’m Und er erklärte mir den Wasserhahn. Ein | Martina Gabric „Paper Monsters“, Dave Gahans Solode- gonna ride on! Meet & Greet, das ich garantiert nie ver- büt. Wenngleich bei Fans die Angst vor | Michael Nützel gessen werde. Dass sein Gesicht einst einer möglichen Trennung der Band mit- meine Bettdecke zierte, wollte ich ihm spielte, sind die musikalischen Neben- dann aber doch nicht verraten. projekte willkommenes Futter für die | Renzo Wellinger von Platte und Tour zur nächsten Platte und Tour darbenden Devotees. So auch jüngst Gahans erneutes Zusammenspiel mit den Soulsavers, in dessen Rahmen er zuletzt im Oktober 2015 u.a. in auf der Bühne stand – eine großartige Freude für mich, dies anzukündigen! | Katja Albrecht

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07|16 online branche musikmarkt musikmarkt

Die 10 meistgeklickten News im Juni auf www.musikmarkt.de

1. Midweek-Charts 25/2016: Böhse Onkelz vor Red Hot Chili Peppers 6. 2016 auf Berliner Waldbühne | UPDATE: 3. Konzert be- und Radiohead stätigt www.musikmarkt.de/-349325 www.musikmarkt.de/-348482

2. „musikmarkt“ wird eingestellt 7. „Hurricane 2015“/„Southside 2015“ lockten 125 000 Besucher, www.musikmarkt.de/-349328 Termin 2016 steht www.musikmarkt.de/-343372 sichert sich Udo-Jürgens-Aufnahmen langfristig 3. Volbeat-Tour 2016: acht Konzerte mit Airbourne und Crobot www.musikmarkt.de/-349362 8. www.musikmarkt.de/-349315

4. Charts 26/2016: Böhse Onkelz holen achte Nummer eins 9. Charts 25/2016: Volbeat behaupten sich gegen Motörhead und U2 www.musikmarkt.de/-349344 www.musikmarkt.de/-349303

5. Mark Forsters „Wir sind groß“ wird ZDF-EM-Song 2016 10. Edelmetall Mai 2016: Prince erntet posthum weitere Awards www.musikmarkt.de/-348529 www.musikmarkt.de/-349261 www.musikmarkt.de | Foto: xxxx Foto: |

Warner verkauft Chrysalis an Apple Music erreicht 15 Mio. CTS Eventim sichert sich Mehr- PIAS baut globales Geschäft aus Chris Wright und Blue Raincoat Abonnenten heit an FKP Scorpio Die Indie-Labelgruppe PIAS erwei- Warner Music startet den Rückver- Bei Apples jährlicher Worldwide CTS Eventim stockt seine Anteile tert seine weltweiten Geschäfte kauf seiner Anteile an Indie-La- Developers Conference gab der an der FKP Scorpio Konzertpro- und strukturiert sich neu. Nach- bels: Chrysalis Records gehört nun Tech-Riese bekannt, mit seinem duktionen GmbH von 45 auf 50,2 dem PIAS im Vorjahr harmonia offiziell wieder zu Blue Raincoat Musik-Streaming-Dienst Apple Prozent auf. Damit sichert sich der mundi gekauft hatte, wurden ei- Music, auch der Label-Gründer Music mittlerweile 15 Millionen Ticketingdienstleister die Mehr- nige Büros geschlossen, Labels ab- Chris Wright ist als nicht exekuti- zahlende Kunden gewonnen zu heit an der konsolidierten Tochter- gestoßen und die Struktur des ver Präsident beteiligt. Vor 27 haben. Ende April waren es noch gesellschaft FKP Scorpio mit Sitz globalen Netzwerks verschlankt. Jahren hatte er sein Label für 100 13 Millionen, womit der Streaming- in Hamburg. Der Vollzug der Trans- Leitende Positionen werden nun Millionen US-Dollar plus Schulden Dienst weiterhin ordentlich aktion steht noch unter dem Vor- neu besetzt. So wird Adrian Pope an EMI veräußert. Der Verkauf von wächst. Apple hatte den Service behalt der Freigabe durch die ab sofort als Managing Director Chrysalis ist mit hoher Wahr- erst vor einem Jahr gelauncht, zuständigen Kartellbehörden. Es der Artist & Label Services ein glo- scheinlichkeit Teil des 200 Millio- das Ziel sind 100 Millionen Abon- ist das zweite Mal, dass CTS Even- bales Team in vier Hauptbereichen nen US-Dollar Veräußerungspakets nenten. Zwar ist Apple davon noch tim die Mehrheitsbeteiligung an überwachen. Diese lauten: Artist & von Warner an Indies. Der 2013 an- weit entfernt, dennoch entwickelt FKP Scorpio hält. Schon im Jahr Label Services and Business Deve- gekündigte Deal wurde von Warner sich die Marke sehr gut. Strea- 2000 veräußerte das Hamburger lopment, Production and Supply und Merlin/IMPALA unterzeichnet, ming-Marktführer Spotify zählt Unternehmen seine Anteile von Chain, Insights and Digital Ser- als Warner Parlophone kaufte. rund 30 Millionen Abo-Kunden. 50,2 Prozent an CTS Eventim. vices und Business Operations. musikmarkt.de/-349210 musikmarkt.de/-349269 musikmarkt.de/-349204 musikmarkt.de/-349270

+++ Außerdem in den News +++

Club- und Diskotheken-Monitoring: GEMA bietet Upload-Möglichkeit kommen (musikmarkt.de/-349349) +++ DEAG platziert Wandelschuld- (musikmarkt.de/-349317) +++ BMG startet in Brasilien (musikmarkt.de verschreibung im Wert von 5,1 Mio. Euro (musikmarkt.de/-349352) +++ /-349190) +++ „Helene Fischer Show“ für drei weitere Jahre im ILMC verschiebt Termin auf Wochenmitte (musikmarkt.de/-349350) ZDF (musikmarkt.de/-349192) +++ Bundesregierung soll Rammstein +++ Sonys Dietmar Lienbacher wird IFPI-Austria-Präsident (musik- Schadensersatz zahlen (musikmarkt.de/-349295) +++ Instagram markt.de/-349290) +++ ICMP: Rolf Budde zum Vizepräsidenten ge- feiert 500 Millionen aktive User (musikmarkt.de/-349323) +++ FKP wählt (musikmarkt.de/-349259) +++ MusicTrace und GfK kombinie- Scorpio und Bravado erweitern Partnerschaft (musikmarkt.de/- ren Top 100 und Airplay-Charts (musikmarkt.de/-349301) +++ Namens- 349339) +++ UK-Musikbranche kritisiert Brexit, fordert Handelsab- rechte für ISS Dome verlängert (musikmarkt.de/-349337)

6 06_07_aaa_online_Z.qxd 05.07.1615:59Seite7 REEPERBAHNFESTIVAL.COM CONFERENCE ·SESSIONSJohnGiddings(Solo Agency /IsleOf Wight Festival)· Simon Napier-BellHubAustin)·BenjiRogers (Snap-BMusic)·ChelseaCollier(Impact (CTAN - Central Texas(PledgeMusic) ·ChristianDiekmann(DEAG) ·ClaireEngland(CTAN- Angel Chefket · Die Heiterkeit · Lawrence TaylorChefket ·DieHeiterkeitLawrence ·Tiger Lou·JAINACIDARAB(live) Simius) ·GoldPanda ·DotaLouaneImarhanMeAndMyDrummerGROUPLOVE FESTIVAL ·450CONCERTS ·GetWell Soon·WildBeastsMULE&MAN(BonaparteKid SHOWCASES ·NETWORKINGMEETINGSAWARDS (FKP Scorpio)·MichaelKurtz(RecordStoreDay) Network) ·RalphSimon(MobileEntertainmentForum- Americas) ·StephanThanscheidt ARTS ·WORD ·FILMWORKSHOPS&MORE Declan McKenna·OktaLogueVon Wegen Lisbeth·Seramic ·IsaacGracieAndMore 7. 6. 5. 4. 3. 2. 1. Die 10. 9. 8. Spotify: Kollegah erzielt Streaming-Rekord 1. Halbjahr2015 HeleneFischers Album-Charts: „“ www.musikmarkt.de/-321877 „The Voice Of 2012“: Nick Howard ist der Gewinner www.musikmarkt.de/-344037 Nation Germany ein Marek &AndréLieberberg steigen beiMLKausundLive www.musikmarkt.de/-324116 Echo 2013: Frei.Wild von derNominierten-Liste gestrichen www.musikmarkt.de/-311517 Universal Music Publishing angelt sich Cro www.musikmarkt.de/-334491 DeutschlandCharts KW 15:Frei.Wild mitzwei neuenAlbeninTop 5 www.musikmarkt.de/-339672 sind in Arbeit Disney legt nach: „Frozen 2“/„Die Eiskönigin 2“ und Musical dazu www.musikmarkt.de/-335893 : neueSingle, AlbumundTour 2014 www.musikmarkt.de/-325974 „DSDS 2013“-Gewinner: Beatrice Egli holtdenSieg www.musikmarkt.de/-335170 www.musikmarkt.de/-343895 immer nochamerfolgreichsten 20 meistgeklickten News von 2010 bis 2016 auf www.musikmarkt.de 19. 18. 17. 16. 15. 14. 13. 12. 11. 20. Kool Savas unterschreibt beiSony Music,neues Album DeutschlandCharts KW 49: Frei.Wild auf1,DieToten Hosen auf3 Kelly Family 2012 wiederauf„Stille Nacht“-Tour Urheberrecht: Kanzlei versteigert 90-Millionen-Euro-Forderungen You+Me: Pinkstartet neues Projekt, Debütalbum imOktober Wizard Promotions Böhse Onkelz ehrt fürüber350.000 Besucher Windows 8:Werbesong von Lenka „Everything At Once“ Pink-Tour 2013: über70.000 Tickets verkauft –Zusatzkonzert www.musikmarkt.de/-314352 Neue GEMA-Tarife imÜberblick www.musikmarkt.de/-335710 : „Auf uns“wird WM-Song derARD www.musikmarkt.de/-336991 „Märtyrer“ imHerbst www.musikmarkt.de/-331462 www.musikmarkt.de/-317606 www.musikmarkt.de/-310310 aus Filesharing-Abmahnungen www.musikmarkt.de/-337505 www.musikmarkt.de/-343450 www.musikmarkt.de/-320267 www.musikmarkt.de/-319343 · AndMore Organiser: EventsGmbH&Co.KG ReeperbahnFestivalGbR&Inferno

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07|16 war was? branche musikmarkt musikmarkt

Uwe Schleifenbaum durchforstet das „musikmarkt“-Archiv

Juli 1959 war was? Am 15. Juli vor 57 Jahren feiert der „musik- Kein Grund für Pessimismus verfügen, die meist in den Kassen der Schall- markt“ Premiere. Herausgeber Hans R. Beier- plattenhändler oder in den Musikautomaten lan- lein ergreift das Wort zur wohl wichtigsten Ebenfalls dämpfend wirkt sich die Einführung den. Die Schallplattenindustrie der gesamten Neuerung: „Markt-Analyse, nicht über den Dau- der neuen Stereotechnik aus: Der Absatz von westlichen Welt richtet sich heute nach ihnen. men gepeilt“, heißt die Devise, denn was ver- Plattenspielern schwächelt, „weil der Käufer Nach wem und nach was? Da geht’s schon los. lässliche, aussagekräftige Charts betrifft, noch zu wenig über Stereogeräte aufgeklärt Wir richten uns nach etwas aus, das wir im herrscht in der Bundesrepublik dringender war und ihm der Kauf einer Musiktruhe in der Grunde gar nicht kennen. Denn noch niemand Handlungsbedarf. „Jedes Land hat hat den Versuch gemacht, die Teenager seine ,Bestseller-Liste’, nach der sich in ihrer Vielfalt kennenzulernen.“ die Branche richten kann“, so Beier- lein. „Allen gemeinsam ist, dass sie ge- Der junge Mensch, das wissenhaft und nach demoskopischen unbekannte Wesen? Grundlagen zusammengestellt werden. Da gilt nur stichhaltiges Material, Nicht mehr lange, denn der „musik- nichts wird dem Zufall überlassen oder markt“ „wird künftig in jeder Nummer mit dem Daumen nach oben unter Teenager debattieren lassen. Auf un- unten gepeilt.“ sere Einladung hin, werden Monat für Monat Teenager aus allen sozialen Die Lücke wird gefüllt Schichten diskutieren und sich dabei ihre Sorgen, ihre Wünsche, ihren Ärger „In der Bundesrepublik“, so Beierlein, von der Seele reden.“ Das klingt jetzt „überließ man dieses gar nicht hoch ge- eher nach Sozialpädagogik, ergibt aber nug einzuschätzende Gebiet der Markt- Sinn, denn 1959 ist es höchste Zeit, die Analyse neben recht gewissenhaften jugendliche Pop-Kultur endlich ernst und beachtlichen Markt-Statistiken in ei- zu nehmen. nem Fachblatt der Automaten-Bran- che einem für Teenager gemachten Reden ist gut, Unterhaltungsblatt. Der ,musikmarkt’ Tanzen ist besser hat die Absicht, diese Lücke zu füllen. Er ist sich nicht nur der Schwierigkei- Das Wort „Diskothek“ steht 1959 noch ten bewusst, die einem solchen Plan ent- nicht im Duden, aber in diversen bun- gegenstehen, er ist sich auch der Ver- desdeutschen Städten eröffnen damals pflichtung bewusst, der Verpflichtung zu Lokalitäten, in denen „Konservenmu- absoluter Objektivität, völliger Unab- sik“ gespielt wird. Doch unter der hängigkeit und sorgsamer Gewissen- Überschrift „Interessanter Import aus haftigkeit.“ Über die nächsten Jahre in USA – Tausend Teenager tanzten in jeder Ausgabe gelistet: die Noten-Best- München“ ist von einem anderen Phä- bisherigen Ausführung wegen der Gefahr einer seller, Schallplatten-Bestseller, Rundfunk-Hits, nomen die Rede: „Als außerordentlicher Erfolg möglichen Veraltung als zu riskant erscheint“. Kapellen- und Automaten-Bestseller. Die erste erwies sich die erste ,Record-Hop’-Veranstal- Wenn weniger Abspielgeräte verkauft werden, offizielle Nummer-1 heißt „Die Gitarre und das tung, die AFN-Plattenjockey Mal Sondock in leidet konsequenterweise auch der Schallplat- Meer“ und stammt von Freddy. München durchführte. Unter dem Begriff ,Re- tenmarkt, aber „alle diese Ursachen geben kei- cord-Hop’ versteht man in den Vereinigten Staa- Video kills the radio star? neswegs Veranlassung, die weiteren Aussichten ten gesellige, zwangslose Tanzveranstaltungen, des deutschen Schallplattengeschäfts pessi- zu denen ausschließlich Teenager Zutritt haben. Nicht wirklich, aber Helmut Haertel von der mistisch zu beurteilen“. Stimmt. Schließlich Auf den ,Record-Hop’-Veranstaltungen wird flei- Deutschen Grammophon Gesellschaft diagnos- läuft das Wirtschaftswunder noch auf vollen ßig getanzt, Musik gemacht und eine Übersicht tiziert beim Schallplattengeschäft eine „Ver- Touren. schnaufpause, die es wohl in erster Linie dem über Schallplatten-Neuproduktionen gegeben.“ Boom im Fernsehen zu verdanken hat. Das Bud- Teenager sind anders Sondock plant regelmäßige Tanz-Sausen auch in get, das jede Familie für Freizeitbeschäftigung anderen Städten: „Es sollen Jugendveranstal- Verlass ist im Juli 1959 ganz besonders auf die und Unterhaltung zur Verfügung hat, ist nicht tungen werden, in denen die Teenager unter junge Kundschaft, genannt Teenager. Nur: Man unbeschränkt groß, und wenn das Geld für die sich sind. Sie sollen nicht viel zahlen und trinken weiß so wenig über sie. „Um es vorweg zu Rate des Fernsehempfängers und für die Fern- müssen und in jeder beliebigen Kleidung kom- sagen: Sie sind anders, als wir denken und den- sehgebühr ausgegeben wird, bleibt für andere men dürfen.“ Letzteres bedeutet 1959 natürlich ken anders, als wir glauben. Für die Musikbran- Dinge nicht mehr viel übrig. Darunter hat im Au- etwas anderes als 57 Jahre später. Aber die che sind sie von unerhörter Wichtigkeit, da sie genblick auch die Schallpatte zu leiden.“ Richtung stimmt: come as you are! | us spontane Käufer sind und über flüssige Mittel

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Deutschland hat einen neuen Hörbuchverlag

CLAUS VASKE KARINN SLAUGHSLAUGHTERSLAUGHTE Jennifer Armentrout DanielDniel i l Silva SilS Alex Lake HOMEROMERMER HIC HICKAM TESSSSS GERRITSGERRITSENGER Sarah Morgan Nora RobertsRb 10_11_eu-kommission_brexit_Z 05.07.1616:58Seite10 10 | Foto: Fotolia.com © DutchScenery branche musikmarkt 07|16 allerdings heißteswarten,dennwennüberhaupt, kommteserst2021dazu. cherts schildertezum Abschluss desPanels im RahmendiesesPanelsbeizumessen. Rei- General for Education and Culture (DG EAC) tine Reichertsinihrer EigenschaftalsDirector Zusammenhang sind den Aussagen von Mar- bringen will. Besondere Beachtung in diesem mission einsolchesProgramm aufdenWeg Youtube, der dokumentiert, dass die EU-Kom- Noch abergibteseinenVideo-Mitschnitt auf schen Kommissioneinsehbar. Anhörungen aufderWebseite derEuropäi- bis vorkurzenwaren die Protokolle dieser Diese fanden in Brüssel und Lyon statt, und fenden Konsultationen öffentlich diskutiert. gebnisse der seit Dezember letzten Jahres lau- Auf der MIDEM wurden nun erstmals die Er- ken, sondernderEU-Kommissionselbst. den Lobbyisten der Musikbranche zu verdan- geben soll. Der Impuls hierzu ist keineswegs branche zugeschnittenes Förderprogramm ein eigens auf die Bedürfnisse der Musik- Europe, indessenRahmeneserstmalsauch Nachfolger fürdasProgramm Creative 01/2016). Gesucht wird der konzeptionelle ausführlich (sieheunteranderem MM richtete der„musikmarkt“mehrmalsund Über die Vorgeschichte dieses Vorhabens be- gungen zueinemMusikförderprogramm. schrift „MusicMovesEurope“ ihre Überle- tiert aufderMIDEM2016unterÜber- Kommission ausderDeckungundpräsen- Ausgerechnet jetztkommtdieEuropäische Music Moves Europe schaffen wollen. ment, Europa, wiewiresbislangkennen,ab- ihrer Verachtung fürs politische Establish- ben von Fremdenfeindlichkeit und geeint in tential fürEU-kritischeMassen,die,getrie- mittlerweile überall genügend politisches Po- Gesellschaftlich abergibtesoffensichtlich schon alleszumGutenbewegthat. Union allenUnkenruf zumTrotz bislang zuvor längstverloren, wasdieseEuropäische xit istvordemBrexit“ dominiert,gingbereits tualitätsgründen dasThema„NachdemBre- zu machen. Während in den Medien aus Ak- Chance, derEuropäischen UniondenGaraus lauern nationalistische Polit-Zombies auf ihre Europa hat es derzeit nicht leicht. Europaweit für dieeuropäische Musikbranche präsentierteaufderMIDEMeinenerstenZwischenstandihrer Bemühungen, Die EU-Kommission EU-Mission Euro-Pop wirtschaft besondere Beachtungfanden. sik“, sindunteranderem jene Aspekte, dieihre als Filme“,„Single-Marktfüreuropäische Mu- Künstlern“, „Musik hat eine größere Wirkung live, denkt digital“, „Schaltet um von Labels zu „Lasst uns als Branche selbst helfen“, „Spielt sie ausden Anhörungen mitgenommenhat. „Music Moves Europe“, welche Erkenntnisse die Musikbranchezusammeln. Ausgestaltung einesFörderprogramms für gen, umsovor2021ersteErfahrungen fürdie Hierfür istsiebereit, einPilotprojekt vorzule- dem Vertrieb von Musik im Online-Zeitalter. scheint ihr die Förderung von Online Music, punkte zu entwickeln. Ebenfalls wichtig er- dung, kündigte sie an, hierzu Anknüpfungs- zuständig ist, dem Förderprogramm für Bil- ebenfalls für das Erasmus-Programm der EU Idee „KünstleralsUnternehmer“.Unddasie Geradezu fasziniertzeigtesiesichvonder sikbereich. kleinen und mittleren Unternehmen im Mu- und KonzertclubssowiedieFörderung von markten könnenunddieRollederFestivals nahmen dazu,wieKünstlersichselbstver- und der Mobilität von Künstlern, Fördermaß- terstützung derZirkulationvonRepertoire Musikbranchen-Daten erheben will, die Un- ches undwiedieEU-Kommissionkünftig Ausbildungs-Maßnahmen, Meta-Data als sol- und selbstinVorschulen, berufsbezogene sehen könnte:MusikunterrichtinSchulen Förderprogramms für die Musikbranche aus- Ausführungen dazu,wiedie Agenda eines Noch interessanter gestalteten sich aber ihre Der Künstler alsUnternehmer tion“-Verfahren eingeleitet. und formell ein sogenanntes „Prepatory-Ac- programms fürdenMusiksektorinformiert ihre Absichten eines eigenständigen Förder- Haushalts- sowie den Kulturausschuss über Auch hatdieEU-Kommissionbereits den werden, erstePilotprojekte zufinanzieren. könnten freiwerdende Mittel dazu verwendet Haushaltsmittel entscheiden.Schon2017 ment überdieVerwendung nichtgenutzter Im HerbstdiesesJahres wird dasEU-Parla- Förderprogramm fürdenMusiksektor ein eigenständiges Förderprogramm sam fürEuropa zuengagieren. |Manfred Tari sich inihrem ureigensten Interesse gemein- aus derTaufe zuhebeneineRiesenchance, der EU-Kommission, ein solches Programm Musikbranche bietetaberalleindie Absicht Überlegungen zuberücksichtigen. Fürdie passt, einenganzheitlichen Ansatz inihren Auch hat die EU-Kommission es bislang ver- Gunsten pochten. maßgeschneiderte Förderpakete zuihren grund stellten,und,wennüberhaupt, auf ment ihre Eigeninteressen indenVorder- achten, dass einige Interessenvertreter, vehe- rund umdie Anhörungen inBrüssel zubeob- Vielmehr warindenvergangenen Monaten sche Töne zuvernehmen. sind bislangnurganzvereinzelt pro-europäi- gar eingesetzt. Selbst aus der Musikbranche eintes Europa öffentlich ausgesprochen oder kaum einprominenter Künstlerfüreinver- sich beirealistischer Betrachtungbislang zeit nochetwasromantisch. Immerhin hat Absichten zur Förderung von Künstlern der- Was Reicherts betrifft, erscheinen ihre guten Gemeinsam fürEuropa engagieren zu lancieren. Noch 10_11_eu-kommission_brexit_Z 05.07.16 16:58 Seite 11

wirtschaft 07|16 branche musikmarkt musikmarkt Brexit: what next?

Vor dem Referendum zum Verbleib in bzw. Austritt aus der EU gab sich die britische Branche ge- schlossen: „Vote remain“, lautete das Motto. So bedrohlich die Hiobsbotschaften für einen letzt- endlich eingetretenen Brexit auch klangen, so schnell hat man sich mit der Situation abgefunden.

In den Wochen vor dem Referendum konnte Musik und unseren man den Eindruck gewinnen, Musik aus Künstlern, die touren, si- Großbritannien habe es nicht aufgrund au- cherstellen“, so Taylor. ßergewöhnlicher Künstler zu weltweiter An- Er sei sich sicher, dass erkennung gebracht, sondern aufgrund von „britische Musik sich politischen Entscheidungen aus Brüssel. weiterhin enormer Be- Schreckensszenarien von Handelsstillstand liebtheit in ganze und Tourstopps aufgrund von Visumsproble- Europa“ erfreuen und men wurden in Aussicht gestellt. Nun, da das dass die BPI dafür sor- Referendum durch ist, besinnt sich die Bran- gen werde, dass UK-La- che wieder aufs Geschäft. bels die Nachfrage be- „Wir befinden uns in einer neuen Welt und friedigen könnten. müssen nun positiv voranschreiten“, sagte Viele vor allem junge etwa Andy Heath, Chairman des Lobbyver- Künstler taten ihren bands UK Music, und er fuhr fort: „Britische Frust über die Entschei- Musik ist stark und erfolgreich und wird wei- dung des britischen terhin ein essenzieller Teil einer reichhaltigen Volks auf ihren Social- und vielfältigen Europäischen Kultur sein.“ Media-Kanälen kund. „We’re really, really fu- | Foto: Fotolia.com © nerthuz Fotolia.com | Foto: Unverzichtbarer Player cked“, tweetete etwa John Reid, President of Concerts in Europe Lily Allen – Übersetzung bei Live Nation, sagte „Billboard“, dass der nicht notwendig. Ellie Goulding schrieb: „Ich nicht aus. Digitalexperte Mark Mulligan (Mi- Brexit das Gesamtgeschäft von Live Nation in glaube wirklich, dies ist eines der schlimms- dia) listete gegenüber dem „IQ Magazine“ Großbritannien nicht beeinflussen werde. ten Dinge, die in meinem Leben passiert sind. eine Reihe von möglichen Auswirkungen auf, Man müsse lediglich Wechselkursschwan- Heute morgen fühlte ich eine Angst, die ich nur um zu dem Schluss zu gelangen, dass kungen im Auge behalten. Alison Wenham noch nie gefühlt habe.“ Für detaillierte Be- diese eintreffen könnten oder auch nicht. vom britischen VUT-Pendant, dem Indie-Ver- gründungen reichten 140 Zeichen jedoch „Wir wissen es einfach nicht“, sagte er. | gg band WIN/AIM, sagte: „AIM wird eng mit unseren Mitgliedern, anderen Branchenver- Brexit bänden und Kollegen innerhalb der Musik- branche zusammenarbeiten, um sicherzustel- Seit einem Jahr und drei Monaten lebe ich nun in London, einer Stadt, in der die meisten Menschen beim Brexit-Referendum mit „remain“, also „bleiben“, gestimmt haben. Die Leute, mit denen ich ge- len, dass die Stärke und das Ansehen der un- sprochen habe, begründen ihre Pro-EU-Haltung in der Regel mit Weltoffenheit und Toleranz. Sie möch-

abhängigen Musikgemeinschaft auf dem in- kommentar ten Teil der europäischen Familie sein. Diese hat jedoch nichts mit dem Konstrukt EU zu tun. Die ternationalen Marktplatz durch diese Events europäische Familie existierte vor der Schaffung eines gemeinsamen Wirtschafts- und Finanzraums, nicht geschmälert wird.“ und sie wird unabhängig von der Zahl der EU-Mitglieder weiterexistieren. Ein IMPALA-Statement liest sich wie folgt: „Veränderung kommt, soviel ist sicher.“ Si- In Griechenland, Spanien, und Italien bekommen die Menschen aktuell zu spüren, was es cher sei jedoch auch, dass der britische Mu- heißt, Souveränität in Wirtschafts- und Finanzfragen an Politiker abzugeben, die sie noch weniger zur Verantwortung ziehen können als die im eigenen Land. Bezeichnend, dass eine der wenigen EU-skepti- siksektor nach wie vor ein „unverzichtbarer schen Stimmen von Foals-Sänger und -Gitarrist Yannis Philippakis kam, dessen Familie in Griechenland Player in Europa“, und dass Europa nicht nur lebt. die EU sei. Geoff Taylor, Chef des Branchen- verbands BPI sowie der Brit Awards, sagte, Ein wenig erschreckend war die Art, wie nach dem Referendum auf den älteren Briten herumgehackt dass der Brexit der UK-Branche erlaube, stär- wurde, die mehrheitlich für „leave“ stimmten, während die meisten jüngeren ihr Kreuz bei „remain“ kere nationale Copyright-Gesetze zu verab- setzten. „Ihr habt ja nicht mehr lange mit der Entscheidung zu leben“, so der allgemeine Tenor. Viele, schieden, welche Investitionen fördern und die mit dem Ausgang der demokratischen (!) Entscheidung nicht zufrieden waren, setzten schlicht vo- raus, dass alte Menschen konservativ, egoistisch und gar rassistisch seien und nur mit „leave“ ge- Copyright-Schlupflöcher (Vorsicht YouTube!) stimmt hätten, um Immigration zu verhindern. Dass die Älteren bei ihrer Entscheidung an die Zukunft schließen würden. „Wir werden die Regie- ihrer Kinder und Enkelkinder dachten, las und hörte ich nirgends. rung natürlich dazu anhalten, schnell Han- delsabkommen zu verhandeln, die den unge- | Gideon Gottfried hinderten Zugang der EU-Märkte zu unserer

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event branche musikmarkt 07|16 musikmarkt „Hätte mir 1000 Besucher mehr gewünscht“

Die Veranstalter der zweiten HipHop Convention in Berlin zeigten sich mit den Besucherzahlen nicht ganz zufrieden, setzen aber auf eine Fortführung 2017.

den eigentlich branchenfremden Messever- anstalter, sich mit der Unternehmung in den HipHop-Bereich vorzuwagen, war auch der Zwang, sich als Messeveranstalter neue Ver- anstaltungsformate zu überlegen. Die Koppe- lung von Konzert und Messe plus Workshops sah die expotec GmbH letztlich als eine viel- versprechende Innovation und Möglichkeit für neue Perspektiven. Das Ganze sehen sie als „Messe-Event“, also weg von der oft schnöden reinen Ausstellerei, hin zu einem unterhaltsamen und spaßigen Mitmach- und Livemusikspektakel. „Wir sind wie ein Festi- val in der Stadt, mit dem Unterschied, dass wir alle Aussteller aus dem HipHop-Bereich vor Ort haben“, beschreibt Projektassistent Baran Ercan das Wesen des „Messe-Events“.

Künftig mit B2B-Kongress | Veranstalter Frank Baumann blickt trotz weniger Besucher optimistisch auf die dritte Hip Hop Convention im Jahr 2017 Die Mischung von Konzert und Messe sah bei | Foto: Gunnar Leue der HipHop Convention dann so aus, dass in einer Ecke der Halle ein Dance Battle statt- Die zweite HipHop Convention ging am ers- Das Konzept, nämlich Publikum, Künstler fand, das von den Zuschauern besonders gut ten Juni-Wochenende mit rund 2500 Besu- und Aussteller aus der HipHop-Community aufgenommen wurde, während in einer an- chern in der Berliner Arena über die Bühne. unter ein Dach zu bringen und ihren Life deren Ecke ein Workshop über die Kunst des Besser gesagt über mehrere Bühnen, denn das Style in ganzer Breite zu präsentieren, sieht Rappens und Textens durchgeführt wurde Publikum konnte sowohl in der Arena Trep- Frank Baumann auf jeden Fall bestätigt. Die und ein paar Meter weiter eine junge Frau auf tow als auch in deren Außenbereich direkt ne- Ticketpreise lagen bei 35 Euro für einen Tag dem Tisch eines Tattoo-Studios lag und sich ben der Spree Künstler ansehen sowie selbst und 45 Euro für beide Tage. ein neues Tattoo auf den Bauch stechen ließ. kreativ künstlerisch tätig werden. Auf zwei Derweil sprühten draußen Graffiti-Freunde Bühnen spielten insgesamt 20 Künstler am Mitmach- und Livemusikspektakel ihre Bilder an eine Schaumauer, wobei sie von Sonnabend und Sonntag jeweils acht Stunden Die HipHop Convention war in diesem Jahr Graffiti-Profi Mark Marquardt alias Akte One lang live. Die HipHop Convention ist die das erste Mal in der Arena Treptow zu Gast. unterrichtet wurden. Die Künstler-Riege war erste Veranstaltung ihrer Art, die Messe und Im vergangenen Jahr fand sie bei ihrer Pre- ebenfalls von einer ziemlich großen Band- Konzert verbindet. miere noch in der Berliner Location Station breite. Neben Main Acts wie Motrip, Shindy Frank Baumann, Geschäftsführer des Veran- statt. Man habe den Veranstaltungsort ge- oder Lary traten auch jüngere, noch nicht so stalters expotec GmbH und Projektleiter der wechselt, so Frank Baumann, weil er größer bekannte Künstler auf. Veranstaltung, zeigte sich mit den Besucher- und besser geeignet sei, auch mit dem per- Für die Zukunft ist Frank Bauman jedenfalls zahlen nicht ganz zufrieden: „Ich hätte mir spektivischen Blick, „ein paar Jahre hier blei- zuversichtlich. „Klar, es kann ein Rohrkrepie- 1000 Besucher mehr gewünscht, aber zeit- ben zu können“. rer werden oder, salopp gesagt, abgehen wie gleich fand am Sonntag in der Waldbühne Die HipHop Convention ist laut den Veran- Schmidts Katze. Ich sehe aber, dass es gut an- das Benefiz-Konzert ‚Peace x Peace Festival’ staltern die erste und einzige Veranstaltung, gekommen wird und bin deshalb optimis- statt. Viele Leute gingen bei dem schönen bei der die beiden Elemente Messe und Kon- tisch.“ Künftig wollen die Veranstalter auch Sommerwetter wohl auch lieber an den zert zusammengebracht würden, ergänzt einen B2B-Kongress einrichten, mit Konfe- Strand oder in den Park. Trotzdem machen durch eine Rahmenprogramm, zu dem auch renz, Symposium und Reden von wir im nächsten Jahr weiter, denn jedes neue noch Workshops im Beatboxen, DJing und diversen HipHop-Größen. | Gunnar Leue Produkt ist erstmal ein Investment. Die meis- BMX-Kunstradfahren gehörten. „Das gibt es ten Besucher fanden es wunderbar und die in der Form woanders nicht“, so Frank Bau- Konzerte, vor allem von Motrip, ziemlich mann. Teilweise waren eigens internationale

geil. Ich glaube, es ist eine tolle Geschichte für Teilnehmer eingeflogen worden, wie die Juro- Mehr Informationen: Berlin und den HipHop.“ ren fürs Dance Battle. Der Beweggrund für www.hiphopconvention.de

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07|16 event branche musikmarkt musikmarkt Panels, Preise, Palmen

Zum 50. Mal wurde am 3. Juni im südfranzösischen Cannes die internationale Musikmesse MIDEM eröffnet. Das Programm umfasste an vier Tagen diverse Workshops, Networking-Events, Keynotes und Panels sowie jede Menge Live-Musik.

| Zum 50. fand die MIDEM im südfranzösischen Cannes statt – zum zweiten Mal im Sommer unter strahlend blauem Himmel | Foto: Des Jardins / Image & Co.

Das Gedränge im Palais des Festivals hielt unabhängigen Unternehmen im weltweiten Einfluss auf die Musikindustrie der Vergan- sich in Grenzen, dafür traf sich die Branche bei Musikmarktin in den Fokus rücken. Die Indie- genheit, Gegenwart und Zukunft geehrt. Zu zahlreichen Meetings und Empfängen außer- Musikszene sei neben traditionellen Musik- den Preisträgern gehörten neben der MIDEM halb des Messegebäudes. Zu den interationa- unternehmen und jungen Start-ups bestens selbst auch Hit-Produzent Timbaland – des- len Teilnehmern, die am Eröffnungstag spra- fürs digitale Zeitalter gerüstet. Zum ersten sen Keynote im Rahmen des Konferenzpro- chen, zählten u.a. Daniel Glass (Glassnote) Mal sollen die weltweiten Anteile der Inde- gramms übrigens kurzfristig abgesagt wurde – und Agent Neil Warnock (United Talent pendent-Labels messbar gemacht werden. Die sowie BMG-Chef Hartwig Masuch. Live traten Agency). Marktanteile würden verzerrt, da viele Indies Far From Alaska auf. Die brasilianische Rock- Unter dem Titel „Bring Your Catalogue To mit Major-Musikunternehmen als Vertriebs- band wurde von der MIDEM-Community Germany“ diskutierten Dr. Florian Drücke partner zusammenarbeiteten. zum Gewinner des MIDEM Artist Accelerator (BVMI), Kurt Thielen (Zebralution), Michael Abends wurde bei der MIDEM-Opening- gewählt und erhielt hierfür den International Schuster (Cargo Records) und Benjamin Bai- Party im Hotel Carlton gefeiert. Nach der bra- MIDEM Coup de Coeur Award 2016. ler (Bailer Music) die Besonderheiten des silianischen Rockband Far From Alsaka sorg- deutschen Musikmarktes. ten u.a. auch die beiden Belgier von 2manydjs To be continued... Abends präsentierten Alison Wenham für gute Laune unter den Gästen. Zwischen dem 3. und 6. Juni kamen rund 4400 (Worldwide Independent Network WIN) und Am Abend des 4. Juni wurden erstmals die In- Fachbesucher von 600 Indie-Labels aus 85 Mark Mulligan (Midia Research) den ersten ternational MIDEM Awards im Rahmen eines Ländern zur 50. Ausgabe der weltweit größ- globalen Indie-Report. Der Bericht soll die Dinners verliehen. Mit der Auszeichnung wer- ten Musikmesse nach Cannes. Letztes Jahr wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung der den herausragende Persönlichkeiten für ihren war die Besucherzahl etwas höher, weil auch

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event 07|16 branche musikmarkt musikmarkt

die Öffentlichkeit zugelassen war. Dieses Mal waren lediglich Fachbesucher mit Akkredi- tierung eingeladen. 2016 waren zehn Länder mehr dabei. Besonders der chinesische sowie der nigerianische Stand waren sehr gut be- sucht. Die USA, Japan, Frankreich, England und Deutschland waren erneut mit den meis- ten Firmen in Cannes am Start. Die MIDEM wird auch 2017 fortgesetzt. Ob- wohl einige Besucher die Zukunft der Messe angesichts der Kompaktheit im Palais des Fes- tivals in Frage gestellt hatten, soll die inter- nationale Musikmesse auch kommendes Jahr stattfinden. Dies versicherte Jérome Delhaye, Director of Entertainment Division der ver- anstaltenden Reed MIDEM, auf der Ab- schluss-Pressekonferenz in Cannes. Nächstes Jahr soll die Messe wieder im Juni über die Bühne gehen. Ein Datum steht aller- dings noch nicht fest. Der genaue Termin für die MIDEM 2017 werde rechtzeitig bekannt- gegeben, versicherte Delhaye. Es seien noch einige Abstimmungen mit anderen Veran- staltern notwendig. | red | Networking-Events gab es viele – u.a. auch ein Treffen der Finalisten des MIDEM Artist Accelerators | Foto: Champeaux Image & Co.

| (im Uhrzeigersinn v.o.l.) Diskutierten den deutschen Markt (v.l.): Benjamin Bailer (Bailer Music), Florian Drücke (BVMI), Michael Schuster (Cargo Records) und Kurt Thielen (Zebralution); erstmals wurden im Rahmen eines Gala-Dinners die International MIDEM Awards verliehen – u.a. auch an die MIDEM-Macher selbst; bei der Eröffnung des deutschen Gemeinschaftsstands (v.l.) Prof. Dr. Rolf Budde (DMV-Präsident, Budde Music), Stefan Heck (CDU-Bundestagsmitglied) und Prof. Dieter Gorny (BVMI); Verschiedene Panel-Diskussionen lieferten Einblicke hinter die Kulissen der Branche: Warner/Chappell-Chef Jon Platt mit Singer/ Justin Tranter und Moderator | Fotos: mm, Des Jardins - Image & Co., zvg, Champeaux - Image & Co.

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| (im Uhrzeigersinn v.o.l.) : In der Innovation Factory wurden die Geschäftsmodelle der Zukunft diskutiert, u.a. auch über Virtual Reality; Malky reiste aus Deutschland nach Cannes und überzeugte das internationale Publikum mit einem Live-Set; Jens-Markus Wegener (l.) begrüßte beim Imagem-Empfang u.a. Rell Lafargue-Reservoire und die Schedler-Familie | Foto: mm, Champeaux - Image & Co., Imagem

Live-Biz gibt den Ton an „Go and see the support!“ midem 2016 midem midem 2016 midem

| Neil Warnock, Head of Music Worldwide bei UTA | Foto: Champeaux - Image & Co. | Daniel Miller im Gespräch mit „musikmarkt“-Volontärin Katja Albrecht | Foto: mm

Am 3. Juni sprach Neil Warnock, Head of Music Worldwide bei der United Am finalen MIDEM-Tag gab es u.a. ein Interview mit Daniel Miller, Gründer Talent Agency (UTA), in einer Keynote über Veränderungen und Heraus- & Chairman von Mute. Dieser gab Einblicke in die A&R-Arbeit eines Indies. forderungen für Agenten im globalisierten Musikgeschäft. Im Zuge der In- 1978 gründete Miller das Label in London, um unter dem Namen The Nor- ternationalisierung und dank neuer Möglichkeiten habe sich das Business mal seine Single „T.V.O.D./Warm Leatherette“ zu veröffentlichen. Zu den wesentlich verändert. Dieses sei heute von Live-Aktivitäten getrieben, Künstlern, mit denen Mute im Lauf der Jahre zusammengearbeitet hat, betonte er. In den Achtzigern wurde eine Tour abhängig vom Album ge- zählen New Order, Depeche Mode, , , und Gold- plant und stand und fiel mit den Entscheidungen des Labels. Wurde eine frapp. In der fast 40-jährigen Firmengeschichte habe sich im Bereich A&R Platte doch später veröffentlicht, habe man durchaus auch die Tournee eigentlich gar nicht so viel verändert. Bei den Wegen, neue Künstler zu verschieben müssen. Heute hingegen würden Releases v.a. nach Tourplä- entdecken, allerdings schon. Bei Miller geschieht dies v.a. durch Empfeh- nen eines Künstlers geplant. Problematisch sei, dass Labels nicht mehr lungen von Freunden oder eigenen Acts, aber auch das Durchforsten des so stark in junge Acts investieren würden. Für Bands, die ihre Konzerte Internets ist ein guter Weg. Daneben seien nach wie vor Live-Auftritte selbst organisieren, sei der Verkauf von Merchandise z.B. hilfreich bei der sehr wichtig. Millers Tipp lautet: „Don’t just go and see the main band. Go Finanzierung. Beim Thema Secondary Ticketing gebe es beschämende Zu- and see the support!“ Daniel Miller entdeckte z.B. Depeche Mode, als stände, stellte Warnock klar. Dieser Bereich müsse transparenter werden. diese Support für Fad Gadget waren. Außerdem betonte er, dass A&R Weiterhin sollten noch mehr Möglichkeiten gefunden werden, um den Wei- nicht nur das Aufspüren neuer Künstler bedeute, sondern es sei „as much terkauf von Tickets zu übertriebenen Preisen zu verhindern. | ka about creating the music as finding it“. | ka

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event 07|16 branche musikmarkt musikmarkt

Hinter den Kulissen von Pandora Mit Pandora präsentierte sich bei der MIDEM ein Streaming-Dienst, der in den USA, Australien und Neuseeland mit 80 Millionen monatlichen Nutzern markt- führend ist. COO Sara Clemens erklärte zunächst das Innenleben Pandoras:

midem 2016 midem Musikanalysten kategorisieren alle Songs nach 450 Kriterien, wodurch z.B. ein ruhiger Rock-Song nicht nur mit anderen Rock-Songs verknüpft wird, son- dern auch mit einem ruhigen Jazz-Stück. 80 Prozent der Künstler, die dort gestreamt werden, erhalten im US-amerikanischen UKW-Radio kein Airplay, finden so also eine neue Plattform über die je nach Nutzerverhalten persona- lisierte automatische Wiedergabe. Anschließend präsentierte Sara Clemens eine Menge Zahlen, Statistiken und Best Practices. Interessant dabei auch der Vergleich mit Facebook, Twitter und Co.: Rapstar Drake verzeichnet auf Pandora 57 Millionen Radiostationen, die Fans mit seiner Musik erstellt haben – eine deutlich größere Zahl als all seine Facebook-Fans, Twitter-Follower etc. zusammen. | Sara Clemens lieferte einen kompetenten Vortrag | Foto: Katja Albrecht / Musikmarkt

Bei seinem Keynote-Interview am selben Tag formulierte Tim Westergren, Pandora-Gründer und -CEO, die Maxime seines Unternehmens so: "Jeder Künstler hat eine potenzielle Fanbase, wir müssen sie nur finden." Dabei kamen auch Pandoras Pläne zur Sprache, in den On-Demand-Sektor vorzusto- ßen. Westergren stellte diesen Schritt noch für 2016 in Aussicht. Auf die Frage von Moderator Daniel Glass, welcher Konkurrent Tim Westergren nachts um den Schlaf bringe, verteilte jener einen Seitenhieb in Richtung Spotify: Er kritisierte Piraterie-Anbieter und könne aber auch Leute nicht verstehen, die kostenlosen Musikkonsum propagieren – Spotify Freemium lässt grüßen. Ein weiterer Schritt zur direkten Konkurrenz mit Spotify wäre Pandoras Ausdeh- nung in andere Länder. Denn aufgrund lizenzrechtlicher Schwierigkeiten ist Pandora bislang z.B. in Europa nicht verfügbar. Dies könnte sich laut Wester- gren jedoch in Kürze ebenfalls ändern. | ap | Tim Westergren (Mi.) im Gespräch mit Daniel Glass und Flo Morrissey | Foto: MIDEM

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DIE PORSCHE-ARENA FEIERT GEBURTSTAG 2006—2016 18_19_mexcon_2016_Z.qxd 05.07.16 17:05 Seite 18

07|16 event branche musikmarkt musikmarkt Viele Fragen, viele Antworten

Die Konferenz MEXCON – Meeting Experts Conference, veranstaltet vom Europäischen Verband der Veranstaltungs-Centren e.V. (EVVC) und vom GCB German Convention Bureau e.V., fand vom 6. bis 7. Juni 2016 in Berlin statt. Im Fokus standen künftige Herausforderungen für Venues.

| Bei der MEXCON im Mercure Hotel in Berlin; Christopher Rörig (Bevenue), Michael Thenner (blaueQuelle Kommunikationsgesellschaft) und Rechtsanwalt Volker Löhr (Kanzlei Löhr) disku- tierten über die richtige Nutzung von Venues | Fotos: GCB, Gunnar Leue

Störerhaftung eine klare Stellungnahme zum vorläufigen fällt weg Gesetzesentwurf abgegeben hatte. Der EVVC An dem Erfahrungs- forderte die vollkommene Abschaffung der austausch darüber Störerhaftung für Anbieter öffentlicher beteiligten sich rund WLAN-Zugänge. „Nur wenn generell ver- 400 Fachteilnehmer, hindert wird, dass WLAN-Anbieter für darunter etlichen Ex- rechtswidrige Handlungen eines Nutzers perten aus Deutsch- haftbar gemacht werden, wird das Ziel einer land, Österreich und verstärkten Ausdehnung des Angebotes der Schweiz. Zu den drahtloser Internetzugänge erreicht werden Referenten gehörten können“, so Präsident Joachim König, dessen Im Mittelpunkt des Kongresses, unter u.a. Netzwelt-Experte, Autor und Strategie- Verband 338 Mitglieder zählt und 750 Locati- Schirmherrschaft des Bundesministeriums berater Sascha Lobo, Event-Experte Dr. Tors- ons vertritt. „Wir gehen jetzt nicht mehr als für Wirtschaft und Energie, stand der Erfah- ten Knoll, Jacques Richter, Architekt vom Häuser in Haftung. Das heißt, jetzt können rungsaustausch zwischen den Teilnehmern, Swiss Tech Convention Center Lausanne, und wir loslegen. Das müssen wir natürlich auch die Wissensvermittlung relevanter Fachinfor- Professor Wolfgang Henseler, Experte für di- tun und uns auch neue Geschäftsmodelle ein- mationen sowie konstruktive Diskussionen gitale Medien und intermediales Design. Die fallen lassen.“ über Handlungsfelder, Strategien und Maß- Referenten boten an den beiden Veranstal- nahmen hinsichtlich zukünftiger Entwick- tungstagen Ideen und Anregungen zu The- Energetische Sanierung von Venues lungschancen der Branche zum Thema „Zu- men wie Meeting-Architektur und Event- Auch die energetische Sanierung von Stadt- kunft gestalten“. Schließlich stellen sich den Technologie, aber auch Ausblicke auf mo- hallen und Kongresszentren beschäftigte den Fach- und Führungskräften der deutschen derne Veranstaltungsformate und -didaktik EVVC. Auf Basis einer Mitgliederbefragung Veranstaltungswirtschaft jede Menge Fragen: sowie auf Menschen und Märkte. ermittelte eine Hochschule Einsparpoten- Wie macht sich die zunehmende Digitalisie- Eine der für die Veranstaltungshallen-Betrei- ziale, die durch die energetische Sanierung rung bemerkbar? Was sind die vernetzten ber wohl angenehmsten Nachrichten hatte öffentlicher Gebäude zu erzielen wären. Technologien von morgen, die bereits die Pla- auf der Jahreshauptversammlung des EVVC Diese Erkenntnisse bilden nun die Grundlage nungen von heute beeinflussen? Welche zu- dessen Präsident Joachim König verkündet. für die Erarbeitung von möglichen Förder- künftigen Eventformate wird es geben – real, Die Lobbyarbeit gegen die sogenannte programmen, die den Häusern für die ener- virtuell oder kombiniert? Wirken sich diese WLAN-Störerhaftung sei – im Verbund mit getische Sanierung unmittelbar zugutekom- Entwicklungen auf die Gestaltung von Event- anderen – erfolgreich gewesen. Die bevorste- men könnten. „Wir haben eine Studie in Auf- Locations aus? Und wo liegen eigentlich die hende Gesetzesänderung stärke die Meinung trag gegeben, um bei den Politikern in Berlin Märkte und Zielgruppen der Zukunft? des EVVC, der mit seinem Hauptstadtbüro mit Zahlen vorstellig zu werden und erfolg-

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reich Lobbyarbeit machen zu können“, sagte Vorausschauendes Denken sei gefragt und Qualität geht vor Joachim König. „Es ist ein mühsamer Wettbe- das in jeder Hinsicht, oder wie Rechtsanwalt Ein anderer, wesentlicher Punkt, der bei der werb mit anderen Verbänden, die an die glei- Volker Löhr von der Kanzlei Löhr, sagte: „Sie Sanierung von Hallen zu beachten sei, ist der chen Töpfe wollen.“ müssen die betrieblichen Auswirkungen ihrer Bereich Gastronomie und Catering, meint Mi- Das Thema Sanierung spielte auch in diver- baulichen Planung bedenken!“ Was man in chael Thenner. „Gutes Catering macht oft den sen Gesprächen und Foren bei den Kongress- der Planungsphase falsch mache, würde am Erfolg einer Veranstaltung aus! Deshalb gilt teilnehmern eine große Rolle. Dass „Sanie- Ende unter Umständen sehr teuer werden. bei aller Einsparnotwendigkeit: Qualität geht rung oder Neubau von Veranstaltungshäu- Deshalb könne es nur nützlich sein, vor einer vor, denn die besorgt Ihnen neue Kunden!“ sern“ eines der drängendsten Themen über- Sanierung auch hinter die Wände zu gucken, Zudem sei es vorteilhaft, die Umsätze der Ca- haupt ist, merkte man schon am Andrang wie es dort beispielsweise mit den Leitungen terer zu kennen, „Ansonsten sind Sie in einer zum gleichlautenden Forum. Rund einhun- aussehe. Das Wichtigste sei jedoch: „Man schlechten Verhandlungsposition bei der Aus- dert Teilnehmer kamen, um sich von drei Ex- muss vorher alle Beteiligten ins Boot holen, stattung der Küche.“ Küchenplanern würde perten „Ansätze und Vorgehensweisen aus Feuerwehr, Behörden etc. Ansonsten gibt es oft die Erfahrung mit Venues fehlen. Dabei sei der Praxis“ erläutern zu lassen. Referent Mi- hinterher oft enorme Probleme, weil manche es wichtig, dass man schon bei der Vergabe chael Thenner von blaueQuelle Kommunika- Dinge auf einmal nicht realisierbar sind. Im des Auftrags schaue, ob der Caterer wirklich tionsgesellschaft wies darauf hin, dass sie schlimmsten Fall droht sogar ein Baustopp!“ alles brauche, was er sich wünsche und ob er eine Vielzahl von Wettbewerbern hätten. 7034 sich nicht eventuell an Investitionen beteiligen Locations mit mindestens 100 Sitzplätzen Das heiße Thema Brandschutz könne. Oft würde immer noch nach Schönheit gebe es in Deutschland. „Und das Thema Sa- Auch das Thema Bestandsschutz sei nicht so gebaut und nicht nach Funktionalität. Was je- nierung geht durch das ganze Land, viele simpel, denn bei jedem neuen Bauantrag der grundsätzlich als wichtig erachte, viele Stadthallen sind jetzt dran, weil die Bausub- drohe der Verlust des Bestandschutzes. Zu- aber trotzdem nicht beachten würden: die stanz es nötig macht. Da reicht keine Pinselsa- dem sei durch einen neuen Bauantrag auch Kommunikation mit der Politik und den nierung.“ Und angesichts vieler gesetzlicher immer der aktuelle technische Standard ge- Geldgebern. „Dann haben alle das Gefühl, Auflagen werde das teuer, wobei die oft kom- fragt, was zu einer Kostenexplosion führen ihre Interessen verwirklicht zu haben und es munalen Betreiber wiederum mit den Hallen könne. „Darüber machen sich vorher viele gibt geringeren Gegenwind von Bürgern und möglichst wenig Defizit machen wollten, keine Gedanken“, meinte Anwalt Löhr. So Politikern“, so Thenner, der empfiehlt, für die sprich eine wirtschaftlich vertretbare Sanie- würden überall potenzielle Kostenfallen lau- Planung zwei bis fünf Prozent der Gesamtsa- rung anstrebten. ern: Beim Brandschutz beispielsweise und nierungssumme zu veranschlagen. selbst bei der Bestuhlung. Sich vorher Gedan- Spielstätten richtig nutzen ken zu machen, sei wichtig, weil es Vorschrif- Erhöhung der Mitgliederbeiträge Christopher Rörig, Geschäftsführer der Be- ten zu Bestuhlungsabständen gibt und es Apropos Kosten. Auf die EVVC-Mitglieder venue GmbH und erfahrener Berater für auch Rollatoren- und Rollstuhlnutzer einge- kommt „angesichts der Zukunftsaufgaben ab Veranstaltungsstätten, wies auf die grundle- plant werden müssten. Wer letzteres vernach- 2018“, wie Präsident König sagte, eine Erhö- gende und simple Tatsache hin, dass die lässige, habe auch nicht im Blick, dass die de- hung der Mitgliederbeiträge von rund 40 Pro- Nutzung einer Location – Welche Saisonali- mografische Entwicklung der Gesellschaft zent zu. Es wird Satzungsänderungen und eine täten und Veranstaltungsarten? – der ent- auch im Veranstaltungswesen seine Folgen Professionalisierung der Geschäftsstelle durch scheidende Faktor für ihre Beschaffenheit haben werde. Ältere Menschen, die sich im mehr Hauptamtliche geben. Bei der Beitragser- und ihren Betrieb sei. „Erst dann kann man Rollator fortbewegen, wollen ja auch weiter- höhung soll Rücksicht auf die Größenordnung die technische Infrastruktur und das Team hin Konzerte oder andere Events besuchen. der Häuser genommen werden. | Gunnar Leue zum Betrieb und zur Vermarktung ausrich- ten“, sagte er. Dazu sei eine Analyse der Ver- anstaltungsstätte nötig – nicht wenige hätten schließlich auch eine Art Kulturauftrag von Constanze Weber löst Martina Fritz als Geschäftsstellenleiterin ab der Kommune. Unabdingbar sei auch eine Im Zuge der MEXCON verkündete EVVC-Präsident Joa- Analyse des Standorts und Marktumfeldes. chim König einen Wechsel bei der Geschäftsstelle. Was sei sonst noch in der Stadt los, wie stehe Zum 30. Juni verlässt die bisherige Leiterin Martina

es mit dem Tourismus? Berücksichtigt wer- hintergrund Fritz den Verband, um sich neuen beruflichen Heraus- den müsse auf jeden Fall der Wettbewerb forderungen zu stellen. An ihre Stelle rückt ab dem 1. mit anderen Veranstaltungshäusern in der Juli Constanze Weber. Nähe. Dazu könne man Studien des EVVC nutzen, sich aber natürlich auch einfach im Martina Fritz stand seit dem 1. April 2003 an der | v.l. Martina Fritz und Constanze Weber Spitze der Geschäftsstelle unter den Präsidenten Internet informieren oder Referenzangaben August Moderer und Joachim König sowie einer Viel- anderer Häuser anschauen. Christopher Rö- zahl an Vorstandsmitgliedern. In dieser Zeit wechselte zudem der Standort der EVVC-Geschäftsstelle rig empfiehlt außerdem eine Kundenbefra- von Kelsterbach über Bad Homburg nach Frankfurt. gung, persönlich oder auch über eine Web- seite, denn eines gelte ganz klar: „Es gibt 2009 stieß Constanze Weber zum EVVC. Zuletzt war sie die Stellvertreterin von Martina Fritz und ist keine Generallösung für alle Häuser, die Er- somit mit allen Abläufen im Verband bestens vertraut. Zum Personalwechsel sagte Joachim König: fordernisse und Potenziale eines Veranstal- „Die letzten 13 Jahre waren für den EVVC sehr gute Jahre, in denen wir viel bewegt und gute Erfolge erzielt haben – dazu hat Frau Fritz einen großen Anteil geleistet. Für ihr großes Engagement, ihre tungshauses sind sehr unterschiedlich.“ Kreativität und ihre Bereitschaft, Dinge beim Namen zu nennen und dafür auch die Verantwortung zu Noch dazu geprägt möglicherweise vom übernehmen, danke ich ihr im Namen des gesamten Vorstands und der Mitglieder sehr herzlich.“ | id Denkmalschutz.

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07|16 festivals branche musikmarkt musikmarkt Zwischen Unwetter und Shitstorm

Bereits 2015 forderten Wetterkapriolen von Festivalveranstaltern und Fans einen hohen Preis. Spä- testens aber seit in diesem Jahr mit „Rock am Ring“, „Southside“ und „Hurricane“ gleich drei der größten Festivals in Deutschland wetterbedingt schwer in Mitleidenschaft gezogen wurden, dürfte klar sein, dass sich diese Ereignisse in Zukunft auf die Festivallandschaft auswirken werden. Foto: fotolia.com/©neofile Foto:

Als Ende Juli 2015 das Sturmtief Željko end- hinsichtlich eines Anspruchs auf Rückerstat- Deutlich zeitnäher am Veranstaltungstermin lich abgeklungen war, hinterließ es von Öster- tung vertritt. reagierte „Southside“- und „Hurricane“-Ver- reich, über Deutschland bis hin zu den Nie- Die Macher der „RaR2016-refund Team“- anstalter FKP Scorpio, der bereits am 27. Juni derlanden eine Schneise der Verwüstung. Gruppe, die anonym bleiben wollten, räum- auf der Facebook-Seite zum Festival die Besu- Zahlreiche Open-Air-Veranstaltungen von ten ein, für ihre Initiative angefeindet worden cher aufforderte, ihre Ticketnummer an ser- den „Bregenzer Festspielen“ über das „Juicy zu sein. „Zu Beginn wurde unser Vorhaben [email protected] zu schicken, selbst Beats“ in bis zum „Zwarte Cross- sehr kritisch gesehen und wir sahen uns teils dann, wenn sie keine Originalkarte mehr ha- Festival“ in den Niederlanden waren betrof- erheblicher Kritik ausgesetzt. Diese beruhte ben. Demnächst sollen sie darüber informiert fen. Željko verursachte Absagen sowie Unter- maßgeblich auf dem Vorwurf, man wolle sich werden, wie eine Kompensation erfolgen soll. brechungen und dementsprechend hohe Kos- im Grunde an ,Likes’ oder als ,Anwälte’ berei- ten. Auch wurde „Rock am Ring“ im Vorjahr chern. Außerdem wurde vielfach darauf ver- Ohne Leistung kein Geld ebenfalls schon einmal von einem schweren wiesen, dass den Veranstalter keine Schuld Dass ein Anspruch auf Erstattung besteht, Unwetter stark beeinträchtigt. am Abbruch treffe und man ihn deshalb nicht steht für Anwalt Tryba außer Frage: „Im deut- noch in Anspruch nehmen solle. Mitunter schen Zivilrecht gibt es einen Rechtsgrund- Heftige Pro und Kontras wurde auch behauptet, eine Rückerstattung satz: ,Ohne Leistung kein Geld’. Die Absage Die extremen Wetterereignisse, die nun die- bedeute das Ende für ,Rock am Ring’.“ Der des Festivals (,Rock am Ring’) hat dazu ge- ses Jahr „Rock am Ring“ (RaR), „Southside“ Gruppe gehörten kurzfristig bis zu 1300 Mit- führt, dass nicht alle angekündigten Musik- sowie „Hurricane“ zum Verhängnis wurden, glieder an. gruppen aufgetreten sind. Die Fans haben da- führten aufgrund der zahlreichen Verletzten – her einen Anspruch auf Teilrückerstattung zum Glück ohne Todesopfer – zu einer größe- Originalticket für Rückerstattung des Ticketpreises bis zu 50 Prozent.“ ren Aufmerksamkeit seitens der Öffentlich- unbedingt erforderlich Nach Bekanntmachung des Erstattungsange- keit. Unmittelbar nach den Veranstaltungen Kritik, aber auch Verständnis findet sich eben- bots für „Rock am Ring“-Besucher teilte kam in den Medien und den Social-Media- falls reichlich anlässlich der Veröffentlichung Tryba mit: „Der Konzertveranstalter bleibt Kanälen die Frage nach einer Rückerstattung auf der offiziellen Facebook-Seite von „Rock damit zwar hinter der geforderten, nämlich von Eintrittsgeldern auf. Die user-generierte am Ring“ zu den Modalitäten der Rückerstat- hälftigen Erstattung des Ticketpreises zurück, Nachberichterstattung entwickelte sich vor tung in Höhe von 40 Prozent des Kartenprei- legt aber einen diskutablen Einigungsvor- allem auf Facebook für „Rock am Ring“, ses für die Veranstaltung. Veröffentlicht am 30. schlag auf den Tisch.“ freundlich ausgedrückt, zu einem kontrover- Juni, generierte die Meldung bis Redaktions- Was die Aussicht auf künftige Festivals be- sen Diskurs. schluss mehr als 8800 Kommentare. Ein Groß- trifft, so dürften alle Veranstalter von Open- Noch bevor den Besuchern von „Rock am teil fällt dabei überwiegend kritisch aus. An- Air-Konzerten gleichermaßen davon betrof- Ring“ eine Teilerstattung ihrer Eintrittsgelder lass hierfür ist der Satz: „Beachten Sie bitte, fen sein, dass künftig zahlreiche Besucher in Aussicht gestellt wurde, kontaktierte „mu- dass die Vorlage der Originaltickets für die ihre Karten nicht mehr frühzeitig, sondern sikmarkt“ die Initiatoren der geschlossenen Rückerstattung unbedingt erforderlich ist.“ eher kurzfristig – entsprechend der Wetter- Facebook-Gruppe „RaR2016-refund Team“ Oft genug, so ist zu lesen, seien die Tickets an- vorhersagen – kaufen werden. Von den spä- sowie den Rechtsanwalt Andreas Tryba von gesichts des heftigen Regens schwer in Mitlei- testens nach diesem Sommer gestiegenen der Kanzlei Dittmann & Hartmann, der nach denschaft gezogen worden und von vielen Be- Preisen für einen umfassenden Versiche- eigenen Angaben mehr als 20 Mandanten suchern anschließend entsorgt worden. rungsschutz ganz zu schweigen. | Manfred Tari

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ticketing 07|16 branche musikmarkt musikmarkt The Next Big Thing

Zum Selbstausdruck, auf dem Smartphone oder als edle Fan-Variante auf glänzendem Papier. Konzerttickets kaufen Kunden auf verschiedene Wege. Wie diese in Zukunft aussehen könnten, erklärt Ticketing-Experte Hanns-Wolfgang Trippe.

dien wie ein Schritt in Richtung Kunde aus- den Nominalwert eines Tickets zu zahlen, sieht, bleibt allerdings immer noch ein Anlo- werden Promoter auch diesen Umsatz mit- cken und Ködern. Denn weiterhin wird um nehmen wollen. Um einen Missbrauch zu den potenziellen Kartenkäufer und seinen vermeiden, ist in erster Linie der mündige Klick auf die eigene Buchungsplattform ge- Kunde gefordert. Print-At-Home-Tickets in buhlt. Der jeweiligen Mediapower kommt der Auktion oder Leerverkäufe, bei denen der dabei große Bedeutung zu, wie der DEAG- Verkäufer die Ware erst nach Abschluss der Ableger MyTicket zeigt. Aktion beschafft, gehören in die Welt der Zocker. Modelle immer noch „old school“ Im Grunde ist das Geschäftsmodel der Ticke- Plattform für Ticketing-Experten tingbranche heute zwar digitalisiert aber im- Insgesamt wird im Ticketing auch das Thema mer noch „old school“. Denn es basiert da- Sicherheit eine wachsende Rolle spielen. Zu rauf, dass der Kunde in den Shop kommt und diesem und weiteren Branchenthemen wird dort kauft. Doch das Internet und die digitale das T:B Expertenforum Ticketm@nagement Welt haben sich längst weiterentwickelt. 2016 am 6. und 7. Oktober in der Max-Schme- Share-Economy ist eines der neuen Schlag- ling-Halle in Berlin Antworten liefern. Erwar- wörter. Der Secondary-Ticketing-Markt lässt tet werden etwa 100 Ticketing-Experten und | Ticketing-Experte Hanns-Wolfgang Trippe | Foto: zvg sich in diese Nähe rücken. Doch das nächste zahlreiche Fachaussteller aus dem gesamten wirklich große Ding im Ticketing wird eine deutschsprachigen Raum. Presenting-Partner Ticketing ist heute online und mobil. Damit offene Plattform mit Schnittstellenoptionen des diesjährigen T:B Expertenforums ist Ti- hat es sich in den letzten zwei Jahren stark aus zu sämtlichen Buchungsportalen sein. Sei es cketmaster. Neben hochkarätigen Referenten der Vorverkaufsstelle, insbesondere in den Entertainment, Sport, Touristik oder Einzel- wird ein praxisorientiertes Workshop-Pro- mobilen Vertriebskanal, verlagert. Das Motiv, handel. Eine Plattform, die eine Integration in gramm die aktuellen Fragen rund um Trends stets näher an den Kunden heranzukommen, andere Shops genauso ermöglicht wie in im Ticketing, Ticketing und Sicherheit, Zu- scheint inzwischen maximal umgesetzt zu Tankstellenkassen, so dass der Kunde überall trittsmanagement, Mobile und Online-Ticke- sein. Und das gilt nicht isoliert für die Ziel- alle Tickets erhalten kann. Egal von welchem ting, White-Label- und Web-Shops, M-Pay- gruppe der Nerds, sondern kann auch bei den Anbieter. Die technischen Voraussetzungen ment, CRM und Business Intelligence sowie Klassik-Kunden registriert werden. Doch der sind dazu bereits gegeben, was fehlt sind Datenschutz und vieles mehr beantworten. Weg dahin war und ist mühsam. Denn immer marktgerechte Abrechnungs- und Geschäfts- Am zweiten Kongresstag haben die Teilneh- noch müssen Ticketinganbieter große Sum- modelle. mer die Gelegenheit, hinter die Kulissen nam- men in Marketingaufwendungen und Mar- hafter Berliner Locations zu schauen. Ein wei- kenaufbau stecken, um in die Köpfe der Fans Sekundärmarkt mit Potenzial teres Highlight ist der traditionelle Ausstel- zu gelangen und dort zu bleiben – also um die Bis dahin wird der deutsche und zunehmend lerabend. | Hanns-Wolfgang Trippe Ticketkäufer auf die richtigen Websiten zu lo- auch der europäische Markt von Eventim cken und zu lenken. Zwar ist beispielsweise dominiert. Auch das untere Preissegment ist das Online-Portal von Eventim quasi das im Visier des Ticketing-Riesen, der mit Google der Konzertgänger. Allerdings muss Eventim.Light in den von amiando 2006 be- Eventim dafür immense Summen im hohen gründeten Self-Service-Ticketing-Markt ein- sechsstelligen Bereich in SEO, SEM und gestiegen ist. Gegenüber seinen Marktbeglei- Google AdWords investieren. tern wirft Eventim seine Reichweite in die Waagschale: Der Light-Content ist zusätzlich im überblick im Kein Schritt Richtung Kunde im gesamten Vertriebsnetz verfügbar. Musik-Bands die bereits eine eigene Fange- Zunehmendes Potenzial entwickelt zudem Datum meinde haben, können darauf verzichten und der Sekundärmarkt in Deutschland. Für Ver- 6.-7. Oktober durch die bereits aufgebaute Sympathie per anstalter steckt darin die Chance der Erlösop- Ort Direct-To-Fan-Ticketing und auf der Basis timierung. Auf diese Weise halten Yield-Ma- Max-Schmeling-Halle Berlin von White-Label-Shops ihre Marktposition in nagement oder dynamische Preisgestaltung Anmeldung ihrer Community nutzen. Was durch Präsenz über eine Hintertür Einzug ins Ticketing. www.trippe-beratung.de in den heute allgegenwärtigen digitalen Me- Denn solange Kunden bereit sind, mehr als

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07|16 veranstalter branche musikmarkt musikmarkt Ein juristisches Trauerspiel

Die „Loveparade“, das Desaster von Duisburg mit 21 Todesopfern und über 500 Verletzten, gerät nach sechs Jahren immer mehr zu einer „never ending story“. Die bislang schwerste Katastrophe in der Geschichte europäischer Musikveranstaltungen ereignete sich im Juli 2010 und liefert bis heute immer wieder Anlass für Schlagzeilen und öffentliches Unverständnis.

Als Anfang April dieses Jahres das Landge- erfolgen solle. „Sie haben einen Anspruch achten mehr, um zu sehen, dass hier ein gra- richt Duisburg bekanntgab, keinen Prozess darauf – auch im Andenken an ihre Toten –, vierendes Organisationsverschulden vor- zur gerichtlichen Klärung der Vorkomm- dass die Sache jetzt nicht zu den Akten ge- liegt. Und dafür muss es ja schließlich Ver- nisse im Zusammenhang mit der „Lovepa- legt wird“, meint Reiter. antwortliche geben, denn die Besucher ha- rade“ zu eröffnen, war dies nicht nur für die ben sich diesen Weg ja nicht selbst ausge- Hinterbliebenen der verstorbenen Besu- Anleitungsfehler der sucht.“ chern der Veranstaltung eine mehr als un- Staatsanwaltschaft Es wird voraussichtlich noch Monate dauern verständliche Entscheidung. Aufgrund der In seiner Begründung gegen die Eröffnung bis das Oberlandesgericht Düsseldorf be- Dimensionen dieses Unglücks besteht auch eines Verfahrens führt das Landgericht Duis- kannt gibt, ob es überhaupt zu einem Verfah- seitens der breiten Öffentlichkeit nach wie burg unter anderem an, dass das Gutachten ren kommen wird. Sollte auch dieses Gericht vor ein großes Interesse an der Aufklärung des britischen Experten Prof. Dr. Still „an eine Klage ablehnen, sei eine gerichtliche dieses Unglücks. schwerwiegenden methodischen und inhalt- Klärung nicht mehr möglich, da das OLG lichen Mängeln“ leide. Nach Auffassung des Düsseldorf die letzte Instanz für ein solches Petition eher ein Gerichts haben diese zur Folge, dass die Verfahren sei. Die Stiftung Duisburg symbolischer Charakter grundsätzlichen Fragen zu den Ursachen 24.7.2010, die sich vornehmlich um Angehö- Wie groß dieses Interesse ist, belegen die des „Loveparade“-Unglücks nicht beant- rige und Opfer der „Loveparade“ kümmert Zahlen der Unterzeichner einer Online-Peti- wortet werden können. hat für diesen Fall laut Medienberichten be- tion auf Change.org. Gabi Müller, eine Mut- Reiter betont dagegen, Prof. Still sei ein re- reits Kontakt zur Landesregierung NRW ter, die ihren einzigen Sohn bei dieser Kata- nommierter international anerkannter Sach- aufgenommen, damit dann zumindest eine strophe verlor, initiierte diese unmittelbar verständiger. „Die Kritik der Duisburger Untersuchungskommission zur Klärung nach Bekanntgabe der Gerichtsentschei- Richter erscheint mir nicht ganz frei von des Unglücks eingesetzt wird. dung. Kurz vor Redaktionsschluss dieser Hochmut“, sagt Reiter und ergänzt: „Die Im Juni verkündete nun die Staatsanwalt- Ausgabe hatten 339.000 Menschen ihre Peti- Staatsanwaltschaft und die Generalstaatsan- schaft Duisburg, dass sie beabsichtige, ein tion unterzeichnet. Darin appelliert sie an waltschaft haben das Gutachten als aussage- weiteres Gutachten einzuholen. Demnach das Oberlandesgericht Düsseldorf, doch kräftig genug angesehen, um darauf eine seien Gespräche mit möglichen Gutachtern noch ein Strafverfahren gegen die Verant- Anklage zu stützen. Wenn die Methodik von bereits abgeschlossen und die Verfahrensbe- wortlichen der „Loveparade“ zu eröffnen. Prof. Still falsch gewählt wurde, handelt es teiligten aufgefordert, eine Stellungnahme „musikmarkt“ sprach mit Prof. Dr. Julius sich um einen Anleitungsfehler der Staatsan- hinsichtlich der Auswahl eines neuen Gut- Reiter von der Rechtsanwaltkanzlei Baum, waltschaft und der Richter. Sie hätten dann achters abzugeben. Reiter & Collegen, die neben Gabi Müller dem Experten erklären müssen, worauf es mehr als hundert weitere Mandanten im Zu- ankommt. Wenn die Richter das Gutachten Ursache für Massenpanik nach 27 sammenhang mit der „Loveparade“ juris- nicht überzeugt, warum haben sie dann Jahren geklärt tisch vertritt. Ob eine offizielle Petition auf nicht ein Zweitgutachten eines anderen Dass die Aufklärung einer Katastrophe lang- der Webseite des Landtags von Nordrhein Sachverständigen eingeholt?“ wierig sein kann, zeigt das Ergebnis einer Westfalen nicht wirkungsvoller sei, als der Kommission, die die Ursachen der „Hillsbo- auf Change.org, antworte Reiter: „Nein, eine Gravierendes rough“-Katastrophe in Großbritannien un- Petition ans Parlament hätte ohnehin wegen Organisationsverschulden tersuchte. Nach 27 Jahren verkündete sie, der Gewaltenteilung und der Unabhängig- Die Rechtsanwaltskanzlei hat ebenso wie die dass bei einer Massenpanik im April 1989 keit der Justiz keine Aussicht auf Erfolg. Staatsanwaltschaft Duisburg formell eine im Fußball-Stadium von Sheffield, bei der 96 Auch hat die Petition von Gabi Müller mehr Beschwerde gegen die Entscheidung des Menschen ums Leben kamen, das Fehlver- symbolischen Charakter. Sie möchte gegen- Landgericht Duisburg beim Oberlandesge- halten der Polizei ausschlaggebend für die- über der Justiz zum Ausdruck bringen, dass richt Düsseldorf eingereicht, mit der Forde- ses Unglück gewesen sei. die Entscheidung des Landgerichts nicht rung, dass dieses Gericht als nächsthöhere Auch wenn beide Ereignisse nicht zu ver- nachvollziehbar ist.“ Instanz nun doch ein Strafverfahren für die gleichen sind, so ist es doch bemerkenswert, Die Nichtzulassung der Anklage sei nach gerichtlichen Aufarbeitung der „Lovepa- dass die zuständige britische Anklagebe- rund sechs Jahren Ermittlungen ein Justiz- rade“ einleiten soll. Die Frage nach dem ,Wa- hörde aktuell darüber befindet, ob sie nach skandal, kritisierte Reiter weiterhin. Den Be- rum’ begründet Reiter: „Wer sich die Luft- all den Jahren nun 2016 eine Klage gegen die troffenen fehle jegliches Verständnis dafür, aufnahme des Duisburger Trichters mit den damals verantwortlichen Einsatzkräfte erhe- dass eine strafrechtliche Klärung nun nicht Menschenmassen ansieht, braucht kein Gut- ben wird. | Manfred Tari

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event 07|16 branche musikmarkt musikmarkt VDKD-Musikpreis geht an Alexej Gerassimez

Der 30-jährirge Percussionist Alexej Gerassimez erhält den mit 10 000 Euro dotierten Musikpreis, vergeben vom Verband der Deutschen Konzertdirektionen (VDKD) und Mitsponsor „musik- markt“. Die Verleihung findet am 12. September im Rahmen der 6. und 7. Oktober 2016 Feierlichkeiten zum 70. Verbandsjubiläum in Berlin statt. Max-Schmeling-Halle Berlin

Fachkongress mit Vorträgen, Praxisbeispielen, Workshops, Anbietermesse, Ausstellerabend und Blick hinter die Kulissen ausgewählter Veranstaltungsstätten

| Der zwölfte Preisträger des VDKD-Musikpreises: Percussionist Alexej Gerassimez | Foto: wildundleise.de Themen u. a. U Trends im Ticketing In diesem Jahr steht wieder einmal die Klas- grammen, als Kammermusiker und mit seiner Ticketing & Sicherheit sik im Mittelpunkt des VDKD-Musikpreises. eigenen Percussion Group präsentiert er dem U Die Auszeichnung wird jährlich wechselnd Publikum die gesamte Bandbreite des Instru- U Mobile & Online-Ticketing an förderungswürdige junge Musiker oder mentariums und sorgt für ein unmittelbares U White-Label- & Web-Shops Ensembles beziehungsweise Bands aus den und eindrucksvolles Hörerlebnis.“ U M-Payment Bereichen der E-Musik oder U-Musik verge- Zutrittsmanagement ben. Die Voraussetzung: Die Künstler müssen Musiker, Komponist und Dozent U zur Entwicklung eines innovativen, hochwer- Gerassimez, der bereits mit sieben Jahren mit U CRM & Business Intelligence tigen und vielfältigen Musiklebens in dem Schlagzeugspielen anfing, absolvierte U Optimierte Vertriebsorganisation Deutschland beitragen. Ins Rennen gingen sein Studium bei Christian Roderburg und U Datenschutz dieses Mal zahlreiche Ensembles und Solisten Stefan Hüge an der Hochschule für Musik in aus den verschiedensten Bereichen der klassi- Köln, an der Hochschule für Musik Hanns schen Musik, die die Mitglieder des VDKD Eisler und bei Peter Sadlo an der Hochschule Begrenzte Teilnehmerzahl! eingereicht hatten. Die Jury entschied sich für Musik und Theater in München. Inzwi- schließlich für den gebürtigen Essener Alexej schen ist der 30-Jährige selbst als Gastdozent www.Trippe-Beratung.de Gerassimez. am Birmingham Conservatoire tätig. Zudem [email protected] kann er auf zahlreiche Wettbewerbserfolge Künstlerische Grenzüberschreitung und eine Solo-CD aus dem Jahr 2012 zurück- In der Jury-Begründung heißt es: „Alexej Ge- blicken, mit Werken von Séjourné, Presenting Partner rassimez besitzt ausgezeichnete musikalische Broström und Psathas und eigenen Komposi- Qualitäten, ein außergewöhnliches Gespür für tionen. Rhythmus und Struktur und überzeugt durch Der Musikpreis-Jury gehörten unter dem Vor- seine begeisternde, engagierte Performance. sitz VDKD-Präsident Pascal Funke dieses Medienpartner Sein Repertoire zeigt eine kreative Neugier Mal VDKD-Ehrenpräsident Michael Russ,

und umfasst Klassik, Neue Musik aber auch Elisabeth Ehlers (KünstlerSekretariat am Gas- Das Branchenmagazin Jazz, Minimal Music und eigene Kompositio- teig), Burkhard Glashoff (Konzertdirektion nen. Bei Auftritten und in Zusammenarbeit Dr. Rudolf Goette), Michaela Russ (SKS Russ) mit unterschiedlichsten Künstlern offenbart und Ivana Dragila („musikmarkt“) an. Die Gerassimez sein großes Interesse an der künst- Preisverleihung findet am 12. September in lerischen Grenzüberschreitung. Mit Solopro- Berlin statt. | Ivana Dragila

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07|16 wirtschaft branche musikmarkt musikmarkt Der Vorhang zu und viele Fragen offen?

Kaum etwas hat die Urheberrechtler in der Musikindustrie – und nicht nur sie – im ersten Halbjahr 2016 so bewegt wie zwei Gerichtsentscheidungen: Das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) im Rechtsstreit Martin Vogels gegen die VG Wort und das Urteil des Bundesverfassungs- gerichts in Sachen „Metall-auf-Metall“.

Die Martin Vogel-Sache: Der Gesetz- geber am Zug. Der Deutsche Bundestag hat nun der BGH, dass der Urheber dem Verleger geber ist gefragt in einer Entschließung anlässlich der Verab- seine gesetzlichen Vergütungsansprüche nur Über diesen Streit und seinen Hintergrund schiedung des neuen Verwertungsgesell- wirksam abtreten könne, wenn er sie nicht be- hatte „musikmarkt“ bereits wiederholt be- schaftengesetzes (VGG) die Bundesregierung reits zuvor an einen Dritten abgetreten habe richtet. Hauptsächlich ging es in dem Streit ermutigt, hier, falls möglich, auch in Deutsch- und dass nur der Ausschüttungen erhalten um die Rechtsfrage, ob die VG Wort Ein- land tätig zu werden. Solch eine gesetzliche könne, der auch Rechte eingebracht habe. Ge- künfte aus gesetzlichen Vergütungsansprü- Regelung für Deutschland herbeizuwün- meint mit „einem Dritten“ sind hier die Ver- chen (im Bereich der Musik betroffen sind da- schen ist jedoch leichter gesagt als getan – die wertungsgesellschaften selbst, also z.B. von vor allem die Privatkopievergütungen Urteile des BGH und des EuGH lassen wenig GEMA oder VG Wort, die ja in ihren Wahr- der Geräte- und Leermedienindustrien, die Spielräume. nehmungsverträgen vorsehen, dass ihnen die über die ZPÜ eingezogen werden) über einen Im Moment werden verschiedene Modelle Autoren nicht nur ihre gegenwärtigen, son- pauschalen Verteilungsschlüssel auch an Ver- geprüft. Dabei kommt auch zur Sprache, ob dern zukünftigen Rechte und Ansprüche zur leger ausschütten darf, obwohl diese – anders ein eigenes Leistungsschutzrecht für Verleger Wahrnehmung einräumen. als zum Beispiel Tonträgerhersteller oder die Lösung des Problems darstellen könnte. Leider geht der BGH gar nicht auf die Tatsa- Filmhersteller – nicht über ein eigenes Leis- Ein solches Leistungsschutzrecht existiert in che ein, dass sich Verlage, Autoren und Ver- tungsschutzrecht verfügen. Der Bundesge- Deutschland gegenwärtig nur für Pressever- wertungsgesellschaften jahrzehntelang einig richtshof sagt hier klar: Nein, das darf sie lage und gerade dieser Vorläufer gilt vielen waren, dass es bei der Rechteeinbringung zur nicht! als gesetzgeberisch unglückliche Lösung. gemeinschaftlichen Wahrnehmung nicht da- Obwohl die GEMA von der Entscheidung in- Deshalb sind selbst viele Verleger gar nicht rauf ankommen soll, wessen Vertrag zuerst sofern mit betroffen ist, sind die Auswirkun- begeistert von einem solchen Lösungsansatz. unterzeichnet war. gen auf Musikverlage wesentlich weniger Falls Änderungen des deutschen Rechts be- Jedenfalls dort, wo es um die Wahrnehmung dramatisch als auf deren Kollegen im Buch- schlossen werden sollten – etwa durch Ergän- von lizenzierbaren (Verbots-) Rechten durch bereich. Bei den GEMA-Einnahmen entfällt zung des gerade verabschiedeten VGG – die GEMA geht (z.B. das „Mechanische nur ein sehr kleiner einstelliger Prozentanteil könnte man eine solche „Schnellreparatur“ Recht“), dürfte dieser Lesart eigentlich nichts auf ZPÜ-Einkünfte, während die VG Wort bei einem der anderen Gesetzgebungspro- im Wege stehen. Warum auch? Schließlich fast nur gesetzliche Vergütungsansprüche jekte im Urheberrecht anhängen – etwa der geht es hier um Rechte, über welche die Betei- wahrnimmt. Novelle zum Urhebervertragsrecht oder dem ligten frei verfügen können und nicht um ge- Trotzdem geht es auch für die GEMA immer geplanten Gesetz zur Wissenschaftsschranke. setzliche Vergütungsansprüche, die nach ei- noch um Millionenbeträge, die nun im Ge- Während über all dies diskutiert wird, ist ein ner EU-Richtlinie einem speziellen Schutz folge der BGH-Entscheidung nachträglich Thema auf die Tagesordnung gelangt, das der unterliegen. umverteilt werden müssen – es sei denn, es BGH scheinbar ganz nebenbei mit in seine Be- Das Landgericht Berlin hatte bereits vor un- fände sich noch eine andere Lösung. Aber gründung aufgenommen hat, das der Priori- gefähr zwei Jahren in einem Musterprozess welche könnte das sein? tät der Rechteeinbringung. Die meisten urhe- des Musikautoren und Piratenpartei-Politi- Aus Sicht nicht nur von GEMA und VG Wort berrechtlichen Laien dürften die Ausführun- kers Bruno Kramm in diesem Sinne geurteilt ist nun der Gesetzgeber gefragt. So sieht das gen dazu schlicht überlesen haben – für Urhe- und die Praxis der Rechteinbringung durch offenbar auch das zuständige Bundesministe- berrechtler sind sie äußerst brisant: Seit Jahr- Urheber oder Verlag zur gemeinschaftlichen rium für Justiz und Verbraucherschutz und zehnten bringen Autoren und Verleger ihre Wahrnehmung für rechtmäßig erklärt. Das auch die Bundesbeauftragte für Kultur und Rechte bei VG Wort und GEMA zur gemein- Kammergericht als Berufungsinstanz, das ei- Medien bei der Bundesregierung – beide ha- schaftlichen Wahrnehmung ein. Ihre Verlags- gentlich dieser Tage sein Urteil hätte sprechen ben kurz nach Bekanntwerden der Urteils- und Wahrnehmungsverträge haben zum müssen, hat jedoch die mündliche Verhand- gründe an den EU-Kommissar Oettinger ge- Ziel, dass es für die Rechtewahrnehmung lung unter dem Eindruck der jüngsten Ereig- schrieben, um eine Änderung der maßgebli- und für die Ausschüttung von Erträgen nicht nisse erst einmal in den November vertagt. chen „Info-Richtlinie“ der EU anzuregen, auf darauf ankommen soll, über welche der bei- Auch hier wäre also eine Klarstellung durch die letztlich (neben verschiedenen Entschei- den Seiten die Rechte in die Verwertungsge- Gesetz wünschenswert. Und hier könnte und dungen des Europäischen Gerichtshofes) die sellschaft gelangt sind, also über den Urheber sollte der deutsche Gesetzgeber auch ohne Rechtsauffassung des BGH zurückgeht. oder – nach Abschluss des Verlagsvertrags – Bindungen des EU-Rechts tätig werden, denn

Andere sehen (auch) den deutschen Gesetz- über den Verleger. Quasi nebenbei erklärt mit der Frage, in welcher Reihenfolge Rechte Radu Balint Abb: fotolia.com/©

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in eine Verwertungsgesellschaft zur gemein- § 24 Abs. 1 UrhG eine freie Benutzung auch Teile infrage stellt. Allerdings müsste in die- schaftlichen Wahrnehmung eingebracht wer- nur, soweit ein hinreichender Abstand des sem Fall der BGH vorher den Europäischen den können, hat sich bisher weder der euro- Werks zu der entnommenen Sequenz oder Gerichtshof anrufen, denn der Umfang des päische Gesetzgeber noch der europäische zum Original-Tonträger insgesamt besteht“. Leistungsschutzrechts für Tonträgerhersteller Gerichtshof beschäftigt. Konkret beschreibt das Bundesverfassungs- ist europäisch harmonisiert. gericht in seiner Entscheidung zwei Möglich- Interessant ist noch eine Erwägung, die Was passiert jetzt nach dem Urteil keiten, mit denen der BGH die beanstandete schon in der Pressemitteilung des Bundesver- Metall-auf-Metall? Abwägung zwischen Kunstfreiheit einerseits fassungsgerichts eine prominente Stelle ein- Auch hier ist es mit dem Spruch des Gerichts und den als Eigentum geschützten Rechten nahm: Das Gericht betont mehrfach, dass es nicht getan. Das Bundesverfassungsgericht der Tonträgerhersteller andererseits neu kali- eine Rolle spielt, ob der Tonträgerhersteller, kann zwar Gesetze oder Gerichtsentschei- brieren könnte: aus dessen Aufnahme das Sample stammt, dungen aufheben, aber nicht selbst Gesetze Der BGH könnte einerseits seinen bisher ein- durch das Sampling Absatzrückgänge erlei- erlassen oder Urteile neu schreiben. geschlagenen Weg fortsetzen, also im Rah- det. Selbst wenn dies nicht der Fall sei, so das Fest steht: die angegriffenen BGH-Urteile in men des Rechts der „Freien Benutzung“ Gericht, wäre es dem Gesetzgeber nicht „von Sachen „Metall-auf-Metall“ sind erst einmal (eben dies ist in § 24 UrhG geregelt) die Mög- vornherein verwehrt“, das Recht auf freie Be- aus der Welt. Der BGH muss nun neu ent- lichkeit schaffen, Samples auch ohne Einwilli- nutzung mit einer Pflicht zur Zahlung einer scheiden und dabei einen Weg zwischen den gung der Tonträgerhersteller verwenden zu angemessenen Vergütung zu verknüpfen. Leitplanken finden, die das Bundesverfas- dürfen, wenn dies im Interesse der Kunstfrei- Hier könnte er der Kunstfreiheit, so das Bun- sungsgericht links und rechts des Weges er- heit geboten ist. Jedenfalls müsse sich ein desverfassungsgericht weiter, beispielsweise richtet hat. Die Fahrbahn ist immer noch rela- Künstler nicht darauf verweisen lassen, die durch „nachlaufende, an den kommerziellen tiv breit. Wörtlich hat das Bundesverfas- entsprechenden Sounds selbst neu einzuspie- Erfolg eines neuen Werks anknüpfende Ver- sungsgericht gesagt: „Die Zulässigkeit einer len und auch nicht ohne weiteres darauf, eine gütungspflicht“ Rechnung tragen. Auch hier freien Benutzung von Tonträgern zu künstle- Lizenz einzuholen. ein neues Gesetz? Es bleibt spannend! rischen Zwecken ist nicht gleichbedeutend Der BGH könnte aber auch an einer ganz an- mit der generellen Zulässigkeit des erlaubnis- deren Stelle ansetzen, indem er das Leis- und vergütungsfreien Samplings. So bleibt es tungsschutzrecht des Tonträgerherstellers an- im Falle nicht künstlerischer Nutzungen bei ders als bisher definiert und den Schutz ge- | Dr. Martin Schaefer von der Kanzlei Boehmert & der Lizenzierungspflicht. Außerdem erlaubt gen Übernahme (d.h. das Sampling) kleinster Boehmert

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07|16 radio & records branche musikmarkt musikmarkt Der Schlager ist zurück im Radio

Rolle rückwärts bei der ARD – nachdem einige öffentlich-rechtliche Landessender in den vergangenen Jahren den Deutschen Schlager aus ihren Programmen genommen haben, dürfen sich Schlagerfans zumindest im hohen Norden sowie in Mitteldeutschland schon bald auf die Rück- kehr des Genres in die dortigen Radiosender freuen.

„Gespielt werden hen. Das neue Programm soll Teil einer multi- populäre, ent- medialen Plattform sein, die in Zusammenar- spannte und me- beit der drei MDR-Landesfunkhäuser in lodische deutsch- Magdeburg, Dresden und Erfurt mit dem sprachige Titel der Programmbereich Unterhaltung der MDR- letzten 50 Jahre Fernsehdirektion aufgebaut wird. Zielgruppe mit Interpreten sind Hörer, Zuschauer und User, die sich für von Rex Gildo Schlager und deutschsprachige Musik inte- über Marianne Ro- ressieren sowie einen ausgeprägten regiona- senberg bis hin zu len Bezug der Wortanteile des Programms er-

| Joachim Knuth, NDR Hörfunkdirektor | | Norbert Küber, Redaktionsleiter Bayern plus | den Flippers, An- warten. Immer zur halben Stunde werden Foto: NDR/Christine Raczka Foto: BR drea Berg und He- Landesnachrichten gesendet, die getrennt in lene Fischer. Wich- den beteiligten Bundesländern zu hören sind. tiger Bestandteil Nach Auskunft des Mitteldeutschen Rund- Einen Haken hat die Nachricht: die neuen werden Produktionen heimischer Künstler funks bietet dieses Programm für Schlagerin- Schlagerwellen werden über Antenne nicht sein, wie z.B. Mary Roos, Godewind, Gaby Al- teressierte einen zusätzlichen Mehrwert, in- via UKW sondern im neuen digitalen Stan- brecht und Gerd Christian, die dem Pro- dem über alle Verbreitungswege – Radio, dard ausgestrahlt. Diese Technik erfordert vor gramm ein unverwechselbar norddeutsches Fernsehen und Online – eine virtuelle Schla- dem Hörgenuss die Anschaffung eines DAB+ Flair verleihen werden. Ergänzt wird der Mix gerwelt aufgebaut wird. Die Produktion und tauglichen Empfangsgerätes. durch eine Beimischung von internationalen Federführung liegt im MDR-Landesfunkhaus Schlagern, Evergreens und instrumentaler Thüringen. Hello again Musik mit Interpreten wie Julio Iglesias, Petula Den Anfang macht der Norddeutsche Rund- Clark, Abba, James Last und Ray Conniff.“ Gesetz verhindert funk. Die Vierländeranstalt startete am 5. Juli Joachim Knuth, NDR-Programmdirektor Hör- WDR-Schlagerwelle NDR Plus – das norddeutsche Schlagerradio als funk ergänzt: „Zwar ist das Interesse am Auch beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) Digitalradio und als Livestream im Internet. deutschen Schlager in den vergangenen Jahren gab es Pläne für ein digital ausgestrahltes Das Programm ersetzt den Ansagedienst NDR deutlich gesunken, aber dennoch vermissen Schlagerprogramm. WDR-Sprecherin Annika Traffic, der bislang über DAB+ verbreitet wird. eine Reihe von Hörern dieses Musikgenre im Hoffmann: „Nach den guten Erfahrungen Bei der Musikmischung bilden deutschspra- bestehenden Angebot. Diese Lücke möchte der aus Bayern mit den auf die ältere Zielgruppe chige Titel den Hauptanteil, ergänzt durch ei- NDR schließen – nicht mit einem Vollpro- ausgerichteten Digitalprogrammen Bayern nen Mix aus internationalen Schlagern, Ever- gramm, sondern mit dem digitalen Zusatz- plus und BR Heimat hat auch der WDR über greens und instrumentaler Musik. Aus der zen- angebot NDR Plus. Damit ergänzen wir – mit ein Programm für die ältere Generation mit tralen Hörfunk-Nachrichtenredaktion kom- geringem finanziellem Aufwand – unser Schlager, Volksmusik und Operette nachge- men zu jeder vollen Stunde Nachrichten und Klangbild und unsere digitalen Radiosen- dacht. Denn offensichtlich ist gerade die äl- Wetter sowie im Anschluss aktuelle Verkehrs- der.“ tere Generation bereit, sich für den Digitalra- informationen für den Norden. dio-Umstieg ein neues Radiogerät zu kau- Virtuelle „Schlagerwelt“ im Aufbau fen – also nicht übers Internet zu empfangen. Norddeutsches Flair Jubel auch bei den Schlagerfreunden in Sach- Unsere Pläne fanden im Zuge der Novellie- NDR Plus ist ein gemeinschaftliches Projekt al- sen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Nach- rung des neuen WDR-Gesetzes im Januar ler vier Landesprogramme unter Federführung dem auch die dort sendende ARD-Anstalt in 2016 leider keine Berücksichtigung. In Folge des Landesfunkhauses Hamburg und der den letzten Jahren deutschsprachige Schlager dessen gibt es derzeit keine aktuellen Pläne Programmdirektion Hörfunk des NDR. Das konsequent aus den Landesprogrammen ge- für ein erweitertes WDR-Angebot.“ Warum Schlagerradio wird an vorhandene Abteilun- gen überwiegend englischsprachige Oldies die NRW-Medienpolitik ausgerechnet der be- gen angebunden und unter starker Nutzung getauscht hatte, verleiht der Mitteldeutsche völkerungsreichen Schlagerhochburg Nord- von Synergien erstellt. Konkret heißt das, die Rundfunk dem Genre nun neues Gewicht rhein-Westfalen ein Schlagerradio verweigert Zusammenstellung der Musik erfolgt durch die und bündelt seine „Schlagerwelt“ im TV, im wird wohl deren Geheimnis bleiben. Am lie- Redaktion von NDR 90,3 unter der Leitung von Netz und im Digitalradio. Das DAB+ Schla- ben Geld kann es nicht gelegen haben – das Musikchef Klaus-Peter Otto. Dort wird auch gerprogramm wird „MDR Schlagerwelt“ hei- angedachte Programm war als Low-Budget- der Sendeablauf überwacht. Klaus-Peter Otto: ßen und noch in diesem Jahr auf Sendung ge- Spartenangebot mit nahezu ausschließlich

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gefühlsechte Musik

Neue Radioprogramme gibt es nur bei 26_28_radio_records_Z.qxd 05.07.16 16:04 Seite 28

07|16 radio & records branche musikmarkt musikmarkt

gierte Frank Brach verärgert. Als Pro- grammchef betreibt er mit seiner Sender- gruppe RMN Radio seit über zwei Jahren das bundesweit via DAB+ ausgestrahlte Angebot Radio Schla- gerparadies (vormals Schlagerhölle). „In | Stefan Frühbeis, Wellenverantwortlicher BR Hei- | Frank Brach, Programmdirektor Schlagerpara- | Herbert Pjede, Geschäftsführer Schlagerparadies den zurückliegenden mat | Foto: BR dies | Foto: Schlagerparadies GmbH | Foto: Schlagerparadies GmbH Jahren haben sich alle großen ARD-Anstal- Musik – und wenigen weiteren Programmin- Norbert Küber: „,Seit ich digital höre, kann ten mit ihren ,Einserprogrammen’ vom Schla- halten – angedacht. ich euch empfangen. Vielen Dank, dass es ger verabschiedet, besonders der NDR hat sei- Bayern plus gibt, es ist ein Super-Programm.’ ne Welle Nord schlagerfrei gemacht und als BR-Programme als Vorbild: so viele Diese Mail eines Hörers aus Kempten zeigt Format für jüngere Zielgruppen positioniert. Hörer wie nie zuvor beispielhaft für viele begeisterte Reaktionen, Wir haben mit Schlagerparadies allen Schla- Für den Sinneswandel pro Schlager innerhalb dass das Konzept einer digitalen Schlager- gerfans eine echte Heimat gegeben, sind ins Ri- der ARD-Anstalten gibt es eine Reihe guter welle bei Bayern plus voll aufgegangen ist. siko gegangen und haben in Digitalradio in- Gründe. Erstens fördert die ARD mit zusätz- Inzwischen hat Bayern plus so viele Hörerin- vestiert. Und nun, da wir die Früchte für un- lichen Gebührengeldern die Einführung der nen und Hörer wie nie zuvor.“ seren unternehmerischen Mut ernten, gönnt neuen Technologie. Und die Starts kosten- Offizielle aussagekräftige Zahlen über die uns die ARD den Erfolg nicht mehr“, so Brach günstiger Schlagerradios für eine von der öf- Nutzung digitaler Angebote in Deutschland gegen die nach seiner Auffassung „durch- fentlich-rechtlichen Hand digital bislang nicht sollen am 5. September vorgelegt werden. sichtigen Pläne von BR und NDR“. Frank Brach eben üppig versorgten – aber doch konstant Auftraggeber dieser Erhebung sind u.a. die führt neben „sehr guten Hörerzahlen“ weite- großen – Hörergruppe ließe sich gegenüber deutschen Landesmedienanstalten, die ARD re Argumente ins Feld: „Schlagerparadies den strengen Finanzkontrolleuren leichter und Radio Energy. Die von vielen Experten richtet sich an die Zielgruppe 20 bis 59 Jahre. vermitteln als das Anschieben weiterer Pop- befürchtete fehlende Affinität des Schlager- Um den deutschen Schlager zu fördern, neh- Spartenradios. Zweitens dämmen die Sender und Volksmusik-Klientels gegenüber der ver- men wir fortlaufend Newcomer-Titel in die Ro- mit diesen Angeboten die noch immer anhal- meintlich komplizierten DAB+ Technik tation. Es kann und darf nicht sein, dass die- tende Protestflut gegen die Streichung von scheint indes vom Tisch. Stefan Frühbeis, ser Erfolg jetzt mit Gebührengeldern zunich- Schlagern aus ihren UKW-Programmen ein. Wellenverantwortlicher bei BR Heimat: „Es te gemacht wird. Ansonsten wird künftig jedes Die Wut enttäuschter Hörer führte in man- ist heute bereits klar erkennbar, dass der private Investment im deutschen Radio von chen Regionen gar zur Bildung von Bürger- Empfang mit der neuen DAB+ Technik kei- vornherein verhindert. Das tut sich irgendwann initiativen und Parlamentsanfragen. Drittens nerlei Probleme bereitet.“ keiner mehr an.“ erfreut sich das Genre hartnäckig einer hohen Auch bei den Privatfunkverbänden Arbeits- Beliebtheit unter der Hörerschaft – und diese Musikbranche profitiert gemeinschaft Privater Rundfunk (APR) sowie soll nicht ohne Not privaten Mitbewerbern Das Mehr an Programmvielfalt dürfte neben Verband Privater Rundfunk und Telemedien überlassen werden. Vor allem aber registrier- den Hörern auch den Musikschaffenden zu- (VPRT) stoßen die neuen Schlagerangebote ten die ARD-Riesen aus dem Norden und im gutekommen. Zuletzt hatten sich Interpreten, der ARD auf wenig Gegenliebe. Der VPRT Westen der Republik sowie in Mitteldeutsch- Urheber und Produzenten lautstark über den sieht im Plan des NDR gar „eine Gefährdung land aufmerksam die Programmpolitik im ei- massiven Abbau von Schlageranteilen in den der dualen Rundfunkordnung“. Ungeachtet genen Lager: So erweisen sich beispielsweise ARD-Hörfunkprogrammen beschwert. Bay- dieser Diskussionen scheint der bisherige Er- die Spartenkanäle Bayern plus (Schlager) und ern-plus-Chef Norbert Küber: „Auch in der folg die privaten Radiomacher eher zu beflü- BR Heimat (volkstümliche Musik) in Bayern Musikbranche hat sich Bayern plus als feste geln. Herbert Pjede, Geschäftsführer von bereits kurze Zeit nach Sendestart als echte Größe etabliert – Stars wie Roland Kaiser, Ni- Schlagerparadies, erklärt: „Unser Hauptver- Publikumserfolge und Beispiele für eine ge- cole, Heino oder Michelle kommen gern ins breitungsweg ist bereits heute DAB+. Wir lungene Programmausrichtung. Hier ersetzte Nürnberger Bayern-plus-Studio. Insgesamt rechnen mit permanent steigenden Verkaufs- der Bayerische Rundfunk (BR) die gestriche- waren im ersten Jahr rund 300 Prominente, zahlen der entsprechenden Empfangsgeräte. nen Schlageranteile innerhalb seiner Welle Experten und Menschen mit interessanten Da auch die Autohersteller nach anfängli- Bayern 1 durch zwei digitale – auf spitze Ziel- Biographien zu Gast.“ chem Zögern mehr und mehr DAB+ Radios gruppen hin ausgerichtete – Musikbeiboote. anbieten oder sogar serienmäßig einbauen, ist Die neuen Mitglieder der BR-Familie präsen- Privatfunk kritisiert ARD-Pläne auch in diesem Bereich mit einem deutlichen tieren neben Schlagern bzw. volkstümlicher Protest gegen die öffentlich-rechtliche Schla- Zuwachs zu rechnen. Berührungsängste kön- Musik auch Musikspezialsendungen sowie geroffensive formiert sich dagegen auf Seiten nen wir bei unseren Hörern nicht feststellen. Nachrichten, Service, regionale Beiträge und der privaten Mitbewerber. „Wir sind einiger- Nicht nur die jüngeren Schlagerfreunde sind Unterhaltung. Die ersten Hörerreaktionen auf maßen irritiert, dass nach dem Bayerischen sehr DAB+-affin, auch die älteren unter unse- die neuen Angebote sind nach BR-Angaben Rundfunk nun auch der NDR ein eigenes, di- ren Hörern kommen mit den DAB+ Empfän- überaus ermutigend. Bayern-plus-Wellenchef gitales Schlagerprogramm starten möchte“, rea-gern gut zurecht.“ | Michael Schmich

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tonstudios 07|16 branche musikmarkt musikmarkt Vintage plus Hightech

Das Maarwegstudio 2 vereint Retro-Style mit moderner Aufnahmetechnik und bietet zusätzlichen Mehrwert neben dem Recording-Geschäft.

Als „eines der letzten klassischen Recording- programmierten Sounds und rea- Studios“ sieht Wolfgang Stach sein Maarweg- len Instrumenten. studio 2 in Köln. In dem 150 Quadratmeter großen Aufnahmeraum im Seventies-Stil ha- Rundumversorgung und ben sogar ganze Klassik-Ensembles und Big Weitblick Bands ihre Musik verewigt. Wer mit weniger Seinen Kunden möchte Stach Platz auskommt, kann aber auch das kleinere stets eine echte Rundumversor- Projektstudio für Overdubs, Songwriting gung bieten: „Es gibt jede Menge oder Abmischungen nutzen. Seit 2005 be- Gitarren-Amps, Bässe, Orgeln, treibt Stach das frühere EMI-Studio. Neben einen Flügel und ein Klavier – ihm arbeiten dort ein angestellter Assistent | Wolfgang Stach mit BAP man kann hier reingehen ohne und eine Bürokraft. Zum erweiterten Netz- ein Instrument mitzubringen werk gehören darüber hinaus eine Reihe von und eine Platte produzieren.“ Da Assistenten, Toningenieuren, Programmie- mehrere Kabinen zur Schallab- rern, Coaches sowie Beat-Produzenten, die schirmung vorhanden sind, ist es bei Bedarf hinzukommen. auch möglich als Band live einzu- In den Neunzigern war Stach viel für Cross- spielen – und wenn’s mal länger over-Bands wie Such A Surge tätig. Stilistisch dauert stehen sogar sechs Schlaf- kennt der Studiobetreiber aber keine Berüh- plätze zur Verfügung. rungsängste. Neben Künstlern aus dem Neben dem Recording Service

Rock- und Popbereich kommen auch Jazzmu- | Im Maarwegstudio 2 finden auch Konzerte, Fotoshootings und andere Veran- laufen in der intimen Studioat- siker vorbei. Unter anderem waren bereits staltungen statt | Fotos: Maarwegstudio 2 mosphäre immer wieder Konzer- Bosse, Jupiter Jones, BAP und Roger Cicero te mit mindestens zwei Bands pro zu Gast. verstärker aus den 60ern oder 70ern, der Abend. Selbstredend, dass die „Maarwegses- unter ganz anderen Bedingungen hergestellt sions“ in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Zeitloses Angebot wurde, wo es nur um Qualität ging, ist ein- Jupiter Jones waren zum Beispiel eine der Ses- Für Retro-Fans bietet das Studio neben Digi- fach nicht durch so ein neues billiges Ding sion-Bands. Stach vermietet das Studio aber taltechnik auch analoges Vintage-Equipment aus dem Interface zu übertreffen.“ Natürlich auch für andere Anlässe wie Foto Shootings, an, etwa eine Bandmaschine Studer A800 mit können Kunden im Studio auch Produktio- Showcases oder Präsentationen. Über Maar- 16 Spuren. Für Stach ist klar, dass Geräte die nen realisieren, die – vielleicht vom Gesang wegaudio vertreibt er zudem Geräte und schon über 40 Jahre auf dem Buckel haben abgesehen – komplett aus dem Rechner kom- Equipment von Marken wie Tubetech, Vinta- nicht unbedingt veraltet sind: „Ein guter Vor- men, oder Hybride mit einem Mix aus ge Design oder TK Audio. | Thorsten Steer

„Einfach nur das Studio vermieten reicht nicht“

musikmarkt: Herr Stach, worauf ist das Maarwegstu- ren kann, der Input liefert. Das reine Engi- musikmarkt: Und wie geht es Ihnen mit dem Standort dio 2 spezialisiert? neering verliert generell immer mehr an Köln? Wolfgang Stach: Im weitesten Sinne mache ich Bedeutung. Man muss auch verschiedene Wolfgang Stach: Es gibt die c/o Pop, was gut ist. Pop und Jazz. Diese beiden Bereiche beein- Sachen anbieten und kann zum Beispiel Der Weggang von Popkomm und EMI macht flussen sich eigentlich ganz gut gegenseitig. nicht sagen: „Ich mache nur HipHop.“ sich aber natürlich bemerkbar. Deshalb habe Im Pop ist eher der konzeptionelle Producer musikmarkt: Welche Rolle spielt das Ambiente bei ich mit dafür gesorgt, dass sich hier im Haus gefragt. Natürlich muss man die Technik Ihnen? ganz viele Studios wie etwa Tinseltown Mu- auch beherrschen, aber eigentlich ist der Wolfgang Stach: Das Studio ist halt aus den sic Productions oder Rain Productions nie- Kreativinput das wichtigste. Wenn ich Jazz Siebziger Jahren. Das hat schon so viele Leute derlassen. Das war mein Weg den Standort zu aufnehme ist das hingegen erstmal Engi- gesehen, zum Beispiel Pink Floyd und Tina stärken. neering. Turner. Es ist ein ganz spezieller Vibe hier | Interview: Thorsten Steer musikmarkt: Wie halten Sie den Betrieb am Leben? drinnen. Den versuche ich auch von der Wolfgang Stach: Einfach nur das Studio ver- Lichtatmosphäre und der Raumatmosphäre mieten reicht nicht. Es braucht einen Mas- so zu gestalten, dass die Musiker sich einfach Mehr Informationen: termind, der kreativ ist, der gut produzie- total wohlfühlen. www.maarwegstudio2.com

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07|16 tonstudios branche musikmarkt musikmarkt Multitasking für Studios

Das Geschäft mit Aufnahmen für Musikalben allein reicht kaum mehr zum Überleben. Studios werden sich daher breiter und flexibler aufstellen müssen.

Betrachtet man die Statistik des Deutschen Mu- Kundenwünsche gibt es Kooperationen mit sikinformationszentrums scheint zunächst al- dem German Pops Orchestra und dem Meli- les in Ordnung in der Welt des Recording Busi- donie Orchestra. ness. Demnach stieg der Jahresumsatz der Auch die legendären Abbey Road Studios in deutschen Tonstudios zwischen 2009 und London wollen nicht hintenanstehen. So prä- 2013 von 93,5 Millionen Euro auf 126,4 Mil- sentierten sie unlängst eine Special Edition lionen Euro. Ein echtes Problem für die Stu- des neuen „Star Wars“-Soundtracks „Das Er- diobetreiber ist jedoch die gegenläufige Ent- wachen der Macht“ als Doppel-Vinyl. Beson- wicklung bei den Preisen für Studiostunden. derer Gag: Beim Abspielen der Schallplatten Nach Angaben von Hans Schlosser, Vizeprä- erscheinen die Raumschiffe „Tie Fighter“ und sident des Verbandes Deutscher Tonmeister „Millenium Falcon“ als Hologramme. (VDT), zahlen Musiker heute teilweise noch 100 Euro fürs Aufnehmen – für einen ganzen Tag. Blick über den Tellerrand Zu DM-Zeiten habe man für 300 Mark schon Neben der Ausweitung des Geschäfts auf an-

nach einer Stunde wieder gehen müssen. | Hans Schlosser, Vizepräsident VDT | Foto: privat grenzende Entertainment-Branchen werden für Studios aber auch andere Bereiche der Mu- Musikverwandte sikindustrie interessant. „Das eigene Label und Entertainmentbereiche Auch in den Gebäuden der ehemaligen Köl- den eigenen Musikverlag zu gründen, kann Deshalb stehen die Studiobetreiber vor der He- ner EMI-Studios gibt es mittlerweile eine An- sehr lukrativ sein“, meint Klaus Quirini, Vor- rausforderung ihr Geschäft auf eine breitere Ba- laufstelle für die Spielebranche. Das Team stand des Verbands Deutscher Musikschaf- sis zu stellen. Interessant ist hier ein Blick auf von Rain Productions bietet dort neben fender (VDM). Das Münchner Downtown umsatzstarke musikverwandte Entertainment- Imagefilm-Sprachaufnahmen, Sounddesign Studio hat diesen Rat schon längst in die Tat Bereiche wie Games und Film. „Einen ganz für E-Learning-Videos, TV-Mischungen oder umgesetzt – und die Labels Transformer und starken Trend“ in diese Richtung konstatiert Kompositionen von Musik und Soundlogos sowie den Verlag Modern Hans Schlosser vom VDT. Allein für die Ga- für Events auch Game-Synchronisationen, so- Times ins Portfolio aufgenommen. „Wenn ein mes-Branche wird in Deutschland nach An- genannte Lokalisierungen an. Projekte waren Bereich schwächelt, kann man das ein bisschen gaben vom Bundesverband Interaktive Un- unter anderem „Harry Potter“, „Star Wars abfangen durch einen anderen Bereich“, sagt terhaltungssoftware, Pricewaterhouse Coo- Battlefront“ und Teile der „Battlefield“-Serie. Geschäftsführer Artur Silber, der seit der Stu- pers (PwC) und Ovum ein Umsatzanstieg Beim Service deckt das Studio den gesamten diogründung in den Achtzigern schon mit von 2014 bis 2019 von 1,9 Milliarden auf 2,3 Prozess von der Pre-Production bis zum Mas- Künstlern wie Hildegard Knef und Udo Lin- Milliarden Euro erwartet. In der Filmbranche tering ab. Dabei gibt sich das Team um Mana- denberg gearbeitet hat. sind noch größere Summen im Spiel, auch ging Director Ingo Hugenroth szenenah: „Wir Laut Hans Schlosser vom VDT verlegen sich wenn PwC einen leichten Umsatzrückgang von sind Gamer. Deshalb sorgen wir dafür, dass zudem immer mehr Studios auf das Maste- 2,8 auf 2,6 Milliarden Euro prognostiziert. unsere Lokalisierungen authentisch sind.“ ring-Geschäft. Grund: Seit es für jedermann Gerade im Games-Bereich ist die Musik im- Der Filmbereich wird für Studios ebenfalls in- erschwingliche Recording Software gibt, ver- mer wichtiger geworden. Heutige Produktio- teressanter. Wolfgang Stach, Betreiber des suchen sich viele Musiker und Bands an nen haben musikalisch nicht mehr viel mit Maarwegstudios 2 in Köln kann sich zum Bei- Home Recordings, sind aber oft mit dem Er- dem 8-Bit-Gequäke aus den Achtzigern zu spiel gut vorstellen die aktuell noch über- gebnis unzufrieden. Für eine professionelle tun. Erfolgreiche Software Companies wie schaubaren Aktivitäten für Leinwandpro- Soundkorrektur seien sie dann durchaus „be- Blizzard, Ubisoft oder Activision legen gro- duktionen auszuweiten: „Das kann mehr reit, entsprechendes Geld zu bezahlen“. ßen Wert auf hochwertige Soundtracks, die werden.“ Stach ist quasi Nachbar von Rain Spezialisiert auf Mastering haben sich zum auch mit Surround Sound aufwarten. Productions und hat 2005 ein ehemaliges Beispiel die MSM Studios in München. Ne- Sogar Deutschlands nach eigenen Angaben EMI-Studio im Maarweg übernommen. Un- ben Kunden aus der Indie-Szene bedient das ältestes privates Tonstudio hat sich in die Spie- ter anderen hat er dort mit BAP aufgenom- Team um Managing Director Stefan Bock lewelt vorgewagt. Die 1949 in Ludwigsburg ge- men. Filmmusik findet er spannend. Aller- auch die großen Major-Labels und Filmgrö- gründeten Bauer Studios sind eigentlich eher für dings sei das eine „komplett andere Szene“, ßen wie 20th Century Fox. Er versteht seine Klassik- und Jazzaufnahmen bekannt. Inzwi- die man sich „hart erarbeiten“ müsse. Studios als „Premium-Dienstleister für Mas- schen bieten sie auch Postproduktion für Games Bei den traditionsreichen Bauer Studios ist tering, Postproduktion und Medien-Gestal- an. „Man muss sich schon breit aufstellen“, sagt das Geschäft mit Filmmusik fest im Ange- tung“. Für Veröffentlichungen die bei MSM Geschäftsführerin Eva Bauer-Oppelland, die botsmix integriert. Unter anderem waren die gemastered wurden, gab es bereits zahlreiche zum Juli die Geschäftsführung des Studios an Ludwigsburger am Soundtrack von „Fluch Auszeichnungen, darunter mehrere Klassik- ihren Tonmeister Philipp Heck abgibt. der Karibik“ beteiligt. Zur Umsetzung der Echos. | Thorsten Steer

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24-7 Entertainment GmbH 313 Music GmbH 3p Gesellschaft für Kommunikation mbH A 45 music GmbH AAA Culture GmbH ABAKUS Musik Acoustic Music GmbH & Co.KG Acromax Media GmbH ACT Music + VisiVision GmbH & Co KG agenda production International GmbH AirplaySongs Recording UG Aktive Musik Verlagsg ggesellschaft mbH ALIVE Vertrieb und Marketing AG Almara Musikverlag GmbH Amazon.de GmbH Andante Media Aquiron Consulting GmbH Argon Verlag GmbH Arthaus Musik GmbH Artists & Acts Music Publishing GmbH arvato Entertainment Europe GmbH ASS Aktiv Sound Studio Dt. GbR Audio Factory Media GmbH Aviator Entertainment GmbH B.T.M. GmbH Musikproduktion Verlag & Vertrieb Bäng Entertainment GmbH Kurt Bauereiß Bear Family Records GmbH BEATBOX Berlin GmbH Believe Digital GmbH BELLA MUSICA EDITION GMBH Bellaphon records GmbH Bellevue Investments GmbH & Co. KGaA Bergrecords GmbH Bleecker Street Entertainment GmbH blm music entertainment GmbH BLUE FLAME Records GbR BMG Rights Management GmbH Bognergner Records Walter Böhringer Bosworth GmbH Musik-VerlagMusik-Verlag Brainpool TV GmbH Brisa Entertainment GmGmbH BRmedia SServiceervice GGmbHmbH BSCBSC MUSICMUSIC GGMBHMBH MusikverlaMusikverlagg u.-u.-produktionproduktion ‘Buschfunk’‘Buschfunk’ MusikverlaMusikverlagg GGmbHmbH C MajorMajor EntertainmeEntertainment GmbH cap-musicmmusicusic C Centuryentury Media Records ltd. C Cityity CContorontor Development CCCCDD AAGG S Sebastianebastian CClaußenlaußen C Clubstarlubstar GGmbHmbH & CCo. KG CNI Recordsoordsrds OHG col lelegnogno music GmbH Colosseum Music Entertainment GmbH Countdown Media GmbH CUCUGATE AT LIMITED da music/Deutscheusic/Deutsche AustroAustrophonphon GmbH & Co.KG DabrinDabringhausghaus und Grimm Audiovision GmbH DEAG Music GmbH DDeezere Delta DANKE,MMusicusic & Entertainment GmbH & CoKG Depro Verlag GmbH &LIEBER Co. KG Christoph Diekmann Diseno Arte Y LicenLicencLicenciasc SL Diversion One Limited Peter Dörr DRAKKAR Entertainment G GmbH Drizzly Music Production GmbH & CoCo.KG KG duoduo-phon-phon MuMusikverlag ECM Recordsords Verlag GmbH EDC GmbH Edel Germany GmbH edition Plus Verlags GmbH Editionition Show BBusinBusiness in Gunter Greffenius & CCo.OHGo.OHG Ulrich Eichblatt Embassy ofof Music GmGGmbHbH Embassy ofof SoundSound and Media GGmbHmbH EMI ProductioProduction Music GmbH Ernst Klett Sprachenpprachenrachen GmbH Ernst Klett VerlaVerlagg GmbH ESC MeMediMedienen GmbH ESPERANZA MusikverlaMusikverlagg & MusikMusikproduktionproduktion WernWerneernere Triepke & Co. EuroArtsAArtsrts Music International GmbH Event-Profi EWOTONWOTON MusikverlaMusikverlagg GmbH F.A.M.E. .A.M.E. Artist RecordinRecordingsgs GmbH Falconcconon Neue Medien GGmbHmbH Farao MusikproduktioMusikproduktions-Musikproduktionns-s- und VertriebsgesellschaVertriebsgesellschaftV ft mbH Emanuel JohannesJohannes Faul ferryhouseMUSIKse productions GmbH & Co KG Flamingo MusiMusicMARKT!c Enterprises GmbH Friedrich Verlag GmbH Jürgen FFrommherz Michael Gärtner GLM Music GmbH Global Records GmbH & Co. KG Globe GmbH & Co.KG Groove Attack GmbH Günter Gallus Rolf Henning Herbert von Karajan Centrum Music Productions Ges.m.b.H HGBS Musikproduktion UG i2i Musikproduktions- und Musikverlagsgesellschaft mbH ICESTORM Music & Publishing GmbH IN & OUT RECORDS Schallplatten u. Vertriebs GmbH in.takt musik & media marketing GmbHbbHH in-akustik GmbH & Co KG UnterhaltunUnterhaltungselektronikgselektronik IndigIndigoIndigo Musikproduktion und Vertrieb GmbH INTERSOUND Musikverlag - Musikproduktionooduktionduktion Musikvertrieb GGmbHmbH iTUNESiTUNES S.à.r.l.S.à.r.l. JARO-MEDIEJARJARO-MEDIENO-MEDIEN GmbH Jazz & Worldpartners e. V. JKP GmbH & Co.KG jpc-Schallplatten-VersandhandelsgesellschaftSchallplattenSchallplatten-VersandhandelsgesellschaftFÜR-Versandhandelsgesellschaft FAST 60 JAHRE mbH Jumbo NeNeue Medien & Verlag GmbH JUPITER-RECORDS RALPH SIEGEL K28 GmbH JürJürgengen Kerber Detlef Kessler c/o AMA VerlagVerlag GmbH KeKetchupt Music GmbH KIDDINX Media GmbHmmbHbH Klassik Center Kassel Dominik Klima – Norbert Morkes – Frank Brune GbR KMKMG Germany GmbH Kontakte MusikverlagsikverlagikverlagGROSSARTIGE Kontor Records GmbH Kosmo Music GmbH GESCHICHTEN Jean-JacquesJean-Jacques Kravetz Kriegeskorte,St.-TröKriegeskorte,St.-Tröscher,K.Kriegeskorte,St.-Trös GbR Stefan KKrügerrürügerger Kuckuck SchallplattenSchallplatten Eckart Rahn cc/o/o E.R.P. MusikverlaMusikverlagg Eckart Rahn Laika Records & PuPPublishing Keven LassAUS Line Music DEM GmbH Mach HERZEN 1 Records GmbH & CoCo. KG DER Magic Circle BRANCHE Entertainment LtdLtd. Leslie MMandoki Mandorla Music & Entertainmentttainmentainment GmbH Josef Marchner MMASSACRE SSA RE Records GmbH André MMattick uund Dominic Gregel GbR Media.one GmbH Sandra & SabineSabine Meilhaus GGbRbR Membran Entertainment GGrouproup GGmbHmbH MenschenkinderMenschenkinde r Verlag und Vertrieb GmbH Mesanic GmbH Metal BladeUND RecordsNDeecordscords GGmbH mbHAM M MOKOHOK OPULSPH MUSMUSIC GmbHGmbH DER MonopolMonopol VerlagVerla gZEIT GGmbHmbH M MOROR E –Music & Media GmbH & Co KG Thomas Morr Mozart-Edition GGmbHmbH MPOMPO Audio und Video GmbHGmbH Musicstarter GmbHGmbH & CCo.o. KKG Musikverlag Argus GmbH Na Klar! GmbH naidooUND records GmbH FÜR Naxos Deutschland EINE Musik & IMMER Video Vertriebs GmbHGmb Neptun Media GmbH NNGLGL Naxos Global LoLogisticsgistics GmbH NieberNiebergallgall & Schnecko GbR Normal Records note 1 music gmbHgmbH NUNC LEALEAR BLA LASST Tonträger- Produktions- und Vertriebs GmbHGmbH ObermainObermain Musikproduktions - und Verlags GmbGmbH OehmsClassicsVERTRAUENSVOLLEssics Musikproduktion GmbH one two media GmbH ZUSAMMENARBEIT. optimal media GmbH ORFEO International MMusic GmbH P.I.A.S. Germany GmbH Pallas GmbH Schallplattenfabrik Karola Parry - Udo Potratz GbR Paul van DyDykk GmbH PavementmentWIRent Records GmbH WERDEN Peer Musikverlag GmbH EUCH PEPPERMIPEPPERMINT VERMISSEN! JAM production- production- records-distribution records-distribution GmbH PHONOSOUND Musikproduktions GmbH Jürgen Pippig PMR Music GmbH Georg Pommer Pool Musikproduktion e. K. Pop-out Musik GmbH Power Station GmbH ProMedia Produktions und Marketing GmbH Raab TV - Produktion GmbH ram Musikproduktionsgesellschaftusikproduktionsgesellschaft mbH ReaderReader’s s Digest: Verlag „Das„Das BesteBeste“ GmbH Relation & Friendship GmbH Repertoire Recordseecordscords Thomas Neelsen e. K. RhaRhapsodypsody International GmbH RingRing Musik GmbH RM Buch & Medien Vertrieb GmbH ROBADERBA Music Verlag BVMI GmbH ROOF UNDMusic Schallplatten-Schallplatten SEINE- und Verlags GmbH MITGLIEDER rough trade Distribution GmGmbH RTL DISNEY Fernsehen GmbH & Co. KG Saxonia Tonträgerproduktion Verlag und Vertrieb GmbH Erich Schoepe Schott Music & Media GmbH Schuh Verlag GmbH SCM Hänssler im SCM-Verlag GmbH & Co.KG Gerald Ingo Siebenmorgen SJ Entertainment Group GmbH & Co. KG Skywalk Records Tonträger GmbH Söhne GmbH Sonar Kollektiv GmbH Sony Music Entertainment Germany GmbH Sony Music Entertainment Services GmbH Soulfood Music Distribution GmbH SPV GmbH Starwatch Entertainment GmbH Stereo deluxe rec. GmbH Storz Medienfabrik GmbH Superstition Entertainment Network GmbH SWR Media Services GmbH T.O.T. Musik GmbH Telamo Musik & Unterhaltung GmbH telemedia GmbH Tinelmedia tonpool Medien GmbH TROJA Peter Orloff Musikproduktion und Verlag GmbH TROPICAL MUSIC GmbH TYROLIS Musik-GmbH UDR GmbH Universal Music Entertainment GmbH Universal Publishing Production Music GmbH Verlag Friedrich Bischoff GmbH Verlag Herder GmbH Verlagsgruppe Random House GmbH VERY US RECORDS / a division of WVG Medien GmbH Voggenreiter-Verlag Warner Music Group Germany Holding GmbH We PLAY Music and Management GmbH & Co. KG Weltbild GmbH & Co. KG Widder Musik Produktions GmbH Wildner AG Windpferd Verlagsgesellschaft mbH Winter & Winter GmbH Robert Wörner Wort im Bild GmbH Yellow Media GmbH Saeed Zargar Talebi Zett Records Produktion und Verlag GmbH Michael Zosel Musikverlag ZOUNDS GmbH ZYX Music GmbH & Co. KG 32_33_uwe_musik_Z 05.07.16 16:06 Seite 32 07|16 musikmarkt musikmarkt over & out over All Things Must Pass?

Enthüllung nach 57 Jahren: Warum uns selbst Musiker in Baumwollsäcken stets mehr interessierten als tiefgefrorener Kabeljau. Und zu guter Letzt: Warum wir die Apokalypse dann doch ganz bewusst abgesagt haben.

Es ist zweifellos eine ganze Menge passiert in Wir waren dabei, als der deutschsprachige wann, erstaunlicherweise zweimal aber doch. den vergangenen 57 Jahren. Was man, unun- Schlager extrem groß war. Dann mittelgroß. Und wir schunkelten hemmungslos mit, terbrochen als Ohren- und Augenzeuge prä- Dann so semi-mittelgroß. Dann wieder etwas wenn irgendwo gejodelt wurde. Wobei Frei- sent, durchaus zum Anlass nehmen darf, ge- größer, richtig groß und schließlich helenefi- bier nicht zwingend vorausgesetzt, aber unter gen Ende der Veranstaltung noch einmal schermäßig riesengroß. Wir sprachen mit Umständen recht hilfreich war. ordentlich auf den Putz zu hauen, oder? Wie’s zu all dem kam? Das Wort musikmarkt, Nehmt dies: Wir sahen Elvis und ABBA kom- „musikmarkt“ can do! trotz stilvorlagenbedingter Kleinschreibung men und gehen, ebenso King Jacko den Ge- ein zusammengesetztes Substantiv, besteht – bleichten. Wir waren vor Ort, als sich John Meistern der Klassik und mit Jazz-Kory- wie der Experte unschwer erkennen kann – und Yoko in einem Wiener Hotel der Presse phäen, deren bloße namentliche Erwähnung aus zwei exakt gleichlangen Teilen. Beginnen präsentierten, verpackt in Säcke. Wer dort heute dazu führen kann, dass sich die An- wir mit „Markt“. Auf dem wird gehandelt, ge- draußen kann schon behaupten, anno 1969 hänger ihrer Kunst vor Ehrfurcht in den Staub stritten, gelobt, gefeilscht, geschmäht, gebo- einen echten Beatle interviewt zu haben, der werfen, und zwar leise wimmernd. Wir wur- ten, geliehen und gekauft. Und zwar alles komplett in einem Baumwollbeutel steckte? den Zeuge, wie Deutschland den Eurovision Mögliche, beispielsweise tiefgefrorener Ka- „musikmarkt“ can do! Song Contest fünfundfünfzigmal nicht ge- beljau oder gebrauchte Baumaschinen. Kom- | Foto: Fotolia.com © studiostoks Fotolia.com | Foto:

32 32_33_uwe_musik_Z 05.07.16 16:06 Seite 33 07|16 musikmarkt musikmarkt over & out over The Beat Goes On!

men wir also zum Kern der Sache, zur „Mu- den. Der Autor dieser Zeilen hält es aus rein per- sik“, die für diese Redaktion 57 Jahre lang ei- sönlichen Gründen dennoch für die tendenziell nen wahren Glücksfall darstellte, denn ganz bessere Lösung. ehrlich: Von Kabeljau und Baumaschinen Was die Konsequenzen betrifft, bleibt die ro- hatte hier nie jemand wirklich Ahnung. Zu- mantisch-destruktive Vorstellung, dass mit der dem: Musik macht deutlich mehr Spaß und finalen Ausgabe von der „musikmarkt“ der Mu- hält auch länger. Keine Planierraupe ist so alt sikmarkt auf internationaler Ebene so umgehend wie Beethovens 2. Sinfonie, und sollten Sie wie vollständig kollabiert, eine Illusion. Eine jemals einem Kabeljau aus dem Jahre 1802 dem Anlass angemessene Umsetzung der Apo- begegnen, können Sie sicher sein: Mit dem kalypse erwies sich bei näherer Betrachtung als stimmt was nicht. nur unter unverhältnismäßig großen Anstren- Uwe Schleifenbaum, geboren 1965, seit 1991 Und jetzt? All Things Must Pass. Früher oder gungen realisierbar und – nachdem der erste Musikjournalist/Redakteur. Schreibt für „Mu- später. Da der „musikmarkt“ jedoch bereits ei- Frust zugunsten einer pragmatischeren Attitü- sikexpress“, „Classic Rock“ und seit 1998 nige Jahre vor einem auf dieser Welt war, wür- de verflogen war – letztlich auch als nur bedingt für den „musikmarkt“. Er verfasste ein Buch

de er auch noch existieren – so die zugegeben wünschenswert. Argumente, die in der Redak- person zur über die Rockmusik der 60er Jahre, es heißt kindlich-naive Einschätzung –, wenn man selbst tionskonferenz mit knapper Mehrheit als aus- „She Loves You.“ und hat 232 Seiten, die schon längst den Weg alles Irdischen beschrit- reichend genug erachtet wurden, um vom ent- größtenteils beidseitig bedruckt sind! ten hätte. Dass es nun andersherum kommt, mö- sprechenden „Nero-Befehl“ abzusehen. Lese- gen Abonnenten und Außenstehende höchst be- rinnen und Leser, denen aus diesem Grunde dauerlich fin- spontane Worte des Dankes und der Erleichte- Jedenfalls bedeutet das: The Beat Goes On! rung auf den Lippen liegen: gern geschehen. Und immer, immer wieder geht die Sonne auf! Oder wie der Philosoph Dragoslav Ste- panović von der Eintracht-Frankfurter Schule einst so treffend formulierte: „Lebbe gätt wei- der“. Und weil dem so ist: Bitte keine Blumenges- tecke, posthume Elogen und halbgare Tribute- overover Alben. Spenden Sie lieber mindestens 57 Euro oder Schweizer Franken an ihre örtliche Mu- sikschule. Das wäre dann eine Öcke/Franke für jedes Jahr „musikmarkt“ und selbstver- ständlich eine prima Investition in die Zu- kunft. Wer zu den Großverdienern zählt, & out Spendierhosen trägt, ganz besonders traurig & out ist, ein warum auch immer schlechtes Gewis- sen hat oder alles zusammen, der darf natür- lich noch ein bis sieben Nullen dranhängen. Sonst noch was? Schön war’s. Hat Spaß ge- macht. Und genau: Tschüssikowski, Servus und Uf Wiederluege! Was all die Helden der vergangenen 57 Jahre selbstverständlich we- sentlich eleganter auszudrücken pflegten: It’s All Over Now, Baby Blue! So Long, Farewell! Goodbye, My Love, Goodbye! See You Later Alligator! Bevor es jedoch albern oder gar rührselig wird und sich den ersten Leserinnen und Lesern erst leise, aber eben doch mit merklich zu- nehmender Lautstärke Howard Carpendales „Dann geh doch“ ins aurale Gedächtnis schraubt: Machen wir! Over & Out. | Uwe Schleifenbaum

33 34_35_konzerte-damals-heute_Z 05.07.16 17:51 Seite 34 07|16 musikmarkt musikmarkt over & out over Darauf werden die Menschen immer Hunger haben

Weit über 30 Millionen Menschen besuchen jährlich Konzert- und Showveranstaltungen in Deutschland. Innerhalb von wenigen Jahrzehnten ist aus einer überschaubaren Branche ein wichti- ger Teil der Unterhaltungsindustrie geworden. Vieles hat sich verändert, eine „Früher war alles besser“-Stimmung herrscht unter den erfahrenen Veranstaltern aber nicht.

Genau 50 Jahre ist es her, dass die Beatles ihre einzige Deutschland-Tournee absolviert ha- ben. Aus heutiger Sicht muten der technische Aufwand und die gewählten Spielstätten mi- nimalistisch an. Im Circus Krone in München etwa drängelten sich im Juni 1966 jeweils gut 3000 Besucher bei zwei Konzerten der Liver- pooler, die die Arena mit einer gerade einmal 1500 Watt starken Anlage beschallten. Fünf Jahrzehnte später haben Konzerte eine andere Dimension erreicht. „,Links eine Lampe, rechts eine Lampe und hinten drei Marshall-Boxen’ funktioniert heutzutage nicht mehr“, sagt Prof. Peter Schwenkow, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Entertainment AG (DEAG). „Die Leute wollen große, aufwendige Produktionen sehen.“ Erwachsener und kundenorientierter sei die Branche in vielerlei Hinsicht geworden, führt Schwenkow aus. In seinen Anfangstagen als Konzertveranstalter, Mitte der 1970er Jahre, habe es eine Ausfall-Quote von 25 bis 30 Pro- zent gegeben. „Heutzutage können wir als | Konzerte damals und heute: Als die Beatles 1966 in München Riem ankamen, spielten sie anschließend im vollgepackten Circus Branche den Menschen fast immer garantie- Krone mit gerade mal 1500 Watt starken Anlagen. Heute sind Konzertereignisse wie beispielsweise die letzte Muse-Tour ein ren, dass ihre Veranstaltung auch stattfindet, riesiges Entertainment-Spektakel | Fotos: Rainer Schwanke/Archiv Herbert Hauke, Chino Lemus wenn sie sich eine Karte kaufen“, erklärt der DEAG-Chef. „Damit ist auch die Bedeutung des Vorverkaufs gestiegen, wodurch wir viel man natürlich als durchaus positiv betrach- es aus meiner Sicht, dass die großen Ticke- besser planen können. Bei einem meiner ersten ten, weil sich dadurch für Bereiche wie Ticke- ting-Systemanbieter an den Konzerten immer eigenen Konzerte mit Frank Zappa in der Ber- ting, Marketing und Zielgruppenansprache mehr mitverdienen wollen, obwohl die Ver- liner Deutschlandhalle haben wir nur 800 Kar- ganz neue Möglichkeiten ergeben haben.“ anstalter das Risiko tragen“, sagt er. „Dem- ten im Vorverkauf abgesetzt, dafür aber 9000 Gerade das Ticketing sei mittlerweile aller- entsprechend wenig begeistert bin ich darü- an der Abendkasse. Heute hingegen gibt es dings „um ein vielfaches komplexer als noch ber, dass Ticketing-Unternehmen sich nun fast gar keine Abendkasse mehr.“ vor 30 Jahren“, erklärt der Hamburger Veran- auch als Spielstättenbetreiber engagieren.“ stalter. „Wie in allen wirtschaftlichen Berei- Vielfach komplexer chen sind auch bei der Durchführung von Damals ging alles etwas als vor 30 Jahren Konzertveranstaltungen die Kosten explo- amateurhafter zu Auch aus Sicht von Michael Bisping, ge- diert, was es für Veranstalter nicht einfacher Das Veranstaltungsgeschäft sei insgesamt schäftsführender Gesellschafter von a.s.s. macht, wirtschaftlich effektiv zu arbeiten. Ti- „viel komplexer geworden“, befand auch Fol- Concerts & Promotion, hat sich in den ver- cketpreise müssen entsprechend angepasst kert Koopmans im vergangenen Jahr anläss- gangenen Jahren und Jahrzehnten vieles auf werden, was potenzielle Käufer bei der lich des 25. Jubiläums seiner Agentur FKP dem Veranstaltungsmarkt verändert. Unter Masse an Veranstaltungen natürlich häufig Scorpio in einem Interview mit „musik- anderem sei festzuhalten, „dass das Internet abschreckt.“ Heinz Preisch von der Münch- markt“. „Früher waren die Standards und einen großen Einfluss auf alle Arbeitsbereiche ner Agentur Passerotto Concerts kritisiert un- Anforderungen nicht so hoch, und es ging et- eines Tourneeveranstalters genommen hat“, terdessen den wachsenden Einfluss des Ti- was amateurhafter zu. Es ist hier und dort führt Bisping aus. „Diese Entwicklung kann cketings auf den Gesamtmarkt. „Ärgerlich ist auch unpersönlicher geworden, und zu guter

34 34_35_konzerte-damals-heute_Z 05.07.16 17:51 Seite 35 07|16 musikmarkt musikmarkt over & out over Letzt spielt Geld eine größere Rolle“, so Schlechte Toiletten und der schaftlich“. Insgesamt 25 000 Besucher seien Koopmans weiter. „Das heißt aber nicht, dass Geruch von Bohnerwachs gezählt worden. „Wir möchten daraus sehr früher alles besser war. Ich weiß es zu schät- Nicht zuletzt hat sich auch die Spielstätten- gerne wieder eine regelmäßige Konzertreihe zen, dass gewisse Strukturen heute eine fi- Landschaft eklatant gewandelt. In vielen gro- machen“, sagt der Shooter-Geschäftsführer. nanzielle Sicherheit geben.“ Einig sind sich ßen Städten sind moderne Multifunktions- „Das steht und fällt natürlich damit, ob wir die Veranstalter darin, dass der Konkurrenz- Arenen entstanden, die weit über 10 000 Zu- die geeigneten Headliner finden.“ kampf heutzutage viel härter geworden sei. schauern Platz bieten. Auf der anderen Seite „Früher sagte man ,leben und leben lassen‘, fielen die einstigen Großhallen wie die Ernst- Veranstalter verkaufen weil der Markt für alle groß genug war“, Merck-Halle in Hamburg, die Sporthalle in „Brot für die Seele“ meint Michael Bisping. „Heute ist der Markt Köln oder die Berliner Deutschlandhalle der Im Vergleich zu den Festivals in den 1980er viel enger, weshalb es noch wichtiger gewor- Abrissbirne zum Opfer. Auf Veranstalterseite und 1990er Jahren sei das Publikum gesetzter den ist, seine Nische zu finden und in dieser verfolgt man diese Entwicklung allerdings geworden. „Wenn wir damals die ,Monsters qualitativ gute Arbeit zu leisten.“ eher unsentimental. „Ich trauere älteren of Rock’-Festivals veranstaltet haben, waren Auch aus der Sicht von Heinz Preisch ist „der Spielstätten wie der Deutschlandhalle nicht schon am Vorabend 25 000 Menschen in den Konkurrenzkampf in der Branche härter ge- nach, weil es dort auch viele Nachteile gab: jeweiligen Städten“, erinnert sich Lind. Die Toiletten waren oftmals in schlechtem „Heute ist das Publikum reifer und auch Zustand, der Einlass war schwierig und es nicht mehr so reisefreudig. Es lohnt sich bei- roch nach Bohnerwachs“, sagt Schwenkow. spielsweise kaum noch, den Sonntag als Fes- Letztlich sei die veränderte Spielstätten- tivaltag zu nutzen, da er für viele Fans auf- Landschaft auch eine Reaktion auf das stark grund beruflicher Verpflichtungen am Mon- gewachsene Interesse an Konzert- und Show- tag weniger attraktiv ist.“ Auf der anderen veranstaltungen. „In den 1970er und 1980er Seite, das hätten die diesjährigen MoR-Kon- Jahren haben wir eine Zielgruppe bedient, die zerte ebenfalls gezeigt, „hat unser Publikum zwischen 15 und 45 Jahre alt war“, führt der nichts von seiner Leidenschaft, Stimmung DEAG-Vorstandsvorsitzende aus. „Heute und Euphorie verloren.“ Auch Peter Schwen- kommen Fünf- bis 95-Jährige zu den Konzer- kow ist zuversichtlich, dass Konzerte in ten. Mit einer 9000er-Halle kämen Sie in vie- Shows auch in Zukunft viele Zuschauer an- len Fällen nicht mehr klar.“ Michael Bisping sprechen werden. „Um die Zukunft des Live sieht ebenfalls eine „durchweg positive Ent- Entertainment mache ich mir keine Sorgen“, wicklung“ in der Spielstätten-Landschaft. sagt der DEAG-Vorstandsvorsitzende. „Es „Clubs und Hallen sind mittlerweile viel gibt viele Künstler wie Bono oder Robbie Wil- schöner und größer als früher“, sagt er. „Si- liams, die noch vergleichsweise jung sind, cherlich gibt es die eine oder andere Halle, in sich aber über viele Jahre hinweg eine treue der wir früher gerne Konzerte veranstaltet Fangemeinde aufgebaut haben. Weitere at- haben, die heute nicht mehr nutzbar ist. Das traktive Acts wachsen nach.“ Schwenkows ist aber keine Entwicklung, die ich negativ be- Fazit: „Wir verkaufen ,Brot für die Seele‘, da- urteile“, findet auch Heinz Preisch. „Die Zei- rauf werden die Menschen immer Hunger ten ändern sich, und die neuen Spielstätten haben“. | Jörg Laumann bringen auch verbesserte Standards, etwa in puncto Komfort und Sicherheit, mit sich.“ Emotionale und wirtschaftliche worden – gerade wenn man die aktuellen Erfolge Entwicklungen im Festivalbereich betrachtet. Es kommt aber auch vor, dass Konzert-Locati- Letztlich sehe ich im Wettbewerb der großen ons aus der „alten Zeit“ ein Comeback feiern. Konzerne aber auch eine Chance für die klei- Die Loreley-Freilichtbühne etwa wird nach ei- neren, unabhängigen Veranstalter.“ Aus frü- ner zwischenzeitlichen Schwächephase wie- heren Zeiten wünscht sich Bisping „Loyalität der regelmäßig bespielt, seit 2010 die neue Be- seitens Künstlern und Agenten“ zurück. treibergesellschaft Loreley Venue Manage- „Loyalität ist eine schöne und auch wichtige ment die Regie übernommen hat. So war das Sache, vor allem dann, wenn man sie sich Amphitheater auf dem Rheinfelsen in diesem durch gute Arbeit verdient“, sagt er. „Früher Juni auch einer der beiden Spielorte, an denen | Foto: Jens Lukas arbeitete man mit Kollegen statt mit Konkur- Shooter Promotions sein „“- Vor 46 Jahren „Tief im Westen“ geboren und renten, das machte einfach mehr Spaß.“ Kalla Festival (MoR) wieder aufleben ließ. Zuletzt aufgewachsen, nach einem Zwischenspiel Lind bestätigt diesen Eindruck. „Ein Line-Up hatte das Hard-Rock- und Heavy-Metal- in München seit 2004 wieder in an- mit Bands wie AC/DC, und Mötley Großkonzert vor 25 Jahren unter diesem Na- sässig und dort als freier Journalist in den

Crüe, wie wir es in den 1980er Jahren hatten, men in Deutschland stattgefunden. Die bei- person zur Themenbereichen Musik, Film, Fernsehen, könnten wir heutzutage gar nicht mehr stem- den Festivals auf der Loreley und in Bietig- Games, Sport und Lokales tätig. Ausgebilde- ter Tageszeitungsredakteur, studierter Film- men“, sagt der „Monsters of Rock“-Veranstal- heim-Bissingen, mit Ritchie Blackmore’s und Fernsehwissenschaftler und (Hobby)- ter. „Wer am meisten bezahlt, bekommt heut- Rainbow als Hauptact, wertet Kalla Lind „als Musiker. zutage auch den Künstler.“ vollen Erfolg – emotional und auch wirt-

35 36_37_wenzlick_Z.qxd 05.07.16 16:19 Seite 36 07|16 musikmarkt musikmarkt over & out over Die Hoffnung stirbt zuletzt

Seit fast 20 Jahren betreibt Gregor Samsa in Eigenregie sein Label Sounds Of Subterrania – entgegen allen wirtschaftlichen Schwierigkeiten in der Musikbranche.

Jetzt ist es also auch um „musikmarkt“ ge- öffentlichen. Samsas Antrieb: Er wollte Musik Ich habe Presswerke kontaktiert, Plattenläden schehen. Das Magazin wird eingestellt, die herausbringen, seinen Freunden helfen und angeschrieben… Ich hatte dann das Glück, Homepage geht offline. Nach knapp 60 Jah- hatte gleichzeitig den Traum, nur für sich dass meine dritte und vierte Veröffentlichung ren verschwindet die Marke im Nirgendwo. selbst zu arbeiten. Keinen Chef zu haben und – zwei Garagenpunk-Sampler mit dem Titel Eine Realität, an die man sich in der Musik- auch kein Chef zu sein. ,Instant Assholes’, auf denen unter anderem branche ja fast schon gewöhnt hat: Verlage Samsa war damals noch Student. Die Bestel- ein unveröffentlichtes Stück von den Hives melden Insolvenz an, Magazine werden vom lungen hat er in seinem WG-Zimmer bearbei- war – ganz gut angenommen wurden und ich Markt genommen und Plattenfirmen einge- tet, die Versandtaschen selbst beschriftet – ein dadurch ein Netzwerk aufbauen konnte. So

| Sounds Of Subetrrania setzt auf aufwendiges Artwork: die LP „Cradle Of Snake“ von Snake wird von einer Mini-Jeansjacke umhüllt; wer an die Platte von EA80 und Happy Grinndcore kommen will, muss erst die Beton-Hülle zerstören; die LP „Pop Up Yours“ von The Monsters ist in einem Schiebespiel aus Holz verpackt und die 10“ „There Are Just 16 Steps Down To Hell“ von der Punk-Band The Blue Screen Of Death sieht aus wie eine große Diskette | Fotos: Marco Kren

stellt, CD-Läden schließen und Bands lösen richtiges Ein-Mann-DIY-Punkrocklabel. „Da- hat sich das Label relativ schnell getragen.“ sich auf. Manchmal beschleicht einen das Ge- mals hat man halt alles selbst gemacht“, sagt Vertrieben wird Sounds Of Subterrania seit fühl, die Branche sei wirklich dem Untergang er. „Heute nennt irgendein findiger Marke- 2001 von Cargo Records, außerdem ist Samsa geweiht. Und dann kommt jemand wie Gre- ting-Stratege so etwas 360-Grad-Deal. Dabei mit dem Label 2008 nach Hamburg umgezo- gor Samsa. ist jedes kleine Label 360-Grad.“ Google und gen. Ansonsten hat sich aber nicht viel geän- Samsa, der in Wirklichkeit natürlich anders Photoshop gab es noch nicht. Cover wurden dert: Samsa macht immer noch alles selbst. heißt und seinen Künstlernamen aus Franz Sein Ziel ist es, musikalisch Genregrenzen zu Kafkas Erzählung „Die Verwandlung“ entlie- sprengen, deshalb bewegt sich der Sound des hen hat, gründete 1998, im Alter von 23 Jah- Labels zwischen Rhythm and Blues der ren, das damals in Kassel ansässige Indie-La- Musikalische 1950er, Pop der 1960er und Rock der 1970er, bel Sounds Of Subterrania. Seitdem hat er in Delikatessen für Liebhaber zwischen Soul, Funk, Garage, Punk, Disco Eigenregie rund 150 Platten veröffentlicht – und Noise. Der Großteil der Veröffentlichun- entgegen allen wirtschaftlichen Schwierigkei- gen erscheint als Vinyltonträger. Mal gibt es ten, fern von kommerziellen Ambitionen und nur 20 Exemplare, mal 1000. aus purer Liebe zur Musik und zur Kunst. per Belichtungsfilm gestaltet, Bestellungen Besondere Aufmerksamkeit legt Samsa stets „Ich habe mich schon sehr früh für Musik in- per Fax aufgegeben. Dafür waren Platten auf das Artwork seiner Veröffentlichungen. teressiert“, erinnert sich Samsa. „Zunächst günstig: 50 Pfennig pro Stück. „So eine Pres- Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass er habe ich an einem Fanzine gearbeitet, später sung hat dann 500 Mark gekostet, das habe die aufwendigsten Plattencover der Welt dann mit einem Freund meine erste Split-Sin- ich mir irgendwie zusammengespart“, so macht. Entweder er gestaltet sie selbst, oder gle gemacht.“ Sounds Of Subterrania grün- Samsa. „Trotzdem war es am Anfang manch- er arbeitet mit renommierten, internationalen dete er schließlich, um die Debütsingle der mal schwierig, weil ich natürlich überhaupt Künstlern zusammen. Viele Platten erschei- befreundeten Kasseler Band Slice 49 zu ver- nicht wusste, an wen ich mich wenden soll. nen zudem in bemerkenswerten und einzig-

36 36_37_wenzlick_Z.qxd 05.07.16 16:19 Seite 37 07|16 musikmarkt musikmarkt over & out over artigen Special Editions. „Cradle Of Snake“ ger Musikunternehmen VUT bekam Samsa zum Beispiel, das Album der schwedischen für sein langjähriges und ausdauerndes En- Aktuelle Releases Rockband Snake, ist von einer Mini-Jeansja- gagement für Independent-Musik bereits ver- The Courettes cke umhüllt – inklusive Taschen, Knöpfen, liehen. „Here Are The Courettes“ Button und Rückenaufnäher. „Sie ist wie bei Und trotzdem: Zwischen den Zeilen lässt sich Auf dem Debütalbum des Duos aus Brasilien einer echten Jeansjacke sogar innen genäht“, erahnen, dass solche aufwendigen Veröffent- überblick im und Dänemark gibt’s von den Sechzigern be- so Samsa. „Das kriegt wahrscheinlich kaum lichungen natürlich nicht reich machen. „An einflussten Garagen-Rock – nur mit Gitarre einer mit, denn wer guckt da schon rein. Mir den Special Editions verdiene ich keinen und Drums. ist aber wichtig, dass bis zum letzten Detail Pfenning“, so Samsa. Deshalb hat er neben Columbian Neckties alles stimmt, unabhängig von den Kosten. seinem Label inzwischen einen „normalen“ „It’s All Gone“ Die Artworks sind für mich nicht bloß eine Job. Er ist musikalischer Leiter bei Super- Elf Jahre nach ihrem letzten Album hat die Produktverpackung, sondern Teil des Ge- sense, einem „analogen Delikatessenge- dänische Punk-Rock-Band ihr viertes Album veröffentlicht: Highspeed Garagepunk! samtkunstwerks.“ schäft“ in Wien. „Ich empfinde es aber als So ist die 7“ „Electro Napalm Death“ Frechheit, wenn Leute sagen, ich hätte ein Human Abfall von EA80 und Happy Grinndcore in Beton Hobbylabel“, fährt er fort. „In Anbetracht der „Form & Zweck“ gegossen, sprich, man muss die Außenhülle Zeit, die ich das schon mache, und der Arbeit, Human Abfall aus Stuttgart machen Post- Punk, Noise, Surf und Trap, die Texte sind zerstören, um an die eigentliche Platte zu die ich da rein stecke. Das hat nichts mit ei- stark von Dadaismus und Kritischer Theorie kommen. Die LP „Pop Up Yours“ von der nem Hobby zu tun.“ geprägt. Samsa geht es vielmehr darum, sich nicht von den Einnahmen von Sounds Of Subterrania Derzeit arbeitet Gregor Samsa an Specials für Bobby Conn, The Courettes und The abhängig zu machen – denn das würde wie- Monsters. derum eine künstlerische Einschränkung be- deuten, der er sich verwehren will. „Natür- lich rechne ich durch, was ich für eine Platte zieren. Ob das klappt, ist eine andere Frage, verlangen kann, aber trotzdem versuche ich denn neue Projekte hat er schon jetzt im Kopf. das Label jenseits von finanziellen Aspekten Außerdem arbeitet er aktuell an seinem ers- zu führen“, sagt er. „Ich mache mir keine Ge- ten Plattenspieler. „Mir macht das Ganze danken darüber, ob sich eine Platte gut ver- auch deshalb nach wie vor Spaß, weil Musik kauft oder nicht. Ich frage mich vielmehr: mich immer noch berührt“, sagt er. „Ich kann Braucht die Welt diese Platte. Mir geht es um mir gerade nicht vorstellen aufzuhören. Das den künstlerischen Aspekt. Um kritische Label wird so lange existieren, wie ich Bands Auseinandersetzung und einen Mehrwert für finde, die eine Relevanz für mein Leben besit- die Gesellschaft. Ich will die Leute mit mei- zen und von denen ich glaube, dass es wich- nen Veröffentlichungen sensibilisieren, denn tig ist, dass man sie hört.“ Auch wenn Samsa dann fangen sie vielleicht an, die Welt um sein Licht gerne unter den Scheffel stellt: Es | Musik ist seine Leidenschaft: Gregor Samsa | Foto: zvg sich herum bewusster wahrzunehmen. Bei ist verdammt wichtig, dass es in der manch- der Jeansjacke von Snake zum Beispiel den- mal so trostlos wirkenden Musikbranche Rockabilly- und Garage-Punk-Band The ken sie vielleicht über Produktionsbedingun- noch Leute wie ihn gibt. Und es gibt sie. Man Monsters ist in einem Schiebespiel aus Holz gen nach. Das sind Denkanstöße, die ich ge- muss sie nur finden. | Nadine Wenzlick verpackt, die Noise-Platte „Where Are You“ ben will. Ich will nichts veröffentlichen, das Mehr Informationen: von Action Beat kommt in rostigem Metall einfach nur existiert, um zu existieren.“ www.soundsofsubterrania.com daher und die 10“ „There Are Just 16 Steps Im Grunde genommen kann man Sounds Of Down To Hell“ von der Punk-Band The Blue Subterrania als Kunstlabel bezeichnen. Wie Screen Of Death sieht aus wie eine große Dis- wichtig ist es für die Musik und die Kunst, kette. dass es solche Labels und Idealisten wie Gre- „Ich versuche immer Platten zu machen, die gor Samsa gibt? „Ich bin mir da mittlerweile keiner imitieren kann“, sagt Samsa. „Sehr nicht mehr sicher, ob es relevant ist. Also für stolz bin ich auch auf die Amos-Platte ‚Show- mich ist es das natürlich, weil es mein Leben time’. Jedes Plattencover wurde von einem bestimmt, aber die Auswirkungen, die ich er- anderen Künstler gestaltet, insgesamt waren ziele, sind so geringfügig, dass sie eigentlich 400 Künstler aus 40 Ländern dabei. Das ist keine gesellschaftliche Relevanz haben“, kon- das größte Musik-Kunst-Projekt aller Zeiten.“ statiert Samsa. „Das klingt jetzt pessimistisch. Die Arbeiten reichten von Illustrationen, Pro- Nur weiß ich, dass der Kampf, den ich führe, dukt- und Modedesign über Urban Street Art eigentlich verloren ist. Weitermachen muss bis hin zu Tattoo Art oder Bildender Kunst. ich trotzdem, weil jeder noch so kleine Schritt Nadine Wenzlick arbeitet seit über zehn Jah- Für dieses außergewöhnliche Projekt wurden ein Schritt ist. Das Amos-Projekt war richtig ren als Musikjournalistin und ist u.a. für „Visions“, NTV.de, das „Hamburger Abend- Samsa und der in München lebende Popsän- anstrengend, kraftraubend und ich habe Geld blatt“ und „KulturNews“ tätig. Nach mehr ger Amos 2010 mit dem IF Award ausgezeich- verloren – aber dafür so viel mehr gewon-

zur person zur als 2000 besuchten Konzerten und über 700 net sowie für den Designpreis der Bundesre- nen.“ Interviews kann sie sich nach wie vor keinen publik Deutschland nominiert. Auch „Die Die Zahl an aufwendigen Special Editions, besseren Job vorstellen. Goldene Indieaxt“ vom Verband unabhängi- sagt Samsa, wolle er in Zukunft leicht redu-

37 38_39_ost-vinyl_Z 05.07.16 16:38 Seite 38 musikmarkt 07|16 musikmarkt over & out over Der Musikmarkt in der DDR hatte eigene Regeln

Warum wir zu Mauerzeiten im Osten vom „musikmarkt“ keine Ahnung hatten und uns Plattensammler die Charts einen Scheiß interessierten.

Vor einigen Jahren lernte ich Hans R. Beier- Ein Musikmagazin für den Handel, das über lein kennen, wenn auch nur am Telefon. Ich neue Schallplattenveröffentlichungen infor- führte mit ihm ein Interview, es ging um die mierte und Beliebtheitsranglisten publizierte, „Internationale“ und wie er an ihr verdient gab es damals nicht. So kam es, dass Beierlein hatte. Beierlein war ein cleverer Hund, der zusammen mit Josef Keller 1959 das Magazin nicht nur Manager von Udo Jürgens und Vor- „Der Musikmarkt“ gründete und die Charts arbeiter beim Schürfen der Goldader volks- in Deutschland einführte. tümlicher Musik war, sondern sich 1970 auch die Rechte an dem weltweit verbreitetsten Zu Weihnachten Santana Kampflied der sozialistischen Arbeiterbewe- In der DDR-Provinz, wo ich in den frühen gung erworben hatte. So mussten die Genos- Siebzigern meine ersten popmusikalischen sen in den früheren sozialistischen Staaten bis Erweckungserlebnisse hatte, war vieles aus 1989 für die Verwendung des Liedes an ihn dem Westen begehrt. Wir guckten Westfern- zahlen. Beierlein hatte den Studentenführer sehen – besonders Musiksendungen und die Rudi Dutschke Ende der Sechzigerjahre oft Fußballbundesliga, aber eigentlich alles. Nur im Fernsehen gesehen, wie er mit anderen an Printmagazine kamen wir nicht heran. Studenten auf Demonstrationen über den Wenn’s hochkam, kursierte im Kumpelkreis Berliner Ku'damm zog, stets die „Internatio- mal eine abgegriffene „Bravo“ mit einer Dop- nale“ auf den Lippen. Natürlich dachte er, der pelseite über sensationelle Blut-und-Pyro- erzkonservative Franke, nicht im entferntes- Konzerte von Kiss. Ein Kumpel hatte sogar ten daran, fortan bei der Revolution mitzu- mal einen „Stern“, ein Mitbringsel seiner machen, sondern nur daran, wer denn eigent- Westverwandtschaft, rumgereicht, in dem ein lich die Rechte an der „Internationale“ be- atemberaubender Bericht über die Aus- säße und somit an ihr verdiente. Als er erfuhr, schweifungen von Led Zeppelin in Amerika dass niemand in Westdeutschland die Rechte stand. Nie wieder glänzte der Westen golde- besaß, griff er zu. Angeblich für gerade 4000 ner. Dollar. Und als er herausfand, dass die Rechte Wenn uns in der DDR eins nicht interessierte, für die DDR und andere Ostblockstaaten waren es Chartplätze. Und von einem „mu- ebenfalls nicht vergeben waren, erwarb er die sikmarkt“, der sich um dieses Thema beson- auch noch. Selbst aus der devisenklammen ders kümmerte, hatten wir schon gar DDR kam das Geld reibungslos (heute sind nicht gehört. Wir haben in den die Rechte übrigens wieder frei.) Plattenläden die internationa- Bei dem Gespräch erfuhr ich auch, dass len Lizenzplatten teilweise ge- der Gründung des „musikmarkt“ – kauft, wie sie kamen – und es für den ich als freier Journalist in- gab nicht allzu viele, weil fast zwischen auch schrieb – eine nur Vinyls vom heimischen ähnlich clevere Idee zu- Amiga-Label im Angebot grunde lag. In den Fünfzi- waren. Meine erste Lizenz- gerjahren kamen die LP (die Ostmusik interes- Jukeboxen heraus, die sierte tatsächlich kaum) stetig mit Singles bestückt war von Santana, ich be- wurden. Die Besitzer in Knei- kam sie zu Weihnach- pen und Bars überlegten ten und meine Mutter oft, welche man auswäh- war ziemlich stolz, sie len sollte, um die meis- ten Leute zum Hören | An West-Platten zu kommen, und Bleiben in ihren war in der DDR nicht einfach Läden zu animieren. | Foto: fotolia.com/© StuckPixel

38 38_39_ost-vinyl_Z 05.07.16 16:38 Seite 39 musikmarkt 07|16 musikmarkt over & out over ergattert zu haben. Meine erste Original- Hunderttausende reisten jeden Sommer gen vergessen. West-LP kaufte ich mir kurz darauf auf einem Süden, weil es dort – neben Westjeans, Sonne Der eiserne Willen der Sicherheitsorgane zum Flohmarkt in Stettin: „Meddle“ von Pink und schönen Mädchen – eben auch Westplat- Schutz der DDR vor Gesetzesverstößen äu- Floyd, gebraucht, 80 Mark. ten in Hülle und Fülle gab. Ich war jedes Mal ßerte sich in der Parole: „Packen Sie mal alle wie elektrisiert, wenn ich nur daran dachte. Sachen aus!“ Natürlich merkten die Zöllner, Ost-West-Handel Schon Wochen vor der Reise grübelte ich vor dass ich meine vielen Schallplatten nicht mit So begann meine Plattensammelei in der dem Einschlafen, was ich kaufen sollte: Eine den mir zustehenden Forints gekauft haben DDR. Und die unterschied sich grundlegend Jeans und zwei Original-LPs? Oder lieber konnte. Sie blafften mich an wie einen Verbre- von der unserer Brüder und Schwestern im keine Jeans und vier Original-LPs? Oder cher, im gleichen Ton, mit dem Westdeutsche Westen. Sie hatte vielleicht noch mehr mit keine Original-LPs, sondern lieber die Alben an der DDR-Grenze oft angemotzt wurden. Leidenschaft zu tun, auf jeden Fall noch mehr als Jugoton-Pressung, weil die Lizenzveröf- Da gab es keinerlei Bonus für die Landsleute. mit dem Besorgen des nötigen Geldes und oft fentlichungen des jugoslawischen Labels nur Nur weil sie den Zug an ihrer Dienststelle in auch mit Glück. Das für manche zum Beispiel halb so teuer waren wie die Originale von Bad Schandau wieder verlassen mussten, lie- im befreundeten Bruderland Bulgarien lau- EMI und CBS? Und vor allem, welche Platten ßen sie nochmal Gnade vor Recht ergehen, erte. Dort hatte einer meiner Freunde im Ur- sollte man kaufen: Klar, war ein wie mir die Grenzbeamten am Ende großmü- laub einst einen Bundesbürger getroffen, der Muss, aber die Neueste der Stones, von der es tig versicherten. eine etwas seltsame Leidenschaft pflegte: Er hieß, sie sei nicht so doll? Oder doch lieber ei- sammelte Schallplatten von Ost-Bands: Puh- nen weiteren Klassiker von The Doors oder „The Wall“ dys, Karat, City, das komplette Programm des Jefferson Airplane. Das war nun alles nicht up Ein paar Monate später fiel die Mauer, und etablierten to date, aber in der mein erster Weg führte über die Bornholmer Rock made in DDR-Provinz kamen Brücke nach Westberlin. Der erste Laden, den GDR. Mein die aktuellen Trends ich betrat, war ein kleiner Plattenladen, und Kumpel sam- teilweise mit Verzö- mein erster Gedanke war: Sieht ja hier aus melte eben- gerung an und wie in ! Ich stöberte eine halbe falls Platten, Charts interessierten, Stunde die Regale durch und bin dann wie- natürlich nicht wie gesagt, sowieso der gegangen, hatte ja eh kein Geld. Dann von den Puh- nicht. Das Abwägen kam die D-Mark und die Mauer fiel nochmal. dys oder Ka- hatte seinen Grund, Auf der Brache des Potsdamer Platzes, wo rat, sondern weil man längst Roger Waters im August 1990 „The Wall“ auf- von Genesis, nicht so viel kaufen führte. Die Show war gigantisch, aber mehr Jethro Tull, konnte wie man auch nicht. Seither habe ich noch viele Kon- Neil Young wollte, selbst wenn zerte besucht und irgendwann auch über sie | Unser „musikmarkt“-Autor Gunnar Leue in Ungarn vorm Platten- und Peter Ga- geschäft | Foto: zvg man genug Geld be- geschrieben. Und über das Geschäft mit der briel. So ergab sessen hätte. Schließ- Musik, unter anderem im „musikmarkt“. sich ein für lich waren die Un- | Gunnar Leue beide Seiten lohnendes Ost-West-Geschäft: garn nicht sehr erpicht auf die DDR-Mark, Der Westler bekam die gewünschten Ost- sondern buhlten lieber um die harte West- band-LPs und mein Kumpel erhielt dafür in- währung. ternationale Top-Alben, die in der DDR auf Wir Ostler durften nur gut 500 DDR-Mark in dem Schwarzmarkt für bis zu 150 Ostmark ungarische Forint umtauschen und im Land gehandelt wurden. noch einmal 100 Mark auf die mit dem Visum Ein anderer Freund von mir gehörte zu die- ausgehändigte Zollerklärung. Dieses kleine sen Schwarzhändlern. Er mischte in einem Formular öffnete eine Hintertür zum Glück: Tauschring mit, über den Original-LPs von Wenn man mehr Zollerklärungen und natür- den Stones oder Led Zeppelin illegal die lich die jeweiligen 100 Mark dazu besaß, ließ Mauer passierten. Westberliner schmuggel- sich das Forint-Kontingent erheblich erwei- ten sie nach Ostberlin, wo sie hiesige Zwi- tern – was mir einmal dank Beziehungen ge- schenhändler dann weiter verkauften. So et- lang. So hatte ich plötzlich fünf der begehrten was wurde als hartes Devisenvergehen ver- Zettelchen. Die Zollformulare und zusätzli- folgt. Mein Dealer-Kumpel stieg gerade noch chen fünfhundert Mark, unter meinem Fuß in rechtzeitig aus, nachdem ihm die Polizei auf der Socke versteckt, erreichten mit mir im die Schliche gekommen war. Frühjahr 1989 per Zug Budapest, wo ich mich endlich dem Plattenkaufrausch ergeben Jeans oder LPs? konnte. Auf der Rückfahrt beging ich im Geboren 1963 in der ostdeutschen Provinz, seit den 1980er Jahren Berliner mit Zuge- Wer weder Westverwandte, noch viel Kohle Glücksrausch ob der fetten Beute leider einen reistenstatus. Nach dem Journalistikstudium hatte (was beides auf mich zutraf), hatte nur dummen Fehler. Vor der Grenze zum sozialis- in Leipzig (1985-1989) zunächst Redakteur eine Chance, günstig an Westplatten zu kom- tischen Heimatland mussten den DDR-Zöll- person zur bei der Tageszeitung „Junge Welt“, seit 1994 men: Ungarn! nern wie immer die ausgefüllten Zollerklä- Mitgründer eines Journalistenbüros und Ungarn, das war nicht nur die lustigste Bara- rungen mit den Angaben der eingeführten freier Jounalist (Tageszeitungen, Zeitschrif- cke im sozialistischen Lager, es war das Gegenstände ausgehändigt werden. Nur, ten und Magazine). Traumland für uns DDR-Bürger schlechthin. mein Zettel war leer! Ich hatte ihn schlicht

39 40_simon_Z.qxd 05.07.16 16:10 Seite 40 07|16 musikmarkt musikmarkt over & out over Das Aus für den „musikmarkt“ reißt eine Lücke

Meint man es als freier Journalist ernst und möchte von seiner Arbeit leben, ist man auf Partner angewiesen, mit denen man vertrauensvoll, langfristig und auf Augenhöhe zusammenarbeitet. Meine Partnerschaft mit „musikmarkt“ hat ziemlich genau neun Jahre angehalten. Sie begann Anfang 2007.

Ich hatte ein Hörbuch-Thema aufgetan und wonnen: insbesondere die gut recherchierten, Oder es entwickeln sich komplett neue Maga- wollte es einem Branchenmagazin anbieten. großen Geschichten über viele Seiten hinweg zin-Ansätze, möglicherweise auch ganz weg Ich stieß auf „musikmarkt“, griff zum Hörer waren ein Qualitätskennzeichen und ließen von Print. Hauptsache, der journalistisch und wurde ohne Umwege direkt mit Chefre- den Leser tief in die Thematik eintauchen. vielstimmige Branchendialog bleibt erhalten. dakteur Stefan Zarges verbunden. Ich war be- Diese thematische Tiefe und Breite war aller- Was in jedem Fall erhalten bleibt, sind 57 eindruckt, wie selbstverständlich es für ihn dings nicht nur ein Qualitätsmerkmal des Jahre, in denen „musikmarkt“ das Branchen- war, sich mein Thema anzuhören und wie of- „musikmarkt“, sondern ganz klar auch ein geschehen maßgeblich begleitet hat. Für mich fen er war für das Anliegen einer Person, die Alleinstellungsmerkmal. Das wird fehlen, als freien Journalisten war es unglaublich er gar nicht kannte. Das ist nicht selbstver- hier bleibt eine Lücke. wertvoll, Teil eines Redaktionsteams zu sein, ständlich. Zwar musste er mir für mein Ich kann und mag mir nicht vorstellen, dass das nicht nur auf der professionellen Ebene Thema eine Absage erteilen, bat mich aber dies Labels, Veranstaltern, allen mit der Bran- klasse war, sondern auch im partnerschaftli- darum, einmal ein paar Arbeitsproben zu che Verbundenen gefallen kann. Denn ihnen chen Miteinander. Danke hierfür. Dem ge- schicken. bricht mit „musikmarkt“ eine wichtige Platt- samten „musikmarkt“-Team wünsche ich, form weg. dass es beruflich nahtlos weitergeht. Entdecke die Themen | Simon Colin Dann bekam ich meinen ersten Auftrag und Vielstimmigkeit ist sinnvoll die Aussicht auf eine langfristige Zusammen- Doch auch hinsichtlich der journalistischen arbeit, sollte es mit uns funktionieren. Es Vielfalt ist das Aus für den Musikmarkt be- funktionierte. Un- denklich. Journa- zählige unter- listische Vielstim- schiedliche The- migkeit ist sinn- men habe ich seit- voll und nötig, dem für „musik- egal in welcher markt“ entdecken Branche. Deswe- dürfen in einer un- gen wünsche ich gemein spannen- mir, ja ich möchte den Branche und es sogar gerne er- gemeinsam mit ei- warten, dass nicht nem tollen Redak- gleich nach den tionsteam. Dafür zahlreichen Bei- bin ich sehr dank- leidsbekundungen bar. ein Haken hinter Simon Colin arbeitet seit 2005 als freier Umso fassungslo- die Sache gesetzt Journalist, u.a. für die Branchenmagazine „musikmarkt“ und „Buchreport“ sowie für ser und entsetzter wird. Tageszeitungen. Darüber hinaus ist er als war ich, als ich er- Natürlich sind sol-

zur person zur Texter engagiert, u.a. für die Kommunikation fuhr, dass „musik- che Wünsche letz- der Hochschule Darmstadt. Zu seinen Kern- markt“ eingestellt ten Endes verwe- themen für „musikmarkt“ gehörten die Be- wird. Klar, die ver- gen, denn dies reiche Hörbuch und Family Entertainment, gangenen Jahre waren schwierig. Doch „mu- würde in der Konsequenz einmal mehr (ver- Branchenübergreifendes, die Berichterstat- sikmarkt“ hat reagiert. Er hat sich thematisch legerischen) Mut, Risikobereitschaft und tung über Themen im Rhein-Main-Neckar- Raum sowie über Live-Events wie den immer breiter aufgestellt und sich weiterent- dann Durchhaltevermögen erfordern. Aber Deutschen Rock & Pop Preis. wickelt. Mutig war der Schritt weg von der warum sollten dabei nicht aussichtsreiche wöchentlichen hin zur monatlichen Erschei- Konzepte entstehen, die die Marke „musik- www.aufswort.wordpress.com nungsweise. Dadurch hatte das Magazin ge- markt“ und das, wofür sie steht, erhalten?

40 41_tari_Z 05.07.16 18:26 Seite 41 07|16 musikmarkt musikmarkt over & out over Never waste a good crisis

Die voranschreitende Digitalisierung produziert unentwegt Gewinner und Verlierer. Und als Angela Merkel erst im Juni 2013 den berühmten Satz „Das Internet ist für uns alle Neuland“ formulierte, so trifft dies zwar selbst heute noch auf manchen Wirtschaftszweig zu, aber keineswegs für die Medien- und erst recht nicht für die Musikbranche.

Die Tonträgerfirmen bekamen bereits Ende schen Sorgfaltsgebot des üblichen Journalis- der neunziger Jahre zu spüren, was es heißt, mus nicht unbedingt korrespondieren. wenn neue Technologien und Medien beste- hende Geschäftsmodelle ins Wanken brin- Lobpreisender Journalismus gen. Immer wieder war zu lesen, die Musik- So werden künftig alle Beteiligten an diesem industrie habe die Modernisierung verschla- Prozess noch dazulernen müssen. Dazu ge- fen, sei nicht innovativ genug oder einfach hören Lernerlebnisse für User, wenn sie sich nur obsolet geworden. Kurz darauf ereilte aufgrund verletzender Kommentare ihre auch die Medienbranche ein rapider Wech- erste einstweilige Verfügung einfangen, ge- sel der Mediennutzung, einhergehend mit nauso wie kritische und hämische Kommen- einem Rückgang von Auflagen und Anzei- tare als Reaktion auf besonders lobpreisende genumsatz für Printmedien. Oder, wie im Selbstdarstellungen von Unternehmen oder Fall von MTV, ein Rückgang von Zuschauer- Künstlern, die offenbar von Konsumenten | Abb.: Fotolia.com © blojfo Fotolia.com | Abb.: quoten zugunsten des Erfolges von You- keineswegs so wahrgenommen werden wie Tube. User-Generated-Journalismus sie es sich manchmal erhoffen. Fest steht also, Die Musikindustrie erfuhr indes nicht zu- Über den Auflagenrückgang von „Bravo“ & dass sich die Medienkompetenzen verlagern letzt dank der Börsengänge von Konzert- Co. in Deutschland zu schreiben, wäre an die- und dass die Qualität des herkömmlichen konzernen wie CTS Eventim, DEAG und ser Stelle ein Leichtes. Da diese Erkenntnisse Musikjournalismus samt fundierter Reper- Live Nation ihre Rundumerneuerung – mittlerweile aber ohnehin eine Binsenweis- toire-Kenntnis oder Fachwissen nicht mehr in selbst wenn heutzutage immer noch in den heit sind, lohnt sich eher der Blick auf den ge- der Quantität bestehen kann, wie dies bislang Nicht-Musikmedien mit dem Begriff „Mu- genwärtigen Ist-Zustand und den damit ver- der Fall war. Eine Bewertung, ob dies nun gut sikindustrie“ nur allzu oft lediglich die drei bundenen Konsequenzen. oder schlecht ist, ist schon lange nicht mehr verbliebenen Tonträgerkonzerne assoziiert Die Finanzierung des Musikjournalismus nötig. Denn ändern kann man es schließlich werden. wird schwieriger, die journalistische Vielfalt sowieso nicht mehr. | Manfred Tari wird geringer. Stattdessen wird der User-Ge- Die Queen des Journalismus nerated-Journalismus an Bedeutung gewin- Peter Smidt, einer der Chefs vom Showcase- nen, ebenso wie die selbsterzeugte Berichter- Festival Eurosonic Noorderslag in den Nie- stattung über die medialen Plattformen der derlanden, äußerte neulich in einem Ge- Künstler, Festivals, Clubs oder Labels. spräch den Satz „Never waste a good crisis.“ Die Sozialen Medien als Journalismus zu be- Ein Statement, das bestenfalls für Krisenma- zeichnen, ist für klassische Medienschaffende nager einer Durchhalteparole gleichkommt. bis auf weiteres noch ungewohnt. Dennoch Zumindest wird es in Bezug auf den Fortbe- übernehmen Fans oder Konsumenten immer stand der Musikmedien oder des Musikjour- mehr journalistische Aufgaben wie Einord- nalismus bis auf weiteres eher weniger statt nung, Lob und Kritik oder gar die Nachbe- mehr geben. richterstattung. Was es damit auf sich hat, verdeutlichen die Sie triggern die selbsterzeugte Berichterstat- Entwicklungen in der Pop-Nation England, tung der Branche, der Künstler oder was Manfred Tari ist seit 1987 in der Branche des ehemaligen Zentrums des profilierten sonst noch dazu gehört. In geringen Teilen tätig. 1984 organisierte er sein erstes Festi- Musikjournalismus. Den altehrwürdigen profitieren davon die bestehenden und auch val in Dortmund, von 1989 bis 1998 war er „Melody Maker“, gegründet 1926 und einst neuen Musikmedien, obwohl diese, wenn es für den Konzertbereich bei der Popkomm zu-

eine Ikone des klassischen Musikjournalis- dabei um Blogger geht, sich gegenwärtig person zur ständig. Seit 1999 arbeitet er als Journalist mus, hat es bereits im Jahr 2000 dahingerafft. größtenteils noch unter äußerst prekären Be- für zahlreiche Fachmagazine, darunter „mu- Selbst der „New Musical Express“ (NME), dingungen verdingen. sikmarkt“, „IQ-Magazine“, „Music & erstmals veröffentlicht im März 1952, er- Selbst an Massenphänomen wird es künftig Copyright“ und „VIP News“. Von 2004 bis 2008 arbeitete er am Konferenzprogramm scheint, nachdem es seit 2003 zu einem deutli- nicht mangeln, auch wenn Shitstorms, On- für die Popkomm mit, seit 2009 auch für das chen Auflagen-Rückgang kam, seit September line-Trolls, Facebook-Likes und Twitter-Follo- Reeperbahn Festival in Hamburg. 2015 nur noch als kostenfreie Musikzeitung. wer mit dem selbstauferlegten publizisti-

41 42_43_klassikstandort-deutschland_Z 05.07.16 17:10 Seite 42 07|16 musikmarkt musikmarkt over & out over Deutschland als Karrierestandort für klassische Musiker

Klassik ist alt und etwas elitär – und funktioniert doch in allen Ländern und allen Kulturen. Noch nie gab es so viele junge Menschen, die eine Karriere in der klassischen Musik anstreben und noch nie war der deutschsprachige Raum so gefragt. Junge Musiker müssen sowohl geschäftstüch- tig, als auch international eingestellt sein.

Knapp 33 000 Studenten waren an den Hoch- schulen Deutschlands im Semester 2014/ 2015 in musikalischen Bereichen eingeschrie- ben, 18 000 davon auf Musikhochschulen. Selbst wenn man die Hälfte dieser Studieren- den abzieht, da sie als Musikwissenschaftler und Musikpädagogen studieren, bleibt eine beeindruckende Anzahl von Menschen, die sich das Ziel setzt, ihr Auskommen damit zu bestreiten, Leuten Musik vorzuspielen. Etwa ein Drittel studieren Orchester, Instrumental- musik, Komposition oder Gesang und schei- nen ihre Zukunft in der Klassik zu sehen. Klassikstandort Deutschland Bemerkenswert ist dies schon, weiß im Grunde doch jeder, dass die jungen Künstler kein einfacher Arbeitsmarkt erwartet. Die Konkurrenz ist groß, und sie schlägt sich um Stellen – in einer Zeit, in der die Finanzierung von Spielstätten nicht immer gegeben ist, in der auch renommierte Rundfunk- oder Lan- desorchester ihre Existenz nicht als dauerhaft garantiert sehen können. Dennoch: Der po- tentielle Nachwuchs in der klassischen Mu- sik nimmt zu. In Ländern wie China, Japan und Südkorea und zunehmend auch Russ- land wachsen ebenfalls hochbegabte klassi- sche Musiker heran – und viele zieht es für ihre Ausbildung in den deutschsprachigen Raum. Wenigen außerhalb der Branche ist es be- wusst, welches Ansehen die klassische Mu- sikausbildung der Länder Deutschland, Österreich und der Schweiz im Ausland ge- nießt. Wenig verwunderlich, gilt der wirt- schaftliche Fokus doch mehr anderen Dingen als der Kultur. Deutschlands vielfältige Or- chesterlandschaft ist jedoch ein enormer Standortvorteil. Somit wird Deutschland auch ein Land der internationalen, interkul- turellen Begegnung: 40 Prozent Ausländer- anteil ist im Musikstudium nicht ungewöhn- lich, Orchester sind multinational und zahl- Foto: fotolia/© dule964 fotolia/© Foto:

| reiche Festivals überschreiten Landesgren-

42 42_43_klassikstandort-deutschland_Z 05.07.16 17:10 Seite 43 07|16 musikmarkt musikmarkt over & out over zen oder ziehen Teilnehmer aus vielen ande- aber wenig. Dieser Erfolg erfordert aber Seelische Kathedralen ren Ländern an. auch regen Austausch mit anderen Künst- „Bestimmte Dinge haben einen universellen lern und ein großes Repertoire. Seit Anfang Charakter und sind dann auch zeitlich unab- Der Künstler als Geschäftsmann der 2000er hat sich die Klassik gewaltig ge- hängig. Bei Werken wie Beethovens ,Neun- Ohne Hilfe kann ein junges Talent in diesem öffnet und nimmt Einflüsse aus anderen ter’ oder der ,Carmina Burana’ fühlt sich das Markt kaum Fuß fassen. Meist wird empfoh- Genres und Kulturen in sich auf. Vorbei ist ,Urmenschliche’ angesprochen“, erklärt Minz len, sich eine Agentur zu suchen, die bereit die Zeit, in der ungewohnte Variationen ei- die Faszination, die Klassik auslöst. Noch ist, den Künstler langfristig zu fördern. Doch nen Meisterstücks Skandale hervorriefen. Im poetischer wird Griffiths: So wie die Architek- solch ein Partner muss erst gefunden wer- Gegenteil: Das Versprechen auf Neues und tur Kathedralen gebaut hat, die uns auch den. Musikhochschulen bieten – neben der Frisches ist Teil des Erfolgsrezepts der Klas- heute noch zutiefst beeindrucken, habe die fachlichen Ausbildung – die Möglichkeit, sikfestivals in Deutschland. klassische Musik „seelische Kathedralen“ – Netzwerke zu bilden, ansonsten gibt es im Das „Young Euro Classics Festival“ war und Höhepunkte des menschlichen Schaffens – Bereich des wirtschaftlichen Denkens und ist eines der Vorreiter in diesem kultuellen kreiert. Beides sei es wert, erhalten zu wer- der Selbstvermarktung wenig Angebote. Aufbruch. Es lädt Jugend-Symphonie-Or- den. Das romantische Klischee des weltfremden chester aus der ganzen Welt nach Berlin ein Auch jenseits nüchterner Zahlen betrachtet, Künstlers ist überholt, stellt auch Howard und ermutigt jedes, die kulturellen Eigenhei- sollte es einleuchten, dass klassische Musik Griffiths fest. Als Generalmusikdirektor des ten des Landes einzubauen. Während auf weiterhin weltweit Bedeutung haben wird, Brandenburgischen Staatsorchesters und der politischen Ebene Europas wenig har- und dass Deutschland gut daran tut, sich als Förderer junger Solisten erhält er viele Be- monische Töne erklingen, beobachtet Festi- Standort für die Ausbildung und für die Be- werbungen – früher hauptsächlich CDs, seit valleiterin Dr. Gabriele Minz, dass die Zu- gegnung und damit Weiterentwicklung die- ein paar Jahren verstärkt auch Videos, sammenarbeit zwischen den Ländern auf ser Musik und ihrer Musiker zu präsentieren. manchmal lediglich als Link auf YouTube. der kulturellen Ebene eher intensiver gewor- Ein großer kultureller Reichtum steht zur Ver- Videoplattformen hätten die Welt der Musik den ist und die Freundschaften zwischen fügung. Über Stiftungen und Festivals ent- verändert, beobachtet er, und stellen eine den Künstlern halten. „Musik ist eine große steht großes Potential zur Weiterentwicklung Möglichkeit da, unbekannte Künstler zu Macht, über Sprache hinausgehend Men- dieses Reichtums. Und in Zeiten, in denen überprüfen. schen zu verbinden. Man lacht, weint, fie- auch Wirtschaftsunionen nicht mehr stabil bert von den Zehen- bis zu den Haarspitzen sind, kann ein wenig kulturelle Völkerver- Ausdauer gegen Profilierung mit“, erklärt sie die Faszination, die die Klas- ständigung sicher nicht schaden. Leicht für Die neuen Medien zu beherrschen, sei wich- sik weltweit erzeugen kann. junge Künstler wird es allerdings nie werden, tig. Jedoch rät Griffiths davon ab, früh in der denn Qualität und Selbstvermarktungs- Karriere daran zu arbeiten, über sie ein Profil Kultureller Reichtum – finanzielle künste müssen gerade innerhalb dieses zu kommunizieren. „Der Künstler muss sich Zwänge Reichtums gefragt sein. Damit erzählt man zunächst als Mensch entwickeln. Wenn der Im Vergleich mit anderen Ländern bietet ihnen allerdings nichts Neues: „Den Künst- Erfolg kommt, muss die Persönlichkeit gereift Deutschland und der deutschsprachige lern ist bewusst geworden, dass ein Musik- sein“, erklärt er. Ausdauer sei der eigentliche Raum jungen klassischen Musikern viele studium allein nicht ausreicht. Musiker zu Schlüssel zum Erfolg. „Wer den ersten Erfolg Möglichkeiten, sich zu entwickeln und Fuß sein ist intensive Arbeit“, meint Minz. | Martin hat, sollte dennoch weiter studieren und sein zu fassen. Anderswo sind die finanziellen Haldenmair Repertoire erweitern, um bewaffnet in die Belastungen zum Teil noch größer und die Welt hinausgehen zu können“, rät er. Denn Zahl möglicher Arbeitsplätze noch geringer. was in der Klassik gefragt ist, wandle sich im- Dennoch steht selbst ein etabliertes Festival mer wieder – und die Konkurrenz sei nun wie das „Young Euro Classic“, bei dessen einmal groß. Eröffnung letztes Jahr Außenminister Stein- Ein wichtiger Zugang in den Arbeitsmarkt meier sprach und unter dessen Schirmher- sind Wettbewerbe, wie sie die Orpheum-Stif- ren sich der Präsident des europäischen Par- tung veranstaltet. Sie bietet die Möglichkeit, lamentes befindet, jedes Jahr vor der He- gehört zu werden, als Preis winken Konzert- rausforderung, die Finanzierung zu sichern. auftritte, Tutorings und sogar Verträge mit Dennoch, Klassik ist nun einmal ein Teil der großen Labels. Auch hier ist Ausdauer ge- Kultur, die sich immer wieder die Frage ge- fragt, muss der Künstler doch nach einer ge- fallen lassen muss, worin ihre Relevanz be- glückten Bewerbung viel reisen, diese Reisen steht. Zu Recht, denn schließlich müssen finanzieren und sich zur Vorbereitung in ge- sich Veranstalter von Festivals, Intendanten radzeu mönchische Klausur begeben. Neben- von Häusern und auch die Labels zahlreiche bei zu jobben ist unter diesen Umständen Maßnahmen einfallen lassen, um für das kaum möglich. Auch hier also zählt: Aus- reiche Angebot auch eine entsprechende Martin Haldenmair, Jahrgang 1981, studierte dauer. Nachfrage zu generieren: „Wir müssen die Kommunikationswissenschaft, Theaterwis- senschaft und interkulturelle Kommunikation Leute hintragen, wir müssen sie empfan- und geriet eher zufällig in den Journalismus. Multikulti funktioniert gen“, erklärt Minz einen notwendigen Teil

zur person zur Als freier Journalist ist er hauptsächlich im Neben den internationaln Stars gibt es typi- der Festivalorganisation. Was macht diese Bereich Kultur und Wissen tätig, neben „mu- scherweise in der Klassik auch die großen Musik also zu etwas, das Förderung sikmarkt“ beispielsweise für Galileo.tv. Er Namen, die in einem Land oder einer Län- verdient? lebt und arbeitet in der Nähe von München. derregion sehr bekannt sind, darüber hinaus

43 44_gideon_Z 05.07.16 17:21 Seite 44 07|16 musikmarkt musikmarkt over & out over Ausblick zum Ende

Die Zukunft der Branche. Knapp 60 Jahre hat sich „musikmarkt“ auch diesem Thema gewidmet. Eine dankbare Aufgabe, schließlich steht die Musikwelt nie still. Bis heute ist das so geblieben, nur dass Veränderungen im Internetzeitalter noch viel schneller passieren. Zeit für einen letzten Blick in die Glaskugel.

Daten kommt man an der Blockchain nicht vorbei. eine einzigartige Veranstaltung auf die Beine Früher oder später muss die Branche ihre Da- Noch steht man dieser Technologie in der zu stellen, die ausverkauft ist, bevor der erste ten in den Griff bekommen. Es kann nur spe- Musikbranche skeptisch gegenüber. So viel Act bekannt gegeben wird. „Das Festival ist kuliert werden, wie viele Millionen Euro von Transparenz und Offenheit sei gar nicht not- der Headliner“, lautet das Motto. Dieser Tantiemen weltweit die berechtigen Künstler wendig, lautet das Argument. Man müsse le- Trend wird sich fortsetzen. und Labels nicht erreichen, weil die entspre- diglich Orientierung im Datendschungel chenden Daten zu Verarbeitung nicht vorhan- schaffen. Technologien, die alles aufmischen VR/AR den oder mangelhaft sind. Verwertungsge- und dabei eine Menge Jobs überflüssig ma- Auch für Leute, die Festivals lieben, aber sellschaften stehen aus diesem Grund in der chen, sind nichts Neues. Neu ist allerdings, ohne Menschenmassen und potenzielle Kritik, One-Stop-Shops wie ICE, das Joint dass diese Technologien eben nicht genauso Schlammschlachten auskommen, wird es Venture von GEMA, PRS und STIM sind ein viele neue Jobs kreieren wie sie zerstören. künftig Ersatz geben. Virtual bzw. Augmen- Schritt in die richtige Richtung. Dennoch ist Auch davor fürchtet man sich in der Branche. ted Reality (s. MM-Ausgabe 06/2016). Die es schwer, sich des Gedankens zu erwehren, Dies ist jedoch Teil einer gesamtgesellschaftli- Welten, die mit Hilfe dieser Technologien er- dass mehr möglich wäre. Wie mittlerweile chen Diskussion, die in Zukunft geführt wer- schaffen werden können, kennen keine Gren- immer häufiger zu hören ist, scheiterte die den muss, denn dieses Phänomen betrifft zen. Konzerte lassen sich aus verschiedenen Global Repertoire Database (GRD) überwie- nicht nur die Musikbranche. Kameraperspektiven in 3D sowie mit 360- gend aus egoistischen Gründen. Keiner Grad-Blick erleben, und zwar von der Couch wollte Kontrolle über die eigenen Daten ab- Streaming aus. Face-to-Face-Gespräche mit dem Lieb- geben. Mit dieser Denkweise kommt man im Seit ich vor etwas mehr als sechs Jahren als lingskünstler, gegebenenfalls auf einem virtu- Internetzeitalter nicht weit. Volontär bei „musikmarkt“ anfing, heißt es je- ellen Mond, oder eine Besichtigungstour der Ex-One-Direction-Schwarm Zayn Malik des Jahr aufs Neue: „Dies wird das Jahr, in Abbey-Road-Studios mit Paul McCartney als gründete seinen eigenen Verlag und beauf- dem Streaming den Durchbruch auf dem Führer. All das macht VR möglich. Und für all

Foto: fotolia.com/©Foto: Klaus Eppele tragte Kobalt damit, die weltweite Nutzung Massenmarkt schafft.“ Spotify hat 30 Millio- diese neuen Formen, Musik zu konsumieren seiner Musik zurückzuverfolgen. Er behielt nen zahlende Abonnenten, Apple Music 15 und zu erleben, werden Lizenzen fällig, was jedoch sämtliche seiner Copyrights, erhält Millionen, Tidal knapp fünf Millionen. Ist das uns wieder zum eingangs erwähnten Daten- diese also zurück, wenn er Kobalts Dienste ein Massenmarkt? Noch nicht ganz. Die aktu- salat bringt. Wenn der nämlich nicht passt, nicht mehr benötigt. Diese Art von Label-Ser- ellen IFPI-Zahlen bescheinigen Streaming ei- gehen nach der nächsten Technologie-Revo- vices-Vereinbarungen, bei denen die Künstler nen 19-prozentigen Anteil am weltweiten Ge- lution erneut diejenigen leer aus, ohne die all entscheiden, was das Unternehmen für sie samtumsatz, noch sind Downloads ein klein der Tech-Spaß leblos und langweilig wäre. leisten soll – statt einen Standardvertrag vor- wenig wichtiger, wenn man vom Digitalum- | Gideon Gottfried gesetzt zu bekommen –, dürften in Zukunft satz spricht. Das dürfte sich, sollte der Trend zunehmen. Ganz zu schweigen von der anhalten, allerdings schon nächstes Jahr än- Transparenz, die eine Firma wie Kobalt ihren dern. Bis dahin ist die wohl interessanteste Künstlern bietet. Theoretisch können sie in Frage, ob Apple Music Tidal kauft. Echtzeit mitverfolgen, wo auf der Welt ge- rade jemand ihre Musik kauft oder Festivals streamt oder für einen Wer- Mittlerweile gibt es so viele Festivals, bespot lizenziert. dass es schwer wird, den Überblick zu behalten. Für eine Übersätti- Blockchain gung spricht, dass bereits das Wenn man von Da- ein oder andere dicht machen ten und Transpa- bzw. eine Pause einlegen Gideon Gottfried ist Journalist und lebt aktu- renz spricht, musste. Die meisten Insider ell in London. Er war fünf Jahre Redakteur sind sich jedoch einig, dass bei „musikmarkt“ und schreibt nach wie es stets Platz für das richtige über die Musikbranche, u.a. für „Pollstar“ zur person zur (US) und „IQ Magazine“ (UK). Vor allem aber Event gebe. Vorausgesetzt, es ist er Aktivist und als solcher Journalist bietet den Besuchern eine be- beim gemeinnützigen, unabhängigen Infor- sondere Erfahrung. Ziel der mationsnetzwerk acTVism Munich. meisten Festivalveranstalter ist es,

44 45_andy_Z 05.07.16 16:13 Seite 45 07|16 musikmarkt musikmarkt over & out over …ich habe sie nie nach Fritzchen gefragt

Gefühlt war sie immer da. Na klar, da gab es sicher ein Leben vor dem „musikmarkt“, aber Sabina Sauter war für uns alle, in der Redaktion, draußen im Markt, so etwas wie das humanoide Betriebssystem der Redaktion. Sie war wie Outlook und Eigene Dateien in einer Person. Ohne Bug! Wie viele Jahrzehnte waren es eigentlich? Ich will nicht fragen, es würde nur unnötig weh tun.

Lange Jahre saß ich auf der ande- ren Seite der Telefonleitung. Georg „Goldi“ Goldbrunner war Anzeigenleiter und Sabina arbei- tete lange Zeit mit und für Goldi. Sie hat in dieser Zeit im Auge des Orkans gesessen, den Draht zu den Anzeigenkunden genauso wie zu den Lesern gehalten, war in alle Belange eingeweiht und Goldi in einer gewissen Art recht ähnlich geworden. Bei uns in Österreich verwendet man dafür gerne den Ausdruck „resch“. Eine „Resche“ ist eine, die nicht auf den Mund gefallen ist, die sich ihrer Situation bewusst ist und auch mit heftigeren Anwür- fen gut gerüstet, selbstbewusst auftretend fertig wird. Resche Schale, liebenswürdiger Kern. So habe ich Sabina als Anzeigen- | Sabina „Fritzchen“ Sauter mit Georg „Goldi“ Goldbrunner beim „musikmarkt“-Skiausflug | Foto: Musikmarkt Archiv kunde kennengelernt. Damals für mich noch Frau Sauter. Ende 1997, als mich Goldi fragte, ob ich nicht Schweinsbraten nur mehr die Knochen übrig hang hervorzuholen, die den Backstage-Be- Teil der „musikmarkt“-Mannschaft werden blieben, die letzten Gäste das Etablissement reich des „musikmarkt“ regierte. Bina ist die möchte, wurde Frau Sauter dann für mich zu verlassen hatten, sank sie erschöpft im Dirndl Einzige, die seit meinem Anheuern beim Bina. Und Bina stellte sich beim Duzen mit auf die Holzbank und verströmte eine ganz „musikmarkt“ immer da ist, da war. Die „Fritzchen“ vor. Fritzchen? Ich hab sie nie ge- bestimmte Form der Zufriedenheit. Ihr Blick letzte der alten Mannschaft. Die Vorderste der fragt, weshalb sie von allen Fritzchen gerufen verriet: Nach der Weihnachtsfeier ist vor der Jungen. Dir ein dickes Bussi, einen tiefen wurde, es war einfach so. Sabina Sauter war Weihnachtsfeier. So kenne ich sie, seit vielen Dank für alles, was du für die Truppe in der Fritzchen. Es wechselten die Chefredakteure Jahren. So habe ich sie schätzen und lieben ge- Fürstenriederstraße getan hast. Für dein En- und spätestens als Goldi den Hut nahm und lernt, meine resche Bina. gagement, deinen Teamgeist, deine Solidari- sich in den Ruhestand verabschiedete, war tät, Loyalität, dein offenes Ohr… Deine Ner- uns allen klar, dass eine neue Zeit angebro- ven, die immer wieder heftig strapaziert wur- chen war. Aus Fritzchen war Frau Sauter ge- „Die letzte der alten den, die du aber nie weggeschmissen hattest. worden. Für mich mutierte sie endgültig zu Mannschaft. Die Vorderste Ich schreibe das im Namen von uns allen. Mit Bina – aber auch immer öfter zu Schatzi oder der Jungen“ mehr als einer Träne im Knopfloch. meine Hübsche. Sie war immer da. Die An- Versprich mir nur: Bei unserem nächsten zeigen wurden nach Goldis Abschied von ei- Viertel Super-Toskaner bei Mario in der klei- ner Agentur übernommen, aber im Haus ge- nen La Luna Rossa in Neuhausen-Nymphen- hörten sie weiterhin zu Binas Agenda. Das – Die Jahre zogen ins Land, die schreibende burg, wirst du mir erzählen, was es mit dem und noch viel mehr. Sie war es, die sich da- Mannschaft wurde jünger, mit Stefan Zarges Fritzchen auf sich hat. Mario wird sein Wild- rum kümmerte, dass die Bücher zu den Auto- kam ein neuer Mann ans Ruder. Frau Sauter schwein in Zwiebelsauce auftischen und wir ren kamen, dass Digitaldrucke zum Korrigie- und Herr Zarges. Sie wurden zum Tandem. werden erkennen, dass die wilden Zeiten vor- ren vorlagen oder, später dann, bei der Pop- Mit gegenseitigem Respekt, bis heute durch bei sind. Und: Dass Weihnachtsfeiern auch in komm alles glatt lief. ein höfliches Sie verbunden, traten zwei mit- ganz kleinem Rahmen, bei einer netten Fami- Früher, zur wilden Weihnachtsfeierzeit, da einander in die Pedale. lie aus Sizilien zu wunderbaren, jährlich wie- liefen sie und Goldi zur Hochform auf und Jetzt heißt es vom Rad absteigen. Und es ist derkehrenden, liebgewordenen Tradition wenn dann alle Keller leergetrunken, vom Zeit, endlich auch die Frau hinter dem Vor- werden können. | Andy Zahradnik

45 46_49_austria_Z.qxd 05.07.16 16:26 Seite 46 musikmarkt 07|16 musikmarkt over & out over Der letzte Walzer

…I hab mich bemüht, des könnt’s mir glauben; Und i wollt wirklich niemand kompromittieren; I hab mich bemüht, aber es gibt keinen Kompromiss; Zwischen ehrlich sein und link; Auch wenn’s noch so einfach ausschaut; Und noch so üblich ist! –Textzitat von Wolfgang Ambros–

| Seit 18 Jahren liefert er Geschichten aus dem Nachbarland und ist damit dienstältester Autor des „musikmarkt“: Andy Zahradnik | Foto: Hubert Mican

Der „musikmarkt“ kam auf die Welt und ich schen zu wollen, aber der Lauf der Dinge ist Ich habe es dann gelassen. Hätte den Stefan auch. Hans R. Beierlein hat sich mit seiner schlichtweg nicht aufzuhalten. Zeitungs- Zarges hintergehen müssen und das wollte Idee durchgesetzt und der Keller Verlag das krise? Vielmehr eine neue Zeit. Inhalte wer- ich nicht. Dafür war mir der Mann als Chef, Heft ins Leben gerufen. 1959. Die Ariola, der den anders konsumiert, und ganz ehrlich, das Mensch und Freund einfach zu wertvoll, zu „musikmarkt“ und ich sind gleich alt. Also hat sich nicht leise entwickelt. Eigenartiger- nah. Vielleicht hatte ich auch einfach nur was hätte aus mir anderes werden sollen als weise hat sich alles irgendwie laut herange- Angst, dass schlichtweg nix passiert. Nie- ein Plattenbruder und Autor für den „musik- schlichen. Ja, das ist möglich: Laut und An- mand liest mehr deine Geschichten! Die Zei- markt“? Heute – nach fast 20 Jahren wilder schleichen schließen einander nicht aus. Ein- ten sind vorbei. Die Angst des Autors vor der Ehe mit der Fürstenrieder Straße 265 in Mün- mal, vor nicht allzu langer Zeit, wollte ich ein Null-Reaktion. chen – bin ich der dienstälteste Schreiber, der schlimmes, so gar nicht mm-adäquates Wort für den mm in die Tasten hauen darf. Blöd ist in einen Text schreiben. Einfach um herauszu- Institution der Branche nur: Die Ariola darf in zwei Jahren 60 werden, finden, ob die Geschichten überhaupt noch Wie ich 1998 meine Liaison mit dem „musik- ich hoffentlich auch… Nur der „musikmarkt“ richtig gelesen werden, oder ob wir sowieso markt“ begonnen habe, da war das Heft eine nicht. nur mehr auf die Gnade der Such-Algorith- Institution. Georg Goldbrunner, der Herr der men hoffen dürfen. Ob uns wer findet, vor- Inseratenvergabe, und die legendäre Weih- Laut herangeschlichen schlägt oder was auch immer mit unseren nachtsfeier war der größte Job-Markt der Ganz ehrlich: Es tut mir weh. Da geht ein Teil Texten und Geschichten macht. Irgendein bö- Branche. Hattest du keine Einladung zur meines Lebens. Klar ist man geneigt, wie wei- ses, ordinäres Wort in den Text zu schum- Weihnachtsfeier… Alter, da musstest du dir land die Weber auf die Webstühle eindre- meln, um Reaktionen zu provozieren. Gedanken machen, ob es nicht gescheiter

46 46_49_austria_Z.qxd 05.07.16 16:26 Seite 47 musikmarkt 07|16 musikmarkt over & out over wäre, die Branche zu wechseln. War Weih- wiederaufgetaucht, die Kraft nachtsfeierzeit und die Einladungen waren aber, die ist eine andere. Die wird verschickt, da hatte ich plötzlich neue heute nicht in Rillen gemessen, Freunde. Es riefen die an, bei denen die Post- sondern in Klicks, Downloads kästen leer blieben. Ich versprach einmal (auch immer weniger) oder halt nichts, kanalisierte alles feige rüber zu Streams. Zum ersten Mal richtig „Goldi“, und der hat in seiner direkten, baye- aufgefallen ist mir diese Entwick- rischen Art dann den X-Mas-Türsteher gege- lung, als ich auf der Popkomm ben. „Goldi“ – die Autorität. Ein guter Freund Ende der 90er und Anfang der bis heute. Die Weihnachtsfeiern waren der nuller Jahre immer mehr ehema- Wahnsinn. Es waren die paar Stunden Bran- lige Kollegen aus der Industrie chenweihnachtsfrieden, die es braucht, um traf, die mir ihre neuen Visiten- ein Biotop im Gleichgewicht zu halten. Und karten in die Hand drückten. Auf diese Branche war ein Biotop. Die exotischs- jeder dieser Karten standen ei- ten Spieler trieben sich da herum. Kreativ- genartige Firmennamen und es geister und Zahlenmeister, Marketinghelden war irgendwas mit Internet. Wie und A&Rs. Mitbewerber – um das harte Wort am Klondike River. Der neue Konkurrenten zu vermeiden – tranken ge- Goldrausch war ausgebrochen – meinsam die Hütte leer. Beim Kampf um die aber auch ebenso bald wieder Plattenverträge blieben sie sich nichts schul- vorbei. Die meisten dieser groß- dig, aber bei der mm-Weihnachtsfeier ward artigen Geschäftsideen wurden der Burgfrieden ausgerufen. Es fand für ei- wieder im digitalen Klo versenkt. nige Stunden zueinander, was sich sonst jede Und das steht heute auf der Woche in den Charts um die Plätze prügelte. Cloud, auf der auch der „musik- | Die IFPI und der „musikmarkt“ waren lange Jahre Partner der Ö3 Austria Top Heute unvorstellbar, was sich da abgespielt markt“ sitzen wird, runterschaut, 40: Franz Medwenitsch und Andy Zahradnik besiegeln 1998 die Zusammenar- hat. aber von dort nie wieder runter- beit | Foto: Andy Zahradnik Zuvor, also bevor ich beim „musikmarkt“ an- kommen wird. Das ist der Unter- fing, war ich auch einer jener, die sich bei schied. Die Streams fallen aus der Wolke. reicher mit einer K.u.K.-Vergangenheit ge- „Goldi“ anstellen mussten, um ein Titelblatt Streamdrops Keep Falling On My Head. Der schichtlich verwandt – damit beauftragt, kaufen zu dürfen. Es gab damals sogar Ver- „musikmarkt“ bleibt oben, bei all denen, die mich in Osteuropa umzuschauen. Ich stieg träge, in denen sich Künstler und Produzen- die neue Zeit ins Ausgedinge geschickt hat. also ins Auto und klapperte Tschechien, Un- ten schriftlich bestätigen ließen, dass bei der garn, die Slowakei, danach Kroatien und Slo- Platten-Veröffentlichung ein mm-Titelblatt Kein 17. deutsches Bundesland wenien ab. Später stand ich selbst in War- fällig sein muss. Lang ist es her. Zu lange. Ja, Meine letzten vier Seiten für den „musik- schau auf der Matte, bekam auch gute Kon- man hat uns seinerzeit kräftig Zucker in den markt“. Über Österreich soll ich schreiben, takte in Russland, viele dank Manfred Lappe, Hintern geblasen, denn der „musikmarkt“ über den Markt. Als Abschiedsgeschichte? der für Warner Music den Osten managte. Wo war das Scharnier zwischen den Menschen, Nach all den langen Jahren? Aber geh, über immer ich auch hinkam, Manfred war bereits den Künstlern, den Produzenten, den Fir- den Markt habe ich mich doch unlängst erst da und ich tat mir leichter. Einen Ost-mm hat men, den Jobs, den Charts, den Erfolgsbilan- ausgebreitet. Ist ja 2015 eh alles (fast) so wie es trotzdem nie gegeben. Schuld war der 17. zen… Der „musikmarkt“ war das schwarze im Jahr zuvor gewesen. Dann der übliche August 1998. Auf der MIDEM 1999 war ich Brett, auf dem sich die Branche gegenseitig Zweckoptimismus, was die Zukunft betrifft, noch für ein Podiums-Panel, ausgerichtet ihre Nettigkeiten ausrichtete. Das, was heute und tatsächliche Erfolge von lokalen Künst- vom „musikmarkt“, zum Thema EE (Eastern über die sozialen Medien geschieht – vom lern. Die geben in der Tat Anlass zur Freude. Europe) verantwortlich, da stellte ein paar hinterlistigen Posting bis zum veritablen Wir, also der „musikmarkt“, haben den Ama- Monate zuvor die russische Regierung wegen Shitstorm –, wurde damals mit offenem Visier deus von Anfang an begleitet, Sonderhefte knapper Kassen die Bedienung der Binnen- und mit tiefem Griff in die Schatztruhe der gedruckt, dem Austrian Music Award eine schulden ein und gab den Rubel zur Abwer- verklausulierten Satzbildung in Form eines breite Bühne geboten, die hiesige IFPI als tung frei. Das war’s. Der „musikmarkt“ blieb, Interviews ausgefochten. Man musste da Partner. Zuletzt wurden auch österreichische was er war: das deutsche Branchenmagazin. zwischen den Zeilen lesen und da stand dann Konzert- und Veranstaltungsproduktionen in Ich brachte die während der Fact-Finding- die Essenz: Wie würge ich meinem Gegen- die LEA-Beurteilungen mit einbezogen. Es Mission entstandene Sammlung meiner über im Markt etwas rein, ohne dabei als war uns, respektive mir, stets wichtig, den tschechischen, kroatischen, ungarischen Mu- Warmduscher rüberzukommen. Es war das österreichischen Markt als das zu sehen und sikmagazine ins Archiv und später dann Spiel: Wer hat den Größeren? – Nur ohne You- zu beschreiben, als was er gesehen werden schön brav zum Altpapier. Wer weiß, wozu es Porn. Heute darf ich das schreiben, denn muss und was er auch ist: als eigenständiger gut war. heute ist es egal. Heute ist alles anders. Wirk- Teil dessen, was unter GSA zusammengefasst lich alles. ist und nicht als das 17. Bundesland im deut- Leistungsschau der Industrie schen Markt. Viel durfte ich erleben und ja, der Name „mu- Alles anders Damals, als ich in den 90ern beim „musik- sikmarkt“ war durchaus ein Türöffner. Kein Die Player sind andere, auch die Regeln der markt“ angeheuert habe, wurde ich gleich Yellow-Blatt, niemand musste in Interviews Branche. Die Chemie der Plattenbuden ist im einmal – vermutlich wegen meiner tsche- über sein Liebesleben reden, und ich brauchte Retro-Charme als Vinyl-Ecke im Laden zwar chischen Namensherkunft und weil als Öster- auch mit blöden Boulevard-Fragen nieman-

47 46_49_austria_Z.qxd 05.07.16 16:26 Seite 48 musikmarkt 07|16 musikmarkt over & out over dem auf die Nerven zu gehen. Ich konnte scher. Da muss man drüberstehen, als Leser, 15 Jahre für die Charts verantwortlich und er- über das Produkt sprechen und genau das als treuer Fan. Das Sturmgeschütz der Demo- hielt damit den Status der Branchenbibel. war es, weshalb das Heft auch gerne abon- kratie – ohne das geht’s nicht. Jedenfalls traf Die Charts wurden damals nicht nur im Heft niert wurde. Der „musikmarkt“ war von An- ich auf einen von der „Spiegel“-Truppe. Es gedruckt, sondern vor allem als Poster dem fang an als Leistungsschau der Industrie kon- war so ein kurzes Beschnüffeln und ich werde Heft beigelegt. Die hingen in den Läden, und zipiert worden. Dem Kochen im eigenen Saft gefragt, wer ich bin und für wen ich schreibe. zwar nicht versteckt irgendwo neben der Klo- wurde anfangs mit kritischen Untertönen be- Ich murmle was von „musikmarkt“, ein Bran- türe, sondern durchaus prominent platziert. gegnet. Hofberichterstattung? Klar, in gewis- chenmagazin, das älteste, was „Billboard“ für Bei der Kasse, über dem Plattenregal oder bei ser Weise sicher. Aber eher in der Art, wie es die USA ist, bla bla… „Kenn ich“, sagt der den Hit-Singles. Die Poster waren die Brücke die Engländer mit den Windsors treiben. Mann und äußert sich danach durchaus posi- zu den Konsumenten und so gut wie alle Plat- Zum Beispiel so: Wir brauchen euch, haben tiv über uns. Hey Leute, das war für mich ir- tenkäufer, also Menschen, die in Plattenläden euch auch irgendwie gern, aber nicht alles ist gendwie wie ein Ritterschlag. Ich habe dabei gegangen sind und sich dort ihrer Leiden- wunderbar. Ihr braucht die Bühne für euer an die Truppe in der Fürstenrieder Straße ge- schaft hingaben, erinnern sich noch heute an

| Das selige MM-Chartposter: Breite Präsenz im Handel über Jahrzehnte. Die Fotos stammen aus dem Jahr 1998, als die Tonträgerabteilung des Maxi Markt in Linz (l., Michaela Fischer und Christian Mittermayr) zum Charthändler des Jahres gekürt wurde; auch bei Schallplatten Evelyne (r., Evelyne Weissenbach) hingen die MM-Chartsposter – das Geschäft im 19. Wiener Gemeindebezirk existiert noch | Fotos: Andy Zahradnik

Tun? Wir haben genau diese Bühne. Schickt dacht, wie sie sich jede Woche ins Zeug legen die Chartsplakate. Diese Poster fanden sich uns einfach eure Gold- und Platinplattenfotos und war stolz drauf, ein Teil davon zu sein. später in gebundenen Büchern wieder. Sozu- und wir haben unsere Schuldigkeit getan. Wir werden wahrgenommen. Das tat gut. sagen als Chartslexikon, und immer wieder Der Rest bleibt uns überlassen und ist eine Sa- melden sich treue Sammler, die nach dem che des Vertrauens. Status als Branchenbibel einen oder anderen Poster fragen, weil es So richtig stolz war ich auf den „musik- Und: Der „musikmarkt“ war das Charts-Me- ihnen in der Sammlung fehlt. Berührend fand markt“, als ich bei einer Veranstaltung auf ei- dium! Er hat die deutschen Charts quasi ins ich, als ich einmal bei Monti Lüftner, damals nen Journalisten des „Spiegel“ traf. Ich liebe Leben gerufen, sie über viele Jahre ermittelt. bereits Pensionär, daheim einen Stoß „musik- den „Spiegel“, ich verehre ihn fast. Ich taste Fragebögen wurden an die Händler versandt markt“-Hefte am Boden stehen sah und er mich durch die sieben Wochentage mit dem und dann ausgewertet. „Goldi“ hat mir ein- nach wie vor noch akkurat auf den Charts- „Spiegel“ und dem Österreich-Pendant, dem mal erzählt, dass er – sehr zur Freude seiner Plakaten die BMG-Titel mit Leuchtstift mar- „profil“. Schön aufgeteilt. Kein Wochentag Frau – die Fragebögen am Ehebett ausgelegt kierte. darf ohne diese Hefte sein. Eine Marotte und hatte und da dann zur Auswertung geschrit- Der „musikmarkt“ und die Branche. Kom- meine Frau macht sich darüber lustig. „Was ten war. Erst in den 70ern ist dieses Prozedere munizierenden Gefäßen gleich ging das 45 im ,Spiegel’ steht, ist für dich Gesetz“, lacht vom „musikmarkt“ zu Media Control gewan- Jahre sehr gut. Dann wurde es mager. Viel sie immer und macht mir den Scheibenwi- dert. Somit war der „musikmarkt“ mehr als wurde versucht und ja, das Heft wurde jede

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musikmarkt 07|16 musikmarkt over & out over Woche mit Herzblut geschrieben. Zuerst von pier. So kamen sie dann in den Schriftsatz. Serwas und baba! der alten Garde, dann von den jungen Wil- Am Anfang war ich noch ruhig, weil ja frisch „Der letzte Walzer hat begonnen! Ich glaub den. Die Bühne heute ist das Netz. In Sekun- mit im Team, aber irgendwann stieg ich da ich geh‘ jetzt…“. Dieses Textzitat von Wolf- den rund um die Welt. Gedrucktes Papier aufs Dach und dieser Blödsinn hörte auf. Seit- gang Ambros sagt alles darüber aus, was ge- kommt dagegen im Schneckentempo daher. her sind meine Geschichten auch meine Ge- rade in mir vorgeht. Als – mittlerweile – schichten und dafür bin ich dem „musik- dienstältester Autor des „musikmarkt“ ver- Lohnendes Berufsziel markt“ extrem dankbar. Sie ließen mich ein- abschiede ich mich auf diesen vier Seiten und Ich habe im Herbst 1973 in dieser Branche be- fach schreiben, redeten mir nie rein, ließen bedanke mich für eure Aufmerksamkeit, für gonnen. Bei der seligen CBS im post-pubertä- mich tun. Vertrauen. Jede Woche, jeden Mo- die netten Worte, Komplimente, konstruktive ren Alter von 15 Jahren. Bald war mir der nat. Ich fuhr quer durchs Land, schrieb meine Kritik und die gute Zusammenarbeit. Auch Name Goldbrunner geläufig. Zuerst nur vom Geschichten aus und über die unterschiedli- dafür, dass ich durch den „musikmarkt“ viele Hörensagen, später dann auch durch persön- chen Ecken des Kontinents und war in der spannende Menschen kennen lernen durfte. liches Kennenlernen. Als Anzeigenleiter beim glücklichsten Lage, in der sich ein Autor nur „Du darfst schreiben, was du willst“, so die

| Wo auch immer ich in Osteuropa hinkam, Manfred Lappe (l.) war bereits vor mir da. So auch bei der Warner Eastern Europe Convention im Herbst 1998; Sommer 1998, eine meiner ersten Geschichten für den „musik- markt“: Der „Umzug der Maroden“. Eine Künstlerdemo und die Forderung zur Gründung einer Künstlersozial- versicherung. Der „Patient Musik“ (r.) wird auf der Wiener Ringstrasse an der Oper vorbeigeschoben – die Sozialversicherung gibt’s mittlerweile | Fotos: Andy Zahradnik

„musikmarkt“ wurde er, wenn er nach Wien befinden kann: mit einem Verlag zur Seite, Ansage aus der Fürstenrieder Straße. Und zur CBS kam, hofiert. Das gefiel mir und ir- auf den Verlass ist! Der „musikmarkt“ ver- das nehme ich jetzt wörtlich und knall das gendwie dachte ich, ein Herr Goldbrunner zu legte meine ersten Bücher und ich weiß, dass einfach mal so auf den Tisch: Was für ein werden, könnte ein lohnendes Berufsziel sein. meine Laufbahn als Schreiber ohne dieses Scheiß, dass der „musikmarkt“ die Segel Mein Freund „Goldi“ war es, der mich in den Team aus der Fürstenrieder Straße nicht so streicht! Aber es ist, wie es ist... | Andy Zahradnik späteren 90ern zum „musikmarkt“ holte. Ich gelaufen wäre. Den Berufswunsch, ein Georg folgte direkt auf Luigi Heinrich, einem allseits Goldbrunner zu werden, habe ich irgend- geschätzten Kollegen, der das Magazin über wann ad acta gelegt. War ja toll, wie sich alles viele Jahre in Österreich groß machte. Klar entwickelt hatte, aber jetzt muss ich ehrlich hatte ich Schiss, dass mir diese Schuhe zu gestehen, dass ich wehmütig bin. Da geht groß sein könnten, aber ich schlüpfte hinein, eine Ära zu Ende und das mag ich schlicht- band sie fest zu und stiefelte los. Meine Ge- weg nicht. Aber so ist das mit Institutionen. schichten faxte ich nach München und dort Der Blick in den Rückspiegel zeigt, dass alles steckte sie ein Kollege in den Kopierer, schnitt auf seine Art nur geliehen ist. Oder anders: sie auseinander und klebte (!) sie in veränder- Alles hat seine Zeit. Kodak und Co. können ter Satzreihenfolge auf ein anderes Blatt Pa- ein Lied davon singen.

49 50_51_schweiz_Z.qxd 05.07.16 16:13 Seite 50 07|16 musikmarkt musikmarkt over & out over Her mit der Zukunft!

Geht es um die Zukunft der Schweizer Musikszene, ist das Wehklagen nie weit. Stimmt schon, als Künstler hat man es in der Schweiz nicht leicht. Aber bestimmt nicht schwerer als anderswo. Und vor allem: Dem Schweizer Pop geht es besser denn je. Nicht in finanzieller, dafür in qualitativer Hinsicht.

denziell eine Angelegenheit der Elite sei. „In der Musikszene hat es nicht so viele Leute aus der Arbeiterschicht, in den meisten jungen Bands spielen kaum Leute, die von der Straße kommen.“ Dass sich Underdogs heutzutage seltener mit ihren Liedern auf der Bühne prä- sentieren und produzieren, mag wahr sein. Equipment muss nicht, kann aber äußerst kostspielig sein und wer mit Inbrunst an sei- nen Liedern feilt, muss Zeit aufwenden. Zeit, in der man Geld ausgibt, aber keins verdient. Pop macht man in der Regel denn auch weni- ger des Verdienstes wegen, sondern interesse- halber. Ein schönes Bespiel dafür ist Anna Rossinelli. 2011 vertrat die heute 29-Jährige die Schweiz beim in Düsseldorf. Und obschon es die Baslerin mit ihrem Al- bum „Marylou“ zwei Jahre später bis an die Spitze der helvetischen Hitparade schaffte, sind sie und ihre Band nicht reich geworden. „Wir leben alles andere als in Saus und Braus“, vertraute mir Rossinellis Bassist und Lebenspartner Georg Dillier vor einem hal- | Leeres Portemonnaie? Musiker haben in der Schweiz keinen leichten Stand | Foto: Fotolia.com/© Natika, Bearb. MM ben Jahr an. Dies anlässlich der Veröffentli- chung der neuen Platte „Takes Two To Tango“. Das Werk blieb während neun Wo- Wer in die Zukunft schauen will, kommt Jahrhundert noch florierte, blieben die künst- chen in den Charts, kam allerdings nicht über nicht umhin, einen Blick in die Vergangenheit lerischen Versuche und Resultate hierzulande Platz sieben hinaus. zu werfen. Meine Erinnerungen an den oft bescheiden. Das lag natürlich unter ande- Rossinelli hat Erfolg, doch nicht so viel, um Schweizer Pop früherer Tage sind allerdings rem daran, dass Studiozeit teuer und die fortan nur noch auf die Musikkarte setzen zu nicht ganz vorurteilsfrei. Weil sich mir in den Kreativszene überschaubar war. Inzwischen können. Vor wenigen Wochen hat sich die ge- späten 70er Jahren ein Bild einer dilettantisch hat die Musikindustrie empfindliche Schläge lernte Pflegerin, die ihr Geld auch schon als agierenden Schweizer Musikszene zu präsen- Model für Unterwäsche verdiente, dazu ent- tieren schien, entwickelte ich eine Vorliebe für schieden, während den Sommermonaten ei- geschliffene Sounds. Und ich war mir sicher: Mit Popmusik wird man nen Job als Barfrau in einer Basler Badeanstalt So etwas gibt es in Kalifornien, vielleicht in in der Schweiz zu übernehmen. Das beweist mehrere Dinge: London, aber nicht in Zürich, Basel oder Bern. nicht reich Dass Rossinelli sich nicht zu schade ist, für Gedanken, die jugendlicher Arroganz ent- ihre Musikkarriere richtig zu ackern und kei- sprangen, aber auch einen Kern Wahrheit ent- nerlei Starallüren kennt. Und vor allem, dass hielten. einstecken müssen und ist angezählt – und der Schweizer Markt viel zu klein ist, um eine Klar, die Schweiz hat in vergangenen Jahr- auf der Suche nach dem Königsweg. Umso große Schar an Pop-Musikern zu ernähren. zehnten durchaus großartige Musiker und erstaunlicher eigentlich, dass die Schweizer Sorgen bereitet dieser Umstand der Musike- Bands wie Mani Matter, Polo Hofer, Stephan Musik besser dasteht denn je. Nicht in finan- rin Martina Linn nicht. Die Singer/Songwri- Eicher, The Young Gods oder Yello hervorge- zieller, dafür in qualitativer Hinsicht. terin des Jahrgangs 1991 hat neben ihrem Stu- bracht. Bloß, das waren Ausnahmeerschei- Daniel Fontana, Booker im Düdinger Klub dium zwei Platten auf den Markt gebracht. nungen, die aus einer oftmals biederen und mit dem schönen Namen Bad Bonn, erklärte Zwar gab es sowohl für „She Is Gone“ (2013) ziemlich kleinen Musikmasse hervorstachen. 2015 in einem Interview mit Swissinfo, dass als auch „Pocket Of Feelings“ (2015) lobende Obschon die Musikindustrie im vergangenen die Schweizer Popmusik der Gegenwart ten- Kritikerworte, doch Hitparadenluft schnup-

50 50_51_schweiz_Z.qxd 05.07.16 16:13 Seite 51 07|16 musikmarkt musikmarkt over & out over perte keines ihrer beiden Werke. Die Bündne- das Gesamtpaket stimmt. Den zwei genann- naissance. Die Genannten werden wohl nie rin rechnete mir vor, dass sie einen möglichst ten Events ist es gelungen, sich so zu positio- dieselbe Breitenwirkung wie Stiller Has oder nachhaltigen Karriereweg einschlagen und nieren, dass eine Teilnahme als Must gilt: Weil Züri West entfalten, dafür sind ihre Texte und auch als Sechzigjährige noch auf der Bühne es zum guten Ton gehört und es quasi einem ihr Auftritt gar sehr von Dada geprägt. stehen möchte. Was Linn nicht sagt: Klappt Initiationsritus ins Erwachsenenleben gleich- Zwar mag der schweizerische Hip-Hop sich der Plan nicht, kann sie immer noch auf ihr kommt. Dass die Musik dabei mitunter als aktuell in einer kleineren Sinneskrise befin- Studium zurückgreifen. bloße Soundkulisse hinhalten muss, mag den, doch das gehört zum Entwicklungspro- Polo Hofer hingegen steht vor allem für die man bedauern, ist aber Fakt. Und immerhin: zess. Ebenso wie die Tatsache, dass ein Ak- Vergangenheit. Als ich ihn Ende 2014 auf sei- Schweizer Acts wie das Genfer Rock’n’Roll- teur wie Knackeboul dem Rap zwischen- nen Erfolg ansprach, bekannte die Mundart- Duo The Chikitas oder Troubas Kater aus durch untreu wird, um mit dem Pop zu flir- Ikone, „einer der besser verdienenden Urhe- Bern mit ihrem Gemisch aus Mundartpop ten. Dennoch oder gerade deswegen gehört ber“ der Schweiz zu sein. Finanzielle Sorgen und Weltmusik haben sich beim Ostschwei- er zu den stilbildenden Figuren. Von „Pi- kennt der Berner, der solo oder mit Bands wie zer Festival einen Slot ergattert. Und auch auf casso“, seinem 2013er Album hat der heute Rumpelstilz weit über 30 Alben veröffentlicht dem Berner Hausbergevent wird dank Sin- 34-Jährige rund 3000 Exemplare verkauft. und mehr als 350 Songs verfasst hat, keine. ger/Songwriterin Anna Känzig, Schmuse- Weil seine neue Platte, „Knacktracks“, einiges Womit er eher die Ausnahme als die Regel be- popper Baschi oder den Indie-Pop-Rockern experimenteller ausgefallen ist, rechnete Kna- stätigt. Yokko einheimische Mainstream-Kost gebo- ckeboul anfangs 2016 mit nochmals niedrige- Auch Gustav nagt gegenwärtig sicher nicht ten. ren Verkaufszahlen. Deshalb schreibt auch er am Hungertuch. Der zweisprachige Sin- Bei aller Schwarzmalerei und dem scheinbar Kolumnen für eine Wochenzeitung. ger/Songwriter aus Fribourg, der Ende Juni unumstößlichen Trend zur Gratiskultur fin- Während Sophie Hunger den Feuilletonleser seine neue CD „9“ vorlegte, räumte mir ge- mit gehobenem Pop versorgt, bietet Heidi genüber vor wenigen Wochen ein, dass er als Happy den Soundtrack für die Existenz leicht Musiker und Familienvater ungefähr 150 Talentierter Nachwuch dank unangepasster Menschen und Serafyn liefern Auftritte pro Jahr benötigen würde. „Doch so Musikunterricht und neue Nahrung für die Romantiker von heute. viele Klubs gibt es in der Schweiz gar nicht.“ Musikschulen Und last, but not least: Das im Mai erschie- Auslandspläne hegte der 41-Jährige, der mit nene Debüt der Neuenburgerin Emilie Zoé, bürgerlichem Namen Pascal Vonlanthen „Dead-End-Tape, beweist ein faszinierendes heißt, gleichwohl nie. Weil er sich in der den sich auch Lichtblicke: Dank vorbildlich Flair für ebenso morbiden wie ausgemergel- Schweiz wohlfühle und weil hier auch seine gefördertem Musikunterricht und hochklas- ten Blues. Für mich ist sie die bisherige Entde- Familie und Freunde sind. „Das hat zur sigen und gut vernetzten Musikschulen ist ckung des Jahres. Folge, dass ich mich als Künstler breiter aus- der Nachwuchs zunehmend besser ausgebil- Für weitere denkwürdige Schweizer Musik richten muss – und will.“ Deshalb schreibt det und fingerfertiger. Das alles garantiert haben in jüngerer Vergangenheit jedoch auch Gustav Kolumnen für eine Tageszeitung, ist noch keine gute Musik, schafft jedoch eine ex- Jeans For Jesus, Mantocliff, Eclecta oder Domi mitunter mit einem Programm namens „Gus- zellente Grundlage. Und obschon es selbst Chansorn gesorgt. Durchaus möglich, dass tav à l’école“ an Schulen unterwegs, schreibt dieser Tage kaum leichter geworden ist, einen man von diesen vier Acts nie wieder etwas auch Theatermusik und hat sogar auch schon Probekeller aufzutreiben, machen die Bands vernimmt. Das wäre schade, aber kein Grund einen Game-Soundtrack verfasst. Sein Ge- unverdrossen weiter. Und wer nicht locker zur Sorge. Denn eins ist gewiss: Eher früher heimnis? „Ich bin unkompliziert.“ Mit Sex, lässt, wird früher oder später ein Demo ein- als später wird Neues heranwachsen. Viel- Drugs und Rock’n’Roll hat das nichts zu tun, spielen. Dass die Technik erschwinglicher leicht ein wenig abseits des großen Rampen- dafür mit einer realistischen, akribischen und und die heutige Generation stark technikaffin lichts, aber gerade auch deswegen spannend. ziemlich nüchternen Karriereplanung. ist, garantiert zwar keinen originellen, aber | Michael Gasser Kommt hinzu, dass es in der Schweiz jede einen einwandfreien und oftmals auch beein- Menge Festivals und zahlreiche Klubs gibt. druckenden Sound. Und der Wunsch, mit sei- Trotzdem werden die Gelegenheiten, sich als nen Liedern gehört zu werden, ist unverän- junge Band live zu beweisen, zunehmend ra- dert groß. Das lässt sich nicht zuletzt an der rer. Auch, weil die Jugend tendenziell lieber Anzahl der Demos ablesen, die für die dies- Rihanna, Justin Bieber oder Taylor Swift auf jährige Ausgabe des m4music-Festivals ein- Instagram folgt oder sich deren Sound via gereicht wurden. Es waren über 700 Tapes YouTube reinzieht, als ein Konzert lokaler voller Schweizer Sounds. Künstler zu besuchen. Darum heißt es, die Sicherlich, die Flut an neuen Musikern und Kids möglichst früh für regionales Schaffen Bands ist nicht nur ein Segen, denn es gilt: Je zu sensibilisieren: Mit der Education-Reihe mehr CDs, desto mehr Durchschnittliches. „... macht Schule“ wollen der Basler RFV, der Doch es gibt auch die andere Seite der Me- frühere Rockförderverein, und das Kultur- daille. Und diese lässt vermuten, dass sich im zentrum Kaserne beispielsweise aufzeigen, Schwall der Veröffentlichungen auch so man- „dass es nicht immer Musik aus der Hitpa- che Perle verbirgt. Diese herauszufischen, ge- rade sein muss, die megacool ist, sondern hört zu den schönen Aufgaben der Musik- Michael Gasser ist gelernter Jurist, arbeitet auch Musik aus der Region Basel“. presse. Deshalb ist diese eigentlich unabding- seit mehr als 20 Jahren als Redakteur und Open Airs wie St.Gallen oder das Berner bar – in welcher Form auch immer. Dank Mu- Musikjournalist und ist heute im Basler Pressbüro Kohlenberg tätig. „“ zeigen auf, dass Live-Musik sikern wie King Pepe, Stahlberger oder Müs- immer noch attraktiv ist. Zumindest, wenn lüm feiert der Mundartsound eine Mini-Re- person zur

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07|16 rewind charts musikmarkt Ein Stück Musikgeschichte

Vor fast 60 Jahren brachte „musikmarkt“ die deutschen Charts auf die Welt. Bis sich Plattensammlungen schließlich in Streaming- Playlists verwandelten, tönten unzählige Lieder aus den Boxen der Republik. Doch welche Singles und Alben waren besonders gefragt? GfK Entertainment wirft einen exklusiven Blick zurück.

DIE 10 GRÖSSTEN REKORDE DER CHARTGESCHICHTE ERFOLGREICHSTE SINGLES & ALBEN

BASIS: OFFIZIELLE DEUTSCHE CHARTS BASIS: OFFIZIELLE DEUTSCHE CHARTS ZEITRAUM: 1959-2016 TITEL/ARTIST ZEITRAUM: 1959-2016

Beatles KRITERIUM JAHRZEHNT POS 12 Nummer 1-Singles KRITERIUM TITEL/ARTIST Meiste Singles auf #1 60er Peter Maffay Erfolgreichster Song 1 Schiwago-Melodie (Lara‘s Theme) 17 Nummer 1-Alben Maurice Jarre 60er Meiste Alben auf #1 Erfolgreichstes Album My Fair Lady [Deutsche Originalaufnahme] Boney M 2 Musical 70er 48 Mal auf #1 Erfolgreichster Song Am häufigsten auf #1 der Schöne Maid Single-Charts Herbert Grönemeyer Tony Marshall 3 70er Erfolgreichstes Album 71 Mal auf #1 Wish You Were Here Am häufigsten auf #1 der (129 Platzierungen) Pink Floyd

Album-Charts Sky And Sand 80er Ego 4 Erfolgreichster Song Dance Little Bird

Paul & Fritz Kalkbrenner Electronica‘s Single mit den meisten 80er Chartplatzierungen Best Of (347 Platzierungen) Erfolgreichstes Album Thriller 5 Michael Jackson Andrea Berg 90er Album mit den meisten Erfolgreichster Song Die längste Single der Welt Chartplatzierungen 6 Wolfgang Petry 90er 872 Mal platziert Erfolgreichstes Album Gold - Greatest Hits Meiste Platzierungen in den Single-Charts Peter Maffay ABBA 2000er 7 Erfolgreichster Song Ein Stern (... der deinen Namen trägt) 1.112 Mal platziert Meiste Platzierungen in den (42 Top 10-Platzierungen) DJ Ötzi & Nik P. Album-Chats Ein Stern (...) 2000er 8 Erfolgreichstes Album Best Of DJ Ötzi & Nik P. Andrea Berg Single mit den meisten Top 10 2010er Erfolgreichster Song Atemlos durch die Nacht Platzierungen Farbenspiel (95 Top 10-Platzierungen) 9 Helene Fischer Helene Fischer 2010er Erfolgreichstes Album Album mit den meisten Top 10 Best Of Platzierungen 10 Helene Fischer erstellt

52 52_57_gfk_charts_Z 05.07.1616:36Seite53 Single Single Platz Platz 10 10 2 2 8 8 6 9 6 9 4 4 3 3 5 5 7 7 1 1 George Baker Selection Boney M. Uriah Heep Wishful Thinking John Paul Young Demis Roussos The Cats Danyel Gérard Vader Abraham Tony Marshall Heintje Roy Black Peter Alexander Tom Jones Roy Black Al Martino Heintje Nini Rosso Heintje Maurice Jarre Top 10der70er Top 10der60er Interpret Interpret Paloma Blanca Rivers OfBabylon Lady InBlack Hiroshima Standing InThe Rain Goodbye Goodbye, MyLove, One Way Wind Butterfly Das LiedderSchlümpfe Schöne Maid Heidschi Bumbeidschi Du bist nichtallein Der letzte Walzer Delilah Meine Liebezu dir Spanish Eyes Du sollst nichtweinen melodie Il silenzio-Abschieds- Mama ra's Theme) Schiwago-Melodie (La- Titel Titel Album Album Platz Platz 10 10 2 8 6 9 4 3 5 7 1 2 8 9 6 4 3 5 7 1 Hildegard Knef Peter Alexander Jacques Loussier Soundtrack Soundtrack ham Esther Ofarim &Abra- Jürgen von Manger Peter Alexander Soundtrack Musical Simon &Garfunkel Pink Floyd Dire Straits ject The AlanParsons Pro- Barclay James Harvest Project The AlanParsons Supertramp Project The AlanParsons The Beatles The Beatles Top 10der60er Top 10der70er Interpret Interpret mit Peter Alexander Schlager-Rendezvous Die grossen Erfolge Play Bach, Folge 4 Doctor Schiwago Porgy AndBess Songs derWelt Stegreifgeschichten Wiener Spaziergänge West Side Story Originalaufnahme] My Fair Lady[Deutsche Greatest Hits Wish You Were Here Dire Straits I Robot Gone To Earth Pyramid Crime OfThe Century Imagination Tales OfMystery And 1967 -1970 1962 -1966 Titel Titel

*Um eine Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Jahrzehnten zu erreichen, basiert

die Auswertung auf einer Kombination aus Länge und Anzahl der Chart-Platzierungen. Das Branchenmagazin Das rewind

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rewind charts musikmarkt 07|16 musikmarkt

Single Top 10 der 80er

Platz Interpret Titel

1 Electronica's Dance Little Bird Orchestral Manoeuvres Maid Of Orleans (The 2 In The Dark Waltz Joan Of Arc) Album Top 10 der 80er 3 Andy Borg Adios amor Platz Interpret Titel

4 Robert Palmer Johnny And Mary 1 Dire Straits Brothers In Arms

5 Goombay Dance Band Sun Of Jamaica 2 Michael Jackson Thriller You Want Love (Maria, Mixed Emotions 6 Maria) 3 Michael Jackson Bad Al Bano & Romina Felicita 7 Power 4 Jennifer Rush Jennifer Rush

8 Spider Murphy Gang Skandal im Sperrbezirk 5 Tina Turner Private Dancer

9 Roland Kaiser Santa Maria 6 Pink Floyd The Wall

10 Ottawan D.I.S.C.O. 7 Spider Murphy Gang Dolce Vita

8 Born In The U.S.A.

9 Herbert Grönemeyer 4630 Bochum Ein Glück, daß es dich Roger Whittaker 10 gibt

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Single Top 10 der 90er Platz Interpret Titel Album Top 10 der 90er

Die längste Single der Wolfgang Petry 1 Welt Platz Interpret Titel

2 Scorpions Wind Of Change 1 Wolfgang Petry Alles

3 Guns n' Roses November Rain 2 Michael Jackson Dangerous Sarah Brightman & An- Time To Say Goodbye 4 drea Bocelli (Con te partiro) 3 Pur Seiltänzertraum

5 Dr. Alban It's My Life 4 The Kelly Family Over The Hump

6 Haddaway What Is Love 5 Queen Greatest Hits 2

7 Vangelis Conquest Of Paradise 6 Metallica Metallica Verdammt, ich lieb' Matthias Reim 8 dich 7 Guns N' Roses Use Your Illusion II History - Past, Present 9 Ace Of Base All That She Wants Michael Jackson 8 And Future 10 Wes Alane 9 Guns N' Roses Use Your Illusion I

10 Ace Of Base Happy Nation

55 52_57_gfk_charts_Z 05.07.16 16:37 Seite 56

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Album Top 10 der 2000er

Platz Interpret Titel

1 Andrea Berg Best of

2 Ich + Ich Vom selben Stern

3 Katie Melua Piece By Piece

4 Amy Winehouse Back To Black Single Top 10 der 2000er 5 Come Away With Me Platz Interpret Titel 6 Nelly Furtado Loose Ein Stern (der deinen DJ Ötzi & Nik P. 1 Namen trägt) 7 Rosenstolz Das große Leben Lebt denn dr alte Holz- De Randfichten 2 michl noch...? 8 Amy MacDonald This Is The Life Dieser Weg 3 9 Herbert Grönemeyer Mensch Guru Josh Project Infinity 2008 4 10 Pink I'm Not Dead 5 Peter Fox Haus am See

6 Wham! Last Christmas

7 Amy MacDonald This Is The Life

8 Fairytale Gone Bad

9 Poker Face

10 Ich + Ich So soll es bleiben

56 52_57_gfk_charts_Z 05.07.1616:38Seite57 Single Oliver Fischer, Silke Lotsch undMariell Fritz cker, Tobias Knappich,Bozo Herceg, Dr. MathiasGiloth,JasminOldendorf, NadineArend, | Foto, von links nachrechts/oben nachunten: Pablo Michelmann,Mike Timm, MichaelHa- Platz

hintergrund 10 9 3 8 2 4 6 5 7 1 von GfK Entertainment. die Sache. Lieber„musikmarkt“, duwirst unsfehlen. Euer Musikteam vant undumfangreich, aberniebeliebig.UndimmermitdemHerz für quelle, vollgespickt mitdemWichtigsten ausderBranche. Stets rele- Auch fürunswar euerMagazineineunverzichtbare Informations- Der „musikmarkt“ hatGeschichte geschrieben, unddas57 Jahre lang. GfK-Statement Adele Andreas Bourani Unheilig John Legend Ed Sheeran Helene Fischer Mark Forster feat. Sido Klangkarussell Top 10der2010er Interpret | Foto: GfKEntertainment Auf uns Rolling InThe Deep All OfMe Geboren umzu leben Sonnentanz Happy Au revoir Nacht Atemlos durch die Tage wiediese I See Fire Titel Album Platz 10 9 6 2 8 3 4 5 7 1 Santiano Helene Fischer Unheilig Helene Fischer Ed Sheeran Andrea Berg Andreas Bourani Santiano Adele Helene Fischer Top 10der2010er Interpret Abenteuer Hey Mit denGezeiten 21 Farbenspiel Bis ansEndederWelt Für einenTag X Große Freiheit Of Best Titel

hintergrund Zusammenarbeit. jahrelange hervorragende Charts-Auswertung sowie die stellung dieser exklusiven Entertainment fürdieBereit- Damen undHerren von GfK von ganzem Herzen beiden „musikmarkt“ bedankt sich rewind

| Fotos: S. 52: Candy Back/Red Rooster; S. 53: Universal Music; S. 54: Danny Clinch, Sony Music; S. 55 (im Uhrzeigersinn): Wolfgang Esser, Universal Music, Oliver Rath; S. 56 (im Uhrzeigersinn): Universal Music, Ali Kepenek, Aaron Fallon, Lado Alexi; S. 57: Sandra Ludewig

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07|16 27.mai - 30. juni charts musikmarkt musikmarkt Rock regiert

Passend zum Beginn der Open-Air- und Festival-Saison sicherten sich im Juni drei prominente Rock-Acts Platz eins der deutschen Charts: Volbeat machten den Anfang, es folgten die Böhsen Onkelz und dann In Extremo. Doch auch die Deutschrap-Fraktion verbuchte eine weitere Eins.

| Im Zeichen des Rock: Mit Volbeat, den Böhsen Onkelz und In Extremo standen drei Rockbands im Juni an der Spitze der Charts | Fotos: Nathan Gallagher, GfK Entertainment, Robert Eikelpoth

„Seal The Deal & Let's Boogie“: Bei Volbeat ist „Totally Stripped“ (Eagle Vision/Edel) sowie hältlich war und so den Re-Entry auf Platz Party-Stimmung angesagt, denn die Dänen Brings mit ihrem Best-of „Silberhochzeit“ drei schaffte. sicherten sich mit ihrem neuen Album (Ver- (Rhingtön/Universal Music). Die dritten Rocker auf Platz eins im rocklasti- tigo/Capitol/Universal Music) Platz eins der Zur Mitte der Folgewoche sah es dann so aus gen Monat Juni sind In Extremo. Mit ihrem deutschen Charts. Damit setzten Volbeat den als würden Motörhead mit ihrem Live-Set zwölften Studioalbum, „Quid pro quo“ (Ver- Erfolg des Vorgängeralbums „Outlaw Gentle- „Clean Your Clock“ (ADA/UDR/Warner tigo/Capitol/Universal Music), erreichen sie men & Shady Ladies“ von 2013 fort, das sei- Music) die Nummer eins der deutschen Al- nach "Sterneneisen" (2011) und "Sängerkrieg" nerzeit ebenfalls den Goldrang belegte. Mark bum-Charts erobern. Jedoch verteidigten Vol- (2008) ein drittes Mal die Spitze der deut- Forster hatte hingegen mit „Tape“ (Four Mu- beat letztendlich den Spitzenplatz. Motör- schen Album-Charts. sic/Sony Music) das Nachsehen, landete mit head mussten sich daher mit Platz zwei zu- seinem dritten Album jedoch erstmals auf frieden geben. U2, die mit „Innocence + Expe- Doch auch Deutschrap mischte im Juni wie- dem Treppchen. Die Top 3 komplettierte in je- rience (Live In )“ (Island/Universal Mu- der oben mit: Gzuz & Bonez MC setzten sich ner Woche Deutschrapper Seyed mit seinem sic) ebenfalls mit einem neuen Live-Set auf- mit ihrem Kollabo-Album „High & hungrig Debüt „Engel mit der AK“ (Alpha Music Em- warteten, landeten schließlich auf Rang drei. 2“ (Auf!Keinen!Fall!/Universal Music) die pire/Warner Music). Charts-Krone auf. Der erste „High & hung- Einen einstelligen Charts-Platz verbuchten Deutsch rocken und rappen rig“-Longplayer der beiden hatte 2014 bereits darüber hinaus Ali Bumaye mit „Rumble In Eine Woche später gelang dann doch einem Position neun der Charts erreicht. Als Teil des The Jungle“ (Bushido/Sony Music), PA Sports Live-Album der Sprung auf den Goldrang. „187 Strassenbande Sampler 3“ stand für mit „Zurück zum Glück“ (Life Is Pain/Groove Mit „Böhse für’s Leben - Live am Hocken- Gzuz und Bonez MC außerdem ein zweiter Attack), die Rolling Stones mit der Live-Box heimring 2015“ (rule23 recordings/Tonpool) Platz zu Buche – die gleiche Platzierung, die platzierten sich die Böhsen Onkelz ein achtes Gzuz dann im Oktober 2015 auch mit seinem Mal an der Spitze der deutschen Album- Solodebüt „Ebbe & Flut“ erreicht hatte. Nun Charts. Zuvor waren sie bereits mit „Vaya con feierten die beiden Rapper also ihre erste Pole tioz“ (2007), „La Ultima – Live in Berlin“ Position. Farid Bang musste sich hingegen (2005), „Live in Hamburg“ (2005), „Adios“ mit Rang zwei für „Blut“ (Banger (2004), „Dopamin“ (2002), „Ein böses Mär- Musik/Warner Music) zufriedengeben. Der chen“ (2000) und „Viva los tioz“ (1998) auf Rapper war zuvor mit „Asphalt Massaka 3“ der Eins gelandet. Insgesamt war es zudem (2015), „Killa“ (2014) sowie dem Kollabo-Al- die 16. Top-10-Platzierung der Band und ihr bum „Jung, brutal, gutaussehend 2“ (2013) 13. Mal in den Top 5. zusammen mit Kollegah dreimal hintereinan- Auf Rang zwei landeten die Red Hot Chili der auf Platz eins der Charts gelandet. Peppers mit „The Getaway“ (Warner Music), | Andreas Potzel gefolgt von „A Moon Shaped Pool“ von Ra- Mehr Informationen: diohead (XL Beggars/Indigo), das nun nicht www.musikmarkt.de/charts Hier finden Sie sämtliche Charts | Fingerzeig von Gzuz & Bonez | Foto: AufKeinenFall/Chapter One mehr nur digital, sondern auch als CD/LP er- im ePaper sowie als PDF zum Herunterladen

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Die „Firmenanteile des Monats“ wurden aus den MM-Single-/-Album-Charts ermittelt. Die „Spitzenreiter des Monats“ wurden aus den MM-Single-/-Album-Charts ermittelt. 0 Erfolgreichster deutschspr.Erfolgreichster Titel Erfolgreichster Dance-Titel Erfolgreichster Airplay-Titel Erfolgreichster Verlag Erfolgreichstes Label BMG Rights(SonyMusic)-n.a. 80 Millionen-MaxGiesinger Barclay (Universal)-n.a. This Girl-Kungs Vs. Cookin‘On3Burners RCA (SonyMusic)-n.a. Justin TimberlakeCan‘t Stop The Feeling! - Sony/ATV RCA Warner (WMG)-n.a. Dark Necessities-RedHotChiliPeppers Fueled By(WMG)-n.a. Ride - Twenty OnePilots Vertigo/Capitol (Universal)-n.a. Ahnma Phys.: SonyMusic/Dig.: SonyMusic Universal Kungs Vs. Cookin‘On3Burners Barclay (Universal)-n.a. This Girl-Kungs Vs. Cookin‘On3Burners Das Branchenmagazin Top-100-SingleMM- -Charts Anteile derFirmenanden SINGLE Selfmade 1,05(4) Kontor 1,87(228 Vertigo/Capito 3,47(18) - Beginnerfeat. Gzuz&Gentleman Polydor/Island Sony Music UMI 24,37 UMI WMG 17,00 Erfolgreichste Repertoire-Gesellschaft 38,69(137) 2015105 (128) Größter Sprungder Woche 8,80 (50) TOP 100 Spitzenreiter desMonats Erfolgreichster Interpret Erfolgreichster Konzern Höchster Neueinstieg (111) Erfolgreichster Titel 25 Höchster Re-Entry 40 Erfolgreichstes deutschspr.Erfolgreichstes Album Erfolgreichstes Dance-Album Erfolgreichste Hit-Koppelung Erfolgreichstes Label-Compilation Erfolgreichstes Label-One Artist Rule23 (Tonpool) -4049324231048 Böhse für‘sLeben-Live2015Onkelz Kontor (Edel)-4250117662226 Tanzansage -Stereoact Polystar (Universal)-600753698723 The Dome Vol. 78 Polystar Vertigo/Capitol XL Recordings(Indigo)-634904079024 A MoonShapedPool -Radiohead Warner (WMG)-093624924999 Immortalized -Disturbed Vertigo/Capitol (Universal)-602547805669 Seal The Deal&Let‘sBoogie Phys.: Warner /Dig.: SonyMusic Universal Volbeat Vertigo/Capitol (Universal)-602547805669 Seal The Deal&Let‘sBoogie 0 Top-100-AlbumMM- -Charts Anteile derFirmenanden WMG Soulfood 1,20(10) Chapter One 2,42(10) Indigo 2,53(10) Groove Attack 2,53(21) Electrola 2,63(28) Edel 2,74(17) 22,35(144) Polydor/Island Vertigo/Capitol 19,07(74)

UMI Sony Music Tonpool Medien 8,06(99) ALBUM 17,06 (178) 4,66 (68) 2015105 9,33(12) - Volbeat - Volbeat 25 40

Das Branchenmagazin Barbara Baumgartner-Schuderer, SusanneJörg, Giuseppa Milazzo tem Wissen und Gewissen. phone 0911 /5203-100,phone 0911 fax /5203-148 0911 Emmericher Straße 10, 90411 Nürnberg hofmann infocom GmbH Druck +Vertrieb Josef Keller GmbH&Co. Verlags-KG, Seebreite 9, 82335 Berg Michael Schmich(msch) Gideon Gottfried (gg); GunnarLeue (gl); Jörg Laumann(jl); Michael Gasser(mig); Uwe Schleifenbaum (us); SimonColin (sc); Ständige Mitarbeiter Markus Ganz(CH); [email protected] (mag) Andy Zahradnik (A); [email protected] (az) Korrespondenten Thomas Berger; [email protected] Charts phone (089) 741 26-4 00, fax (089) 741 26-4 01 Renzo Wellinger; [email protected] (rw) Andreas Potzel; [email protected] (ap) Michael Nützel; [email protected] (mn) Martina Gabric;[email protected] (mg) Ivana Dragila; [email protected] (id) Katja Albrecht; [email protected] (ka) Redaktion phone (089) 741 26-4 50, fax (089) 741 26-4 51 Sabina Sauter; [email protected] Assistenz undAnzeigenverwaltung Stefan Zarges; [email protected] (sz) Chefredakteur zeitige Auslieferung. Im Falle höherer Gewalt undStreik haftet derVerlag nichtfürrecht- Ablauf eineKündigung schriftliche erfolgt. automatisch umeinJahr, wenn nichtbis6Wochen vor Die Laufzeit desAbonnementsbeträgteinJahr, esverlängert sich 118,80 Euro, CH/FL:179,10 CHF. Für Studenten/Auszubildende (gegen Nachweis): jeweils 178,80 für1Jahr: Euro, CH/FL:269,40 CHF Die Preise fürdasAbonnementONLINEONLY gegenVorkasse Übriges Ausland: 211,-Euro – D/A: 143,60 Euro, CH/FL:216,50CHF Für Studenten/Auszubildende (gegen Nachweis): gegenVorkasse. Übriges Ausland: 286,50 Euro – D/A: 219,- Euro; CH/FL:348,-CHF. Umsatzsteuer-ID indenEU-Mitgliedsstaaten). & MwSt. (Deutsche MwSt. entfällt bei vorhandener jeweils für1Jahr:AllePreise inkl.Versandkosten Die Preise fürdasAbonnementinkl.Charts-ePaper Abonnement [email protected] phone (08151) 771–1 25, fax (08151) 771–1 20 Edith Jungbehrens Postfach 1455, 82304 Starnberg Josef Keller GmbH&Co. Verlags-KG Bestellung, Vertrieb undAbrechnung Fürstenrieder Str. 265, 81377 München Musikmarkt GmbH&Co. KG Verlag, Redaktion +Anzeigen Gerichtsstand undErfüllungsortistStarnberg. Zurzeit ist die Anzeigenpreisliste Nr. 44 gültig. Anzeigenschluss jeweils 14Tage vor Erscheinen. phone (0921) 1627 170-11, fax (0921) 1627 170-20 Leitung: Franz Grosse, [email protected] Anzeigenverkauf Grafik/Illustration ermittelt. Baden, imAuftrag desBundesverbands Musikindustrie, Berlin, gelmäßig onlineveröffentlicht, werden von GfKEntertainment, Baden- Die Ergebnisse der Top-100-Single- & Top-100- Album-Charts, die MM re- Gezeichnete Beiträge stellen nichtunbedingtdieMeinung derRedaktion dar. Die Ermittlung und Zusammenstellung erfolgen nach bes- 27. mai - 30. juni xxxxx

59 musikmarktmusikmarkt 07|16 xx|14 xxxx xxxxxcharts 60_Anzmarkt_Z 05.07.16 17:16 Seite 60

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